Das Johannes-Evangelium Kapitel 13

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Abschrift: Das Johannes-Evanglium in täglichen Andachten: Band I - IV
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Band I und II vergriffen
Band III und IV als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

13. Das Johannes-Evangelium Kapitel 13

Die Fußwaschung
Bezeichnung des Verräters
Das neue Gebot: Liebe
Ankündigung der Verleugnung durch Petrus

Die Fußwaschung

Joh 13:1

"Es war vor dem Passahfest, und Jesus wusste, dass Seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Wie Er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte Er sie bis zum Abschluss."

Wir haben schon an einer früheren Stelle den Weg Jesu: "Er kam von Gott und ging zu Gott" aufgezeigt, wie er wunderbar im AT vorgeschattet ist, unser Textwort bietet uns die Möglichkeit zur Wiederholung.

Der Weg Jesu "von Gott und zu Gott" kann mit dem Weg des Hohenpriesters verglichen werden, der aus dem inneren Heiligtum heraustritt um wieder dorthin zurückzukehren, hinter den Vorhang. Johannes beginnt seinen Bericht mit dem Dasein des Wortes vor Seiner Fleischwerdung im Heiligtum Gottes (Joh 1:1). Dann ist das Licht (Joh 1:9). Dies erinnert uns an den siebenarmigen Leuchter. Etwas später sehen wir iIhn, wie Er bei Seiner Taufe Sich der Reinigung unterwirft, die durch die Waschung im ehernen Becken abgeschattet wird. Dann wird Er als das Lamm auf den Opfer-Altar gelegt - solcherart war Sein Kommen von Gott.

Nun, wo Sein Volk Ihn verwarf, ist die Reihenfolge umgekehrt - Er geht zu Gott zurück. Er zeugt von Seinem Tod (Joh 12:24) = der Opferaltar. Er wäscht den Jüngern die Füße (Joh 13:5) = Waschbecken. Er nimmt am letzten Mahl teil (Joh 13:2) = die Schaubrote. Er verheißt den heiligen Geist = der siebenarmige Leuchter. Und innerhalb des Vorhangs in Joh 17 haben wir den Gnadenstuhl.

So sehen wir den Weg, wie Er tatsächlich von Gott ausging und zu Gott zurückführte. Sein Weg ging vom Allerheiligsten heraus und ins Allerheiligste zurück, so wie es Gott dem Mose auf dem Berg in der Ordnung des Priestertums offenbarte. Der Hohepriester ging allerdings in umgekehrter Richtung; er kam aus der Welt und ging zu Gott, um wieder in die Welt zurückzukehren.

Die herrliche Wegbeschreibung Christi Jesu, wie wir sie gestern sahen, wurde mit dem Beginn der Offenbarung über die Stiftshütte bekannt. Mit dem Gnadenstuhl und der Einrichtung des Allerheiligsten wurde begonnen. Dann kamen die anderen Räume und ihre Geräte. Jede Einzelheit dieses wunderbaren Werkes redet von der Herrlichkeit Christi, wie sie Israel dargeboten wurde (siehe gestern).

Wir sehen hier aber auch den tieferen Grund, warum Johannes schreibt: "Das Wort wurde Fleisch und zeltete unter uns" (Joh 1:4). "Zelten" ist abgeleitet von der Bezeichnung für die Stiftshütte, die auch "Zelt" genannt wurde. Dieses "zeltete unter uns'" ist der Weg zu Gott, den Jesus aufzeigte, wie es der Weg aus dem israelitschen Lager bis ins Allerheiligste abschattete.

Wir wechseln jetzt den Schauplatz von der Stiftshütte und gehen zu Mt 13, wo wir die Gleichnisse des Königreiches finden. Aber vorher lesen wir noch Dan 4:7-12 (bitte lesen). Nebukadnezar hatte eine Vision: Ein großer und mächtiger Baum wird umgehauen, und nur noch der Stumpfmit dem Wurzelwerk bleibt zurück (dies erinnert uns an Jes 6, wo wir vor wenigen Tagen das gleiche Bild von der eiche und ihrem Stumpf hatten - Jes 6:13). Und was Jesaja und Daniel aussagten, benutzte Jesus in Seinem Gleichnis vom verborgenen Schatz und der edlen Perle (Mt 13:44-46), auf das wir morgen noch näher eingehen wollen.

Ein Mensch findet in einem Feld einen verborgenen Schatz und verkauft alles, was er hat, um jenes Feld zu kaufen (Mt 13:44-46).

Der Mensch in unserem Gleichnis ist zweifelsohne der Herr Selbst. Er findet einen Schatz (= die Königreichsgemeinde), verbirgt diesen aber weiterhin im Feld (= die Welt). Dann verkauft er alles, was er hat (= Christus entäußerte Sich Selbst gem. Phil 2:7, legte Seine Herrlichkeit ab und wurde Mensch). Der Kaufpreis des Feldes besteht in Seinem Blut.

Bewegt sehen wir, dass Er nicht nur den Schatzu, sondern das ganze Feld (= die gesamte Menschheit) gekauft und bezahlt hat. Treffend sagt deshalb Johannes: "Nicht allein für die unsrigen (Sünden), sondern auch für die der ganzen Welt (1Jo 2:2).

Aber auch die in der Zerstreuung Lebenden sind in Seiner Liebe eingeschlossen; im Gleichnis von der Perle wird uns dieses nahegebracht. Eine Perle entsteht ja im Meer, und das Meer ist in der Schrift immer ein Bild der Nationen (siehe Offb 17:15). In der Pfingstverwaltung hat Sich der Herr auch unter der "Zerstreuung" eine Herde gesammelt, an die später Petrus und Jakobus schrieben (beachte die Eingangsworte dieser Briefe). So schrieb z.B. Petrus an solche: "....da ihr wisst, dass ihr nicht mit Vergänglichem, Silber oder Gold, von eurem eitlen Verhalten nach väterlicher Überlieferung losgekauft wurde, sondern mit dem kostbaren Blut Christi" (1Petr 1:18-19). Das ist die Perle, die der Herr so kostbar fand, dass Er Seinen gesamten Besitz opfert - es sind die Erstlinge. unter Seinen Geschöpfen aus Israel (Jak 1:18) - und Er liebte sie bis zum Abschluss!

Joh 13:2

"Als das Mahl gehalten wurde und der Widerwirker es dem Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gelegt hatte, dass er Ihn verraten sollte"

Bis ans Ende von Joh 17 nehmen wir nun an dem letzten gemeinsamen Mahl Jesu mit Seinen Jüngern teil. Es ist ergreifend, wie ausführlich Johannes diese letzten Worte, die geradezu testamentarischen Charakter haben, und die im hohenpriesterlichen Gebet (Joh 17 enden, niederschrieb.

Aber am Anfang steht ein andere bewegende Szene: Der Widerwirker persönlich war aktiv und legte der Verrat in das Herz des Judas. Wir wollen und können Judas nicht in Schutz nehmen, aber wir müssen bedenken, was über ihn ausgesagt ist. So lesen wir heute, dass der Widerwirker den verrat in sein Herz legte. Dies bedeutet doch, dass das adamitische sündhafte Erbe, welches auch in Judas war, ganz offensichtlich nicht ausreichte, um ihn zu dem Verrat zu verführen! Satan höchstpersönlich musst in seinem Herzen wirken, um ihn dazu fähig zu machen!

Das Herz ist das Zentrum unseres ganzen Wesens. Schon in 1Mo 8:21 sagt Ieue Alueim: "das Gebilde des Herzens des Menschen ist böse von seiner Jugend an", und diese Aussage durchzieht die ganze Schrift wie ein roter Faden. Und trotz dieses im Herzen innewohnenden Bösen musste Satan nachhelfen. Wenn wir hierzu noch in Lk 22:3 lesen: "Und fuhr aber Satan in Judas", so ergibt sich eher jenes Bild eines Besessenen, bei welchem die eigene Persönlichkeit zum großen Teil durch einen fremden Geist verdrängt wurde!

Judas konnt enicht mehr normal und natürlich handeln; er tat nicht mehr das, was Judas Iskariot wollte, sondern was Satan wollte! Kein schwacher Mensch kann in eigener Kraft dem Fürsten der Finsternis widerstehen, Judas war das willen lose Werkzeug in der Hand eines Stärkeren geworden! Der einzige, der die Macht gehabt hätte, Judas zu helfen, Jesus Selbst, machte nicht den geringsten versuch, mit einem Machtwort einzugreifen!

Joh 13:3

"(Jesus aber wusste, dass der Vater Ihm alles in die Hände gegeben hatte und dass Er von Gott hinausgegangen war und wieder zu Gott hingehe)."

Über das Ausgegangensein von und das Hingehen zu Gott haben wir schon ausführlich gesprochen. Aber vielleicht hat uns der gestrige Tag doch innerlich bewegt, wo wir feststellten, dass Jesus sehr wohl die Macht gehabt hätte, dem Satan das Einfahren in Judas zu verbieten, dies aber unterließ.

Heute lesen wir dazu, dass der Vater dem Sohn alles in die Hände gegeben hatte, also auch die ganze Tragik um Judas. Warum. hinderte Er den Satan nicht? Warum ließ Er es geschehen?

In Apg 1:15-20 sagt Petrus aus: "Es musste das Schriftwort erfüllt werden, das der Geist, der heilige, durch den Mund Davids über Judas vorhergesagt hat...". Wir sehen hier, dass Judas' Schicksal von Anfang an feststand, dass Jesus gar nicht eingreifen konnte, weil sich ja die Schrift erfüllen musste. Darüber hinaus beweist aber auch die Aussage Davids in Ps 109:6-8, dass sich Gottes Wort mit äußerster Präzision erfüllt hat und noch erfüllen wird. Das traurige Schicksal des Judas gewinnt hier sogar einen positiven Aspekt.

Der Vater hat Jesus alles in die Hände gegeben - dies bedeutet im tieferen Sinn aber auch, dass Jesus jederzeit die Freiheit gehabt hätte, von Seinem schweren Gang zurückzutreten. Er hob dies gerade jetzt, so kurz vor Seinem Tod, noch einmal besonders hervor, u m zu betonen, dass Er Seine Seele freiwillig hingab, und, da Er ja aufgrund Seiner göttlichen Zeugung die adamitische Sünde nicht in Sich trug, der Tod also keine Macht über Ihn hatte, Er freiwillig die Sünde auf Sich lud und damit erst dem Tod ein. Anrecht auf Ihn gab. Und so wie Er Seine Seele dahingab, so entließ Er auch freiwillig Seinen Geist (Mt 27:50).

Niemand und nichts konnte Ihn daran hindern, auch für uns zum Opferlamm zu werden - es wird für uns ein immerwährender Grund zum Danken sein!

Mt 13:4-5

"... da erhob Er Sich vom Mahl, legte das Obergewand ab, nahm ein Leinentuch und umgürtete Sich damit. Danach tat Er Wasser in das Waschbecken und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch, mit dem Er umgürtet war, abzuwischen."

Der Sohn Gottes hat mit der Welt abgeschlossen, Er ist bereits auf dem Weg "zurück zu Gott". Angetreten hat Er Seinen Rückzug mit der Ankündigung Seines Todes (Joh 12:24), was wir dem Bild der Stiftshütte mit dem Opferaltar gleichstellen können. Heute kommt der nächste Schritt zurück: Die Fußwaschung, welches die zweite Station Seines Rückweges zu Gott darstellt, vorgeschattet in dem Waschbecken.

Um das Handeln Jesu richtig verstehen zu können, müssen wir uns mit der Stiftshütte etwas vertrauter machen, jenem ersten Heiligtum Gottes in der Wüste. Der Hebräerbrief bezeugt uns, dass dieses Heiligtum mit all seinen wunderbaren Einrichtungen ein Beispiel und Schatten der Überhimmlischen ist (Hebr 8:5) bzw. die heiligen Stätten nur Gegenbilder der wahrhaften sind (Hebr 9:24). Damit müsste dies ja auch für uns hochinteressant sein! Aber machen wir uns heute einfach einmal in Gedanken ein Bild, wie dieses Heiligtum ausgesehen hat.

Stellen wir uns ein Rechteck vor, in dessen vorderer Hälfte der Opferaltar, danach das Waschbecken steht, auf der darauffolgenden hinteren Hälfte steht das Zelt, die erste Wohnung Gottes auf Erden. Der Vorhof (der sich nochmals in einen äußeren und inneren Vorhof teilt) wird durch das Eingangstor, bestehend aus einem vierfarbigem Vorhang, betreten. Der Blick fällt auf den ehernen Brandopferaltar und dahinter auf das eherne Waschbecken. Dann kommt das Zelt, das Heiligtum, das sich in das äußere und innere Heiligtum teilt, und als Mittelpunkt das Innerste, das Allerheiligste. In ihm befand sich die Bundeslage, die mit dem Sühnedeckel und den Cherubim bedeckt war. Im Innern der Bundeslade waren der Stab Aarons, der geblüht hatte und reife Mandeln trug, die zwei Gesetzestafeln und der goldene Krug mit Mann aus dem Himmel

Nach dem Gesamtüberblick über den Aufbau der Stiftshütte konzentrieren wir und heute auf den Opferaltar und das Waschbecken.

Interessant ist erst einmal der Standort, wobei auffällt, dass nach dem Eingangstor erst der Opferaltar und danach das. Waschbecken kommt. Wir Menschen würden diese göttliche Reihenfolge sicher umdrehen, in der Annahme, dass der Sünder ja allen Grund hat, sich vor dem Eintreten in den Vorhof zu reinigen - nur gewaschen und rein kann er in die Gegenwart Gottes treten!" Doch diese Auffassung ist falsch! Der Mensch kann sich nämlich nie durch persönliche Anstrengung Gott nähern - er kann es nur durch ein Opfer, das stellvertretend für ihn und seine Schuld Sühnung tut. Allein damit kann er vor dem heiligen Gott bestehen.

Wie wunderbar, dass wir heute auf diese göttliche Anordnung zurückschauen dürfen, und wie dankbar erkennen wir, dass das stellvertretende Opfer auf dem Altar unser Herr war. Für jeden, der durch das Tor eintritt, gibt es keinen anderen Weg als über den Opferaltar, und der Name des Opfers ist JESUS!

Der in dem Namen Jesus gerechtfertigte Mensch kann so mit Gott in Gemeinschaft treten, die aber eine ausgelebte Heiligung bedingt, d.h. dass Bestreben, der geschenkten Stellung im Glaubensleben einen entsprechenden Wandel anzufügen. Dies symbolisiert die anschließende Waschung in dem ehernen Waschbecken.

Die Waschung im Waschbecken symbolisiert die ausgelebte Heiligung, und diese geschieht im Wort Gottes. Beim Studium der Stiftshütte fällt auf, dass Gott bei Bau derselben alles bis ins Detail festsetzte und durch Mose niederschreiben ließ - bis auf das Maß des Waschbeckens; dieses suchen wir vergeblich in der Schrift. Warum gibt Gott ausgerechnet hier keine Größenordnung bekannt?

Eine wunderbare Erklärung finden wir darin, wenn wir bedenken, dass das mit Wasser gefüllte Becken das Wort Gottes ist, in dem wir uns ja waschen. und heiligen sollen. Und Gottes Wort ist ohne Begrenzung! Kein Sterblicher hat es je ausschöpfen können - es ist unmessbar! So sagt schon Ps 119:96: "Ich habe das Ende jeder Vollkommenheit gesehen; doch Dein Gebot (Wort) ist überaus weit."

Wenn wir jetzt auf uns, die Körperglieder Christi Jesu sehen, so lesen wir in Eph 5:25-26: "Ihr Männer, liebt eure Frauen, so wie auch Christus die herausgerufene Gemeinde liebt und Sich Selbst für sie dahin gegeben hat, um sie zu heiligen: sie reinigend durch das. Wasserbad in einem Ausspruch Seines Mundes..."

Was für Israel Gebot war, ist für uns der aus der Dankbarkeit erwachsene. Wandel. In Ihm sind wir nämlich schon reingewaschen - es ist der Liebesdienst Christi Jesu auch an uns! Und weil dies so ist, muss unser Herz in Dankbarkeit überfließen, was in unserem. Wandel und Dienst offenbar wird.

Die Reinigung der Priester, die Waschung der Hände und Füße, war ein besonders strenges Gebot Gottes; die Unterlassung wurde mit dem Tode bestraft (2Mo 30:17-21). Nicht nur der. Brandopferaltar, auch das Waschbecken ist heilig (2Mo 30:29). Dies zeigt uns die Verantwortung, die auf dieser Waschung lag - die ausgelebte Heiligung! Wenn Jesus in Joh 17:17 sprach: "Heilige sie in Deiner Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit!" - wie tief muss uns das alles beeindrucken!

Eines der vornehmsten Werke der Priester war und ist das Gebet. Aaron und seine Söhne sollten ihre Hände und Füße waschen, bevor sie das Zelt betraten (2Mo 20:19), was bedeutet, das , wenn sie die Hände zu Gott emporheben, diese rein sein mussten. Jesus konnte die Würde des Amtes eines Hohenpriesters während Seiner Erdenzeit nicht ausüben, weil Er als Sohn Davids aus dem Stamm Juda war. Allein den Söhnen Aarons aus dem Stamm Levi war dieser Dienst vorbehalten (Hebr 7:13-14; Hebr 8:4). Der Vater verlieh dem Sohn erst nach Seiner Auferstehung und Himmelfahrt durch einen besonderen Eidschwur das Priesteramt für den Äon (Hebr 7:14-21). Der Herr maßte Sich Selbst diese Würde nie an, sondern der Vater verlieh sie Ihm, indem Er sprach: "Mein Sohn bist Du!" (Hebr 5:5).

Aarons Dienst geschah in aller Schwachheit in der Stiftshütte, der Herr übt Seinen Dienst als Hoherpriester in der Herrlichkeit der Überhimmel im wahrhaftigen Heiligtum aus, und dieser Dienst ist für die Äonen gültig, bis in der Vollendung auch das Priestertum Christi nicht mehr nötig sein wird, weil dann Gott alles in allen ist!

Joh 13:6-7

"Er kam dann zu Simon Petrus. Der aber sagte zu Ihm: Herr, Du wächst mir die Füße? Da antwortete Jesus: Was Ich tue, weißt du jetzt nicht, du wirst es aber danach erfahren!"

Nachdem Jesus Sein Oberkleid abgelegt hatte und mit dem Leinentuch umgürtet war, wusch Er die Füße Seiner Jünger. Er erstaunt, dass sich nur Petrus gegen diesen Dienst sträubte - er war offensichtlich der einzige, der nicht dulden wollte, dass der Sohn Gottes an ihm diesen niedrigen Dienst verrichtete.

Die Antwort Jesu ist weitreichend. Für Petrus lag ja das, was sich in den nächsten Tagen ereignen würde, noch in der Zukunft. Zwar hatte der Herr immer wieder Seinen Tod, ja sogar Seine Erhöhung am Kreuz angedeutet, doch wie wenig Petrus dies fassen konnte, geht aus seinem weiteren Verhalten hervor.

Petrus musste etwas über sich ergehen lassen, was er (noch) nicht verstehen konnte. Erkennen wir uns, liebe Geschwister, darin nicht auch? Kommen nicht auch an uns immer wieder Dinge heran, die wir (noch) nicht verstehen? Angenehme, aber auch unangenehme Dinge? Und wie oft sträuben wir uns, ja lehnen uns dagegen auf?

Vor mir sehe ich eine schöne Spruchkarte, geschrieben von einem lieben Bruder: "Im Stillesein liegt eure Macht!" Ja, "Stillesein" ist nicht unbedingt eine menschliche Stärke, viel lieb er setzen wir uns zur Wehr. Welch trostreiche Worte lesen wir da in Röm 8:26-28: "In derselben Weise aber hilft auch der Geist unserer Schwachheit (Kleinglauben) auf; denn das, was wir beten sollten (in Übereinstimmung mit dem, was sein muss), wissen wir nicht, sondern der Geist selbst verwendet sich für uns mit unausgesprochenem Ächzen. Der aber die Herzen erforscht, weiß, was die Gesinnung des Geistes ist, weil er sich gottgemäß für Heilige verwendet. Wir wissen aber, dass Gott denen, die Gott lieben alles zum Guten zusammenwirkt".

Joh 13:8

"Petrus entgegnete Ihm: Keinesfalls sollst Du mir für den Äon die Füße waschen!"

Jesus war, wie wir bereits schrieben, auf dem Weg zurück zu Gott. Seinen Tod hatte Er in aller Deutlichkeit angekündigt, nun schritt Er vom Altar zum Waschbecken. Aber wie hätte Er dem Petrus dies alles sagen und verdeutlichen können? Es gab für Petrus nur den Weg der Erfahrung und erst später den Empfang und die Führung des heiligen Geistes. Darauf vertröstete ihn der Herr.

Doch Petrus genügte die Antwort nicht. Von seinem Charakter her kennen wir ihn als sehr impulsiv und temperamentvoll - dies mag auch der Anstoß für seinen erneuten Einspruch gewesen sein. Seine Worte. "Keinesfalls sollst Du mir für den Äon die Füße waschen" können wir mit anderen Worten so verstehen: "Herr, ich lasse nicht zu, dass Du mir die Füße wäschst, weder jetzt noch im kommenden Äon des Königreiches!"

DAs Verhalten des Petrus weckt Verständnis, wusste er doch längst in seinem Herzen, wer Jesus war. Die umgekehrte Situation wäre mehr in seinem Sinn gewesen!

Aber Jesus demonstrierte mit Seinem Dienst an den Jüngern noch etwas anderes. Wenn Er, als der Sohn Gottes, zu diesem niedrigsten Diest bereit ist, sollen es seine Nachfolger auch sein! Viele sind inzwischen Seine Jünger geworden, viele haben Ämter in den Gemeinden angestrebt, sind ganz vorne am Lehrpult gestanden - aber kaum einer wollte nach unten, wollte diesen Dienst, den Jesus an Seinen Jüngern tat, nachvollziehen.

Für uns, die Körperglieder, ist die Fußwaschung kein Gebot, aber vielleicht ist es auch nur die Gesinnung Christi Jesu, die wir anstreben sollten, und die weist uns mehr auf die unteren als auf die hohen Wege!

"Petrus entgegnete Ihm: Keinesfalls sollst Du mir für den Äon die Füße waschen! Jesus antwortet ihm: Wenn Ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an Mir."

Wir wollen an dieser Stelle kurz aufzeigen, wie inkonsequent oft traditionelle Übersetzungen sind und in welcher Art man unbequeme Aussagen umging. Das griechische Wort "aion" wurde ja fast einhellig mit "Ewigkeit" übersetzt. Bei unserem Leitvers kamen Luther, Elberfelder usw. in Schwierigkeiten, und so übersetzten sie freihand das Wort "aion" mit "nimmermehr"! Dies ist aber nur ein einziges Beispiel. Da wir heute die konkordante Übersetzung haben, die gerade solche menschlichen Fehler ausschließt (indem sie für jedes Urtextwort stets das gleiche deutsche Wort benutzt), sollte eigentlich jeder aufrichtig im Wort Gottes forschende auch diese wertvolle Übersetzung besitzen.

Jesi Antwort auf des Petrus neuerlichen Einwand ist nun deutlicher, und Petrus muss wohl erkannt haben, was der Herr mit der Fußwaschung zum Ausdruck bringen wollte. Inwieweit Petrus als einfacher Fischer mit den alten Schriften vertraut war, wissen wir nicht. In 2Mo 30:17-20 lesen wir von den Geboten Jewes, die Aaron und seine Söhne betrafen. Bevor sie das Zelt betraten und damit in die Gegenwart Gottes kamen, mussten sie in dem ehernen Waschbecken ihre Hände und Füße waschen.

Anteil an Christus kann nur der haben, der gewaschen ist (von der Sünde). Da jedoch der Mensch unfähig ist, sich selbst von der Sünde zu waschen, symbolisierte Jesus den Jüngern mit Seinem Dienst, dass Er sie von jeglicher Sünder abwaschen würde, und dies durch Seinen Opfertod am Kreuz.

Der unterste Dienst Jesu an den Füßen Seiner Jünger zeigt auch die unterste Todesart an, mit welcher diese Waschung verbunden war, den Tod, hängend an einem Schandpfahl!

Joh 13:9-11

"Darauf erwiderte Ihm Simon Petrus: Herr, nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt! Da sagte Jesus zu ihm: Wer gebadet ist, braucht sich außer den Füßen nicht weiter waschen, er ist ganz rein. So seid auch ihr rein, jedoch nicht alle. Denn Er wusste um Seinen Verräter, deshalb sagte Er: Nicht alles seid ihr rein."

Nachdem Petrus die Handlung besser verstehen konnte, verlangte er, spontan und kühn wie er war, sogleich mehr als die Waschung seiner Füße.

Erinnern wir uns an die Worte Jesu: "Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an Mich glaubt, wird für den Äon leben, wenn er auch stirbt" (Joh 11:25). Hier ist das reinigende Bad aufgezeigt, welches äonisches Leben verheißt. Die Jünger glaubten an ihren Herrn, sie waren zutiefst überzeugt, dass Er der Sohn Gottes ist, der verheißene Messias für Israel. Dadurch und im Glauben an Seine Worte waren sie gebadet und rein!

Da sich die Jünger aber buchstäblich noch in der Welt befanden, d.h. mit ihren Füßen noch auf der Erde gingen (wiewohl sie Jesus aus der Finsternis dieses Weltsystems herausgerissen und in das Licht der Liebe Gottes gestellt hatte), konnte nicht vermieden werden, dass ihr Füße ständig staubig wurden. Sie mussten daher täglich gereinigt werden.

Dieses Bild steht für Israel! Doch Sinngemäßes lesen wir, auf uns gemünzt, bei Paulus: "In Ihm haben wir die Freilösung durch Sein Blut, die Vergebung der Kränkungen nach dem Reichtum Seiner Gnade, die Er in uns überfließen lässt" (Eph 1:7-8). Durch Sein Blut sind auch wir freigelöst, und zwar für alle Zeiten - aber auch wir sind noch von der Welt umgeben, und keiner von uns kann behaupten, dass er das Herz des Vaters nie mehr gekränkt hätte! Aber auch diese (täglichen) Kränkungen sind abgewaschen; bei den Jüngern waren es die Hände des Herrn, bei uns ist es der überfließende Gnadenstrom, der täglich Vergebung dieser Kränkungen Gottes bewirkt!

Joh 13:12-15

"Als Er nun ihre Füße gewaschen, Sein Obergewand genommen und Sich wieder niedergelassen hatte, sagte Er zu ihnen: Erkennt ihr, was Ich an euch getan habe? Ihr redet Mich mit Lehrer und Herr an; und ihr sagt es trefflich, denn das bin Ich. Wenn nun Ich, der Herr und Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen. Denn Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie Ich an euch getan habe."

In diesem Leittext spricht Jesus jetzt ganz direkt den Dienst und Wandel an. Dabei dachte Jesus sicherlich weniger an die buchstäbliche Nachahmung der Fußwaschung, sondern vielmehr an das Symbol, welches diese Fußwaschung darstellte: Sich untereinander zu dienen - sich nicht vor den niedrigsten Diensten zu scheuen - gerade die im Rampenlicht Stehenden (z.B. die Lehrer im Wort Gottes) sollten ganz besonders zu den untersten Diensten bereit sein.

In den Gleichnissen von Mt 25:21 und Lk 19:17 wird die Treue der Sklaven hervorgehoben, die Weniges u nd Geringes zu verwalten hatten und dafür am Ende reichlich belohnt wurden.

Die Glieder der Königreichsgemeinde müssen sich ständig mühen und allen Fleiß darauf verwenden, durch edle Werke ihre Berufung und Auserwählung zu bestätigen (2Petr 1:10), ein Abfallen, abgeschnitten, ja sogar Ausgespien-werden ist jederzeit möglich! Wir, die herausgerufene Körperschaft Christi Jesu müssen diese Befürchtung nicht haben, aber unser Dienst und Wandel sollte dieselben Merkmale aufweisen, wie sie oben angeführt sind.

Israel ist Verwalter des Gesetzes, wir hingegen sind Verwalter der überströmenden Gnade Gottes. Das Bewusstsein, dass alles, was wir haben, Gnade und Gaben vom Herrn sind, sollte uns eigentlich demütig machen und uns auch vor niedrigsten Dienste nicht zurückschrecken lassen.

"Wenn nun Ich, der Herr und Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen. Denn Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie Ich an euch getan habe."

"Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus ist" (Phil 2:5). Die Gesinnung Jesu war im Hinblick auf Israel nicht anders als im Hinblick auf uns, sie hat sich im Verlauf der zwei Jahrtausende nicht geändert und wird sich auch nie ändern. Das Beispiel Jesus bezieht sich also nicht nur auf Seine Jünger, sondern auch Paulus wird inspiriert, uns zu ermahnen, Seine Gesinnung zu der unseren zu machen.

Wie betrüblich muss es für den Herrn sein, wenn bei zwar rechter Erkenntnis doch ein entsprechender würdiger Wandel in Demut fehlt. In Tit 2:9-10 lesen wir: "Sklaven sollen sich den eigenen Eignern unterordnen, in allem wohlgefällig sein, nicht widersprechen, nichts unterschlagen, sondern alle gute Treue erweisen, damit sie die Lehre Gottes, unseres Retters, in allem schmücken mögen." Der hohe Zweck eines untergeordneten Dienstes in aller Treue ist also ein Schmuck der Lehre Gottes. Welch ein Ansporn wird uns doch damit zu einem demütigen Wandel gegeben.

Ein solcher Wandel muss aber ständig gepflegt werden; maßgebend ist hier das Lesen. und Ausleben des Wortes Gottes, gegründet auf ständigem inbrünstigem Gebet.

Man kann sich aber auch viel biblisches Wissen ohne einen entsprechenden Wandel aneignen. Aber solches ist schmucklos und trocken, zumeist auch lieblos und überheblich. Es wird zu einem reinem Kopfwissen! Hierzu sagt Paulus in 1Kor 8:1b treffend: "Doch bloße Erkenntnis macht aufgeblasen, die Liebe aber erbaut." Und wahre Liebe strebt die Gesinnung unseres Herrn an, und Seine Gesinnung ist stets auf Demut ausgerichtet.

Joh 13:16-17

"Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Ein Sklave ist nicht größer als sein Herr, noch ein Apostel größer als der, der ihn gesandt hat. Wenn ihr das wisst - glückselig seid ihr, wenn ihr es tut!"

Mit den Worten: "Wahrlich, wahrlich" betonte Jesus immer wieder die Wichtigkeit Seiner Worte. Das heute Gesagte stellt eine Zusammenfassung des vorher Ausgesagten dar. Und wie nötig ist es, dass wir alle diese Worte beherzigen, liegt es doch tief in unserer menschlichen Natur eingebettet, dass wir immer gern über den anderen stehen wollen. Dabei soll nicht übergangen werden, dass sich auch manch Gläubiger, bewusst oder unbewusst, mit seiner zur Schau gestellten Frömmigkeit über den vermeintlich weniger Frommen stellen möchte.

So wie die Jünger, und mit diesen alle Gläubigen, sich untereinander dienen und unterordnen sollen, so bewies Jesus in Seinem Erdenleben immer wieder seine Unterordnung unter den Vater. Immer unterstand der Gesandte dem Sendenden - also der. Sohn unter dem Vater! Damit wird dokumentiert, dass es keine Gleichstellung zwischen Vater und Sohn gab. und gibt - diese ist unmöglich, wo einer hingeht, um den Willen des anderen auszuführen.

Der Sohn kam, um den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass Jesus sagte: "Meine Speise ist die, dass Ich den Willen dessen tue, der Mich gesandt hat, und Sein Werk vollendet" (Joh 4:31). "Speise" ist etwas, was der Mensch täglich braucht, was ihm normalerweise ein Genuss ist. Und so war es für den Herrn ein ständiger Genuss, in dem Willen des Vaters zu leben, ihn auszufüllen, führ Ihn zu sterben (wobei wir den Genuss und die Freude, des Vaters Willen auszuführen, von dem seelischen Leiden der Schmach, die auf Ihn zukamen, auseinanderhalten wollen).

Bezeichnung des Verräters

Joh 13:18-19

"Nicht von euch allen sage Ich es; denn Ich weiß, welche Ich erwählt habe; ab er, damit die Schrift erfüllt werde: Der mit Mir das Brot isst, erhebt seine Ferse gegen Mich. Schon. jetzt sage Ich es euch, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, auch glaubt, dass Ich es bin."

"Glückselig seid ihr, wenn ihr es tut!" mit diesem Worten schloss der gestrige Vers ab. Die Jünger durften die berechtigte Hoffnung haben, diese "Glückseligkeit" zu erlangen, hatten sie doch ihren Herrn von Herzen lieb.

Einen der Zwölf aber schloss Jesus von dieser Glückseligkeit aus, Judas Iskariot. Er war zwar auch ein Erwählter, denn er folgte ja nicht von sich aus Jesus nach, aber sein Los war ein anderes als das der übrigen Jünger.

Damit stehen wir vor dem überaus wichtigen, aber auch heiß umstrittenen Thema der Auserwählung Gottes. Fällt es schon einer Großzahl von Gläubigen schwer, an eine "Vorherbestimmung" der Menschen zu glauben, weil sie immer noch den vermeintlich freien Willen des Menschen höher einstufen als den souveränen Willen Gottes (obwohl ja die Vorherbestimmung immer wieder im Wort Gottes betont wird - neben unserem Leitvers z.B. auch in Eph 1:4-5), so fällt es noch schwerer, zu glauben, dass auch das Los von Judas vorherbestimmt war! Hier regt sich unser Gerechtigkeitsgefühl, welches sagen möchte: Wie kann Gott Menschen zu solch einer Tat vorherbestimmen, ohne ihm die Chance zu geben, selber entscheiden zu können, ob er sie überhaupt ausführen möchte!

Dort, wo Menschen zur Nachfolge als Jünger oder zur Sohnschaft für Gott Selbst vorherbestimmt sind, finden wir ein freudiges "Ja", aber dort, wo Menschen zur Unehre vorherbestimmt werden - haben wir da auch noch dieses freudige "Ja"?

Das Wort Gottes gibt uns eine Antwort auf die gestrige frage, wir finden sie im 9. Kapitel des Römerbriefes dargelegt und beantwortet.

So stehen in den Versen Röm 9:9-13 die Brüder Jakob und Esau vor uns, beide von Gott auserwählt, no ch bevor sie etwas Gutes oder Schlechtes verübt hatten (V. 11). Und dann lesen wir die uns irritierenden Worte: "Jakob habe Ich geliebt, aber Esau habe Ich gehasst."

Da fängt oft unser menschliches "Folgern" an, doch dem setzt Paulus sofort einen Riegel vor, indem er schreibt: Was wollen wir nun vorbringen? Doch nicht, es gebe Ungerechtigkeit bei Gott! Möge das nicht gefolgert werden!" (V. 14). Und dann wird uns in der Versen Röm 9:15-18 erklärt, dass Erwählung nicht vom Rennen. des Menschen abhängt, sondern von dem Sich erbarmenden Gott: "Demnach erbarmt Er Sich nun, wessen Er will, aber Er verhärtet auch, wen Er will" (V. 18).

Dem hier scheinbar berechtigten menschlichen Einwand: "Was tadelt Gott dann noch?" setzt Paulus gegenüber: "O Mensch, in der Tat, wer bist den du, Gott gegenüber eine solche Antwort zu geben? Das Gebilde wird doch nicht dem Bildner erwidern: Warum hast Du mich so gemacht? Hat der Töpfer nicht Vollmacht über den Ton, aus derselben Knetmasse das eine Gefäß zur Ehre und das andere zur Unehre zu machen?" (Röm 9:20-21).

Diese göttliche Antwort lässt all unser Fragen verstummen, weil sie uns die absolute und souveräne Größe Gottes aufzeigen, aber auch unsere eigene Nichtigkeit.

Die göttliche Antwort, die wir gestern in Röm 9 erhielten, können wir in ihrer Tiefe nur erfassen, wenn und in die Tiefe Gottes Einblick geschenkt wird. Dies geschieht nicht automatisch! Deshalb lesen wir auch in Eph 1:16-18 das vorbildliche und nachahmenswerte Gebet für uns: "...dass ich nicht aufhöre, für euch zu danken und in meinen Gebeten zu erwähnen, dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch geistliche Weisheit und Enthüllung zur Erkenntnis Seiner Selbst gebe...".

Geistliche Weisheit und geistliche Enthüllung zur Erkenntnis Seiner Selbst sind Voraussetzung, um das Handeln Gottes (in unserem speziellen Fall, die Auserwählung und Vorherbestimmung) zu erkennen und auch dazu ein freudiges "Ja" zu haben.

Vorerst wird aber einer aus dem Kreis seine ferse gegen Jesus erheben, Judas Iskariot, und dies, damit die Schrift, die diesen Vorgang in Ps 41:10 voraussagt, erfüllt werde. Judas wurde für den Verrat von Gott erwählt, und er musste ihn ausführen, ob er wollte oder nicht. Und wenn auch sein Verlorengehen und der Verlust seines Aufseheramtes hervorgehoben wird, so wird Judas dennoch einmal vor seinem gerechten Richter stehen und sein Verlorensein wird ein Ende haben!

Jesus musste den Glauben seiner Jünger stärken; Er wusste, dass sie der V errat des Judas, einem aus ihrer Mitte, und Sein darauf folgender Gang ans Kreuz stark anfechten würde. Seine voraussagenden Worte gaben ihnen, als alles eintraf, neue Zuversicht und Kraft.

Wenn wir erkennen durften, dass Gott Sich Gefäße zur Ehre wie auch zur Unehre macht, dann lässt uns Gott aber auch erkennen, dass Ihn das Schicksal der Letztgenannten durchaus nicht unberührt lässt. In Christus Jesus, Seinem getreuen Abbild, wird uns das göttliche Mitgefühl aufgezeigt; so kann uns das Los des Judas auch dienlich sein.

In Mt 26:24 lesen wir: "Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, so wie es von Ihm geschrieben steht; doch wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird! Schön wäre es für Ihn (Jesus), wenn jener Mensch nicht geboren wäre!" Die herkömmlichen Übersetzungen beziehen den letzten Satz auf Judas. Für Judas wäre es schön gewesen, wenn er nicht geboren wäre - doch damit wird die sich klar auf Jesus beziehende Aussage entstellt.

Wie muss der Anblick des Judas den Herrn bewegt haben!" Elf treue, vertrauensvolle Menschen, die Ihn umgaben, aber der Zwölfte war ein Dieb und würde Ihn um ein paar Silberlinge verraten. Ging das spurlos an Ihm vorbei? Fügte Er Sich darein, dass ja die Schrift erfüllt werden müsse? Die Worte in Mt 26:24 lassen uns etwas anderes ahnen! Für Jesus wäre es schön gewesen, wenn Judas nicht geboren wäre - und die will besagen, dass Ihn das Los des Judas bewegt hat, dass es Ihn traurig stimmte, dass Er mit diesem Menschen mitfühlte, dass Judas Seine Seele zusätzlich bedrückte!

Unser Herr litt wegen Judas, einem Gefäß der Unehre, und ist auch darin das Abbild des unsichtbaren Gottes!

Joh 13:20

"Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer den aufnimmt, den Ich senden werde, nimmt Mich auf; wer aber Mich aufnimmt, nimmt den auf, der Mich gesandt hat."

Wieder steht eine hervorgehobene Aussage Jesu vor uns, die uns ob der Wortwahl etwas verwirrt. Im Gesamtzusammenhang gehört dieser Vers noch zum Thema "Fußwaschung" und bezieht sich auf den Dienst an und für den Herrn.

In Mt 10:16 lesen wir: "Siehe, Ich schicke euch wie Schafe mitten unter die Wölfe." Jesus sah voraus, wie schwer der Dienst für Ihn sein würde, auch wusste Er, dass die iHm Dienenden in der Welt nicht nur verachtet, sondern auch verfolgt werden, was bis zur Tötung führen konnte. Die gleichen Pharisäer und Schriftgelehrten, die Ihn umzubringen trachteten, mussten ja auch jene verfolgen, die nach Seinem Tod den Glauben an Ihn weiter verbreiteten. Der Apostel Paulus zählt in 2Kor 11:23-28 auf, was er erdulden und erleiden musst. Oder denken wir nur an die vielen Märtyrer, die allein in diesem Jahrhundert in den Gefängnissen kommunistischer Staaten dahin schmachteten oder ihr Leben lassen mussten.

Durch alle Zeiten hindurch war der Dienst für den Herrn mit Drangsal und Mühe verbunden. Der Herr schätzte deshalb den Dienst für Ihn sehr hoch ein und ordnete an, dass sich die Geschwister untereinander unbedingt helfen müssten. "Wer einen Bruder (oder Schwester) aufnimmt, den Ich senden werde, nimmt Mich auf (und mit Mir auch den Vater)", dies ist eine Mahnung und Verheißung zugleich!

"...reich zu sein in edlen Werken, freigebig zu sein, gemeinschaftlich gesonnen, und sich damit selbst einen trefflichen Grund für das Zukünftige hinterlegend" (1Tim 6:18-19)

Es war das letzte Mahl, dass Jesus mit Seinen Jüngern einnahm, jenen also, die Ihm nach Seinem himmlischen Vater am nächsten standen. Schon in Vers 28 sprach Jesus: "Der mit Mir das Brot isst, erhebt seine Ferse gegen Mich"; von Seiten der Jünger vernehme wir keine Fragen, sie konnten mit dieser Ankündigung noch nichts anfangen.

In unserem heutigen Textwort wurde Jesus deutlicher; Anlass dazu war, dass Er im Geist beunruhigt wurde, und diese Beunruhigung hing mit Judas Iskariot zusammen und dem Bösen, der ihn bereits umlagerte und auf die Gelegenheit wartete, in ihn zu fahren.

Beunruhigung erfolgt in der Regel, wenn etwas nicht in Ordnung ist, wenn ein Störfaktor da ist, wenn etwas bereinigt werden muss. Jesus zeigte hierin eine ganz natürliche menschliche Reaktion. Judas war im Kreis der Zwölf ein solcher Störfaktor, Er hemmte Jesus, das. zu sagen, was Er noch alles auf dem Herzen hatte; es musste also eine Klärung herbeigeführt werden.

Geht es uns, liebe Geschwister, nicht auch ab und zu ähnlich? Wir haben den Wunsch, im Wort Gottes zu lesen, aber wir spüren ein Hemmnis! Etwas beunruhigt uns. lässt unser Gedanken ständig abschweifen, macht uns völlig unkonzentriert. Erst wenn wir das Hindernis behoben oder geklärt haben, kehren wieder die innere Ruhe und der Friede zurück Vielleicht können wir anhand dieses Beispiels unseren Herrn besser verstehen!

Joh 13:23

"Aber einer von Seinen Jüngern, den Jesus liebte, lag bei Tisch an Jesu Seite."

Wir sträuben uns innerlich, von einem "Lieblingsjünger" Jesu zu sprechen, weil dies eine menschliche Bevorzugung wäre, welche die anderen Elf geschmerzt haben müsste. Mit Sicherheit waren die Jünger in ihrem Charakter sehr verschieden, und wir wollen versuchen, im Verlauf dieser vier ingesamt vier Bände immer wieder einen dieser Jünger näher zu betrachten.

Heute bietet sich an, dass wir uns etwas mit Johannes beschäftigen, denn dieser ist es, von dem. unser Textwort redet. Es ist ja schon interessant, dass Johannes, der dieses Evangelium schrieb, sich nicht mit seinem Namen nennt - er schreibt nur von "einem Seiner Jünger".

Johannes war der Bruder des Jakobus, beide waren Söhne des Zebedäus. Und beide Brüder bekamen von Jesus noch den Beinamen: "denen, Er den Namen 'Boanerges' beilegte, das heißt: Söhne des Donners (Mk 3:17).

In Mk 9:38 erkennen wir eine charakteristische Eigenschaft des Johannes: Er ist intolerant!

In Mk 10:35-37 zeigt sJohannes sich (mit seinem Bruder Jakobus) als sehr ehrgeizig und ziemlich egoistisch!

Direkt rachsüchtig erleben wir Johannes (wiederum mit seinem Bruder Jakobus) in Lk 9:54.

Doch Johannes hatte in der Gegenwart Jesu lieben gelernt! Dies geht aus seinen Briefen hervor: 1Jo 2:9-10; 1Jo 3:14-18; 1Jo 4:7-11. In über 25 Stellen weist Johannes in seinen drei Briefen auf die Liebe Christi Jesu hin.

Wir sehen, aus dem "Sohn des Donners" ist ein Sohn der Liebe Christi geworden - vielleicht darf uns heute Johannes etwas näher gekommen sein!

Joh 13:24-26

"Diesem winkte Simon Petrus nun zum, sich. zu erkundigen, wer er sei, von dem Er gesprochen hatte; und er bat ihn: Sage uns, wer es ist, den Er damit meint! Jener nun lehnte sich somit an Jesu Brust zurück und fragte Ihn: Herr, wer ist es? Jesus antwortete dann: Es ist derjenige, dem Ich den Bissen eintauchen und geben werde! Als Er nun den Bissen eingetaucht hatte, nahm Er ihn und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot."

Der direkte Hinweis Jesu: "Einer von euch wird Mich verraten", machte die Jünger offensichtlich ratlos (in Mt 26:22 und Mk 14:19 lesen wir zusätzlich, dass sie betrübt waren). Keiner von ihnen schien Judas zu verdächtigen, was darauf schließen lässt, dass dieser bisher in keinster W eise unangenehm aufgefallen war.

Unter den Jüngern ging nun die bedrückende Frage um: Wer ist es? Dabaei erstaunt uns ganz besonders, dass nach Mt 26:25 auch Judas fragte: "Ich bin es doch nicht etwa; Rabbi?" In Joh 13:2 lasen wir bereits, dass der Widerwirker den Verrat dem Judas schon ins Herz gelegt hatte (aber er war noch nicht in ihn gefahren); dem Judas war also sein Vorhaben sehr wohl schon bewusst. Die böse Absicht machte somit Judas auch noch zu einem Heuchler, denn wie anders könnten wir sonst seine scheinheilige Frage verstehen!

Den Gedanken des Verrats folgt also die Heuchelei - wie mag es dabei im Herzen des Judas ausgesehen haben! Und wie muss sein Herz gebrannt haben, als ihm der Herr kurz zuvor auch noch die Füße wusch!

Wir sind mitten in dem Geschehen, was wir traditionell als "das Abendmahl" bezeichnen. In Mt 26:26-28 lesen wir. "Als sie aßen, nahm Jesus das Brot, segnete und br ach es, gab es den Jüngern und sagte: Nehmt, esst! Dieses ist Mein Körper. Dann nahm Er den Becher, dankte ung gab ihnen den und sagte Trinkt alle daraus! Denn dieses ist Mein Blut des neuen Bundes, das für viele zur Erlassung der Sünden vergossen wird".

In Lk 22:21 lesen wir im Anschluss an obiges Wort: "Indessen, siehe, die Hand Meines Verräters ist mit Mir auf dem Tisch". Damit ist klar, dass Judas an diesem Abendmahl teilgenommen hatte! Im ersten Absatz lesen wir, dass Jesus alle aufgefordert hat, aus dem Becher zu trinken, auch den Judas! Warum betonte Er "alle"? Wohl doch nur aus dem einen Grund, weil Er andeuten wollte, dass das. Blut der Versöhnung auch für Judas ausreichen wird.

Es muss u ns tief ergreifen, wenn wir innerlich mitgehen, was dort an Judas geschah. Wir hätten Judas vielleicht schon vorher weggeschickt, doch unser Herr lehrt uns, dass auch Judas - oder gerade er - das Blut der. Versöhnung annehmen durfte, und dies, obwohl er den Verrat im Herzen hatte. Jesus schickt Judas nicht hinaus in die Nacht und in die Ferne von Ihm, ohne ihm das Wort der Versöhnung mit auf den Weg zu geben!

So gewinnt auch der Name "Judas" eine Bedeutung, denn er lautet übersetzt "zujauchzen" oder "Lobpreis". Wird nicht auch einmal Judas seinem Herrn zujauchzen und Ihn lobpreisen, und dies aus ganzem Herzen?

Joh 13:27

"Und dann, nach dem Bissen, fuhr der Satan in jenen. Darauf sagte nun Jesus zu ihm: Was du tun willst, tue bald!"

Es ist wunderbar, wie uns Gott in Seinem Wort Schritt für Schritt voranführt, oft nur in winzigen Schritten, die aber so vieles in sich bergen. So ist es für uns bewegend, dass Satan offensichtlich erst in Judas einfahren durfte, als dieser von dem Becher getrunken und den ihm durch den Herrn dargereichten Bissen gegessen hatte! Wir dürfen davon ausgehen, dass Satan schon einige Zeit um Judas herum war und dass der Herr ihn sehr wohl wahrnahm. Auch diese unmittelbare Gegenwart des Fürsten der Finsternis mag dazu beigetragen haben, dass Jesus im Geist beunruhigt war (wobei dies nicht als Furcht auszulegen ist, sondern im Sinn von Unbehagen, welches Jesus in der Nähe des Widerwirker hatte.)

Es ist beachtlich, dass Satan in der Regel nicht selber in Menschen fährt, dies überlässt er den Dämonen. Man muss diesen persönlichen Einsatz Satans als eine ungewöhnliche Ausnahme sehen. Der Grund ist klar: We wir schon sahen, war Judas von Natur aus nicht verderbt genug, um den Herrn zu verraten. Satan überließ in diesem Fall die Beeinflussung nicht den untersten Dämonen, sondern weil ihm diese Angelegenheit so wichtig war, weil es um den ins Fleisch gekommenen Sohn Gottes ging, griff er selbst ein.

In den Worten "Was du tun willst, tue bald!" können wir sehen, dass Jesus den Judas nunmehr so schnell wie möglich aus dem Kreis ausschließen wollte - aber wir können darin auch Sein unendliches Mitgefühl, Seine Liebe und Barmherzigkeit sehen. In Ps 41:10 lesen wir: "Sogar der mir wohlgesinnte Mann, welchem ich vertraute, der mein Brot aß, erhebt seine Ferse gegen mich." Hier ist zweifellos Judas vorgeschattet, zitiert doch der Herr im zurückliegenden Vers 18 diesen Psalm, aber nur die z weite Hälfte! F. H. Baader übersetzt statt "der mir wohlgesinnte Mann" mit ""der Mann meines Friedens". Judas Iskariot - der Mann Seines Friedens! Lassen wir diese Aussage doch einmal auf uns einwirken!

Joh 13:28-30

"Aber niemand von denen, die zu Tisch lagen, erkannte, wozu Er ihm das sagte. Einige meinten nämlich, weil Judas die Kasse hatte, dass Jesus zu ihm sagen wollte: Kaufe, was wir zum Fest brauchen, oder dass er den Armen etwas geben solle. Nachdem jener nun den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht."

Trotz des unmissverständlichen Hinweises auf Judas als Verräter, war es für Jünger offenbar immer noch ganz unmöglich, dass es Judas sein sollte. Dies spricht, was dessen Verhalten im Kreise der Jünger betrifft, sicher für ihn!

Nachdem er nun den Bissen gegessen hatte, und der Satan ihn ihn gefahren war, lesen wir über den Sohn Seines Friedens: "...ging er sogleich hinaus."

Wenn wir wissen möchten, was es für Jesus bedeutete: "Der Mann Meines Friedens", so brauchen wir nur uns selbst zu fragen: Wer ist der Mann unseres Friedens, d.h. wer ist der, ohne dessen Liebe wir nie zur Stillung unseres tiefsten Sehnens gelangen könnten? Es ist für uns Jesus, der Sohn des lebendigen Gottes!

Und nun kommt etwas Wunderbares: Jesu Herzensfrieden hat demnach etwas mit der Gegenliebe und Einstellung des Judas zu tun!

Gerade weil Jesus von der abgrundtiefen Verlorenheit des Judas wusste, brannte Seine noch tiefere Retterliebe aufs wundersamste für Seinen auserwählten Jünger. Für Jesu sist gerade Judas der Mann Seines Friedens, weil dieser am dringendsten Seine Hilfe braucht und weil Er erst dann zutiefst Frieden haben kann (auch wenn Er schon jetzt im Vater den vollkommenen Frieden hat), wenn auch Judas in S einen Frieden eingehen wird!

Und so geht Judas hinaus in die Nacht, welche auch symbolisch seinen inneren Zustans aufzeigt - und doch trägt er auch den Schimmer der Morgenröte in sich, den Trunk aus dem Becher, das Blut der Versöhnung!

Das neue Gebot: Liebe

Joh 13:31-33

"Als er dann fortgegangen war, sagte Jesus: Nun wird der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott wird in Ihm verherrlicht. Wenn Gott in Ihm verherrlicht wird, wird Gott Ihn auch in Sich Selbst verherrlichen, und sogleich wird Er Ihn verherrlichen. Kindlein, noch kurze Zeit bin Ich bei euch, dann werdet ihr Mich suchen. Und wie Ich den Juden gesagt habe, sage Ich jetzt auch euch: Wohin Icvh gehe, dahin könnt ihr nicht kommen."

Judas entschwindet in der Nacht des Verrats, doch hören wir von Jesus dazu nichts Erklärendes oder Nachteiliges über Judas, sondern in wunderbarer Erhabenheit erklärt Er die kommende Verherrlichung des Vaters und des Sohnes. Aber nicht nur dieses fünfmalige Verherrlichtwerden verkündet Jesus im Anschluss an die ersten Schritte des Verrats durch Judas, sondern es folgen weiter die wunderbaren Worte Jesu durch die Kapitel Joh 13-17 und schließen dort mit der Liebe, in die Er vom Vater schon vor dem Niederwurf der Welt eingehüllt war.

Nachdem Judas, und mit ihm ja auch der Satan, den Raum verlassen hatten, fühlte Sich Jesus befreit. Der Verräter ging seinen schweren Gang, und jetzt konnte Sein feinfühliger Geist das sagen, was nur noch die übrigen Elf anging: Es waren heilige Enthüllungen.

Zum ersten Mahl nennt Jesus Seine Jünger fast zärtlich "Kindlein" und leitet damit über, dass Er nur noch ganz kurze Zeit bei ihnen sein würde. Wieviel Liebe, wieviel Fürsorge und wieviel Zuspruch liegt doch in dieser neuen Anrede "Kindlein"! Er wusste, dass sie Ihn suchen würden, dass es für sie ohne Ihn schwer sein müsste und dass sie Ihm nicht in die überhimmlischen Regionen folgen konnten. Aber sie sollten lernen, sich von Seiner körperlichen Gegenwart zu lösen, dafür aber Seine geistige Gegenwart anzunehmen - ein Weg, wobei ihnen Seine folgenden Worte hilfreich waren!

Joh 13:34-35

"Ein neues Gebot gebe Ich euch, dass ihr einander liebt; so wie Ich euch geliebt habe sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt."

"Gott ist Liebe", und als solcher liebt Er Seine gesamte Schöpfung, ohne Ausnahme! Auch jene Geschöpfe, die Ihm heute noch feindselig gegenüberstehen, sind in diese Liebe eingeschlossen. Das hat Gott so bestätigt: "Denn Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme" (Röm 11:32).

An diesem Opfer erkennen wir in der Tat die ganze, unvorstellbar große Liebe Gottes zu all Seinen Geschöpfen!

Aber Seine Auserwählten und Heiligen liebt Er in besonderer Weise. Sie sind Seine Geliebten, in gleicher Weise wie Sein SohnSein Geliebter ist. Wenn wir dies erkannt haben, dann begreifen wir ein wenig besser, was es. heißt: "In der Liebe hat Er uns für Sich zum Sohnesstand durch Christus Jesus vorherbestimmt, nach dem Wohlgefallen Seines Willens" (Eph 1:5). Und Seine Liebe zu uns ist überreich und unerschöpflich (Eph 2:4). Weil wir aber so schwer von Begriff sind und darum auch nicht so dankbar, wie wir sein sollten, "Darum hebt Gott uns gegenüber Seine dadurch hervor, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren (Röm 5:8). Er will. uns eindrücklich sagen: "Darin besteht die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass Er uns liebt und Seinen Sohn zur Sühne für unsere Sünden gesandt hat" (1Jo 4:10).

Diese Erkenntnis ist so wichtig, dass wir ihr ganz besondere Beachtung schenken sollten. Nicht umsonst betet Paulus so ernstlich für alle Heiligen: "Der Herr aber richte eure erzen auf die Liebe Gottes und auf der Erdulden des Christus hin" (2Thes 3:5).

Mit dem Gebet Pauli, mit dem wir den gestrigen Tag abschlossen, ist zugleich darauf hingewiesen, dass nicht nur der Vater uns liebt, sondern gleicherweise auch der Sohn. Er kann sagen: "So wie der VaterMich liebt, habe auch Ich euch geliebt" (Joh 15:9); und darum hat Er Sich ja für uns hingegeben.

Diese überfließende Liebe des Vaters und des Sohnes ist uns aber auch ein Vorbild und Maßstab für unsere Liebe: "Als geliebte Kinder werdet nun Nachahmer Gottes und wandelt in Liebe, so wie auch Christus euch liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch" (Eph 5:1-2). Hier wird uns das Wesen der wahren Liebe deutlich gemacht. Sie ist Opferbereitschaft und Selbsthingabe!

Vom Vater und vom Sohn stammt auch unsere Fähigkeit, ebenfalls lieben zu können - aber nur dadurch, dass die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist, durch den uns gegebenen heiligen Gesit (Röm 5:5). Doch dieser heilige Geist ist nicht ein Geist der Verzagtheit oder der Schwäche, sondern ein Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft (2Tim 1:7). Dies erbringt die neunfache Frucht hervor, wie sie Gal 5:22 schildert und an deren Spitze die Liebe steht!

Geistgewirkte Liebe hat aber nichts zu tun mit fleischlicher oder seelischer Liebe. Diese wäre niemals tragfähig, auch nicht opferbereit bis zur Selbsthingabe! Sie würde in der Regel immer nur begehren, aber kaum einmal ihre Erfüllung im Geben suchen. Aber geistgewirkte Liebe entspricht durchaus den Forderungen von 1Kor 13 in vollem Umfang!

Unsere Liebe sollte in erster Linie Gott, unserem Vater, und zwar in unserem Herrn Jesus Christus gelten, so wie Johannes sagt: "Wir lieben Gott, denn Er hat uns zuerst geliebt" (1Jo 4:19). Die ist auch Gottes berechtigte Erwartung. Es ist Sein Ziel, einmal von all Seinen Geschöpfen, ohne Unterschied, geliebt und verherrlicht zu werden. Heute erwartet Er dies von Seinen Auserwählten, Heiligen und Geliebten. Es sollte darum unser erstes Anliegen sein, uns diese Befähigung immer wieder neu schenken zu lassen.

Diese Liebe hat sogar Verheißungen: "Wir aber wissen, dass Gott denen, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt - denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind" (Röm 8:28). Auch hier wird wieder zum Ausdruck gebracht, dass Seine Geliebten in Seinem Vorsatz berufen sind, auch Ihn zu lieben. Und noch eine herrliche Verheißung lesen wir für die Gott Liebenden: "Was kein Auge gewahrt und kein Ohr gehört hat und wozu kein Menschenherz hinaufgestiegen ist, all das hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben" (1Kor 2:9).

Wir dürfen aber nicht außer acht lassen, dass diese herrlichen Verheißungen stets die betonte Einschränkung haben: "denen, die Ihn lieben!"

Dass wir Ihn lieben, können wir am einfachsten und eindrücklichsten dadurch bezeigen, dass wir Seine Auserwählten und Heiligen lieben - dass wir uns untereinander lieben!

Mit dem gestrigen Schlusssatz sind wir bei der Kernaussage unseres Leitverse angelangt. Dieser Leitvers gilt, wie wir in den vergangenen Tage gesehen habe, auch uns, der herausgerufenen Gemeinde der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade.

Es war ein häufiges Gebetsanliegen des Apostels Paulus, dass die Heiligen die in ihre Herzen ausgegossene Liebe praktizieren möchten: "Euch aber lasse der Herr zunehmen und überfließen in der Liebe zueinander und zu allen" (1Thes 3:12). Oder gleicherweise: "Und dafür bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr in Erkenntnis und allem Feingefühl dazu überfließe..." (Phil 1:9).

Wir wollen ebenfalls den Herrn bitten, dass Er u ns vermehrt schenke, dass wir uns vor Seinen Augen - aber auch untereinander - als Auserwählte, Heilige und Geliebte Gottes bewähren, zur Verherrlichung unseres großen Gottes, des Vaters unseres Herrn Jesus Christus.

Die Jünger Jesu hatte nicht die Enthüllungen, wie sie uns durch Paulus gegeben sind, und doch sagte ihnen ihr Herr und Meister nichts anderes. Liebe ist und bleibt das neue, größte und herrlichste Gebot, das der Herr aufgestellt hat; und sie ist es auch, die nicht nur das Erkennungszeichen für die kommende Zeit ohne die körperliche Gegenwart ihres Herrn war, sondern auch die verbindende Kraft innerhalb der Jüngerschaft darstellte!

Ankündigung der Verleugnung durch Petrus

Joh 13:36

"Da fragte Ihn Simon Petrus: Herr, wohin gehst Du? Jesus antwortete ihm: Wohin Ich gehe, kannst du Mir nun nicht folgen; hernach aber wirst du Mir folgen."

So wunderbar die Worte Jesu auch waren, so lässt doch die Frage des Petrus vermuten, dass sich die Jünger bisher in ihren Gedanken mit etwas ganz anderem beschäftigen. Sie hatten nun doch begriffen, dass ihr Herr sie verlassen würde, und um dieses Thema kreisten ihre Gedanken. Wieviel Bangen, wieviel Beklemmung, wieviel Angst und Ratlosigkeit lagen in ihrer Frage: "Herr, wohin gehst Du? Können wir nicht mit dir gehen? Was machen wir ohne Dich?"

Jesus Antwort ist zweifach, sie enthält ein "nun" und ein "hernach", also "Gegenwart" und "Zukunft". Unmittelbar bevor stand der Weg ans Kreuz, da konnten Ihm Seine Jünger nicht folgen, hernach aber, wenn sie den heiligen Geist erhalten haben, können sie Ihm auf eine andere Art und Weise folgen: "Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in alle Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst aus sprechen, sondern alles was er hört wird er sprechen; auch das Kommende wird er euch verkündigen" (Joh 16:13).

Die Worte Jesu, "hernach aber wirst du Mir folgen" könnte man auch so verstehen, dass Petrus "hernach" seinem Herrn in die Himmel folgen würde. Doch diese Sicht ist deswegen falsch, weil Petrus eine irdische Hoffnung hat. Und gerade er ist es ja, auf dem der Herr Seine Königreichsgemeinde bauen wird. So sagte Jesus zu ihm: "Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will Ich Meine herausgerufene (Königreich-)Gemeinde bauen, ... Ich werde dir die Schlüssel des Königreichs der Himmel geben; was auch immer du auf Erden bindest..." (Mt 16:18-19).

Es gibt keinen Zweifel, des Petrus Berufung ist für die Erde, und dort wird er Seinen Herrn, unter der Führung des heiligen Geistes, in Dienstbereitschaft folgen!

Joh 13:37

"Daraufhin sagte Petrus zu Ihm: Herr, warum kann ich Dir jetzt nicht folgen? Meine Seele will ich für Dich hingeben!"

Petrus genügt die Antwort Jesu nicht, er möchte nicht bis "hernach" warten. Aber neben seiner Ungeduld hören wir auch spontan geäußerte große Worte von ihm, die er sicher ernst gemeint hatte, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht hätte einhalten können. Auch Thomas zeigte sich schon an früherer Stelle bereit, mit seinem Herrn zu sterben, als Jesus gen Bethanien ziehen wollte (Joh 11:16).

Es ist interessant, auch einmal den Petrus genauer unter die Lupe zu nehmen. In unserem Leitvers zeigt er sich ja sehr spontan und ungeduldig, aber auch etwas zu großsprecherisch. Doch lesen wir noch einige seiner Charaktereigenschaften selber nach:

Impulsiv erleben wir ihn beispielsweise in Mt 14:28; Joh 21:7; Lk 22:50.

Weichherzig und liebevoll zeigt er sich in Mt 26:75; Joh 13:9 und Joh 21:15-17.

Aber auch voll Widerspruch ist Petrus. So ist er einmal anmaßend, Mt 16:22; Joh 13:8 - aber er ist auch furchtsam und feige Mt 14:30; Mt 26:69-72.

In Mk 1:18 erleben wir Petrus zunächst selbstlos und aufopfernd, dann aber auch wieder sehr berechnend und auf seinen Vorteil bedacht in Mt 19:27.

Petrus ist begabt mit geistlicher Einsicht, Joh 6:68, doch dann zeigt er sich wiederum langsam im Begreifen tieferer Wahrheit, Mt 15:15 ff.

Wir haben seine feige Verleugung des Herrn, aber wir haben auch zwei große Bekenntnisse seines Glaubens in Mt 16:16 und Joh 6:69.

Joh 13:38

"Jesus antwortete: Deine Seele willst du für Mich hingeben? Wahrlich, wahrlich Ich sage dir: Keinesfalls wird der Hahn krähen, bis du Mich dreimal verleugnet haben wirst."

Wir sahen gestern, dass Petrus ein ganz normaler Mensch mit charakterlichen Stärken und Schwächen war. Besonders auffallend war seine Spontanität, die sich wohl am krassesten zeigte, als er dem Sklaven des Hohenpriesters mit dem Schwert die Ohrmuschel abhieb (Lk 22:50).

Der Herr versetzte jedoch dem vorlauten und großsprecherischen Petrus einen gehörigen Dämpfer, indem Er sein dreimalige Verleugnung vorausssagte. Für Petrus muss es wie eine Ohrfeige gewesen sein, dürfen wir ihn doch derart sehen, dass seine Worte sicher ehrlich gemeint waren und ihm im Grunde eine Verleugnung des Herrn ferne lag. Als "Mensch der Spontanität" wurde er später in der entsprechenden Situation völlig überrumpelt, und wie wir wissen, weinte er ja hinter bitterlich über sein Verhalten.

Sein ursprünglicher Name lautete "Simon"; in Mk 3:16 lesen wir: "....Simon, dem Er (Jesus) den Namen Petrus beilegte". "Petrus", was Fels bedeutet, ist die griechische Übersetzung des chaldäisichen Kephas, was übersetzt wiederum Urgestein bedeutet. Ihn erwählte der Herr zum führenden Apostel der Beschneidung, auf diesen Felsen wird Er Seine Gemeinde bauen.

Es ist für uns überaus trostreich, dass wir immer wieder vor Augen geführt bekommen, dass der Herr nicht nach unseren menschlichen Maßstäben auserwählt, sondern den göttlichen Maßstab anlegt. Dieses Wissen lässt uns auch über unsere eigenen Fehler und Schwächen ruhig werden. Denn so wie Petrus seine große Aufgabe zur völligen Zufriedenheit seines Herrn und zu dessen Verherrlichung erfüllen wird, so werden auch wir einmal in der Herrlichkeit alles wunderbar meistern, wozu wir vorherbestimmt und berufen sind!

Lies weiter:
14. Das Johannes-Evangelium Kapitel 14