Die große Stadt

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Abschrift des Buches: Die Apokalypse oder der Tag des Herrn
Verfasser: E. W. Bullinger (1902)

Inhaltsverzeichnis'’'
Kapitel davor: Das sechste Gesicht "auf Erden“ - 2. Teil - Offb 17

Das sechste Gesicht "auf Erden" - 3. Teil

Offb 18

Die große Stadt

Dies ist der dritte und letzte Teil des sechsten Gesichts "auf Erden" (Offb 16-18).

Der erste Teil, von uns mit dem Buchstaben V bezeichnet (Offb 16) behandelt die großen Gerichte
Der zweite Teil, W (Offb 17), zeigt die große Hure.
Den dritten, den wir mit X bezeichnet haben, wollen wir nun betrachten (Offb 18) Er hat die große Stadt zum Gegenstand.

Der letzte Vers in Offb 17 deutete das Weib als die "große Stadt". Obwohl in dem Kapitel gleich zu Anfang von dem Weib die Rede ist, so erfolgt doch die Auslegung erst am Schluss, damit durch die Erwähnung der Stadt zu dem Bericht von ihrer Zerstörung übergeleitet werde, die das Thema von Offb 18 bildet. In Offb 17 haben wir den Kampf um die große Stadt, an dem die sieben Häupter, die zehn "Könige auf Erden" und das Tier (der "achte König") teilnehmen. Nun aber soll die Stadt selber gerichtet werden als Stadt.

Babylons Fall ist schon in vorbereitender und allgemeiner Weise vorher verkündigt (Offb 14:8). Seitdem ist die siebte Zornschale ausgegossen, und die Stadt schon in ihren Grundfesten erschüttert worden (Offb 16:17-21). Nun muss aber noch ihr letztes Gericht, und ihre gänzliche Vernichtung stattfinden. Die Schilderung dieser Ereignisse wird jetzt in Offb 18 gegeben.

Viele, die in Offb 17 Rom in irgendwelcher Gestalt erblicken, wollen doch im Offb 18 das wirklich Babylon erkennen. Auf welche Autorität aber vermögen sie sich zu stützen, wenn sie eine so wesentliche Scheidung zwischen den Gegenständen der beiden Kapitel vornehmen? Ein solcher Unterschied wird durch den Text oder den Zusammenhang in keiner Weise angedeutet.

Es ist sehr wohl bekannt, dass Rom niemals "groß" war, noch durch seinen Handel Bedeutung hatte. Es ist kein Hafenplatz, und geht kein "Schiff" dort hin. Babylon selbst ist niemals so "plötzlich" zerstört werden, wie es bei dieser Stadt geschehen wird. Das Plötzliche des Untergangs ist der charakteristische Zug in diesem Kapitel. Babylon ist wohl schon gerichtet worden, aber nie mit einem so plötzlichen Gericht, wie es ihm hier und in anderen Weissagungen vorausgesagt wird (Jes 47:11; Jer 51:8). Nichts Derartiges wird in der Geschichte über Babylon berichtet. Und zudem haben wir es hier mit Weissagung, nicht aber mit Geschichte zu tun; die Weissagung sollte erst geschehen, nachdem Johannes die Offenbarung erhalten hatte. Aber weder vorher, noch seitdem ist etwas Ähnliches eingetroffen.

Wenn nun Rom die Stadt wäre, so müsste es noch der große politische und religiöse Mittelpunkt werden mit Fluss- und Seehafen. Und es ist gerade so schwer, an ein Wiederaufblühen Roms zu glauben, wie an das Wiederaufblühen Babylons. In jedem Fall handelt es sich um ein Wiederaufblühen. Babylon wurde nicht plötzlich zerstört. Es ist allmählich verfallen, aber seine Geschichte ist bekannt, und seine Ruinen stehen noch heute. Die Araber bauen dort ihre Hütten. Es ist noch keine "Drachenwohnung" (siehe Jer 51:37; Jes 13:9.12; Jer 50:3). Zur Zeit des Petrus war eine Gemeinde dort (1Petr 5:13). Heute wohnt in Babylon der Gouverneur des Landes, der für die türkische Regierung Steuern und Zölle einnimmt.

Das heutige Babylon entspricht nicht der Schilderung von Jer 50:1-4.28.40.41.46; Jer 25:12; Jer 51:3.6.26.27.29.43; Jes 13:20, wonach es zur "ewigen Wüste" werden soll, da "niemand darin wohne". Es ist nicht nötig, alle diese Stellen vollständig anzuführen. Man braucht sie nur zu lesen, um die Überzeugung zu gewinnen, dass sie noch nicht erfüllt sind. In Offb 18 sehen wir ihre Erfüllung.

Babylons Gericht

Der Gedankenaufbau des Kapitels ist herrlich und von vollkommener Symmetrie. Es besteht aus einem wiederkehrenden Wechsel von sechs Gliedern, von denen drei von Babylon und seinem Volk handeln (F) und drei von Gott und Gottes Volk (G).

Die drei Glieder, welche Babylons Gericht betreffen, sind:
1. Die Verkündigung des Gerichts.
2. die Veranlassung dazu und 3. die Art desselben.

Die drei Glieder, die vom Volk Babylon handeln, sind
1. Die Sünde des Volkes,
2. seine Klage und
3. sein Schweigen.

Die drei vom Volk Gottes sind:
1. Der Ruf, von Babylon auszugehen,
2. die Aufforderung, sich über die Stadt zu freuen,
3. das Blut von Gottes Volk wird in ihr gefunden.

Wir werden über dieses Kapitel wenig zu sagen haben, nachdem der Gedankenaufbau dargestellt und die Auslegung gegeben sein wird.

Der Gedankenaufbau von Offb 18 ist folgender:

X - F1 - m1 - Offb 18:1.2 = Babylons Gericht. Verkündigung desselben.
n1 - Offb 18:3 = Babylons Bundesgenossen. Ihre Sünde.
G1 - Offb 18:4 = Gottes Volk. Der Ruf, von ihr auszugehen.

F1 - m2 - Offb 18:5-8 = Babylons Gericht. Veranlassung dazu.
n2 - Offb 18:9-19 = Babylons Einwohner. Ihre Klage.
G2 - Offb 18:20 = Gottes Volk. Die Aufforderung, sich über sie zu freuen.

F3 - m2 - Offb 18:21 = Babylons Gericht. Art desselben.
n3 - Offb 18:22-23 = Babylons Einwohner. Ihr Schweigen.
G3 - Offb 18:24 = Gottes Volk. Sein Blut wird in ihr gefunden.

So ist dieses großartige Kapitel aufgebaut und uns dargestellt. Jeder Teil zeigt die Vollkommenheit des Ganzen und lehrt uns, dass Babylons Gericht von Gott ausgeht, und dass sich die prophetische Verkündigung desselben auf die Autorität und Glaubwürdigkeit Gottes gründet.

Ankündigung des Gerichts

Offb 18:1
Danach sah ich einen anderen Engel niederfahren vom Himmel, der hatte große Macht, und die Erde ward erleuchtet von seiner Herrlichkeit.
Ein anderer Engel war es, nicht derselbe, der in Offb 17 mit Johannes redete. Das Gesicht zeigt noch immer, was auf Erden geschieht, darum sieht Johannes den Engel niederfahren vom Himmel. Viele Ausleger sind ebenso schnell bei der Hand, diesen und andere Engel für den Herrn Jesus zu halten, wie sie sonst bereit sind, alles auf die Kirche zu deuten. Doch liegt keine Veranlassung vor, über den einfachen Sinn der Worte hinauszugehen. Es war kein gewöhnlicher Engel, denn er war mit großer Macht und Herrlichkeit ausgerüstet.

Offb 18:2
Und er rief mit mächtiger Stimme und sprach: "Gefallen, gefallen ist Babylon, die große, und ist eine Behausung der Dämonen geworden (siehe Jes 34:14) und ein Behältnis aller unreinen Geister und ein Behältnis aller unreinen und verhassten Vögel."

Babylons Verbündete

Offb 18:3
"Denn von dem Zornwein ihrer Hurerei haben alle Nationen getrunken, und die Könige auf Erden haben mit ihr Hurerei getrieben, und die Kaufleute der Erde sind reich geworden von der Gewalt (oder Fülle) ihrer Üppigkeit."
Diese Worte identifizieren die Stadt hier mit der von Offb 17. Wieder ist von ihrem Wein, ihrem Götzendienst und den "Königen auf Erden" die Rede. Dazu aber wird uns verkündigt, dass Babylon der Hauptsitz des Spiritismus werden wird, die Behausung der Dämonen, der Aufenthalt aller unreinen Geister. Wie ein Käfig voller Vögel ist, so wird Babylon angefüllt sein mit bösen Geistern und Dämonen, welche den großen Abfall von der Stätte ihres Ursprungs aus leiten.

Die im dritten Vers gegebenen deutlichen Merkmale sind nicht zu verkennen. Betrachten wir aufmerksam die beiden Kapitel, so sehen wir nichts von der Verschiedenheit, die durchaus vorhanden sein soll. Es stellt einer etwas als Tatsache hin, und sogleich meinen die anderen, dasselbe zu sehen. Es gibt kein "mystisches Babylon". Das Babylon, von welchem [Offb 17] spricht, ist auch das von Offb 18. Es ist das "Weib", das ein geheimes Symbol oder Zeichen sein soll. Das bedeutet aber nur, wir sollen es nicht für ein wirkliches Weib halten, sondern für "die große Stadt", wie in Offb 17:18 erklärt ist. Ihr Name ist deutlich auf ihrer Stirn geschrieben: "Die große Babylon". Was sollte daran "mystisch" sein im Sinne von geheimnisvoll? Nichts. Wie wir gesehen haben, bedeutet das Wort ein geheimes Zeichen: das "Weib" nämlich ist das Zeichen, oder Symbol der "Stadt".

Aus dem Krieg, der in Offb 17 um die Stadt geführt wird, geht hervor, dass sie wieder aufblühen muss.

Chicago brannte einmal ab, wurde aber in wenigen Jahren wieder vollständig aufgebaut. Die Schwierigkeit entsteht dadurch, dass man annimmt, alle diese wunderbaren Ereignisse müssen in nur sieben Jahre hineingedrängt werden. Indessen für die Dauer der Zwischenzeit zwischen dem Kommen Christi, wo die Gemeinde entrückt werden wird dem Herrn entgegen in die Luft, zu ihrer "Versammlung zu ihm", und der wirklichen Apokalypse des Herrn als des "Königs aller Könige" (Offb 19), können wir tatsächlich nicht genau bestimmen. Verschiedene Ereignisse müssen vor der ersten Hälfte der letzten sieben Jahre geschehen (Dan 9:27).

Die "letzte Zeit" von Daniel ist länger als die erste Hälfte der Woche, und beginnt schon vor dieser.

Sie fängt mit dem Auftreten der vier Könige Griechenlands von Dan 8:17.27 an.

Nach Dan 11:5 kommt der König von Ägypten vor dem König von Mitternacht. Ehe also der König von Mitternacht auftritt, ist die "letzte Zeit" nicht erreicht.

Drei Könige von Mitternacht werden aufgeführt. Zunächst der eine, der vor seiner Thronbesteigung ein Fürst des Königs gegen Mittag war. Dieser erste König ist in viele Kriege verwickelt, die eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen müssen. Nach seinem Tod folgt ihm der (Dan 11:20) welcher das "siebte Haupt" wird, von dem die Apokalypse berichtet, dass er "tödlich wund" ward.

Von dem Auftreten des ersten Königs gegen Mitternacht zur Ermordung des siebten Hauptes scheint die "letzte Zeit" zu reichen, sie umfasst noch die erste Hälfte der letzten sieben Jahre.

Nachdem das siebte Haupt als der achte König aus dem Abgrund aufgestiegen ist, wird "das tägliche Opfer" abgetan werden.

Von diesem Zeitpunkt bis zum Ende reichen die 42 Monde der Offenbarung und der "letzte der Tage" von Offb 10:11, von Dan 11:31 bis zum Schluss gehend.

Die synteleia entspricht "der letzten Zeit" des Buches Daniel.

Die Entrückung der Gemeinde wird aber vor dem Beginn dieser Zeit stattfinden.

Wenn wir für die synteleia 33 Jahre annehmen, dann würde das telos die letzten sieben Jahre umfassen, so dass es im ganzen 40 Jahre wären.

Über die Dauer dieser Zwischenzeit wird in der Schrift nichts gesagt. Jedoch die Analogie der zweiten Ankunft Christi mit dem ersten Kommen des Herrn führt uns zu der Annahme, dass ein beträchtlicher Zeitraum vergehen wird, und das Ende der "Zeit der Heiden" mag seinem Anfang gleich sein.

Als Nebukadnezar Jerusalem zum ersten Mal einnahm, stand es noch 20-30 Jahre lang, während welcher Zeit er Könige ein- und absetzte (siehe 2Kö 24; 2Kö 25; Jer 31-40). Erst am Ende dieser lange Periode verbrannte er schließlich Stadt und Tempel, und führte das Volk in die Gefangenschaft nach Babylon. So mag es von neuem geschehen. Dreißig oder mehr Jahre der zionistischen Bewegung mögen die Juden zu einem nationalen Bestehen führen, ehe die letzten sieben Jahre anbrechen, welche die Weissagungen von Dan 9:27 zur Erfüllung bringen.

So bietet also die Zeit kein Hindernis, und wir können wohl verstehen, dass die zehn Könige, die Stadt verbrennen werden (Offb 17:16), und die doch aus der Asche wieder aufersteht, um dann, wie Offb 18 berichtet, plötzlich abermals zerstört zu werden. Die Schwierigkeit wird durch die andere Auslegung nicht beseitigt, denn wie kann eine "mystische" Stadt mit Feuer verbrannt werden?

So ist denn das Babylon in Offb 18 auch das von Offb 17 und allen anderen Schriftstellen, die von seinem Ursprung, Wesen und Schicksal reden. Die "Könige auf Erden" nahmen nicht in der Weise, wie es hier gezeigt wird, teil an dem Götzendienst des heidnischen Roms, noch wurden die Kaufleute der Erde reich durch die Waren des päpstlichen Roms; auch waren seine Anhänger und Getreuen nicht nur "Kaufleute" und "Könige".

Hier ist das wirkliche Babylon gemeint; und vor dem in Offb 19 geschilderten Kommen des Herrn (oder seiner Apokalypse) wird sein Götzendienst und seine Üppigkeit solche Höhe erreicht haben.

Es ist seltsam, dass die Ausleger trotz alle dem an der traditionellen Auslegung festhalten, Babylon bedeute Rom. Alford sagt: "Rom ist niemals eine große Handelsstadt gewesen und konnte es seiner Lage nach gar nicht sein", fügt dann aber hinzu: "Ich lasse die Schwierigkeit ungelöst". Es ist also eine Schwierigkeit vorhanden, aber die Ausleger haben sie erst geschaffen. Glauben wir, was Gott sagt, so ist nichts schwer Verständliches daran. Das zu tun, widerstrebt aber den Auslegern so sehr, das Alford wiederum meint: "Die Einzelheiten bei der Klage der Kaufleute passen viel eher auf London als auf Rom, während irgend einer uns bekannten Periode seiner Geschichte."

Unserer Überzeugung nach ist das aus den Ruinen erstandene Babylon gemeint (auch andere Städte sind ja wieder aufgebaut worden), und solche große Pracht wird es zu der Zeit der Offenbarung des Herrn besitzen.

Darum folgt auf die letzte Ankündigung ihres nahen Gerichts, Gottes Ruf an sein Volk, von ihr auszugehen.

Der Ruf, von ihr auszugehen

Offb 18:4
"Und ich hörte eine andere Stimme vom Himmel die sprach: "Gehet aus von ihr, mein Volk, dass ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden und dass ihr nicht empfanget etwas von ihren Plagen."
Wir brauchen diesen Engel nicht für Christus zu halten. Er spricht im Namen Gottes wie in Offb 11:3. Seine Worte sind eins Warnruf an das Volk Gottes, dass sich dann auf Erden befinden wird. Die Gemeinde ist schon einige Jahre vorher entrückt worden. Und auch andere werden aufgenommen sein und den Freudenruf anstimmen, der in Offb 12:10 aufgezeichnet ist. Wir haben sie in Offb 7:14.15 gesehen "vor dem Stuhl stehend" und auf dem Berg Zion. Aber die "übrigen von ihrem Samen"; Israel nämlich (Offb 12:17) werden nach Babylon geführt worden sein (Mi 4:8-10), und ihnen gilt dieser Warnruf. Wir brauchen uns nicht zu wundern, dass ihrer viele in Babylon zu finden sind, denn wo Waren verkauft werden, da werden sie sich versammeln. Das Gegenteil wäre vielmehr seltsam.

Jer 50 sagt ganz dasselbe voraus. Die Zerstörung Babylons wird dort verkündigt, denn es ist das Wort, "das der Herr geredet hat wider Babel" (Jer 50:1). Es ist uns kein Ausleger bekannt, der diese Worte des Jeremia auf Rom, oder überhaupt einer anderen Stadt als dem wirklichen Babylon gelten ließe.

Unmittelbar nach der Verkündigung "Babel ist gewonnen" lesen wir: "In denselben Tagen und zur selben Zeit, spricht der Herr, werden kommen die Kinder Israels samt den Kindern Judas, und weinend umherziehen, und den Herrn, ihren Gott suchen. (Offb 18:6). Dann wird der Ruf ertönen: "Fliehet aus Babel, und ziehet aus der Chaldäer Land" (Offb 18:8) Und wiederum: "Fliehet aus Babel, damit ein jeglicher seine Seele rette (d.h. ein jeder rette sein Leben), dass ihr nicht untergeht in ihrer Missetat". Gott ist ein Vergelter und will sie bezahlen (Jer 51:6; vgl. Offb 18:6). Und abermals heißt es "Ziehet heraus, mein Volk, und errette ein jeglicher seine Seele vor dem grimmigen Zorn des Herrn" (Jer 51:45).

Israel tut nun als Nation Buße (Jer 50:4.5), darum ist es nicht mehr "Lo Ami", "nicht mein Volk", und es ergeht der Ruf: "Ziehet heraus, mein Volk".

Die Worte können nur vom wirklichen Israel und vom wirklichen Babylon gelten. Den Christen in Rom ertönte nie ein solcher Ruf vom Himmel. Auch zogen sie nicht in Gemeinschaft heraus. Sie wurden dort hingemordet, was mit diesem Ruf nicht übereinstimmt.

Israel ist es, das Gott auf solche Weise warnt, wie auch bei Jes 48:20 und Jer 51:49, wie wir unten sehen werden.

In dem Satz: "dass ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden" steht „Sünden" metonymisch (= Namensvertauschung, daher sinnbildlich, im übertragenen Sinn) für das durch ihre Sünden herbeigeführte Gericht (vgl. Jer 51:9). Weil Gottes Volk keinen Teil an Babylons Sünden haben wird, darum ertönt dieser Gnadenruf, "auszugehen" von der Stadt, ehe das Gericht über sie kommt.

Nun wird die Veranlassung zu dem Gericht und zu den Plagen genannt.

Veranlassung des Gerichts

Offb 18:5
"Denn ihre Sünden reichten *) bis zum Himmel, und Gott hat ihrer Freveltaten gedacht".
Es ist dies ein Hebräismus (vgl. 1Mo 4:10; 1Mo 19:29; 2Chr 28:9; Jer 51:9, Jon 1:2). Dieses "Gedenken" umfasst die Länge der Zeit, während welcher sich die Sünden Babylons angehäuft haben. Man vergleiche Offb 16:19. "Und Babylon, der großen ward gedacht vor Gott." Es umschließt auch eine frühere Empörung, die durch Zerstreuung unterdrückt wurde, die aber zur Zeit des Endes bei der Wiedervereinigung Gelegenheit zu neuem Ausbruch finden wird. So erfährt der Trotz gegen Gott an demselben Ort, und unter den nämlichen Umständen, sein endliches Gericht. Rom (sei es das päpstliche oder heidnische) kommt hier also garnicht in Betracht, denn Rom, obwohl eine der Töchter, ist doch sicherlich nicht "die Mutter."

Offb 18:6.7
6. "Bezahlt sie, wie sie anderen bezahlt hat, und macht' ihr zwiefältig (die Strafe) nach ihren Werken; in welchen Kelch sie eingeschenkt hat, schenkt ihr zwiefältig**) ein."

7. "Wie sie sich herrlich gemacht und ihren Mutwillen gehabt hat, so viel gebt ihr Qual und Leid."'

*) wurden vereinigt oder zusammengebaut, d. h. aufgetürmt; also reichen wie Gebäude, immer höher aufsteigend.
**) Wörtl. "Verdoppelt ihr das Doppelte; es ist eine Meonymie = Namensvertauschung, bei der das Wort "doppelt" für Fülle oder volle Vergeltung gesetzt ist. Vgl. 2Mo 22:6.8; Jes 40:2; Jer 16:18; Jer 17:18.

Ergeht diese Aufforderung zur Rache an die Kirche? Gewiss nicht! Auch gehört sie nicht in irgendeine Periode der Geschichte seit dem Tod des Herrn; denn jetzt ist der Tag der Gnade, wo Gott "lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten, und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte". (Mt 5:45). Das beweist, dass Offb 18 einer zukünftigen Zeit des Gerichts, die noch nicht erschienen ist, angehört. Auf jene Zeit lässt sich Ps 137:8.9 anwenden, wenn auch die Stelle der Auslegung nach der Vergangenheit angehört.

"Du verstörte Tochter Babel,
wohl dem, der dir vergilt, wie du uns getan hast!
Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt.
und zerschmettert sie an dem Stein."

Diese Worte, die dem christlichen Gefühl so sehr widerstreben, werden in der nächsten Periode, der Zeit des Gerichtes, vollkommen am Platz sein.

Der Kelch, in den eingeschenkt ist, weist uns auf Offb 17:4 zurück, und trägt weiter dazu bei, den Gegenstand beider Kapitel zu identifizieren. Babylon selbst muss nun aus einem Kelch trinken. Vergleich Jer 51:7 und besonders Jer 25, wo der Kelch des Zorns Gottes den Völkern gesandt wird (Jer 25:15.16) und Babylon zuletzt trinkt. (Jer 25:26).

"Denn sie spricht in ihrem Herzen: Ich sitze als eine Königin und bin keine Witwe, und werde nimmermehr Trauer sehen."
Dasselbe wird auch in Jes 47:8.9 von Babylon (nicht von Rom) gesagt. Jenes ganze Kapitel handelt von Babel, der "Tochter der Chaldäer" (Jes 47:1.5).

Offb 18:8
"Darum werden ihre Plagen auf EINEN Tag kommen. Tod und Trauer und Hunger (Jes 47:9) und mit Feuer soll sie verbrannt werden; denn stark ist der Herr Gott, der sie gerichtet hat."
Dieses Verbrennen wurde schon in Offb 17:16 erwähnt, wird aber jetzt in Offb 18 ausführlicher geschildert. Jes 47:9 erklärt, dass dies Gericht "plötzlich auf EINEN Tag kommen wird."

Dass Babylons Gericht ein plötzliches und vollständiges sein wird, dass die Stadt vom Angesicht der Erde verschwinden soll, das tritt in dieser Prophezeiung scharf hervor und beweist deutlich, dass dieses Gericht noch nicht stattgefunden hat. Denn Jehovas Weissagungen sind viel zu bestimmt und eingehend, als dass sie erfüllt sein könnten durch das allmähliche Verhalten des alten Babylons, dessen Stätte und Ruinen im Lande Sinear noch zu sehen sind.

Klage über Babylon

Wir gelangen nun zu der Klage über Babylon und geben die Erweiterung des Gliedes n2 an.
Es besteht aus 11 Versen (Offb 18:9-19), und diese sind sorgfältig aufgebaut aus vier als Einwärtskehrung angeordneten Gliedern. Jedes der vier Glieder besteht wieder aus drei Teilen, von denen jeder vollkommen mit einem Teil der drei anderen Glieder übereinstimmt.

n2- H - r - Offb 18:9 = Könige der Erde (Erde)
s - Offb 18:10 = Ihre Klage "Wehe, wehe".
t - Offb 18:10 = Grund: "Auf eine Stunde".

Ihre Ware:

J - u - Offb 18:11 = Kaufleute.
v - Offb 18:11 = Ihre Klage.
w - Offb 18:11-14 = Grund "Welt"

Ihr Verlust:

J - u - Offb 18:15 = Kaufleute.
v - Offb 18:15-16 = Ihre Klage.
w - Offb 18:17 = Grund "Denn"
H - r - Offb 18:17 = Schiffsleute (Meer)
s - Offb 18:19 = Ihre Klage "Wehe, wehe".
t - Offb 18:10 = Grund: "Denn in EINER Stunde".

H (Siehe oben) Offb 18:9-19. Die Klage der Könige auf Erden über Babylons Fall.

Offb 18:9.10
9. Und es werden sie beweinen und sie beklagen die Könige auf Erden, die mit ihr gehurt und Mutwillen getrieben haben, wenn sie sehen den Rauch von ihrem Brand,

10. und ferne stehend aus Furcht vor ihrer Qual und sprechend:

"Wehe, wehe, die große Stadt Babylon, die starke Stadt!
Denn in EINER Stunde ist dein Gericht gekommen!"

Das sind die in Offb 17:2 erwähnten "Könige auf Erden“, die Bundesgenossen Babylons. In Offb 18:3 werden die über Babylon Trauernden zunächst aufgezählt und später ausführlich behandelt.

Wir haben zuvor darauf hingewiesen, dass die "zehn Könige" niemals ohne das Tier auftreten; ebenso stehen die "Könige auf Erden" stets in Verbindung mit Babylon. Die ersteren hassen und verbrennen Babylon, die letzteren beklagen und beweinen die Stadt. In beiden Kapiteln Offb 17 und Offb 18 wird sie "die große Babylon genannt, sowohl von Gott als auch von den Menschen.

Die große Stadt kann nicht von ihrer verderbten Religion getrennt werden. Beides muss vereinigt werden, gerade wie Offb 17 und Offb 18 miteinander verbunden sind; und doch ist beides voneinander zu unterscheiden, wie es in der Schrift geschieht.

Babylons Sünde besteht im Götzendienst der gröbsten Art und nicht in ihrem Handel. Hurerei bezeichnet Abgötterei, und dadurch wird das Ende der Stadt herbeigeführt.

Im Handel werden die Waren Vieler gegen die Waren anderer ausgetauscht. Babylon handelt nicht, sie kauft nur. Was sie den "Königen auf Erden" und deren Völkern gibt, kommt aus ihrem "Kelch" Der Kelch steht in Verbindung mit der Religion, so wie der Kelch unseres Herrn mit der christlichen Religion verbunden ist. Babylons Kelch steht für jene lasterhafte Religion, deren Hauptgegenstand das Weib ist.

Wir leugnen nicht, dass die römische Kirche heutzutage diesen Weiberdienst vorbereitet, in allen römisch-katholischen Ländern pflegt sie (vielleicht nicht absichtlich) einen Weiberdienst verschiedener Art, der zu jener moralischen Verderbnis führt, welche in religiöser Verderbnis ähnlicher Art enden wird.

Zuerst hatte Babylon männliche Götter. Später erhielt jeder Gott eine Genossin, wobei schließlich Istar vorherrschend wurde.

Darin besteht die Sünde Babylons, und ihre Religion des Weiberdienstes wird dort ihre höchste Ausbildung erhalten. Sie wird angenommen werden von den "Königen der Erde" und wird diesen Völkern gelehrt werden, durch eine Priesterordnung, wie sie zu Ephesus bestand. Aber Babylon wird die große Göttin sein. Auf der ganzen Erde wird sie ihre Tempel haben, "die Mutter der Hurerei". Schon jetzt wird diese Religion vorbereitet.

Auf jeden Fall muss der über dieses Kapitel verbreiteten Ansicht, als beziehe es sich allein auf „Handel", entgegengetreten werden. Babylon ist eine Käuferin, ist jedoch nicht mit Handel beschäftigt, denn der Begriff "Handel" bedingt das Herstellen und Verkaufen der Waren, sowohl wie das Kaufen und das Einkaufen, auch nur zum Zweck des Wiederverkaufs. Das trifft aber bei Babylon nicht zu. Sie sitzt da als ein Weib, welches kauft, um ihre Begierde zu befriedigen und ihre Schönheit zu schmücken.

Wenn vom "Handel" die Rede wäre, so würde Babylon sicherlich männlich dargestellt sein, wie Tyrus, Hes 26:28. Unter dem Bild eines Weibes stellt man nicht den Handel im gewöhnlichen Sinn des Wortes dar.

Jedoch der Mariendienst wächst mehr und mehr, und ist nicht allein auf Rom beschränkt. Er wird das Auferstehen der Istar vorbereiten.*) Das Weib als solches wird an die Spitze des Weltalls gestellt, und Verderben gelehrt von „der Mutter aller Lebenden“. Ist das nicht der einzige vernünftige Grund für den Hass des Tieres? Der Handel bietet keine angemessene Ursache für diesen Hass.

*) Es gibt Ausleger, die schon jetzt 2Tim 4:4 erfüllen, indem sie die Ohren von "der Wahrheit" wenden und sich zu "den Mythen" kehren (denn das ist das griechische, durch "Fabeln" wiedergegebene Wort). Kanonikus Cheyne führt mit anscheinender Billigung Winkler an; denn er sagt, wenn die Forscher Winklers Lehre annähmen, so würde er ihre Behauptungen gelten lassen. Die neunte theologische Mythe, zu der die Ausleger gelangt sind, ist die, dass Abraham, Isaak und Jakob Mondhelden seien. Sarah ist zu gleicher Zeit Abrahams Schwester und sein Weib, entsprechend der Istar habe sie eine doppelte Rolle. Sie ist die Tochter des Mondgottes, und darum Abrahams Schwester, und ist das Weib des Tammuz und deshalb Abrahams Weib. Siehe Kanonikus Cheyne in der Zeitschrift: The Ninetenth Century, Jan 1902.

Es wird sich um die Oberherrschaft handeln. Wer soll herrschen Weib oder Mann, Babylon oder das Tier? Hier haben wir einen vollständig ausreichenden Grund für ihren Hass; und da die Oberherrschaft Babylons wider Gottes Gebot ist, so "hat's Gott ihnen in ihr Herz gegeben", das Weib zu verderben.

Diese Aussicht macht alles viel klarer als das Hineinbringen des Handels. Und wenn die Sünde Babylons, wie wir dargelegt haben, in einem götzendienerischen Kult besteht, der durch seine Priesterinnen und Tempeldiener trunken macht, dann sind es diese, welche all ihres Besitzes beraubt, und mit Feuer verbrannt werden in jedem Land, wo sie zu finden sind. Hauptsächlich wird das in Babylon geschehen. Aber ehe es dazu kommt, wird das Volk Gottes aufgefordert werden, herauszugehen aus ihr, um nicht teilhaftig zu werden ihrer Gerichte.

Da es in allen Ländern geschieht, so können die Könige auf Erden von ferne stehen und klagen; denn die übermenschlichen 10 Könige und das Tier werden über die Welt herrschen.

Das endliche Gericht Babylons ist ein plötzliches und vollständiges. Die Feuersbrunst ist so groß, dass die gänzliche Zerstörung der Stadt sogleich als unabänderlich erscheint.

Dreimal ertönt der Klageruf: "Wehe, wehe!" Die Könige auf Erden stimmen ihn an. Die Kaufleute lassen ihn erschallen (Offb 18:4) ebenso die Seeleute (Offb 18:19). Im ersten Fall stehen die einleitenden Verben in der Zukunft (Offb 18:9), im zweiten in der Gegenwart, im dritten in der Vergangenheit (Offb 18:17). Es ist, als vollziehe sich die Handlung vor unseren Augen, während sie von dem auslegenden Engel erklärt wird.

Die Klage der Kaufleute zerfällt in zwei Teile. Bei J (Offb 18:11-14) sind die verschiedenartigen Waren das Thema, in J (Offb 18:15-17) der unersetzliche Verlust.

Die Klage der Kaufleute

Offb 18:11-14
11. Und die Kaufleute auf Erden weinen und trauern über sie, weil niemand ihre Ware mehr kauft. (Apg 21:3; 2Mo 23:5).

12. die Ware des Goldes und Silbers, und Edelsteine, und Perlen und köstliche Leinwand, und Purpur und Silber, und Scharlach und allerlei Thujaholz, und allerlei Gerät von Elfenbein, und allerlei Gerät von kostbarem Holz, und von Erz, und von Eisen, und von Marmor,

13. und Zimt und Gewürz, und Räucherwerk und Salbe, und Weihrauch und Wein, und Öl und Feinmehl, und Weizen und Vieh, und Schafe und Pferde, und Wagen und Sklaven,*) und Menschen**).

14. Und die Herbstfrucht, daran deine Seele Lust hatte, ist von dir gewichen, und alles, was köstlich und prächtig war, ist dir vergangen, und sie (die Menschen) werden solches nicht mehr finden.

*) Griechisch "Leiber" als Metonymie für Sklaven gesetzt, wie wir "Hände" setzten für Arbeiter.
**) Wörtl. "Seelen der Menschen" ein Hebräismus für Personen der Menschen oder einfach Menschen (siehe Hes 27:13; 1Chr 6:21 und 4Mo 31:35). Das hebräische Wort ist "nephesch adam“, ebenso 1Mo 36:6 wo natürlich das Hebräische etwas anders lautet.

Dieses Verzeichnis ist höchst bedeutsam und lehrreich. Wir sehen beim ersten Blick, dass es lauter Luxusgegenstände aufzählt (s. Offb 18:13). Wenn Babylon das Religionssystem bedeutet, welches wir im Auge haben, dann werden seine Priester und Priesterinnen in allen Ländern, die buhlerischen Töchter der Mutter der Hurerei, dieselben Luxusgegenstände kaufen.

Wir sehen in dieser Aufzählung nichts von Handel, nichts von Austausch der Produkte gegen andere Produkte. Handel ist keine Sünde, ist vielmehr etwas Gutes. Durch ihren Import ist die Stadt groß, und ihr Bedarf besteht in Luxusdingen (Offb 18:13). Die Handelsgegenstände hier sind nicht zufällig aufgezählt, sondern so angeordnet, dass wir einen Eindruck erhalten sollen von der großen Zahl und der Art der Waren.

Sie sind in vier Gruppen geordnet, und diese sind wieder eingeteilt wie folgt:

Natürliche: Schmuck - Juwelen = Offb 18:12
Kleidung - Stoffe = Offb 18:12
Künstliche: Allerlei Gefäße von Elfenbein, Holz, Erz, Eisen, Marmor = Offb 18:12
Pflanzliche: Aromatische = Offb 18:13
Nahrungsmittel: = Offb 18:13
Tierische: Vieh = Offb 18:13
Menschen = Offb 18:13

Hierzu ist keine Erklärung nötig, nur mag auf die Tatsache hingewiesen werden, dass diese Waren mit Rom nichts zu tun haben, weder mit dem heidnischen, noch mit dem päpstlichen. Sogar Alford, der dafür hält, dass das Babylon von Offb 17 Rom bedeute, und mit dem von Offb 18 identisch sei, sagt: "Es darf durchaus nicht bestritten werden, dass die Art dieser Klage einen dunklen Schatten über die Auslegung wirft, die sonst durch die in Offb 17 gegebene Erklärung so einfach ist." Wir geben zu, dass man auf Schwierigkeiten stoßen muss, wenn man von der Annahme ausgeht, das in Offb 17 das päpstliche Rom und in Offb 18 das heidnische gemeint sei, denn auf keines von beiden passt diese Klage. Die Schwierigkeit wird aber erst durch eine Annahme geschaffen. Sie liegt nicht im Wort Gottes. Fasst man es in seiner einfachen Bedeutung auf, so ist alles klar. Nur wenn wir annehmen, Gott meine etwas ganz anderes, als das, was er sagt, geraten wir in Schwierigkeiten.

Die Kaufleute Roms waren niemals die Großen der Erde. Die Religion Roms gründet sich nicht auf Astrologie und Zauberei. Wohl mag Alford diese Widersprüche zusammenfassen und sagen: "Ich lasse die Schwierigkeit ungelöst", und an anderer Stelle: "Die Klage der Kaufleute passt in ihren Einzelheiten viel besser auf London als auf Rom während irgendeiner bekannten Periode seiner Geschichte."

"Die große Babylon" umschließt mehr als die eigentliche Stadt am Euphrat. Sie sitzt an vielen Wassern und umfasst alle Völker und denen ihr "Kelch" umgeht.

Offb 18:15-17 handelt mehr von den Kaufleuten und ihrem Los als von ihren Waren.

Das Los der Kaufleute

Offb 18:15-17
15. Die Kaufleute dieser Dinge (der im Vers 12 und 13 genannten), die von ihr reich geworden sind, werden von ferne stehen aus Furcht vor ihrer Qual, weinend und trauernd

16. und sagen: "Wehe, wehe, die große Stadt, die bekleidet war mit köstlicher Leinwand und Purpur und Scharlach und vergoldet war mit Gold und Edelsteinen und Perlen!

17. Denn in einer Stunde ist verwüstet solcher Reichtum."

Der Untergang ist ein vollständiger, wie es von eben diesem Babylon vorausgesagt war. "Babel, das schönste und den Königreichen, die herrliche Pracht der Chaldäer, soll umgekehrt werden von Gott wie Sodom und Gomorra" (Jes 13:19; Jer 49:18; Jer 50:40)

Wir gelangen nun zu der dritten großen Klage der über Babylon Trauernden. Zuerst waren es die Könige auf Erden, dann die Kaufleute auf Erden und nun 3. die auf dem Meere sind. Das Gebiet der Kaufleute umschließt Land und Meer. Das Meer ist sogar der Hauptfaktor beim Transport der Waren. Darum stimmen nun die, welche "auf dem Meer hantieren", ihre Klage an.

Die Klage der Schiffsherren

Offb 18:17-19
17. Und alle Schiffsherren und alle, die n ach Örtern schiffen (die Passagiere) und Schiffsleute und die mit der Seefahrt ihr Gewerbe treiben, standen von ferne,

18. und schrieen, da sie den Rauch von ihrem Brand sahen und sprachen:

"Welche Stadt ist gleich der großen Stadt?"

19. Und sie warfen Staub auf ihre Häupter, und schrieen, weinten und klagten, und sprachen:

"Wehe, wehe, die große Stadt, in welcher reich geworden sind alle, die da Schiffe auf dem Meere hatten durch ihren Wohlstand! Denn in einer Stunde ist sie verwüstet."

Die Erwähnung der Passagiere zeigt die Art und Ausdehnung des Verkehrs, es sind Reisende, sowohl wie Kaufleute und Handeltreibende darin einbegriffen. "Rawlinson berichtet, dass der Euphrat eine 500 (engl.) Meilen von seiner Mündung aus schiffbar ist, und mit geringer Mühe für große Schiffe zugänglich gemacht werden könnte.

"Die auf Erden wohnen" urteilen nach irdischer Größe und Pracht, Gott aber legt einen anderen Maßstab an und sieht Babylons Sünden, die dieses furchtbare Strafgericht herbeiführen. Die Menschen sind betroffen über das plötzliche Hereinbrechen des Gerichts, und erinnern uns wieder daran, dass ein so plötzliches Gericht Babylon noch nicht heimgesucht hat.

Wieder ist nun von dem Volk Gottes die Rede, und der Ruf ertönt: "Freue dich über Babylon" in der Stunde der Rache."

Gottes Volk

Offb 18:20
Die Aufforderung, sich über sie zu freuen.

20. Freue dich über sie, du Himmel, und ihr Heiligen und Apostel und Propheten; denn Gott hat euer Gericht gehalten in ihr (oder: hat euch vollkommen gerächt)
Der hier erteilte Befehl wird in dem nächsten (dem siebten und letzten Gesicht) "im Himmel" befolgt, und die Worte des Lobpreises finden sich in Offb 19:1-5. Endlich soll das Harren der Märtyrer beendet werden (Offb 6:10-12), und sie sollen sich freuen, dass Gott sie gerächt hat. Die Rache ist nun erschienen (Lk 18:7.8). Daraus geht wieder hervor, dass der Bund der Gnade beendet und die künftige Zeit des Gerichts mit Offb 18 angebrochen, ja schon dem Ende nahe ist.

Einige Ausleger verteidigen diese Freude an der Rache und geben sich zugleich Mühe, sie abzuschwächen, da sie im Widerspruch zum Evangelium steht. Selbstverständlich widerspricht sie dem Evangelium, denn Gottes Handlungsweise mit den Menschen ist eine andere geworden. Man teile nur das Wort der Wahrheit recht, und alle Schwierigkeit ist beseitigt.

Heilige und Apostel und Propheten sind in Babylon und von Babylon gemartert worden, sowohl dort, am Urquell der Abgötterei, als auch von ihren Töchtern in den vielen Strömen, welche von dem Urquell ausgegangen sind; denn als "Mutter" hat sie Kinder (Offb 18:5).

Nun gelangen wir zu der letzten Schilderung des Gerichts und werden über die Art desselben und über seinen Ausgang belehrt.

Babylons Gericht

Offb 18:21-23
21. Und ein starker Engel hob einen Stein auf wie einen großen Mühlstein, und warf ihn ins Meer und sprach: "So wird mit einem Schwung Babylon, die große Stadt dahin geworfen und soll nicht mehr gefunden werden." (Jer 51:63; Hes 26:21).

22. Und die Stimme der Harfenspieler und Musiker und Flötenspieler und Trompeter soll nicht mehr in dir gehört werden. Und kein Handwerker irgend eines Handwerks soll mehr in dir gefunden werden. Und das Geräusch des Mühlsteins soll nicht mehr in dir gehört werden.

23. Und das Licht der Leuchte soll nicht mehr in dir leuchten. Und die Stimme des Bräutigams und der Braut soll nicht mehr in dir gehört werden. Denn deine Kaufleute waren die Großen der Erde; denn durch deine Zauberei wurden alle Nationen verführt" (Jes 27:8; Jes 47:9).

Lies weiter:
Das siebte Gesicht "im Himmel" Offb 19:1-19