Christi Sieg

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Satan als Engel des Lichts - 1. Teil
aus der Reihe „Mannigfaltige Weisheit Gottes“
von M. Jaegle 1970

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß
Als Schrift leider vergriffen.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Satan als Engel des Lichts 1. Teil

2. Christi Sieg

Die Versuchung Christi

Als Christus als Mensch in Satans Bereich auf die Erde kam, hatte dieser bereits eine sehr lange Wirkungszeit hinter sich. Während dieses Zeitraumes waren ihm viele Verführungen im Volke Gottes gelungen. Dabei war offenbar geworden, dass er sich vor keinem Menschen scheut, auch nicht vor den Höchststehenden, und sich mit seinen hinterlistigen Absichten an alle heranwagt. Er hatte ja sogar Priester, Propheten und Könige zu Fall bringen können.

Aber nun war der Sohn Gottes Selber in seinem Bereich erschienen. Wird er auch an Christus mit seiner Irreführung herantreten, so darf man fragen? Das Unerhörte geschah! Auch den Sohn Gottes suchte er von Seinem Gehorsam abzubringen! Und da er wusste, mit wem er jetzt den Kampf aufnahm, so wandte er bei Ihm auch seine besten Kriegslisten an. Welch ein unbändiger Trieb zum Irreführen muss ihn doch beherrschen!

Dieser uns im Wort geschilderte Zweikampf ist gerade für uns von allergrößter Bedeutung, weil die vom Feind zur Irreführung des Sohnes angewandten Kampfmethoden genau dieselben sind, welche er heute als Lichtsengel im Kampfe gegen die Glieder der Körperschaft Christi gebraucht. Aber noch wichtiger ist, dass dort der Herr, als unser Vorkämpfer, uns mit Seiner siegreichen Abwehr vorführt, wie und mit welchen Waffen auch wir den Feind zu überwinden vermögen. Somit sehen wir in jenem Zweikampf vorbildlich den ganzen sich heute in der Herausgerufenen abspielenden Kampf mit den Mächten der Finsternis. Leider sind aber bei weitem noch nicht alle Gläubigen imstande, den Feind mit allen seinen Täuschungsversuchen zu durchschauen. Dadurch wird ihnen auch das Überwinden erschwert und sie werden sogar von ihm überlistet.

Zunächst fällt einmal auf, dass Jesus den Widerwirker nicht einfach zurückwies, sondern ihn anhörte und ihm sogar auf den Flügel der Weihestätte und auf einen sehr hohen Berg folgte. Er hat dies wohl besonders uns zugute getan, um Satan Gelegenheit zu geben, alle seine Verführungskünste zu enthüllen und sie dadurch uns zu offenbaren. Aber Er hat damit auch gezeigt, dass der Feind das Recht besitzt, gerade die Frommen mit seinen Lockungen auf Proben zu stellen, wie er es sogar bei Ihm, dem Sohne Gottes Selbst, ausgiebig versuchen durfte. Daran erkennen wir etwas von der Größe und dem Rang dieses Geisteswesens sowie von seiner Intelligenz und seinem überaus gewandten Auftreten. Er muss von seiner Fähigkeit und dem Drang zum Verführen so durchdrungen sein, dass er tatsächlich meinte, es würde ihm auch bei dem Sohne Gottes gelingen. Dies umso mehr, als Er Sein göttliches Dasein abgelegt hatte, in Gleichgestalt der Menschen wurde und in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden ward (Phil 2:5-8).

Das Wunderbrot

Zuerst versuchte es Satan fast ähnlich wie bei den ersten Menschen. Nachdem ihnen Gott klar Seinen Willen kundgetan hatte (1Mo 2:16-17), hielt der Versucher Eva entgegen: „Tatsächlich? Hat denn Alueim gesagt: „Nicht essen sollt ihr von jenem Baum des Gartens?“ (1Mo 3:1). Er stritt also nicht Gottes Reden ab, sondern stellt nur Sein Gebot in Zweifel.

Nun hatte kurz vor der Versuchung Gott zu Seinem Sohne geredet und Ihm vom Himmel mit vernehmbarer Stimme bezeugt: „Dies ist Mein Sohn....“ (Mt 3:17). Daraufhin, und nachdem Er vierzig Tage und Nächte gefastet hatte und Ihn hungerte, tritt Ihm der Widerwirker in der Wildnis mit den Worten entgegen: „Wenn Du Gottes Sohn bist, so sage, dass diese Steine zu Brot werden“ (1Mo 4:3). Wir können hier feststellen, dass der Feind beim Sohn, als dem letzten Adam, noch listiger zu Werke geht als bei dem ersten. Er tastet Gottes Ausspruch nicht an, sondern will den Sohn verleiten, dem göttlichen Zeugnis noch ein Wunder beizufügen, um Ihn von Seinem hohen Stand nackten Glaubens an die göttliche Versicherung Seiner Sohnschaft herunterzuziehen auf die Niedrigkeit des von Seinem Volk verlangten, durch Zeichen und Wunder gestützten Glaubens. Auch klingt aus seinen Worten heraus, dass es doch fast unwürdig sei, wenn er, als Sohn Gottes, Hunger leiden müsste und er deshalb Mitleid mit Ihm empfände. Und so reizt er Ihn an, mit einem Wunder Gottes Wort zu ergänzen, Seine in Frage gestellte Würde wieder herzustellen und der Befriedigung dringender seelischer Bedürfnisse den Vorrang zu geben.

Wie äußerst listig Satan diese Versuchung anlegte ist auch daran zu erkennen, dass er den Herrn gar nicht zu einer dem Worte Gottes fremden Handlung veranlassen wollte. Gott hatte ja verheißen, Seine Frommen nicht hungern zu lassen (Ps 33:19; Ps 34:9; Ps 37:19). Diese göttliche Zusage durfte der Prophet Elia wunderbar erfahren (2Kö 17:2ff.) Ja, das ganze Volk Israel wurde vierzig Jahre lang in der Wildnis von Gott mit Speise versorgt (2Mo 16:4ff.) Auch stimmte Satans Rat mit dem Verlangen früherer Gottesmänner überein. So bat Gideon zweimal um ein Zeichen als Beweis, dass Er es sei, der mit Ihm rede. Und Gott gewährte sie ihm (Ri 6:17.36-39). Auch der fromme Hiskia verlangte zu der Verheißung seiner Heilung noch ein Zeichen und erhielt es. Er durfte sogar bestimmen, welcher Art es sein sollte. Und Gott erfüllte auch seinen Wunsch (2Kö 20:8.10-11). Der König Ahab wurde sogar von Gott Selbst aufgefordert, ein Zeichen zu fordern, nachdem ihm Gott bereits eine Botschaft gegeben hatte und seine Weigerung wurde ihm darum als Ungehorsam angerechnet (Jes 7:3-13).

Weshalb sollte also nicht auch der Sohn Gottes zum Zeugnis Seines Vaters ebenfalls noch ein Zeichen für Sich erwirken und Sein Vertrauen mit einem Wunder unterbauen und stärken? Wahrlich, diese Versuchung war raffiniert schlau angelegt! Satan gab einen so mit göttlichen Tatsachen belegten Rat, dass es aussah, als wäre der Herr rückständig, würde Er das empfohlene Wunder nicht bewirken.

Mit diesem Verführungsversuch könnte der Widerwirker aber auch noch andere, wahrhaft weltweite Absichten verfolgt haben. „Brot aus Steinen“ - das wäre gerade ein ihm passendes Evangelium gewesen, um die Massen zu begeistern und sie vom göttlichen Erziehungsweg wegzuführen! Alle Gott entfremdeten Weltverbesserer, auch die sogenannten christlichen unserer Tage, hätten diesem Programm mit Begeisterung zugestimmt. Es kam dann später eine ähnliche Prüfung über den Herrn, als das von Ihm wunderbar gespeiste Volk Ihn zum Brotkönig machen wollte (Joh 6:15.26).

So erstaunlich klug aber auch Satan seinen Verführungsversuch getarnt hatte, er wurde doch vom Herrn durchschaut. Ihm war klar, dass der Feind Ihn, den Vollkommenen, von Seiner hohen Stufe des Glaubens in den niedrigen Stand der Zeichen und Wunder und damit in den Stand der Unmündigkeit locken und in das seelische Gebiet hernieder ziehen wollte, um Sich durch ein schnelles Wunder den Leiden des Hungers zu entziehen, anstatt es geistlich stark im Vertrauen zu Seinem himmlischen Vater zu tragen. Jesus war ja seelisch ganz unseren Empfindungen unterworfen; doch bei Ihm hatte stets der Geist die Oberhand. In Seiner Erkenntnis war es jedoch dem Sohne völlig bewusst, dass das, was für frühe, im Glauben noch unmündige, Gottesmänner das von Gott Gegebene war, für Ihn ein Abgleiten von der Ihm übertragenen Sohneswürde und damit von Seinem Glaubens- und Gehorsamswege und Seinem hohen geistlichen Stand gewesen wäre.

Aufgrund dieser Seiner hohen Glaubensstellung konnte Er dem Feind die rechte Antwort geben. Sie ist so einfach, so kurz und doch so gewaltig! Er wandte einen längst niedergeschriebenen und von Ihm öfters gelesenen Ausspruch Gottes aus der Frühgeschichte Israels zur Klarstellung an. Wie gewaltig und sieghaft ersteht da doch das Wort vor uns, wenn wir hören, wie der Herr dem Satan entgegenhält: „Es ist geschrieben: Nicht von Brot allein wird der Mensch leben, sondern von jedem Spruch, der da ausgeht durch Gottes Mund (5Mo 8:3; Mt 4:4).

Und hier stand nun der Mensch vor Satan, der ihm dieses Wort nicht nur zitierte, sondern der auch wirklich von jedem göttlichen Ausspruch lebte. Es war ja Seine Speise, den Willen des Vaters zu tun und Sein Werk zu vollenden (Joh 4:34). Gerade, weil Er des Vaters Willen im Wort geoffenbart fand, lebte Er durch Seinen Gehorsam praktisch von jedem Spruch, den Sein Vater sprach und der in der Heiligen Schrift niedergeschrieben war. Diese geistliche Speise machte Ihn so stark, dass Er lieber Hunger litt, als Sich mit einer Wundertat Brot zu beschaffen. Eindrücklich stark lebte uns hier der Herr einen Glauben ohne Wunder vor. Auch was Er dem Thomas sagte (Joh 20:29) war Sein eigenes Lebensprinzip.

In dieser Stellung war Er vom Feind unbesiegbar. Mit Seinem unbedingten Gehorsam zum Vater und mit Seinem Beharren in reiner Glaubensstellung auf dem Worte Gottes, setzte Er dem Feind einen solchen unüberwindbaren Wall entgegen, dass dieser zum Rückzug gezwungen wurde. Damit gibt der Herr Gläubigen eine gewaltige Lektion und korrigiert alle die, welche aus jedem Leiden durch eine Wundertat Gottes sofort befreit werden möchten.

Der waghalsige Sprung

Als Satan erkannte, dass Sich der Sohn Gottes nicht aus seiner Glaubensstellung herauslocken ließ, griff er zu einer neuen List, wohl seiner gefährlichsten. Dies war die direkte Nachahmung des Göttlichen selbst! Weil sich der Sohn mit dem Worte Gottes wehrte und damit den Feind besiegt hatte, ahmt er jetzt den Herrn Selbst nach und führt ebenfalls Gottes Wort für seine Versuchung an. Er wählt dazu die heilige Stätte Israels. Er nimmt Jesus mit in die heilige Stadt, stellt Ihn auf den Flügel der Weihestätte, und im Schein geheuchelter Frömmigkeit sagt er zu Ihm: „Wenn Du Gottes Sohn bist, so wirf Dich herab; denn es ist geschrieben: Seinen Boten wird Er Deinethalben gebieten, und: Auf den Händen werden sie Dich aufheben, damit Du nicht an einen Stein stoßest Deinen Fuß! (Ps 92:11-12; Mt 4:6).

Welch erstaunliche Bibelkenntnis besitzt doch der Feind, und wie erschreckend geschickt versteht er sie für seine Verführungszwecke anzuwenden! Jetzt hören wir aus seinem Munde: „Es ist geschrieben“ und darauf folgend das Zitat eines göttlichen Ausspruchs. Wie trefflich verstand er es doch, den Sohn Gottes damit nachzuahmen. Auch das ist bedeutsam, dass er Jesus ein zweites Mal zum Vollbringen einer Wundertat auffordert, zum Beweis, Er sei Gottes Sohn.

Doch diesmal wollte Satan Ihn mit diesem Psalmwort überzeugen, dass Ihm das empfohlene Schauwunder von Gott verheißen sei und es Kleinglaube von Ihm wäre, dasselbe nicht in Anspruch zu nehmen. Und gleichzeitig will er Ihm unter der Hand zu verstehen geben, dass einem Glauben, der nichts für ein Wundererlebnis wage, die Hauptsache fehle. Als Sohn Gottes, so wollte er Ihm begreiflich machen, sei Er mit Seinem großen Glauben sogar zu einem solchen Glaubenswagnis verpflichtet. Und gerade jetzt, wo Er vor dem Antritt Seines öffentlichen Dienstes stehe, wäre das Herunterschweben vom Flügel der Weihestätte durch angebliche Unterstützung von himmlischen Boten eine öffentliche Schaustellung Seiner Gottessohnschaft und eine Ihm würdige Einleitung gewesen, durch welche Er sofort vom Volk mit Jubel aufgenommen worden wäre.

Nun enthalten ja die Psalmen eine große Anzahl von Weissagungen auf den Messias; von Seinem Leiden, Sterben und Seinem Errettetwerden durch die Auferstehung. So auch der Ps 91. Er redet durchgehend von großen Gefahren und von der Bergung aus denselben. Ähnliche Wechselreden finden sich auch bei Jesaja. Dort wird in Jes 53:10 dem leidenden Messias die Verlängerung Seiner Tage verheißen, genau wie in Ps 91:16. Aber diese Verheißungen haben sich erst nach Seinem Leiden und Tod erfüllt. Auf diese Verheißungslinie gehören auch die Psalmworte, welche Satan dem Sohne entgegenhielt. Er wollte also den Sohn verführen, Verheißungen vor dem Erfüllungstermin in Anspruch zu nehmen.

An dieser Versuchung sehen wir, wie der Feind als Durcheinanderwerfer (von „diabolos“) des Wortes Gottes auftritt. Selbst bei dem Sohne Gottes hatte er diese Methode angewandt. Er vermengte Ihm die Schrift, um Seinen Sinn zu trüben und Ihn so zu einer Gott missfälligen Tat zu bewegen. Kann man sich eine raffiniertere Irreführung denken: Die Benutzung des Wortes Gottes zur Verleitung zum Ungehorsam gegen dasselbe? - und dies Christus gegenüber! Welch eine Schalkheit! Und das wollte er erreichen mit dem scheinbar so harmlosen Auslegesystem, nach dem man jedes Wort der Schrift unterschiedslos auf sich beziehen und für sich in Anspruch nehmen dürfe, ohne die verschiedenen Heilszeiten und Körperschaften zu unterscheiden, für welche es bestimmt ist.

Besonders zu beachten, dass sich Satan überhaupt nicht davor scheut, Schriftworte anzuführen. Das sollten sich die Gläubigen ganz scharf einprägen, denn die meisten Menschen halten ihnen zugeflüsterter Bibelworte unbedingt für von Gott gesprochene. Deshalb unterlassen sie auch jede Prüfung auf Glaubwürdigkeit und erfahren dadurch nicht, dass vernehmbare Worte seit Pauli Dienst an die Herausgerufenen nicht mehr von Gott, sondern von listigen Satansboten stammen.

Weil Satan nun diesmal als erster das ‚Es ist geschrieben‘ mit dem Zitat des Psalmwortes in Anspruch nimmt, mag er wohl gedacht haben, nun das Spiel gewonnen und Jesus zur Ausführung des waghalsigen Sprunges sozusagen verpflichtet zu haben. Er hätte Ihm ja (scheinbar) auch Unglaube an Gottes Wort vorhalten können.

Da aber der Herr aufgrund Seiner Schriftkenntnis um den göttlichen Vorsatz und Willen und um den Ablauf Seines irdischen Lebens wusste, welche zuerst die Leiden und danach die Herrlichkeit vorsahen, hatte Er sofort den listigen Plan des Feindes durchschaut. Auf dessen schriftwidrige weil unzeitgemäße Anwendung eines Wort-Zitates führte Er nun die Schrift mit einem neuen, aber heilsmäßig recht angewandten Ausspruch an „Wiederum ist geschrieben: ‚Nicht auf die Probe stellen sollst du den Herrn, deinen Gott‘ (Mt 4:7; 5Mo 6:16).“ Ist Ihm der Feind als Durch-Werfer des Wortes entgegen getreten, so antwortet Er ihm nun nach den Regeln rechter Schriftauslegung. Blitzartig deckt der Herr mit dem zitierten, ebenfalls aus der Frühgeschichte Israels entnommenen Schriftwort auf, wohin ein solches Vermengen der Aussprüche Gottes führt: zur furchtbaren Sünde des Gott-Versuchens. Diese hatte das Volk Israel in der Wüste begangen, als es mit Hadern von Gott Wasser forderte und nicht glaubens- und vertrauensvoll auf Seine rechtzeitige Hilfe warten konnte (2Mo 17:1-7 und 1Kor 10:9).

Das „Wiederum“ aus Christi Mund sollte aber jedem Gläubigen eindrücklich überzeugen, dass die stufenweise Entwicklung des göttlichen Heilsplanes es unmöglich macht, ein Gotteswort, das in und für eine frühere Verwaltung gegeben wurde, kurzerhand auf spätere Verwaltungen anzuwenden. Auch ist das vom Herrn gesprochene „Wiederum“ ohne die göttliche Wortteilung einfach sinnlos. Diese Wahrheit über rechte Schriftteilung wird in dieser Abhandlung noch ausführlich erklärt.

Das Wort nun (5Mo 6:16), welches der heilige Geist dem Mose eingab, um das Volk zu lehren, seine Sünde sei ein Gott-Versuchen, eignete sich in der Tat ausgezeichnet, um Satans Versuchung als dieselbe Sünde zu entlarven. Dieser eine Ausspruch Gottes genügte dem Herrn, den Widerwirker als einen abgefeimten Betrüger bloßzustellen und ihn unabweisbar davon zu überführen, dass er Ihn mit dem wunderbaren Sprung vom Tempel nur dazu verführen wollte, Gott zu versuchen. In welch bewunderungswürdiger Weisheit steht doch der Sohn vor uns, und wie erstrahlt Er als siegreicher Kämpfer, der so geschickt das Schwert des Geistes (Eph 6:17b) gegen Seinen Gegner zu handhaben verstand, dass dieser nun zum zweiten Male eine Niederlage erlitt und sich geschlagen zurückziehen musste.

Die verlangte Anbetung

Der Schlag, den der Widerwirker in der zweiten Versuchung vom Herrn erhielt, war deshalb so schwerwiegend, weil Satan trotz Anwendung seiner größten List, die so heuchlerischen Handhabungen des Wortes Gottes, doch den Kampf verlor. Dabei hatte sich ihm seine beste Tarnung als vollständig unzulänglich erwiesen. Er konnte sie deshalb nicht noch einmal für den dritten Anlauf gegen den Sohn anwenden. Trotzdem war er nicht entmutigt, und daran erkennen wir seine zähe Ausdauer, wenn es gilt, eine Gelegenheit voll und ganz auszunützen. Wie geht er nun ein drittes Mal zu Werke? Bisher verfolgte er Teilziele. Jetzt sucht er eine Ganzentscheidung!

Er nimmt den Herrn mit auf einen sehr hohen Berg und zeigt Ihm alle Königreiche der Welt und ihre Herrlichkeit (Mt 4:8-9). Nach Lk 4:5 geschah das in einer Sekunde. Mit dieser Schau verbindet er das Angebot an den Herrn, Ihm diese alle zu geben, „so Du niederfallend anbetest vor mir“ (Mt 4:9). Dieses Angebot vernehmen wir (Lk 4:6-7) noch ausführlicher. „Und es sagte zu Ihm der Widerwirker: ‚Dir werde ich diese sämtliche Vollmacht geben und ihre Herrlichkeit, denn mir ist sie übergeben, und wem ich will gebe ich sie. So Du nun anbetest vor meinen Augen, dann wird alles Dein sein‘“.

Wir sehen jetzt Satan aus sich heraustreten und unumwunden auf das Ganze, auf sein Hauptziel losgehen: den Sturz des Gottessohnes durch Befolgung seiner Forderung, ihn anzubeten. Von der Gier nach Verwirklichung dieses Zieles ist er so eingenommen, dass er sich nicht scheut, diese selbst vom Sohn Gottes zu verlangen. In seiner Bemühung, es zu erreichen, tritt bei ihm eine unheimliche Befähigung zutage, nämlich dass er Wunder zu vollbringen vermag, die den göttlichen täuschend ähnlich sind. Dafür hat er hier den Beweis erbracht. Nachdem Satan vergeblich versuchte, den Sohn zum Vollbringen einer Wundertat zu verführen, hat er nun selbst eine solche vollbracht. Mit Erstaunen vernehmen wir, dass er es fertigbringt, dem Sohn in einer Sekunde eine Schau sämtlicher Königreiche der Welt in ihrer Herrlichkeit zu zeigen! Wie wird hier doch offenbar, über welch übernatürliche und unermessliche Kräfte er verfügt. Da er dieselben für seine Irreführungen anwendet, müssen wir uns bewusst werden, welcher Gefahr nun auch wir einem solchen Gegner gegenüber ausgesetzt sind.

Und wie listig konnte Satan dem Herrn das Böse dieser Wundertat verbergen. Geschah sie ja wieder in Anlehnung, ja sogar als wahre Nachahmung früherer, ähnlicher Gottestaten. So ließ Ieue Mose vom Gipfel des Pisga das ganze Land schauen (4Mo 27:12; 5Mo 3:27). Auch anderen Propheten zeigte Gott in Gesichten solche Landschaftsbilder. Das weitreichendste bekam der Prophet Daniel zu schauen. Die Königreiche der Welt in Bildern von Tieren (Dan 7. u. Dan 8.) Solch ein Bild bot wohl Satan auch dem Herrn an, und zwar gleichsam als Verlängerung der Linie vorhergegangener, göttlicher Gesichte. Meisterhaft verstand er es also, seinem aus der Finsternis stammenden Bild den Schein einer göttlichen und in Gotteskraft vollbrachten Tat zu geben. Und in was für einer irdischen Herrlichkeit muss Satan doch dem Herrn die Reiche dieser Welt gezeigt haben! Ein Bild von blendender und bezaubernder, ja von berauschender und berückender Herrlichkeit muss es gewesen sein!

Der Anblick eines solch übernatürlichen Bildes kann sich wohl für einen Menschen sinnverwirrend auswirken und ihn in einen Zustand von Berauschung und Entzückung versetzen, so dass kein klares Überlegen mehr möglich ist. In einen solchen inneren Zustand wollte der Feind den Herrn bringen, um Ihn zur Annahme seines Angebotes willig zu machen. Und hätte er das erreicht, so wäre der Herr auch zum weiteren verpflichtet gewesen. Es war ein groß aufgezogener Versuch, den Herrn, wie damals die ersten Menschen im Paradies, zu täuschen und Ihm, wie jenen, „die Gedanken von der Einfalt des Glaubensgehorsams zu verrücken“ (2Kor 11:3).

So sah Sich der Sohn vor eine Entscheidung gestellt. Er wusste wohl, dass Ihm vom Vater die Nationen, ihre Herrlichkeit und die Herrschaft über sie zugesagt waren (Ps 2:8; Dan 7:14). Aber dieser Weg führte Ihn durch Leiden und Sterben und nach Seiner Himmelfahrt noch durch ein langes Warten hindurch (Ps 110:1; Hebr 10:13). Schon bei den vorhergehenden Versuchungen hatte Satan danach getrachtet, den Herrn von dem Ihm vom Vater gewiesenen, leidensvollen Gehorsamsweg abzubringen. Dieser letzte Verführungsversuch übertrifft aber alle vorangegangenen, sowohl für das zu erreichende Ziel als auch die angewandten Mittel.

Er macht Jesus ein Angebot, welches Ihn sofort „ohne den schweren Leidensweg gehen zu müssen, in den Besitz der Vollmacht über die Nationen gebracht hätte. Welche Möglichkeiten waren Ihm damit geboten! Eine dreijährige Leidenszeit mit dem Abschluss eines qualvollen Todes wären Ihm erspart geblieben. Anstatt von Seinem Volk verworfen zu werden, würde es Ihm mit den anderen Völkern zugejubelt haben. Die ganze Völkerwelt hätte Ihm willig zur Verfügung gestanden und Er hätte sie sofort nach Seinem Willen leiten und ihnen das „goldene Zeitalter“ augenblicklich aufrichten können. Anstelle eines Leidensweges würde Er sofort einen Weg der Freude betreten haben.

Das alles war in Satans Angebot miteinbegriffen. Als Versucher hatte er seine Sache wirklich glänzend gemacht, denn nun musste offenbar werden, ob dem Sohn der Wille des Vaters über alles ging, auch wenn Er Ihn durch schwerste Leiden hindurch führte. Doch Sein nur auf Gehorsam eingestellter Wille ließ Ihn die Lage ohne jede Trübung erkennen. Er sah das ganz Furchtbare des Preises, um den Er den leichten Weg hätte erhalten können. Und in der Tat, vor Satan niederzufallen und ihn anzubeten, wie es der Widerwirker vom Sohn verlangte, war unerhört. Unverhüllt sehen wir hier Satans große Sucht und sein Gelüst nach Anbetung. Sie sind so groß, dass er selbst die vom Sohn dem Vater gebührende Anbetung für sich beansprucht. Ohne Scheu ließ er dort seinen letzten und tiefsten Wunsch offenbar werden.

Auf diese unerhörte Anmaßung hin entgegnet ihm der Herr mit eigenen sehr strengen Worten. Er befiehlt ihm zurückzuweichen und begründet Seine göttliche Vollmacht mit der Schrift: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und Gottesdienst darbringen, Ihm allein“. Mit einem einzigen göttlichen Ausspruch hat der Herr auch hier wieder den Feind als gefährlichen Irreführer entlarvt und ihm seinen Anspruch auf Anbetung als schwerstes Vergehen entgegengehalten. Somit war Satan gründlich davon überführt, dass es unmöglich sei, selbst unter Anwendung seiner besten Kriegslisten, den Sohn von Seinem Glaubens- und Gehorsamsweg abzubringen. Die geistlichen Waffen aber, mit denen der Herr Seinem Gegner diese dreimalige Niederlage beibrachte, waren Seine auf rechter Wortteilung gegründete Schriftkenntnis, Sein reiner Glaubenswandel, der sich in keiner Weise auf Wunder stützte, und Seine Bejahung des Willens Seines Vaters. Der Versucher musste dem Befehl des Herrn gehorchen und als Besiegter das Feld räumen. Dass aber der Herr alle an uns schwache Menschen gerichteten Mahnungen auch für Sich gelten ließ, bezeugte Seine in größter Demut vollzogene Selbstentäußerung (Phil 2:7).

Eine erste Frucht dieses Sieges, die der Herr genießen durfte, war das Herzukommen himmlischer Boten, welche Ihm dienten (Mt 4:11). Zum Schutz für einen waghalsigen Sprung vom Flügel der Weihestätte begehrte Er sie nicht, aber nun dienen sie Ihm ungerufen.

Die Versuchung Jesu ist aber auch ein Abbild unseres Kampfes, denn gegen die Glieder der Körperschaft Christi geht der Widerwirker mit denselben Kriegslisten vor. Doch über das hinaus ist der Sieg Jesu auch für uns höchstes Vorbild. In diesem hat Er nämlich die Kampfesprinzipien und Regeln offenbart und angewandt, mit denen auch wir, wenn wir diese in unserem Kampf anwenden, über den Feind einen ebenso gründlichen Sieg zu erringen vermögen wie der Herr Selbst. Ja, besiegt ist Satan jedesmal, wenn er durch Gottes Wort als der Versucher und Betrüger entlarvt und zurückgewiesen wird.

Doch trotz dieser Niederlagen gab er sich keineswegs endgültig geschlagen. Nach Lk 4:13 entfernte er sich von Christus „bis zu gelegener Zeit“, das heißt, dass er stets auf der Lauer bliebt, um mit weiteren Versuchungen an Ihn heranzutreten. Der Herr musste eben in allem auf die Probe gestellt werden, und zwar in unserer Gleichheit, abgesehen von der Sünde (Hebr 4:15).

Christus und die Dämonen

Ebenso wie der Widerwirker bei Christi Dienstvorbereitung aus seiner Verborgenheit hervortrat, taten dies auch die Dämonen und bösen Geister. Auffallend rege waren diese geworden; denn fortgesetzt traten sie in den von ihnen besessenen Menschen dem Herrn entgegen. Dies ermöglicht einen erweiterten Einblick in das Reich der Satan unterstellten Mächte.

Vorerst ist auf die zahlreichen Vorkommen von dämonischer Besessenheit hinzuweisen. Jener vom Herrn nach seinem Namen gefragte Geist antwortete: „Legion ist mein Name, denn wir sind viele.“ (Mk 5:9) Sieht sich das nicht wie eine verstärkte Front gegen Christi Gegenwart an? Ein Wort des Herrn an die zweiundsiebzig könnte dies bestätigen: „Ich schaute den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen“ ([Lk 10:18]). Das Verlassen seiner Stätte oben kann zu dem Zweck geschehen sein, eine Großoffensive gegen Christus einzuleiten, um mit einem Heer böser Geister so viele Glieder des Volkes Gottes wie möglich zu versklaven und sie für die Aufnahme ihres angekommenen Königs unfähig und unwillig zu machen.

Wir erfahren nähere Einzelheiten über dieses Reich der Finsternis durch die ausführlichen Berichte über die Austreibung böser Geister. Von diesen werden verschiedene Arten geschildert, die auch verschiedene Zustände von Besessenheit bewirken. So war eins ihrer Opfer taubstumm (Mt 9:32). Das erfolgt durch Dämonen, die sich in den Sprach- und Hörorganen festsetzen können. - Ein Weib hatte „einen Geist“ der Hinfälligkeit achtzehn Jahre, also einen Dämon, der Krankheit verursachen konnte (Lk 13:11). - Ferner gibt es ausgesprochen unreine Geister (Mk 1:23). Diese können das Innenleben des Menschen mit den unsaubersten Gedanken beflecken. Auch unter den die Bosheit bewirkenden Dämonen muss es verschiedene Stufen geben. Den furchtbaren Auswirkungen nach zu schließen, waren die Dämonen, die den in Mk 5 erwähnten Menschen versklavten, erschreckend böse, denn sie haben ihn entsetzlich drangsaliert.

Das Heer der bösen Geister hat auch einen Obersten, genannt Beelzebub (Mt 12:24; Mk 3:22; Lk 11:15). Dieser Fürst scheint nicht Satan selbst zu sein, sondern der ihm unterstellte Befehlshaber über diesen Teil seines Reichs. Was aber durch böse Mächte verübt wird, führt die Schrift ursächlich doch alles auf Satan, den Hauptanstifter, zurück, denn nach Apg 10:38 waren alle, denen Jesus wohltat und die Er heilte, „unterdrückt von dem Widerwirker“. So beurteilt Jesus auch den Fall jenes Weibes, das einen Geist der Hinfälligkeit hatte (Lk 13:11), indem Er dieses Leiden eine Bindung Satans nannte (Lk 13:16).

Nun haben sich die Mächte der Finsternis aber auch durch Reden kundgetan, wobei sie sich der Sprachorgane ihrer Opfer bedienten. Durch diese Äußerungen wurde etwas von dem Empfinden der Dämonen offenbar, besonders wenn sie Wünsche aussprachen. Aus ihnen zu schließen könnten sie entkörperte Geister sein, wenn dies auch nicht in der Schrift ausdrücklich gesagt ist. Ihr vom physischen Körper getrennter Zustand muss jedenfalls für sie unerträglich und schmerzhaft sein. Sie würden sonst nicht dauernd versuchen, in Menschen zu fahren. In Körpern, also inmitten der ihnen fehlenden Elemente von Fleisch und Bein, müssen sie ein gewisses Wohlbehagen und eine Entspannung fühlen. Das geht aus folgendem Ausspruch des Herrn hervor: „Wenn aber der unreine Geist ausfährt aus dem Menschen, so durchzieht er wasserlose Orte, sucht Ruhe und findet sie nicht“ (Mt 12:43). Und V. 44: „Dann sagt er (der aus dem Menschen ausgefahrene Geist): In mein Haus werde ich umwenden, von wo ich ausfuhr.“ Demnach fühlten sich Dämonen in Menschen am ruhigsten. Außerhalb eines Körpers irren sie ruhelos umher. Das Bedürfnis und der Trieb, in Körpern zu hausen, ist bei ihnen so stark, dass sie sogar den Herrn baten, in Säue fahren zu dürfen (Mt 8:31).

Von besonderer Bedeutung könnte noch sein, dass der ausgefahrene Geist wasserlose Orte durchzieht, also das Wasser meidet. Dieses scheint daher ein Gerichtselement für die Geister zu bedeuten, und es wäre gut möglich, dass ein solches über sie kam, als die Erde durch den Herabwurf von Wasser überflutet wurde (2Petr 3:6). Wohl deswegen haben sie auch solche Furcht vor dem Abgrund (Lk 8:31), wörtlich dem Unterwasser- oder überspülten Chaos. Denn, weil Offb 9:2 vom Brunnen des Abgrunds redet, befindet sich dort Wasser. So gerieten sie auch in den Säuen, in die sie fuhren, und die sich darauf in den See stürzten, in ein schweres Gericht.

Die Geistesmächte, welche ihre Opfer offensichtlich quälen, gehören wohl zu der tiefstehenden Klasse im Reich der Finsternis, denn sie wirken abstoßend. Doch waren auch sie nicht befähigt dem Herrn zu schaden. Auf Sein Machtwort mussten sie weichen und aus ihren Opfern fahren (Mt 8:16).

Christi Vollmacht

Solch radikale und plötzliche Befreiungen von Dämonen hatte das Volk bis dahin noch nie erlebt. Nach Lk 4:36 ging ein Erschauern über die Menschen und sie sagten: „Was für ein Wort ist dies?“ Und wie gehorchten Ihm die bösen Mächte? Aufs Wort! Nicht als Einen ihnen Unbekannten, sondern als Einem, vor dem sie von jeher gewohnt waren, sich zu beugen. Es gab Fälle, wo sie aufschrieen, bevor Er ihnen gebot. So jener unreine Geist in der Synagoge. Dieser sagte: „Wir (alle, nicht nur ich) wissen, wer Du bist - der Heilige Gottes“ (Mk 1:24). Und in Mk 1:34 wird noch einmal wiederholt, dass sie wussten, Er sei der Christus. Ja, in wahrer Erkenntnis Seines Wesens fielen sie sogar vor Ihm nieder, wenn sie Ihn schauten, schrieen und bezeugten: „Du bist der Sohn Gottes“ (Mk 3:11; Lk 4:41). Ein anderer Dämon nannte Ihn: „Jesus, Du Sohn des Höchsten“ (Lk 8:28).

Bei diesen Bekenntnissen nahmen sie auch immer die aller untertänigste Stellung ein, oft in ergreifender Weise. Manche flehten Ihn sogar an, baten um Verschonung vor dem Gericht und sprachen Ihm zu, dass Er ihnen nicht anordne, hinzugehen in den Abgrund (Lk 8:31). Nach dem folgenden Vers baten sie darum, dass Er ihnen gestatte, in eine Herde Säue zu fahren. In den Parallelstellen wird diese Bitte mit „schicke uns“ (Mt 8:31) und „sende uns“ (Mk 5:12) wiedergegeben. Ferner sprach derselbe Dämon die Bitte aus: „Ich flehe Dich an, Du mögest mich nicht quälen“ (Lk 8:28) oder wie es Mt 8:29 heißt: „Was ist zwischen mir und Dir, Du Sohn Gottes? Kamst Du her vor der gebührenden Zeit, uns zu quälen?“ Wieder ein anderer Dämon schrie auf mit lauter Stimme und sagte: „Ha! Was ist zwischen uns und Dir, Jesus, Nazarener? Kamst Du, uns umzubringen? Ich weiß wer Du bist, der Heilige Gottes“ (Lk 4:34).

Wenngleich Christus bei den Menschen der Erniedrigte und Verkannte war, so war Er dies also nicht vor der Welt der unsichtbaren Geister. Obwohl Er Seiner Herrlichkeit entleert war und äußerlich genau den Menschen glich (Phil 2:5-8), wurde Er doch von diesen Mächten erkannt als der, der Er war. Auch scheuten sie nicht davor zurück, seine Herrlichkeits- und Vollmachtsstellung kundzumachen und Ihm gegenüber die allerunterwürfigste Stellung einzunehmen. So wurden sie in ihrer Feindschaft zu Christus durch ihre Bekenntnisse zu Verkündigern Seiner Herrlichkeit. Satan, ihrem obersten Gebieter, musste das durchaus nicht gefallen haben, aber dagegen war er machtlos und hat auch auf diese Weise manchen Schlag erhalten. Er musste eben erfahren, dass jetzt ein Stärkerer in sein Haus gekommen war, der die Macht besaß, ihn zu binden.

Satans allerlistigste Angriffe auf Jesus

Bei all den vielen Geisteraustreibungen blieb aber noch eine andere und ganz gewaltige Front Satans gegen Christus bestehen. An dieser führte der Widerwirker selbst die listigsten Angriffe auf den Herrn durch.

Der Herr hatte ja Selbst deutlich genug gelehrt, dass Befreiung von Besessenheit noch lange nicht in die wahre Freiheit einführt (Mt 12:43-45). Diesem Wort ist zu entnehmen, dass, wenn Gottes Geist nicht von einem Herzen, das von Dämonen befreit wurde, Besitz nimmt, es zu einem viel ärgeren Zustand kommen kann. Diese Belehrung schließt der Herr mit den Worten: "Also wird es auch sein mit dieser Generation, der bösen.“ Mit diesem kurzen Ausspruch hat Er die ganze Entwicklung des Volkes Israel während Seiner Anwesenheit gekennzeichnet. Zu Anfang hatten viele eine gewisse Freiheit erlangt, die breite Masse aber wurde nur noch verstockter.

Forschen wir nun nach dem Hindernis, das den guten Anfang zum Scheitern brachte, so stoßen wir auf

die Unkenntnis des Volkes.

Diesen Mangel wusste Satan nur zu gut auszunützen. Im Gleichnis vom Sämann erklärt der Herr: „Zu jedem, der das Wort vom Königreich hört und nicht versteht, kommt der Böse und raubt ihm das in sein Herz Gesäte“ (Mt 13:19). Den meisten Juden fehlte aber das Verständnis für diese Botschaft, und deshalb waren sie dem Einfluss Satans preisgegeben. Erneut sehen wir ihn nun wieder als verbissenen Feind des göttlichen Wortes, der von ihm gefürchtetsten Macht. Er gebärdet sich deshalb nicht wie die Dämonen, die bisweilen krass und abschreckend in den Vordergrund treten, sondern versteckt und unauffällig sucht er den Aussprüchen Gottes entgegen zu wirken.

Im darauf folgenden Gleichnis macht der Herr den Widerwirker an einem anderen dunklen Werk offenbar. Während der Sohn des Menschen den edlen Samen sät, nämlich die Söhne des Königreiches, sät Satan den Taumelloch, den bösen Samen, den die Schrift als seine Söhne bezeichnet (Mt 13:37-39). Und wer waren zu Jesu Zeiten die Söhne des Widerwirkers? Nicht über die armen dämonisch Besessenen oder die tief in Sünde Gefallenen, sondern über die Gesetzesgelehrten und die Pharisäer sprach der Herr dieses Urteil aus: „Ihr seid von dem Vater, dem Widerwirker, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun“ (Joh 8:44). Durch dieses Wort ließ Er ein helles Licht auf diese Klasse von Menschen fallen. Sie gehörten nicht zu den grob sittlich und moralisch Verkommenen, über die sie sich ja weit erhaben fühlten. Und doch waren sie noch viel tiefer in Satans Fangnetze verstrickt als jene. Zwar ist es auffallend, dass sie von krasser dämonischer Besessenheit verschont blieben. Dafür waren sie aber trotz äußerlich frommer Form völlig in Satans Gewalt. In seiner List wollte er ihnen nach außen den Schein der Ehrbarkeit lassen, denn das war für ihn eine ausgezeichnete Tarnung, hinter der man ihn nicht vermutete. Wer hätte auch (außer Jesus) nur gewagt, die hohe Geistlichkeit des Gottesvolkes als Söhne des Widerwirkers zu bezeichnen? Demnach führten die religiösen Volksführer ein ganz gefährliches Doppelleben.

Scheinbar Diener der Gerechtigkeit im göttlichen Amtsgewand waren sie in Wirklichkeit Satans Knechte. Deshalb konnte dieser auch durch sie den Sohn Gottes auf alle erdenkliche Weise erproben (Lk 4:28; Lk 11:53-54; Hebr 4:15). In ihrer Verblendung gingen sie sogar so weit, zu sagen, Er sei im Bunde mit Satan (Mt 9:34; Mt 12:24), dämonisch besessen (Joh 7:20; Joh 8:48.52) und verrückt (Joh 10:20). Auch von Johannes dem Täufer sagten sie, dass er einen Dämon habe (Mt 11:18). Das ist einer von Satans raffiniertesten Schlichen, dass er die, welche sich in seiner Gewalt befinden, dazu bringt, andere ihres eigenen unerkannten Zustandes zu bezichtigen. Es möchte fast scheinen, als ob er mit Absicht dergleichen Vorwürfe ausstreue, um alle Aufmerksamkeit auf diese zu ziehen und dann hinter dieser Tarnung seine listigen Täuschungen unbemerkt weiter vollbringen zu können. Man erlebt es auch heute noch, dass betrogene Gotteskinder Dämonen dort sehen, wo keine sind, aber sie nicht in sich selber vermuten. Dies ist ein typisches Beispiel von Satans Fähigkeit zur Irreführung. Nicht allein vermag er Gläubige zu verführen, er weiss sie auch noch so zu verblenden, dass sie meinen, sie dienten Gott recht. Es ist genau derselbe Betrug, in welchen Satan schon früher die Propheten des Volkes Gottes verstricken konnte.

Aber auch die feineren Verführungen, ähnlich wie bei der Versuchung, wiederholte Satan beim Herrn. Hatte dieser ihm dort sein Weltherrscherangebot zurückgewiesen, so kam ihm nun des Volkes Bemühung, Jesus zum König zu machen, sehr gelegen (Joh 6:15). Irgendwie hatte er die Hände auch hier im Spiel. Ein zweites Mal sollte hier der Herr dazu verführt werden, seine Königsherrschaft aus anderen als aus Seines Vaters Händen anzunehmen, unter Umgehung des Kreuzes.

Selbst von Seinem großen Apostel Petrus wurde Christus in eine solche Probe geführt, als er Ihn gleichfalls vor dem Kreuz bewahren wollte (Mt 16:22). Doch mit Seiner Antwort gab der Herr ihm deutlich zu verstehen, dass dies eine List des Widerwirkers als des Durchwerfers der Gottes-Ordnung sei, um Ihn von dem Ihm vom Vater gewiesenen Gehorsamsweg abzubringen. Christus ließ Sich jedoch die zeitliche Einteilung des Planes Gottes nicht durcheinander bringen, sondern hielt Sich genau an Seinen Auftrag für Seine Erdenzeit, ohne auf etwas vorzugreifen, das sich erst in der Zukunft erfüllen soll. So hat uns der Herr vorgelebt, wie die rechte Erkenntnis der Ordnung in Gottes Plan und die Beachtung der bestehenden Einteilungen wesentlich mithelfen, den listigen Fallen und Schlingen des Widerwirkers zu entgehen.

Christi Sieg am Kreuz

Wir sahen, dass Satan in seinen Angriffen auf Jesus alle ihm zur Verfügung stehenden Kriegslisten anwandte. Bei seinen steten Niederlagen wurde auch seine Gesinnung zusehends offenbar. Er hatte nicht allein dem Judas den Verrat ins Herz geworfen (Joh 13:2), auch seine vorherigen geistlichen Söhne (Joh 8:44) wurden von ihm zur Ermordung des Sohnes Gottes inspirieret (Joh 11:53). Jetzt erfüllte ihn nur noch der Hassgedanke, Christus als den Unbesiegbaren aus der Welt zu schaffen. Mit seiner Verwirklichung war ihm noch eine letzte Gelegenheit gegeben, sich des Sohnes Gottes auf der Erde zu entledigen oder Ihm einen so schweren Weg zu bereiten, dass Ihm das Durchhalten im Gehorsam zum Vater und damit die Ausführung Seiner Aufgabe überhaupt unmöglich wurde. Zu diesem Zweck ließ er seinen ganzen niederträchtigen Hass an Ihm aus. Diesen schleuderte er Ihm in der abgrundtiefen Verdorbenheit der ihm hörigen Menschen mit der wahnwitzigsten Wucht entgegen. Er sollte an Seinem Gott irre werden und zusammenbrechen! Doch durch Seinen Gehorsam bis zum letzten Ende und mit Seinem Siegesruf: „Es ist vollbracht“, hatte Er sowohl Satans Hass als auch seine Kriegslisten grundsätzlich besiegt und überwunden.

Mehrfach bezeugt es Gott in Seinem Wort, dass Sein Sohn am Kreuz einen absoluten Sieg über den Widerwirker errang. Nach Hebr 2:14 musste Jesus einen Körper von Fleisch und Blut annehmen, damit Er sterben konnte und durch Seinen Tod den abtun, der die Gewalt des Todes hat, dem Widerwirker. Und zufolge Kol 2:15 werden auch die satanshörigen Mächte in dessen Niederlage mit eingeschlossen, wenn es heißt: „Und abstreifend die Fürstlichkeiten und Obrigkeiten stellte Er sie öffentlich zur Schau, die in ihm (dem Kreuz) im Triumph einherführend.“ Und wenn Johannes noch hinzufügt (1Jo 3:8): „Dazu ward geoffenbart der Sohn Gottes, auf dass Er niederreiße die Werke des Widerwirkers“, so ist der Feind Gottes auch nach jeder Seite hin völlig besiegt.

Diesem Sieg gab nun Gott auch ein für immer bestehendes Siegel durch die Erhöhung Seines Sohnes. Nach Eph 1:20-21 hat Er Ihn zu Seiner Rechten gesetzt inmitten der Überhimmlischen, „oben, über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit und Macht und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen“. Jetzt ist Er das Haupt auch dieser Mächte (Kol 2:10).

Doch sind auch der Sieger mit Christus viele, denn Sein Sieg über Satan bleibt nicht auf Christus allein beschränkt. Auch die Seinen dürfen alle daran teilhaben. Nur ist es nicht so, dass sich dieser Sieg in eines jeden Herausgerufenen Leben selbsttätig auswirkt. Eine mannigfaltige Mitwirkung in Erkenntnis und Wandel muss beim Gläubigen hinzukommen. Wir können wohl sagen, dass sie eine Hauptangelegenheit im neuen Leben darstellt, und es wird deshalb auch in dieser Abhandlung das Hauptanliegen bilden.

Lies weiter:
3. Nach Christi Sieg