Der Römerbrief - Kapitel 2

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Abschrift: Der Römerbrief I - IV (2001)
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Der Römerbrief ist als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der Römerbrief - Kapitel 2

Gottes Gerechtigkeit gilt allen
Auch dem Juden

Gottes Gerechtigkeit gilt allen

Röm 2:1

"Darum bis du unentschuldbar, o Mensch - jeder, der richtet; denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst; denn du, der du richtest, verübst dasselbe."

Im ersten Kapitel wandte sich Paulus an alle Menschen, die, Gott kennend, Ihn nicht als Gott verherrlichen oder Ihm danken. In dem zweiten Kapitel spricht Paulus anfangs noch versteckt von "o Mensch", doch zeigt sich immer mehr, dass er gezielt sein eigenes Volk Israel mit einbezieht, zuerst vorsichtig in den Versen 9 und 10, indem er Israels Vorzug im Bösen wie auch im Guten betont, dann offen in Vers 17: "Siehe, du nennst dich Jude."

Im Grunde geht es aber darum: Beide, Juden, wie Griechen, sind vor Gott Sünder und darum verlorene und ermangeln der Herrlichkeit Gottes.

Doch erst geht es um den einzelnen Menschen, der richtet. Über ihn steht geschrieben, dass er unentschuldbar ist. Obwohl für uns, die Körperglieder Christi Jesu, die Schuldfrage nicht mehr aufgeworfen wird, dürfen wir uns mit der Frage des "Richtens" doch sehr wohl befassen, wird es doch in unseren Reihen zwar tüchtig praktiziert, doch leider zumeist an den anderen, statt an sich selbst. Zuerst müssen wir uns im klaren sein, dass es nur einen gibt, dem alle Gericht zusteht, Gott dem Vater. Nach Joh 5:22 hat aber der Vater alles Gericht dem Sohn übergeben, damit alle den Sohn so ehren, wie sie den Vater ehren.

Kein Mensch darf seinen Mitmenschen richten, weil er stets nur das sichtbare Äußere sieht, nicht aber das Herz. Die Frage des Richtens über andere sollte also für uns Gläubige keine Frage mehr sein, vielmehr sollen wir hierin nach Eph 4:32 handeln, indem wir untereinander gütig und im Innersten wohlwollend sind, uns gegenseitig Gnade erweisend, wie auch Gott uns in Christus Gnade erweist. Möge uns diese Gnade immer wieder so groß werden, dass wir mit Paulus ausrufen können: "Überwältigend aber ist die Gnade unseres Herrn" (1Tim 1:14).

Unsere Haltung in der Frage des "Richtens" der anderen haben wir gestern klar negativ entschieden. Auf uns selbst gesehen sieht dies aber etwas anders aus, denn das Selbstgericht ist uns nicht verwehrt, sondern geboten - es ist das Selbstgericht über unsere alte Menschheit. Zwar behandeln wir dieses Thea noch ausführlich in Röm 6, doch greifen wir im Zusammenhang mit unserem Leitvers schon etwas auf dieses Kapitel vor.

In Eph 4:22 sind wir aufgefordert, das frühere Verhalten, die alte Menschheit abzulegen. Ähnliches lesen wir in Kol 3:8-9. Über unsere alte Menschheit, die sich selbst verdarb, ging schon ein schweres Gericht - sie wurde mit Christus gekreuzigt (Röm 6:6) Obwohl diese Kreuzigung im Grunde ein abgeschlossener Akt ist, fordert uns Paulus in der Befehlsform auf: "Ertötet daher ..." (Kol 3:5). Auch Gal 5:24 enthält diese Befehlsform: "Die aber Christus Jesus angehören, kreuzigen das Fleisch ..." Beide Aussagen sind außerdem in der Zeitform des "Aorist" geschrieben, d. h. sie beinhalten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Für uns bedeutet "kreuzigen" oder "ertöten" keine Vergangenheit, sondern eine ständige Anweisung, die wir täglich befolgen sollen.

Unser Selbstgericht heißt also, dass wir täglich unser Fleisch, unsere alte Menschheit, ans Kreuz verweisen bzw. in den Tod geben, es ist für uns ein fortgesetztes Sterben. Wer im Gegenzug sein sündiges Fleisch nicht täglich ans Kreuz verweist, wer sich vielmehr mit der Vergebung seiner Sünden durch das Kreuz zufrieden gibt, wird damit, so paradox dies auch klingt, zu einem Feind des Kreuzes, von dem uns in Phil 3:18 berichtet wird. Solche nehmen die Segnungen des Kreuzes gerne an, aber der Leib ist ihr Gott, sie bringen das eigene Leben mit seinen Lüsten und Begierden nicht in den Tod. Dieses fehlende Selbstgericht ist wohl eine der größten Nöte innerhalb der Gemeinde Christi Jesu.

Wir stellen uns selbst heute wieder in den Hintergrund und schauen auf die Gruppe von Menschen, denen unser Vers ganz direkt gilt.

Mit dem Wort "unentschuldbar" bringt Paulus seine weiteren Ausführungen mit Röm 1:20 in Verbindung. Dort stand dieses Wort über jenen Menschen, die Gott ihre Anerkennung und die Ihm zukommende Ehre verweigerten. Wir richten jetzt unseren Blick auf das Volk Israel. Durch das ihm gegebene Gesetz hatte es eine bevorzugte Erkenntnis im Hinblick auf die übrigen Nationen. Doch anstatt diese bevorzugte Erkenntnis in göttlicher Weise z u nutzen, wurde das Volk hochmütig gegen die anderen Nationen, es erhob sich als Richter über sie.

Diese unveränderte Haltung des Volkes Israel bekam auch Jesus auf Seinem Erdenweg zu spüren. In Mt 23 lesen wir Sein siebenmaliges "Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer Mt 23:13.15.16.23.25.27).Unser Leitvers richtet sich exakt gegen diese Juden, die sogar in ihrem Hochmut Gott auch noch dafür dankten, dass sie nicht ebenso sind, wie die übrigen Menschen. Sie waren schnell in ihrem Richtspruch über die übrigen Nationen, ohne zu merken, dass sie mit ihrem Richtspruch sich selbst trafen.

Paulus betrat hier einen schweren Weg: Er musste seinem eigenen. Volk aufzeigen, dass es falsch handelte, dass es den göttlichen Forderungen in keinster Weise nachgekommen war und dass es nicht den geringsten Grund hatte, auf die anderen herabzusehen, im Gegenteil: In jedem Punkt, wo Israel die anderen Nationen richtet, richtete es sich selbst. Damit steht auch über Israel das Wort "unentschuldbar". Dabei wollen wir beachten, dass nicht nur das "Richten" unentschuldbar ist, sondern in größerem Maß die Tatsache, dass der Richtende "dasselbe verübt wie der Gerichtete. Nur ein "Sündloser" kann ein gerechtes Gericht halten und ein dementsprechendes Urteil aussprechen - aber es gab nur einen, der wirklich sündlos war, Jesus Christus, unser Herr! Deshalb ist Ihm vom Vater alles Gericht übergeben.

Röm 2:2

"Wir wissen aber, dass das Urteil Gottes über die, die solches verüben, der Wahrheit gemäß ist."

Es gab und gibt viele ordentliche Gerichte und Richter, und die meisten mögen nach bestem Wissen. und Gewissen handeln - doch wie wahr ist ihr Richterspruch und wieviel dramatische Fehlurteile gab und gibt es?

Wahrheit ist einzig und allein bei Gott zu finden. In Joh 18:37 lesen wir die Worte Jesu: "Und Ich bin dazu in die Welt gekommen, um ein Zeugnis für die Wahrheit abzulegen." Der römische Statthalter Pilatus, an den die Worte Jesu gerichtet waren, konnte damit offensichtlich nichts anfangen. Er, der nur Korruption, Lüge und Egoismus kannte, antwortete daraufhin Jesus mit den eher spöttisch oder resignierend anzusehenden Worten: "Was ist Wahrheit?" Pilatus hatte in seinem Leben erfahren, dass echte Wahrheit unter den Menschen nicht zu finden war, er erwartete sie auch nicht von Jesus. Und doch legte der ins Fleisch gekommene Sohn Gottes Zeugnis von der Wahrheit Gottes ab. "... der Mich gesandt hat, ist wahr, und was Ich von Ihm gehört habe, das spreche ich zur Welt (Joh 8:26).

Es wird einmal kein Geschöpf geben, das Gottes Urteil anfechten wird, weil es der Wahrheit gemäß ist. In Christus Jesus ist diese Wahrheit der. Welt bezeugt worden, und jeder, der Sein Zeugnis angenommen hat, besiegelt damit, dass Gott wahr ist (Joh 3:33). In diese Worte dürfen auch wir uns mit einschließen, bezeichnet Paulus doch die herausgerufene Gemeinde als "Pfeiler und Untergrund der Wahrheit" (1Tim 3:15), weil auch wir "in Christus Jesus" wahr sind.

"Wir wissen aber", mit diesen Worten meinte der Apostel diejenigen, die gleich ihm die alten Vorurteile gegenüber den Nationen abgebaut hatten, die aufgehört hatten, über andere zu richten und alles Gericht Gott überließen, weil sie Gott in Wahrheit erkannt hatten!

Röm 2:3

"Rechnest du aber mit diesem, o Mensch (der du die richtest, die solches verüben, und dasselbe tust), dass du dem Urteil Gottes entrinnen werdest?"

Wie wir zu Anfang dieses zweiten Kapitels schon anführten, wendet sich Paulus mit seinen Worten im Grunde an seine eigenen Landsleute, an seine Brüder dem Fleisch nach.

Der Jude rechnete damit, dass Gott mit zweierlei Maß richten würde: Bei den Nationen mit voller Härte, bei dem Volk Israel mit Güte und Nachsicht. Natürlich war es Gottes Ratschluss, Israel aus allen übrigen Nationen auszuerwählen und damit zu bevorzugen: "Und ihr sollt für Mich ein königliches Priestertum und eine heilige Nation werden " (2Mo 19:6). Doch diese Auswahl erfolgte nicht, weil Israel edel und gut war, sondern: "Das schwächste und geringste Volk unter allen Völkern hat sich Gott erwählt (5Mo 7:7). Diese Bevorzugung beinhaltete eine große Zahl köstlicher Verheißungen, das AT ist voll davon. Doch im Gegenzug sagte Jesus Selbst: "Bei jedem, dem viel gegeben wurde, wird man viel suchen, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man weit mehr fordern" (Lk 12:48). Und so ist es nicht verwunderlich, dass all diese köstlichen Verheißungen stets mit Forderungen Gottes verbunden waren. In 5Mo 28:1 ff lesen wir, welche Forderungen Gott an jegliche Art von Segen knüpfte und dass bei Nichteinhaltung der Forderungen umgehend Fluch folgte. Und wie bitter musste Israel sein Unvermögen, die göttlichen Bedingungen einzuhalten, bezahlen!

So richtig es ist, dass Israel aus allen Nationen auserwählt wurde, so falsch ist es, dass diese Nationen mit einem milderen Urteil Gottes rechnet. Gottes Wahrheit wird auch über diesem Volk offenbar werden, wenn es vor seinem Richter steht. Mit Nachdruck versucht Paulus, diese Wahrheit seinem Volk beizubringen. Auch für Israel gibt es vor dem göttlichen Urteil kein Entrinnen. Ihr "Rechnen" stützt sich auf menschliche Erwägungen, die wiederum ihrem fleischernen Herzen entspringen, beide unterliegen Gottes gerechtem Urteil.

Röm 2:4

"Oder verachtest du den Reichtum Seiner Güte und Tragkraft und Geduld, nicht erkennend, dass die Güte Gottes dich zur Umsinnung führt?

Obwohl wir obige Worte hauptsächlich an das Volk Israel gerichtet sehen ("Umsinnung" gehört ja nicht in die Körperschaft Christi Jesu), heißt dies für uns noch lange nicht, dass wir diese Aussagen übergehen sollen. Bedenken wir, dass Hebr 4:12 das ganze geschriebene Wort umfasst, nicht nur die Paulusbriefe! Wer also sein Herz öffnet, wird aus jedem Wort Gottes Segen empfangen können!

Unser Leitvers führt uns zum Herzen Gottes, des Vaters, das volle Güte, Tragkraft und Geduld mit Seinen Geschöpfen ist. Offenbar wird dies an de Führung Seines Volkes. Schon Mose musste ausrufen: "Jewe, Jewe, El, mitleidsvoll und gnädig, langsam zum Zorn, groß an Huld und Treue" (2Mo 34:6). Und dieser Lobpreis setzt sich durch das ganze AT fort. Auch die Psalmen enthalten vielfach einen herrlichen Lobpreis auf den Schöpfer, möge uns heute ein Wort daraus besonders zum Dank bewegen: "Segne Jewe, meine Seele, und all mein Inneres Seinen heiligen Namen! Segne Jewe, meine Seele und vergiss doch nicht all Seine Wohltaten!" (Ps 103:1-2)., Aber bei all diesen wunderbaren Worten steht doch die Mahnung: "und vergiss doch nicht"!

Doch leider, o wie schnell vergessen wir Menschen, was Gott Gutes an uns getan hat. Dies betrifft Israel wie auch uns. Lobpreis kann sehr schnell zu einer Gewohnheit werden, die nur noch pflichtgemäß aufgesagt wird. Ähnlich war es bei Israel. Es erlebte ständig die Güte, Tragkraft und Geduld ihres Gottes, und doch mündete ihr Gottesdienst in reines äußerliches Ritual. Die Liebe zu Gott war ganz nach hinten gerückt, und im Vordergrund standen die menschlichen Erwägungen. Dies führte dann auch dazu, dass dieses Volk seinen Messias ermordete und danach viele, die Ihm nachgefolgt waren. Selbst Paulus bekam dies am eigenen Körper. zu spüren, lesen wir nur seine Aufzählung in 2Kor 11:23-28 und was ihm darunter von seinen Stammesbrüdern angetan wurde. Wollen wir doch bitte nicht vergessen, sonder mit innigem Herzen täglich danken und loben, was Gott an uns Gutes getan hat und weiterhin täglich tut.

"... nicht erkennend, dass die Güte Gottes dich zur Umsinnung führt?"

Es ist eine Tragik bei dem von Gott auserwählten Volk Israel, dass es zwar die Güte Gottes in der Geschichte des Volkes klar vor Augen hat und trotzdem die Güte nicht nur "nicht beachtet", sonder sie sogar "verachtet".

Was ist Umsinnung? Umsinnung ist mit Sicherheit keine Sache des Gefühls, der Seele, sondern vielmehr eine des Verstandes. Der Mensch sollte mit seinem Denksinn "erkennen", was Gottes Güte, Tragkraft und Geduld ist, und daraus lernen, dass er eine Umsinnung vollziehen muss, d. h. er ändert seine Gesinnung und seine Ansicht (innerlich), aber auch sein bisheriges Trachten und Streben (äußerlich).

Umsinnung ist der wesentliche Bestandteil des Evangeliums Gottes an Sein irdisches Volk. Umsinnung war die erste Forderung des Täufers Johannes an seine Zuhörer und Umsinnung ist die Vorbedingung zur Errettung Israels für die Zukunft (Offb 2:5; Offb 2:16.21.22; Offb 3:3.19). Wer hingegen nicht umsinnt, der verfällt schweren Gerichten, wie uns dies Stellen aus Offb 9:20-21 und Offb 16:9.11 zeigen. Soweit die Worte Pauli an das Volk Israel. Doch was bedeuten diese Worte heute für uns?

Wir können beobachten, dass Paulus nur dort von Umsinnung spricht, wo sich Glieder einer Gemeinde versündigt haben (2Kor 12:21). In 2Kor 7:8-11 wirkte göttliche Betrübnis zur Umsinnung der Korinther. Auch in 2Tim 2:25 lesen wir von einer möglichen Umsinnung jener, die widerstreben. Wir sehen, auch bei uns, den Körperglieder Christi Jesu, ist in manchen Fällen Umsinnung geboten, doch geht es dabei nicht um die Errettung. Was unter dem Gesetz die Güte erreichen sollte, nämlich die Umsinnung z ur Errettung, und doch nicht erreichte, wird heute in der Gnade in wunderbarster Weise erfüllt. Gnade fordert nichts von uns, nicht einmal Umsinnung, weil einfach alles "Gottes Nahegabe ist" (Eph 2:8^-10). Somit besteht unsere Errettung nicht mehr in der Forderung zur Umsinnung, sondern in der Gnade als ein Geschenk Gottes an uns. So gesehen können wir uns wahrlich als "reiche Habenichtse" bezeichnen!

Wir wollen den gestern dicht gedrängten Stoff heute noch etwas vertiefen, liegen doch darin entscheidende Unterscheidungsmerkmale zwischen dem Evangelium vom irdischen Königreich und dem von unserer überhimmlischen Berufung.

Es ist richtig, dass Paulus in der. Apostelgeschichte die Umsinnung als Vorbedingung zur Errettung verkündigte. Doch genauso richtig ist es, dass wir es hier mit einer Übergangszeit zu tun haben, wo die Gläubigen auf die tieferen Enthüllungen der Gefängnisbriefe vorbereitet werden sollten. Bedenken wir, dass in der Zeit der. Apostelgeschichte die Tür zum irdischen Königreich noch nicht verschlossen war und auch Paulus dies berücksichtigte. Umsinnung aber war etwas, was der Mensch selber tun musste, um gerettet zu werden - Werke waren somit zur Errettung notwendig. Und hier liegt der der große Unterschied im Hinblick auf uns, die wir keine irdische Köngreichserwartung, sondern vielmehr eine überhimmlische haben.

Wir wissen, dass wir in der Gnade gerettete sind, durch Glauben, und dies nicht aus uns, sondern dass dies Gottes Nahegabe ist, nicht aus Werken, damit sich niemand rühme. Diese Gnade, die uns irgendwann einmal in unserem Leben überwältigte, hat dann ohne. unser W erk auch die Umsinnung mit sich geführt. In Eph 4:23 wird dies so beschreiben: "Im Geist eures Denksinns verjüngt ..." Und wie könnte sich ein verjüngter Denksinn noch vollständig in den alten Bahnen bewegen? Mit vollmacht richtet Paulus unseren verjüngten Denksinn nach oben, wo Christus ist zur Rechten Gottes sitzend (Kol 3:1 ff).

Wir stellen also nochmals fest: Umsinnung ist für den Eingang in das irdische Königreich Vorbedingung, der Mensch muss sie aufbringen. Unsere überhimmlische Errettung jedoch erhalten wir in der Gnade, ohne eigenes Zutun. Umsinnung für uns ist nur dort notwendig, wo unser Wandel fehlerhaft ist, wo wir uns korrigieren müssen.

Röm 2:5

"Gemäß deiner Härte und deinem unumsinnenden Herzen speicherst du dir selbst Zorn auf für den Tag des Zornes und der Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes,"

Schon in Vers 2 begegneten wir dem Wort "gemäß"; es gab die Norm an, nach der Gottes Urteil gefällt wird (dort: gemäß der Wahrheit). In unserem heutigen Vers heißt die Norm "gemäß deiner Härte und deinem unumsinnenden Herzen."

Noch nennt Paulus nicht den genauen Adressaten, dem dies Worte direkt gelten, sie gelten noch immer dem zweimal angeführten "o Mensch", obwohl Paulus zweifellos sein eigenes Volk im Auge hat. Schon in 1Mo 6:5 sah Ieue Alueim das Böse im Herzen Seiner Menschen und in 2Mo 32:9 sagt Jewe zu Mose: "Ich hab dieses Volk gesehen, und siehe, es ist ein halsstarriges Volk". Ähnliche Aussagen durchziehen die ganze Schrift. Böses, Härte, Halsstarrigkeit - dies sind die Merkmale des menschlichen Herzens, das auch nicht bereit ist, umzusinnen.

Und so wie in Röm 1:18 der Zorn Gottes über alle Menschen angekündigt wird, so trifft in unserem heutigen Textwort der Tag des Zorns und die Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes die ungläubigen Juden. Es ist hier von jenem Tag des Zorns die Rede, von dem fast alle Propheten sprachen. Jer 30:7 z.B. spricht: "Wehe! denn groß ist der Tag ohnegleichen, und es ist die Zeit der Drangsal für Jakob". Daniel bezeichnet diesen aufgespeicherten Zron als seine Zeit, wie noch keine war, seitdem Israel als Volk besteht (Dan 12:1).

Schauen wir bei diesen schlimmen Ankündigungen auf uns, die Körpergemeinde Christi Jesu, so muss ganz klar gesagt werden, dass sich Zorn und Gericht Gottes so lange nicht enthüllen wird, bis wir gemäß 1Thes 4:13-18 von der Erde hinweg dem Herrn entgegen entrückt sind. Gott hat uns nämlich nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Aneignung der Rettung durch unseren Herrn Jesus Christus (1Thes 5:9). Mit dieser Wahrheit dürfen wir uns auch heute erneut zusprechen lassen.

Röm 2:6-7

"der jedem seiner Werke gemäß vergelten wird: und zwar denen, die mit Ausdauer in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen, äonisches Leben;"

Da unser heutiger Leitvers eine ganz besondere Gruppe von Menschen anspricht, halten wir eine kurze Rückschau: Am Anfang des 1. Kapitels lesen wir von "Berufenen Jesu Christi, Geliebten Gottes und Heiligen" - damit ist die Körpergemeinde angesprochen. Wo es die eine Seite der "Berufenen" gibt, ist auch die andere Seite der "Nichtberufenen", ihnen gelten die Worte aus Röm 1:18 ff. Aufgrund ihrer üblen Werke ist ihnen der Zorn Gottes vom Himmle her angedroht. Ab Röm 2 sehen wir, wie das Volk Israel in den Vordergrund rückt, auch hier sehen wir erst einmal die Gerichtsandrohung gemäß ihrer Härte und unumsinnenden Herzen.

In unserem heutigen Leitvers wird eine weitere Gruppe von Menschen angeführt, die "mit Ausdauer in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen". Hier handelt es sich in jedem Fall um Nichtberufene, die aber, im Gegensatz zu den anderen Nichtberufenen, nicht das Böse, sondern vielmehr das Gute anstreben, wir nennen sie "Guttäter". Mit diesen "Guttätern" betreten wir ein unter Schriftforschern umstrittenes Gebiet. Es wird zwar von allen anerkannt, dass diese Art von Menschen in unserem Leitvers klar beschrieben sind, nur git es, z.B. nach Br. Sönnichsen, solche nicht! Hier ist zur fragen: Sollte Gottes Wort wirklich eine Gruppe von Menschen beschreiben, die es gar nicht gibt? Dies wäre doch gegen alle Vernunft. Wir halten dem also entgegen, dass es sehr wohl diese "Guttäter gibt, und oft müssen wir gar nicht lange nach ihnen suchen.

Würden wir die Existenz dieser Guttäter bestreiten, dann wäre nicht nur obiges Leitwort überflüssig, auch jeder Mensch, der als Nichtberufener trotzdem nach dem Guten strebt, wäre somit den Übeltätern gleichgestellt - dies widerspricht der Gerechtigkeit Gottes, der jedem seinen Werken nach vergelten wird!

Obiges Wort stellt also eine gute Botschaft für jene Menschen dar, die zwar Nichtberufene sind, aber gute Werke anstreben. Ihnen verheißt Gottes Wort "äonisches Leben". Die Gruppe der Guttäter zerfällt aber bei dieser Verheißung in zwei Abteilungen: Lebende und Verstorbene. Schauen wir uns heute die erste an:

Diejenigen, die lebend den Tag des Zorns von Vers 5 überstehen, gehen in das Königreich Christi auf Erden ein und nehmen gleichsam als Gäste daran teil. Sie behalten ihre sterblichen Körper, haben aber äonisches Leben. Da ihnen das äonische Leben nicht aufgrund der Gnade, sondern wegen ihrer guten Werke gegeben wird, kann diese Belohnung im vorletzten Äon wieder verloren gehen! Da diese Rücknahme äonischen Lebens auch bei den Berufenen aus Israel für das Königreich möglich ist (siehe Hebr 6:4-6 und Hebr 10:26-27), um wieviel mehr dann bei den nichtberufenen Guttätern, wenn dies sich falsch verhalten.

Was bedeutet äonisches Leben für diese Guttäter? Es wird für diese ein wahrer Reichtum sein. Jesus Selbst sagt darüber: "Das aber ist das äonische Leben, dass sie Dich erkennen, den allein wahrhaften Gott, und den Du ausgesandt hast, Jesus Christus" (Joh 17:3). Über die zwei noch kommenden Äonen hinweg (der nächste Äon beginnt mit der Aufrichtung des irdischen Königreiches und endet mit dem Gericht vor dem großen weißen Thron - danach beginnt der letzte Äon, der "Äon der Äonen) werden diese Guttäter schrittweise Gott erkennen dürfen und in dem Namen Jesu ihre Knie beugen und Ihm huldigen.

Heute betrachten wir die zweite Abteilung der Guttäter, jene, die schon verstorben sind und nicht mehr lebend den nächsten Äon, den des irdischen Königreichs, erreichen. Auch hier müssen wir wieder eine Trennung in zwei Gruppen vornehmen, nämlich Guttäter aus dem Volk Israel und Guttäter aus den Nationen.

Die verstorbenen Guttäter, wie z.B. Reguel, Rahab, Ruth, Ebed Melech u.v.a., die mit ihren Guttaten wie die in Mt 25 Genannten im Nahzusammenhang mit dem Volk Israel stehen, haben unserer Meinung nach die Möglichkeit, an den Segnungen des irdischen Königreiches teilzuhaben.

Anders hingegen bei den verstorbenen Guttäter aus den Nationen. Sie werden erst nach Abschluss des irdischen Königreiches auferweckt werden (siehe Offb 20:5) und erhalten dann äonisches Leben. Für sie bedeutet dies ein Leben auf der neuen Erde zusammen mit den übrigen Guttätern. Gott wird nur bei zwei Gelegenheiten äonisches Leben an Guttäter austeilen: Einmal beim Anbruch und während der Königsherrschaft Christi auf Erden im nächsten 4. Äon, und dann auf der neuen Erde im Anschluss an das Gericht vor dem großen weißen Thron. Ihr großes Vorrecht ist es, dass sie, nicht wie die Übeltäter, nach dem Gericht vor dem großen weißen Thron in den zweiten Tod kommen, sondern die Herrlichkeiten und Freuden der neuen Erde genießen dürfen (Offb 20:12-15).

Es darf uns hier nicht irritieren, dass auch uns, den Körpergliedern in Röm 6:23 "äonisches Leben" verheißen ist. Unser äonisches Leben ist "in Christus Jesus" und bedeutet einmal die lebensvolle Verbundenheit mit unserem Haupt, und dies in den Überhimmeln, und weiter bedeutet es für uns "Unvergänglichkeit",. Die Guttäter hingegen befinden sich zu einen auf der Erde, und zum anderen sind sie erst auf der Suche nach der Unvergänglichkeit.

Röm 2:8

"denen aber, die aus Ränkesucht handeln und gegen die Wahrheit widerspenstig sind, aber willfährig der Ungerechtigkeit folgen,"

Wenn wir in den zurückliegenden Tagen von der Gruppe der Nichtberufenen sprachen, und hier speziell von den "Guttätern", so spricht der heutige Vers 8 von einer anderen Gruppe Nichtberufener, die in krassem Gegensatz zu den Guttätern stehen, die gemäß unserem Leitvers durch und durch böse sind und das Üble tun - wir nennen sie daher "Übeltäter". Damit zeigt uns die heilige Schrift die beeindruckende Wahrheit, dass die heutige Menschheit nicht nur in auserwählte und nicht auserwählte Menschen aufgeteilt ist, sondern dass sich auch durch die große Zahl der Nichtauserwählten eine Linie zieht, die Guttäter und Übelttäter trennt.

Mit obiger Feststellung wollen wir dem bekannten traditionellen Dogma der Christenheit entgegentreten, welches die Menschheit nur in zwei Gruppen aufteilt: In Gerettete, die in den Himmel kommen, und in Ungläubige, die endlos verloren gehen. Wie schwer es ist, aus tradtionellen Geleisen herauszukommen, zeigt die Tatsache, dass es auch in unseren Kreisen immer noch vielen Geschwistern schwerfällt, anzuerkennen, dass, wenn Gottes Wort eine solche Teilung zwischen Nichtberufenen macht, es auch solche Verschiedenheit geben muss! Wie dankbar sind wir hier dem verstorbenen Bruder Jaegle, der dem irrtümlichen Dogma ein Ende setzte und die göttliche Wahrheit ans Licht der Öffentlichkeit brachte (siehe unsere Schrift "Übeltäter und Guttäter in Gottes Heilsvorsatz")

Worin liegt nun der Unterschied zwischen den Guttätern und Übeltätern? Die Verse 7-8 bringen dies klar zum Ausdruck: Die Guttäter suchen das Gute, die Übeltäter handeln böse, wobei besonders die Worte ins Gewicht fallen: "aus Ränkesucht". Wir verstehen hierunter Menschen, die vorsätzlich Streit suchen, die bewusst ungerecht sind, die in der Tat den Geruch des Üblen verbreiten. Dass Gott diese Übelttäter von den Guttätern trennt, ist also mehr als verständlich.

Röm 2:9

"Zorn und Grimm - Drangsal und Druck über jedes Menschen Seele, der das Üble treibt"

Heute lesen wir den Urteilsspruch über die Übeltäter. Drei Stellen redeten bisher vom Zorn Gottes, einmal Röm 1:18, dann Röm 2:5 und zuletzt unser heutiger Text, wobei in Vers 5 mit Nachdruck der Tag des Zorns und die Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes herausgestellt werden. Diese Aussage führt uns zu Offb 6, wo das Gericht der großen Drangsal beginnt. Schon dieser Beginn ist derart furchterregend, dass die Menschen zu den Bergen und Felsen sagen: "Fallet auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht des auf dem Thron Sitzenden und vor dem Zorn des Lämmleins" (Offb 6:16-17).

Dieser Tag des Zorns steht im Zusammenhang mit der Aufrichtung des tausendjährigen Königreichs Jesu Christi. Wir lesen hierzu Mt 25:31-46 und sehen in dieser Rede Jesus, dass Er, auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzend, die Nationen richtet. Ganz deutlich wird hier erkennbar, wie Er die Trennung zwischen Guttätern und Übeltätern (Mt 25:33), indem diese links oder rechts von Ihm stehen müssen. Dabei wird den Übeltätern in Mt 25:41 gesagt: "Geht von Mir, Ihr Verruchten, in das äonische Feuer". Dies wird aber erst sein, wenn Christus Sein irdisches Königreich aufrichten wird. Schon vorher, in der Zeit der Ausgießung des Zornes Gottes, werden die Übeltäter in ungeahnter Weise Drangsal und Druck auf ihrer Seele empfinden.

Es ist richtig, dass auch die noch lebenden Guttäter den Tag des Zorns Gottes durchleben müssen. Doch da zu jener Zeit die Gläubigen aus den Nationen ja schon von der Erde weggenommen sind, sind es gerade jene Guttäter, die für schmachtende Menschheit der letzte Funken an Zuspruch und Hilfe sein werden. Vielleicht dürfen wir sie vergleichsweise mit jenen Menschen in Verbindung bringen, die während der Hitlerdiktatur und der Verfolgung der Juden unter Einsatz ihres eigenen Lebens immer wieder versuchten, einzelne Juden in Sicherheit zu bringe, oder mit Blick auf das Volk Israel mit jenem barmherzigen Samariter, von dem Jesus in Lk 10:33 spricht.

Was Drangsal und Druck bedeuten, können wir anhand der Öffnung der sieben Siegel nachlesen (Offb 6:1 ff). Schon vom bloßen Lesen spüren wir den furchtbaren Druck, der sich auf unsere Seele legt - wie wird dies erst sein, wenn sich diese Worte buchstäblich erfüllen!

Nun ergeht obiges Gericht aber nur über jenen Teil der Menschheit, die zu jener Zeit auch leben werden; der Großteil der Übeltäter, die ja im Grunde schon mit "Kain" anfingen, ist ja längst verstorben. Diese haben selbstverständlich keinen Teil an der Auferstehung zu Beginn des irdischen Königreiches, vielmehr fallen sie unter das Wort: "Die übrigen Toten leben nicht, bis die tausend Jahre vollendet sind" (Offb 20:5). Damit bleibt ihnen aber ihr Gericht nicht erspart, denn nach dem Zorngericht vor der Aufrichtung des irdischen Königreiches erfolgt erst nach tausend Jahren das allumfassende Gericht, jenes vor dem großen weißen Thron (Offb 20:11).

Vor diesem stehen dann alle verstorbenen Übeltäter, aber auch die verstorbenen Guttäter aus den Nationen (mit Ausnahme derer aus Israel, die schon zu Beginn des Königreiches auferstehen). In Offb 20:12 lesen wir dann weiter, dass verschiedene Rollen aufgetan werden und dass die Toten nach den Werken, die in den Rollen stehen, gerichtet werden. Im Gegensatz zu jenen Guttätern aus den Nationen werden alle Übeltäter kein äonisches Leben erhalten, sondern ihre gerechte Strafe für ihr übles Wesen erleiden müssen. Nach Verbüßung dieser Strafe werden sie dann dem Feuersee übergeben werden (gem. Offb 20:15). Über diesen lesen wir in Offb 21:8: "Den Verzagten aber und Ungläubigen, den Gräulichen und Mördern, den Hurern und Zauberern, den Götzendienern und allen Falschen: ihr Teil wir in dem See sein, der mit Feuer und Schwefel brennt: das ist der zweite Tod."

Es gibt Gläubige, die tiefe Genugtuung darüber verspüren, dass die Übeltäter nicht nur bestraft, sondern auch noch in den Feuersee geworfen werden - sie haben es ja nicht anders verdient! Es gibt aber auch Gläubige, die bei diesen Strafandrohungen ein beklemmendes Gefühl haben, wartet doch auf jene Menschen, auch wenn sie von üblem Wesen waren, die ganze Strenge des Gerichtes Gottes und sie werden die Härte der äonischen Strafe in ihrer ganzen Tiefe auskosten müssen und erfahren, dass es schrecklich ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Beiden in ihrer Gesinnung unterschiedlichen Gruppen von Gläubigen dürfen bzw. müssen wir sagen: Und dennoch liegt in Gottes Gerichtsurteilen auch noch etwas anderes als nur Strafe!

Als feststehenden göttlichen Grundsatz finden wir in allen Seinen Gerichten über die Übeltäter die große Wahrheit vom Heil im Gericht Diesen Grundsatz finden wir schon im Beginn der Menschheitsgeschichte bei Adam und Eva. Auch dieses erste Menschenpaar handelte Gott gegenüber übel und erlitt Sein Gericht und Urteil. Doch vor der Vollstreckung des Urteils legte Gott auch eine Verheißung fest: Es ist diejenige von Siegeshelden, der dem Verführer den Kopf zermalmen wird. Und Eva, die als erste das göttliche Gebot übertrat und in Ungehorsam fiel, versprach Gott die Wiederherstellung durch ihren Mann (1Mo 3:16b). Und so leuchtet aus jedem Gericht, und sei es noch so schwer, der göttliche Hoffnungsschimmer, dass in ihm auch "Gnade und Heil" enthalten sind.

Mit dem Zusatz: "des Juden zuerst" zeigt Paulus auf, dass die Vorrangstellung des Volkes Israel nicht nur in seiner Bevorzugung besteht, sondern auch im Gericht. Der jüdische Übeltäter muss sogar damit rechnen, zuerst dem Gericht zu verfallen, wobei nicht die Schwere des Gerichts, sondern die Reihenfolge derjenigen die gerichtet werden, betont wird.

Röm 2:10

" - Herrlichkeit aber und Ehre und Friede jedem, der das Gute wirkt (dem Juden zuerst wie auch dem Griechen)."

Schon in Vers 7 wurde denen, die mit Ausdauer in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen, also den Guttäter, "äonisches Leben" verheißen. In unserem heutigen Vers 10 werden als Lohn wie in Vers 7 Herrlichkeit und Ehre angeführt, aber anstatt Unvergänglichkeit steht in Vers 10 "Friede". Schauen wir zuerst die "Herrlichkeit" an. Diese wird von den Guttätern angestrebt, und sie ist ihnen auch als Lohn verheißen. Die Guttäter suchen mit Sicherheit keine eitle Herrlichkeit vor den Menschen, um damit zu prahlen, sie suchen vielmehr nach jener erahnten Herrlichkeit, die durch Adams Übertretung den Menschen verloren ging. Es ist der sehnsüchtige Wunsch, dass das so schwer gewordene Leben wieder schön und herrlich werde, wie einst im Garten Eden. Diese Herrlichkeit werden die Guttäter dann bekommen, wenn sie nach dem großen weißen Thron das äonische Leben auf der neuen Erde genießen dürfen.

Auch die "Ehre" hängt mit Adams fall zusammen Auch da besteht ein Unterschied zwischen dem Lebensgefühl unseres sterblichen Körpers heute und jenem Leben im Paradies vor dem Sündenfall. Nach dem Sündenfall empfanden Adam und Eva ihre Körper als "unehrenhaft" und machten sich einen Blätterschurz, um ihre Nacktheit zu verbergen. Der Guttäter ahnt tief in sich etwas von diesen Dingen und sehnt sich nach solchem ehrenwerten Körper zurück, in welchem er sich nicht mehr vor Gott verstecken muss. Zuteil wird ihm diese "Ehre" nach dem großen weißen Thron. Gott schenkt ihm diese Ehre, die er dann, zusammen mit ihrer Herrlichkeit, sogar in das auf der neuen Erde befindliche überhimmlische Jerusalem hineintragen darf (Offb 21:26). Welch wahrlich herrliche Belohnung! Überhaupt, wenn wir uns mit dieser überhimmlischen Stadt Jerusalem auf der neuen Erde beschäftigen (Offb 21:1 ff), dann verspüren auch wir so etwas wie Sehnsucht in uns, obwohl wir ja eine überhimmlische Berufung haben. Doch wir dürfen uns heute schon mit ganzem Herzen für jene edlen Guttäter freuen, die solche Herrlichkeit und Ehre vor sich haben!

Herrlichkeit und Ehre wird von den Guttätern gesucht und ist ihnen auch verheißen. Als Drittes suchen sie auch Unvergänglichkeit, verheißen ist ihnen aber Friede. Warum hier die Abweichung?

Ohne Zweifel suchen die Guttäter unvergängliches Leben, ist doch dieser Wunsch in jedem Menschen zu finden. Doch unvergängliches Leben ist nicht aufgrund guter Werke zu erhalten! Das hier verheißene "äonische Leben" ist nicht unvergänglich, sondern erst einmal für den Äon zugeteilt, also mit Anfang und Ende versehen. Innerhalb dieser Frist werden die Guttäter an das Erlösungswerk Christi Jesu herangeführt, und erst dort werden sie über kurz oder lang in dem Namen Jesus das finden, wonach sie sich sehnen. Doch vorläufig wird ihnen "Friede" verheißen und damit erhalten sie das für sterbliche Menschen sicherlich zutiefst beglückende Erleben mit Gott! Es ist zwar nicht jener Frieder mit Gott, der aufgrund der Versöhnungstat Christi besteht, er beruht vielmehr auf dem Wohlgefallen Gottes an jenen, die Ihn mit guten Taten gesucht haben, die aber keine Berufung hatten. ES ist ein äußerer Friede, entweder schon im irdischen Königreich oder auf der neuen Erde erlebbar, der sie dann allerdings in den inneren Frieden führt. Dieser innere Friede kann aber nicht durch Werke erlangt werden, sondern ist das alleinige Gnadengeschenk Gottes und gründet auf der Kreuzestat Seines Sohnes. Erst dann wird das tiefste Sehnen und Suchen dieser Menschen gestillt sein und aus äonischem wird dann tatsächlich unvergängliches Leben werden.

Auch bei diesen Verheißungen hebt Paulus wieder die Vorrangstellung der Juden hervor, die erst zum Zeitpunkt der Enthüllung im Epheserbrief Kapitel 3 aufgehoben wurde. Erst ab hier heißt es dann: Gemeinsame Losteilinhaber, eine gemeinsame Körperschaft und gemeinsame Teilhaber der Verheißungen in Christus Jesus (Eph 3:6); es ist die Enthüllung des Geheimnisses, von dem Eph 3:3 spricht.

Röm 2:11

"Denn bei Gott ist kein Ansehen der Person."

Es mag manchen von uns irritieren, dass einerseits in den vorangehenden beiden Versen zweimal die Aussage: "dem Juden zuerst wie auch dem Griechen" zu lesen war, und andererseits unser heutiger Leitvers die Aussage macht, dass bei Gott kein Ansehen der Person ist. Haben wir es hier mit einem Widerspruch zu tun? Generell ist zu sagen, dass Gottes Wort keinerlei Widersprüche enthält! Wo solche aufzutreten scheinen , trägt einzig und allein unsere menschliche Schwäche die Schuld, und dies in mehrfacher Hinsicht. So können Fehler in der Übersetzung der Urtexte maßgebend an vermeintlichen Widersprüchen sein, oft ist es aber auch nur ganz einfach unser Unvermögen oder unsere Bequemlichkeit, über bestimmte Aussagen Gottes etwas länger nachzudenken.

So steht natürlich unser Leitvers in keinem Widerspruch zu den Versen 9 und 10, sondern ist schnell zu erklären. Bei den Aussagen "dem Juden zuerst wie auch dem Griechen" handelt es sich um eine nationale Bevorzugung. Die Juden sind als Gut- wie auch als Übeltäter die ersten, die Belohnung oder Strafe erhalten. Doch im Ausmaß der Belohnung wie auch der Strafe gibt es vor Gott kein Ansehen der Person, vielmehr ist Gott jedem der gleiche gerechte Richter.

In 2Chr 19 wird uns von Josaphat, dem König Judas, berichtet. Neben so manchen menschlichen Schwächen zeigte dieser König auch Stärke, indem er die Götzenbilder entfernen ließ und Gott suchte (2Chr 19:3). Und noch von einer guten Tat wird uns von diesem König berichtet: Er bestellte Richter im ganzen Lande und sprach zu ihnen: "Sehet zu, was ihr tut; denn ihr haltet das Gericht nicht den Menschen, sondern dem Herrn; und Er ist mit euch im Gericht. Darum lasst die Furcht des Herrn bei euch sein und hütet euch und tut's; denn bei dem Herrn, unserem Gott, ist kein Unrecht noch ansehen der Person noch Annahme des Geschenks" (2Chr 19:6-7). Es darf allen Menschen, ob Gut- oder Übeltäter, ein Trost sein, dass es bei Gott kein Unrecht, keine Bestechlichkeit gibt, und dass keiner wegen seines hohen Ansehens bevorzugt wird, denn bei Gott ist kein Ansehen der Person.

Röm 2:12

"Denn alle, die ohne Gesetz sündigen, werden auch ohne Gesetz umkommen; und alle, die in dem Gesetz sündigen, werden durch das Gesetz gerichtet werden."

Wieder führt Paulus zwei Gruppen von Menschen an, die ohne Gesetz und die im Gesetz; damit sind die Nationen einerseits und das Volk Israel andererseits angesprochen. Die Juden brüsteten sich damit, bei Gott angesehen zu sein, weil sie Sein auserwähltes Volk sind und das Gesetz haben. Doch Paulus wischt diesen Hochmut beiseiste und erklärt: Gesetz haben oder nicht haben, ändert nichts an der Sündenfolge und dem Gericht.

Auffallend ist in unserem Leitvers die verschiedenartige Ankündigung in Bezug auf das Sündigen: Die ohne Gesetz werden umkommen, die im Gesetz werden durch das Gesetz gerichtet. Schauen wir die erste Gruppe an, die ohne Gesetz umkommt. Luther übersetzt hier mit "verloren gehen", Bader schreibt: ".. werden sich auch ohne Gesetz gänzlich weglösen."

Paulus gebracht diese "Umkommen" in verschiedener Hinsicht. Wir finden dieses Wort in Röm 14:15 und 1Kor 8:11 im Sinne von "geistlichem Verlust haben"; in 1Kor 10:9-10 steht es im Zusammenhandg mit dem "leiblichen Tod"; am häufigsten gebraucht Paulus dieses Wort "umkommen" im Gegensatz zu "gerettet sein" (z.B. 2Kor 2:15). Da auf den ohne Gesetz Sündigenden im Grund mehr oder weniger alle Punkte zutreffen, ist zu fragen, wo ihn dieses "Umbringen" letztendlich hinführt. Die Schrift sagt hierzu eindeutig: "Und ich gewahrte die Toten (die Umgekommenen), die Großen und die Kleinen, angesichts des Thrones stehen" (Offb 20:12). Wir finden diese umgekommenen Menschen also wieder vor dem großen weißen Thron, und lesen weiter: "und die Toten wurden nach dem gerichtet, was in den Rollen geschrieben war, nach ihren Werken". Wir lesen in diesem Vers 12 von einer "Rolle des Lebens" und von den Rollen (Mehrzahl), in denen die werke der Einzelnen aufgeschrieben waren. Damit steht fest: "Umkommen" bedeutet in unserem Leitvers sterben, und zum Gericht vor dem großen weißen Thron auferstehen.

Wir nehmen heute die zweite Gruppe ins Visier, jene, die im Gesetz sündigten und durch das Gesetz gerichtet werden.

Haben die Nationenvölker ihren von Gott gegebenen natürlichen Instinkt, der sie durchaus in die richtige Bahn lenken könnte, so hat das Volk Israel aufgrund seiner göttlichen Auswahl das Gesetz erhalten, wonach es sich in allen Lebenslagen richten sollte. Haben wir gestern festgestellt, dass die Sünder "ohne Gesetz" mit dem umschreibenden Wort umkommen dem Gericht verfallen, so wird dieses Gericht bei Israel ohne Umschreibung direkt genannt. BÖeide Gruppen enden somit im Gericht, was in der Sache also keinen Unterschied ausmacht - und doch unterscheidet der Apostel diese Gericht in seiner Wortwahl, was ja nicht Zufall sein wir.

Vielleicht muss man, um diese unterschiedliche Wortwahl zu verstehen, auch etwas in das Herz des Apostels Paulus schauen. In Röm 9:1-3 offenbart uns der Apostel sein tiefes Herzeleid, dass er um seine Brüder dem Fleisch nach in sich trägt. Er geht sogar soweit, dass er für sie von Christus hinweg verbannt sein möchte, worin sich Paulus in hohem Maß die liebende und aufopfernde Gesinnung Christi Jesu zeigt. Es ist also ganz klar und selbstverständlich, dass dem Apostel sein eigenes Volk, seine Stammesverwandten, näher am Herzen liegen als die übrigen Nationen. Er vermied deshalb das hart klingende Wort "umkommen" und überließ das Urteil dem zukünftigen Richter. Ein weiterer Grund für die unterschiedliche Wortwahl liegt mit Sicherheit darin, dass Israel ja das Gesetz bis in kleinste Einzelheiten besaß. Ihre Sünden können also genau anhand des Wortlauts des Gesetzes belegt werden. Bei den Nationen ist dies nicht so. Da sie kein geschriebenes Gesetz haben, werden sie letztlich an den Folgen ihrer sittlichen Verderbnis gemessen und gerichtet. "Umkommen" im Sinne von Gericht werden beide Gruppen, doch jene nach dem Maßstab, der ihr gegeben ist.

Röm 2:13

"Denn nicht die Hörer des Gesetzes sind bei Gott gerecht, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden."

Wir merken, wie unser Blick ständig hin und her gelenkt wird, einmal spricht Paulus von allen Menschen, dann nur von dem Volk, und dann wechselt er wieder zu den übrigen Nationen. Unser heutiges Wort umfasst erst e inmal Israel, denn es geht um "Hörer" oder "Täter" des Gesetzes, wie es Israel gegeben ist.

Die Ausage unseres Leitverses ist die, dass die Täter des Gesetzes "gerechtfertigt" werden, d.h. dass ihre Taten gerecht berücksichtigt werden. Rechtfertigung aus dem Gesetz fordert also keinen Glauben, sondern die Einhaltung und den Gehorsam diesem Gesetz gegenüber. Damit trifft Paulus den wunden Punkt bei seinen Stammesgenossen. Die Juden waren stolz auf das ihnen gegebene Gesetz und versuchten, die Nationen zu belehren und zu Proselyten zu machen; dabei schändeten sie durch ihr Taten Gottes Wort derart, dass Gottes Name direkt gelästert wurde (siehe Röm 2:17-24). Es ist also in der Tat ein Unterschied z wischen Hörern und Tätern.

Man könne nun annehmen, unser Vers 13 stände im Widerspruch zu Röm 3:20 (bitte lesen), doch dieser Widerspruch besteht nicht, weil es in. unserem heutigen Vers nicht um die Errettung, sondern um das Gericht geht, wo auch wenige Taten ihre Würdigung finden werden. Gott wird jede gute und jede schlechte Tat in die Waagschale legen, damit das Urteil der Wahrheit gemäß sei.

Wenn wir von den Juden weg auf uns sehen, so brauchen wir zwar dieses Gericht nicht zu fürchten, weil unsere Errettung reine Gnade ist, aber wir lesen auch in Phil 2:120,: "... mit Furcht und Zittern, wirket eure Rettung aus!" Dies bedeutet: Nicht mehr aus Gesetz, viel mehr aber aus Liebe sollten wir nicht nur Hörer des Wortes sein, sondern auch Täter, indem wir uns mühen, gem. Eph 4:1 ff würdig der Berufung zu wandeln, zu der wir berufen wurden.

Röm 2:14

"Denn wenn die Nationen, die das Gesetz nicht haben, von Natur aus das tun, was das Gesetz fordert, so sind diese (die das Gesetz nicht haben) sich selbst Gesetz,"

'Wo Gott kein Gesetz gegeben hat, da hat Er andere Maßstäbe gegeben, an denen sich die Nationen messen lassen müssen. Die Vers 14-16 zeigen diesen Maßstab auf, indem uns darin drei Punkte genannt werden, die das geschriebene Gesetzt ersetzen: Natur, Gewissen und Erwägungen.

Unser heutige Vers nennt den ersten Punkt "von Natur aus". Damit widerspricht dieser Vers erst einmal der Ansicht, dass der Mensch durch und durch schlecht sei, indem er dem Menschen etwas in seinem Inneren zugesteht, nämlich "von Natur aus", was wir mit "Naturtrieb" oder "Instinkt" verdeutlichen wollen. Gott hat also, mit Adam angefangen, in jeden Menschen etwas hineingelegt, was ihn anleitet, gleich dem zu handeln, was im geschriebenen Gesetz zu finden ist. Dieser Instinkt hat nichts mit unserer Erfahrung, Beobachtung, unserem Wissen oder Überlegen zu tun, er ist uns von Geburt an gegeben.

Dieser Instinkt leitet uns derart, indem er uns empfinden lässt, was natürliche oder was unnatürlich ist. Sehr drastisch wurde uns ja beispielsweise schon in den Versen Röm 1:26-27 gezeigt, wie der gottlose Mensch seinen natürlichen Naturtrieb verleugnet und schamlos in den unnatürlichen Gebrauch verfällt. Gerade in der heutigen Zeit ist auffallend, wie sich dies Unschicklichkeiten in unverschämter Weise öffentlich darstellen, ja dass selbst Pfarrer nicht mehr davor zurückschrecken, sich offen zu bekennen oder gar noch denen, die solches treiben, den kirchlichen Segen erteilen. Wahrlich, welch Grad von Verkommenheit tut sich da vor unser aller Augen auf!

Das der Naturtrieb doch auf gute und edle Wege führen kann, haben uns ja die "Guttäter" gezeigt. Und nicht. zuletzt ist ja auch Abraham (und seine Vorgänger) der große Vorbild des Gehorsams dem ungeschriebenen Gesetz gegenüber.

Röm 2:15

"die das in ihre Herzen geschriebene Werk des Gesetzes zur Schau stellen, wobei ihnen ihr Gewissen mitbezeugt und ihre Erwägungen sie untereinander verklagen und auch verteidigen"

Das Wort Gottes besagt, dass jeder Mensch von Natur aus, also instinktiv, das göttliche Gesetz in sich trägt. Dieses innere Gesetz drängt ihn immer auf die Seite des Natürlichen, des Richtigen.

Gott sei Dank, dass auch in unserer schlimmen Zeit immer noch Guttäter zu finden sind, die das in ihren Herzen geschriebene Werk des Gesetzes zur Schau stellen, indem ihre guten Taten sichtbar und spürbar werden. Obwohl ungläubig, verherrlichen sie doch, oft unbewusst, ihren Schöpfer.

Damit kommt der zweite Punkt des göttlichen Maßstabes zur Sprache: Das gewissen, Dieses ist dem Menschen nicht wie der Instinkt mitgegeben, sondern es wird in dem Maße geprägt, wie der Mensch heranwächst und zwischen Gut und Böse zu unterscheiden vermag. Einem Kind, welches noch nicht tut und Böse kennt, kann folglich auch noch kein Gewissen schlagen.

Das Gewissen de Menschen unterscheidet sich in einem wichtigen Punkt vom Instinkt: Es meldet sich erst nach dem begangenen Unrecht. Der Instinkt mahnt uns also schon vorher, das Gewissen klagt uns nachher an, es wird zum Mitwisser unserer bösen Taten. Wir reden deshalb im Volksmund von einem "schlechten Gewissen", obwohl es im Grund das Gute tut, indem es das Schlechte anklagt!

Nun ist, wie wir wissen, der Mensch durchaus in der Lage, sein gewissen zu unterdrücken, oder zum Schweigen zu bringen. Dies geschieht durch fortlaufendes Ignorieren. Mahnend lesen wir hierzu in 1Tim 4:2, dass auch Glaubende ihr Gewissen überhören können, ja mehr noch, dass sie es durch Heuchelei und Lügenworte wie mit einem Brenneisen verschorfen können. Eines aber kann der Mensch nicht: Er kann es nicht für immer zum Schweigen bringen! Einmal wird es wieder aktiviert werden und vor dem Gericht die Funktion des "Mitzeugens" übernehmen.

"... und ihre Erwägungen sie untereinander verklagen oder auch verteidigen"

Nicht nur das Gewissen wird vor dem Richterstuhl wieder aktiv und fingiert als Mitzeuge, sondern auch der dritte Punkt, an welchem sich die Menschen messen lassen müssen, spielt als Verkläger oder auch als Verteidiger eine wichtige Rolle: "die Erwägungen".

Auch "Erwägungen" sind dem Menschen nicht angeboren, sondern entstehen wie das Gewissen wachstümlich. Es sind unsere Überlegungen, Gedankenspiele und Berechnungen, di en ach einer Tat folgen, sei dies gut oder schlecht gewesen. Anhand eines Beispiels wollen wir dies verdeutlichen: Ein Mensch hat etwas gestohlen. Sein Gewissen schlägt und mahnt ihn danach, dass sein Tun übel war. Aufgrund dieser Gewissensbisse beginnt dieser Mensch, Erwägungen anzustellen, d.h. er macht sich Gedanken über das, was er getan hat. Er kann einmal abwägen, dass seine Chance, unentdeckt zu bleiben, sehr hoch ist. Er belässt es also bei dem Diebstahl und versucht, sein Gewissen zu unterdrücken. Seine schlechte Erwägung wird ihm somit zur Anklage. Im anderen Fall hört er auf sein Gewissen, bereut seine Tat und bring das Diebesgut zurück. Damit ist der Diebstahl zunächst bereinigt und seine gute Erwägung, die eine Wiedergutmachung bewirkte, wird ihn am Tag des Gerichts verteidigen.

Diese drei Punkte zusammen gesehen ergeben fast so etwas wie eine innere Gerichtsbarkeit in dem Menschen, dem kein schriftliches Gesetz gegeben ist: Von Natur aus empfindet er, was das geschriebene Gesetz fordert, der Instinkt stellt also die warnende Instanz vor einer Tat dar und steht deshalb auch richterweise an erster Stelle. Dem Gewissen kann man bildlich richterliche Befugnis zusprechen, denn es beurteilt unser Tun, indem es uns mahnt. und beunruhigt und somit unser Tun richtet. Am Schluss stehen noch unsere Erwägungen die uns in der Gerichtshandlung verklagen oder auch verteidigen, also eine Art Anwaltschaft darstellen.

Röm 2:16

" - an dem Tag, wenn Gott das Verborgene der Menschen richten wird, gemäß meinem Evangelium, durch Jesus Christus."

Wir wollen an dieser Stelle eine kurze Rückschau über Röm 2 halten, was zu diesem Tag des Gerichts führt: Schon das Richten des anderen führt selbst ins Gericht (Röm 2:1-2); der Mensch speichert sich Zorn und Gericht gemäß seinem unumsinnenden Herzen (Röm 2:5); äonisches Leben den Guttäter (Röm 2:6-7+10). Zorn und Grimm - Drangsal und Druck den Übeltätern (Röm 2:8-9); Instinkt, Gewissen und Erwägungen werden anklagen oder verteidigen - an jenem Tag ... Was ist das für ein Tag?

Schon in Röm 2:5 lasen wir: "... für den Tag des Zornes und der Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes." Nun bringen wir diese Aussage oft mit jener Zeit in Verbindung, die zwischen unserer Entrückung und der Aufrichtung des irdischen Königreiches liegt, wie sie uns ab Offb 5:1 ff beschrieben wird. Es ist dies die Verwaltung des Zorns und die Öffnung der sieben Siegel. Doch wiederholen wir hier unsere frühere Aussage, dass diese Zeit des Zorns ja nur die Menschen trifft, die zu jener Zeit noch leben. Der große Teil der Verstobenen bleibt von diesem Zorn verschont. Unser heutiger Vers aber muss alle treffen, die Lebenden wie auch die Toten - und mit dieser Überlegung müssen wir weit in die Zukunft schauen, auch über das tausendjährige Königreich hinaus und werden so zu dem Gericht vor dem großen weißen Thron geführt, von dem in Offb 20:11 ff die Rede ist.

Hier, vor diesem großen weißen Thron, richtet Gott durch Christus das Verborgene der Menschen. Er allein ist es, der nmicht nur die äußerlich sichtbare Tat, sondern vielmehr auch die inneren Beweggründe sieht, Sein Urteil ist folglich allein gerecht! Und wieviel Dinge spielen sich im Verborgenen, im Inneren eines Menschen ab! Oft führen ja auch Verzweiflung, Notlagen und ähnliches zu üblen Taten, die ein menschlicher Richter nicht in jedem Fall aufzudecken vermag. Im umgekehrten Fall können wirklich übelste und gemeinste innere Triebe den Menschen zu seinem bösen Tun treiben - vor dem Herrn wird nicht davon verborgen bleiben.

Der Zusatz "gemäß meinem Evangelium" erscheint uns seltsam, denn: Was hat Pauli Evangelium mit dem Gericht vor dem großen weißen Thron zu tun? Wir, die Körpergemeinde Christi Jesu, ist zu diesem Zeitpunkt doch längst mit Ihm vereint.

Wenn wir bei unserem Leitvers das Gewicht nicht auf das. zukünftige Gericht legen, sondern auf die Tatsache, dass Gott das Verborgene der Menschen richtet, dann sind wir allerdings schon davon betroffen, lesen wir doch in 2Kor 5:10: "Denn wir alle müssen vorne vor der Preisrichterbühne des Christus offenbar gemacht werden, damit ein jeder das wiederbekomme, was er durch den Körper verübte, sei es gut oder schlecht." Oder: "... eines jeden Werk wird offenbar werden; denn der Tag wird es offenkundig darlegen, weil es in Feuer enthüllt wird" (1Kor 3:13). Diese beiden Aussagen machen eindeutig klar, dass auch unser verborgenes Innenleben einmal offenbar werden wird und über uns Gericht gehalten wird, wenn auch auf einer anderen Ebene wie vor dem großen weißen Thron. Es ist eine unverbrüchliche Tatsache, dass alle, die vor dieser oben genannten Preisrichterbühne des Christus stehen, entrückt und somit auch gerettet sind, ja sie haben in Christus unvergängliches Leben erhalten. Doch was zu Lebzeiten nicht bereinigt und unter das Kreuz gebracht wurde, wird Gegenstand dieser Gerichtshandlung sein. Wenn wir die Worte, die Paulus hier an die Korinther schreibt, ernst nehmen, dann gehen wir nicht mehr so leicht über diese Preisrichterbühne hinweg, wie dies oftmals getan wird. Unser Leitvers bekommt unter diesem Aspekt ein ganz neues Gewicht und die Aussage des Paulus: "gemäß meinem Evangelium" trifft uns somit durchaus.

Die Aussage "durch Jesus Christus" ist für uns zutreffend, denn wir erscheinen ja vor der Preisrichterbühne des Christus, aber auch auf dem großen weißen Thron wird Christus sitzen, weil Ihm alles Gericht vom Vater übergeben worden ist (Joh 5:22).

Auch dem Juden

Röm 2:17

"Siehe, du nennst dich Jude, ruhst auf dem Gesetz aus und rühmst dich in Gott,"

Im ersten Kapitel werden uns die außer israelitsche Menschheit sowie der berechtigte Zorn Gottes vor Augen geführt. Im zweiten Kapitel bringt Paulus sein eigenes Volk ins Spiel, indem er von denen "unter Gesetz" spricht. Ab unserem heutigen Leitvers spricht Paulus seine Stammesgenossen offen an und deckt ihre Schwächen auf.

Es wird sich mancher von uns schon gefragt haben, warum Gottes Wort einmal vom "Volk Israel" und dann wieder von "den Juden" spricht, wobei "Juda" ja nur einer der zwölft Stämme ist. Paulus selbst bezeichnet sich einerseits als "Israelit" und andererseits "aus dem Stamm Benjamin" (Röm 11:1).., er wäre also abstammungsmäßig kein Jude. Und doch wird er vor dem Prätorium als Jude bezeichnet (Apg 16:20), ja benennt sich selbst einen "jüdischen Mann" (Apg 21:39). Hierzu müssen wir wissen, dass die Stätte des Gebetes schon früh eine dauernde Spaltung innerhalb des heiligen Gesamtvolkes verursachte. Diejenigen aus den zehn Stämmen, die sich nicht vor den Göttern Jerobeams niederbeugten, verließen das nördliche Land Israel und zogen nach dem südlichen Judäa, um in Jerusalem anzubeten. Dies führte dazu, dass das Losteil Judas von Gliedern aller Stämme bewohnt wurde. Anlass war, wie schon gesagt, der Gottesdienst. Und hierin liegt auch die Ursache der Namensbezeichnung: Egal welchem Stamm sie angehörten, was den Gottesdienst anbetraf, wurden sie alle "Juden" genannt. Im Hinblick auf den Gottesdienst können wir also alle Israeliten als "Juden" bezeichnen, politisch jedoch ist nicht jeder ein Jude, sondern hat seine eigene Stammeszugehörigkeit (Paulus wäre z.B. Benjaminit). Wenn Paulus in unserem Leitvers von Juden spricht, dann meint er also nicht nur jene aus dem Stamm Juda, sonder spricht alle Stammesangehöreigen an, die entsprechend dem Gesetz Gottesdienst darbringen.

Es wird uns im Verlauf dieses Briefes dienlich sein zu beachten, dass Paulus mit der Bezeichnung "Jude" die religiösen Israeliten anspricht, egal welchem Stamm sie angehören.

"... ruhst auf dem Gesetz aus und rühmst dich in Gott."

Gott hatte das Volk Israel tatsächlich allen anderen Nationen vorgezogen, indem Er es aus allen Völkern heraus erwählt hat. Dies aber nicht, weil Israel sich hervortat, im Gegenteil, weil es das schwächste und geringste unter allen Völkern war (5Mo 7:7). Das göttliche Ziel mit diesem Volk lautete: "Und ihr sollt für Mich ein königliches Priestertum und eine heilige Nation werden" (2Mo 19:6). Nun ist es eine menschliche Eigenschaft, dass Besitz, egal in welcher Form, sehr leicht zum Hochmut verleitet. Das Volk Israel machte hier keine Ausnahme.

Als erstes wird dem Juden vorgeworfen: Du ruhst dich auf dem Gesetz aus. Der Jude hat seine Bevorzugung immer so verstanden, dass er besser als alle anderen Menschen ist. Unterstütz haben ihn hierbei womöglich sogar auch Worte wie Ps 147:19-20: "Er verkündigt Jakob Sein Wort, Seine Satzungen und Seine Vorschriften Israel. So handelte Er nie an irgendeiner Nation, und Seine Vorschriften kennen sie keinesfalls. Lobet Je." Schon in Vers 13 wurde gesagt, dass nicht die Hörer, sondern die Täter des Gesetzes bei Gott Gerecht sind. Paulus musst erneut diesen Mangel bei seinem Volk anprangern: Sie hörten, aber handelten nicht danach. In Gal 3:24 steht klar geschrieben, dass das Gesetz der Geleiter zu Christus ist, es hat also eine große Aufgabe und ist alles andere als ein sanftes Ruhekissen. Auch Israel soll zur Erkenntnis geführt werden, dass es aus eigener Kraft unfähig ist, das Gesetz einzuhalten. Schon Jessja sagte diesem Volk: "In der Hhe und im Heiligen weile Ich und bei dem, der zerschlagenen und erniedrigten Geistes ist" (Jes 57:15). Wie heilsam könnten diese Worte den stolzen Juden sein! Statt dessen hören wir ihre hochmütigen Worte: "Wir sind Abrahams Samen und waren niemals jemandem versklavt" (Joh 8:33).

Auch wir können uns, wie der Jude, in Gott au seiner selbst erhobenen Stellung heraus rühmen, doch auch uns hat Jes 57:15 sicher etwas zu sagen, möge es doch gerade den Zerschlagenen und Erniedrigten zu Seinem Ruhm immer wieder aufs neue zusprechen!

Röm 2:18-20

"Du kennst den Willen und prüfst, aus dem Gesetz unterrichtet, das Wesentliche. Du traust dir auch selbst zu, Leiter der Blinden zu sein, Licht derer in Finsternis, Erzieher der Unbesonnenen, Lehrer der Unmündigen, weil du die Form der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz hast."

Hier treten die vermeintlichen Vorzüge Israels ins Licht. Der Jude ist zwar in der Tat den Nationen gegenüber ein Unterrichteter, hat er doch schon von Kind an durch die Eltern und die Synagoge engen Kontakt zum geschriebenen Wort Gottes. Dies hat ihn sicher vor manchem heidnischen Gräuel bewahrt.

Wenn hier vom Kennen des Willens (Gottes) die Rede ist, dann muss beachtet werden, inwieweit der Wille Gottes bei der Niederschrift des Römerbriefes schon bekannt war. Mit Sicherheit spricht Paulus hier nicht von dem Willen Gottes, der uns, die Körpergemeinde Christi Jesu, betrifft. Es geht hier um den Stolz und Hochmut der Juden, viel zu wissen, und diesem "Kopfwissen" tritt Paulus entgegen.

Der Jude traute sich aufgrund seines Kopfwissens offensichtlich viel zu, doch wo nur reine Theorie gelehrt wird, kommt selten eine gute Frucht zum Vorschein.

In 1Kor 8:1 schreibt Paulus: "Doch bloße Erkenntnis macht aufgeblasen, die Liebe aber erbaut". Wenn auch wir die Vorwürfe an die Adresse der Juden zur Kenntnis nehmen, dürfen wir uns durchaus die Worte in 2Tim 3:16 erinnern, dass alle Schrift auch für uns nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung dienlich ist. Denn wir, die wir "in Christus" sind, stehen nicht minder in der Gefahr des Hochmuts, indem uns unsere Erkenntnis und unsere Stellung in Christus in den Kopf steigt und wir dabei eines vergessen: Die Liebe! Wer andere ohne Liebe nur mit seinem Kopfwissen leiten möchte, wer Licht, Erzieher oder Lehrer sein will, weil er die Form der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz hat, ist wie ein klingender Kupfergong, wie eine schmetternde Cymbel, er wäre nichts - so schreibt Paulus im selben Jahr an die Korinther (siehe 1Kor 13:1 ff).

"weil du die Form der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz hast."

Bekanntermaßen treten wir für die biblische Wahrheit ein, dass das Wort Gottes gemäß 2Tim 2:15 richtig geschnitten werden muss, d.hj. wir müssen beachten, dass Gott Sein Wort an verschiedene Menschen bzw. Menschengruppen in unterschiedlichen Zeiten richtet. Wenn z.B. Jakobus eindeutig "an die zwölf Stämme in der Zerstreuung" schreibt (Jak 1:1), so können wir, die wir keine Israeliten sind, diese gezielten Worte doch nicht einfach auf uns beziehen! Hier ist es nötig, dass wir zuerst klar erkennen, welche Stellung uns Gott in seinem Wort zugedacht hat. Da wir keine Israeliten sind, zählen wir folglich zu den übrigen Nationen. Darüber hinaus hat uns der Apostel Paulus belehrt, dass wir aus allen Nationen eine Auswahl darstellen, nämlich die herausgerufene Körperschaft Christi Jesu. Maßgebender Lehrer für diese Auswahl aus den Nationen ist der Apostel Paulus (siehe Eph 3:8). Wir betonen diese unter uns weit bekannte Wahrheit, weil wir gestern von Paulus lasen, dass alle Schrift für uns nützlich ist ... (gem. 2Tim 3:16). Demjenigen, der das Wort gar nicht schneidet, wird diese paulinische Aussage ein willkommenes Argument sein, dem im paulinischen Evangelium noch Ungefestigten könnte es eine Anfechtung werden, dem in der Wortschneidung Gefestigten jedoch ist es eine segensvolle Anregung, in allen Schriftaussagen "Belehrung, Überführung, Zurechtweisung und Erziehung" zu finden, "damit der Mensch Gottes zubereitet sei ausgerüstet zu jedem guten Werk."

Mit diesem Wissen dürfen wir jetzt mit unserem heutigen Leitwort einen Bogen von Israel. zu uns schlagen, denn auch Paulus schreibt in 2Tim 3:5 von Menschen, "die eine Form der Frömmigkeit haben, die Kraft derselben aber verleugnen". In diesem Vers und seinem gesamten Umfeld beschreibt Paulus nicht Ungläubige, sondern uns, die wir genau in dieser gefährlichen Frist, in den letzten Tagen, leben! Und hier gilt uns dasselbe, was der Leitvers Israel vorwirft. Israel hat eine Form der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz, wir jedoch haben eine Form der Frömmigkeit. Und was macht Israel, was machen wir damit? Prüfen wir uns doch einmal, inwieweit uns dieses Wort zur Überführung, Zurechtweisung und Erziehung dienlich sein kann!

Wir wollen heute die gestrigen Aussagen noch etwas vertiefen, indem wir obige Worte an Israel und jene aus 2Tim 3:5, die uns betreffen, vergleichen. Israel wird vorgeworfen: "weil du die Form der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz hast"; und wir vorgehalten: "die eine Form der Frömmigkeit haben ..."

"Eine Form haben" bedeutet Äußerlichkeit, Kult, Heuchelei. Für Israel besagt dies, sich mit der Erkenntnis der Wahrheit im Gesetz zu brüsten, sich zu überheben, nach außen Frömmigkeit zu heucheln und den Schein zu erwecken, gesetzgemäß zu handeln. Für uns bedeutet es prunkvolle Gotteshäuser, Liturgien, Kruzifixe, brennende Kerzen, geschmückte Altäre, berauschende Orgelmusik; Christus wird zu einem kraftlosen Symbol gemacht, der alte Mensch tummelt sich unter dem Kreuz, wird aber nicht mit gekreuzigt.

Und so, wie Israel sich nicht seiner frommen Form bewusst ist, so wenig scheint es, dass auch wir uns der Stunde bewusst sind, in der wir uns heute befinden! Es mag für manche von uns kein Zuspruch sein, und doch muss es gesagt werden: Die Worte in 2Tim 3:1 ff sind heute aktueller als jemals zuvor!

Uns wird in Bezug auf die Form der Frömmigkeit gesagt: "Die Kraft derselben verleugnen sie". Wer ist heute n och be reit, gleich Paulus zu bekennen: "Darum ist mir wohl zumute selbst in Schwachheit, unter Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen, unter Druck um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich kraftvoll" (2Kor 12:10). Der Druck, sich dem Zeitgeist anzupassen, ist auch auf uns übergroß. Man wünscht sich Gesundheit, äußerliches Wohlergehen, Anpassung an die Umwelt und vergisst dabei, dass Gottes Kraft in Schwachheit vollkommen gemacht wird. Dazu ist Wohlbefinden und körperliche Kraft kaum dienlich.

Röm 2:21-23

"Der du nun die anderen belehrst, dich selbst aber belehrst du nicht! Der du heroldest, nicht zu stehen; du aber stiehlst! Der du sagst, nicht die Ehe zu brechen; du aber brichst die Ehe! Du, dem Götzen ein Gräuel sind, du beraubst die Weihestätten! Der du dich im Gesetz rühmst, durch Übertretung des Gesetzes verunehrst du Gott!"

Unser heutiger Text zeigt uns die negative äußere "Form" der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz, die Israel praktizierte. Klar nennt Paulus die Dinge beim Namen und zeigt den Widerspruch zwischen Sein und Schein auf. Dabei ist zu beachten, dass Jesus diese Gesetze Selbst wesentlich verschärft hatte, z.B., dass schon derjenige ein Ehebrecher ist, der eine andere Frau anblickt, um sie zu begehren (Mt 5:27-28).

Pauli Vorwürfe, zuerst einmal an die Oberen des Volkes gerichtet, aber auch an alle übrigen, die von den Oberen verleitet wurden, blieben nicht ungehört. Doch haben sie etwas bewirkt? Das Volk hatte längst den inneren engen Kontakt mit seinem Gott verloren, was blieb war die äußere Form. Aber ohne den engen Kontakt mit Gott ist der Mensch ein Spielball übler Einflüsse von drinnen und von draußen, was schließlich dazu führt, dass er Gott widerstrebt und trotzt. Diese Widerstreben führte letztendlich zur Abstumpfung gegen jede Art der Vorhaltung und Zurechtweisung, der Jude wurde für die Aufnahme des Evangeliums so unempfindlich, dass es von ihm genommen wurde.

Es bewegt uns, wenn wir miterleben, wie sich Paulus um sein Volk müht und es ihn innerlich ununterbrochen schmerzt, dass all seine Worte wie an einer Wand abprallen. Darum ist es wichtig, dass wir nie das große Ziel Gottes aus den Augen verlieren: Das Gesetz soll den Beweis erbringen, dass kein Mensch es in allen Punkten halten kann, dass damit alle Sünder sind; Israel aufgrund des Gesetzes, die übrigen Nationen, weil sie ihren natürlichen Instinkt zur Unnatur verkehrten. Damit bleibt nur noch ein einziger Weg offen: Sich Gottes eigene Gerechtigkeit schenken zu lassen, dahin führt uns der Römerbrief schrittweise.

Röm 2:24

"Denn der Name Gottes wird um euretwillen unter den Nationen gelästert, so wie geschrieben steht."

Geschrieben steht in Hes 36:20-21: "Und als sie zu den Nationen kamen, wohin sie kamen, entweihten sie Meinen heiligen Namen, indem man von ihnen sagte: Jewes Volk sind diese, und aus Seinem Lande sind sie ausgezogen. Aber Ich habe Meinen heiligen Namen verschont, welchen das Haus Israel entweiht hat unter den Nationen, wohin sie kamen." (Elberfelder)

"Lästern" bedeutet soviel wie jemanden verleumden oder ihm in hässlicher und beleidigender Weise Böses unterstellen und seine Ehre beschmutzen. Ganz besonders Jesus Christus musste sich in Seinen Erdentagen viel Lästerung anhören, meist von den Oberen des Volkes ausgehend. Den Pharisäern, die nicht nur Ihn und den Vater, sondern auch den Geist lästerten, drohte Er schlimnmste Strafe an (seihe Mt 12:24-32). Als Jesus verhaftet wurde, musst Er Übelstes erleiden, darunter auch lästernde Worte (Lk 22:65). Und noch als Er sterbend am Kreuz hing, lästerten die Vorübergehenden und di eHohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten verhöhnten Ihn (Mt 27:39-44).

Welches Vorbild gab Israel damit den Nationen ? Da war erste einmal der römische Stadthalter Pontius Pilatus, ein Mann, der unter der römischen Vielgötterei aufgewachsen war. Als er sich mit Jesus auseinandersetzen musste, war er offensichtlich von Ihm beeindruckt und bezeugte vor dem gesamten Volk, dass dieser Mensch unschuldig sei. Auch durchschaute er sehr wohl di eAnkläger und die Ursachen ihrer Anklage gegen Jesus: Eifersucht, Neid und Missgunst! War dies das Zeugnis des Volkes Israel den Römern gegenüber?

Paulus konnte die unheilvolle Sünde der Lästerung nur zu gut beurteilen, waar der doch selbst einmal ein Lästerer (1Tim 1:13) und zwang sogar andere zu lästern (Apg 26:11). Doch gerade weil die Beschmutzung des Namens Gottes ihn so furchtbar belastete, empfand er die Kraft der Gnade so tief, dass er im nächsten Vers (Apg 26:14) ausrufen musste. "Überwältigend ist die Gnade unseres Herrn!"

Das Volk Israel hat sich ständig im Verlauf seiner Geschichte der Lästerung schuldig gemacht, indem es sich von seinem Gott abwandte und anderen Göttern opferte; aber nicht nur dies, es war auch schuld, dass die Nationen lästerten und immer noch lästern.

Das Resultat der Lästerung Gottes durch Israel war dann dessen vorläufige, bzw. scheinbar endgültige Verstockung, nachdem die pfingstliche Heilsverwaltung mit ihrer Umsinnungsmöglichkeit abgelaufen war. Zu erwähnen ist hier noch die Lästerung des h eiligen Geistes; für die damalige Generation gab es dafür keine Sündenerlassung und wird sie auch im zukünftigen Äon nicht geben. So wie es der Herr Selber angedroht hatte (Mt 12:31). Wie verhärtet das Volk war, geht aus vielen Berichten der Apostelgeschichte hervor. So lesen wir z.B. in Apg 13:45: "Als die Juden in Scharen gewahrten, wurden sie von von Eifersucht erfüllt, widersprachen dem, was Paulus sagte, und lästerten." Welches Bild gaben sie mit solchem Verhalten denen aus den Nationen ab? Eifersucht, Widerspruch, Lästerung ... dies ist kein Zeugnis für den einzig wahren Gott. Und wenn schon das Volk, welches ja ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilge Nation, ein Volk Ihm zur Aneignung sein sollte, damit es die Tugendren dessen verkündigt ... (gem 1Petr 1:9 ff), jene lästert, die diesem Gott dienen, so ist es nicht mehr verwunderlich, wenn auch die Nationen in die Lästerung einstimmen.

Nicht mehr zu überbieten wird die Lästerung am Ablauf des Menschentages sein, wenn Babylon die Große - die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde auftritt, auf einem scharlachroten wilden Tier sitzend, dicht voller Namen der Lästerung (siehe Offb 17:1-5; Offb 13:1; Offb 13:5-6).

Hier sehen wir den zukünftigen Gipfel der Lästerung. Es gibt keine Ehrfurcht mehr vor Gott, lästern ist an der Tagesordnung. Dies wird sein, wenn das Geheimnis der Bosheit völlig enthüllt wird. Jedoch wirkt es schon immer, wenn auch noch in gewissen Schranken (siehe 2Thes 2:1 ff).

Da Paulus selbst einmal ein Lästerer war (1Tim 1:13), konnte er auch die oft sehr schmachvollen Lästerungen, die ihm durch seine Feinde aus dem eigenen Volk zugefügt wurden, ertragen. Manche lästerten ihn dadurch, dass sie ihm Lehren zuschrieben, die er niemals vertrat (siehe Röm 3:8). Dies alles breitete ihm große innere hatte die Gesinnung Christi Jesu in sich. Um Seines Namens willen nahm er jegliche Lästerung, Verfolgung und Schmach auf sich. Seinen Mitarbeitern konnte er schreiben: "Beschimpft man uns, so segnen wir; verfolgt man uns, so ertragen wir es, lästert man uns, so sprechen wir zu" (1Kor 4:12).

Dieses Verhalten ist auch für uns vorbildlich, denn auch wir sind vor Lästerung, Hohn und Spott nicht verschont, wenn wir öffentlich den Namen unseres Herrn bezeugen. Oft versuchen wir, uns mit vielen Worten zu verteidigen, wenn wir angegriffen werden, und vergessen, dass dies gar nicht unsere Sache ist. Im Stillesein liegt unsere Kraft, denn ÖGott Selbst wird einmal alles klären. Somit bleibt uns, dass wir uns immer wieder zusprechen und ermahnen lassen, so wie auch Titus sich zusprechen ließ: "Erinner sie daran, sich den Fürstlichkeiten und Obrigkeiten unterzuordnen, sich zu fügen und zu jedem guten Werk bereit zu sein, niemand zu lästern, nicht zänkisch, sondern gelinde zu sein, allem Menschen jede Sanftmut erzeigen" (Tit 3:1-2).

Und wie wichtig sind gerade in. unserer so supermodernen Zeit die Worte in Tit 2:1-8, wo die Gläubigen auf so vielen Gebieten in der Gefahr sind, dem Zeitgeist zu verfallen, worunter aufgrund der Emanzipation vor allem die Familien leiden. Doch betont werden muss, dass durch falsches Verhalten das Wort Gottes gelästert wird (Tit 1:5). Wenn also schon durch das Volk Israel die Nationen zum Lästern des Namens Gottes angehalten werden, um wieviel mehr sollten wir dies zu vermeiden suchen, indem wir unser Verhalten am Wort Gottes überprüfen und - wo notwendig, auch korrigieren.

Röm 2:25

"Denn Beschneidung ist zwar nützlich, wenn du das Gesetz in die Tat umsetzt; wenn du aber ein Übertreter des Gesetzes bis, ist deine Beschneidung Unbeschnittenheit geworden."

Unser Textwort bietet sich an, unser Wissen über die Beschneidung wieder etwas aufzufrischen. Den Ursprung derselben finden wir in 1Mo 17:9-14 erläutert. Sie ist das Zeichen des Bundes zwischen Gott und Abraham, nachdem Gott Abraham und seinem Samen das Land verheißen hatte.

Was ist nun neben den sichtbaren Äußerlichkeiten von Gott aus der tiefere Sinn dieses Zeichens? Hier wird vielfach übersehen, dass Gott mit der Beschneidung ein sinnvolles Schauspiel in die Wege leitete.: Die Nutzlosigkeit des Fleisches! Denn so, wie ein kleines Stückchen Fleisch vom Körper eines Kindleins abgeschnitten und damit als nutzlosa deklariert wurde, so sollte der Mensch mit der Gesamtheit seines Fleisches verfahren bzw. dessen gesamte Nutzlosigkeit erkennen. Hierbei ist. zu sagen, dass dieses Zeichen durchaus nicht für die Nationenwelt bestimmt war, sondern für Abraham und seinen Samen, also für alle, die von Abraham abstammten.

Die Beschneidung war Israel deshalb gegeben, weil es als auserwähltes Volk Gottes demonstrieren sollte, dass das Fleisch vor Gott nutzlos ist (Joh 6:63), dass es Gott nie gefallen kann (Röm 8:8), dass nichts Gutes in ihm wohnt (Röm 8:7). Hat Israel diesen Auftrag erfüllt?

Obige Frage würden wir ohne Nachdenken mit "Nein" beantworten, weil das Volk den Sinn dieses Zeichens nie verstanden hat. Und doch, gerade in dem Nichtverstehen hat Israel den Ratschluss Gottes ausgeführt. Kein anderes Volk hat der übrigen Nationen Welt seit Abraham vorgeführt, wie unfähig das Fleisch doch ist, dass es in der Tat überhaupt nichts nützt, ja dass es - gipfelnd in der Feindschaft gegen Gott - sogar den. Sohn Gottes an das Kreuz schlug und tötete!

Bedenken wir. Lange bevor Abraham das Siegel der Beschneidung erhielt, ersaß er durch Glauben Gottes Gerechtigkeit. Sein Glaube an Gott bewahrte ihn vor Unrecht. Doch dem Gl auben steht immer der. Wandel gegenüber, auch bei Abraham, und hier verließ sich Abraham nur zu oft auf sein Fleisch. Die Folgen waren stets schlimm, denken wir. nur an Hagar und Ismael. Anstatt auf Isaak, den verheißenen Sohn des freien Weibes Sara zu warten, zeugte Abraham (damals noch "Abram") den Ismael mit der Sklavin Hagar, was aber Knechtschaft blieb. Welch machtvolles Zeichen sollte hier doch die Beschneidung setzen!

"Die Beschneidung ist zwar nützlich, wenn du das Gesetz in die Tat umsetzt." Diese Aussage ist eine Verpflichtung all derer, die beschnitten sind, das gesamte Gesetz zu halten. Doch hat Israel diesen göttlichen Sinn der Beschneidung verkannt. Anstatt die Unfähigkeit des Fleisches anzuerkennen, gab es ständig vor, besser als die übrigen Nationen zu sein und sprach sich die fleischliche Möglichkeit. zu, das Gesetz aus eigener Kraft halten zu können.

Paulus bog diese Schieflage im Denken seines Volkes wieder zurecht: Wer das Gesetz übertritt, und sei es auch nur in einem einzigen Punkt, ist nicht besser als ein Unbeschnittener, ja er wird selbst zur "Unbeschnittenheit". Beschneidung legt also denen, die unter sie gestellt sind, ein Bürde auf, die ihre Kraft weit übersteigt. Im tiefen Grund bedeutet diese Bürde: Man kann nicht ohne das Opfer Jesu Christi auskommen!

Damit ist klar: Kein Mensch kann die Bürde der Beschneidung, nämlich mit der Kraft des Fleisches vor Gott Gerechtigkeit zu erlangen, erfolgreich tragen. Im Gegenteil, sie muss unausbleiblich zu dem Fluch führen der auf allen ruht, die Gottes Gesetz nicht bis ins Kleinste halten. Und schlimm war es für einen Juden, als Beschnittener zur Unbeschnittenheit gerechnet zu werden.

Röm 2:26

"Wenn nun der Unbeschnittene die Rechtsforderungen des Gesetzes bewahrt, wird nicht seine Unbeschnittenheit als Beschneidung angerechnet werden?"

Unter den Juden herrschte die allgemeine Ansicht vor, dass ein Nichtisraelit, also ein Unbeschnittener, auch wenn er das Gesetz beachten würde, n iemals mit einem Israeliten gleichberechtigt ist. Er bleibt in jedem Fall ein Ferner und Fremder. Mit unserem Leitvers wertet Paulus aber die Beschneidung nicht ab, sie ist und bleibt eine Bestätigung des Glaubens Abrahams und seiner Nachkommen. Allerdings und hier liegt das Problem, bedingt Beschneidung auch das Nachvollziehen des Glaubens und seiner Werke, nur dann ist die Beschneidung ein Ruhmestitel.

Unser Textwort gilt einem Israel, das sich zwar seine Beschneidung rühmt, ohne jedoch den Glauben und die Werke aufzuweisen. In scharfer Form legt Gottes Wort klar, dass in diesem Fall die Beschneidung sogar schon Unbeschnittenheit geworden ist - eine Aussage, die für einen Juden ungeheuerlich ist!

Aber Paulus geht noch einen schritt weiter: Wenn es wahr ist, dass Beschneidung ohne entsprechende Werke wie Unbeschnittenheit ist, dann muss auch im umgekehrten Fall die Nichtbeschnittene, der die Forderungen des Gesetzes erfüllt, als Beschnittener gelten.

Wohlgemerkt, Paulus redet hier nicht von realen Tatsachen, sondern von Möglichkeiten, indem er schreibt: "wenn es so wäre ...". Die Nutzlosigkeit der Beschneidung für die Nationen wird ja wiederholt in Paulis Briefen hervorgehoben. Erstens, wenn Israel die damit verbundenen Forderungen, das Gesetz zu halten, nicht erfüllen kann, wie könnten es dann die Nationen! Uns zweitens lehrt ja Paulus die Gläubigen aus den Nationen die Nutzlosigkeit äußerlicher Riten. In 1Kor 7:17 fordert Paulus jeden auf, so zu wandeln, wie er berufen wurde: Der Beschnittene als Beschnittener, der Unbeschnittene als Unbeschnittener, "jeder bleibe in der Berufung, in der er berufen wurde."

Röm 2:27

"Und der von Natur Unbeschnittene, der das Gesetz vollbringt, wird dich richten, der du nach Buchstaben und Beschneidung ein Übertreter des Gesetzes bist."

Und noch eimal steigert Paulus seine Ausdrucksform seinen Stammesgenossen gegenüber. Der Nichtbeschnittene, der das Gesetz vollbringt, wäre nicht nur der Beschneidung gleich, er stände sogar noch über ihr, indem er eine Richterfunktion über die Beschneidung übernimmt. Aber schauen wir erst noch einmal zurück, wie es zu dieser Höchstform kam:

Am Anfang unseres Kapitels lasen wir von dem Menschen, der richtet und sich damit selbst verurteilt. Im Verlauf der weiteren Verse zeigte sich, dass Paulus mit dem "o Mensch" den Juden ansprach, der sich stolz und erhaben über die übrigen Nationen erhob und sich seiner Erkenntnisse und Auswahl wegen rühmte. Jetzt dreht Paulus den Spieß um. Jene, über die sich der Jude so hoch erhebt, "werden dich richten, der du nach Buchstaben und Beschneidung ein Übertreter des Gesetzes bist".

Bei Gott gibt es kein Gericht, wo ein Mensch über den anderen richtet, noch viel weniger, wo einer aus den Nationen einen Juden richten wird. Es ist also müßig, hierüber nachzudenken. Paulus gebraucht diese Worte, wie wir schon gestern betonten, in der Möglichkeitsform, er möchte seine Brüder dem Fleisch nach aufrütteln, sie davon überzeugen, dass Hochmut und Überheblichkeit keine Gerechtigkeit vor Gott bewirken können, im Gegenteil: Vorher würde die Unmöglichkeit eintreten, dass der Unbeschnittene, der einen entsprechenden Wandel führt, den Beschnittenen richtet.

Und doch wird ein Fall eintreten, der unserem Leitvers sinngemäß nahe kommt: Vor dem großen weißen Thron werden alle Menschen, die nicht berufen waren, erscheinen müssen. Dort werden die stolzen jüdischen Übeltäter mit ansehen müssen, wie die Guttäter aus den Nationen äonisches Leben erhalten. Letzter haben zwar nicht das Gesetz vollbracht, doch ihr ehrliches Suchen in gutem Werk setzte sie über die Juden. Dies mit ansehen zu müssen, wird für die jüdischen Übeltäter schon ein Stück Gericht sein.

Wir wollen unseren Leitvers zum Anlass nehmen, etwas abzuschweifen, und uns an eine Tatsache erinnern lassen, die im weitesten Sinn doch etwas mit obiger Aussage zu tun hat. Wir lesen nämlich in Bezug auf uns in 1Kor 6:2: "Oder wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?"

Wer die "Heiligen" sind, lesen wir in der Anschrift des Korintherbriefes: "An Geheiligte in Christus Jesus, an berufene Heilige" (1Kor 1:2), und hiermit sind ohne Zweifel wir, die herausgerufene Körpergemeinde Christi Jesu, angesprochen. Damit ist gesagt, dass wir einmal ein Richteramt innehaben werden.

Wir haben im Vergangenen schon wiederholt den "großen weißen Thron" angeführt, auf dem Christus sitzen wird. Haben wir uns schon einmal gefragt, wo wir, seine Körperglieder, zu diesem Zeitpunkt sein werden? Wir sind ja zweifellos entrückt und mit Ihm vereint. Folglich werden wir auch mit Ihm vereint sein, wenn Er auf dem großen weißen Thron sitzt, um Gericht zu halten. Wir werden diese Aussage nicht mehr anmaßend finden, wenn wir uns bewusst sind, in welch köstliche Stellung wir berufen sind: Nicht als Seine Nachfolger, auch nicht, um bei Ihm zu sein, sondern vielmehr in Ihm ist unsere Stellung! Damit werden wir - zwar auf ganz andere Art als es Paulus in unserem Leitvers meint - doch Richterfunktion auch über Beschnittene ausüben, aber immer nur in Ihm!

Solch gewaltige zukünftige Aufgabe bedarf der Zubereitung, und diese geschieht schon hier auf Erden. Es beginnt damit, dass wir ein strenges Selbstgericht halten, wozu 2Kor 7:9 genauso gehört wie Tit 2:11-12. Wenn wir uns bewusst werden, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, dann dürfen wir uns erwartungsfroh auch unter alle schweren Wege stellen, die uns von Gott gegeben sind, wissend, dass Er alles vergelten wird nach dem Reichtum Seiner Herrlichkeit.

Röm 2:28

"Denn nicht der ist Jude, der es sichtbar ist; noch ist das Beschneidung, was sichtbar am Fleisch geschieht;"

Es ist auffallend, dass der Römerbrief, obwohl ganz klar an Berufene Jesu Christi gerichtet, sehr viel über Israel bzw. an die Adresse Israels schreibt. Wir sahen dies in den zurückliegenden Versen und sehen es auch noch in den weiteren Kapiteln, vor allem wieder ab Röm 9. Die Frage sei deshalb zwischendurch erlaubt: Dient Paulus in diesem Brief auch noch seinem Volk?

In zwei Punkten wollen wir Antwort geben. Erstens muss uns ganz klar sein, dass das Evangelium, welches Paulus vertritt, nicht ausschließlich und individuell für die nicht-jüdischen Völker bestimmt ist, es gilt vielmehr Einzelpersonen aus allen Völkern (einschließlich Israel). Wir müssen eindeutig unterscheiden zwischen dem Evangelium des irdischen Königreiches, geheroldet von den zwölf Aposteln um Jesus, welche für ein Volk, nämlich Israel, bestimmt ist, und dem Evangelium des Apostels Paulus, gerichtet an Einzelne aus allen Völkern. Ersteres gründet sich auf die fleischliche Abstammung, auf Gesetzestreue mit entsprechenden Werken, das Letztere baut auf geistliche Erneuerung und Glauben.

Obiger Absatz soll uns klar machen, dass auch Juden zur Körperschaft Christi gehören können, Paulus ist hier das beste Beispiel.

Zum Zweiten lesen wir so viel über Israel, weil uns Paulus viel vertrauter mit seinem Volk machen möchte, als wir dies bisher vielleicht sind. Wir dürfen nie vergessen, dass Gottes Wort erst einmal Israel gegeben wurde und der weit überwiegende T eil der heiligen Schrift auch von Israel handelt bzw. an Israel gerichtet ist. Und nur durch die Beiseitestellung Israels ist uns, den Nationen, die Rettung zuteil geworden (siehe Röm 11:11).

Es ist Pauli Aufgabe, uns deutlich auf die Verschiedenheit der beiden Evangelien, dem an die Beschneidung und dem an die Körpergemeinde, hinzuweisen, und weiter sollen wir nie vergessen, dass unsere Rettung eng mit den schweren Wegen des Volkes Israel verbunden ist.

Röm 2:29

"... sondern der ist Jude, der es innerlich, im Verborgenen, ist; und Beschneidung des Herzens ist im Geist, nicht im Buchstaben; dem wird Lobpreis zuteil, zwar nicht von Menschen, sondern von Gott."

Wie wir gestern sagten, soll uns Pauli Evangelium immer wieder auf die Unterschiede zwischen dem des Königreiches und dem der Körpergemeinde Christi Jesu hinweisen. Unser Textwort weist auf die unterschiedliche Wirkungsweise des Geistes hin.

Wir haben einmal den Juden, der dem Königreich zugeordnet ist. Hier will der Geist den Glauben an den Messias und die erforderlichen Werke als Zubereitung für den Dienst in diesem Königreich bewirken. Zum anderen haben wir die Glieder der Körperschaft Christi Jesu, wo der Geist in den Einzelnen die tiefe Bedeutung der Gnade hervorhebt und bewusst macht, dass keine Äußerlichkeiten wie Beschneidung am Fleisch gefordert sind, sondern Beschneidung des Herzens im Geist, nicht im Buchstaben.

Auf dem Apostelkonzil in Jerusalem hören wir Paulus reden: "Gott, der Herzenskenner ... machte zwischen uns und ihnen keinen Unterschied und reinigte ihre Herzen durch den Glauben" (Apg 15:8-9). Ähnliches lesen wir bei der Rede des Petrus. Gott reinig die Herzen aller, die gläubig werden, ob Jude oder Nichtjude. Das religiöse Ritual in Israel hat die äußere, sichtbare Beschneidung; die gegenwärtige Verwaltung der Gnade hat die Beschneidung, des Herzens im Geist, was ein Abstreifen, ein Ertöten des Fleisches darstellt. In Kol 2:11-12a wird dies so beschreiben: "In Ihm wurdet ihr auch beschnitten, nicht mit einer mit Händen gemachten Beschneidung, sondern durch das Abstreifen des Körpers des Fleisches in der Beschneidung des Christus, da ihr mit Ihm in der Taufe begraben seid." Israel ist Gottes Bundesvolk, doch wir haben den Geist des Sohnesstandes erhalten; daher schickt Gott in unsere Herzen den Geist Seines Sohnes aus (gem. Gal 4:5) - wie darf uns dieser Sohnesstand doch immer wieder zu Dank aufrufen.

Lies weiter:
Der Römerbrief - Kapitel 3