Das große Rededuell

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Abschrift: Wer ist Satan?
Satans Ursprung, Werke und Ziel (Heft 5)
aus der Reihe „Mannigfaltige Weisheit Gottes“
von M. Jaegle 1983

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß
Als Schrift nicht mehr erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

6. Das große Rededuell

3. Teil

Zwei zu beachtende Wegweiser

Es fällt nicht leicht, Hiobs ungestüme Reden unvoreingenommen anzuhören. Um ihn in seinem langen Rededuell mit den drei Freunden recht beurteilen zu können, zitieren wir nachfolgend einen Schriftausleger. Dieser mahnt uns, Hiob ob seinen gegensätzlichen Aussagen nicht zu verdammen (Hi 6:26).

Die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir; und die Schrecknisse Gottes sind auf mich gerichtet" (Hi 6:4). "Ein Mensch, in dem die 'Pfeile des Allmächtigen' stecken, kann nicht mehr ruhig und gelassen predigen. Er kann auch nicht mehr dogmatisch exakt oder bekenntnismäßig genau lehren. Hiob ist durch und durch verwundet. Er bäumt sich auf gegen Gott - und im nächsten Augenblick beugt er sich vor dem Heiligen in der Höhe. Er demonstriert seine Rechtschaffenheit - und dann kommen Worte einer tiefen Sündenerkenntnis aus seinem Mund. Er flieht von Gott weg und drängt sich doch wieder zu Gott hin. So ein ein Geschüttelter ist dieser Hiob. Die frommen Freunde foltern seine Seele fast noch mehr als die Schmerzen. Man tut ihm deshalb Unrecht, wenn man seine Worte auf die Goldwaage legt und allerlei Fragwürdiges oder Halbwahres entdeckt. Dieser Zeuge hat seinen Platz durchaus im Gesamtchor der biblischen Stimmen Erscheint er hier auch wie ein Außenseiter und Rebell, so haben seine Worte doch ungemein tröstende Kraft. Wer erlebt hat, was Anfechtung ist, wird Gott dafür danken, dass er seinen Knecht nicht mundtod gemacht hat."

Auch ein anderer Ausleger verdient noch angehört zu werden. Er schreibt: "Das Wunder des Hiobbuches beruht gerade darauf, dass Hiob keinen Schritt tut, um sich zu irgendeinem besseren Gott zu flüchten, sondern dass er mitten im Feuer des göttlichen Zornes ausharrt. Hiob flüchtet sich zu Gott, den er anklagt. Ohne dass er von der anstößigen Behauptung seiner Unschuld und der Feindschaft Gottes abläßt, bekennt Hiob seine Hoffnung und nimmt den zum Verteidiger, der ihn verurteilt. Er hält den für seinen Befreier, der ihn ins Gefängnis bringt, und seinen Todfeind für einen Freund."

Diese Anweisungen gilt es zu beachten, da sie im Einklang mit Gottes eigenem Urteil stehen. Gott rechtfertigt das Reden Hiobs, sagt aber zweimal von dessen Freunden (Hi 42:7b.8b): "...nicht geziemend habt ihr von Mir geredet, wie Mein Knecht Hiob."

Eliphas erste Rede

(Hi 4+5)*

*In diesem längeren Teil "Das große Rededuell" ist es nicht möglich, die ganzen Kapitel anzuführen, weil sondt die Abhandlung zu weitschweifig würde. Wir empfehlen jedoch unseren Lesern, den jeweiligen Abschnitt ganz zu lesen.

Durch das uneingeschränkte Lob seiner Zeitgenossen war Hiob wie ein verwöhntes Kind geworden. Erfahrungsgemäß kann ein solches durch eine strenge Erziehung wieder in ein normales Gleichgewicht des Lebens gebracht werden. Dem zufolge musste auch Hiob erzogen werden. Diese Aufgabe fiel vorerst seinem Freund Eliphas zu. Dabei ging dieser von der Annahme aus, Hiob sei durch irgend eine Verfehlung bei Gott in Ungnade gefallen. Eliphas war so sehr davon überzeugt, dass er immerzu mit neuen Beweisgründen Hiob zum Eingeständnis seiner Schuld zu bewegen suchte, wobei er es nicht an tadelnden Worten fehlen ließ. Er gab Hiob in überheblicher Weise eine ganze Kette von Anweisungen zu einem neuen Anfang und rechten Verhalten Gott gegenüber (Hi 5:17-26): "Siehe, glückselig der Mensch, den Gott straft! So verwirf denn nicht die Züchtigung des Allmächtigen. Denn er bereitet Schmerz und verbindet, Er zerschlägt und Seine Hände heilen. In sechs Drangsalen wird Er dich erretten, und in sieben wird dich kein Übel antasten... Vor der Zunge Geißel wirst du geborgen sein, und du wirst dich nicht fürchten vor der Verwüstung, wenn sie kommt ... Und du wirst erfahren, dass dein Zelt in Frieden ist, und überschaust du deine Wohnung, so wirst du nichts vermissen; und du wirst erfahren, dass deine Nachkommenschaft zahlreich sein wird und deine Sprösslinge gleich dem Kraut der Erde. Du wirst in Rüstigkeit in das Grab kommen..." Hören sich diese Worte nicht wie eine Ironie auf die gegenteilige Lebenserfahrung Hiobs an?

Um seine und seiner Freunde Überlegenheit gegenüber Hiob so recht zu bekräftigen, fügt Eliphas abschließend hinzu (V. 27): "Siehe dieses, wir haben es erforscht, so ist es; höre es, und du, merke es dir!"

Jetzt musste sich Hiob vorgekommen sein wie einer, der in eine andere Welt versetzt wurde. Vormals war er der angesehene Mann, der von seiner Höhe aus auf manche sogar verächtlich herabschaute (Hi 30:1): "...deren Väter ich verschmähte, den Hunden meiner Herde beizugesellen". Ab er nun war er heruntergesetzt und musste sich wie ein unerfahrener Junge belehren, tadeln und maßregeln lassen. Und wer erteilte Hiob diese demütigende Lektion? Es war sein Freund Eliphas, dem Hiob an Erkenntnis und Frömmigkeit weit überlegen war. Dies alles war für Hiob eine schmerzliche, aber notwendige Demütigung. Die Lektion wurde dann von den zwei anderen Freunden weitergeführt, die Hiob ebenso hartherzig und ungerecht behandelten wie Eliphas. Diese Männer aber haben mit ihrem Verhalten für Gott die notwendige Vorarbeit geleistet, um Seinen sonst so treuen Knecht wieder zurechtzubringen.

Hiobs erste Entgegnung

(Hi 6+7)
Darauf antwortet Hiob Folgendes (Hi 6:1-3): "O dass mein Gram doch gewogen würde, und man mein Missgeschick auf die Waagschale legte allzumal! Denn dann würde es schwerer sein als der Sand der Meere; darum keuchen (so nach Dr. Zunz u. a.) meine Worte:"

Aus dieser Entgegnung spricht die große Enttäuschung über seinen Freund Eliphas. Um bei diesem wahres Mitleid zu wecken und ihn einer verkehrten Einstellung zu überführen, wünscht Hiob, dass sein Gram und Missgeschick gewogen würden. Könnte Eliphas und seine beiden Freund die Schwere seiner Leiden sehen - die Hiob gewichtiger als den Sand der Meere einschätzte - , so würden sie ihn. nicht länger in erbarmungsloser Gesinnung kränken. Im selben Kapitel sagt Hiob offen (Hi 6:9.19), wie gern er sterben möchte. Doch Sein großer Verfüger konnte ihm diese Bitte nicht gewähren, war es doch Sein Plan, aus Hiob zuvor einen neuen Menschen zu machen. Auch Hiob weiß, dass Gott die Tage eines Sterblichen bestimmt, und dass die Zahl seiner Monde im voraus bei Ihm beschlossen sind (Hi 14:5). Siehe auch Pred 7:17.

Um seine Freunde von ihrem lieblosen Verhalten abzubringen, spricht Hiob ihnen mit den Worten zu (Hi 6:14): "Dem Verzagten gebührt Milde von seinem Freunde, sonst wird er die Furcht des Allmächtigen verlassen." Daraufhin veranschaulicht er mit einem ausdrucksstarken Bild seine große Enttäuschung (V. 15-17): "Meine Brüder haben sich trügerisch erwiesen wie ein Wildbach, wie das Bett der Wildbäche, welche dahinschwinden... Zur Zeit, wenn sie erwärmt werden, dann versiegen sie (anstatt in der Gluthitze den Dürstenden zu tränken); wenn es heiß wird, sind sie von der Stelle verschwunden ... die Reisezüge Schebas hofften auf sie, sie wurden beschämt, weil sie auf sie vertraut hatten." Gleich wie die Karawanen ihren Durst nicht stillen konnten, weil des Wadi ausgetrocknet war, so können ihm die Freunde nun nichts geben. Dann ruft Hiob seinen Weggenossen zu (V. 24-29): "Belehret mich, und ich will schweigen; und gebt mir zu erkennen, worin ich gefehlt habe. Die Worte der Wahrheit sind eindringlich; aber eine Rüge von euch hat keine Beweiskraft. Gedenkt ihr euch an Worte zu hängen, wo die Rede eines Verzweifelten in den Wind geht? Ihr fallt über einen Verwaisten her und verschachert euren Freund! Nun aber, lasst es euch gefallen auf mich (Erbarmungswürdigen) zu blicken: euch ins Angesicht werde ich doch wahrlich lügen... Kehret doch um, es geschehe kein Unrecht. Ja, kehret noch um (ehe es zu spät ist)..." Deutlich hat Hiob mit seinen Freunden geredet, so dass sie ihr ungerechtes Verhalten hätten einsehen können. Hörten sie auf ihn? Die Antwort darauf gibt der zweite Redner.

Bildads erste Rede

(Hi 8)
In der Bedrängnis seines Geistes und in der Bitterkeit seiner Seele (Hi 7:1) wendet sich Hiob fragend an Gott: "Habe ich gesündigt, was tat ich Dir an, Du Beobachter der Menschen? Warum hast Du mir Dir zum Angriffspunkt gesetzt, dass ich mir selbst zur Last geworden bin? Und warum vergibst Du. nicht meine Übertretung und läsest nicht vorübergehen meine Missetat?" (Hi 7:20.21a) - da antwortet ihm Bildad und spricht (Hi 8:2 ff):

"Wie lange willst du noch solche Reden führen, und wie lange sollen die Worte deines Mundes wie ein Sturmwind dahinfahren? Sollte Gott krümmen das Recht, oder wird der Allmächtige beugen die Gerechtigkeit? Wenn deine Kinder gegen Ihn gesündigt haben, so gab Er sie ihrer Übertretung preis. Immerhin, wenn du Gott eifrig suchst und zu dem Allmächtigen um Gnade flehst, wenn du lauter und rechtschaffen bist, ja dann wird Er zu deinen Gunsten aufwachen (als ob Gott schliefe! s. Ps 121:3.4) und Wohlfahrt geben der Wohnung deiner Gerechtigkeit. Und dein Anfang wird gering erscheinen, aber dein Ende wird groß sein."

Unbeachtet verhallt Hiobs Aufschrei. Dem Leidgeprüften widerfährt keine Barmherzigkeit. Bildad geht in der Verurteilung Hiobs noch weiter als Eliphas. Unverblümt sagt er, dass Hiob für gegangenes Unrecht von Gott bestraft werden, und seine Kinder um der Sünde willen dahingerafft worden seien. Dann fährt er fort: "Also sind die Pfade aller, die Gottes vergessen, und des Frevlers Hoffnung geht zugrunde" (V. 13). Bildad schreckt nicht davor zurück, dass er Hiob verdächtigt, Gott vergessen zu haben und er Ihn deshalb eifrig suchen und um Gnade anflehen sollte - "wenn du lauter und rechtschaffen bist, ja, dann wird Er zu deinen Gunsten aufwachen und. Wohlfahrt geben der Wohnung deiner Gerechtigkeit und dein Anfang wird gering erscheinen, aber dein Ende sehr groß werden." Mit erstaunlicher Selbstsicherheit verheißt Bildad HIob eine große Zukunft und gesicherte Wohlfahrt, wenn er seinen Rat befolge (V. 7).

Weiter richtet dieser Freund Hiobs Augenmerk auf das, was die Väter erforscht haben (Hi 8:8-10): "Befrage doch das vorige Geschlecht, und richte deinen Sinn auf das, was ihre Väter erforscht haben... Werden jene dich nicht belehren, dir's sagen und Worte aus ihrem Herzen hervorbringen?" Bildad erhält Lehren der Menschen für wichtig. Er stützt sich auf das Zeugnis der Tradition - eine Tradition, die ihm den Blick verdunkelt für die neue, anders geartete Wirksamkeit Gottes im Leben Hiobs. (Musste nicht auch der Herr gleicherweise unter den Überlieferungen der Pharisäer leiden - Mt 15:1-9)

Welch böse Verdächtigung spricht aus folgendem Gleichnisbild (V. 11 ff.): "Schießt Papierschilf auf, wo kein Sumpf ist? Wächst Riedgras empor ohne Wasser?" oder wie es im Volksmund heißt: "Wo Rauch ist, da muss auch Feuer sein." Damit will Bildad erneut sagen, dass die Leiden Hiobs ein Beweis dafür seien, dass im Leben seines Freundes etwas für Gott ganz Missfäliiges vorgekommen sein müsse.

Nun werden Bildads Worte immer dreister (V. 20): Siehe, Gott verwirft nicht den Vollkommenen ..." Mit heimtückischerList attackiert Bildad damit das dem Hiob von Gott geschenkte Lob. Die Leiden beweisen ihm, dass sein Freund von Gott verworfen ist. Folglich war er kein Vollkommener, wie ihm vormals Gott bezeugt hatte.

Damit wird auch noch Gott in die Sache mit einbezogen, und zwar in dem Sinne, als ob Er mit der zweimaligen Belobigung Hiobs (Hi 1:8; Hi 2:3) ein falsches Urteil über ihn abgegeben hätte. Damit sollte Hiob auch dieser Stütze beraubt werden, um ihn als einen von Gott Verworfenen und Verlassenen endgültig in den Verzweiflungstod stürzen zu können. Hierin wird noch einmal mehr eine Kriegslist des Menschentöters von Anfang an offenbar.

Auf diesen Angriff hin antwortet Hiob mit einer längeren und gut fundierten Rede.

Hiobs zweite Entgegnung

(Hi 9+10)
Nach den harten Worten Bildads sind wir von Hiobs sanfter Antwort angenehm überrascht (Hi 9:1-4): "Wahrlich, ich weiß, dass es also ist; und wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott? Wenn er Lust hat mit Ihm zu rechten, so kann er Ihm auf tausend nicht eins antworten!" Welch vorbildliche Gesinnung spricht aus dieser Entgegnung. Hiob übergeht die ihn beleidigenden Aussagen und anerkennt, was in Bildads Rede richtig war, so dessen Ausspruch in Hi 8:3: "Wird Gott das Recht beugen, oder wird der Allmächtige beugen die Gerechtigkeit?"

In seiner Entgegnung hat Hiob ein weises Prinzip angewandt und dieses ist: bei Auseinandersetzungen stets mit dem zu beginnen, worin man dem Gegner beipflichten kann. Auf diese Weise gewinnt man einen viel sicheren Stand, als wenn man zuerst mit der Kritik beginnt. - Eine gelinde Antwort wendet den Grimm ab, aber ein kränkendes Wort erregt den Zorn (Spr 15:1; Spr 25:15).

Doch welch eine Fülle von Gedanken bringt Hiob in den zwei Kapiteln Hi 9+10, die Gottes souveräne Erhabenheit und des Menschen Ohnmacht beinhalten, zum Ausdruck. Dabei redet er in einer Weise zu Gott, dass man bange sein könnte, HIob falle doch noch von Ihm ab. So, wenn wir ihn sagen hören (Hi 9:17.18): "...Er, der mich zermalmt durch ein Sturmwetter und meine Wunden mehrt ohne Ursache. Er erlaubt mir nicht Atem zu holen, denn Er sättigt mich mit Bitterkeiten." Und Vers 20 erkühnt sich Hiob zu erklären: "...wäre ich vollkommen, so würde Er mich für verkehrt erklären." Immer wieder finden sich solche Aussagen über Gott in seiner Rede. Dann wieder richtet er mutig die Bitte und Frage an Gott (Hi 10:2): "Ich will zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! Lass mich wissen, worüber Du mit mir rechtest!"

Ferner macht er eine Aussage, die tief an Gotte Heilsvorsatz ührt (Hi 9:33): "Es gibt zwischen uns keinen Schiedsmann, dass er seine Hand auf uns beide lege." Hiob streckt sich nach einem gerechten Mittler aus, der schiedsrichterlich seine versöhnende Hand auf Gott und den Menschen legen wird, um beide miteinander zu verbinden, damit zwischen beiden eine unverbrüchliche Gemeinschaft werden. Auch in Hi 17:3 bewegt ihn dieser Gedanke (nachdem sich Hiob von allen verlassen wusste), wenn er sagt: "Setze doch ein, leiste (Du Selbst) Bürgschaft für mich bei Dir Selbst! Wer ist es sonst, der in meine Hand einschlagen wird?" Welch ein unbegrenztes Vertrauen zu seinem Verfüger spricht aus diesen Worten!

Darauf war es dem Leidgeprüften geschenkt, jubelnd zu bekennen, dass dieser versöhnende Mittler und Erlöser lebt (Hi 19:25). Dem gegenüber beschließt Hiob seine Antwort in Hi 10:18-20 mit den klagenden Worten: "Warum hast Du mich doch aus Mutterleibe hervorgehen lassen?... Sind meiner Tage nicht wenige? ... ehe ich hingehe (und nicht wiederkomme) in das Land der Finsternis und des Todesschattens... wo das Hellwerden dem Dunkel gleich ist!"

Ja, wer mit solchen schweren Vorwürfen und Verleumdungen geradezu überhäuft wird wie Hiob von seinen Freunden, der kann dessen lebensmüde Aussagen verstehe. Aber noch sind die Angriffe der Weggenossen Hiobs nicht beendet, wenn wir den dritten Redner hören:

Zophars erste Rede

(Hi 11)
Und Zophar, der Naamatiter, antwortete und sprach (Hi 11:1-5): "Sollte die Menge der Wort (Hiobs) nicht beantwortete werden, oder sollte ein Schwätzer (!) recht behalten? Sollte dein Gerede. die Leute zum Schweigen bringen, dass du spotten solltest, und niemand dich beschämen, dass du sagen solltest: Meine Lehre ist lauter, und ich bin rein in deinen Augen? Aber möchte Gott doch reden und Seine Lippen gegen dich öffnen, und dir kundtun die Geheimnisse der Weisheit, dass ie das Doppelte ist an Bestand! Dann müsstest du erkennen, das Gott dir viel von deiner Missetat übersieht!"

Mit Bestürzung hören wir, dass Zophar seinen Freund einen eitlen Schwätzer nennt (V. 2), dem es an Einsicht in die Geheimnisse Gottes fehle (V. 6a) und der viele Missetaten vollbracht habe (V. 6b). Wie die übrigen Freunde so meint auch Zophar, er müsse Hiob unverhohlen sagen, was er von ihm denkt.

Doch nicht genug damit: Überdies meint Zophar, Hiob den rechten Weg weisen zu müssen (Hi 11:13-15): "Wenn du deinem Herzen die rechte Richtung gibst (denn nach Zophar war Hiob ganz verkehrt eingestellt) und deine Hände zu Ihm ausbreitest - wenn Frevel in deiner Hand ist, so entferne ihn, und lass Unrecht nicht wohnen in deinen Zelten - , ja dann wirst du dein Angesicht erheben ohne Makel und wirst unerschütterlich sein und dich nicht fürchten." Weiter macht er ihm Mut mit dem Ausmalen einer sorgenfreien Zukunft, welche dann Hiob auch tatsächlich gewährt wurde, nur auf einem anderen Wege als Zophar meinte. Seine Rede beendet er mit einer derben Drohung: "Aber die Augen der Gesetzlosen verschmachten; und jede Zuflucht ist ihnen verloren, und ihre Hoffnung ist das Aushauchen der Seele" (Hi 11:20).

Hiobs dritte Entgegnung

(Hi 12-14)
Die Rede Zophars war wieder eine herbe, tief einschneidende Lektion. Es ist nur verständlich, dass Hiob diesmal ob der ungerechten Anklagen entrüstet war und entsprechend antwortete (Hi 12:1): "Fürwahr, ihr seid die Leute, und mit euch wird die Weisheit aussterben." Mit beißendem Hohn stellt er Zophar und seine Männer bloß; desgleichen in Hi 13, wo Hiob sich Gott zuwendet mit den Worten (V. 3-5): "Doch zu dem Allmächtigen will ich reden und vor Gott mich zu rechtfertigen begehre ich; (dann wieder an seine Freunde gewendet) ihr hingegen seid Lügenschmiede, nichtige Ärzte ihr alle. O dass ihr doch stille wäret! das würde euch zur Weisheit gereichen."

Was Hiob weiter von ihren Ratschlägen hält, bringt er in Vers 12 zum Ausdruck: "Eure Denksprüche sind Sprüche von Asche, eure Schutzwehren erweisen sich als Schutzwehren von Lehm!" Hiob begehrt sich zu rechtfertigen, mehr als Gott. Dies geht deutlich aus den folgenden Versen (Hi 13:13-19) hervor. Trotzdem war er nicht hochmütig in seinem Herzen, denn er sagt zu Gott (V. 23): "Wie viele Missetaten und Sünden habe ich? Lass mich meine Übertretung wissen!" Und in diesem demütigen Bewusstsein bekennt er (Hi 14:4): "Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen kommen? Nicht ein einziger!" Dieser Zig von aufrichtiger Demut fehlt bei seinen Freunden, denn sie sind zu stolz, um von ihren Zielverfehlungen zu sprechen. Verursacht wurde diese unlautere und boshafte Gesinnung in den drei Männern durch den listigen Geist, welcher Eliphas im Anfang erschienen war.

Mit ausdrucksstarken Gleichnisbildern beschreibt Hiob in Hi 14 der Sterblichen Werden und Vergehen. Dabei überfällt ihn aufs neue Lebensmüdigkeit und Hoffnungslosigkeit. Für den abgehauenen Baum gibt es Hoffnung, der Mann hingegen "stirbt und liegt da; und der Mensch verscheidet und wo ist er?" Und doch ringt er sich wieder zu der Erwartung hindurch, dass die Toten aus ihrem Schlaf aufgeweckt werden (V. 7-12).

Dann kommt er sich wieder vor wie einer, der unter Gottes Zorn lebt (V. 13) und wünscht, vor diesem verborgen zu sein, bis sich Gott wieder n ach ihm sehnen würde, als dem Werk Seiner Hände (V. 15). Ferner redet er von seiner Sünde und Übertretung, über die Gott wacht (V. 16.17), wobei er von Gott sagt: "Du machst zunichte die Hoffnung der Menschen. Du überwältigst ihn für immer, und er geht dahin..." (V. 19.20). Und wie wenn er erklären wollte, weshalb er so redet, gibt Hiob mit dem Schlussvers zu verstehen, dass sein Fleisch den Schmerz seines Leidens empfindet und seine Seele trauert.

Damit hat die erste Gesprächsrunde ihren Abschluss gefunden. Übereinstimmend verdächtigen die drei Freunde Hiob des Frevels und verborgener Missetaten. Sie sehen darin die alleinige Ursache seines Unglücks. Als willig Werkzeuge Satans befehdeten sie Hiob mit unwahren Behauptungen und kränkten sein verwundetes Herz. Die nun folgenden, weiteren Reden der Freunde, die voll Verleumdung und gar Hass sind, offenbaren uns die ganze List und Raffinesse des Feindes, mit welcher er Hiob zum Abfall von Gott zu bewegen suchte.

Eliphas zweite Rede

(Hi 15)
Die Bestätigung für das Gesagte wird uns gleich mit dem Eingangsworten zu Eliphas zweiter Rede gegeben (Hi 15:1-6): "Und Eliphas, der Temaniter, antwortete. und sprach: Wir ein Weiser windige Erkenntnis antworten, und wird er sein Inneres füllen mit (unfruchtbarem) Ostwind, stretendmit Reden, die nichts taugen und mit Worten, womit er nicht nützt? Ja, du vernichtest die Gottesfurcht und schmälerst die Andacht vor Gott. Denn deine Ungerechtigkeit belehrt deinen Mund, und du wählst die Sprach e der Listigen. Dein Mund verdammt dich, und nicht ich; und deine Lippen zeugen wider dich."

Hier spricht ein gereizter und erzürnter Mann. Die Antwort Hiobs an Zophar mit all den Überführungen und Zurechtweisungen haben auch an Eliphas ihre Wirkung nicht verfehlt. Anstatt in sich zu gehen, wurde er nur noch mehr aufgestachelt und mit Neid erfüllt. So sagt er zu Hiob (Hi 15:9): "Was weißt du denn, das wir nicht wüssten? Was verstehst du, das uns verborgen wäre?" Bei diesem arglistigen Vorgehen kommt dem Eliphas wieder die Botschaft des Geistes zugut, die er nur mit anderen Worten wiederholt (V. 15.16): "Siehe auf Seine Heiligen vertraut Er (Gott) nicht und die Himmel sind nicht rein in Seinen Augen: wieviel weniger der Abscheuliche (Gräuelhafte) und Verderbte (Unbrauchbare), der Mann, der Unrecht trinkt wie Wasser." 'Auch wenn es Eliphas nicht direkt ausspricht, so meint er doch mit diesen Worten den Hiob (V. 5).

Von Neid und Niedertracht ist diese Rede geprägt. Denn es gehört schon viel dazu, den von Gott Selbst Geadelten als Gräuelhaften und Verderbten hinzustellen. Während er Hiob dermaßen erniedrigt, offenbart seine weitere Rede eine abstoßende Ichbezogenheit (V. 17): "Ich will's dir berichten, höre mir zu! Ich will dir erzählen, was ich gesehen habe..." Wie muss diese Überheblichkeit des Eliphas für Hiob ein schmerzliches und demütigendes Erziehen gewesen sein! Nun sind die Rollen vertauscht. Früher lehrte er und die anderen schwiegen (Hi 29:9.21); aber nun wird Hiob belehrt und er muss zuhören. (Hi 15:20-35).

Was er zu hören bekommt, soll ihm unzweideutig zu verstehen geben: Hiob, du bist ein Gesetzloser, weil es dir so schlecht geht!

Hiobs vierte Entgegnung

(Hi 16+17)
Auch diesmal weist Hiob die lieblosen Ermahnungen des Eliphas zurück, indem er erwidert (Hi 16:1-5): "Ich habe vieles dergleichen gehört. Leidige Tröster seid ihr alle! Hat es ein Ende mit den windigen Worten? Oder was reizt dich, dass du antwortest? Auch ich könnte reden wie ihr. Wenn eure Seele an der Stelle meiner Seele wäre, könnte ich die Worte wider euch zusammenreihen, und mein Haupt über euch schütteln. Ich aber wollte euch stärken mit meinem Munde, und das Beileid meiner Lippen würde euch Linderung bringen."

ZU deutlich sagt er seinen Freunden, das er für sie, falls sie in solchen Leiden wären, ein mitleidsvoller Tröster wäre. Aber nun muss er von ihnen sagen (V. 20.21): "Meine Freunde sind meine Spötter (die Gottes Handeln an mir falsch auslegen): zu Gott tränt mein Auge..."

Dann schildert Hiob (Hi 16:6 ff) mit ergreifenden Worten seine Leiden als von Gott bewirkt. Dabei geht er so weit, dass er sie als Ausbrüche Seines Zornes sieht (V. 9). Doch richtet er sich auch wieder vertrauensvoll an Ihn als Helfer, so, wenn er Ihn bittet (Hi 17:3): "Setze doch ein, leiste Bürgschaft für mich bei Dir Selbst". Denn Hiob war den Spöttereien und Beleidigungen seiner Freunde und Mitmenschen hilflos ausgesetzt. Und weshalb? HZiob scheut nicht davor zurück zu sagen (V. 4): "Du (Gott) hast ihre Herzen der Einsicht verschlossen; darum wirst Du ihnen die Oberhand nicht geben."

Damit enthüllt Hiob den tiefsten Grund des Nichtverstehens seiner Zeitgenossen, wenngleich er darunter unsäglich litt, denn das Wozu dieser Handlungsweise Gottes war vor seinen Augen noch verborgen. Mit diesem Zeugnis der Schrift übereinstimmend sagt auch Mose vom Volk Israel (5Mo 29:4): "Aber Jewe (Jehova) hat euch nicht ein Herz gegeben, zu erkennen, und Augen, zu sehen, und Ohren zu hören, bis auf diesen Tag." Es war dann dem Apostel Paulus gegeben, diesen Ausspruch in Röm 11:32 auf alle Menschen auszudehnen: "Denn Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme." Hier finden wir die vollgültige Antwort auf diese schwer verständliche Handlungsweise Gottes, under deren Last Hiob und ungezählte Menschen seufzten und noch seufzen.

Weil es nun Gott ist, der dieses ganze Geschehen bewirkt nach dem Ratschluss Seines Willens (Eph 1:11.12), so ist auch der Ausgang gesichert. Deshalb konnte auch Hiob in glaubensvoller Zuversicht triumphieren: "Du wirst ihnen nicht die Oberhand geben" (Hi 17:4b). Ja, das Böse wird nicht die Oberhand behalten." Kein chaotischer, unüberschaubarer Abschluss wird der Ausgang der Wege Gottes sein, da Er alles von Anfang an bis hin zumEnde geplant und sicher in Seiner Hand hält. Zielsicher und unbeirrt führt Er Seine Geschöpfe zur glorreichen, gesegneten Vollendung, wo Er alles in allen sein wird! (1Kor 15:28).

Und noch einmal erteilt Hiob seinen verstockten Freunden eine Lektion mit den Worten (Hi 17:10): Aber ihr alle, kommt nur wieder heran! Einen Weisen werde ich unter euch nicht finden."

Doch daraufhin übermannt ihn aufs neue der Schmerz. Verzweifelt klagt er (Hi 17:11 ff ): "Meine Tage sind vorüber, zerrissen sind meine Pläne, das Eigentum meines Herzens... Wenn ich hoffe, so ist der Scheol mein Haus, in der Finsternis bette ich mein Lager. Zur Verwesung rufe ich: Du bist mein Vater" zu dem Gewürm: mein Mutter und meine Schwester... meine Hofnung, wer wird sie schauen?" (Gott aber denkt über das Grab hinaus.)

Bildads zweite Rede

(Hi 18)
Unberührt von der Pein seines Freundes geht Bildad gleich zum Angriff über (Hi 18:1 ff): "Wie lange wollt ihr auf Worte Jagd machen? Werdet verständig und hernach wollen wir reden." Genau diesen Vorwurf hätten die drei Freunde verdient: Sie hätten Hiob gegenüber verständig werden sollen. Hierin wird eine weitere List Satans offenkundig: Er legt das Versagen und die Fehler der Schuldigen den Schuldlosen zur Last.

Weiter schildert Bildad in aller Ausführlichkeit das Ergehen der Gesetzlosen. Dabei fallen immer wieder Aussagen, die offen oder verkappt Hiob gelten sollen: "Die Schritte seiner Kraft werden eingeengt werden ... (V. 7). Der Fallstrick wird seine Ferse erfassen, die Schlinge ihn ergreifen (v. 10). Auf seine Wohnstätte wird Schwefel gestreut werden. Unten werden seine Wurzeln verdorren, und oben wird sein Gezweig verwelken. Sein Gedächtnis verschwindet von der Erde, und auf der Fläche des Landes hat er keinen Namen. Man wird ihn aus dem Lichte in die Finsternis verstoßen (was die drei Männer, als "Söhne" des Widerwirkers, bereits zur Genüge taten), und aus der Welt verjagen. Er wird keinen Sohn und keinen Nachkommen haben unter seinem Volke, noch wird ein Entronnener in seinen Wohnsitzen sein! (V. 15-19). Welch herzlose Worte um den Verlust der Kinder Hiobs zu beschreiben! Welch inneres Weh muss das dem Leidgeprüften verursacht haben! Seine Antwort gibt Zeugnis davon.

Hiobs fünfte Entgegnung

(Hi 19)
Und HIob antwortete und sprach (Hi 19:1-6): "Wie lange wollt ihr meine Seele plagen und mich mit Worten zermalmen? Schon zehnmal ist es, dass ihr mich geschmäht habt. Ihr schämt euch nicht, mich zu verletzen. Und habe ich auch wirklich geirrt, so bleibt doch mein Irrtum bei mir. Wenn ihr wirklich wider mich großtun wollte, und wider mich dartun meine Schmach, so wisset denn, dass Gott mich gebeugt und mich umstellt hat mit Seinem Netz".

Alsdann (V. 7-20) beschreibt Hiob mit ergreifenden Worten seinen Leidensweg bis hin zur Verlassenheit. Und von allem was ihm widerfahren ist, bezeugt er, dass es Gott getan hat: " er hat meinen Weg verzäunt... Er hat mir meine Ehre ausgezogen ... Er hat meine Brüder von mir entfernt..." Unter der Last seiner Bedrängnis stehen, versteigt sich Hiob gar zu dem Ausspruch (V. 11): "Er ließ Seinen Zorn wider mich entbrennen und achtete mich seinen Feinden gleich." Dennoch waren es nur Liebesgedanken von Gott, die Er durch Satan und Hiobs Freunde durchführen ließ, um Seinen Geliebten noch überfließender segnen zu können.

Wie sehr Hiob litt und des Trostes bedürftig war, bringt er mit seiner flehenden Bitte an seine Freund zum Ausdruck (Hi 21:22): "Erbarmt euch meiner, erbarmt euch meiner, ihr meine Freunde" denn die Hand Gottes hat mich angetastet. Warum verfolgt ihr mich wie Gott, und werdet meines Fleisches. nicht satt?"

Dann äußert Hiob den Wunsch (V. 23): " O dass doch meine Worte aufgeschrieben würden! O dass sie in eine Rolle gezeichnet würden, mit eisernem Griffel und Blei in den Felsen eingehauen für den Äon". Obschon Hiobs Worte nicht in den Felsen eingemeißelt wurden, hat Gott trotzdem seinen Wunsch erfüllt, indem Er uns seine Aussprüche in Seinem unvergänglichen Wort überlieferte.

Auch Hiobs Ruf nach Erbarmen verhallte nicht ungehört, wenngleich seine Freunde weiterhin ihr Erbarmen gegenüber Hiob erstickten. Gott Selbst antwortete ihm und gab ihm die Gewissheit seiner endlichen Erlösung mit dem erhebenden Zeugnis (Hi 19:25): "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt..." Wie muss doch Hiob diese ihm ins Herz gegebene Erwartung vom lebenden Erlöser ein starker Trost und Zuspruch gewesen sein! Dass dieser Erretter Gottes Sohn sein wird, konnte er noch nicht wissen, wohl aber, dass Er der Schlangentreter sein würde. (1Mo 3:15). Zu dem, was hier Hiob kundtat, passt des Herrn Wort zu Petrus, als Er Ihn als Sohn Gottes bezeugte (Mt 16:17): "Glückselig bist du, Simon Bar Jona, denn nicht Fleisch und Blut haben es dir enthüllt, sondern Mein Vater in den Himmeln." Gleicherweise konnte auch HIob nicht aus sich selbst den lebenden Erlöser bezeugen, sondern nur durch göttliche Mitteilung. Daran erkennen wir, dass Gott mit ihm war in seinem Leiden.

Dieses Zeugnis vom lebenden Erlöser und Sieger von Golgatha musste dem Satan besonders verhasst gewesen sein, suchte er Hiob doch dauernd zum Abfall von Gott zu bewegen. Er wird jedoch durch die Sicht auf das Erlösungswerk des Sohnes Gottes das Gelingen seines Unternehmens in größter Gefahr gesehen haben. Um solch kritische Momente zu meistern, machte er zusätzliche Anstrengungen, wie aus den Angriffen des nächsten Redners ersichtlich ist.

Zophars zweite Rede

(Hi 20)
Schon die einleitenden Worte lassen den unheilvollen Inhalt von Zophars Rede erkennen (Hi 20:2.3): "Darum geben meine Gedanken (Grübeleien) mir Antwort, und deswegen bin ich innerlich erregt: 'Eine Zurechtweisung mir zur Schande, höre ich. Und Geist antwortet mir aus meinem Verstehen'" (nach der korrekten Wiedergabe des Hebräischen).

In der Art, wie Zophar sich ausdrückt, kann man das Einwirken eines Geistes erkennen, der seine Antwort beeinflusste. Wie dem auch sein mag, eins ist sicher: Zophar wurde gleich Eliphas (Hi 4:12 ff) von einem Geist inspirieret. Das wird ersichtlich aus seinem Vortrag, denn sein Thema beinhaltet das Ergehen der Gesetzlosen, zu denen Zophar auch Hiob zählte: "Kennst du denn nicht die ur alte Erfahrung, seit Menschen auf der Erde leben, dass die Freude des Gottlosen nur von kurzer Dauer ist und der Jubel des Frevlers nur einen Augenblick währt?" (V. 6-9). Hiob gelten die leidenschaftlich vorgetragenen Anklagen über das vergängliche Glück des einstigen schönen Lebens (V. 6-9). Zophar bezichtigt ihn des unrechtmäßig erworbenen Reichtums, weshalb Gott die Glut Seines Zorns entsandt habe (V. 15-23). Ja, der Himmel wird des Verruchten Ungerechtigkeit enthüllen und der Ertrag seines Hauses wird weggeführt werden, wird zerrinnen am Tage Seines Zornes. - Das ist das Teil des gesetzlosen Menschen und das ihm von Gott zugesprochene Los (Hi 20:27-29). Mit diesen Worten beendet Zophar sein ungerechtes und erbarmungsloses Urteil über Hiob. Dennoch hält Hiob unbeirrt an seinem großen Verfüger fest.

Hiobs sechste Entgegnung

(Hi 21.)
Da antwortete Hiob und sprach: "Höret genau auf meinen Spruch! Und dies ersetze eure Tröstungen" (Hi 21:2). Mit diesen wenigen Worten sagt HIob zu seinen Freunden: Weil ihr völlig unfähige Tröster seid, muss ich mir selbst zusprechen. Dann fährt er mit seiner Zurechtweisung weiter: "Ertraget mich, so will auch ich reden, und nach meinem Reden magst du spotten". Damit will Hiob ausdrücken: Hört mich doch zuerst an und nehmt den wahren Sachverhalt meiner Leiden zur Kenntnis, dann wird euch das Spotten vergehen. "Wendet euch doch her zu mir! Dann müssts ihr euch doch entsetzen und eure Hand auf euren Mund legen" (V. 4.5)

Hierauf erteilt HIob dem Zophar noch eine weitere Lektion (Hi 21:6-34), indem auch er über das Ergehen der Gesetzlosen nachsinnt. Während Zophars Beweisführung (Hi 20:6 ff.) nur Glück des Frevlers kennt, den gar bald Gottes Zorngerichte treffen, macht Hiob die gegenteilige Feststellung. "Warum bleiben die Gottlosen am Leben und werden alt, ja nehmen zu an Kraft? Ihre Kinder leben in bester Gesundheit. Ihre Sprösslinge wachsen auf vor ihren Augen. Ihre Häuser sind sicher vor dem Schrecken, und Gottes Rute schlägt sie nicht (Hi 21:7-9)... Sie verbringen ihre Tage im Glück, fahren in Frieden zum Scheol. Sie sprechen zu Gott: "Bleib uns ferne, wir wollen von Deinem Weg nichts wissen! Wo ist der Allmächtige, dass wir Ihm dienen müssten? Was nützt es uns, wenn wir zu Ihm beten? Liegt nicht ihr Glück in ihrer Hand?" (Hi 21:13-16). Wenn wir beide Darlegungen anhand der Schrift prüfen, so liefert uns der Psalmsänger Asaph den Beweis für die Richtigkeit von Hiobs Aussagen ([Ps 73]). Auch jener litt schwer (Hi 21:14) und wurde angefochten ob des guten Ergehens der Ruchlosen (V. 21). Erst als er ihr Ende anschaute, wurde er wieder beruhigt; denn diese sterben ohne die segensvolle Zuversicht auf das Losteil Jewes und Seine Gemeinschaft im zukünftigen Leben (Hi 21:24-28).

Hiob, der um diese Tatsache wusste, konnte deshalb keinen Trost aus den falschen Reden seiner Freunde schöpfen und beschließt seine Antwort (Hi 21:34): "Ja, von euren Erwiderungen bleibt nur Treulosigkeit übrig!"

Die drei Freunde ließen sich von Hiob nicht belehren. Ihre Gedanken waren völlig verblendet, denn sie standen und dem Bann eines listigen Geistes, der sie nicht zur Einsicht kommen ließ. Im Gegenteil, sie wurden immer aufgebrachter gegen Hiob und bezichtigten ihn offen der Ungerechtigkeit.

Eliphas dritte Rede

(Hi 22)
Das Rededuell neigte sich dem Ende zu, ohne dass Satan mit dem irregeleiteten Freunden sein Ziel, Hiob Gott zu entfremden, erreicht hätte. Da nun Eliphas, sein Hauptwerkzeug, vor seiner letzten Rede stand, ist mit Recht anzunehmen, dass er vom Geist dazu gedrängt wurde, aufs Ganze zu gehen, um Hiob zu Fall zu bringen. Voll verführerischer Hinterlist beginnt Eliphas seine Gottes Gerechtigkeit infrage stellende Rede (Hi 22:1-3): "Kann ein Mann Gott Nutzen bringen? Nein, nur sich selbst nützt der Verständige. Liegt dem Allmächtigen daran, wenn du gerecht bist, oder ist es Ihm Gewinn, wenn du deine Wege vollkommen machst?" Mit dieser heimtückischen Aussage versucht Eliphas Hiob klarzumachen, dass sein ganzer frommer Lebenswandel Gott nichts nütze, Ihm keinen Gewinn bringe. Folglich sei auch Gottes anfängliches Lob ob seinem unsträflichen Lebenswandel nicht ernst zu nehmen und wertlos. Hiob wäre dem zufolge ganz auf sich selbst gestellt, könnte seinen Gott wohlgefälligen Wandel verleugnen und sich von Gott lossage. Versteckt tritt in diesen verführerischen Worten die alte Zweifel erregende Frage hervor: "Tatsächlich! Hat denn Gott gesagt...? (1Mo 3:1).

Doch dann ändert Eliphas plötzlich seine Taktik gegenüber seinem Freund (Hi 22:4 ff): "Straft Er dich etwa wegen deiner Gottesfurcht und geht darum mit dir in Gericht? Ist deine Bosheit nicht wirklich groß und deine Verschuldung ohne Ende? Du hast deine Brüder ohne jeden Grund gepfändet und auch noch die Nackten der Kleidung beraubt. Du hast Ermatteten kein Wasser zu trinken gegeben und Hungrigen das Brot versagt. Das Land gehörte dem Manne der Faust, und nur angesehene Leute durften darin wohnen. Du hast die Witwen leer ausgehen lassen und die Arme der Waisen zerbrochen. Darum bist du jetzt von Schlingen umgeben, und die Schrecken ängstigen dich. Darum ist dein Licht finster geworden, dass du nicht sehen kannst, udn Wasser bedecken dich".

Zu Beginn redet Eliphas mit HIob wie ein ruhiger, besonnener Berater, doch plötzlich wird er zu einem leidenschaftlich erzürnten Mann, der blindlings dreinschlägt und HIob mit haltlosen Lügen überschüttet. Die Ursache für diesen Zornesausbruch müssen wir bei Satan suchen, der durch einen listigen Geist auf Eliphas einwirkte. Wie ein Totschläger ließ er diese schwersten Verleumdungen gleich Kolbenschlägen auf das wehrlose Haupt Hiobs fallen. Damit wollte Satan Hiob gänzlich verwirren und in Fassungslosigkeit stürzen, um ihn sich gefügig zu machen. Eliphas und seine Freunde wendeten gegenüber Hiob dieselbe Taktik an wie die Feinde Jeremias (Jer 18:18b): "Kommt und lasst uns ihn mit der Zunge schlagen."

Dann aber redet Eliphas wieder wie ein guter Freund, der mit wohl gemeinten Ratschlägen helfen will (Hi 22:21 ff.): "Befreunde dich doch wieder mit Gott und schließe Frieden mit Ihm! Dann wirst du wieder Heil erfahren. Empfange doch Belehrung aus Seinem Munde, und nimm dir Seine Worte zu Herzen. Wenn du zu dem Allmächtigen umkehrst, so wirst du wieder aufgebaut werden; wenn du Unrecht entfernst aus deinen Zelten. Und lege das Golderz in den Staub und das Gold von Ophir unter den Kies der Bäche, so wird der Allmächtige dein Golderz und dein glänzendes Silber sein. denn wirst du an dem Allmächtigen dich ergötzen und zu Gott dein Angesicht erheben."

Nachdem dieser Eliphas in der Rolle des brüllenden Löwen HIob zuvor der Verruchtheit bezichtigt hat, versucht er nun nochmals in der Verstellung eines Freundes als Bote des Lichts (2Kor 11:14), der den rechten Weg zu Gott weist, sein Ziel zu erreichen. Es ist kaum zu fassen, dass ein so frommer Mann wie Eliphas (sein Name bedeutet: Mein Gott ist gleißend) sein will, dermaßen falsch und verlogen an seinem Freund handeln kann. Dieses unlautere, feindselige Vorgehen findet seine Erklärung darin, dass Eilphas sich im Bann eines Satansgeistes befand und letztlich dessen Begierde ausführte, die darin gipfelte, Hiob zum Abfall von Gott zu bringen.

Doch bei den drei Freunden wird noch eine andere biblische Wahrheit offenbar, nämlich der verdorbene Zustand des menschlichen Herzens (Jer 17:9): "Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und bösartig ist es; wer mag es kennen?" Die Weggenossen Hiobs bestätigen diese Tatsache mit ihren arglistigen und bösartigen Behandlung des Leidgeprüften. Es darf deshalb nicht alles, was an Bösem geschieht, auf Satan abgeschoben werden. Wenn aber solche Menschen noch unter seinen Einfluss geraten, so können sich die verderbten Züge des menschlichen Herzens hemmungslos auswirken.

Dies war auch bei den drei Freunden Hiobs der Fall. Sie konnten ihm mit ihren lügenhaften Verunglimpfungen skrupellos zusetzen, ohne dass Hiob von Gott eine offensichtliche Hilfe zuteil wurde. Wie nahe lag daher für Hiob die Gefahr zu sagen: Wenn mich Gott von meinen Freunden immerzu schlagen lässt und mein Bemühen, unsträflich zu wandeln, nutzlos ist, so hat es ja keinen Wert, mich weiter an Ihn zu halten; ich sage mich von Ihm los. Vor dieselbe Alternative sah sich auch Asaph gestellt (Ps 78:14.15): "Fürwahr, vergebens habe ich mein Herz gereinigt und in Unschuld meine Hände gewaschen, da ich ja geplagt ward den ganzen Tag, und lalle Morgen meine Züchtigung da war".

Doch Hiob bleibt standhaft. Er kann die Beweisführung seiner Freunde nicht anerkennen. Satan vermochte durch Eliphas, seinem Hauptwerkzeug, Hiob nicht einmal mundtot zu machen. Ja, furchtlos und unnachgiebig verteidigt Hiob seine Rechtschaffenheit und Unschuld in der nun folgenden Erwiderung.

Hiobs siebte Entgegnung

(Hi 23+24)
Darauf erwiderte Hiob (Hi 23:1.2): "Auch heute ist meine Klage trotzig (oder: Auch jetzt noch gilt für Empörung meine Klage); Seine Hand lastet schwer auf meinem Seufzen." Hiobs Trotz richtet sich nicht gegen Gott. Nein, seine Unnachgiebigkeit gilt seinen Freunden, die seine Klage und das Beteuern seiner Unschuld für eine Empörung wider Gott hielten. Sei meinten, Hiob wäre ein von Gott Abgefallener. Doch gerade in seinem Seufzen steckte sich Hiob uneingeschränkt nach seinem großen Verfüger aus (V. 3 ff.): "O dass ich Ihn zu finden wüsste, dass ich bis zu Seiner Wohnstätte kommen könnte! Anhängig machte ich bei Ihm meine Sache; voll von Beweisen wäre mein Mund! Ich wäre begierig der Worte, die Er zur Antwort mir gäbe! Ich möchte erfahren, was Er zu sagen weiß. Ob Er in Machtfülle mit mir stritte? Nein; Er würde nur auf mich acht haben. Alsdann würde ein Rechtschaffener mit Ihm rechten, und auf die Dauer meinen Richter entrinnen" (nach Henne).

Dieses Zeugnis muss niederschmetternd auf Eliphas gewirkt haben, denn anstatt sich von Gott entfernt zu haben, drängt sich HIob mit aller Kraft zu Ihm hin, nur von dem einen Wunsch beseelt, Ihn zu finden, um Ihm seine Rechtssache darzulegen. Hiob ist gewiss, diese Prüfung zu bestehen, "Denn Erkennt meinen Wandel... An Seinen Schritten hielt fest mein Fuß. Seinen Weg hielt ich ein und bog niemals ab. Seiner Lippen Satzung verließ ich nie. Seines Mundes Worte habe ich verwahrt, mehr als meinen eigenen Vorsatz" (V. 10-12), gleich wie auch David betete (Ps 17:5): "Meine Schritte hielten fest an Deinen Spuren, meine Tritte haben nicht gewankt."

Obgleich der von Hiob beschriebene Wandel mit Gottes Zeugnis übereinstimmte (Hi 1:1.8; Hi 2:3) überfällt ihn trotzdem Bangigkeit in Bezug auf sein Leidensgeschick (Hi 23:14): "Denn Er wird vollenden, was über mich bestimmt ist , und solcherlei (Leiden) hat Er (noch) viele bereit." Hiob ist doch nicht ganz sicher, ob er nun mit guten Noten aus dieser Prüfung hervorgehen würde. Offen gesteht er ein, wie ihn der Gedanke an das Rechenschaft-Geben bewegt. (Hi 23:15-17). "Darum bin ich bestürzt vor Seinem Angesicht; erwäge Ich's so erschrecke ich vor IHm. Ja, Gott hat mein Herz verzagt gemacht und der Allmächtige mich in Bestürzung versetzt, denn nicht bin ich bezähmt durch das Angesicht der Finsternis, wegen meiner Person, die Dunkel bedeckt."

Diese Bangigkeit empfand HIob aber nur vor seinem Unterordner, nicht aber vor seinen drei Freunden. Diesen hat er wie ein Held unnachgiebig widerstanden.

Mit Hi 24 verlässt HIob sein persönliches Ergehen und zeichnet zwei Bilder aus dem Leben, die Gottes unbegreifliches Verhalten gegenüber Besitzfrevel (Hi 24:1-8) und Frevel am Menschen (Hi 24:13-17), ohne dass Gott sogleich vergeltend eingreifen würde. "Hoch stehen sie da. - Eine Weile: sie sind nicht mehr. Sie sinken zusammen, vergehen wie alles. Man schneidet sie ab wie die Spitzen der Ähren" (Hi 24:24 nach Henne).

Im Gegensatz zu seinen Freunden gibt HIob einen sachlichen Bericht über die Zustände unter dem Volk und redet besonders von der Verhaltensweise seiner bösen Zeitgenossen, doch ohne seine Freunde mit den geschilderten Freveltaten in Beziehung zu bringen, wie diese es mit ihm getan hatten.

Fragend beschließt Hiob seine Erwiderung (V. 25): "Oder ist es nicht so? Wer straft mich dann Lügen? Wer erweist meine Rede als nichtig?"

Bildads dritte Rede

(Hi 25)
Da antwortete Bildad, der Schuchiter (Hi 25:1-3): "Herrschaft und Schrecken sind bei Ihm. Er schafft Frieden in Seinen Höhen. Sind Seine Scharen zu zählen...?"

Bildads Antwort ist kurz. Eine gewisse Enttäuschung spricht aus seinen Worten. Er hatte zusammen mit Zophar wohl gehofft, das Eliphas mit seiner letzten Rede Hiob endgültig der Gottlosigkeit überführen könne, so dass dieser seinen Mund nicht mehr auftun würde. Daher nimmt Bildad noch einmal Bezug auf die unvergleichliche Erhabenheit Gottes, um dann am Schluss auf die Unzulänglichkeit des Menschen hinzuweisen. Bildads kurze Erwiderung ist das Eingeständnis seiner Niederlage. Der plötzliche Aufstieg in die Himmelswelt ist wie ein Ausweichen vom bisherigen Kampfplatz, auf dem er und seine Freunde erfolglos versucht hatten, Hiob von Gott loszureißen. Wenn Bildad davon spricht, dass Gott dort oben Frieden schafft, so läßt dies den Schluss zu, dass er sich nach allen aussichtslosen Kämpfen nach einem Ruheort sehnt.

Trotzdem unternimmt Bildad noch einen letzten Anlauf gegen Hiob. Er sagt, nachdem er sich zuerst auf Gottes Erhabenheit berufen hat (Hi 25:4-6): "Wie kann ein Mensch im Recht sein gegen Gott? Und wie kann rein sein der vom Weib Geborene? Sieh, auch der Mond, er scheint nicht unbefleckt. Die Sterne sind nicht rein in Seinen Augen: wieviel weniger der Mensch, der Wurm, und das Menschenkind, die Made!"

Hier erkennen wir wieder dieselbe Botschaft, die der Geist dem Eliphas eingegeben hatte, welche später mit gesteigerten Ausdrücken wiederholt wird (Hi 4:17-20): "Sollte ein Mensch gerechter sein als Gott, oder ein Mann reiner als der ihn gemacht hat? Siehe, Gott vertraut nicht auf Seine Knechte, und Seinen Engeln legt Er Irrtum zur Last." Und Hi 15:14-16: "Was ist der Mensch, dass er rein sein sollte, und der vom Weibe Geborene, dass er gerecht wäre? Siehe, auf Seine Heilgen vertraut Er nicht und die Himmel sind nicht rein in Seinen Augen: wieviel weniger der Abscheuliche und Verderbte, der Mann, der Unrecht trinkt wie Wasser!" Diese Reden sollten HIob dartun, dass das ihm von Gott geschenkte Lob nicht stimme. Sie zielten darauf ab, Zweifel in Hiobs Herz zu pflanzen und ihm den Glauben und das Vertrauen auf die Aussagen Gottes zu nehmen. Doch Hiob verleugnet seinen Eigner nicht.

Und noch ein drittes Mal wird, diesmal durch Bildad, versucht, die Botschaft des listigen Geistes als Keil zwischen Gott und Hiob zu treiben (Hi 25:4-6). Es ist, wie wenn Bildad dem Hiob nahelegen würde: Bedenke doch, wie kann ein Mensch - als der vom Weibe Geborene, die Made, das Menschenkind, der Wurm, im Recht sein gegen Gott? Siehe, auch der Mond er scheint nicht unbefleckt. Ja selbst die sterne sind nicht rein in Seinen Augen! - Hiob, es gibt keine Hoffnung für dich!

Mit "Made" und "Wurm", die man achtlos zertritt, will Bildad vor allem Hiob so erniedrigt hinstellen, dass er sich des Lobes Gottes gar nicht für würdig vorkommen sollte. Es ist ein letzter und kläglicher Versuch, Hiob zum Eingeständnis seines Gottverlassenseins zu bewegen.

Nun schweigen die drei Freunde. Elihu beschreibt treffend ihren innern Zustand (Hi 32:15): "Sie sind bestürzt (besiegt), sie antworten nicht mehr, die Worte sind ihnen ausgegangen (wörtl. fort gewandert)."

Würde nun auch Hiob aufhören zu reden, so wäre es in diesem Rededuell zu einem Unentschieden gekommen; doch Hiob gibt sich nicht geschlagen! -

Hiobs achte Entgegnung

(Hi 26-31)
Es folgt nun die sechs Kapitel umfassende längste Rede Hiobs mit dem tiefsten Inhalt. Zuerst rechet er mit Bildad ab (Hi 26:1-3): "Wie hast du dem Ohnmächtigen geholfen, den kraftlosen Arm gerettet! Wie hast du den beraten, der keine Weisheit hat, und gründliches Wissen in Fülle kundgetan!" Bildad hatte dem Hiob einprägen wollen, dass er kein Reiner und Gerechter sei, doch darauf geht dieser gar nicht ein, so wenig Eindruck hatte ihm das gemacht. Statt dessen gibt er ironisch zu verstehen, dass in Bildads Leben die guten Taten der Nächstenliebe fehlen.

Aber die übrigen Freunde bekamen von Hiob beschämende Worte zu hören (Hi 27:11): "Ich will euch belehren über die Hand Gottes; was beim Allmächtigen ist, will ich nicht verhehlen. Siehe ihr selbst habt es alle erschaut, und warum denn schwatzet ihr so eitel?" Dies war eine bittere Lektion für die Freunde; denn anstatt von Gott abgefallen zu sein, belehrt sie nun Hiob, dass sie noch viel zu lernen haben.

Seine letzte Rede lässt sich in drei Teile gliedern: Beschreibung seines Lebenswandels, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse und die ihm durch Gottes Geist gewordenen Offenbarungen.

Hören wir zuerst sein Zeugnis über seinen vorbildlichen Lebenswandel (Hi 29:12-17). Den Elenden und Umkommenden hatte er geholfen. Den Lahmen und Blinden war er Beistand. Vater war er den dürftigen und verfocht des Unbekannten Sache. Er zerbrach des Schurken Gebiss und entriss den Raub seinen Zähnen. Auch haben seine Zeitgenossen, die mit ihm wohnten, ihm bezeugt (Hi 31:31.32): "Wer wurde von seiner Speise nicht satt? - Der Fremdling brauchte nicht draußen zu nächtigen. Seine Tür stand dem Wanderer offen".

Zu seinem Eintreten für Schwache und Bedrückte passte auch sein sittliches Verhalten. Von der Reinheit seines Ehelebens geben folgende Aussagen Zeugnis (Hi 31:9.10): "Ichhabe mit meinen Augen einen Bund geschlossen. Sie sollen nicht nach einer Jungfrau Ausschau halten. Wenn mein Herz sich um einer Frau willen verführen ließ und ich an der Tür meines Nächsten auf der Lauer gestanden habe, so soll meine Frau für einen anderen mahlen, und andere mögen sich über sie beugen!" Das göttliche Gebot der Nächstenliebe praktizierte Hiob uneingeschränkt gegenüber seinen Knechten und Mägde (Hi 31:13).

Hoch erhebt Hiob auch die überirdische Kostbarkeit der wahren Weisheit (Hi 28:12ff.), deren Quell und Spender Gott ist und wie sie sich in Seinen Schöpfungswerken kundtut (Hi 28:25-28). "Als Er dem Winde ein Gewicht bestimmte und die Wasser mit dem Maße abwog, als Er dem Regen ein Gesetz bestimmte und eine Bahn dem Donnerstrahl: da sah Er sie (die Weisheit) und tat sie kund, Er setzte sie ein und durchforschte sie auch. Und zu den Menschen sprach Er: 'Siehe, die Furcht des Herrn ist Weisheit, und vom Bösen weichen ist Verstand'".

Schon hier erhebt sich die Frage: Konnte HIob dies alles aus sich selbst wissen? Noch bestimmter muss die Frage gestellt werden, wenn wir seine Aussage in Hi 26:13 lesen: "Durch Seinen Giest hat Er die Himmel geziert. Sein Hand litt Geburtswehen um die flüchtige Schlange." Damit bezeugt Hiob die gewaltige Tat Gottes von der Erschaffung Satans. Mit Bestimmtheit können wir sagen, dass Hiob dieses Offenbarungswort nicht aus sich selbst gesprochen noch von einem anderen Sterblichen empfangen hat. Vielmehr trifft auch auf Hiob das Wort des Apostels Petrus zu (2Petr 1:20.21), wonach keinerlei Prophetenwort der Schrift aus eigener Erläuterung geschieht. "Denn nicht durch den Willen eines Menschen wurde jemals ein Prophetenwort hervorgebracht, sondern von heiligem Geist getragen, haben heilige Menschen gesprochen." Dem zufolge können wir HI9ob zu den Propheten, den Gottbegeisteten (nach Buber), rechnen. Sollte ein Leser denken, diese Bezeichnung sei für Hiob unpassend, so sei auf Abraham hingewiesen, der von Gott ein Prophet genannt wird (1Mo 20:7), obgleich Abraham keine so grundlegenden Enthüllungen gegeben wurden, wie durch Hiob in Hi 26. Folglich lehrt und Gottes Wort selbst, Hiob einen Propheten zu nennen.

Ein neuer Redner

(Hi 32-37)
Nachdem das Rededuell der drei Freunde mit HIob zum Abschluss gekommen war, steht plötzlich ein neuer, unbekannter Redner auf. Er heißt Elihu (= Mein Gott ist Er) und ist der Sohn Barakels, des Busiters, vom Geschlecht Ram. Aus Hi 32:4 erfahren wir, dass die drei Freunde älter waren als er. So bezeugt er dies slehst (V. 6.7): "Ich bin jung an Jahren, und ihr seid Greise; darum bin ich scheu zurückgetreten. und habe mich gefürchtet euch mein Wissen kundzutun. Ich sagte: Mögen die Tage reden, und die Menge der Jahre Weisheit verkünden."

Hier haben wir einen jungen Mann vor uns mit vorbildlicher Einstellung zu den Älteren. Doch leider hören wir auch (V. 2.3 und 5), dass sein Zorn wider HIob und seine Freunde entbrannte. Wie lautet die göttliche Weisung in diesem Fall? "Gegen einen Älteren solltest du nicht aufbrausen, sondern ihm zusprechen als einem Vater" (1Tim 5:1). Wie beschämend und selbstsicher zugleich hört sich folgendes Zeugnis des Elihu an (V. 9.10): "Nicht die Bejahrten sind weise, noch verstehen die Alten, was recht ist. Darum sage ich: Höre mir zu, auch ich will mein Wissen kundtun."

Da Elihu Hiob wiederholt auffordert (Hi 32:10; Hi 33:1.31) ihm zuzuhören, so wollen auch wir dies tun. Und in der Tat, viel hatte er zu sagen, denn seine Rede umfasst sechs Kapitel. Wir finden darin wertvolle Erkenntnis, aber auch unzutreffende und unannehmbare Äußerungen. Wie die Freunde ging auch Elihu von der unrichtigen Voraussetzung aus, das Hiob nicht rein sein konnte in Gottes Augen (Hi 33:9 ff). Er hält HIob für einen Sünder, der in seiner Vermessenheit das Maß seiner Sünde noch vergrößert (Hi 34:37) und mit dem Urteil des Gesetzlosen erfüllt ist (Hi 36:17). IN diesem allem stimmt Elihu mit dem Urteil der Weggenossen Hiobs überein. Dies wird offensichtlich in seiner Gleichnisrede von dem Manne (Hi 33:19), der auf seinem Lager von Gott gezüchtigt wird mit Schmerzen (womit er Hiob meinte). Noch deutlicher bringt er diesen Strafgedanken zum Ausdruck, wenn er diesem gezüchtigten Manne in den Mund legt (Hi 33:27.28): "Er wird vor den Menschen singen und sagen: Ich hatte gesündigt und die Geradheit verkehrt, und es ward mir nicht vergolten. Er hat meine Seele erlöst, damit sie nicht in die Grube fahre, und mein Leben erfreut sich des Lichtes." (Vergl. auch Hi 36:5-21):

Auch Elihu blieb die letzte Ursache und der Zweck der Leiden Hiobs verborgen, doch war er ehrlich bemüht, Hiob in die demütige Unterordnung unter seinen Gott zu führen. Dies tat er in mitleidsvoller Anteilnahme, wovon folgender Ausspruch Zeugnis gibt (Hi 33:6.7): "Siehe, ich bin Gottes wie du; vom Tone abgekniffen bin auch ich. Siehe, mein Schrecken wird dich nicht ängstigen, und mein Druck wird nicht schwer auf dir lasten."

Welch weiteres, tiefes Maß an Gotteserkenntnis wird in Hi 34:14 offenbar: "Wenn Gott Sein Herz nur auf Sich Selbst richtet, Seinen Geist und Seinen Odem an Sich. zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt verscheiden, und der Mensch zum Erdreich zurückkehren." Auch in Bezug auf das Naturgeschehen besaß Elihu erstaunliches Wissen (Hi 36:27.28; Hi 37:1-14). Eine wichtige Tatsache, wie der Mensch erschaffen wurde, ist in Hi 33:4 enthalten: "Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen belebt mich." Welch Gott verherrlichenden Lobpreis beinhalten die folgenden Worte (Hi 35:10.11): "Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht, der uns mehr belehrt als die Tiere der Erde, und uns weiser macht als das Gevögel des Himmels?"

Bemerkenswert bei Elihu ist, dass auch er, wie Eliphas (Hi 4:13) von Nachtgesichten redet (Hi 33:15-18): "Im Traume, im Nachtgesicht, wenn tiefer Schlaf die Menschen befällt, im Schlummer auf dem Lager: dann öffnet Er das Ohr der Menschen und besiegelt die Unterweisung, die Er ihnen gibt, (wozu?) um den Menschen von seinem Tun abzuwenden, und auf dass er Übermut vor dem Manne verberge: damit er seine Seele zurückhalte von der Grube, und sein Leben vom Rennen ins Geschoss." Diese segensvolle Erfahrung wurde tatsächlich Abimelech zuteil, wie dies in 1Mo 20 aufgezeichnet ist. Die Erklärung des Elihu stimmt also mit den göttlichen Tatsachen überein. Doch zu diesem Urteil gehört noch etwas anderes: Es ist die Notwendigkeit des Prüfens! Wie Eliphas war auch Elihu der Überzeugung, dass solche Erlebnisse ausschließlich von Gott kommen könnten. Da sie beide um Satans Rolle als verkappten guten ratgeber im Garten Eden wussten, hätten sie sich die Frage stellen sollen, ob ihre Erlebnisse nicht auch durch Mächte der Finsternis bewirkt worden sind. Auch ein Vergleich der Botschaften hätte ihnen gezeigt, dass dies aus zwei verschiedenen Quellen stammten. Während letztere den Menschen gerecht behandelt und dessen Heil verfolgt, enthält die Botschaft des Eliphas furchteinflößende Anklagen und bezichtigt den Menschen zu Unrecht begangener Gesetzlosigkeiten. Leider ist es so, dass von Gott bewirkte gute Taten auch durch böse Mächte nachgeahmt werden können, womit sie arglose Gläubige in ihren Bann verstricken können. Diese Lektion des Prüfens ist bedauerlicherweise vielerorts bis heute noch nie richtig gelernt worden. Deshalb gelingt dem Satan in seiner Verstellung als Engel des Lichts mit Leichtigkeit noch so mancher Betrug; besonders in unseren Tagen, wo man sich zunehmend nach charismatischen, pfingstlichen Zeichen, Wundern und Gnadengaben ausstreckt.

Es ist eigenartig, dass sich Gott mit Elihu gar nicht befasste. Ohne eine Erklärung wird er beim Abschluss einfach übergangen und empfängt weder Lob noch Tadel. Doch können wir gewiss sein, dass die an die Freunde Hiobs gerichteten Worte Jewes auch auf ihn eine tiefe und nachhaltige Wirkung hatten und ihm zu Bewusstsein brachten, was er falsch gesagt hatte.

Lies weiter:
7. Lichte Seiten in Hiobs Leben