Das Johannes-Evangelium Kapitel 11

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Abschrift: Das Johannes-Evanglium in täglichen Andachten: Band I - IV
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Band I und II vergriffen
Band III und IV als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

11. Das Johannes-Evangelium Kapitel 11

Krankheit und Tod des Lazarus
Auferweckung des Lazarus
Ratssitzung über Jesus: Beschluss, ihn zu töten

Krankheit und Tod des Lazarus

Joh 11:1

"Da war ein kranker und schwacher Mann, Lazarus von Bethanien, aus dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Martha."

In weit über vierzig Versen behandelt dieses 11. Kapitel die Vorgänge um Lazarus, seinen Tod und die Auferweckung durch Jesus. Die Vielzahl der Vferse weist uns auf die Wichtigkeit der Ereignisse hin, die in diesem Abschnitt zur Sprache kommen.

Der Mittelpunkt ist Lazarus mit seinen beiden Schwestern Martha und Maria. Sie bieten eine überaus aufschlussreiche Lektion über den Dienst für den Herrn. Es sind in der Tat drei edle Gestalten, welche selbstverständlich zu denen gehören, denen äonisches Leben verheißen ist, d.h., sie werden alle drei im Königreich auf Erden bei der ersten Auferstehung dabei sein.

Wie sehr Lazarus, Martha und Maria vom Herrn geschätzt wurden bezeugt Johannes in Vers 5.

Die Gemeinschaft dieser drei mit dem Herrn bringt eine segensreiche Frucht, denn jedes der drei Geschwister wird zu einem Dienst für den Herrn befähigt und jedes für sich wird auch für uns zu einem bleibenden Vorbild.

Sieben Zeichen vollbringt Jesus im Johannesevangelium

  1. Die Hochzeit zu Kana (ein Vorbild auf die Hochzeit des Lämmleins);
  2. die Heilung des Sohnes des königlichen Beamten;
  3. die Heilung des Hinfälligen am Teich Bethesda;
  4. die Speisung der Fünftausend;
  5. die Stillung des Sturmes auf dem See Genezareth;
  6. das Auftun der Augen des Blindgeborenen; und
  7. die Auferweckung des Lazarus.

Alle Zeichen, außer der Hochzeit zu Kana verkünden und bestätigen die Nähe des Königreiches, welches ja tatsächlich mit der Auferstehung aller Heiligen aus der Beschneidung beginnt, wo alle Krankheiten aus dem Volk verbannt sind.

Joh 11:2

"Diese Maria war es, die dann den Herrn mit Würzöl einrieb und Seine Füße mit ihrem Haar abwischte - "

Auffällig ist, dass unser Textwort den Namen der Maria schon an dieser frühen Stelle in Verbindung mit der erst in Joh 12 beschriebenen Fußwaschung in Verbindung bringt. Da der Namen"Mara" im NT häufig vorkommt und dabei sechs Frauen auseinandergehalten werden müssen, wollen wir heute eine Hilfe geben, diesen Namen auch immer der jeweilig richtigen Frau zuzuordnen.

  1. Maria, die Mutter Jesu. Sie ist von allen am leichtesten zu erkennen, weil dies immer, wenn sie genannt wird, aus dem Zusammenhang hervorgeht.
  2. Maria, die Mutter des Apostels Jakobus (gem. Mk 15:40 der kleine Jakobus genannt). Sie die Frau des Klopas (Joh 19:25), der mit dem Namen Alphäus identisch ist (Mt 10:3; Mk 3:18; Lk 6:15). Sie war offenbar die Schwester von Maria, der Mutter Jesu. Sie beobachtete die Kreuzigung Jesu (Mt 27:56; Mk 15:40; Joh 19:25), besuchte das Grab im Garten (Mk 15:47; Mk 16:1; Lk 24:10) und war wahrscheinlich auch bei den Frauen, die den auferstandenen Herrn am Auferstehungstag sahen (Mt 18:7-9; Lk 24:9; Lk 22-24). Sie wird im allgemeinen nur in Verbindung mit einem Sohn oder mit beiden Söhnen erwähnt. Es wurde auch schon angegeben, sie sei die Schwester von Maria, der Mutter Jesu - doch dies ist unwahrscheinlich, da kaum zwei Schwestern den gleichen Namen bekommen würden.
  3. Maria von Bethanien, die Schwester von Martha und Lazarus (Lk 10:39.42); in unserem Kapitel Joh 11; und Joh 12:3; Mt 26:7; Mk 14:3-9).
  4. Maria Magdalena, eine Frau aus Magdala, aus der 7 Dämonen ausfuhren (Lk 8:2). Sie wird nie ohne das bezeichnende Wort "Magdalena" aufgeführt und darf nicht mit der Sünderin verwechselt werden, die auch die Füße Jesu salbte (Lk 2:36-50).
  5. Maria, die Mutter des Johannes Markus, nach Kol 4:10 eine Verwandte des Barnabas (Apg 12:12).
  6. Maria, eine christliche Frau in Rom, der Paulus Grüße sandte (Röm 16:6).

Joh 11:3

"deren Bruder Lazarus war krank und schwach. Die Schwestern schickten nun zu Ihm und ließen sagen: Herr, siehe der, den Du lieb hast, ist krank und schwach."

Der Name "Lazarus" bedeutet im Hebräischen "hilflos". Da Lazarus den Namen bekam, als er noch nicht krank und schwach war, nämlich bei seiner Geburt, steht die "Hilflosigkeit" über seinem ganzen Leben und markieret damit symbolisch sein Volk, ja die ganze Menschheit. Einige Psalmworte unterstreichen dies trefflich.

"Siehe, handbreit gibst Du mir für meine Tage, und meine Vergänglichkeit ist wie nichts vor Dir. Ja, alles ist Eitelkeit, aller Menschlichen Bestand. (Ps 39:6).

"Ein Mensch ist seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber weht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr" (Ps 103:15-16).

Aber der Hilflosigkeit, die uns die obigen zwei Psalmworte vermitteln, kann begegnet werden, wie uns dies zwei weitere Psalmen zeigen:

"Glückselig der Mensch, dessen Stärke in Dir ist; Hochweg der Pilger sind in ihren Herzen" (Ps 84:6).

"Jewe der Heerscharen, glückselig ist der Mensch, der auf Dich vertraut!" (Ps 84:13).

Hilflosigkeit auf der einen Seite, Hilfe, die längst bereit ist, auf der anderen Seite - das ist der Mensch, und so wunderbar ist Gott!

Joh 11:4

"Als Jesus das hörte, sagte Er: Diese Schwachheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, damit der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werde."

Der Verfasser dieser Zeilen erlebte die Anfänge seines Glaubenslebens in einer Gemeinschaft, wo es hieß: "Wer krank ist, hat zu wenig Glauben oder hat gesündigt!" Als die solches verkündenden Brüder älter und auch von Krankheit befallen wurden, versuchten sie alles, um ihre körperlichen Gebrechen zu vertuschen. Erstaunlich war daran, dass dieses an Betrug grenzende Verhalten dieser Brüder vom größten Teil der Gemeindeglieder wortlos übergangen wurde (obwohl es jedem bekannt war.)

Jesus sagte aber in unserem Leitvers sehr deutlich: Diese Schwachheit..." und dokumentiert damit eindeutig, dass körperliche Gebrechen durchaus normal sind - sie gehören zum Ablauf unseres irdischen Lebens. Aber auch, dass Sich Gott gezielt Menschen aussucht, deren Hinfälligkeit Er gebraucht, um durch sie verherrlicht zu werden! Gleiches erlebten wir ja schon bei dem Blindgeborenen (Joh 9:1 ff), wo Jesus auf die frage, ob dieser oder seine Eltern gesündigt hätten, antwortete: "Weder dieser noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes sollte an ihm offenbar werden" (Joh 9:3).

Mit dieser biblischen Wahrheit wird die wundersüchtige und irreführende Ansicht von vielen Gläubigen (vor allem in den pfingstlich orientierten Gemeinschaften) richtiggestellt! Gott gebraucht Schwachheit und Gebrechen, um Seine Herrlichkeit aufzuzeigen, ja gerade in den Schwachen kann sich Gott am mächtigsten erzeigen!

Ist nicht auch Paulus hierfür ein beredtes Zeugnis? Auf seine Bitten um Hilfe aus körperlicher Not antwortete ihm Gott: "Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht" (2Kor 12:9).

Joh 11:5

"Jesus aber liebte Martha und ihre Schwester und Lazarus."

Lazarus war von Gott in seinem Erdenleben zu einem köstlichen Dienst vorgesehen: Er wurde einen Weg des Leidens und des Sterbens geführt, um durch die Auferstehung die Herrlichkeit Gottes zu offenbaren und überdies die Vollmacht des Herr, durch die Er Selbst verherrlicht wurde, kundzutun.

Aus den anderen Evangelien wissen wir, dass der Herr zu jener Zeit bereits zwei Tote auferweckt hatte, einmal die Tochter des Jairus, die Er kurz nach ihrem Tod ins Leben zurückrief (Lk 8:49-56), und weiter den Sohn der Witwe zu Nain, der schon etwas länger gestorben war. Auf dem Gang zum Begräbnis entriss er diesen dem Tod und gab ihn seiner Mutter wieder (Lk 7:12-15). Nach Gottes Wirken sollte Sein Sohn nun auch einen Verstorbenen ins Leben zurückrufen, der schon begraben und von der Verwesung erfasst war!

Im Gegensatz zu dem Blindgeborenen suchte Sich der Herr einen Ihm Nahestehenden zu diesem Dienst aus, einen Seiner Freunde, den Er liebte!

Wenn Lazarus, den Jesus liebte, zu solch einem großen Dienst gebraucht wurde, indem seine Krankheit, seine Gebrechlichkeit und Hilflosigkeit zu Gottes und des Herrn Verherrlichung dienen durfte - wie dürfen auch wir, die wir Glieder am Körper des Christus sind und zu Ihm die innige Beziehung "in Ihm" haben, uns trotz schwerer Leidenswege freuen, dass auch wir Ihn in diesen verherrlichen können und dürfen! In welch einem wunderbaren Licht erscheinen uns doch solche Leiden und Tod! Letztlich entspringen sie Gottes Liebe und vermehren Seine Herrlichkeit. Deshalb können auch heute leidende Gläubige aus der Führung dieses Lazarus reichen Trost und Kraft schöpfen.

Joh 11:6

"Als Er nun hörte, dass er krank und schwach sei, da blieb Er noch zwei Tage an dem Ort, an dem Er war."

Jenseits des Jordans, wo sich Jesus mit Seinen Jüngern aufhielt, erhielt Er den Ruf des Gesandten der beiden Schwestern Maria und Martha, dem kranken und schwachen Lazarus zu helfen. Es mag im ersten Moment verwundern, dass Sich Jesus nicht gleich auf den Weg nach Bethanien machte, sondern noch zwei volle Tage an dem Ort blieb, wo Er war.

Die Nachricht über den Zustand des Lazarus hat Jesus nicht überrascht, im Gegenteil! Längst wusste Er, dass des Lazarus Leiden und sein Tod zur Verherrlichung des Vaters und Seiner Selbst führen sollten. Lazarus musste sterben, er musste begraben und bereits in Verwesung übergegangen sein. Keine Stimme durfte sich später erheben und behaupten, Lazarus wäre nur "scheintot" gewesen, seine Auferstehung aus den Toten sei nicht echt gewesen!

Für die Menschen, und hier vor allem für Seine Jünger, muss dieses Abwarten Jesu unbegreiflich erschienen sein. Sie wussten ja um die enge Beziehung zu dem Hause des Lazarus - jetzt, wo Hilfe dringend und schnell nötig gewesen wäre, zögerte Jesus Seine Reise hinaus. Auch für den Gesandten der beiden Schwestern mag es eine ungute Situation gewesen sein. Wir lesen zwar nichts darüber, aber es ist anzunehmen, dass er davon ausging, sofort mit Jesus zurückzureisen. So wird er mit gemischten und zwiespältigen Gefühlen, nach der Ausrichtung seines Auftrages an Jesus, allein zurückgereist sein. Seine Botschaft an die wartenden Schwestern könnte gelautet haben: "Euer Jesus vernahm zwar die dringende Bitte um Hilfe, jedoch, Er schien es nicht eilige zu haben ... ich komme ohne Ihn zurück!"

Durch dieses Verhalten Jesu kam es nicht nur zum Tod des Lazarus, auch Maria und Martha wurden auf eine sehr harte Probe gestellt: Warum eilt Er nicht herbei? Sind wir Ihm gar nicht so wichtig?

Joh 11:7-10

"Danach erst sagte Er zu Seinen Jüngern: Gehen wir wieder nach Judäa! Da erwiderten Ihm die Jünger: Rabbi, nun suchen die Juden gera de, Dich zu steinigen; und da willst Du wieder dorthin gehen? Jesus antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag wandelt, stößt er sich nicht, weil er das Licht dieser Welt sieht. Wenn aber jemand in der Nacht wandelt, stößt er sich, weil das Licht nicht in ihm ist."

So unbegreiflich für die Jünger das. zwei Tage lange Abwarten Jesu nach der Bitte um Hilfe einerseits war, so willkommen war es ihnen andererseits; denn die Furcht, ihr Herr könnte erneut in die Gefahr geraten, gesteinigt zu werden, war ihnen sicher noch tief in der Seele. Entsprechend warnend war dann auch die Antwort, als Jesus nach zwei Tagen nach Judäa aufbrechen wollte (Bethanien liegt in unmittelbarer Nähe von Jerusalem).

Die Antwort Jesu an Seine Jünger führt uns einmal zurück zu Joh 9:4-5 und dann voraus zu Joh 12:35. So lesen wir: "Ich muss die Werke dessen wirken, der Mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. solange Ich in der Welt bin, bin Ich das Licht der Welt" Und weiter: "Noch eine kurze Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit die Finsternis euch nicht ergreife; denn wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht".

Jesus zeigte den Jüngern an, dass sie Ihn nicht davon abhalten konnten dort zu wirken, wo Er wirken musste. Das Licht der Sonne, das zwölf Stunden scheint, sowie die darauffolgende Nacht sollte ihnen veranschaulichen, dass die Zeit des Lichtes ausgenützt werden muss! Sobald die Sonne. untergeht und Dunkelheit herrscht, ist ein gefahrloses Wirken nicht mehr möglich. Auch wir haben Zeit. zu wirken, d.h. würdig gemäß unserer Berufung zu wandeln - es ist die Zeit unseres Lebens. Mit dem Dunkel des Todes ist die irdische Zeit unseres Wandels beendet, er wird dann vor der Preisrichterbühne des Christus einer Prüfung unterzogen.

Joh 11:11-13

"Dies sprach Er, und danach sagte Er zu ihnen: Unser Freund Lazarus schläft; aber Ich gehe hin, um ihn aus dem Schlaf zu wecken. Da erwiderten Ihm nun die Jünger: Herr, wenn er schläft, wird er vom Tode gerettet werden. Jesus aber hatte von Seinem Tod geredet; jene dagegen meinten, Er rede von der Rast des Schlafes."

In unserem Textwort bestätigt Jesus, dass Er. um alles schon vorher wusste, und dieses "Vorherwissen" bezog sich nicht nur auf die Geschehnisse um Lazarus, es umfasst den Verlauf der gesamten Schöpfung. Diese Erkenntnis, dass alles in Seiner starken Hand wohlgeborgen uns sicher ist, dass einmal auch alles das vorgegebene Ziel erreichen wird, lässt auch uns in manch schweren Situationen, in Leid, Trauer oder Schmerz, ruhig werden und gibt uns einen tiefen Frieden in unser Herz, lässt uns stille werden!

"Unser Freund Lazarus schläft", diese Worte Jesu strahlen einen wunderbaren frieden und eine tiefe Ruhe aus. Jesus gebraucht das Bild eines Schlafenden und erklärt damit den Tod. Jeder von uns hat schon irgendwie von einem seiner Lieben Abschied nehmen müssen oder muss es irgendwann einmal. Wie unendlich tröstend ist da die Gewissheit, dass dieser Tod kein endgültiger Zustand ist, sondern ein friedliches Ruhe ohne Bewusstsein, der beim Erscheinen des Herrn beendet sein wird.

Im Moment des Schreibens dieser Seite erreichte mich der Brief eines lieben Bruders, in welchem er mir den Tod seiner geliebten Frau mitteilte. Seine Worte, mit denen er dies tat, waren von solcher Zuversicht, dass ich sie als einen direkten Zuspruch für mich empfand.

Geliebte Geschwister, wir alle wissen heute nicht, ob wir entschlafen, oder ob wir dem Herrn noch zu Lebzeiten entgegen gerückt werden - eines aber wissen wir gewiss: "Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn wenn wir auch leben, so leben wir dem Herrn; wenn wir auch sterben, so sterben wir dem Herrn. Folglich, ob wir auch leben oder ob wir auch sterben, sind wir des Herrn" (Röm 14:7-8).

Joh 11:14-15

"Dann sagte Jesus ihnen freimütig: Lazarus ist gestorben, und Ich freue Mich um euretwillen, dass Ich nicht dort war, damit ihr glauben lernt; lasst uns aber zu ihm gehen!"

Es gibt von uns geschätzte Brüder, die den Tod eines gläubigen Menschen als das sofortige Hinübergleiten in die Arme Jesu sehen. Anderes wiederum sprechen von einer Art "Zwischenzustand", in welchem die Verstorbenen eingehen und so lange dort verweilen, bis sie endgültig beim Herrn sind. Wir habe viel Verständnis für solche Ansichten, entspringen sie doch zutiefst dem Wunsch unserer Seele.

Zum Zeitpunkt des Todes von Lazarus weilte Jesus auf der ERde, Lazarus hätte also in den unbilbischen "Zwischenzustand" eingehen müssen. Als Beweis für dessen Existenz wird gerne das Bild des Bettlers Lazarus (der natürlich mit dem Lazarus von Bethanien nicht identisch ist) und dem reichen Mann angeführt, wobei sich der Bettler Lazarus nach seinem Tod in "Abrahams Schoß" befand (Lk 16:19ff). Doch dieses Bild hat eine völlig andere Aussage, nachzulenen in der Schrift: "Der reiche Mann und Lazarus", die beim Konkordanten Verlag, Pforzheim, beziehbar ist. Von uns aus sei nur angemerkt, dass, wer dieses Bild für den Zustand nach dem Tod eines Gläubigen gebraucht, damit auch dokumentiert, dass nur die Armen gerettet wären, die Reichen hingegen allesamt verlorengehen. Auch wäre hier zu fragen, welche von den verstorbenen dann bei der Entrückung noch auferstehen würden, wenn sie ja schon vorher beim Herrn sind! Aber vielleicht erzählt uns ja der verstorbene Lazarus selbst im Verlauf der weiteren Verse noch etwas von dem, was er nach seinem Tod erlebt hat?

Das liebliche Bild des Schlafenden sagt mehr als alle anderen Ansichten, denn der schlafende hört und sieht im Regelfall nichts - er ruht ohne Bewusstsein und erlangt dieses erst wieder, wenn der Herr die Seinen zur Entrückung ruft. Die Zwischenzeit, die kurz oder auch sehr lange sein kann, empfindet der im Tod Schlafende nicht!

In Anlehnung an unsere gestriegen Worte ist noch interessant, dass Jesus Selbst aussagte, dass Lazarus schläft (V. 11). Er sagte mit keinem Wort etwas von einem Zwischenstadium, in dem sich Lazarus bereits befinden müsste!

Statt dessen sprach Er freimütig von seinem Tod und dass Er Sich freue, dass Er damit Seine Vollmacht auch über den Tod demonstrieren und so den Glauben der Jünger stärken konnte. Lazarus wird also zu einer wichtigen Glaubenshilfe für die Jünger.

"....Damit ihr glauben lernt", mit diesen Worten wies Jesus darauf hin, dass der Glaube der Jünger gefestigt werden musste, und dies geschah durch das sichtbare Erleben von Zeichen u nd Wundern. Jesus wollte damit den G^lauben Seiner Jünger auf einen ganz besonderen Punkt hin festigen: Auf Seinen eigenen Tod! Die Jünger sollten am Beispiel des Lazarus erkennen, dass ER Vollmacht über den Tod hatte-. Dabei hatte Er auch immer wieder betont, dass Er diese Vollmacht vom Vater erhielt.

Jesus wusste, in welch schwere Glaubenskrise die Jünger bei Seinem Tod am Kreuz geraten würden, Er wusste, wie sie von Zweifeln und Ängsten geplagt werden würden. Der Tod und die folgende Auferweckung des Lazarus sollte sie lehren, dass, gleich dem Lazarus, auch der Sohn Gottes von Seinem Vater auferweckt werden würde.

Die Jünger wussten noch nicht, was alles auf sie zukommen würde, sie brauchten Zeichen und Wunder. Unser Glaube hingegen braucht diese nicht mehr, weil wir eine herrliche Dokumentation aller Ereignisse im Wort Gottes haben, uns genügt, was wir in Hebr 11:1 nachlesen können!

Joh 11:16

"Da sagte nun Thomas, der Didymus genannt wird, zu den Mitjüngern: Auch wir wollen gehen, damit wir mit Ihm sterben."

Thomas, der Didymus (was "Zwilling" bedeutet), fällt in unserem Leitvers durch seine Ergebenheit an seinen Herrn auf. Seiner Meinung nach bedeutete der Gang nach Bethanien den sicheren Tod durch Steinigung. In Vers 8 warnten Ihn ja Seine Jünger, sich in die Nähe von Jerusalem zu begeben und damit auch wieder in die Reichweite der Juden, die Ihn zuvor noch steinigen wollten. Es spricht für die Gesinnung des Thomas, dass er mutig genug war, mit dem Gang nach Bethanien und dem eventuell erfolgreichen Versuch einer Steinigung Jesu auch seinen eigenen Tod mit zu erwägen.

In Joh 14:5 erleben wir den Thomas, wie er nur langsam die Bedeutung der worte Jesu begreift, und in Joh 20:25-26 bezweifelt er die Auferstehung Jesu, bis er dann den Beweis durch den auferstandenen Herrn Selbst erhält (V. 27). In Joh 20:28 erfolgt dann sein bewegendes Glaubensbekenntnis: "Mein Herr und mein Gott!"

Dieser Thomas war bereit, mit Seinem Herrn zu sterben und forderte auch die übrigen Jünger auf, es ihm gleichzutun. Damit zeigte er seine gewachsene Verbundenhzeit mit dem Herrn. Da, wo Er war, wollte auch Thomas sein, und sei es der Weg in den vermeintlich sicheren Tod. Solche Gesinnung ist vorbildlich und muss auch uns fragend machen, inwieweit wir bereit sind, Opfer für unseren Herrn und unser Haupt zu bringen. Die Worte aus Röm 12:1-2 können uns hier sehr dienlich sein, wie auch wir heute unsere Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitstellen können, damit wir zu prüfen vermögen, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige und vollkommene.

Auferweckung des Lazarus

Joh 11:17-20

"Als Jesus dann nach Bethanien kam, fand Er in. schon vier Tage im Grab liegen. Bethanien war nahe bei Jerusalem, etwas fünfzehn Stadien davon entfernt. Daher waren viele der Juden zu Martha und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. Als Martha nun hörte, dass Jesus komme, ging sie Ihm entgegen; Maria aber saß im Haus."

Jesus ging also mit Seinen Jüngern zurück über den Jordan nach Bethanien, und im Geist dürfen wir heute noch einmal miterleben, wie die Bühne Seines großen Machterweises vorbereitet wurde.

Nach vier Tagen im grab ging ein toter in jenem heißen Land schon stark in Verwesung über - keiner konnte Jesus später vorhalten, Lazarus sei ja nur scheintot gewesen! Wir lesen, dass viele Juden aus dem nahen Jerusalem anwesend waren, und sicherlich haben auch viele von diesen miterlebt, was sich vor wenigen Tagen auf dem Tempelplatz zugetragen hatte, wie Er Sich als den Sohn Gottes ausgab, und wie versucht wurde, Ihn zu steinigen. Wir dürfen auch davon ausgehen, dass viele dieser Juden das späte Eintreffen Jesu nicht verstehen konnten und damit auch an Ihm zweifelten.

Ein besonderes Bild gaben die beiden Schwestern Martha und Maria ab. Wir sahen, dass sie ihre ganze Hoffnung auf Jesus setzen. Was mag wohl in ihrem Innern vorgegangen sein, als der Gesandte ohne Jesus zurückkam und Lazarus dann auch noch starb. Hatte Er sie nicht alle lieb? Warum ließ Er sie dann im Stich? Er, der so viele Kranke heilte, hätte doch auch ihren Bruder heilen können!

Während Martha ihren inneren Schmerz überwand und Jesus entgegenging, blieb die feinfühligere, nach innen gekehrte Maria im Haus sitzen, sie konnte ihre Enttäuschung offensichtlich nicht verbergen! Auch ihr Glaube musste noch viel lernen!

Joh 11:21-22

"Martha sagte dann zu Jesus: Herr, wenn Du hier gewesen wärst, wäre mein Bruder nicht gestorben! Nun weiß ich aber auch, dass Gott Dir alles geben wird, was Du von Gott erbitten magst!"

An dieser Stelle wird es notwendig, dass wir aus den anderen Berichten etwas mehr über die beiden Schwestern Martha und Maria erfahren, sind doch beide Frauen auch für uns Vorbilder eines rechten Dienens.

Nach Lk 10:38 besaßen die Schwestern ein Haus in Bethanien, in dem sie den Herrn auf Seinen Durchreisen zu beherbergen pflegten. "Bethanien" heißt auf deutsch: "Haus der Niedrigkeit". In Verbindung mit Jesu Einkehr in jenem Haus in Bethanien lässt sich dieses Wort dahin deuten, dass Sich der Herr in Seiner Demut bei den Niedriggesinnten am wohlsten fühlte.

In Lk 10:39-42 (bitte lesen) vernehmen wir von solche einer Einkehr Jesu, wobei ausführlich über das Verhalten dr beiden Schwestern berichtet wird. Während Maria zu Jesu Füßen saß und Seinen Worten lauschte, bediente Martha den Herrn und wurde durch ihr vieles Bedienen abgelenkt! Als sie dann den Herrn bat, Er solle Maria auffordern, ihr zu helfen, sagte dieser zu ihr: "Martha, Martha, du sorgsts dich und bis um vieles in Unruhe; doch weniges braucht man - oder nur eins. Mara hat nämlich das gute Teil erwählt, das ihr nicht weggenommen werden soll" (Lk 10:41-42).

Martha dient zwar, und dies sicherlich mit aller Hingabe, und doch bietet sie kein ausgeglichenes Dienstbild! Jesu Antwort auf ihre Bitte zeigt uns, dass es nicht genügt, einen Liebesdienst auszuführen - er muss sich auch in den von Gott gewiesenen Linien bewegen! Martha war "abgelenkt", d.h. sie war in solch aufreibender Sorge, dass sie von Jesu Worten wenig mitbekam. Gleicht sie darin nicht vielen von uns, die in ihren vielerlei frommen Beschäftigungen keine Zeit mehr für das Wort Gottes finden?

Wir kommen noch einmal zurück auf den gestern besprochenen Besuch Jesu in Bethanien. Martha machte den Fehler, dass sie sich durch Nebensächlichkeiten von der Hauptsache ablenken ließ. Aber aus diesem Fehler erwuchs ein weiterer: Sie nahm auch noch Anstoß an ihrer Schwester Maria, die tatenlos dem Herrn zuhörte, und klagte sie vor dem Herrn an.

Jesus entspannte durch Seine Antwort die sicher peinliche Situation und gab zugleich auch uns allen, die wir von ähnlichen Fragen bewegt werden, eine grundlegende Antwort: Er nahm Maria in Schutz und bezeugte ihr, dass sie das gute (bessere) Teil erwählt habe.

Martha musste aus diesem Lob für ihre Schwester heraushören, dass man sich mit eigenmächtigen Pflichten auch etwas Wertloses erwählen kann! Damit verurteilte der Herr nicht grundsätzlich ihr Dienen am Tisch, sondern Er wollte Martha (und uns) nahelegen, dass allem Dienen für Ihn das Anhören und Aufnehmen Seines Wortes vorangehen muss! Dies ist nämlich für jeden Dienst der unerlässliche Wurzelboden, von dem aus er sich fruchtbar entfalten kann, so dass er nicht mehr über die von Gott gezogenen Linien hinauswachsen kann.

DA Martha auf des Herrn Zurechtweisung keine Gegenrede führt, dürfen wir sie im Geist vor uns sehen, wie sie Seine Zurechtweisung willig annimmt und auch befolgt. Im späteren Verlauf ihrer Begegnungen mit dem Herrn sehen wir dies bestätigt - Martha durfte am inneren Menschen wachsen!

Maria hatte viel von ihrem Herrn gehört und in sich aufgenommen, und nun war sie enttäuscht; offensichtlich verkraftete sie des Herrn Zuspätkommen nicht - sie saß im Haus. Ganz anders ihre Schwester Martha. Auch in ihr war die Enttäuschung unüberhörbar, sie begegnete dem Herrn mit dem Vorwurf: "Herr, wenn Du. hier gewesen wärst...", aber sie ging Ihm trotzdem entgegen, um Ihn zu begrüßen. Auch äußerte sich ihr Glaube insoweit, als sie dem Herrn immerhin zutraute, ihren kranken Bruder zu heilen.

Erkennen wir also die Mara die zwar tiefer belehrte, aber sensiblere Frau, die nicht aus sich herausgehen konnte und die sich jetzt innerlich und äußerlich verschloss, so sehen wir in Martha die zwar weniger belehrte, aber auch weniger nachtragende Frau, die ihre Enttäuschung überwinden konnte, die dem Herrn entgegenging und Ihm noch ein herausragendes Zeugnis ausstellt: "Alles wird Gott Dir geben, was Du von Gott erbitten magst."

Für uns dient Martha auch in diesem Stadium als Vorbild. Sie konnte ihre Enttäuschung überwinden und sich frei vor dem Herrn äußern. Ihr Glaubenszeugnis, wenn auch noch unvollkommen, wirkt trotzdem erfrischend und muss den Herrn innerlich erfreut haben. Sie war es dann auch, die als erste die gewaltige Ankündigung Jesu vernehmen durfte.

Joh 11:23-24

"Jesus erwiderte ihr: Dein Bruder wird auferstehen! Da sagte Martha zu Ihm: Ich weiß, dass er in der Auferstehung am letzten Tag auferstehen wird."

Martha vernahm also als erste die Ankündigung Jesu, dass Lazarus auferstehen wird, doch fehlte ihr der Glaube, Seine Worte richtig zu verstehen! So münzte sie die Worte Jesu auf die verheißene und allgemein bekannte Auferstehung am "letzten Tag".

Die Sehnsucht und das Erwartungsgut Israels ist das kommende irdische Königreich. Von ihm schrieben die Propheten, Johannes der Täufer bezeugte seine Nähe und von ihm redete auch Jesus. Seinen Jüngern gab Er sogar noch nach Seinem Tod und Seiner Auferstehung für die Zeit des Königreiches Anweisungen, wie sie sich im Hinblick auf die Nationen zu verhalten hätten (Mt 28:18-20).

Dass sich der "letzte Tag" auf den dritten dr uns bekannten drei großen zeitlichen Tage bezieht, nämlich auf den "Tag Gottes" ist unwahrscheinlich. Warum sollte Martha, die ja ganz sicher um die vielen Verheißungen auf das Königreich wusste, dieses überspringen und Lazarus erst in einer Auferstehung im übernächsten Äon zu neuem Leben erwachen sehen? Damit würde sie die Verheißung an das Volk Israel für nichtig erklären! Wer schon in Israel war, und einen Friedhof an der Stadtmauer von Jerusalem besucht hat, dem ist aufgefallen, dass die Gräber der Juden immer auf den Ölberg ausgerichtet sind - jeder gläubige Jude möchte, wenn der König gemäß Sach 14:4 auf den Ölberg wiederkommt, Ihn sofort bei seiner Auferstehung schauen könne.

Wir gehen als davon aus, dass kein durch Christi Blut Erlöster aus dem Volk Israel erst vor dem großen weißen Thron auferstehen wird, weil er ja zu der Ordnung gehört, die schon beim Kommen des Herrn auf den Ölberg äonischen Leben erhalten, wozu wir sicherlich auch Lazarus zählen dürfen.

Joh 11:25-26

"Jesus entgegnete ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an Mich glaubt, wird für den Äon leben, wenn er auch stirbt. Und jeder, der (dann) lebt, und an Mich glaubt, wird für den Äon keinesfalls sterben! Glaubst du dies?"

Unser Leitvers beginnt mit der köstlichen Wahrheit, unseren Herrn und unser Haupt betreffend: "Ich bin die Auferstehung und das Leben!" Kein Geschöpf kommt an dem Namen "Jesus" vorbei, weil allein in diesem Namen Rettung ist. Jesus schaute bei diesen Worten in die Zukunft voraus, Er wusste, dass Er das Opfer noch erbringen musste, und dass Er es vollbringen würde! Heute, fast zweitausend Jahre danach, dürfen wir Ihm immer wieder dafür aufs Neue aus tiefstem Herzensgrund danken.

Da die folgenden Worte des Herrn aufs erste etwas verwirrend erscheinen, geben wir sie nochmals mit klärenden Zusatzworten wieder: "Wer (gegenwärtig) an Mich glaubt, wird für den (kommenden) Äon leben, wenn er auch (jetzt) stirbt. Und jeder der "dann" (= dieses Hilfswort ist nur der konkordanten Übersetzung beigefügt !) lebt und an Mich glaubt, wird für den (kommenden) Äon keinesfalls sterben!"

Wir wollen zuerst beachten, dass Jesus von solchen gläubigen Israeliten spricht, die vor dem kommenden Äon des Königreiches verstorben sind, und von solchen, die diesen noch lebend erreichen. Dies bedeutet einmal, dass z.B. Lazarus und seine beiden Schwerstern, die jetzt an Ihn glauben (aber ja inzwischen verstorben sind), im kommenden Äon - dem Äon des Königreiches - leben werden. Wie andererseits aber (in der Zukunft) noch leben wird, wenn der nächste Äon de Königreiches beginnt, der wird keinesfalls mehr sterben müssen, d.h., er geht lebend in das Königreich ein (was allerdings mit großer Drangsal verbunden sein wird- vgl. Offb 20:4).

Koh 11.27

"Sie antwortete Ihm: Ja, Herr ich habe den Glauben, dass Du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt!"

Martha verstand offenbar die Antwort des Herrn und was Er meinte, es deckte sich ja mit ihrer Auffassung, ihr Bruder Lazarus werde im kommenden Äon leben, obwohl er jetzt verstorben war. Sie überwand ihre Enttäuschung über Jesu "Zuspätkommen", sie überwand auch ihre Trauer über den Tod ihres Bruders, ja sie konnte den Worten Jesu vollen Glauben schenken, die ja auch Lazarus äonisches Leben verhießen! Insofern bewies sie, dass auch ein Trauernder voll Hoffnung in die Zukunft schauen darf, gekräftigt im Glauben an Christus, den Sohn Gottes. Und entsprechend war dann auch ihr Ihn verherrlichendes Zeugnis.

Dieser Moment in Martha Leben soll auch uns heute zurückführen zu jener Zeit, als wir mit Gottes Wort bekannt wurden, als wir es hörten und in uns aufnahmen und als wir spürten, dass wir zum Glauben befähigt wurden - dass wir glauben konnten! Und als uns dann nocht tief im Herzen klar wurde, dass unser Glaube unverrückbar sei, dass ihn uns niemand mehr rauben konnte, ja dass wir, gemäß Eph 1:13, in Ihm mit dem Geist der Verheißung, dem heiligen, versiegelt wurden, der ja ein Angeld unseres Losteils ist bis zur Freilösung des uns zugeigneten, und dies zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit - wie muss es uns doch da ähnlich wie Martha ergangen sein!

Weiser und herrlicher Gott, was kein Auge gewahrt, kein Ohr gehört hat, wozu kein Menschenherz hinaufgesteigen ist -, all das hast Du denen bereitet, die Dich lieben!

Joh 11:28-29

"Als sie dies gesagt hatte. ging sie hin und rief ihrer Schwester Mirjam heimlich zu: Der Lehrer ist hier. ER ruft dich! Als sie das hörte, erhob sie sich schnell und ging zu Ihm."

Martha war im Glück, trotz der Trauer über den Tod ihres Bruders Lazarus hatte sie aus den Worten Jesu neue Kraft geschöpft und Seinen Verheißungen geglaubt. Und in ihrem Glauben fand sie auch für sich persönlich die Verheißung zu äonischem Leben.

In diesem Überschwang von Gewissheit eilte sie zu ihrer Schwester. Wir dürfen annehmen, dass sie einerseits zwar erwartet hatte, >Maria würde mit ihr gehen, dem Herrn entgegen. Andererseits aber kannte sie ja auch die Veranlagung ihrer Schwester und hatte Verständnis, dass diese zurückblieb und im Haus saß.

Jetzt aber war der Zeitpunkt gekommen, wo es sie drängte, ihrer Schwester unter die Arme zu greifen, um sie aus ihrer inneren Isolation herauszureißen, um auch ihr das zukommen zu lassen, was sie empfangen hatte.

'"Heimlich" rief sie ihr zu - und dies deutet auf den empfindsamen und einfühlsamen Charakter Marthas hin. Nicht laut, Maria vor allen Leuten bloßstellen, nein heimlich rief sie ihr zu. Niemand sollte Anstoß daran nehmen, dass Maria daheim sitzen blieb - ein für uns alle sicher nachahmenswerter Zug.

"Der Lehrer ist hier, Er ruft dich!" Diese Worte drücken aus, wie sehr Martha die Freude mit ihrer Schwester teilen wollte. Sie hätte auch sagen können: Er möchte auch die aufrichten, stärken und erquicken und vor allem im Glauben an Ihn stärken. Und ws tat Maria? Sie erhob sich schnell und ging zu Ihm. Wir spüren förmlich, wie die Worte aus Joh 6:26+44 in ihr wirkten: Der Vater zog sie zum Sohn!

"...Er ruft dich!"

Aus beiden Versen greifen wir heute nur die obigen Worte heraus - wie unendlich viel Herrlichkeit liegt doch in ihnen auch für uns!

Martha durfte die Mittlerin zwischen dem Ruf des Herrn und Maria sein, und Maria konnte nicht anders, als dem Ruf schnell zu folgen. Dabei wurde sie förmlich aus ihrem Haus, in dem sie sich selbst gefangengesetzt hatte, herausgerufen. Auch wir, die wir zwar eine andere Berufung haben, wurden herausgerufen, und zwar aus der Welt, und hier aus den Nationen.

Wir sprechen oft von "Gemeinde" und meinen das Urtextwort "ekklesia", welches wörtlich "herausrufen" bzw. "Herausgerufene" bedeutet. Wäre dieses Wort in den herkömmlichen Übersetzungen im richtigen Sinn übersetzt, so würde diese Wahrheit heute als schützender Wall vor der irrigen Meinung stehen, Gott wolle zur gegenwärtigen Zeit die ganze Welt bekehren. Doch die Bedeutung des Wortes "Herausgerufene" sagt jedem deutlich, dass dies nur ein gewisser Teil eines Ganzen sein kann.

Wir kennen aus Gottes Wort drei Gruppen von "Herausgerufenen". Als erste Gruppe steht das Gesamtvolk Israel, welches laut Apg 7:38 als solche benannt ist. Die zweite Gruppe sind die Herausgerufenen aus Israel, wozu wir ja auch Martha, Maria, Lazarus und natürlich die Jünger Jesu zählen, aber auch all jene Heiligen, aus Israel, die ihrem Gott im Verlauf der Geschichte Israels die Treue hielten. In Mt 16:18 lesen wir, dass Petrus der Felsen sein wird, auf den der Herr Seine Herausgerufene aus Israel bauen wird. Die dritte Gruppe stellen wir dar, die herausgerufene Körperschaft Christi, eine Gruppe, in welcher alle Nationen vertreten sind, auch Israel, wie dies z.B. durch Paulus bewiesen wird.

Wir wollen die gestern erwähnten "herausgerufenen" Gruppen noch etwas genauer unter die Lupe nehmen. Als erstes nannten wir das herausgerufene Gesamtvolk Israel. Diese Herausrufung gründet sich auf Israels Erwählung und Berufung aus allen Völkern (5Mo 7:6; 5Mo 10:15 und Am 3:2a). Gott sagt in Jer 31:32 b aus: "Ich habe Mich mit ihnen (Juda u nd Israel) vermählt". Es war also bildlich ein Ehebund, den Gott mit Seinem Volk schloss, in welchem Er den Mann, und Sein Volk das Weib darstellt. Da aber das Weib Israel durch Hurerei mit anderen Völkern diesen Ehebund brach, gab ihr Gott den Scheidebrief (Jer 3:20; Jer 3:8). Damit wurde das Volk bildlich zur Witwe (Jes 47:9; Jes 50:1; Jes 54:6). In diesem Zustand befindet es sich heute noch.

Gott hat aber Sein Volk nicht endgültig verstoßen (Röm 11:1); Er wird Sich Seines verstoßenen Weibes wieder annehmen! Nach dem betrüblichen Bild, das uns Israel heute bietet, dürfen wir in den Propheten auch das liebliche der Wiedervereinigung schauen. Durch den Propheten Hosea gibt Er die herrliche Verheißung: "Und Ich will dich Mir verlogen in Gerechtigkeit und Gericht, und in Güte und Barmherzigkeit, und Ich will dich Mir verlogen in Treue, und du wirst Ieue erkennen" (Hos 2:19-20)

Israels Nahegebrachtwerden und seine Verlobung (Wiederannahme) werden jedoch durch Gericht und Gnade geschehen. Dieses göttliche Zusammenwirken von Gericht und Gnade wird aber zu einer bleibenden Wiedervereinigung führen (Jes 54:5-10). Deshalb ist diese Heilstat mit einem wunderbaren Bild beschreiben. Durch Hosea sagt Ieue, dass Ih n Israel dann nicht mehr: "Mein Baal" nennt, sondern "ÖMein Mann" nennen wird (Hos 2:16), und Jeremia prophezeit "Ieue hat ein Neues geschaffen auf der Erde. Das Weib wird den Mann umgeben."

Die zweite Gruppe bilden die Herausgerufenen aus Israel. Während das Gesamtvolk, wie wir gestern sahen, abtrünnig wurde, hat Sich Gott zu allen Zeiten aus diesem Volk einen heiligen Überrest aufbewahrt, der Ihm die Treue hielt. Zur Erdenzeit Jesu sprach Johannes der Täufer: "Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; und der Freund des Bräutigams, der dabeisteht, und ihn hört, freut sich mit Frohmut an der Stimme des Bräutigams" (Joh 3:29). Diese Herausgerufenen aus Israel, welche die Fortsetzung der Treuen aus der alttestamentlichen Zeit bilden, bestanden nur aus wenigen (wozu auch Martha, Maria, und Lazarus gehörten), insbesondere aber aus den zwölf Jüngern. Diese Jüngerschaft stellt in dem Zeugnis des Täufers die Braut dar, während er sich als "Freund" bezeichnete.

Während für Gott und das Gesamtvolk das Gleichnis von Mann und Weib und einem gebrochenen Ehebund gebraucht wird, sind die einzelnen Herausgerufenen aus Israel als das liebliche Bild vom Bräutigam und einer treuen Braut dargestellt.

Diese Herausgerufenen stellen jene dar, die dem Herrn vom Vater gegeben waren (Joh 17:9), die Schafe, die Seine Stimme hörten und kannten. Zwar war das ganze Volk für das Königreich berufen, aber die Zugehörigkeit zur Herausgerufenen aus Israel beruhte auf einer zusätzlichen Auserwählung durch den Herrn. Dies wird in dem leider so oft falsch verstandenen Wort zum Ausdruck gebracht: "Denn viele sind berufen (das Volk insgesamt), wenige aber auserwählt (die einzelnen Herausgerufenen aus Israel) (Mt 22:14).

Von Pfingsten an bildete die Pfingst-Ekklesia die Fortsetzung der obigen Jüngerschaft, zu welche auch einige Proselyten gehörten.

Die dritte Gruppe betrifft uns, die Herausgerufene, Christi Körperschaft. Infolge der erneuten Ablehnung des Angebotes Gottes zur Aufrichtung des Königreiches durch das Gesamtvolk Israel nach Pfingsten, ersah Sich Gott eine neue Herausgerufene, die aus den Nationen. Sie ist die Erfüllung seines bis dahin geheim gehaltenen Vorsatzes (gem. Eph 3:9).

In dem Maße, in dem sich nun diese Körperschaft Christi entwickelte, verschwand die "Braut-Ekklesia" aus Israel, die wir gestern betrachteten. Dieses Wegtreten der Braut-Ekklesia war aber nicht die Folge der Verstockung , wie beim übrigen Volk, sondern weil in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade nur die Herausgerufene aus den Nationen aufgebaut wird, wozu der Apostel Paulus als weiser Werkmeister den Grund legte (1Kor 3:10). Zu dieser Herausgerufenen aus den Nationen gehören jedoch auch alle die Juden, die Gott, zusammen mit den Gliedern aus den Nationen, vor dem Niederwurf der Welt auserwählt hat (Eph 1:4) und die nun in der gegenwärtigen Verwaltung der zum Glauben kommen. Diese Juden sind Glieder der Körperschaft Christi und nach Röm 11:5 wieder ein Überrest aus Israel, doch diesmal nach der Auswahl der Gnade!

In Röm 11:6 fährt Paulus fort: "Wenn aber in Gnaden, dann nicht mehr aus Werken, sonst wäre die Gnade nicht mehr Gnade.". Damit ist diese gegenwärtige Verwaltung wunderbar umrissen und gekennzeichnet. Die "Gnade" ist der Hauptpfeiler, auf dem sie ruht und nach der sie bezeichnet wird. Gnade schließt jegliche Werke zur Erlangung der Rettung aus. Deshalb lesen wir in Eph 2:8-9: "Denn in Gnade seid ihr Gerettete, durch Glauben, und dies nicht aus euch, sondern Gottes Nahegabe, nicht aus Werken, damit sich niemand rühme."

Und noch etwas Köstliches dürfen wir wissen: "Denn unbereubar sind die Gnadengaben und die Berufung Gottes" (Röm 11:29), und dies bedeutet, dass uns die in Gnaden geschenkte Rettung unverlierbar ist!

Da zu der Zeit des Wirkens Pauli auch noch Apostel der Beschneidung, wie z.B. Petrus und auch Johannes wirkten, müssen wir hier dem Gestrigen noch anfügen, dass nur solche Israeliten der Körperschaft Christi zugerechnet wurden und werden, die durch das Evangelium der Gnade des Apostels Paulus berufen sind (Paulus diente ja anfänglich auch noch am Königreich).

Da wir aber wissen, dass sich Gott nach der Entrückung der Körperschaft Christi und dem damit verbundenen Abschluss dieser gegenwärtigen Verwaltung der Gnade wieder Israel zuwendet, müssen wir uns nochmals der zweiten Gruppe zuwenden, den Herausgerufenen aus Israel. Doch dort redet Gott dann nicht zu Seinem Gesamtvolk, sondern nur zu einem dann wieder bestehenden Überrest. Dieser bildet die Fortsetzung der Braut-Ekklesia, über die die Pforten des Ungewahrten nicht die Oberhand behalten werden (Mt 16:18). Wir finden diesen Überrest in den dann wieder entstandenen "juden-christlichen Gemeinden", wie sie uns in Offb 2+3 gezeigt werden, und dann noch weiter im Verlauf dieser Schriftrolle.

Es ist unsinning, diese dort benannten sieben gemeinden auf uns zu beziehen, denn damit wäre die Gnade, die uns durch Paulus nahegebracht wird, hinfällig. Überdeutlich wird uns bei diesen Gemeinden gezeigt, dass sie ihre Rettung durchaus auch verlieren können, im krassesten Fall wird uns dies an der herausgerufenen Gemeinde in Laodicea gezeigt, wo wir lesen können, dass der Herr im Begriff ist, sie aus Seinem Mund auszuspeien (Offb 3:14-16).

Damit haben wir auch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Herausgerufenen aus Israel und der Herausgerufenen Körperschaft Christi charakterisiert: Erste ist abhängig von Werken! In Röm 11:6 b lesen wir daher: "Wenn aber aus Werken, dann ist es nich tmehr Gnade; sonst ist das Werk nicht mehr Werk". Röm 11:6 a bezieht sich auf uns, während sich der Teil b auf die Herausgerufene aus Israel bezieht.

Noch einen weiteren Tag wollen wir dazu benutzen, uns mit den Ereignissen nach dem Abschluss der Verwaltung. und unserer Entrückung zu beschäftigen. In Offb 19:7 lesen wir von der Hochzeit des Lämmleins und Seiner Braut, die sich bereit macht. Dieser freudige Hochzeitstat wird tausend Jahre währen.

In krassem Gegensatz zu der Treue der Braut steht ein großer Teil des Gesamtvolkes Israel. Dieser wird zur großen Hure (Offb 7) und geht dem furchtbaren Gericht entgegen - er wird die Freuden des Königreiches nicht genießen. Die Treuen hingegen werden mit Christus als Könige und Priester während der tausend Jahre herrschen (Offb 5:10; Offb 20:4 b)

Nach Offb 7:9-17 finden wir neben diesen treuen Israeliten noch eine große unzählbare Schar, gesammelt aus den vielen unter die Völker zerstreut gewesenen Israeliten. In der großen Drangsal haben sich diese durch das Blut des Lammes reinigen lassen und stehen nun vor dem Thron. auch diese aus den Nationen Entronnenen gehören zu den Boten, die im Königreich zu den Nationen gehen werden, um Gottes Ruhm und Herrlichkeit zu verkünden.

Wir ersehen aus der Schrift, dass, im Ganzen gesehen, die Braut des Lammes treu bleibt, wiewohl für das einzelne Glied die Möglichkeit und deshalb auch die Gefahr besteht, durch Ungehorsam aus dieser Herausgerufenen ausgeschieden zu werden. Wir sahen dies bereits an der Gemeinde in Laodicea, und bildlich wird dies auch bei den zehn Jungfrauen dargestellt (Mt 25). Wer gemäß Offb 2:11 in der großen Drangsal nicht überwindet, kann dem zweiten Tod verfallen und sein Name wird aus der Rolle des Lebens ausgelöscht werden (Offb 3:5). Eine Schar be sonders Geheiligter sind die 144 000. Diese Versiegelten können nicht abfallen noch untreu werden; Johannes schaut sie vollzählig auf dem Berg Zion, als Erstlinge erkauft von den Menschen für Gott und das Lämmlein (Offb 14:1 ff).

Joh 11:30-32

"Jesus aber war noch nicht in das Dorf gekommen, sondern war noch an dem Ort, wohin Martha Ihm entgegen gegangen war. Als die Juden, die bei ihr im Haus waren und sie trösteten, nun gewahrten, dass Maria schnell aufstand und hinausging, folgten sie ihre in der Meinung, dass sie zum Grab gehe, um dort zu schluchzen. Als Maria nun dorthin kam, wo Jesus war, und Ihn gewahrte, fiel sie Ihm zu Füßen und sagte zu Ihm: Herr, wenn du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben!"

Wir kehren von unserem Abstecher in die (vielleicht nicht mehr so ferne) Zukunft der Offenbarung zurück zu dem Geschehen in Bethanien.

Jesus zögerte offensichtlich, weiter in den Ort hineinzugehen und das Haus der beiden Schwestern aufzusuchen. Den Grund dürfen wir in Seinem Feingefühl sehen. Nachdem Ihm Martha sofort entgegengeeilt war und Maria, innerlich gehemmt, im Hause. zurückblieb, hätte Er sie vor den anderen Juden bloßgestellt. Durch Sein Abwarten am Dorfrand gab Er ihr, nach Marthas Aufmunterung, die Gelegenheit, Ihm ebenfalls entgegenzueilen und Ihn zu begrüßen.

Es ist bewegend, wie zartfühlend erst Martha, dann der Herr Selbst, die innerlich mit sich selbst ringende Maria behandelte. Dieses Verhalten der beiden ist auch für uns sicher nachahmenswert.

Als Maria Jesus sah, fiel sie Ihm zu Füßen - welch ein. Bild von Demut und inneren Zerbruchs. All ihr Schmerz, all ihr Unverständnis über des Herrn Zuspätkommen, all ihre inneren Zweifel und Qualen, alles legte sie in der Gestalt ihres Körpers vor Ihm nieder. Und dann brachen dieselben Worte aus ihr heraus, die schon Martha sagte, als sie dem Herrn begegnete, aber - bei Maria fehlten die Worte, die Martha in Vers 22 noch aussprach, es fehlte das Vertrauen, welches Martha, trotz der schweren Lage, noch bezeugen konnte!

Joh 11:33

"Als Jesus dann sie und auch die mit ihr gekommenen Juden so jammern sah, ergrimmte Er im Geist und erregte Sich darüber."

Sehr deutlich zeigt sich hier der charakterlicher Unterschied zwischen den beiden Schwestern. Zwar äußerten sie beide ihr Unverständnis, dass Jesus zu spät kam, doch Martha konnte sogleich bezeugen: "Nun weiß ich aber auch, dass Gott Dir alles geben wird, was Du von Gott erbitten magst". Bei Maria hingegen lesen wir dass sie zwar dem Herrn zu Füßen fiel, aber außer demselben Vorwurf wie bei Martha nur noch jammerte!

Erinner wir uns, wie diese Maria Jesus zu Füßen saß und Seinen Worten lauschte - und wie zur selben Zeit Martha voll Untriebigkeit im Bedienen ihre Schwester rügte und wie der Herr darauf die Partei für Maria ergriff. Maria hatte das bessere Teil erwählt, und Martha musste sich belehren lassen. Jetzt aber, wo sich die aufgenommenen Worte Jesu in Maria bewähren sollten, versagte sie! Und Martha, die umtrieibige und geschäftige, sie gab in ihrem Schmerz ein wunderbares Zeugnis und bewies damit, dass sie ihrem Herrn nach wie vor vertraute.

Es erstaunt uns, dass wir bei unserem Herrn eine Reaktion erleben, die wir Ihm vielleich tnicht zugetraut hätten: Er ergrimmte im geist und erregte Scih über dieses Jammern. Der äußere Anlass für diesen Grimm ist uns verständlich, hätte er doch zumindest auch von Maria mehr als nur den vorwurft und ihr Jammern erwartet.

Dass auch der fleischgewordene Menschensohn "menschliche" Regungen zeigt, darf und nicht irritieren, im Gegenteil! Wir sehen in Seiner bezeugten Erregung, dass Er in allem Mensch geworden war. In Phil 2:7 schreibt Paulus, dass Er "in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden wurde", und dies besagt, dass Jesus auch über Gefühlswallungen nicht erhaben war!

Joh 11:34-35

"Darauf fragte Er. Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie antworteten Ihm: Herr, komm und sieh! Und Jesus weinte."

"Und Jesus weinte" - diese Worte berühren uns tief im Herzen! Ganz sicher weinte Jesus nicht, weil Lazarus tot war, schließlich wusste Er ja genau, dass Er ihn in Kürze auferwecken würden. Nein, Jesus war ein Mensch wie wir, und deshalb können wir Sein Verhalten auch verstehen und sogar heute noch mit ihm fühlen.

Nach dem "Ergrimmen im Geist" über den Mangel an Vertrauen, vor allem bei Maria, ließ Er nun einfach Seinen Gefühlen freien Lauf, was sich auch bei Ihm in Tränen äußerte. Wie nahe steht uns doch hierin der Herr!

Aber es war nich tnur die Enttäuschung über das mangelnde Vertrauen - viel mehr lag ja auf Seiner Seele! In Hebr 12:2 lesen wir: "... auf den Urheber und Vollender des Glaubens blicken, auf Jesus, der anstatt der vor Ihm liegenden Freude (zuerst) das Kreuz erduldete und die Schande verachtete ..." Vor dem Herrn lag Freude, es ist die Freude, die in der Fortsetzung unseres zitierten Verses aus Hebr 12:2 zu lesen ist: "... und Sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat." Doch zuvor kommt das Kreuz mit all seiner Schande, seinen Qualen und Leiden.

Es erstaunt uns immer wieder, wenn wir über unseren Herrn in Hebr 5:8 lesen: "Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt." Viel zu wenig beachten wir diese überaus bemerkenswerte Aussage, und viel zu wenig erkennen wir darin auch unseren Weg zur Herrlichkeit. Wollen wir Ihm nicht in allem ähnlich sein? Wollen wir nicht Seine Gesinnung in uns aufnehmen? Wollen wir nicht in Seinen Fußspuren gehen? Müssen nicht auch wir Gehorsam lernen? Und sind es nicht gerade auch unsere Leiden, die uns immer wieder zu Seinem Wort ziehen?

"Und Jesus weinte."

Wir dürfen dem gestern Gesagten entnehmen, dass vor unserem Herrn zwar große Freude lag, dass Er aber zuerst durch das Tal der Tränen und Leiden gehen musste. Dieses Tal begann aber nicht erst, als er das Kreuz aufgebürdet bekam, nein, es umfasste Seinen gesamten Erden weg, beginnend mit der Geburt in einer Notunterkunft in einem Stall, dann die darauf folgende Flucht schon als Säugling vor den Schergen des Herodes, der alle Erstgeborenen töten wollte. Sein ganzer Weg als Diener der Beschneidung war angefüllt mit Lästerungen und Verfolgungen bis hin zum letzten Atemhauch am Kreuz von Golgatha.

Sein "Weinen" empfinden wir zutiefst mit, weil auch wir auf dem Weg zur Herrlichkeit oft weinen. Doch so wie Jesus um den Sieg und Seine Rückkehr zum Vater wusste u nd daraus immer wieder Kraft schöpfen durfte, so steht auch vor uns die herrliche Verheißung, die wir heute schon im Glauben annehmen dürfen. "Darum sind wir nicht entmutigt; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verdirbt, so wird doch unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert. Denn das augenblicklich Leichte unserer Drangsal bewirkt für uns eine alles überragende und zum zum Überragend führende äonische Gewichtigkeit der Herrlichkeit, da wir nicht auf das Unsere achten, was erblick wird, sondern auf das, was man nicht erblickt. Denn was erblickt wird, ist kurz befristet; aber was man nicht erblickt, ist äonisch" (2Kor 4:16-18). Welcher Kontrast tut sich mit diesen Worten vor uns auf zwischen dem, was befristet und dem was äonisch ist; zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren!

Und dann lesen wir noch von der Freude der Herrlichkeit, die uns erwartet. Aber nicht nur Herrlichkeit, auch nicht nur eine gewichtige Herrlichkeit, auch nicht nur eine überragende Herrlichkeit - vielmehr eine alles überragende und zum Überragenden führende äonische Gewichtigkeit der Herrlichkeit steht vor uns! Können wir au feinmal al diese Fülle in uns aufnehmen?

Was wir gestern bei Paulus über die von uns zu erwartende Herrlichkeit lasen, steht ja in engster Verbindung mit dem, was sich im Inneren Jesu vollzog. Einerseits lasen wir schon in Vers 15 von Seiner Freude, den Glauben Seiner Jünger durch die Auferweckung des Lazarus stärken zu können, andererseits sehen wir Seine Tränen über den in Seinen Weg eingebetteten befristeten Kummer und das Leid.

Weil Jesus das herrliche Endziel im Auge hatte, konnte Er auch in Seiner Erprobung und in Seinem Leid in Zuversicht ausharren. Darin wir Er uns zum großen Vorbild.

Es wäre falsch, wenn wir meinen, unsere Auserwählung würde uns vor Leidenswegen bewahren, im Gegenteil! Würden wir nämlich keine Leiden und Drangsale oder körperliche Beschwerden haben, wenn wir nicht darüber weinen müssten, dann, ja dann wäre der Zweck unseres Daseins nicht erfüllt! Der große Wert unserer Leiden liegt ja gerade darin, dass wir dadurch zubereitet werden, die Herrlichkeit Gottes zu schauen. Und je dunkler und schwerer unser Weg ist, desto herrlicher erglänzt uns dereinst Sein Licht!

Tränen ja, aber niemals Verzagtheit! Die Herrlichkeit der göttlichen Wahrheit lenkte den Blick unseres Herrn stets nach oben; tun wir es Ihm gleich! Dabei darf uns diese im Glauben schauende Herrlichkeit täglich zur Kraftquelle werden. Und wenn wir gestern von der "alles überragenden und zum Überragenden führenden äonischen gEwichtig der Herrlichkeit lasen, dann lasst uns, liebe Geschwister, bedenken, dass dies Worte an erdgebundene Menschen mit beschränkter Aufnahmefähigkeit sind - in Wirklichkeit wird dereinst auch diese gewaltigen Worte vielfach und in heute nicht fassbarer Weise übersteigen!

Joh 11:36-38

"Da sagten nun die Juden: Siehe, wie lieb Er ihn hatte! Einige von ihnen sagten jedoch: Konnte dieser, der die Augen des Blinden auftat, nicht auch bewirken, dass jener nicht hätte sterben müssen? Wieder in Sich Selbst ergrimmend, trat Jesus dann an das Grab; es war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor."

Keiner von denen, die um Jesus waren, verstand seinen Schmerz und Seine Tränen. Und wieder, wie schon bei den beiden Schwerstern Martha und Maria unterschieden sich die Charaktere der Menschen um Jesus.

So litten die einen mit Ihm, wenn auch in irriger Ansicht, und meinten: "Wie lieb Er ihn hatte!" Dies zeugt immerhin von einer guten Portion Mitgefühl. Der andere Teil waren Kritiker, die Sein Zuspätkommen rügten. Dabei wussten sie sehr wohl um die Heilung des Blindgeborenen, folglich hätte Er doch auch den Tod des Lazarus verhindern müssen.

Es gibt Menschen, die nur kritisieren. Als Verfasser dieser Zeilen erhielt auch ich schon Briefe von Geschwistern, die. nur Kritik übten. Ich weiß, wie weh dies tun kann. Andererseits freut man sich, wenn positive Zuschriften eingehen, und wenn dann Kritik darunter ist, so nimmt man diese viel besser auf.

Jesus musste nach den Worten von Martha. und Maria nun auch die Vorwürfe der Ihn umstehenden Juden anhören, und nur zu gut verstehen wir Seine erneute Gefühlswallung: Er ergrimmte in Sich Selbst. So sehen wir auf der einen Seite die Qual Seiner Seele, auf der ständig rumgetrampelt, die ständig verletzt wurde, und auf der anderen Seite sehen wir den Aufbau des Schauplatzes, auf dem der Vater durch Seinen Sohn Seine Kraft und Herrlichkeit erweisen wollte.

Joh 11:39-41

"Jesus gebot: Hebt den Stein hinweg! Da sagte Martha, die Schwester des Verschiedenen zu Ihm: Herr, er riecht schon; denn es ist der vierte Tag. Jesus entgegnetet ihr: Habe Ich dir nicht gesagt, dass, wenn du glaubst, du die Herrlichkeit Gottes sehen wirst? Dann hoben sie den Stein hinweg."

Jesus widersprach Martha nicht, als diese auf Jesu Worte: "Dein Bruder wird auferstehen!" antwortete: "Ich weiß, dass er in der Auferstehung am letzten Tag auferstehen wird" (V. 23-24); Er ließ sie bewusst in diesem Glauben. Martha reagierte folglich mit völligem Unverständnis, als Er gebot, den Stein vom Grab hinweg zu heben.

"Er riecht schon; denn es ist der vierte Tag", antwortete sie Ihm. Damit wurde dokumentiert, dass Lazarus wirklich tot war; ein Scheintoter kann nicht in Verwesung übergehen und "riechen".

Die folgenden Worte müssen Martha in eine ungeheure innere Spannung versetzt haben: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen! War ihr Glaube an den Herrn doch zu gering gewesen? Sollte Er mit Seinen Worten etwa meinen, dass Er Lazarus ins Leben zurückholen könnte? Solche und ähnliche Gedanken müssen Martha in Sekundenschnelle durch den Kopf gegangen sein und ihr Inneres aufgewühlt haben.

Der Herr war dabei, die Herrlichkeit vor den Ihn umgebenden Juden zu offenbaren - dazu gehört die Macht über das Leben und über den Tod. Und so wie die Juden sprachlos miterlebten, was jetzt geschah, so dürfen wir die Worte Gottes vernehmen: "...damit ihr wisst ... was die alles übersteigende Größe Seiner Kraft ist (für uns, die wir glauben), gemäß der Wirksamkeit der Gewalt Seiner Stärke,l die in Christus gewirkt hat, als Er Ihn aus den Toten auferweckte und Ihn zu Seiner Rechten inmitten der Überhimmlischen setzte..." (Eph 1:18b.19-20)

Joh 11:42

"Jesus aber hob die Augen empor und sagte: Vater, Ich danke dir, dass Du Mich erhörst. Ich weiß wohl, dass Du Mich immer erhörst; Ich sage es jedoch der Volksmenge wegen, die umhersteht, damit sie glaubt, dass Du Mich ausgesandt hast."

Gottes Wort gibt uns viele Vorbilder über das rechte Beten, an erster Stelle steht unser Herr. Seine überlieferten Gebete haben immer Danksagung zum Inhalt, ob dies wie hier bei der Auferstehung des Lazarus der Fall ist oder bei der Verteilung der Brote und Fische, ob beim letzten Abendmahl mit Seinen Jüngern oder im anschließenden sog. hohenpriesterlichen Gebet ... immer klingt die Dankbarkeit zum Vater zu dessen Verherrlichung durch.

Die umstehenden Juden hörten sehr wohl die Worte Jesu, und sie spürten auch, dass jetzt etwas geschehen würde, was ihnen bezeugen sollte, dass der in ihrer Mitte Stehende tatsächlich von Gott gesandt war. Auch jetzt hob Jesus erst Seine Augen empor zum Vater. und dankte Ihm, dass Er Ihn immer erhört. Dank ist unsere menschliche Äußerung dafür, dass wir etwas erhalten haben, er ist auch ein Ausdruck der Freude über das Empfangene. Jesus dankte Seinem Vater für die immerwährende Erhörung, und Er dankte auch schon im voraus, dass Er die Kraft erhielt, den Toten aufzuerwecken.

In 1Thes 5:18 sind wir aufgefordert: "Danket in allem!" Und wieviel Grund haben wir doch zu danken! Unser ganzes Leben sollte ein einziger Dank sein, ist es uns doch von Gott geschenkt worden. Und gleich unserem Herrn dürfen wir im Glauben an Gottes Wort auch heute schon für das danken, was uns in der Herrlichkeit bereitet ist. Solcher Dank erfreut das Vaterherz zutiefst, weil er dem vollständigen vertrauen in Seine Verheißungen entspringt.

Lasst uns also in. unseren Gebeten weniger um äußerliche Dinge bitten, sondern vermehrt für all die geistlichen Gaben danken, die wir empfangen haben, allen voran für unsere Auserwählung in Christus Jesus, unserem Herrn!

Joh 11:43-44

"Als Er dies gesagt hatte, schrie Er mit lauter Stimme: Lazarus herzu, komm heraus! Da kam der Verstorbene heraus, die Füße und Hände in Grabtücher gewickelt und sein Antlitz mit einem Schweißtuch umbunden. Jesus sagte zu ihnen: Bindet ihn los und lasst ihn gehen!"

Der große Augenblick war gekommen, wo Jesus vor den Juden ein Zeichen der vom Vater verliehenen Kraft gab, wie Er sie in der Zukunft gebrauchen wird, auch bei uns. Auf Seinen lauten Ruf hin stand Lazarus augenblicklich auf und kam aus der geöffneten Grabeshöhle heraus.

Lazarus hätte bestimmt auch einer der Zwölf sein können. Der Herr hatte jedoch für die Zeit seines Erdenlebens einen anderen Dienst für ihn vorgesehen. Es war dies ein Weg der Krankheit und des Todes - aber gerade auf diesem Weg konnte die Herrlichkeit Gottes offenbar werden, indem Lazarus aus dem Tod auferstand.

Lazarus war einer, der den Herrn liebte und den der Herr liebte! Aber gerade diesen Ihm so Nahestehenden führte Gott einen schweren Weg, um Sich darin zu verherrlichen. Dürfen nicht auch wir hier lernen? Dürfen nicht auch wir in so mancherlei Krankheit und Leiden stille werden? Könnte es nicht sein, dass der Herr auch uns gebrauchen möchte, gerade in diesen unseren Schwachheiten Ihn zu verherrlichen, indem wir uns in Geduld und Glauben üben und ausharren? Bedenken wir, dass wir ja auch ein Anschauungsunterricht für die Himmelsbewohner sind! Wie oft werden wir doch von Geschwistern gebeten, ihrer mehr oder weniger schweren Krankheiten in Fürbitte zu gedenken - aber wie selten vernehmen wir dank für solch körperliche Gebrechen und Leidenswege?

In welch wunderbarem Licht stehen bei Lazarus Leiden und Tod! Letztlich entspringen sie Gottes Liebe, vermehren Seine Herrlichkeit und werden zu einem beredten Zeugnis Seiner Macht. Deshalb können auch wir aus dieser Führung Gottes reichen Trost und Kraft schöpfen.

Mit Lazarus zeigt der Herr, dass diejenigen, die Er Leidenswege führt, nicht nur die Ihm Fernstehenden sind, sondern oft diejenigen, die Er besonders liebt! Und alle, die solch schwere WEge geführt werden, dürfen wissen, dass Er ihnen darin besonders nahe ist, weil Er Sich ja in diesen Leiden verherrlichen möchte. Wir dürfen hier sagen, dass es Gott in seiner Weisheit so fügt, dass letztlich restlos alles zu Seiner und des Sohnes Verherrlichung dient, und wir dürfen uns immer daran erinnern lassen, dass unser Leiden und Sterben - wenn der Herr nicht vorher kommt - auch Dienst für Ihn sind! So werden viele von uns dereinst bezeugen dürfen, wie ihnen schwerste Wege, gleich dem Lazarus, zur herrlichsten Erfahrung mit dem Hern wurden, auch wenn dieses Erkennen nicht mehr auf der Erde, sondern erst in der Herrlichkeit sein mag!

Der gebietende Ruf Jesu, der Lazarus aus dem Tod auferweckte, darf uns an 1Thes 4:13-18 erinnern, wo der Herr Selbst mit dem Befehlsruf, mit der Stimme des Botenfürsten und mit der Posaune Gottes vom Himmel herabsteigt, und wo die Toten in Christus zuerst auferstehen werden und darauf wir Lebenden, die wir übrigbleiben, zugleich mit ihnen zusammen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft, um dann allezeit mit dem Herrn zusammen zu sein. Diese Auferstehung (es wird die nächste sein) hat nicht mit den Herausgerufenen aus Israel zu tun, sie betrifft einzig die herausgerufenen Körperglieder aus allen Nationen (unter welchen sich aber auch Israeliten befinden werden - siehe Paulus).

Die Beschreibung unserer Entrückung endet mit der Aufforderung: "Daher sprecht einander zu mit diesen Worten" - und wie freudig dürfen wir dies heute tun!

Joh 11:45-46

"Viele der Juden, die zu Maria gekommen waren und schauten, was Jesus getan hatte, glaubten dann an Ihn. Einige von ihnen aber gingen zu den Pharisiäern und berichteten ihnen alles, was Jesus getan hatte."

Wir lesen nichts über das Verhalten der beiden Schwestern Martha und Maria, nachdem Lazarus aus dem Tod auferstanden war. Aber warhscheinlich waren sie beide sprachlos, denn keine von beiden hatte offensichtlich diese Ausgang erwartet. Wir sehen aber, dass sich die Schar der umstehenden Juden, wie schon so oft, in zwei Gruppen teilte: Einmal lesen wir von vielen, die schauten, was Jesus getan hatte, dass sie an Ihn glaubten! Dann lesen wir von der anderen Gruppe einige, die offensichtlich nichts Eiligeres zu tun hatte, als zu den Pharisäern zu laufen und diesen Bericht zu erstatten. Waren es Spitzel der Pharisäer? Es wäre ja möglich, dass dies immer einige Vertraute in der näheren Umgebung Jesu hatten, um über all Seine Schritte und Sein Tun informiert zu werden.

Aber freuen dürfen wir uns heute erst einmal darüber, dass der Dienst des Lazarus, der die Kraft und Herrlichkeit Gottes aufzeigen durfte viele zum Glauben an Jesus führte. Diesen "vielen" wurde ihr Glaube zu äonischer Herrlichkeit, denn auch ihnen wurde Jesu Aussage zur herrlichen Verheißung: "Wahrlich, wahrlich Ich sage euch: Wer an Mich glaubt, hat äonisches Leben" (Joh 6:47).

Doch auch bei diesen "vielen" müssen wir anmerken, dass der Glaube, den sie an Jesus hatten, kein eigenes Werk war, sonder vielmehr "das Werk Gottes", wodurch sie an den glauben konnten, den derselbe ausgesandt hatte (Joh 6:29). Es handelte sich bei den "vielen" im Grund nur um wenige in Hinsicht auf die Gesamtzahl des Volkes, die aus dem Volk Israel herausgerufen wurden.

Ratssitzung über Jesus: Beschluss, ihn zu töten

Joh 11:47-48

"Daraufhin versammelten nun die Hohenpriester und die Pharisäer das Synedrium und sagten: Was sollen wir tun? Dieser Mensch vollbringt so viele Zeichen. Wenn wir Ihn weiter so gewähren lassen, werden alle an Ihn glauben, und dann werden die Römer kommen und sowohl unsere Stätte als auch die Nation an sich nehmen."

Die Versammlung der geistlichen Führer Israels ist vollkommen verwirrt und ratlos - ihre hilflose Frage: "Was sollen wir tun?" drückt dies aus. Trotz ihres Studiums, trotz ihres geschulten Verstandes, trotz ihres sicherlich großen Wissens ist ihre Erkenntnis verdunkelt, weil ihnen der Geist Gottes fehlt.

Diesen hochgelehrten Personen stehen ganz einfache Leute aus dem Volk gegenüber, die zwar lange nicht dieses Wissen haben, dafür aber vom Geist Gottes erleuchtet werden. Da wären z.B. Mirjam, zu nennen, die leibliche Mutter Jesu. Aus einfachsten Verhältnissen stammend, ohne aufwendiges Studium, darf sie, was die Angst der Pharisäer mit Blick auf die politische Zukunft Israels betrifft, voll Zuversicht prophezeien: "Heilig ist Sein Name, und Seine Barmherzigkeit wird von Generation zu Generation denen zuteil, die Ihn fürchten. Gewaltiges wirkt Er mit Seinem Arm, Er zerstreut Stolze in der Denkart ihres Herzens, Er stürzt Machthaber von ihren Thronen und erhöht Niedrige" (Lk 1:50-52).

Welch ein furchtloser und kühner Glaube spricht aus den Worten Mirjams, und dies, noch bevor der Herr überhaupt geboren wurde. Aber ihr Zeugnis umfasst auch die politische Lage Israels. Da steht das Wort einer einfachen Frau: "Er stürzt Machthaber von ihren Thronen", und dem gegenüber die stammelnden Worte eines ratlosen Synedriums voll gelehrter Männer: "Was sollen wir tun?" Für Mirjam war die römische Oberherrschaft kein Hindernis, um zuversichtlich an die Zukunft ihres Volkes zu glauben!

"Er stürzt Machthaber von ihren Thronen...", dieses Zeugnis hörten wir gestern von der Mirjam. Und in Lk 1:54 spricht sie weiter: "Er hat sich Israels Seines Knechtes, angenommen, um der Barmherzigkeit zu gedenken...". Wir sehen, wie klar und zuversichtlich ihr Zeugnis über das zukünftige Ergehen Israels ist.

Diese auf Gottes Verheißung gestützte Erwartung teilte der ganze gläubige Überrest, der zur Zeit Jesu lebte. So sah der greise Simeon im Knäblein Jesu "ein Licht zur Enthüllung für die Nationen und zur Herrlichkeit für Dein Volk Israel" (Lk 2:32). Und die Prophetin Hanna "sprach von Ihm zu allen, die in Jerusalem nach der Erlösung ausschauten" (Lk 2:38). Zacharias, der Vater des Täufers Johannes, sprach, mit heiligen Geist erfüllt: "Rettung von unseren Feinden und Bergung aus der Hand allen, die uns hassen" (Lk 1:71).

Die gläubigen Israeliten lehren uns, dass die Rettung ihres Volkes nur durch die Erfüllung dieser beiden Verheißungen geschehen wird, und zwar in der Reihenfolge, wie sie Petrus gestern bezeugte: Erst die Auslöschung eurer Sünden, danach die Fristen der Erfrischung! Dies findet statt, wenn der Messias nach Weissagung des Propheten Sacharja auf den Ölberg herabsteigt und Seinem Volk als erste Gabe den Geist der Gnade und des Flehens zu ihrer Umsinnung schenken wird (Sach 12:10-14). Dann erst vermag Israel die Völker im Segen zu regieren, und dann wird auch der Zeitpunkt da sein, wo Gott die Rettung von all seinen Feinden schenken wird.

In striktem Gegensatz zu dieser Erkenntnis der Gläubigen aus Israel stand das Folgern des Synedriums. Es bildete einen düsteren Hintergrund, auf dem sich das Zeugnis der Heiligen umso leuchtender abhob. Zwar waren diese Schriftgelehrten in ihrer Bibel (Thora) bestens bewandert; als Herodes sie frage, wo der Christus geboren werden sollte, konnten sie ohne weiteres die recht Antwort geben (Mt 2:4-6). Sie wusssten also um die Verheißung - aber sie lebten nicht in ihr! Sie wollten ihr eigenes Königreich bauen, worin sie ihre Macht und ihren Einfluss fortsetzen konnten.

Kopfwissen und Festhalten an Macht und Einfluss waren das Hindernis der geistlichen Führer Israels. Jesus spricht deshalb ein siebenfaches "Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler", über sie aus (Mt 23:13.15.16.23.25.27 und 29).

Joh 11:49-50

"Einer aber von ihnen, ein gewisser Kaiphas, der Hoherpriester jenes Jahres war, sagte zu ihnen: Ihr wisst überhaupt nichts, noch rechnet ihr damit, dass es für uns vorteilhaft ist, dass ein Mensch für das Volk sterbe und nicht die ganze Nation untergehe."

In Lk 20:9-15 lesen wir das Gleichnis von einem Weinbergbesitzer und den bösen Winzern, seinen Pächtern. Als der Besitzer seinen Anspruch einforderte, verhöhnten sie seine Gesandten, und als er schließlich seinen geliebten Sohn sandte, folgerten sie: "Dieser ist der Losteilinhaber; herzu, wir wollen ihn töten, damit das Losteil unser werde!"

Trefflicher wie in diesem Gleichnis kann die Gesinnung des Kaiphas und des ihn umgebenden Rates nicht beschrieben werden; sie. erschreckt zutiefst, lässt sie doch in den Grund es menschlichen Herzens schauen und offenbar nackte Habgier!

Wir wollen die Bedeutung dieser Aussage genau beachten: Jener Höhepunkt menschlicher Verworfenheit - die Ermordung des Sohnes Gottes - war kein spontaner Impuls des Volkes, sonder der wohlüberlegte Plan der Schriftgelehrten und Pharisäer, angeführt von ihrem Hohenpriester Kaiphas!

Die gleichen Grundgedanken, der Winzer vernehmen wir auch bei Kaiphas. Es erschüttert uns, wenn wir lesen, dass diese Gelehrten den Mord an Gottes Gesalbten für folgerichtig hielten, um damit ihren eigenen Besitz zu sichern!

Das Kreuz Christi ist vordergründig das Schlussergebnis menschlicher Habgier, es ist die Folgerung des Kaiphas: "Es ist für uns vorteilhaft, dass ein Mensch für das Volk sterbe, und nicht die ganze Nation untergehen."

Joh 11:51-53

"Dies sagte er jedoch nicht von sich aus, sondern als Hoherpriester jenes Jahres redetet er prophetisch, dass Jesus demnächst für die Nation sterben sollte, doch nicht allein für die Nation, sondern auch damit Er die Kinder Gottes, die zerstreut waren, zu einem Ganzen zusammenführe. Von jenem Tag an berieten sie nun, damit sie Ihn töten könnten."

Die Rede des Kaiphas, die wir gestern von der menschlichen Seite aus betrachtet haben, hat noch eine prophetische Bedeutung: Jesus sollte für die sterben, zu denen Er gekommen war. So lesen wir Mt 15:24 Seine eigenen Worte: "Ich wurde lediglich zur den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt!" Damit legt Jesus Selbst die Grenzen Seines Wirkungsbereiches fest. Dies ist insofern verständlich, da Jesu sja zu Anfang das Königreich heroldete, gleich Seinem Vorläufer Johannes dem Täufer. Erst wenn das Volk Seinen König angenommen hatte und zurechtgebracht war, konnte von ihm ein Segen auf die anderen Völker ausgehen.

In Vers 53 fiel dann eine wichtige Entscheidung: Von dem Moment an, als das Synedrium offiziell beriet, "damit sie Ihn töten könnten", verwarfen sie auch offiziell ihren König!!

Als König kam Jesus nur zu Israel, aber als Opferkamm am Kreuz starb Er für die ganze Welt!

So groß die Versuchung sein mag, unter den im Leitvers angeführten "Kindern Gottes" auch uns zu sehen, so entschieden widersprechen wir dieser Sicht. Wie wir ja schon an früherer Stelle belegt haben, lebten und leben immer noch viele Juden in der Zerstreuung. An diese richtete z.B. Petrus seine beiden Briefe (1Petr 1:1). Es ist gut, wenn wir uns immer wieder vor Augen halten, dass das Evangelium des Johannes ausschließlich Israel und das verheißene Königreich zum Inhalt hat, obwohl gerade Johannes weiter sehen durfte als die anderen Evangelisten.

Joh 11:54-57

"Jesus wandelte daher nicht mehr öffentlich unter den Juden, sondern ging von dort in die Gegend nahe der Wildnis in eine stadt, die Ephraim heißt, und blieb dort mit seinen Jüngern. Das Passah der Juden aber war nahe, und viele aus der Gegend zogen vor dem Passah nach Jerusalem hinauf, um sich zu läutern. Dort suchten sie nun Jesus und sagten, in der Weihestätte stehend, zueinander: Was meint ihr? Dass Er überhaupt nicht zum Fest kommt? Die Hohenpriester und Pharisäer aber hatten Anweisung gegeben, dass, wenn jemand erfahre, wo Er sei, er es angeben solle, damit sie ihn festnehmen könnten."

In den Herzen der Männer des Synedriums war Jesus bereits zum Tode verurteilt - die Ausführung war nur noch eine Frage der Zeit. Da Jesus ihre Herzensgesinnung kannte, ging Er ihnen so lange aus dem Weg, bis Seine Stunde gekommen war.

Inzwischen zog es die Massen nach Jerusalem, viele, um einfach bei Ihm zu sein, Ihn zu hören; viele auch, um sich zu läutern; andere wiederum, um mitzuerleben, wie die Auseinandersetzung mit den Oberen des Volikes weitergehen würde. Die Frage, ob Er wohl zum Fest kommen würde, war also zwiespältig: Auf einer Seite diejenigen, die an Ihn glauben, auf der anderen Seite jene, die einen Nervenkitzel erwarteten.

In den Pfingstversammlungen, in welchen der Verfasser dieser Zeilen früher verkehrte, gab es immer einen kleinen stamm von Geschwistern die regelmäßig die Versammlungen aufsuchten. In größeren Abständen kamen dann auch auswärtige Brüder angereist, die mit Zeichen und Wundern warben (z.B. Krankenheilung). Zu diesen Versammlungen kam stets die zigfache Zahl an Besuchern - die Sensationslust zog sie an. Doch was mag da unser Herr empfunden haben, als Er Sich später in Jerusalem solcher sensationslüsternen Masse ausgeliefert sah!

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12. Das Johannes-Evangelium Kapitel 12