Das vierte Gesicht "im Himmel"

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Abschrift des Buches: Die Apokalypse oder der Tag des Herrn
Verfasser: E. W. Bullinger (1902)

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor:
Das dritte Gesicht "auf Erden" - Offb 11:19

Das vierte Gesicht "im Himmel"

Offb 12:1-12

Wir kommen jetzt zu dem großen, die Mitte des Buches bildenden Thema, das die beiden mittleren Gesichte umfasst, und auch den literarischen Mittelunkt des Buches bildet.

Aus alle dem sehen wir, dass wir auf der Schwelle eines wichtigen Teiles der heiligen Schrift stehen, der von der Offenbarung oder Enthüllung der herrlichen Person des Herrn Jesus Christus handelt.

Der ganze Abschnitt (Offb 12.-15) ist seinem Thema nach eine Episode, und der Form nach eine Parenthese (Einschub); er ist auch ein treffliches Beispiel einer geschichtlichen, oder vielmehr prophetischen Historie, deren Ereignisse zwar später niedergeschrieben, doch früher geschehen sind als die, welche in der geschichtlichen Darstellungsweise unmittelbar vorausgehen. Offb 12-15 enthält also einen prophetischen Bericht von Ereignissen, die vor Offb 6 eintreffen werden und die zu den in Offb 6-11 gibt so den exoterischen (äußeren) Überblick jenes Teils der Weissagungsgeschichte; denn das Tier und der falsche Prophet sind die ganze Zeit über auf Erden, wie aus Offb 11:7 hervorgeht, wo das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit den zwei Zeugen streitet. Wie es aber auf die Erde gekommen ist, darüber haben wir noch nichts gehört. Der Weissagungsbericht wird deshalb unterbrochen, und wir werden zu einem Zeitpunkt zurückgeführt, der vor Offb 6 liegt. In Offb 12 wird nun der esoterische (innere) Überblick über dieselbe Periode gegeben; es werden die Ursachen dargestellt, die zur Offenbarung des Tiers und des falschen Propheten führen. Offb 12 nimmt zu Offb 13 bis zum Ende dieselbe Stellung ein, wie Offb 4 und Offb 5 zu Offb 6-11.

Zuerst erhebt sich der Streit im Himmel, und der Teufel wird hinaus-, und auf die Erde herabgeworfen. Dann steht Johannes an dem Strand des Meeres (Offb 13:10) und sieht die beiden Ungeheuer, das eine aus dem Meer und das andere aus der Erde, aufsteigen. Aber ihre Taten berichtet nur Offb 13; vieles geht aus den Gerichten hervor, die über sie und ihre Anhänger kommen, was in Offb 6-11, sowie auch in anderen Schriftstellen des Alten und Neuen Testaments berichtet wird.

Der Gedankenaufbau zeigt, dass das Weib und der Drache die beiden Hauptthemen des Gesichtes sind, da von dem Knäblein nur in einem Vers, dem fünften, geredet wird.

Ein großes Zeichen

Offb 12:1-12
F - (Original S. 93)

F - A - Offb 12:1 = Ein großes Zeichen im Himmel.
B - a - Offb 12:1-5 = Das Weib und der Drache
b - Offb 12:6 = Die Flucht des Weibes.
c - Offb 12:7-9 = Der Streit im Himmel.
A - Offb 12:10-12 = Eine große Stimme im Himmel.

Mit diesem Gedankenaufbau ist derjenige der folgenden Szene "auf Erden" (E) zu vergleichen; der mit "W" bezeichnete Teil (Offb 12:13 - Offb 13:1) stimmt mit diesem hier genau überein.

1. Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel....
Hier haben wir wirklich zum ersten Mal in dem Buch ein "Zeichen". Das Wort lautet semeion = Zeichen, nicht terras = Wunder*). Wir werden also gleich informiert, dass wir dies nicht wörtlich aufzufassen haben, sondern als ein "Zeichen" von etwas anderem. So leitet uns der Heilige Geist, und sagt uns, was wörtlich, und was nicht wörtlich zu nehmen ist. Was dies Zeichen bedeuten soll, müssen wir aus der Schrift selbst erkennen. Wenn wir so darauf hingewiesen werden, dass wir es hier mit einem "Zeichen" zu tun haben, so können wir daraus schließen, dass wir immer, wenn uns der Hinweis nicht gegeben wird, die Ereignisse des Buches nicht als Symbole, sondern als wirkliche Tatsachen aufzufassen haben.

Es ist nicht nur ein Zeichen, sondern ein "großes Zeichen", ebenso wichtig und bedeutsam, wie groß der Erscheinung nach. Es stellte etwas Bemerkenswertes dar mit folgender wichtiger Lehre.

Das Zeichen selbst wird in "a" (s. o.) Offb 12:1-5 näher beschrieben.
Der Gedankenaufbau ist folgender:

Das Weib und der Drache

Offb 12:1-5

a - d - e - Offb 12:1ff. = Ein großes Zeichen im Himmel
f - Offb 12:1 = Das Weib
g - Offb 12:2 = Die Qual des Weibes.
d - e - Offb 12:3 = Ein anderes Zeichen am Himmel
f - Offb 12:3.4ff. = Der Drache
g - Offb 12:5 = Die Qual des Weibes.

Offb 12:1
Und ein großes Zeichen erschien im Himmel. Ein Weib mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone von 12 Sternen.
Hier werden wir gleich zu 1Mo 37 zurückgeführt. Das ist die einzige Schriftstelle der ganzen Bibel, wo wir etwas diesem Zeichen Entsprechendes finden. Wir lesen da von Joseph (1Mo 37:9): Er hatte noch einen anderen Traum, den erzählte er seinen Brüdern und sprach: "Siehe, ich habe noch einen Traum gehabt; mich deuchte, die Sonne und der Mond und 11 Sterne neigten sich vor mir." Und da das seinem Vater und seinen Brüdern gesagt wurde, strafte ihn sein Vater und sprach zu ihm: "Was ist das für ein Traum, der dir geträumt hat? Soll ich, deine Mutter und deine Brüder kommen und vor dir niederfallen?" (1Mo 28:9.10). Joseph sah also ein ähnliches "Zeichen", und er, wie auch sein Vater Jakob verstanden es sogleich und legten es richtig aus, wie das Folgende zeigt.

Warum sollen wir nun bei dieser Schriftstelle vom Weg abweichen und außerhalb der Schrift eine andere Erklärung suchen? Es ist klar, dass auf die zwölf Sterne von 1Mo Bezug genommen wird, deren zwölfter Joseph selbst war. Dort im ersten Buch Mose finden wir den frühesten Hinweis auf die zwölf Zeichen des Tierkreises, des Zodiakus. Diese sind die einzigen "zwölf Sterne". Es wird auch von den "sieben Sternen", d.h. von den sieben Planeten geredet; die zwölf Sterne aber können nur die zwölf Zeichen (oder Sterne) des Zodiakus bedeuten, worunter der ganze Himmel zu verstehen ist.

Die heidnischen Völker, die das geschriebene Wort Gottes nicht kannten, wussten nichts von der ursprünglichen Wahrheit, welche die vorsintflutlichen Patriarchen in Zeichen und Konstellationen des Himmels hineinlegten, ehe sie von Gott durch Mose im "Wort der Wahrheit" aufgeschrieben wurde. Daher verkehrten die Heiden diese Wahrheit und verdunkelten sie durch ihre eitlen, erfundenen Vorstellungen. Auf solche Weise entstand die alte griechische Mythologie, und vor dieser die Mythologien Babylons und anderer Völker. Die Mythologien waren von den Völkern nicht vollständig aus der Luft gegriffen, sondern waren Verzerrungen der ursprünglichen Wahrheit, nachdem diese selbst vergessen war.

Wie der Apostel in Röm 1:20.21 erklärt, hatten sie "keine Entschuldigung"; denn das unsichtbare Wesen Gottes war aus seinen Werken deutlich zu erkennen. Die Himmel offenbarten seine Herrlichkeit und redeten von seinem Vorhaben. Darauf weist Röm 1:19-23 hin.

Lange vor der Zeit Jakobs und Josephs hatten die Patriarchen den Himmel so gezeichnet, dass sie die große Grundverheißung von 1Mo 3:15 daran durch beliebige Verbindung der Sterne zum Ausdruck brachten.

Ein wichtiger Artikel der englischen Zeitschrift "The nineteenth century" (Sept 1900), zeigt, dass diese Behauptung keine bloße Mutmaßung ist. Der Artikel heißt: "Das älteste aller Bilderbücher". (The oldest picture book of all), von E. W. Maunder von der Sternwarte Greenwich. Der Verfasser sagt darin: "Es gibt einige Kennzeichen, die bisher der Beachtung entgangen zu sein scheinen, und durch die sich wenigstens einigermaßen das Datum gewisser anderer Konstellationen als der des äußersten Südens feststellen lässt. Es sind die zwölf, die allgemein bekannt sind als die Zeichen des Zodiakus, und die unstreitig die Ekliptik bezeichnen sollten. Die Einteilung des Zodiakus in zwölf Zeichen ist von größer Wichtigkeit... Sie war vielleicht die wichtigste Entdeckung, die in der Astronomie bis heute gemacht worden ist."

"Der Zusammenhang vieler Zeichen untereinander und die Tatsache, dass die Sphäre so offensichtlich das Werk einer einzigen Autorität ist, bietet Grund zu der Annahme, dass sie das Wesen einer Urkunde haben sollte. Eine Prüfung der einzelnen Formen unterstützt diesen Schluss." Und wieder sagt er: "Wir sind sicher darüber, dass der Zodiakus, nicht nach 1800 vor Christus bestimmt sein kann, und nicht weiter zurück datiert werden kann als bis 4400 vor Christus."

Er fasst den Gegenstand zusammen, indem er sagt: "Dieses älteste aller Bilderbücher wurde vor fast 5000 Jahren ersonnen, und viele der Konstellationen wurden damals aufgezeichnet, um den religiösen Glauben ihrer Darsteller zum Ausdruck zu bringen. Zweifellos hatten die anderen, zu denen uns jetzt eine Erklärung fehlt, denselben Zweck."

Maunder sagt auch, dass die Religion derer, die den Zodlakus entwarfen und die Konstellationen zeichneten, mit der Errichtung von Altären und Opferbräuchen zu tun hatte. Jene Menschen kannten die Geschichten vom Sündenfall und der Sintflut, die denen des Buches Mose wesentlich gleich waren, und viele Konstellationen ersannen sie, um ein passendes Zeugnis davon abzulegen.

Die durch den Druck hervorgehobenen Sätze bestätigen, von höchster Autorität stammend, unsere Behauptungen. Die angegebene Zeit rückt das Entstehen des Zodiakus weit über die heidnische Mythologie hinaus und bietet eine Erklärung für Ps 19. Wer den Psalm liest, dem fällt die Tatsache auf, dass der erste Teil vom Himmel handelt, der siebte Vers aber plötzlich zu dem geschriebenen Wort übergeht.

Dieser Umstand ist dadurch zu erklären, dass im ersten Teil auf die ursprüngliche Wahrheit Bezug genommen wird, von welche Sonne und Sterne am Himmel Zeugnis ablegen, (eine Erweiterung von 1Mo 3:15), im zweiten Teil aber auf das geschriebene Wort hingewiesen wird, das in der Schrift der Wahrheit aufgezeichnet ist.

Schon 2000 Jahre vor Mose erzählten die Himmel die Ehre Gottes, verkündigten Seiner Hände Werk, redeten davon Tag für Tag und taten es jede Nacht kund.

Es war keine Sprache noch Rede; ihre Stimme wurde nicht gehört; und doch geht ihre "Schnur" (d.h. ihr Erbteil*1) oder Bereich ihre Lehre) aus in alle Lande, und ihre Rede an der Welt Ende. Er hat der Sonne eine Hütte (oder Wohnung) darinnen (am Himmel) gemacht (den Weg der Sonne durch die Zeichen des Zodiakus, die Ekliptik), welche die Sonne nie verlässt; sie geht heraus von einem Ende des Himmels bis zum anderen und vollbringt ihren jährlichen Umlauf. Man lese den ganzen Ps 19.*2). Aber ihre "Rede" und ihre "Kunde" fiel mit der Zeit in Vergessenheit, nachdem sie in der Heiligen Schrift aufgezeichnet worden ist, und wurde später von menschlichen Traditionen verdunkelt. Wenn Mose zur Zeit des Auszugs schrieb, so entstanden die fünf Bücher Mose 1491 v.Chr. und die Menschheit wäre danach 2500 Jahre lang ohne das geschriebene Wort Gottes gewesen. So ging die ganze Zeit hindurch die Rede des Himmels bis and der Welt Ende und hielt die große Verheißung von 1Mo 3:15 im Herzen des Volkes wach. Sie verkündigte den, der da kommt, der, obwohl in die Ferse gestochen, doch endlich der Schlange den Kopf zertreten wird.

*1) Siehe "Figures of Speech" [1] und "The witness of the stars" [2] von Dr. Bullinger
*2) Nachdem von der Kunde des Himmels die Rede war (Ps 19:1-6), wird von dem geschriebenen Wort Gottes gesprochen (Ps 19:7.14).

Diese zwölf Sterne waren also die Zeichen des Tierkreises. Sie sind mit Israel in den Personen der 12 Patriarchen verbunden, in denen die ganze zukünftige Nation im Voraus dargestellt ist. Ihre Erwähnung hier in Offb 12 zeigt uns, dass Gott seine Wahrheit offenbaren, die Ratschläge der Heiden zu Torheit machen, und kundtun wird, wie sehr sie Seiner Hände Werk missbrauchten. Und wie Er "die Götter in Ägypten" zerschmiss, als er Israel aus Ägypten befreite, so wird er auch Gericht an den Göttern der Heiden ausüben, wenn Er Sein Volk abermals befreien wird. Dann wird Er zeigen, dass die Erfüllung Seiner ursprünglichen Verheißung durch alle mythologischen Verdrehungen nicht gehemmt wird; alle Götzen der Heiden werden sich dann als völlig machtlos erweisen.*3)

*3) Siehe im Anhang [3] über die Beziehung der Apokalypse zur alten Astro-Theologie. (ergänzt 09/2003; s.a. Jer 16:19.20).

Wieder fragen wir: "Warum soll man die Kirche hier hineinbringen?!" Alford sagt: "Der Symbolismus weist darauf hin." Im Gegenteil, das einzige in der ganzen Bibel, was als Symbol hierfür aufgefasst werden könnte, verbindet dieses mit Sonne und Sternen geschmückte Weib mit Israel. Was hat die Kirche mit 1Mo 37 zu tun? Ist da auch die christliche Kirche gemeint? Zu dem Zeichen von der Sonne, dem Mond und den zwölf Sternen können wohl Jakob, sein Weib und seine zwölf Söhne in Beziehung gesetzt werden, aber die Kirche hat damit nichts zu tun

Und weiter, Israel wird wieder und wieder im Alten Testament mit einem Weib, einem Eheweib verglichen (Jes 54. usw.). In der Zeit der Verwerfung auch mit einer Witwe (Jes 47., Kla 1:1; Lk 18.) und mit einem geschiedenen Weib (Jes 50.; Jes 54.; Jer 3.), die Kirche aber niemals. Auch das folgende kann nicht als von der christlichen Kirche handelnd aufgefasst werden.

Das Weib in Kindesnöten

Offb 12:2
Und sie war schwanger und schrei in Kindesnöten und hatte große Qual zur Geburt.
Wann konnte das jemals von der christlichen Kirche gesagt werden. Worin besteht die Qual der Kirche? Und wer ist das Knäblein, das die Kirche gebiert?

Andererseits stellt dieses "Zeichen" die Lage und den Zustand des wahren Israel während der ganzen Geschichte der Nation dar.

Die Verheißung von 1Mo 3:15, dass der kommende "Samen" des Weibes dem großen Drachen den Kopf zertreten würde, war das Fundament von Israels Glauben.

Dieses Kapitel weist also zu dem, von Satan bewirkten Anfang der Sünde zurück, und führt uns vorwärts zu der großen Krisis der menschlichen Geschichte. Es zeigt das "Geheimnis Gottes" und das "Geheimnis der Bosheit", wie sich beides vollenden wird, etwa 6000 Jahre umfassend.

Die Geburt dieses "Samens" wurde darum die Hoffnung Israel, das Thema, wovon die Propheten redeten, und die "Freude" der Mütter Israels, wenn der Mensch geboren wird (Joh 16:21)

Das "Zeichen" des Weibes in Kindesnöten und ihre Qual, befreit zu werden, stellt das Warten Israels dar. der verheißene Samen sollte die große Hoffnung des Volkes sein, auf die alles hinwies, und von der alles Zeugnis ablegte.

Das erste Zeichen des Zodiakus rief diese wichtige Ur-Verheißung beständig ins Gedächtnis zurück.

Die Jungfrau ist auf allen alten Darstellungen des Zodiakus mit einem Zweig in der rechten Hand abgebildet. Diese Tatsache ist uns durch den Namen des Sterns, der von erster Größe ist und Zemach heißt, überliefert worden. Das ist das hebräische Wort: zemach = "Zweig", welches von Christus als dem verheißenen Samen Jer 23:5.6 gebraucht ist (in der Bedeutung "König" wie bei Matthäus); Sach 3:8 (in der Bedeutung "Knecht" wie bei Markus); Sach 6:12 (in der Bedeutung "Mensch" wie bei Lukas) und Jes 4:2 (in der Bedeutung "Herr", oder "Jehova" wie bei Johannes). Diese Schriftverheißungen vom zukünftigen Samen als einem "Zweig", müssen unbedingt mit dem ersten großen "Zeichen" aus dem Zodiakus in Verbindung gesetzt werden. Bis die heiligen Schriften aufgezeichnet waren, redete das Zeichen am Himmel von dem zukünftigen Samen, dem "Zweig" Jehovas.

Von dem großen Schöpfer steht in Ps 147:4 geschrieben:

"Er zählt die Sterne,
Er nennt sie alle mit Namen"

Und der alte Zemech ist unzertrennbar mit der Allwissenheit Gottes verbunden, der die Sterne schuf und mit Namen nannte, und der die Verheißung gab und erfüllte.

Ebenso wurde das Sternbild von dem

"Weib mit dem Kind"

als erste der drei Konstellationen gesetzt, die die dem Zeichen "Jungfnrau"*1) zugehören. Es ist in den ältesten Karten des Zodiakus zu finden, vor allem in der aus dem Tempel von Denderah in Ägypten. Sie geht bis wenigstens 2000 Jahre vor Christus zurück, und befindet sich jetzt im Louvre in Paris, wohin sie im Jahr 1821 gebracht wurde. Der hebräische Name für das Sternbild des Weibes mit dem Kind" war komah, was soviel bedeutet wie "der Erwünschte, der Ersehnte". Das Wort stammt aus dem hebräischen kamah, wünschen, was nur in Ps 63:2 vorkommt: "Mein Fleisch verlangt nach dir." Das Wort ist mit chamad, wünschen, verwandt, Ps 19:11 (hebr.: Sie sind wünschenswerter als Gold) Jes 53:2; Hag 2:7 usw.

Das Wort komah, hat der Heilige Geist gerade in diesem Sinn Hag 2:7 gebraucht: "Da soll dann kommen aller Heiden Begehr".

"Das Weib mit dem Kind" bildete also einen Teil mit der Ur-Wahrheit, die dem Menschen als Zeichen dessen offenbar war, welcher der Gegenstand seiner Sehnsucht sein sollte.

Dass das Sternbild alt ist, dafür zeugt Albumazar (oderAbu Mascher) ein arabischer Astronom, der im achten Jahrhundert schrieb*2). Er sagt: in dem ersten Dekan*3) geht (wie die Perser, Chaldäer, Ägypter und die beiden Hermes und Askalius lehren) ein junges Weib auf, dessen Name Andrenedefa ist, eine reine und unbefleckte Jungfrau; sie hält in der Hand zwei Kornähren; sie sitzt auf einem Thron und nährt ein Kind, das einen hebräischen Namen hat, und von einigen Völkern JEZA genannt wird, in der Bedeutung JEZA, den wir auf griechisch CHRISTOS nennen."

Dies ist das Zeugnis der alten Darstellungen des Zodiakus; später im dritten Jahrhundert vor Christus, wurde aber die Konstellation von Conon, einem alexandrinischen Astronomen (282-322), umgeändert und korrumpiert.*4). Sogar Shakespeare bezieht sich auf den "Knab' in Virgos Schoß"*5). So ist also die Sache selbst nicht verloren gegangen, obwohl der Name des Sternbildes geändert worden ist.

Lange aber, ehe das Sternbild anders benannt wurde, war seine wahre Bedeutung verloren gegangen und verstümmelt worden.

Als die Verheißungen in den Schriften der Wahrheit niedergelegt waren, wurde naturgemäß die Bedeutung der Zeichen und Konstellationen fremd, und kam sogar allmählich ganz in Vergessenheit. Daher geschah es, dass die Völker, welche das Wort Gottes nicht besaßen, die Bedeutung der Sternbilder so leicht verdrehen konnten. So drang dieses Sternbild von dem Weib mit dem Kind in die babylonischen und ägyptischen Mysterien unter dem Namen "Isis und Horus" ein, und von da, von den heidnischen Mysterien, ging das Bild manch anderen Symbolen und Lehren*6) in den Bestand der römischen Kirche über.

*1) Zu jedem Zeichen des Zodiakus gehörten drei Sternbilder, welche die von dem Zeichen dargestellte Wahrheit weiter erläuterten.
*2) Eine lateinische Übersetzung seines arabischen Werkes befindet sich in der Bibliothek des britischen Museums.''
*3) Die Konstellationen heißen Dekans. Das Wort bedeutet einen Teil, und wird von den (drei) Teilen gebraucht, die zu jedem Zeichen gehören; jeder der Teile der Dekans wird von einer Konstellation gebildet.
*4) Es wird erzählt, dass Berenice, das Weib des Ptolemäus des III., Euergetes, des Königs von Ägypten, ein Gelübde tat, dass sie ihr wundervolles Haar der Venus opfern wollte, wenn ihr Gemahl glücklich von einem gefährlichen Kriegszug, den er unternommen hatte, zurückkehren würde. Er kam auch glücklich heim, und ihr Haar wurde im Tempel der Venus niedergelegt. Später wurde es jedoch gestohlen, und Conan gab, um sie zu trösten, vor, Jupiter habe es genommen und ein Sternbild daraus gemacht. Die Ähnlichkeit des griechischen Wortes kome, das ist Haar, mit dem hebräischen koma, erleichterte die Umänderung (wenn sie nicht sogar den Anlass dazu bot). Und so ist es gekommen, dass an unserer nördlichen Himmelshalbkugel statt "Sehnsucht der Völker", dargestellt durch das Weib mit dem Kind, heute "Coma Berenice" (Haupthaar der Berenice) steht.
*5) Titus Andronikus Akt 4, Szene 3
*6) Was man auch zu unserer Zeit über die Bedeutung von Symbolden wie J.H.S (in hoc signo) denken mag, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass es zu dem Namen des Bacchus gehörte; und die Buchstaben J.N.R.J., welche Rom verwandelt hat in "Jesus Nazarenus Rex Judaeorum" (Jesus von Nazareth, König der Juden), bildeten ursprünglich das heidnische Symbol dafür, dass die Natur durch das Feuer gänzlich erneuert wird. (Igne Natura Renovetur Integra). Siehe: The Rosicrucians, their Rites and Mysteries (d.h. Die Rosenkreuzer, ihre Gebräuche und ihr Geheimkultus) von Hargrave Jennings angeführt von den Verfassern der "Zahl 666". The Ccomputation of 666 (S. 70; Verlag von James Nisbeth).

Der Romanismus steht in engster Verbindung mit dem Heidentum, aus dem er hervorgegangen ist. Wer den himmelweiten Unterschied zwischen Bibelchristentum und der Römischen Kirche nicht kennt, gibt sich der falschen Vorstellung hin, der Romanismus sei nur ein verdorbenes Christentum, während er doch wenig mehr ist als christanisiertes Heidentum.

So wurde, als die wahre Bedeutung von dem "Weib mit dem Kind" verloren gegangen ist, das Symbol heidnisch gemacht. Darstellungen davon als "Isis und Horus" waren (lange vor dem Christentum) so verbreitet, dass es "kein haus und keinen Kreuzweg gab, wo man es nicht fand."

Offb 12 geht zum ersten Anfang zurück. In diesem letzten Buch der Bibel zeigt uns Gott die Entstehung des großen Abfalls; er führt uns durch die ganze Entwicklung des Abfalls hindurch und lässt uns schließlich sehen, wie der Widerstand Satans gerichtet und vernichtet wird.

Darum gebraucht Gott hier wieder jene "Zeichen", in welchen er anfänglich seine große erste Verheißung kundtat, die Zeichen, durch welche Er offenbarte, wie Seine Verheißung schließlich zur Erfüllung kommen sollte dadurch, dass der Schlange der Kopf zertreten würde.

Es ist demnach klar, dass das Weib das "Zeichen" Israels ist, wodurch die Nation als Ganzes dargestellt wird. Israel ist in dem Weib personifiziert und mit den Abzeichen versehen, welche das Volk in seiner Verfassung und in seiner Hoffnung kennzeichnen.

Nachdem wir so das große "Zeichen" des Weibes betrachtet haben, gelangen wir nun zu einem "anderen Zeichen im Himmel" dem Widersacher des Weibes.

Ein anderes Zeichen im Himmel

Offb 12:3

Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und seihe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen.
Auch dieses "Zeichen" wird "im Himmel" gesehen, und über seine Bedeutung bleiben wir nicht um Unklaren. Der neunte Vers erklärt, dass "der große Drache" nichts anderes ist als "die alte Schlange, die da heißt der Teufel (Verleumder) und Satans (Widersacher)". Er hatte sieben Häupter und zehn Hörner, und auf seinen Häuptern sieben Kronen. Diese sind Zeichen für den Inbegriff der irdischen Herrschaft; denn Satan ist "der Fürst, der in der Luft herrscht" (Eph 2:2), "der Fürst dieser Welt" (Joh 12:31; Joh 14:30; Joh 16:11). Darum machte ihm auch der Herr seinen Anspruch auf die Herrschaft nicht streitig (Lk 4:5-7). Seine Farbe ist die Farbe des Feuers und Blutes, als "Zeichen" seiner Grausamkeit, seiner Blutgier (Joh 8:44; 1Jo 3:12), seines Streites im Himmel und auf Erden. Die Häupter und Hörner und Kronen sind offenbar das "Zeichen" der irdischen Gewalt, die in ihm vereinigt ist; denn er überträgt sie, wem er will (Lk 4:6.7; Lk 13:2). In so knapper Weise wird uns die Machtvollkommenheit und Gewalt, von des Weibes Widersacher, vor Augen gestellt.

Offb 12:4
Und sein Schwanz zieht den dritten Teil der Sterne hernieder, und er wirft sie auf die Erde.
Hier werden uns weitere Einzelheiten über das "Zeichen" gegeben. Das Weib ist, wie wir gesehen haben, das Zeichen der jüdischen Nation als Ganzes betrachtet. Des Teufels Tun und Zweck könnte nicht deutlicher zum Ausdruck gebracht werden.

Wieder werden wir zum Anfang der Dinge zurück geführt, zu Satans erster Empörung und zu den Engeln, die mit ihm fielen. Dies ist sicherlich das "Zeichen" von der Macht, die Satan unter den Engeln ausübt, wie die Häupter und Hörner "Zeichen" sind von der Macht, die er auf Erden unter den Menschen kundtut. Es geht hieraus hervor, dass mit ihm, bei seiner großen Empörung, der dritte Teil der Engel zufiel.

Und der Drache steht vor dem Weib, das gebären soll, auf dass, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fresse. Hier haben wir in der Tat ein "Zeichen", weit mehr als ein nur vorübergehendes Ereignis; weit mehr auch was Alfort vermutet, wenn er spricht von "der ganzen Reihe der Feindseligkeiten, die der Herr während Seiner Erniedrigung zu erdulden hatte."

Wir glauben, dass dieses Zeichen viel weiter zurück greift. Beide Zeichen führen uns zu Ereignissen zurück, die von Anbeginn der Welt her *) zu datieren sind, und die nicht über die Herrschaft auf Erden hinausgehen, welche der Drache seit Erschaffung des Menschen an sich gerissen hat.

*) Der Ausdruck kommt sieben Mal vor: Mt 13:35; Mt 25:34; Lk 11:50; Hebr 4:3; Hebr 9:26; Offb 13:8; Offb 17:8. Der Ausdruck "ehe der Welt Grund gelegt war" ist durchaus davon zu unterscheiden. Dieser geht die christliche Kirche (Gemeinde) in Haupt und Gliedern an, und kommt dreimal vor (Joh 17:24; Eph 1:4; 1Petr 1:20), denn er bezeichnet einen Akt Gottes aus freier Gnade.

Das Verb lautet "steht", nicht "stand" Es bezieht sich auf eine fortdauernde Handlung, nicht auf eine vorübergehende.

Von dem Augenblick an, wo das Wort erging, der Same des Weibes sollte eines Tages der Schlange schließlich den Kopf zertreten, trat die alte Schlange, der Teufel und Satan, vor das Weib, um ihren Samen zu vernichten, sobald er geboren war.

Von da an, als Gott die Verheißung gab, war es Satans größtes Bestreben, zu verhindern, dass der "Same des Weibes" jemals in die Welt käme. Er will sich nicht zertreten lassen, und darum wird uns nun hier, wo wir von der Verdammung der Schlange hören sollen, vor Augen gestellt, wie er hintritt, um das Kommen des Weibessamens entweder ganz zu verhindern, oder ihn bei seinem Hervortreten in die Ferse zu stechen.

Der hat viele Werkzeuge und Helfershelfer gebraucht; und wenn diese auch ihre eigenen Zwecke und Beweggründe hatten, so ist doch Satans Zweck immer nur ein einziger gewesen, und der bildete den großen Streit der Zeiten.

Den ersten großen Versuch sehen wir 1Mo 6:1, wo Satan die ganze Menschheit zu verderben bestrebt war. Es gelang ihm in dem Ausmaß, dass nur eine Familie unbefleckt blieb. Das ist die Bedeutung des Wortes "ohne Tadel" 1Mo 6:9. Tamim wird besonders gebraucht, um reine Abstammung zu bezeichnen (2Mo 12:5 - 2Mo 29:1ff.) Es bezieht sich auf Vollkommenheit in der Erzeugung. So groß war die durch das Eindringen der bösen Engel bewirkte Verderbnis (2Petr 2:4-7; Jud 1:6-9), dass das ganze Geschlecht vernichtet werden musste. Noah und seine drei Söhne waren allein von der furchtbaren Befleckung rein.*)

*) Wenn sich das so verhält, und seine Söhne in das furchtbare Geschlecht hinein heirateten, so wird hierdurch die Verschiedenheit der großen Menschenrassen beleuchtet, die doch ursprünglich von einem Paar abstammen.

Nichts anderes als Gottes Dazwischentreten konnte das Geschlecht retten, und die Menschheit vor gänzlichem Untergang bewahren. In Sem wurde die Linie vom "Samen des Weibes" fortgesetzt und die Verheißung von Eden erhalten.

Den zweiten großen Versuch machte Satan 2Mo 1, wo er die männlichen Kinder Israels gleich nach ihrer Geburt töten wollte. Pharaos Ziel war, die Vermehrung der Kinder Israels zu verhindern, damit sie Ägypten nicht verlassen könnten. Satans Ziel bestand darin, die männliche Linie ganz zu vernichten, und so die Geburt vom Weibessamen unmöglich zu machen.

Wieder macht Gottes Dazwischentreten Satans Pläne zunichte. Es war ein Kampf der Geister, an dem Himmel und Hölle von Anfang bis Ende beteilig waren. Denselben Streit sehen wir hier Offb 12. Es steht aber geschrieben: "Er fängt die Weisen in ihrer List" (Hi 5:13), und was Pharao in der "List " Ägyptens gesagt hatte (2Mo 1:10), wurde durch eines Kindes Tränen zunichte gemacht (2Mo 2:6); denn als Pharaos Tochter das Kästchen von Rohr öffnete, "sah sie das Kind; und siehe, das Knäblein weinte. Da jammerte es sie." So wurde Pharaos List vereitelt, und er hatte gerade den zu speisen, zu beherbergen und zu erziehen, was Pharao mit aller Macht hatte verhindern wollen; denn Mose bereite das Volk aus seinen Händen, und Gott stürzte das Heer der Ägypter ins Rote Meer.

Einen weiteren Versuch Satans zu dem besonderen Zweck, das königliche Geschlecht, aus dem der Same des Weibes kommen sollte, auszurotten, finden wir in 2Chr 21:22.

Nach dem Tod Josaphats machte sein Sohn Joram den Anfang (natürlich um seinen eigenen Zweck zu erreichen). "Er brachte alle seine Brüder mit dem Schwert um" (2Chr 21:4). So blieb von der königlichen Linie niemand übrig, als er allein.

Er hatte Kinder; aber wir lesen, dass die Araber heraufzogen gegen Juda und alle seine Söhne erschlugen, so "dass ihm kein Sohn übrig blieb, außer Joahas, sein jüngster Sohn" (2Chr 21:17). Man beachte, welchen Nachdruck der Heilige Geist auf diese wichtige Tatsache legt. Dass sie erwürgt wurden, geht aus 2Chr 22:1 hervor.

Ahasja war nun der einzige direkte Nachkomme des königlichen Geschlechts, des Weibessamens, ein Nachkomme von David, Abrahams und Sems. Ahasja hatte aber Kinder. Sie wurden wieder von Athalja umgebracht. Dieser war offensichtlich der Meinung, sie alle getötet zu haben, denn 2Chr 22:10 heißt es, sie "brachten um alle königlichen Samen im Haus Juda. Das war ihre Absicht, und sie hätten es auch vollbracht, wenn nicht Gott wieder dazwischen getreten wäre und das Kind gerettet hätte "unter den Kindern des Königs, die getötet wurden" (2Chr 22:11). Sechs Jahre lang konzentrierten sich alle Hoffnungen des Volkes Gottes auf das Leben dieses einen Kindes. Von seiner Erhaltung hing es ab, ob Gott sich treu erweisen würde. Während sich Josabeth, das Weib des Hohenpriesters, mit dem Kind in einem der Gemächer des Hauses Gottes verborgen hielt, ging Jojada, ihr Gemahl, im Volk umher; er bezeugte und sprach: "Siehe, des Königs Sohn soll König sein, wie der Herr geredet hat über die Kinder Davids." Die Treue Jehovas war der Kern seines Zeugnisses. Und nichts anderes als das Dazwischentreten Gottes macht die Pläne Satans (und die Pläne Ataljas) zunichte, so dass es ihm nicht gelang, das Geschlecht auszurotten, aus dem der Same des Weibes in die Welt kommen sollte.

Im Buch Esther sehen wir abermals einen Versuch Satans, da will er das ganze Volk verderben, nicht nur den Knaben oder das königliche Haus. Er gebrauchte als Mittel den Stolz des Haman. Aber auch jetzt genügte ein Geringes, um den Anschlag des "Judenfeindes" zu vereiteln: eine schlaflose Nacht (Est 6:1). Und wieder war Satan geschlagen.

Aber noch immer "trat er vor das Weib, auf dass, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fresse". Und endlich erschien die Stunde, da der Same des Weibes in die Welt kam.

Dieses Mal wurde Herodes das Werkzeug. Nachdem er den Ort (Bethlehem) von den Schriftgelehrten (Mt 2:4), sowie von den Weisen die Zeit, wann ihnen der Stern erschienen wären, (Mt 2:7), erfahren hatte, erwürgte er alle Kinder in Bethlehem, die zwei Jahre und darunter waren, und dachte nun, er hätte den Samen des Weibes gefressen. Wieder aber trat der Himmel dazwischen und machte seine Pläne zuschanden.

Die Eingebung Satans, Christus solle sich herab werfen von der Zinne des Tempels (Mt 4:6), der Versuch, der Bewohner von Nazareth, Ihn von dem Hügel des Berges hinabzustürzen (Lk 8:24; Mk 4:27; Lk 8:23), das waren lauter Anschläge Satans, das Knäblein zu fressen. Und als er sah, wie er ans Kreuz geschlagen wurde, wie sie Ihn ins Grab legten, den Stein versiegelten und die Hüter davor stellten, da dachte er, seine Beute erfasst zu haben. Aber wieder trat der Himmel ein. Gott hat Ihn "auferweckt von den Toten", und das Kind "wurde entrückt zu Gott zu Seinem Stuhl" (Offb 3:21). Doch damit greifen wir schon voraus.

Die Geburt des männlichen Sohnes

Offb 12:5

Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein, der alle Nationen weiden soll mit eisernem Stab.
Das durch Knäblein wiedergegebene Wort "arsen" (das Männliche) ist sächlichen Geschlechts. Es bezeichnet also gar kein Geschlecht und ist hier wohl am Platz. Er ist von dem gemeint, von dem ausdrücklich geweissagt ist, dass Er über die Heiden mit eisernem Szepter herrschen wird (Ps 2:9).

Und ihr Kind ward entrückt zu dem Gott und zu seinem Thron. Auch das ist gerade von Christus wahr (siehe Offb 3:21). Es passt aber nicht auf die christliche Kirche. Wir werden hingerückt werden dem Herrn entgegen in der Luft, wenn Er herabkommen wird, und werden also bei dem Herrn sein allezeit (1Thes 4:16-18).

Außerdem ist die ganze Kirche nicht zugleich geboren, oder überhaupt geboren. Jedes Glied des Leibes Christi ist geschaffen, und ist "eine neue Kreatur in Jesu Christo."

Es ist zu bedauern, dass wir uns wieder um andere, verbreitete Auslegungen kümmern müssen; aber es ist gut, wenn unsere Leser Gelegenheit haben, selbstständig zu urteilen, und die Ungereimtheiten gewisser Ausleger zu erkennen. So sollen wir z.B. glauben, dass das Knäblein ein getaufter Kaiser sei, der Sohn von Christi treuer(!) Kirche, der über das ganze Reich erhoben ist, und auf einen anerkannt christlichem Thron sitzt (Elliott).

Adam Clarke versichert, es sei die "Dynastie der christlichen Kirche, die mit Konstantin begann". Einige meinen auch, es seien die Waldenser und Albigenser abgesondert von den wahren Anbetern im allgemeinen. Noch andere glauben, es wäre das "nizäische Glaubensbekenntnis" gemeint.

Da sehen wir, was daraus entsteht, wenn das Wort der Wahrheit nicht richtig "geteilt" wird, und wenn man von dem einen Bund auslegt, der in eine ganz andere Periode hineingehört.

Hier ist das zweite Zeichen zu Ende und die Reihenfolge wird nun unterbrochen.

Die Flucht des Weibes

Offb 12:6

Und das Weib entfloh in die Wüste, wo sie eine Stätte hat, bereitet*) dort von Gott, dass sie daselbst ernährt würde 1260 Tege. Es wird hier vorgegriffen, denn der Streit im Himmel findet vor der Flucht des Weibes statt und bewirkt diese Flucht. Sie folgt also auf den Streit, und nicht auf die Entrückung des Kindes zu Gott und Seinem Thron. Das geht aus Offb 12:11 hervor.

*) Das Verb "hotoumazein", bereiten, kommt in der Offenbarung sieben Mal vor (Offb 8:7; Offb 9:7.15; Offb 12:6; Offb 16:12; Offb 19:7; Offb 21:2).

Der Streit im Himmel

Offb 12:7

Und es erhob sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel fingen an zu streiten mit dem Drachen; und der Drache stritt, und seine Engel.
Hieraus wird offenbar, dass Michael den Kampf beginnt, nicht aber der Drache, ein für die Auslegung höchst wichtiger Punkt. Nach dem göttlichen Ratschlag ist die Zeit für dieses große Ereignis gekommen. Satan, der bis dahin Zutritt zum Himmel hatte, soll nun endlich ausgestoßen werden.

Wir dürfen uns den Himmel nicht als einen einzigen Ort vorstellen. Das Wort ist so oft im Plural gebraucht, dass wir, obwohl wir die Lehren der jüdischen Tradition nicht annehmen dürfen, doch an viele verschiedene Sphären denken können. Da "der Himmel (wörtl. die Himmel) höher ist denn die Erde", so können wir ihn uns auch größer als die Erde vorstellen. Und wie die Erde aus vielen Ländern und Staaten besteht, so mag auch der Himmel verschiedene Teile haben. In einem derselben schicken sich diese mächtigen geistigen Streitkräfte zum Kampf an. -

Auf der einen Seite steht Michael, welcher bezeichnet wird als " einer der vornehmsten der Fürsten (Dan 10:13)", "euer Fürst" d.h. Israels Fürst (Dan 10:21), "der große Fürst, der für die Kinder deines (Daniels) Volkes steht" (Dan 12:1), "der Erzengel" (Jud 1:9). Er mit seiner himmlischen Schar streitet gegen den Drachen, nicht aber streitet der Drache gegen das Knäblein (wie so oft behauptet wird). Gegen das Knäblein streitet er überhaupt nicht, sondern gegen das Weib (Offb 12:13); und dieser Krieg gegen das Weib findet auf Erden statt, und nicht im Himmel. Dadurch wird die Auslegung dieser Stelle, als sei sie vom Widerstand Satans gegen die Entrückung der Kirche gemeint, hinfällig. Die Kirche wird hingerückt werden, lange ehe dieses Gericht ihren Anfang nehmen wird, und darum haben wir es keineswegs mit der Kirche in diesem Kapitel zu tun.

Auf der anderen Seite steht das Tier, von dem in Offb 13 und Offb 17 die Rede ist. Dan 2 werden uns diese Mächte in ihrer irdischen, menschlichen und sterblichen Gestalt gezeigt, wie sie in der Geschichte aufeinander folgen. Dan 7 und in der Apokalypse aber sehen wir ihr übermenschliches Wiederaufleben, und ihre gleichzeitige Vereinigung in dem Tier.

Die Herrschaft des Drachens erstreckt sich über alle Mächte und Regierungen der Welt, über alle gebietet nur einer, der Drache. Die Reiche der Welt sollen unseres Herrn und Seines Christus werden, wie wir "im Himmel" verkündigen hören (Offb 11:15). Hier wird uns der Ursprung und die Verkörperung der Herrschaft gezeigt. Darum hält die Weissagung gerade an diesem Punkt inne. Es soll uns erklärt werden, worin die Herrschaft besteht, woher sie kommt, und wohin sie führt. Hier ist alles in einem Haupt vereinigt.

In 2Thes 2 erhalten wir weitere Auskunft über die Erhebung und die Verkörperung der satanischen Macht. Dort wird uns deutlich gesagt, dass die Offenbarung jenes furchtbaren Wesens zu einer festgesetzten Zeit geschehen wird, vor seiner Zeit kann sich der Widersacher nicht erheben. Wir hören dort, warum und wie es geschehen wird. Offb 12 enthält die Ereignisse, welche zu jener Offenbarung führen, und Offb 13 berichtet von der Kundmachung des Tieres selbst.

Die Stelle 2Thes 2 ist also in dieser Verbindung mit Offb 12 von besonderer Wichtigkeit. Dort erfahren wir, dass das Tier auf Erden nicht offenbar werden konnte, solange es (im Urtext männlich: "er") festhält" (ab seinem Ort im Himmel. Offb 12:7). Es wird ihn solange festhalten, bis er hinweggetan oder rausgeworfen wird.*1) Dieses Rauswerfen schildert Offb 12; dort wird uns gesagt, wie und aus welcher Veranlassung es geschehen wird, und welches die Folgen sein werden. Als Paulus schrieb, gebrauchte der Satan weltliche Macht zur Verwirklichung seiner geheimen Anschläge, und so ist es bis heute noch immer gewesen; aber hier (Offb 12) hat seine Macht ihren Höhepunkt erreicht, und Satan will sie nun offen kundtun. Indessen "ihr wisst, was (Neutrum) ihn (den Menschen der Gesetzwidrigkeit, Urtext = festhält, dass er (der Mensch der Gesetzwidrigkeit) offenbart werde zu seiner Zeit." So konnte Paulus an die Gemeinde der Thessalonicher schreiben; denn er hatte es ihnen vorher gesagt, und sie wussten es; wir aber wissen es nicht. Wir wissen nur, dass es keine Person sein kann, die den Menschen der Gesetzwidrigkeit festhält, denn das Wort ist ein Neutrum. Es kann nur ein Ort sein und wir nehmen an, dass es to phrear, der Brunnen des Abgrunds von Offb 9:2 sei, aus dem er aufsteigen wird. Keinesfalls kann die verbreitete Ansicht richtig sein, welche das Wort auf den Heiligen Geist bezieht. Was soll denn der Heilige Geist "festhalten"? (1Thes 5:21), damit der Gesetzwidrige zu seiner Zeit offenbar werde? Der Sinn entstand durch die falsche Übersetzung des Verbs katechein, welches festhalten bedeutet.

*) Das ist die Bedeutung des Wortes, wie aus der Anwendung der anderen Episteln hervorgeht: 1Thes 5:21 (Prüfet alles, und das Gute behaltet, haltet fest). Wir geben hier alle Stellen, wo das Wort vorkommt an, damit unsere Leser selbst urteilen können: Mt 26:38; Lk 4:42; Lk 8:15; Lk 14:9; Joh 5:4; Apg 27:40; Röm 1:18; Röm 7:6; 1Kor 7:40; 1Kor 11:2; 1Kor 15:2; 2Kor 6:10; 1Thes 5:21; Phim 1:13; Hebr 3:6.14; Hebr 10:23.

Wir haben alle Stellen angegeben, wo das Wort vorkommt, so dass unser Leser selbst urteilen können. Das Verb ist transitiv (hinziehend auf etwas) und muss ein Objekt haben (etwas auf das es sich bezieht); es muss etwas da sein, das festgehalten wird. Auch dadurch entsteht Verwirrung, dass man nicht die Verschiedenheit des Geschlechts genügend beachtet; im sechsten Vers steht das Neutrum ("was ihn festhält"), nämlich der Brunnen des Abgrunds, und im in Offb 12:7 haben wir das Maskulinum ("der etwas festhält", nämlich seine Stellung im Himmel).

Wir müssen also folgende vier Tatsachen beachten:

Die Bedeutung und den Gebrauch des Verbums,
Die Tatsache, dass es transitiv ist,
Die Verschiedenheit des Geschlechts in Vers 6 und 7 und
Den Ausdruck rausgeworfen in Vers 7,

dann wird uns klar, dass 2Thes 2:5.7 durch die Übersetzer verändert wurde und in seiner ursprünglichen Bedeutung wieder hergestellt werden muss.

Beim ersten Kommen wurde "Friede auf Erden" verkündigt. Nun aber, beim zweiten Kommen, ist "Streit im Himmel"; denn die Zeiten im Reich Gottes sind ganz andere geworden.

Bei der Rückkehr der Übriggebliebenen aus Babylon war Satan zugegen, um der Wiederherstellung der Nation zu widerstehen (Sach 3:2) und wurde vom Herrn gescholten. So wird es auch sein, wenn die große zukünftige Wiederherstellung eintreten wird; dann aber wird dem Satan der Krieg erklärt werden.

Das Geheimnis, das mit dem Streit verbunden ist, kommt dem Glauben leicht, dem Verstand aber schwer vor. Einen Einblick in diese geistigen Wirklichkeiten gewähren Schriftstellen wie Hi 1 und Hi 2; 2Kö 22:19-22; Eph 6:11.12 und Jud 1:6.

Milton hat diesen Kampf geschildert, aber er hat nur aus seiner Einbildungskraft geschöpft, die sich auf irdische Kampfplätze beschränkte. Dieser Kampf ist ein ganz anderer, nach Veranlassung, Szenerie, Kämpfern und Waffen. Der Ausgang ist im voraus bekannt und daher auch vorher gesagt.

Offb 12:8
Und sie siegten nicht, auch wurde ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel. Der große Zweck des Streites wird erreicht werden.

Herabwurf des Drachens

Offb 12:9
Und der große Drache wurde hinabgeworfen, die alte Schlange, die da Teufel und Satan heißt, welcher verführt die ganze Welt; er wurde hinabgeworfen auf die Erde, und seine Engel wurde mit ihm hinabgeworfen.
Es unterliegt keinem Zweifel auf wen sich das "Zeichen" bezieht. Durch vier Namen ist er gekennzeichnet, damit wir nicht irren können. Und trotzdem - es ist kaum zu glauben - gibt es Ausleger, die behaupten, es wäre das heidnische Römische Reich gemeint, und Michael sei das "christliche Römische Reich". Andere sagen, es sei überhaupt von keinem eigentlichen Kampf die Rede, sondern nur von dem fortdauernden Streit zwischen dem Guten und Bösen. Wie erquickend ist es da, zum Wort Gottes zurückzukehren, und zu glauben, dass dieses Schriftwort den Gipfelpunkt bezeichnet, den der Herr Jesus beim Hinausblicken auf den Erfolg Seiner "Leiden" in der "Herrlichkeit" danach schon im voraus sah in seiner weissagenden Vision Lk 10:18, wo er sagt: "ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz."

Eine laute Stimme im Himmel

Jedes, der im Himmel geschauten Gesichte ist durch himmlische Stimmen und Äußerungen gekennzeichnet. In diesem Gesicht haben wir eine himmlische Stimme. Der Gedankenaufbau ist ebenso schön wie einfach: Die Äußerung hat zwei Themen:

1. Freude im Himmel,
2. Wehe auf Erden

Und zwischen beiden steht eine Aufforderung zu allgemeiner Freude.

Offb 12:10-12
A - (Seite 288 im Original)

A - h - k - Offb 12:10 = Freude im Himmel
l - Offb 12:10.11 = Begründung
i - Offb 12:12 = Aufforderung zur Freude
h - k - Offb 12:12 = Wehe auf Erden.
l - Offb 12:12 = Begründung.

10. Und ich hörte eine laute Stimme im Himmel die sprach:
"Nun ist gekommen das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes,
und die Macht Seines Christus,
weil hinabgeworfen ist der Verkläger unserer Brüder,
der sie verklagte vor unserem Gott Tag und Nacht.
11. Und sie haben ihn überwunden, um des Blutes des Lammes willen,
und um des Wortes ihres Zeugnisses willen,
und haben ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod.
12. Darum freut euch, ihr Himmel, und die darin wohnen!
Wehe der Erde und dem Meer!
Denn der Teufel ist herabgekommen zu euch
und hat einen großen Zorn,
da er weiß, dass er wenig Zeit hat."

Das ist das Siegeslied, das im Himmel gesungen wird. Diejenigen werden es anstimmen, die aus "großer Trübsal" zum Himmel entrückt werden (Offb 7:14.15). Denn sie sprechen von "unseren Brüdern". "Nun ist gekommen", das ist der Triumphruf, der im voraus die Wirkung von Satans Sturz feiert. Es ist das erste Resultat der Kriegserklärung des Himmels. Der Ton liegt auf dem Pronomen "sie" im elften Vers; denn die, welche auf Erden überwunden haben, fordern nun den ganzen Himmel auf, sich über den herrlichen Sieg zu freuen. Wenn die Früchte des himmlischen Sieges auf Erden eingeerntet sind, dann werden andere zu neuen Liedern auffordern, die für die Sänger schon im Ps 93 - 99, sowie Ps 149 niedergeschrieben sind. Die Aufforderung zur Freude findet ihr Echo in dem letzten Triumphlied in Offb 19.. Alles aber wird zurückgeführt und gegründet auf das unendliche Verdienst des "Blutes des Lammes" und auf die wunderbare Kraft seines Sühnopfers.

Wieder sehen wir, dass hier nicht die Kirche gemeint sein kann, denn keiner kann die Kirche vor Gott beschuldigen. Siehe Röm 8:33.

Es sollte uns in der Tat wundern, wenn unsere Leser nur das "Auswerfen des Heidentums vom Thron des Römischen Reiches" für den Grund des himmlischen Freudenausbruchs halten könnten.

Die Wirkung davon war Segen für die Welt.
Hier ist die Wirkung "Wehe der Erde" Offb 12:12.

Ein solcher Unterschied kümmert aber die Ausleger des Buches nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Erfolg des Kampfes schon Jahrhunderte lang besteht, worin die ganze Reformationsperiode eingeschlossen ist; hier aber soll die Wirkung nur eine sehr kurze Zeit dauern, eine Zeit, die mit vielen großen Ereignissen angefüllt ist, die in den letzten dreieinhalb Jahren geschehen.

Nachdem Satan rausgeworfen ist, hat er nur "wenig Zeit", wie ausdrücklich berichtet wird: dreieinhalb Jahre, während der er zornig ist über das Weib, und streitet mit ihr und den übrigen von ihrem Samen. (Offb 12:14-17).

Das dritte Wehe

Dieses Wehe ist das letzte von dreien (Offb 8:13 und muss darum auf die beiden ersten folgen, die zu dieser Zeit schon vorüber sein werden (Offb 11:14. Das dritte Wehe wird in Offb 12:12 kundgetan und besteht in dem Rauswerfen Satans.

Hieraus geht klar hervor, dass wenn auch das Gesicht von Offb 12 voraus greift, doch das tatsächliche Rauswerfen Satans erst in der Mitte der letzten, von den siebzig Wochen geschehen kann (Dan 9:27). Das Tier wird während der ersten Hälfte der Woche auf Erden herrschen. (Offb 6-11), jedoch in seiner menschlichen und sterblichen Gestalt, und wird "im Frieden" handeln (Dan 11:21). Nun aber, mitten in der Woche, kommt der Umschwung, das dritte Wehe (Offb 12:12). Satan wird rausgeworfen. Nachdem das Tier seine "tödliche Wunde" erhalten hat, erscheint es wieder in übernatürllcher Gestalt und "streitet mit den Heiligen" (Offb 13:7). Diese letzte Hälfte der Woche ist "der große und schreckliche Tag des Herrn". Damit gelangen wir zu dem nächsten, dem vierten Gesicht "auf Erden" Offb 12:13 - Offb 13:18).

Lies weiter:
Das vierte Gesicht "auf Erden" - Offb 12:13 - Offb 13:18