Geist (Bibellexikon)
Aus dem Bibellexikon „International Standard Bible Encyclopedia“ übersetzt. Der Artikel stammt von J. I. Marais
Geist (hebräisch = ruach; griechisch = pneuma; lateinisch = spiritus):
Inhaltsverzeichnis
Primärer und übertragener Sinn
Als Wind, Atem
Verwendet vor allem im Alten und Neuen Testament als Wind wie in 1Mo 8:1, 4Mo 11:31, Am 4:13 ("und den Wind erschafft"), Hebr 1:7 (Engel, "Geister" oder "Winde" in der Randbemerkung); oft verwendet für Atem wie in Hi 12:10, Hi 15:30 und in 2Thes 2:8 (Böse verzehrt durch "den Atem seines Mundes").
Als Wut oder Zorn
Im übertragenen Sinn wurde [der Begriff] als Ausdruck für Zorn oder Wut benutzt und als solcher sogar auf Gott angewendet, der durch den "Hauch seiner Nase" zerstört (Hi 4:9; 2Mo 15:8; 2Sam 22:16; siehe 2Thes 2:8).
Als geistige und moralische Qualitäten des Menschen
Auf den Menschen angewandt, wird er als Sitz der Gefühle, Verlangen oder Not, und damit allmählich der geistigen und moralischen Qualitäten im Allgemeinen angesehen (2Mo 28:3, "der Geist der Weisheit"; Hes 11:19, "ein neuer Geist" usw.). Wo der Mensch durch den Göttlichen Geist tief ergriffen wird, wie bei den Propheten, haben wir eine etwas ähnliche Verwendung des Wortes, in solchen Ausdrücken wie: "Der Geist Gottes kam.... über ihn" (1Sam 10:10).
Bedeutungsschattierungen
Als Lebensprinzip
Der Geist als Lebensprinzip des Menschen wird verschieden angewendet: manchmal wird damit eine Erscheinung bezeichnet (Mt 14:26, die King James Version übersetzt "Es ist ein Geist (spirit)"; Lk 24:37 "meinten, sie sähen einen Geist"); manchmal werden damit Engel bezeichnet, sowohl gefallene als auch nicht gefallene (Hebr 1:14; "dienstbare Geister"; Mt 10:1, "unreine Geister"; vgl. auch Mt 12:43; Mk 1:23,26-27 und Offb 1:4, "von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind").
Als Sieger über den Tod
Der Geist des Menschen ist also das Prinzip des Lebens - aber des Menschen Geist im Unterschied zum Tier - wird beim Tod dem Herrn übergeben (Lk 23:46, Apg 7:59, 1Kor 5:5, "damit der Geist gerettet werde"). Daher wird Gott der "Vater der Geister" genannt (Hebr 12:9).
Spirituelle Manifestationen
Allgemein für alle geistigen Manifestationen des Menschen, als da sind: Denken, Fühlen, Wollen; und es werden auch bestimmte Eigenschaften bezeichnet, die den Menschen charakterisieren, z.B. "die Armen im Geist" (Mt 5:3); "Geist der Sanftmut" (Gal 6:1); "der Knechtschaft" (Röm 8:15); "der Eifersucht" (4Mo 5:14); "der Furchtsamkeit" (2Tim 1:7); "der Schlafsucht" (Röm 11:8). Daher sind wir dazu berufen: "wer seinen Geist beherrscht" (Spr 16:32; Spr 25:28) und wir werden gewarnt, damit uns nicht ein falscher Geist überwältigt (Lk 9:55 King James Version, "Ihr wisst nicht, welche Art von Geist ihr seid"). So kann sich der Mensch dem "Geist des Irrtums" hingeben und sich vom "Geist der Wahrheit" abwenden (1Jo 4:6). Weiter lesen wir vom "Geist des Rates" (Jes 11:2), "der Weisheit" (Eph 1:17).
Menschlicher und göttlicher Geist
Der Mensch in Bezug auf das Göttliche
Wir gehen einen Schritt weiter, wenn wir den menschlichen Geist in Beziehung mit dem Göttlichen Geist bringen. Denn der Mensch ist nur ein Geschöpf, dem das Leben durch den Geist Gottes vermittelt wurde - das Leben ist nur eine Folge des Atems Gottes. So werden Leben und Tod realistisch als das Verleihen oder das Zurückziehen von Gottes Atem beschrieben, wie in Hi 27:3, Hi 33:4; Hi 34:14, wo "Geist und Atem" miteinander genannt werden. Der Geist kann also "aufleben" (1Mo 45:27), "ermatten" (Ps 143:4) oder "niedergeschlagen" (Spr 15:13) sein. Und wo die Sünde stark empfunden wurde, ist es "ein zerbrochener Geist", der "ein Opfer für Gott" ist (Ps 51:19); und wenn sich der Mensch der Macht der Sünde unterwirft, bekommt er eine neue Ausrichtung: er kommt unter einen "Geist der Hurerei" (Hos 4:12); er wird "stolz im Geist" [hochmütig] (Pred 7:8), anstatt "geduldig im Geist" [langmütig] zu sein; er ist ein Narr, weil er "vorschnell in deinem Geist" ist und dem "Zorn" nachgibt (Pred 7:9). Die "Treuen im Geiste" [the faithful in spirit: King James Version] sind die Männer, die Geschwätz und Verleumdung widerstehen (Spr 11:13). In solchen Situationen zeigt sich der Unterschied zwischen "Seele" und "Geist".
Das Wirken des Geistes Gottes als Dritte Person der Dreieinigkeit
Auch auf dieser höheren Ebene finden wir den Göttlichen Geist am Werk. Die Terminologie ist hier sehr unterschiedlich: Im Neuen Testament lesen wir vom "Heiligen Geist" (1Kor 6:19, Mt 1:18, 20, 1Thes 1:5-6); dem "Geist Gottes" (1Kor 2:10ff, 1Kor 3:16, Röm 8,9,11, Eph 3:16 usw.); dem "Geist Christi" (Röm 8:9, 1Kor 3:17, Gal 4:6); oder einfach vom "Geist", mit einem deutlichen Bezug zu Gott (1Kor 2:10, Röm 8:16,23 usw.). Gott selbst ist Geist (Joh 4:24). Daher manifestiert sich Gottes Kraft im menschlichen Leben und Charakter (Lk 4:14; Röm 1:1, 1Kor 2:4, besonders in Lk 24:49). Die Apostelgeschichte kann als das Buch des Heiligen Geistes bezeichnet werden, der mit Kraft im Menschen wirkt. Dieser Geist wird im Apostolischen Segen (2Kor 13:13) und in der Abschiedsrede des Erlösers an seine Jünger (Mt 28:19) auf eine Ebene mit Vater und Sohn gestellt. Als Vermittler von Erlösung und Heiligung wird Sein Werk durch "erneuerte" Leben im "Geist eurer Gesinnung" verherrlicht - eine Kombination von Ausdrücken, die viele Ausleger verwirrt hat (Eph 4:23-24), wo Pneuma und Nous zusammen vorkommen, um auf eine Erneuerung hinzuweisen, die allumfassend ist, `dagegen erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung und den neuen Menschen angezogen habt, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit' (siehe auch Joh 14:17,26, Joh 15:26, Joh 16:13, 1Kor 12:11 etc.).
Alttestamentliche Anwendungen
Im Alten Testament erscheint der Geist Gottes in verschiedenen Funktionen: als Brüten über dem Chaos (1Mo 1:2, Hi 26:13); als Herabkommen auf die Menschen, auf Helden wie Othniel, Gideon etc. (Ri 3:10; Ri 6:34), über Propheten (Hes 37:1), über "mit Weisheit, Verstand und Können erfüllt(e) Arbeiter" wie Bezalel und Oholiab (2Mo 31:2-3,4, "mit dem Geist Gottes erfüllt") und besonders in solchen Passagen wie Ps 51:12, wo die Gegenwart Gottes durch einen bleibenden Einfluss des Heiligen Geistes angezeigt wird: "Der Geist Jahwes ist Jahwe selbst."
Verschiedene Interpretationen
Können wir nicht eine noch höhere Stufe erreichen? Wendt weist in seiner interessanten Monographie (Die Begriffe Fleisch und Geist), von der Auszüge in Dicksons Paulus' "Verwendung der Begriffe Fleisch und Geist" enthalten sind, auf den transzendentalen Einfluss des göttlichen Ruach im Alten Testament hin, der sich in Sätzen wie `umkleidete' (Ri 6:34), `über ihn kommen' (Ri 14:6.19), `legte ihn' (4Mo 11:25f) ausdrückt. Können wir dann nicht zu Recht annehmen, dass mehr gemeint ist als ein bloßer Einfluss, der von einem persönlichen Gott ausgeht? Ist es nicht richtig, mit Davidson zu behaupten, dass "es tatsächlich eine beträchtliche Anzahl von Stellen im Alten Testament gibt, die sehr wohl die Vorstellung ausdrücken könnten, dass der Geist eine ausgeprägte Hypostase oder Person ist"? Wenn wir [der Auslegung] des bekannten Abschnitts der Genesis nicht folgen: "Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich", den einige im trinitarischen Sinne interpretiert haben, können wir auf solche Texte verweisen wie Sach 4:6, "durch meinen Geist", Jes 63:10-11, "sie sind widerspenstig gewesen und haben seinen heiligen Geist betrübt", "Wo ist der, der seinen heiligen Geist in ihre Mitte gab". Das bestätigt das Neue Testament mit seinen Warnungen "betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes", "dass du den Heiligen Geist belogen … hast" und verwandte Stellen (Eph 4:30, Apg 5:3). Es ist dieser Geist, der "selbst bezeugt zusammen mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind." (Röm 8:16) - der Geist, der, wie Auberlen es formuliert hat (PRE1, Artikel "Geist des Menschen"), "in einer zweifachen Beziehung zu uns erscheint, als das Prinzip des natürlichen Lebens, das von Geburt an unser ist, und das des geistlichen Lebens, das wir durch die neue Geburt (Wiedergeburt) empfangen". Daher spricht Paulus von Gott, dem er "mit seinem Geist" dient (Röm 1:9) und in 2Tim 1:3 spricht er davon, Gott "mit reinem Gewissen zu dienen".