Hiob und seine drei Freunde

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Abschrift des Heftes: Die Absicht Gottes mit Hiob oder „Das Ende des Herrn“
Verfasser: Dr. E. W. Bullinger (1837 - 1913)

Autorisierte Bearbeitung nach dem Englischen

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Die Absicht Gottes mit Hiob

2. Hiob und seine Freunde

D (Hi 3:1-31:40)

Wir können den Teil „C“ der Struktur (Hi 2:11-13). welcher die Ankunft der drei Freunde Hiobs: Eliphas, Bildad und Zophar berichte, übergehen. Diese Verse sind nötig wegen des Zusammenhangs der Geschichte, jedoch es werden nur wenige Worte auf den kurzen Bericht dieser Tatsache verwendet.

Wir gehen daher sofort zum nächsten Teil „D“ über. Es ist umfangreich und besteht aus 29 Kapiteln. Er enthält und berichtet die Unterredungen Hiobs mit seinen drei Freunden, und der Zweck dieser Kapitel ist, zu zeigen, dass der Mensch ohne göttliche Offenbarung keine wahre Weisheit hat, Gott nicht finden oder kennen, und auch sich selbst nicht verstehen oder kennen kann. Ehe der Mensch diese Erkenntnis hat, wird er weder Gott rechtfertigen noch sich selbst verurteilen. Er mag Jehovas „Werke“ verstehen, aber Seine „Wege“ kann er nicht erkennen. Seine Werke werden von allen gesehen; aber Seine Wege sind geheim und verborgen und werden nur Seinem Volke durch Offenbarung bekannt gemacht. Daher lesen wir (Ps 103:7): „Er hat Seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israels Seine Taten'’'.

Diese große Wahrheit ist es, welche uns nun zuerst gezeigt wird in diesem Buche. Der erste Teil der Belehrung ist negativ: der Mensch kann durch Forschen Gott nicht finden noch zu wahrer, himmlischer Weisheit gelangen. Das ist der Hauptinhalt dieses Teiles.

Diese Unterredungen, in welchen jeder der vier Männer zu Worte kommt, zerfallen in drei Abschnitte.

Die Einteilung ist folgende:
D Seite 10 (Hi 3:1-31:40) Hiob und seine Freunde.

DZ 3: Hiobs Klage (Einleitung)

G1 k1 Hi 4.5: Eliphas
l1 Hi 6.7: Hiob
k2 Hi 8: Bildad.
l2 Hi 9.10: Hiob
k3 Hi 11: Zophar
l3 Hi 12-14: Hiob


G2 k4 Hi 15: Eliphas
l4 Hi 16.17: Hiob
k5 Hi 18: Bildad.
l5 Hi 19: Hiob
k6 Hi 20: Zophar
l6 Hi 21: Hiob


G3 k7 Hi 22: Eliphas
l7 Hi 24: Hiob
k8 Hi 25: Bildad.
l8 Hi 26. Hi 27:10: Hiob
k9 Hi 27:11-28;28: Zophar*

Z Hi 29-31: Hiobs Rechtfertigung (Schluss)

* Wir schreiben dieses Glied Zophar zu. Wir stehen damit (Zophar eine dritte Rede zuzuweisen) nicht allein. Dr. Kennicoll (Bemerkungen zu ausgewählten Stellen des AT Oxfort, 1787), sowie Prof H. Bernard, Cambrigde, und Wolfsshon (den Bernard anführt), schreiben Zophar Hi 27:13-28; Hi 28 zu. Wir unterscheiden von diesen Kommentatoren nur dadurch, dass wir mit Vers 22 statt 13 beginnen, unseren Lesern die Entscheidung darüber überlassend.
Dass Zophar eine dritte Ansprache zugeschrieben werden muss, scheint aus folgenden Erwägungen klar zu sein.
1. Die Übereinstimmung aller Teile des Aufbaues des Buches fordert es.
2. Verlangen es die zum Ausdruck gebrachten Meinungen (Hi 27:11-28; Hi 28); denn sie sind das gerade Gegenteil dessen, was Hiob verteidigt und behauptet zu eben demselben Ende. Ein Beweis dafür ist die Verwirrung und Not der Kommentatoren.
3. Überdies stimmen diese Meinungen genau mit dem überein, was Zophar durchweg behauptet hatte. In der Tat beginnt er seine dritte Rede (Hi 27:13) mit denselben Worten, mit welchen er seine zweite (Hi 20:29) schließt. Es ist unglaublich, dass Hiob dieselbe Beweisführung, welcher er widersprach, adoptieren konnte, ohne durch ein Wort kundzutun, dass seine Absichten sich so rasch geändert hatten.
4. Wenn das die Worte Hiobs sind, so hatten ihn seine Freunde augenscheinlich „überführt“, was sie aber nach der Erklärung Elihus gerade nicht getan hatten (siehe Hi 32:12).
5. Das hebräische von Hi 29:1 ist nicht dagegen. Es kann ebenso wohl Schluss wie Fortsetzung bedeutetn. Tatsächlich sagt es uns, dass die Kapitel Hi 29-31 nicht eine der Reihen von Antworten sind, sondern der formelle Schluss des Ganzen (Z), korrespondierend mit Hi 3 (Z), welches der formelle Anfang des Ganzen war. Wir werden dadurch auf den Schlusssatz des Gliedes Z: „Die Worte Hiobs sind zu Ende“ (Hi 31:40) vorbereitet.

Wir beabsichtigen nicht die jeweiligen Äußerungen der verschiedenen Sprecher weiter zu entfalten.* Es kann denselben leicht eine zu große Wichtigkeit beigemessen werden denn es sind am Ende doch nur die tastenden versuche des menschlichen Geistes, „Gott zu suchen“: die Äußerungen verfinsterten Verständnisses. Wir dürfen weder die Anschauungen Hiobs noch die seiner Freunde so ansehen, als ob sie notwendigerweise Schrift-Wahrheiten wären. Wir haben den wahren und treu inspirierten Bericht des, was die Menschen sagten; aber daraus folgt nicht, dass der Inhalt ihrer Reden notwendig richtig oder inspiriert war.

* Dies ist erschöpfend geschehen in der neuen Übersetzung des Buches Hiob von E. W. Bullinger

Nein! Denn Jehova erklärt später in dem Buche, dass sie „den Ratschluss Gottes verdunkelt hatten mit Worten ohne Verstand“ (Hi 38:2). Sie mögen bejahrte und große Männer gewesen sein; doch sind, wie Elihu sagt, „die Großen nicht immer weise, noch verstehen die Alten das Recht“ (Hi 32:9).

Am „Ende“ der ganzen Angelegenheit sagt Jehova den drei Freunden: „Ihr habt von Mir nicht geredet, was recht ist (Hi 42:7). Auch hatte dies Hiob nicht getan, bis er sich selbst als Sünder bekannte. Dann fügte Jehova bei: „wie Mein Knecht Hiob“. Das tat Er aber an der Stelle, wo wir stehen, noch nicht. Auf dieser Stufe kannten sie Gott nicht, und Hiob kannte sich selbst nicht.

Die Reden der Freunde

Es würde uns, weit gesagt, zu weit von dem „Ende“ abführen, das wir im Auge haben, wenn wir auf die genaue Prüfung aller ihrer Äußerungen eingehen würden. Wir müssen uns damit begnügen, dass wir die Art oder den Zweck dieses Tastens des menschlichen Geistes beobachten, und indem wir dies tun, werden wir sehen, dass der Mensch im Laufe der Jahrhunderte sich nicht verändert hat. Die Gedanken dieser Männer sind dieselben wie die der Menschen von heute, ihre Vernunftschlüsse ebenfalls.

Eliphas gründet seine Schlüsse auf die menschliche Erfahrung, Bildad auf die menschliche Tradition (Überlieferung) und Zophar auf das menschliche Verdienst.

Sehen wir die drei Gespräche iim Ganzen an, so ist die eine große Lehre, welche wir daraus lernen können, die: der Mensch kann mit all seiner Weisheit und all seinen Kräften Gott nicht erkennen und des Menschen Bedürfnisse nicht befriedigen. Er kann weder den gerechten Forderungen Gottes nachkommen noch die Wunden des Sünderherzens heilen.

Alle diese Überlegungen waren verkehrt in ihren Schlüssen, wie sie falsch waren in ihrer Logik. Sie schlossen vom Einzelnen, Besonderen auf das Allgemeine, d. h. sie folgerten, dass das, was sie in ihren eigenen, persönlichen Lebensgebieten gesehen und wahrgenommen hatten, allgemein wahr wäre.

Sie mochten von den „Werken“ Gottes und von dem, was sie in dem Falle Einzelner gesehen hatten, richtig reden; aber daraus folgt nicht, dass sie aus diesen wenigen Fällen das Gesetz entnehmen konnten, welches die „Wege“ und das Tun Gottes mit der Menschheit regelt.

Eliphas' Reden

Eliphas ist der Erste, der auf Hiobs Klagen antwortet. Seine drei Äußerungen geben die Kapitel Hi 4; Hi 5; Hi 15 und Hi 22 wieder.

Seine Schlüsse sind, wie gesagt, auf menschliche Erfahrung gegründet. Er schließt von dem Besonderen auf das Allgemeine, daher er zu einem verkehrten Schluss kommt. Er gründet seinen beweis auf seine eigene Erfahrung. „Wie ich gesehen habe“ (Hi 4:8), heißt es in seiner Rede. Da er „gesehen“ hatte, dass es der Ungerechte war, welcher immer leidet, und der Gerechte, welcher gedeiht, so schließt er: der mit Leiden heimgesuchte Hiob muss eine große Sünde getan haben. Zuerst deutet er dies nur an. Er fragt Hiob, ob er nicht selbst diese Beobachtung gemacht habe. Er sagt: (Hi 4:7-9):1

Hi 4:7: Gedenke doch, wo ist ein Unschuldiger umgekommen? Oder wo sind Gerechte je vertilgt worden?
Hi 4:8: Ich habe immer gesehen, dass die welches Böses pflügen2, und Unglück säen, es auch ernten.
Hi 4:9: Sie kommen um durch den Odem Gottes (Eloah), und vom Hauch Seines Zornes3 werden sie verzehrt.
1 Anmerkung des Übersetzers: Alle Anführungen der Heiligen Schrift sind zunächst nach der neuen engl. Übersetzung des Buches Hiob von E. W. Bullinger (im Englischen rythmisch) wiedergegeben, unter Benützung der Übersetzung Luthers und anderer auf Glaubensgrund stehenden deutschen Übersetzungen.
Bullinger sagt zu seiner Übersetzung (vgl. auch Vorwort): „Die neue Übersetzung wird dem Sinne und hebräischen Idiom nach wörtlich sein, obschon nicht immer den Worten nach. Sie wird auf jeden Fall so englisch sein, dass es verstanden werden kann. Sie ist keineswegs eine Paraphrase (Umschreibung). Sie mag als treue Repräsentation (Darbietung) des Originals angesehen, und öfters gerade den Worten nach buchstäblicher gefunden werden als einige andere Übersetzungen. - Alles Nötige, um Verschiedenheiten zwischen unserer Übersetzung und der anderer zu erklären, wird in den Noten zu unserer neuen Übersetzung gefunden werden.
2 wie in Hos 10:13.
3 Hebr.: Dem Hauch Seiner Nase. Vgl. Ps 18:16; Jes 11:4; 2Thes 2:8.

Wiederum sagt in Hi 5:3-5 Eliphas:

Hi 5:3: Ich, wenn ich den Toren Wurzel schlagen sah, wusste ich sofort, was kommt (und sagte):
Hi 5:4: „Seine Kinder werden fern sein vom Heil und im Tore zertreten werden“, und kein Erretter wird da sein.
Hi 5:5: „Seine Ernte wird er essen und doch hungern, und wenn er sie sogar von den Dornhecken holte“. „Eine Schlinge wartet auf ihr Vermögen."

So in seiner zweiten Ansprache, wo Eliphas sich wieder auf die Erfahrung beruft (Hi 15:17-21).

Hi 15:17: Achte auf mich, ich will dich unterweisen, und was ich gesehen habe, will ich dir erzählen;
Hi 15:18: was weise Männer uns klar kundgemacht und nicht verborgen haben: Wahrheiten von ihren Vätern her;
Hi 15:19: die Menschen, welchen ihr Land allein gegeben war und durch deren Mitte kein Fremder zog1. (Sie sagten):
Hi 15:20: „Der Gottlose wird alle seine Tage gequält, seine Jahre2 sind für die Habgier des Unterdrückers aufbewahrt.“
Hi 15:21: „Eine Stimme von Schrecken füllt seine Ohren, im Glück kommt der Verderber über ihn."
1 D. h.: Sie wurden durch Einfälle in ihr Land nicht beunruhigt und hatten Muße, zu denken.
2 Hebr.: Die Zahl seiner Jahre.

Und so fährt Eliphas fort bis zum Schluss seiner Rede, um zu zeigen, wie nach seiner Erfahrung immer die Gottlosen es sind, welche leiden und zugrunde gehen, während die Guten belohnt und bewahrt werden.

In seiner dritten Rede (Hi 22) spricht sich Eliphas über dies noch stärker aus und wendet sich an Hiob, ,ihn wiederum bittend, wohl zu beachten, dass es immer so geht mit den Gottlosen und den Guten. Er sagt:

Hi 22:15: O dass du den Weg sehen würdest, welchen die gottlosen Menschen1 der Vorzeit immer gegangen sind!
Hi 22:16: Sie, die weggerafft wurden vor ihrer Zeit; wie Wasser zerfloss2 ihr fester Grund;
Hi 22:17: die zu Gott (Elohim) sprachen: „Weiche von uns!“ (und fragten.) „Was der Allmächtige (Shaddai) für sie tun könnte!“
Hi 22:18: Und doch war Er es, der ihre Häuser mit Gütern gefüllt hatte. Aber der Weg der Gottlosen ist fern von mir3.
Hi 22:19: Die Gerechten sehen es und freuen sich, und der Unschuldige lacht ihrer (und sagt):
Hi 22:20: „Fürwahr, unser Vermögen ist nicht vernichtet worden, während ihr Überfluss durch Feuer verzehrt worden ist."
1 Hebr.: Menschen der Gottlosigkeit.
2 Hebr.: Schmolz, wie Metall. Die Beziehung geht vielleicht mehr auf Sodom und Gomorra, als auf die Sintflut.
3 D. h. ich kann mich nicht eins machen damit. Eliphas nimmt hier die Worte Hiobs in Hi 21:16 auf und kehrt sie gegen ihn.

Hiobs Antwort

Hiob hat keine große Schwierigkeit gegenüber derartigen Beweisführungen. Nachdem er abermals sein Unglück bejammert, sagt er (Hi 6:22-27):

Hi 6:22: Kamt ihr, weil ich gesagt habe: Gebet mir oder schenkt mir von eurem Vermögen?
Hi 6:23: Oder: Befreit mich aus der Gewalt des Feindes und erlöst mich aus der Hand des Gewalttätigen?
Hi 6:24: Lehret mich, so will ich schweigen, und gebt mir zu verstehen, worin ich geirrt habe.
Hi 6:25: Wie eindringlich sind aufrichtige Worte! Aber eure Worte, wie werden sie überzeugen?
Hi 6:26: Gedenket ihr, euch an meine Worte heftend, zu tadeln?, ein Verzweifelnder spricht ja (aufs Geratewohl) wie der Wind!1
Hi 6:27: Ihr möchtet ebenso wohl Waisen überfallen2 und über das Unglück eures Freundes Feste halten.
1 D. h. Er redet blindlings wie der Wind zu wehen scheint, d. i.: nicht wissend, was er sagt, woher seine Worte kommen, oder wohin sie gehen.
2 Wie in 1Mo 43:18.

Bildads Schlüsse

Bildad bewegt sich auf derselben Linie, nur dass er mehr aus der Erfahrung vieler als aus seiner eigenen (der eines Einzelnen) Schlüsse zieht. Er geht zurück zur Vorzeit und stützt sich auf die Autorität der „Väter“. Er spricht, wie Eliphas, von dem verdienten Ende derer, welche Gott vergessen, indem er damit stillschweigend sagen will: die Umstände Hiobs beweisen, dass seine Heimsuchungen verdient waren. Er sagt: (Hi 8:8-13):

Hi 8:8: Frage doch, ich bitte dich, die früheren Zeiten und lerne von ihren Vätern.
Hi 8:9: (Denn wir sind von gestern und wissen nichts; ja, ein schatten sind unsere Tage auf Erden.)
Hi 8:10: Lehren sie nicht Weisheit1 und erzählen sie dir nicht Dinge2 aus ihrer Erfahrung?3 (wie folgende)
Hi 8:11: „Das Schilfrohr: Kann es aufwachsen ohne Sumpf? Die Schwertlilie: Kann dieselbe gedeihen wo kein Wasser ist?“
Hi 8:12: Sonst verdorrt sie vor allem Gras, während sie noch grün ist und unabgehauen steht.“
Hi 8:13: „So ist das Ende aller, die Gott (El) vergessen; so geht die Hoffnung der gottlosen Menschen zugrunde.“

Nachdem er dies dargestellt, gibt Bildad die andere Seite des Gemäldes (Hi 8:20):

Hi 8:20: Aber gerechte Menschen vewirft Gott (El) nie; noch fasst Er Übeltäter bei der Hand.
1 Die Figur Erotesis, welche eine nachdrückliche Behauptung mittels einer Frage aufsrellt. Die Bedeutung ist hier: sie werden es tatsächlich tun. Vgl. Rt 2:9.
2 Das Hebräische bedeutet nicht bloß Worte, sondern gedankenvolle Worte, Parabeln, Sprichwörter, wie das jetzt folgt, z.B. das Schilfrohr, die Schwertlilie usw. und die Antworten derselben durch die Menschen der früheren Geschlechter.
3 Hebr.: Aus ihrem Herzen. Aber das bezieht sich hier nicht bloß auf das Gefühl. Nicht im Herzen empfunden, sondern im Herzen bekannt, d. h.: Verständnis und Erfahrung.

Hiob antwortet

Auf das alles hat Hiob seine Antwort bereit (Hi 9:10). Bildads Worte hatten nicht mehr Wert als die des Eliphas; denn Hiob entgegnet:

Hi 9:2: Gar wohl weiß ich, dass es also ist; aber wie kann der sterbliche Mensch* gerecht sein vor Gott (El)?
Hi 9:3: Hat er Lust mit Ihm zu rechen, so kann er Ihm auf Tausend nicht eins antworten.
Hi 9:4: Wie weise auch immer von Herzen und stark an Kraft; wer hat sich je wider Ihn gelegt und es ist ihm gelungen?
* Hebr.: enosch, Mensch als schwach, elend und sterblich. Nicht adam, Mensch zum Unterschied vom Weibe; oder gever, Mensch mächtig und star; oder isch, Mensch hohen Ranges.

Zophars Ratschläge

Zophar folgt den beiden und wiederholt dieselben Anklagen. Jedoch beruft er sich nicht auf die Erfahrung oder auf die Vorzeit, sondern er betont noch bestimmter als die beiden anderen die Notwendigkeit menschlichen Verdienstes. Seine Lehre ist genau dieselbe wie die des heutigen Tages. Er predigt das Evangelium der Humanität. Er redet von dem Menschen mit dem „reinen Herzen“ und sagt, dass er ohne gute Werke keine Hoffnung für den Menschen gäbe. Er nimmt Bezug auf Hiobs vorhergegangenen Wort und spricht (Hi 11:2-6; Hi 13-15:20).

Hi 11:2: Gestattet eine Menge Worten1 keine Erwiderung? oder soll ein Schwätzer2 immer recht haben?
Hi 11:3: Dein Gerede mag sterbliche Menschen zum Stillschweigen bringen, dieser magst du spotten, weil keiner dich beschämt.
Hi 11:4: Zu einem dieser magst du in der Tat sagen: „Meine Lehre ist lauter; ich bin rein in Seinen Augen."
Hi 11:5: Ach, dass Gott (Eloah) mit dir redete und Seine Lippen auftun würde,
Hi 11:6: und dir etwas von den geheimnisvollen Tiefen der Weisheit zeigte, dass sie alles was man sieht weit3 übersteigen. Dann wurdest du erkennen, dass Gott (Eloah) weniger fordert4, als alle deine Sünden verdienen.
Hi 11:13: (Aber was dich betrifft): Wenn du dein Herz richten, und deine Hände ausbreiten würdest im Gebet,
Hi 11:14: wenn Sünde in deiner Hand wäre, sie würde dir vergeben5, das Böse würde aus einem Zelte entfernt werden.
Hi 11:15: Du würdest dein Antlitz erheben ohne Tadel, ja du würdest sicher stehen und dich nicht zu fürchten brauchen
Hi 11:16: Denn alle deine Mühsal würdest du dann vergessen und ihr so wenig gedenken als vorübergeflossener Wasser
Hi 11:20: Aber die Augen der Gottlosen werden verschmachten6 und jede Zuflucht ist ihnen genommen. Ihre Hoffnung wird verschwinden7 wie ein Hauch des Atems.
1 Anspielung auf die Länge der Erwiderung Hiobs.
2 Hebr.: Ein Mann der Lippen, d.h. ein Mann der Worte. Im Gegensatz zu 2Mo 4:10.
3 Hebr.: doppelt, vielleicht mannigfaltig bedeutend. Oder dass außer dem, was wirklich „gesehen“ wird, auch viel zu lernen ist, welches nicht gesehen wird, d.h. eine göttliche Bedeutung hat, außer der, was die äußere Erscheinung lehrt.
4 Hebr.: versenken. Daher vergessen (1Mo 41:51); und wo die Sünder vergessen ist, da ist sie vergeben (Ps 32:1). Aber sowohl Geld als das Gedächtnis vergangener Vorfälle wird vergessen. Entlehntes Geld wird von den Schuldner oft vergessen. Daher bedeute es auch leihen und ist so verbunden mit Wucher und pünktlicher Zahlung.
5 Hebr.: weggetan.
6 Hebr.: sich verzehren, d. h. mit Ausschauen.
7 Hebr.: Hebr.: ist umgekommen.

Das sind tapfere Worte, aber sie entsprechen nicht der Wahrheit. Sie zeigen, dass der Sprecher (wie auch seine Genossen) weder Gott noch Hiob kannte.

Niemand, der einige Erkenntnis Gottes hat, wird von Ihm sagen, dass Er von einem armen hilflosen Sünder irgend etwas Verdienstliches fordert.

Niemand, der den Menschen etwas kennt, wird demselben zumuten, „sein Herz zuzubereiten“; denn „die Entwürfe des Herzens sind des Menschen, die Antwort aber kommt von dem Herrn (Jehova)“ (Spr 16:1).

Der Mensch sollte ohne Zweifel sein Herz zubereiten, und wenn er gerecht wäre, würde er es tun. Und wenn er nicht ein gefallenes Geschöpf wäre, könnte er es tun. Aber dies ist gerade die große Frage. Der Mensch ist gefallen. Er „kann nicht umkehren und durch seine eigene natürliche Kraft und seine guten Werke sich zum Glauben und zur Anbetung Gottes bringen“.1 Was soll er aber damit anfangen? Ach, das ist es gerade, was Hiobs Freunde ihm nicht sagen konnten. Sie können von allem anderen reden, aber bei dieser Sache halten sie plötzlich inne und sprechen ganz nichtige und unnütze Worte.

1 Artikel 10 der 30 „Religionsartikel“ der Kirche von England (vgl. Artikel 2 und 4 der „Ausgburger Konfession“. Der Übers. (S. Joh 6:44.65; Eph 2:8 u. a.)

Die „natürliche Religion“ ist der Kern des Themas. Sie gehen in verschiedenen Richtungen vor, ein jeder hat andere Gründe und bringt verschiedene Beweise daher, aber in einem stimmen sie, wie alle falschen Religionen heutigen Tages überein, nämlich in dem, dass der Mensch etwas tun muss, um sich die Gunst Gottes zu verdienen. Wenn er das tut, wird er belohnt, wenn nicht, bestraft werden. Sie kommen zu keiner Übereinstimmung über das, was das etwas sein soll, doch sind sie einig, dass es etwas sein muss. Ist dein Etwas nicht gleich dem ihrigen, so kann es vorkommen, dass sie dich umbringen, wie Kain den Abel totschlug! Das ist eine wichtige Tatsache in dieser ältesten Belehrung für die Welt.

Daher konnte weder Eliphas’ Erfahrung noch Bildads Tradition, noch Zophars Verdienst dem Hiob etwas helfen. Es war so, wie Jehova sagte (Hi 38:2): sie „verdunkelten den Ratschluss mit Worten ohne Verstand.“

Ja, das war die verborgene Ursache all ihrer ungerechten Reden. „Ohne Verstand.“ Sie sagten vieles Wahre, Erhabene, Überzeugende und Schöne; aber sie kannten die Wahrheit Gottes nicht und konnten daher nicht davon reden.

Die Wahrheit verwundet zuerst, ehe sie heilt; doch jene konnten nur verletzen, aber nicht trösten. Sie bewirkten nur Klage aber keine Überführung.

Hiobs Antwort, welche er dem Zophar gab, zeigt diese Wirkung. Letztere hatte wie die anderen Hiob verurteilt, aber nicht überführt.

Hiob entgegnet

(Hi 12:2-4):

Hi 12:2: Ja, ihr seid die Leute, und mit euch wird die Weisheit sterben.
Hi 12:3: Aber ich habe Verstand wie ihr und stehe nicht hinter euch zurück. Wer wüsste nicht diese Dinge?
Hi 12:4: Ich bin meinen Freunden zum Gespött! Wie komme ich dazu? Ich, der Gott (Eloah) anruft und den Er hört. Ein gerechter, ein vollkommener Mann ist euer Gespött!1
1 Vielleicht eine Anspielung auf Hi 11:12

In Hi 13:1-5 erwidert Hiob dem Zophar wiederum und sagt:

Hi 13:1: Siehe, das alles hat mein Auge gesehen, mein Ohr gehört, und ich habe alles verstanden.
Hi 13:2: Was ihr wisset, das weiß ich auch; ich steht nicht hinter euch zuruück.
Hi 13:3: doch es ist der Allmächtige (Shaddai), mit Dem ich reden möchte, mit Gott (El) zu rechten ist mein Verlangen.
Hi 13:4: Ihr aber seid Lügenschmiede, nichtige Ärzte.
Hi 13:5: O dass ihr doch stille wäret, dass würde euch zu Weisheit gereichen.

In Hi 16:2-4 entgegnet Hiob in derselben Weise dem Eliphas:

Hi 16:2: Ich habe vieles dergleichen gehört, Ihr seid allzumal leidige Tröster!1
Hi 16:3: Sollen solche leeren Worte2 kein Ende haben? Oder was veranlasst dich, weiter zu reden?
Hi 16:4: Ich könnte auch wohl sprechen wie ihr. Wenn ihr im Elend wäret statt ich3, so könnte ich auch Worte zusammenhäufen gegen euch und über euch spottend mein Haupt schütteln.
1 Hebr.: Diener der Mühsal und Not.
2 Anstatt Worte des Trostes hatten sie nur Worte des Windes.
3 Hebr.: Wenn eure Person(en) an Stelle meiner meiner Person.

Ferner in Hi 19:2-6 und Hi 21:22 antwortet Hiob dem Bildad:

Hi 19:2: Wie lange wollt ihr meine Seele plagen und mich mit Worten zermalmen?
Hi 19:3: Schon zehn mal ist es, dass ihr mich verhöhnt habt, und ihr schämt euch nicht, mich so zu kränken.
Hi 19:4: Habe ich gesündigt, wie ihr saget, so ist meine Sünde vor mir (und Gott) allein.
Hi 19:5: Wenn ihr euch über mich erheben und mir beweisen wollt, dass ich gesündigt haben müsse,
Hi 19:6: so wisset, dass Gott (Eloah) meine Sache gebeugt und mich mit Seinem Netze umstellt hat.
Hi 19:21: Habt Erbarmen, o habt Erbarmen, ihr meine Freunde“ denn die Han Gottes (Eloah) hat mich angetastet.1
Hi 19:22: Warum maßt ihr euch an was Gottes (El)ist? (das Gericht). Ist euch das Elend meines Leibes nicht genug?2
1 Hebr.: Berührt, d. h. durch die Figur Tapeinosis: geschlagen; S. Ps 144:5
2 Hebr.: Warum seid ihr nicht mit meinem Fleische zufrieden? Hier ist das Fleisch für den Leib gesetzt als das, welches Pein leidet. Hiob fragt: Genügen euch nicht meine leiblichen Leiden, müsst ihr noch die geistige Folter eurer hartherzigen Worte hinzufügen?

Zophars zweite Rede

Zophar hält nun seine zweite Rede (Hi 20); jedoch es ist die alte Sache: „Der Triumph der Gottlosen ist kurz“, (Hi 20:5). Er schließt sie mit den Worten:

Hi 20:29: Das ist des Sünders Teil von Gott (Elohim) und das Schicksal, welches ihm von Gott (El) bestimmt ist.

In seiner dritten Rede1, welche wie wir aus der Struktur oben gesehen haben, in Hi 27:11-28, enthalten ist, beginnt Zofphar mit denselben Worten, mit welchen er seine zweite Rede (Hi 20:29) geschlossen hatte.

Zophar fängt damit an zu sagen, dass er auch lehren kann und dass er dies tun will, indem er zeigen wird, welches die Wege und Handlungen Gottes sind mit unweisen Menschen, welche Ihn nicht fürchten oder nicht vom Bösen weichen; denn Seine „Hand“ (Macht) ist sichtlich am Werke.

Hi 27:11: Ich will nun reden2 über die Wege Gottes3, und des Allmächtigen (Shaddai) Tun4 mit euch nicht verhehlen.
Hi 27:12: Gewiss müsst ihr alle sie selbst gesehen haben; oder seid ihr alle so eitel?
Hi 27:13: Dies ist das Teil der gottlosen Menschen bei Gott (El); das Erbe des Gewalttätigen aus der Hand5 des Allmächtigen (Shaddai):
Hi 27:14: Hat er viele Kinder, so sind sie für das Schwert, und seine Nachkommenschaft wird nicht genug Brotes haben.
Hi 27:15: Die ihn überlebenden Angehörigen6 werden begraben werden durch den Tod7 und Witwen werden nicht weinen.
Hi 27:16: Wenn er Silber aufhäuft wie Staub, und Kleider bereitet wie Lehm:
Hi 27:17: so wird er sie wohl bereiten, aber der Gerechte bekleidet sich damit und der Unschuldige wird sein Silber teilen.
Hi 27:18: Das Haus, das er baut, ist hinfällig wie die Motte oder wie die Hütte, welche sich der Weinberghüter macht.
Hi 27:19: Reich legt er sich nieder, nichts ist eingesammelt8; er schlägt die Augen auf, und es ist nichts mehr da9
Hi 27:20: Der Schrecken wird ihn überfallen wie Wasser, ein Sturmwind wird ihn des Nachts entführen.
Hi 27:21: Der Ostwind hebt ihn empor und er ist weg; ja, wie ein Sturm wird es ihn wegfegen von seiner Stätte.
Hi 27:22: Der, welcher zuvor gewohnt war vor ihm zu fliehen, wird nun über ihn kommen und seiner nicht schonen;
Hi 27:23: triumphieren wird er über ihn die Hände klatschen und ihm nachzischen von seiner Wohnstätte aus.
1 Hebr.: Durch die Hand Gottes: „Hand“ ist gesetzt mittels Metonymy für das, was durch Seine Hand oder Macht getan wird. Zophar spricht von der Art und Weise, wie Gott wirkt, d.h. Seinen Wegen, übersetzt Tun in der nächsten Zeile.
2 Hebr.: El, indem die zwei Titel aufgenommen werden, welche von Hiob in den Versen 9 und 10 gebraucht wurden.
3 Hebr.: Das was bei dem Allmächtigen ist. Die Präposition bei wird oft gebraucht, ein besonderes Merkmal oder einen besonderen Weg zu bezeichnen. S. Hi 12:16: bei Ihm ist Stärke und Weisheit. So Hi 15:9; Hi 23:14.
4 Hebr.: eitel mit Eitelkeit, d. h. ihr müsst Gottes Wege beobachtet haben; oder habt ihr sie alle ohne Zweck gesehen? Daher zeigt hier Zophar zuerst Gottes Wege in Seinem Tun mit den Gottlosen, welche ihre Unweisheit darin offenbaren, dass sie Ihn nicht fürchten, noch vom Bösen weichen.
5 Bezugnehmende auf die Hand Gottes in Vers 11.
6 Hebr.: Die welche von ihm überbleiben, seine Überlebenden
7 Das Hebr.: Mit dem Artikel bedeutet hier gerichtlichen Tod (ohne Feierlichkeit).
8 Hebr.: es ist nicht eingesammelt; d. h. sein Vermögen, welches ganz im Geschäft angelegt oder auf Zinsen ausgestellt und nicht eingetrieben ist. Diese Zeilen auf den Menschen statt auf sein Vermögen zu beziehen, ergibt keinen Sinn.
9 Hebr.: es ist nicht; d. h. sein Vermögen. Die Übersetzung „er ist nicht“ ist ganz gegen den Sinn. Denn wenn er lebt und aufwacht, so „ist“ der Mensch. Aber wenn „er nicht ist“, dann stirbt er ja, statt seine Augen zu öffnen./>

So fasst Zophar alles zusammen, was die drei Freunde vereint gegen Hiob gesprochen hatten.

Es ist unmöglich, die obigen Worte als die Äußerungen Hiobs zu betrachten, insofern als Hiobs eigene Auseinandersetzungen genau das Gegenteil davon waren. Die wird klar werden, wenn wir es mit dem vergleichen, was in Wirklichkeit Hiobs Gedanken waren, wie er sie in Hi 12:6 und Hi 21:7-12 zu erkennen gibt:

Hi 12:6: Die Zelte der Verderben sind in Frieden; die, welche Gott (El) herausfordern, sind in Sicherheit, Eloah1 gibt ihnen Überfluss.

Und abermals:

Hi 21:7: Warum leben gottlose Menschen und werden alt, ja nehmen gar zu an Macht? (Warum duldet Gott dies?)
Hi 21:8: Ihr Same steht fest vor ihnen; ja ihre Nachkömmlinge sind bei ihnen und wachsen vor ihren Augen.
Hi 21:9: Ihre Häuser haben Frieden, sie kennen keine Furcht, und Gottes (Eloah) Rute ist nicht über ihnen....
Hi 21:11: Ihre kleinen Kinder springen umher wie Lämmer und ihre älteren Kinder wiegen sich im Tanze.
Hi 21:12: Sie jauchzen bei Tamburin und Harfe, und sind fröhlich beim Klange der Schalmei.
1 Der Gebrauch von Eloah scheint die Übersetzung einiger „welcher einen Gott in seiner Hand führt“, zu verbieten.

Wenn wir dies mit den Äußerungen in Hi 27:13-23 vergleichen, so fragen wir: Ist es möglich, dass Hiob mit solchen Übersetzungen, welche so gänzlich verschieden sind von allem, was seine drei Freunde mit solcher Hartnäckigkeit und solchem Nachdruck behaupten - ist es möglich, dass er dann die Worte des Kapitels Hi 27:13-23 geäußert hat? Insbesondere angesichts der Worte Elihus in Hi 32:12: „Keiner von euch hat Hiob überführt (widerlegt)“?

Die scheint die Beweise welche oben (bei der Struktur) dafür vorgetragen sind, Hi 27:11-28:28 als die dritte und letzte Rede Zophars zu betrachten, zu vervollständigen. In Hi 28 schließt Zophar die ganze von ihm selbst und von seinen freunden verfochtene und aufrecht erhaltende Beweisführung.

Er stellt sich auf einen hohen Standpunkt. Sein Schluss ist der: Da er sieht, dass Gottes „Hand“ oder Weg dahin geht, die zu bestrafen, welche Ihn nicht fürchten und Sein Gericht über die zu verhängen, welche nicht „vom Bösen weichen“, so erklärt er in seinen Schlussworten, was Weisheit ist (Hi 28:28).

Siehe, die Furcht des Herrn (Adonai) ist Weisheit und vom Bösen weichen, ist Verstand.

Die Weisheit von oben

Hiob war in Not und niedergedrückt von seinem Elend, aber er beharrt dabei, dass das nicht wegen seiner Sünden sein konnte; denn er hatte diese Weisehit und diesen „Verstand“. Er „fürchtete den Herrn“ und „wich vom Bösen“; und doch litt er.

Dies ist der Hauptpunkt der ganzen Betrachtung. Es ist hier auf möglichst kurze Weise zusammengefasst.

Es war eine Schmähung für Hiob, als Zophar redete.

Die Weisheit, von der er sprach, liegt ganz in dem Bereich des natürlichen Menschen. Tausende über diese Weisheit jeden Tag. Sie finden, dass es sich lohnt. Es ist klug, so zu handeln. Aber das ist eine Scheinmoral - wie z.B.: Ehrlich währt am längsten. Damit ist doch eigentlich gesagt, dass der, welcher ehrlich ist, weil es am Nützlichsten ist, aufhören würde ehrlich zu sein, wenn es wirklich auf die Dauer mehr einbrächte.


Hiob besaß diese Weisheit und handelte danach. Soweit daher Zophars Erklärung von der Weisheit reichte, vermochte sie gegen Hiob nichts vorzubringen. Und Hiob fährt fort (Hi 29-31) dies zu beweisen. All die Gründe von Hi 28 sind ganz richtig, wenn sie sich auf die wahre Weisheit beziehen, auf die „Weisheit von oben her“. Es ist aber nicht richtig, wenn man so spricht von der natürlichen, menschlichen Weisheit:

„Den Herrn fürchten“ und „vom Bösen weichen“ - das ist an und für sich noch nicht die Weisheit „von oben her“. Es ist nur ein Stück davon, und wir dürfen doch nicht ein Stück ansehen, als wäre es das Ganze.

Die wahre oder himmlische Weisheit rechtfertigt immer Gott und verurteilt sich selbst.

Es kann jemand den Herrn „fürchten“ und Ihn doch nicht rechtfertigen. Es kann jemand „vom Bösen weichen“ und doch sich selbst nicht verurteilen, sondern vielmehr gerade in diesem Weichen vom Bösen einen Grund finden, sich selbst zu rechtfertigen statt sich zu verurteilen.

Das große Endziel (die Absicht) dieses ganzen Buches ist: zu zeigen, dass die himmlische Weisheit sich in einem zerbrochenen Herzen und einem zerschlagenen Geist erweist. Es kann keine wahre Furcht Gottes ohne das eine und kein wirkliches Weichem vom Bösen ohne das andere geben.

Zophars Weisheit ist nur ein Stück der wahren Weisheit. Denn ein „zerbrochenes Herz“ kann nichts als den Herrn (Jehova) fürchten: ein „zerschlagener Geist“ kann nichts als vom Bösen weichen, das er beklagt.

Es ist Elihus Mission, zu zeigen, was Weisheit ist, welche von oben kommt. Und er tut dies in Hi 33:27.80 und Hi 34:31 und sagt, dass sie da vorhanden ist, wo der Mensch seinen Platz vor dem allmächtigen Gott als Sünder einnimmt.

Wir haben dieselbe wichtige Lehre in Ps 51, wo der göttliche Lehrer selbst David lehrt, zu bekennen:

Ich erkenne meine Missetaten, und meine Sünde ist immer vor mir. Gegen Dich, gegen Dich allein habe ich gesündigt und getan dies Böse in Deinen Augen; damit Du gerechtfertigt werdest, wen Du redest, und rein seiest, wenn Du richtest“ (Ps 51:5.6).


Das ist es, was Gott von dem Sünder verlangt. Dies ist die „Weisheit“, welche Er allein verleiht. Daher fährt David im achten Vers fort zu sagen:

“Siehe, Du hast Lust an der Wahrheit im Innern (den Nieren), und im Verborgenen (des Herzens) 'wirst Du mich Weisheit kennen lehren.“’


Diese Weisheit kennen wir nicht von Natur. Wir müssen dazu „gemacht“ werden (s. 2Tim 3:15). - In Hi 38:36 sagt Jehova dem Hiob dasselbe, nämlich dass Er es ist, der

Weisheit in das Innere gelegt und dem Herzen Verstand gegeben hat“. (vgl. Hi 35:11 und Hi 39:17)

Der Herr Jesus gab derselben großen Wahrheit Ausdruck in Mt 11:19 und Lk 7:35 als Er sagte:

“Die Weisheit ist gerechtfertigt worden von ihren Kindern“.

Diese Rätsel-Rede (vielleicht war es ein Sprichwort) bedeutet in diesem Falle, dass Christus, der „die Weisheit Gottes“ ist (1Kor 1:24; vgl. Spr 8:22.23 und Spr 3:19), immer durch diejenigen gerechtfertigt wird welche Sein sind und von Ihm lernen, was Er, ihre Weisheit ist.

Der Zusammenhang zeigt dass Seine Feinde Ihn verdammten, während sie sich selbst rechtfertigten. Sie sagten, Er sei ein Fresser und Weinsäufer, und Johannes habe einen Teufel gehabt. Sie gaben dadurch zu erkennen, das sie nicht Seine Kinder sein konnten; denn die Kinder der Weisheit rechtfertigen immer Ihn und verdammen sich selbst.

Hiob hatte diese Weisheit noch nicht, auch wussten seine Freunde nichts davon, Als Hiob sie gelernt hatte, da „redete er recht" (vorher nicht); denn da verurteilte er sich selbst und rechtfertigte Gott (Hi 42:7). Seine Freunde mussten es nachher lernen und den Platz toedeswürdiger Sünder einnehmen, indem sie ihre Hand auf den Kopf des Brandopfers legten und so bekannten, dass sie dessen Tod verdient hatten.

Aber dies hatten sie in Hi 28:28 noch nicht gelernt. Sie wussten alle, dass es weise und klug war, den Herrn zu fürchten und vom Bösen zu weichen; weil es der Weg war, Seinen Strafen zu entgehen. und Seine Gunst zu verdienen. Dies war die Erfahrung und ihr beständiges Trachten. Das war ihre Klugheit. Das waren ihre „guten Werke“, auf welche sie sich verließen.

Solange daher Zophar diese Meinung über „Weisheit“ gegen Hiob geltend machte, wusste weder der Eine noch der Andere, was himmlische Weisheit war. Doch eben diese sollten sie lernen; denn das ist der erste Unterricht für die Welt, und „das Ende (die Absicht) des Herrn“ ging dahin, es ihnen bekannt zu machen.

In seiner letzten Erwiderung gegen Zophar hatte Hiob sich mit diesem besonderen Punkte zu befassen. Jedoch, er kommt wieder auf seinen alten Standpunkt zurück und hält fest an seiner eigenen Gerechtigkeit (Hi 27:6). Er rechtfertigt also sich selbst und verurteilt Gott.

Es entging dem Hiob nicht, dass Zophar in seinen Worten andeutete, dass er - Hiob - nicht besäße, was Zophar als „Weisheit“ oder „Verstand“ bezeichnete, indem für Zophar Hiobs Trübsale ein Beweis waren, dass derselbe nicht „die Furcht des Herrn hatte“ und nicht vom Bösen gewichen war.

Deshalb fährt Hiob fort, die Haltlosigkeit dieser Meinung Zophars zu zeigen indem sein - Hiobs - wunderbares früheres Glück augenscheinlich bewies, dass er diese Weisheit besessen und den Herrn gefürchtet haben musste (Hi 29); ferner, dass sein makelloses Leben (Hi 31) der Beweis war, dass die plötzliche Veränderung seiner Lage (Hi 30) nicht eine Folge seiner Sünden sein konnte.

Das sind die Hauptpunkte der letzten Worte Hiobs. Seine Schlussrede ist sehr schön, doch können wir sie hier nicht anführen. Wir müssen unsere Leser auf unser neue Übersetzung (Englisch) verweisen, wo sie folgende drei Punkte seiner Beweisführung dargetan finden:

  1. Sein vormaliges Glück (Hi 29).
  2. Den plötzlichen Wechsel (Hi 30).
  3. Sein makelloses Leben (Hi 31).

Es wird bemerkt werden, dass Hiob im ersten dieser Kapitel (Hi 29) sich selbst nicht weniger als vierzig mal erwähnt, während er von Jehova nicht mehr als fünf mal redet! Er selbst ist alles. Die Beschäftigung mit sich selbst überwiegt alles andere.

In Hi 29 ist es das „Ich“ seines Glücks;
in Hi 30 das „Ich“ seiner Trübsale;
in Hi 31 das „Ich“ seiner Selbstgerechtigkeit.

Das Ich wird gerechtfertigt und Gott verurteilt. Wie ganz anders ist es, wenn wir das „Ende“ erreicht haben! Dort sehen wir auch das „Ich“; aber welch ganz anderes „Ich“ ist es! dort ist es das „Ich“ der himmlischen Weisheit, da „Ich“, welches sich selbst verurteilt und Gott rechtfertigt.

“Ich - bin zu gering;“
“Ich - verabscheue mich;“
“Ich - tue Buße in Staub und Asche.“

Doch dieses gesegnete Ende ist noch nicht erreicht, wie die genannten drei Kapitel deutlich kundtun.

Lies weiter:
3. Der Dienst des Elihu (Hi 32-37)