Planskizzen der Gerichte

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum:
"Die Gerichte Gottes" (1980)
von Mathias Jaegle (siehe Lebensbild)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften:
Inhaltsverzeichnis

Die Gerichte Gottes

6. Planskizzen

Die großen Gerichte Gottes in rechter Wortteilung

Abschließend seien die wichtigsten der in den vorangegangenen Kapitel gebrachten Wahrheit in drei Planskizzen veranschaulicht und kurz erläutert.

Eine der Hauptursachen falscher Lehren über die Gerichte ist das Außer-acht-lassen der göttlichen Mahnung zu rechter Wortteilung (2Tim 2:15). Dieses Übersehen führte zur Verschiebung und Verlegung der mannigfachen Gerichtsweissagungen in Bezug auf Zeiten und Orte. In der Hauptsache besteht dieser Fehler darin, dass man Gerichte, die während der Entwicklung des Planes Gottes, also auf dem Wege zum Ziel schon ihre restlose Erfüllung finden, nicht nur als Endgericht lehrt, sondern ihnen obendrein endlose Dauer zuschreibt. Das führte natürlich zu einer schwerwiegenden Entstellung des wahren, göttlichen Gerichtsbildes, und so entstanden die ungesunden Lehren, welche im Widerspruch zum Worte Gottes stehen. Auf diese Weise wurde das ganze Gebiet verdunkelt und jeder klare Einblick unmöglich gemacht.

Aber welch wunderbare Ordnung tritt doch in Gottes Plan erneut zutage, wenn nach Seinen Angaben ein jedes Gericht an dem ihm zugewiesenen Ort geschaut wird. Gleichmäßig, ja sogar symmetrisch hat Gott sie in Seinen Plan verteilt und jedem seine Aufgabe zugewiesen. Diese Ordnung erlaubt einen ungehemmten Durchblick bis zum Endgericht und darüber hinaus auch bis zu dem Ergebnis desselben. Von jedem großen Gericht finden wir ausnahmslos Weissagungen sowohl in den hebräischen Schriften als auch in den Reden des Herrn und der Apostel (vgl. Planskizze 1).

Planskizze 1

Die großen Gerichte Gottes in rechter Wortteilung
W e i s s s a g u n g e n und E r f ü l l u n g e n
Zeit Propheten Jesus Apostel 70 n.Chr. Große Drangsal im Königreich im Endgericht Nach dem Endgericht
70. n. Chr. 3Mo 26:33; 5Mo 28:64 Lk 20-24; Mt 23:38 Apg 2:40; Apg 13:40.41 Geschichtliche Tatsache .............
Große Drangsal für Israel Jer 30:5.6 Mt 24:21 | Apg 2:19.20 Offb 17:16
für die Nationen Hes 30:4 Lk 21:25 1Thes 5:3 Offb 6:16.17
Im Königreich für Israel Jes 66:24 Mk 9:48 Apg 5:1-11 Gehenna
für die Nationen Jes 60:12 Mt 25:31-46 Apg 17:31 eiserne Keule
Endgericht für die Ungläubigen Ps 1:5; Dan 12:2 Mt 11:22; Joh 5:29 Apg 24:15; Röm 2:16 Offb 20:12-15 Lebendigmachung, Unterordnung, Allaussöhnung
- - - - - - - - 1. T o d - - - - - - - - - - - - 2. Tod L e b e n : 1Kor 15:6
- - - - - - - - - - - - Ä o n e n - - - - - - - - - - - - nach den Äonen



Das Gericht im Jahre 70 n. Chr.

Von diesem Gericht, das auf die Verwerfung des Messias folgte, hat schon Moses prophezeit (3Mo 26:33; 5Mo 28:64). Ihm folgten die Propheten; auffällig deutlich redet der Prophet Daniel (Dan 9:26) davon. Die beiden Hauptzüge dieses Gerichtes hob auch der Herr hervor: die Zerstörung Jerusalems und des Tempels und die Zerstreuung Israels unter alle Völker (Lk 21:20-24; Mt 23:38).

Die Vollstreckung des Gottesgerichtes wird von der Weltgeschichte bestätigt. Das Jahr 70 als das der Zerstörung Jerusalems durch den Feldherrn und nachmaligen Kaiser Titus steht einwandfrei fest. Die damals einsetzende Strafe Israels reicht sogar bis in unsere Zeit hinein und noch darüber hinaus; denn seine Endphase wird die große Drangsal bilden. Was aber die große Sammlung des Volkes Israel aus allen Völkern und den Wiederaufbau des Tempels nach den Angaben im Prophet Hesekiel (Hes 40-48) betrifft, so wird sich das erst nach Anbruch des Königreichs erfüllen.

Die große Drangsal und die gleichzeitigen Nationengerichte

Diese Doppelgerichtslinie, welche die Propheten begannen, und der Herr und die Apostel weiterführten, wird durch die Gerichte zur Zeit der großen Drangsal abgeschlossen. Über keine andre Gerichtsgruppe bestehen soviel Weissagungen wie über diese. Die Propheten sind mit ihren Vorhersagen schier unerschöpflich. Auch der Herr erwähnt sie ausführlich in Seinen prophetischen Reden (Mt 24). Und wie ausführlich wird ihre Erfüllung in der Offenbarung beschrieben!

Da dieses Gericht als „Zorn Gottes“ (Eph 5:6; Kol 3:6), als „der zukünftige Zorn“ (Mt 3:7; Lk 3:7) und auch als der „kommende Zorn“ (1Thes 1:10) bezeichnet wird, hat man diese Ausdrücke meist als nie aufhörende Entladung des Zornes Gottes über die Ungläubigen gedeutet. Es ist dies eine der Auslegungsmethoden, die stark zur Entstellung des Gerichtsbildes beitrug. Dieser Zorn Gottes ist aber das Gericht über das abtrünnige Israel und die Nationen in der begrenzten Drangsalsperiode. Es beginnt nach dem Kommen des Herrn zur Entrückung Seiner Gemeinde und wird abgeschlossen durch Sein zweites Kommen zur Aufrichtung Seines Reiches. Mit diesen Gerichten nimmt Gott die Abrechnung mit dem dann zu Ende gehenden sündenvollen Menschentag vor, und leitet zugleich den Tag des Herrn ein.

Gerichte über Israeliten und Nationen im Tausendjahrreich

Die Regierungsform der eisernen Keule (Ps 2); Offb 2:27) lässt erkennen, wie es im Tausendjahrreich stark gerichtsmäßig zugeht. Neben reichem Segen für die Gehorsamen werden doch schon von Anfang an schwere Gerichte zur Ausführung kommen. So werden die beim Nationengericht (Mt 25:31-34) gefällten Urteile in dem dann beginnenden Königreich vollzogen werden. Dass dazu noch viele andere Gerichte verhängt werden, beweist die typische Gerichtsstätte der Gehenna, die während der gesamten Dauer des Reiches in Funktion sein wird.

Das Endgericht für die Ungläubigen

Dieses Gericht wird nicht deshalb so genannt, weil es angeblich erst in der Vollendung beginnt, sondern weil es den Abschluss, das Ende der großen Gerichtsserie überhaupt bildet. Da am Ende des Tausendjahrreiches sämtliche Ungläubigen zum Gericht auferstehen, nimmt es in Wirklichkeit schon gleich zu Beginn der neuen Erde seinen Anfang und wirkt sich innerhalb dieses langen, letzten Äons aus. Am Abschluss desselben ist es aber abgetan und existiert nicht mehr, denn es hat dann seinen vollen Zweck erfüllt. Wir finden es nicht mehr im Vollendungsziel, noch weniger reicht es über dasselbe hinaus, hinein in die nachäonischen Zeiten. Es dauert nicht etwa endlos an, ohne irgendeinen Zweck oder ein Ziel zu erreichen. Hingegen führt die Schrift den aufrichtig Forschenden hinein in eine Periode nach dem Endgericht.

Nach dem Endgericht

Kein Gericht, kein Tod, keine Finsternis ist hier mehr zu finden. Die ganze Schöpfung ist nur noch mit überströmendem Leben und Licht erfüllt. Jedes Geschöpf ist in die rechte Unterordnung gebracht und genießt durch die Ausssöhnung Wonne und Glückseligkeit. Gott hat dann durch Seinen Sohn Sein vorgefasstes Ziel erreicht. Die ganze Schöpfung mit allen Geschöpfen ist einem Zustand, der zu Gottes nie endender Ehre und des Sohnes Verherrlichung gereichen wird.

Gerichte und ihre Auswirkungen

Die zweite Planskizze bringt einen Auszug aus bereits durchgeführten Gerichten. Sie will zeigen, wie verschieden ihre Resultate auf dem Weg zum Vollkommenheitsziel ausgefallen sind. Da sind Gerichte, die zunächst überhaupt keine Früchte zeitigen. Von solch hoffnungslos aussehenden Zuständen darf aber nie auf den Endzweck dieser Gerichte, und vor allem des Endgerichts geschlossen werden, sonst schiene auch dieses jede Rettung auszuschließen.

Die Skizze ist so aufgebaut, dass sie von dieser Unterstufe (Gericht über Agag) aufwärts führt, sodann die Gerichte mit zunehmenden Teilerfolgen durchläuft, und schließlich bis zum höchststehenden gelangt, dem, welches in der Geschichte Josephs vorbildlich den vollständigen Gerichtsvorgang mit dem Endresultat vorführt. Nur von dieser Warte aus können alle Gerichte recht verstanden werden, weil schließlich alle in dieses Endziel einmünden, wie dies ja an einzelnen klar in der Schrift gezeigt wird.

Planskizze 2

Göttliche Gerichte mit verschiedenen Auswirkungen
Stufe Personen Sünde Gericht Schuldbekenntnis Erzwungene Unterordnung Rechtfertigung Freiwillige Unterordnung Aussöhnung Neues Leben
5. Josephs Brüder 1Mo 37:28 1Mo 42:17 1Mo 42:21; 1Mo 44:16 1Mo 44:14 1Mo 45:1-8 1Mo 45:15; 1Mo 50:18 1Mo 45:15; 1Mo 50:17 1Mo 47:11.12; 1Mo 50:21
4. Der Verbrecher Lk 23:41 Lk 23:41 Lk 23:41 Lk 23:42 Lk 23:43
3. Nebukadnezar Dan 4:27; Dan 5:20 Dan 4:28-33; Dan 5:21 Dan 4:34b Dan 4:34a
2. Adoni-Besek Ri 1:7a Ri 1:6 Ri 1:7b
1. 1Sam 15:33a 1Sam 15:33b


Agag

Zu den kürzesten Gerichtsvorgängen, die nur aus Verurteilung und Vollstreckung bestehen, gehört das Gericht über Agag, den König der Amalekiter. Der Bericht besteht aus ganz wenigen Worten. Nachdem der König Saul als der mit der Ausführung der Strafe Beauftragte versagte, trat Samuel in Mittel und sagte zu Agag: „Wie dein Schwert Weiber kinderlos gemacht hat, so sei kinderlos von Weibern deine Mutter!“ Und Samuel hieb Agag in Stücke vor Jewe zu Gilgal (1Sam 15:33). Welch eine kurze Gerichtssitzung mit Anklagerede; Urteilsspruch und sofortiger Hinrichtung! Auch hier sehen wir wieder die Anwendung der göttlichen Gerichtsregel: Samuel straft Agag mit dem Übel, das er selbst begangen hat.

Dieser kurze Vorgang besteht in der nackten Tatsache: Sünde und Gericht! Ohne Schuldbekenntnis und daher ohne Hoffnungsstrahl wird Agag hingerichtet. Auf dieser ersten Stufe sehen wir Gott nur als den strengen Richter, der rücksichtslos zuschlägt und dem Sünder ein schnelles Ende mit Schrecken bereitet, ohne irgendeinen Heilszweck mit Seiner Strafe erreicht zu haben. Wir wissen, dass die begangene Sünde nicht einmal durch den Tod des Sünders gesühnt werden kann, der somit völlig hoffnungslos sterben würde, wenn Gott nicht seine Rettung durch Christi Tod und Auferstehung vorgesehen hätte.

Adoni-Besek

Dieses Gericht zeigt uns schon einen weiteren Entwicklungsgrad, bestehend in einer durch die Strafe bewirkten Frucht. Dieser Adoni-Besek, König der Kanaaniter, wurde von Kriegern aus dem Stamme Juda gefangengenommen (Ri 1:6.7). Wenn an aber weiter in diesem Bericht liest, dass sie ihm die Daumen an Händen und Füßen abschnitten, möchte man fragen, weshalb sie so grausam mit ihm verfuhren. Darauf gibt er selbst die Antwort: „Siebzig Könige, denen (durch mich) die Daumen ihrer Hände und Füße abgehauen waren, lasen auf unter meinem Tische“ (Ri 1:7) Wiederum entsprach in diesem Fall die Strafe genau seinen verüben Gräueltaten. Adoni-Besek ist von der für ihn passenden, und ihm seine Gräueltaten in Erinnerung bringenden Vergeltung so tief beeindruckt, dass er darin Gottes Hand sieht. Er bekennt: „... so wie ich getan haben, also hat mir Gott vergolten“ (Ri 1:7). Seine Schuld bekennend, unterstellt er sich willig diesem gerechten Gottesgericht. Mit diesem Fall veranschaulicht Gott, wie er Große dieser Welt so zu richten vermag, dass sie ihre Schuld eingestehen und Ihm in Seinem Richten Recht geben. Trotz dieses so vorbildlichen Bekenntnisses erhielt dieser König keine ihm Hoffnung machende Zusage, sondern sank, ohne eine zukünftige Erwartung zu haben, ins Grab.

Adoni-Besek ist mit seiner Stellungnahme ein Vorbild für alle damals von Israel vernichteten Kanaaniter, welche wie dieser König in die schrecklichsten Sünden verstrickt waren. Vor dem weißen Thron werden sie durch das dort an ihnen ausgeführte Gericht zur Erkenntnis gebracht werden, und bekennen, dass auch ihre frühere Vernichtung ein gerechtes Gericht Gottes war. Und wenn sie dann später in die Allaussöhnung eingehen, wird die damalige Ausrottung dieser Völker für niemanden mehr ein Problem sein.

Nebukadnezar

Bei diese heidnischen König kam Gott mit Seinem Gericht noch einen Schritt weiter als bei Adoni-Besek. Nebukadnezar hatte bereits zwei Gotteserfahrungen hinter sich durch die Deutung seines Traumes durch Daniel, und durch den Anblick der wunderbaren Rettung der drei Männer im Feuerofen. Trotzdem führt er sein Leben in der Sünde weiter und hörte nicht auf die Mahnung Daniels (Dan 4:24). Und als er dazu sein Herz bis zur Vermessenheit erhob (Dan 5:20), brachte Gott das ihm angedrohte Gericht (Dan 4:4-25) über ihn (Dan 4:28-33). Er wurde mit Wahnsinn geschlagen und aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen. Als das genau auf sieben Zeiten begrenzte Gericht vorüber war (Dan 4:22), hatte Gott einen bedeutungsvollen Zweck erreicht. Der so stolze, mächtige König war klein geworden. Jetzt erhob er den König der Himmel und bekannte, dass Er die zu demütigen vermag, die in Hoffart wandeln (Dan 4:34). Diese Unterordnung war aber noch nicht die Frucht willigen Gehorsams, sondern eine durch Gericht erzwungene. Es ist zwar viel, was Gott mit diesem König erreichte, doch ist es noch nicht ein Vorbild des Vollendungszieles.

Einen ähnlichen Weg ging der König von Juda, Manasse. Er hörte nicht auf Gottes Warnungen (2Chr 33:10). Darauf ließ Er ihn durch den König von Assyrien mit Haken fangen, mit Doppelfesseln binden und ist Gefängnis setzen (2Chr 33:11). Weiter heißt es dann: „Und als der bedrängt war, flehte er Jewe, seinen Gott, an und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter ...“ (2Chr 33:12). Auch diese Unterordnung geschah nur durch Gewalt Anwendung und kann daher ebenfalls nicht als Vorbild für die zukünftige in der Vollendung sein.

Der Verbrecher

Mit dem Verbrecher, der mit dem Herrn zusammen gekreuzigt wurde, führt die Schrift uns ein neuen, vollendeteres Gerichtsbild mit einer weiteren Folge vor Augen. Als dieser Verbrecher zu sprechen anfing, hatte das schwere Gericht schon seine richtige Einstellung bewirkt. Dies zeigt seine Antwort an den lästernden Mitgekreuzigten (Lk 23:39.40), den das gleiche Gericht noch nicht dem göttlichen Strafgrundsatz gemäß überführt hatte: „Nicht einmal du fürchtest Gott, da du doch in demselben Urteil bist! Und wir zwar gerechterweise; denn was die Dinge verdienen, die wir verübten, erhalten wir wieder.“ Wahrscheinlich waren sie Mörder und wurden nach 1Mo 9:6 verurteilt. Diesem einen wurde das Gericht zum Segen; denn wäre er nicht von der menschlichen Obrigkeit erfasst worden, die Dienerin Gottes, der Rächerin zum Zorngericht (Röm 13:4), hätte er weiterhin Böses getan und dadurch seine Schuld vergrößert. Über diese Einsicht hinaus erkannte er nun noch den neben ihm gekreuzigten Jesus als den Messias Israels. Er war wohl ein Jude, der wusste, dass einst der Messias zur Aufrichtung des Königreichs kommen werde. Der Verbrecher sah ein, dass er sein Leben auf Erden verwirkt hatte. Wenn er aber an jenem großen Ereignis teilhaben könnte, würde er ein neues Leben erhalten. Darum benützt er die Gelegenheit und bat den Herrn: „Gedenke meiner, Herr, wenn Du kommst in Deinem Königreich“ (Lk 23:42). Das Gericht war es, welches in ihm eine solche Unterordnung unter den Gekreuzigten bewirkte, andernfalls hätte er Ihn übergangen wie die meisten, die der Kreuzigung beiwohnten. Aber, am Kreuze hängend, war ihm nun die Möglichkeit versagt, mit seinem Leben dem Herrn zu bezeugen, dass er sich Ihm nun in Liebe unterordnet. Trotzdem gibt ihm der Herr auf seinen nackten Glauben hin die wunderbare Verheißung: „Wahrlich, dir sage ich heute, mit Mir wirst du sein im Paradies“ (wenn ich in Meinem Königreich komme). Mit dieser Zusage erhielt er Rechtfertigung und damit Gewähr, dass er bei der Aufrichtung des Königreichs dabei sein werde.

Das war alles so schnell zustande gekommen. Mit nur wenigen Worten, der schweren Lage gemäß, wurde aus dem Verbrecher ein Königreichsanwärter. Doch fehlt dabei noch der eigentliche Akt der Aussöhnung. Diese kommt nämlich nicht auf eine Bitte des Sünders hin zustande, sondern auf das Versöhnungsangebot Gottes und dessen Annahme im Glauben. Diesen wichtigen Vorgang sehen wir im Vorbild des nächsten Gerichtsbildes sehr ausgeprägt.

Josephs Brüder

Die Geschichte Josephs und seiner Brüder bildet für die Erforschung der Gerichte Gottes wohl das fruchtbarste Gebiet. In diesem lückenlosen Vorbild sehen wir die schwerste Sünde, und von da an die Entwicklung bis an das durch das Endgericht erreichte Ziel. Die Schwere des Vergehens der Brüder liegt darin, dass sie als Brüder so an Joseph handelten, ihn verkauften und ihn also dem Vater raubten. Diese hasserfüllte und rachgierige Tat (1Mo 37:28) gehört zu den ärgsten Sünden. Es ist dies das gesamte Abbild von dem, was später die Juden am Sohne Gottes verübten.

Die Herzensverhärtung der Brüder erreichte einen erschreckenden Tiefstand. Sie brachten es fertig, nach vollbrachter Tat wie Unschuldige neben ihrem schmerzgebeugten Vater zu leben, ganz darauf eingestellt, ihr ruchloses Verbrechen für immer zu verbergen. Aber so wie Joseph später mit ihnen verfuhr, ist das künftige Gerichtsamt Christi in einzigartiger und vollkommener Weise dargestellt. Bevor die Brüder zu Joseph kommen um Getreide zu kaufen, hatte dieser bestimmt schon durch seine Erhöhung und Aufgabe, die damalige Welt zu retten, erkannt, dass sein zuvoriger schwerer Weg von Gott bestimmt war. Seine Brüder waren ausführende Werkzeuge in seiner Hand. Trotzdem ließ er sie nicht ungestraft. Er tat dies jedoch nicht als Rache für das ihm angetane Unrecht, sondern zur schmerzhaften Überführung und nachfolgenden Erprobung für ihre Zurechtbringung. Man kann sagen, dass er ein bewunderungswürdiges, weisheitsvolles und erfolgreiches Straf-, Zucht- und Besserungsgericht an ihnen vollstreckte.

Zuerst bleiben sie auf Josephs gerichtsmäßiges Vorgehen (1Mo 42:7-10) noch verschlossen und konnten wie Unschuldige sagen: „Wir sind redlich“. Aber Josephs Beharrlichkeit in seiner Anklage und zudem die dreitägige Kerkerhaft bewirken dann doch eine merkwürdig schnelle Umwandlung in ihnen. Sie sind jetzt schon so weit, unter sich zu bekennen: Fürwahr, wir sind schuldig wegen unseres Bruders, und Ruben setzte die sie vernichtende Anklage hinzu: „Sein Blut wird auch gefordert“ (1Mo 42:11-22).

Joseph führte seine für die Brüder so notvolle Überführungsaktion Schritt für Schritt weiter bis zur letzten Etappe, die die Entscheidung bringt. Man muss über die darin waltende Weisheit staunen; sie bildet eine würdige Parallele zum salomonische Urteil (1Kö 3:16-28). Mit dem Becher in Benjamins Sack waren die Brüder vollständig überführt und zum Geständnis ihrer Schuld bereit. Zwar hatte ihnen Josephs Hausverwalter gesagt, dass sie schuldlos seien, wenn der Becher nicht in ihren Säcken wäre (1Mo 44:10). Aber nun war es ihnen gründlich vergangen, eine trügerische Unschuld zu heucheln. Josephs unnachgiebiges, richterliches Zufassen hatte sie zum Niederfallen vor ihm gezwungen (1Mo 44:14). Im Namen aller legte Juda überdies das Schuldbekenntnis ab (1Mo 44:16).

Indessen blieb Joseph nicht bei diesem Erfolg stehen. In seinem vorgenommenen Ziel lag viel Höheres und Erhabeneres als nur ein erzwungenes Niederfallen vor ihm. Die Zeit für deren Verwirklichung sah Joseph als erfüllt an, als Juda nun mit seinem mutigen Einsatz für Benjamin (1Mo 44:18-34) den Beweis gab, dass sein und der Brüder Herz durch die an ihnen angewandte Züchtigung umgewandelt und zurechtgebracht war.

Nun folgt die Begebenheit, die eine der herrlichsten der Schrift ist: die Enthüllung Josephs vor seinen Brüdern. Als er sich ihnen zu erkennen gab, hatte er seinem gerichtlichen Vorgehen grundsätzlich ein Ende gemacht; denn der Zweck seines Handelns war voll erreicht. Da ließ er seiner Liebe zu ihnen freien, ungehemmten Lauf, und er rechtfertigte sie auch sofort von ihrer Sünde. Diese Rechtfertigung liegt in seinen Worten: „... nicht ihr habt mich (durch schnöden Verkauf) hierher gesandt, sondern Gott“ (1Mo 45:8). Mit andern Worten: eure Tat an mir war in Wirklichkeit eine Tat Gottes. Er spricht ihnen zu, dass sie sich nicht betrüben sollten (1Mo 45:5); denn sie waren ja bereits in der rechten Betrübnis gemäß 2Kor 2:7.10a. Nachdem er sie früher so hart angefasst hatte, küsste er sie nun und weinte mit ihnen (1Mo 45:15). Das war ein von Herzen kommendes Angebot der Versöhnung, bevor ihn die Brüder um Vergebung bitten können. Und was liegt doch in den kurzen Worten: „und danach redeten seine Brüder mit ihm“ (45:15b). Viel später wiederholte sich dieser ergreifende Vorgang (1Mo 50:15-21). Hier sehen wir sie nun, Josephs einstigen Feinde von der Liebe ihres Bruders gänzlich überwunden, und in freudiger Unterordnung völlig mit ihm ausgesöhnt. Joseph selbst erscheint uns als strahlendes Vorbild Christi, so wie auch Er einst alle seine Feinde überwinden wird.

Allein das ist noch nicht alles. Jetzt führt Joseph sie in ein ganz neues Leben ein. Er gibt ihnen ein Besitztum in Ägypten, im besten Teil des Landes Ramses und versorgt sie mit Brot (1Mo 47:12; 1Mo 50:21).

Wie wohltuend und erquickend wirkt doch diese wunderbare vollendete Begebenheit auf Herz und Gemüt. Der Anblick eines solchen Sieges Josephs über seine einstigen Feinde, ihre Zurechtbringung durch Gericht, und ihre Überwindung und willige Unterordnung durch Liebe wirkt stärkend und belebend auf den Glauben und den Geist. Würde es nun jemand versuchen, diese Geschichte abzuändern, ihr dort den Abschluss zu setzten, wo die Brüder durch Gericht gezwungen vor Joseph niederfielen und noch hinzufügen, dass er sie daraufhin lebenslänglich im Kerker verschloss, so würden Ausrufe des Bedauerns, ja des Entsetzens laut werden ob der Verstümmelung dieses so erhabenen prophetischen Bildes. Ja, es würden von denen, welche im Glaubensgehorsam an die Aussagen des Wortes Gottes gebunden sind, scharfe Proteste dagegen erhoben werden. Sie würden sich entschieden dafür einsetzen, Joseph seinen vollen Sieg, so wie ihn die Schrift lehrt, zu lassen und nicht zu schmälern. Dazu würde man sich nicht scheuen, diesen Versuch, Gottes Aussagen derart zu beschneiden, als eine ganz gefährliche Irrlehre zu brandmarken und vor ihr zu warnen.

Wie steht es aber mit den üblichen Auslegungen über die Erfüllung dieser Prophetie durch Christus, den Sohn Gottes? Allgemein werden die Vorbilder Christi, wie Joseph, Moses und alle anderen, so erklärt, dass neben den auf Christus hinweisenden Zügen auch ihre Fehler genannt werden, aber nur um die Vollkommenheit des Sohnes Gottes noch deutlicher hervorzuheben. Das ist wohl auch richtig. Die, welche aber ein endlos währendes Gericht über die Feinde Gottes lehren, kehren dieses gute Prinzip bei Joseph - Christus um. Christus wird unter Joseph gestellt, weil letzterer mit seinen Feinden an das Ziel der Aussöhnung gelangte, während der Sohn mit diesen im Gericht stehenbliebe. So wird die Vollkommenheit dem Vorbild zugeschrieben, während das Werk des Sohnes Gottes, als das Urbild, unvollendet und mit Mängeln behaftet dasteht. So beantwortet ein bekannter Katechismus die Frage betreffs Christi und der Vollendung wie folgt: „... dass Er (Christus) alle Seine und meine Feinde in die ewige Verdammnis werfe, mich aber samt allen Auserwählten zu Sich in die himmlische Freude und Herrlichkeit nehme.“ Was aber Joseph mit seinen Feinden erreichte, wird der Sohn Gottes noch auf einer viel höheren Stufe erfüllen.

Eine erste Erfüllung dieses Vorbildes geschieht beim Kommen Christi zur Aufrichtung Seines Reiches; dies wird Sach 12:9-13 beschrieben. Erstaunlich genau wird dort erfüllt werden, was Joseph mit seinen Brüdern abschattete, als er sich ihnen zu erkennen gab. Aber das Größere folgt erst später. Die Feinde Christi, darunter auch Judas, welche Ihn zu Tode brachten, erscheinen erst vor dem weißen Thron vor Ihm; dort hat Er sie dann vor Sich. Wie wird Er mit ihnen verfahren? Nun, nachdem Er am Kreuze für sie bat: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23:34), wird Er doch bestimmt gemäß Seiner Bitte an ihnen handeln. Obwohl ihr Tun durch den göttlichen Liebesplan bedingt war, ähnlich wie bei Josephs Brüdern, erspart er ihnen nicht das Gericht, schon deswegen nicht, weil es nicht nur Strafe ist, sondern vor allem Zurechtbringung bewirkt. Gewiss, schwer wird die Strafe sein; doch wird Er keinesfalls hinter Josephs Vorbild zurückbleiben, sondern es aufs herrlichste übertreffen, so dass in der Vollendung Seine sämtlichen Feinde mit Ihm ausgesöhnt sein werden. Nun waren Seine allerschlimmsten Feinde alle die, welche an Seinem Tode mit beteiligt waren, und dies war auch die größte Sünde, welche je geschah. Wenn Er jedoch mit diesen zum Ziele kommt, um wieviel mehr wird das der Fall sein mit allen anderen, die nicht so schwer gesündigt haben.

Planskizze 3

Gottes Wege mit Gläubigen und Ungläubigen


Die G l ä u b i g e n = A u s e r w ä h l t e - Eph 1:4
1 2 3 4 5
sind durch Adams Ungehorsam zum Tode verurteilt und werden als Sünder geboren, durch Christi Gehorsam und Tragen des Gerichts im irdischen Leben durch Glauben gerechtfertigt, und kommen nicht ins Gericht, sterben und gehen ausgesöhnt in den (ersten) Tod, werden bei Christi Kommen lebendig gemacht zum Leben in der Unsterblichkeit und Herrlichkeit
Die U n g l ä u b i g e n = N i c h t - A u s e r w ä h l t e - 2Thes 3:2b
1 1a 1b 1c 2 3 4 5
sind durch Adams Ungehorsam zum Tode verurteilt und werden als Sünder geboren, werden im irdischen Leben nicht gerechtfertigt und kommen ins Gericht, sterben und gehen unausgesöhnt in den (ersten) Tod, bleiben bei Christi Kommen weiterhin im Tode, werden auferweckt in das zuvorige sterbliche Leben und gehen ins Gericht, sterben wieder und gehen in den zweiten Tod, werden lebendig gemacht und durch Christi Gehorsam gerechtfertigt und ausgesöhnt zum Leben der Unsterblichkeit und Herrlichkeit.


Die verschiedenen Wege, die Gott mit Gläubigen und Ungläubigen geht, und die Stationen auf diesen Wegen stellt die dritte Planskizze einander gegenüber. Mit beiden Menschengruppen erreicht Er Sein vorgefasstes Heilsziel, wenn auch durch Gerichte. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich ein völlig anderer Zweck und Verlauf des göttlichen Endgerichts, als zumeist angenommen wird.

Die oft gehörte Erklärung, dass die Ungläubigen Christum nicht annehmen wollten und deshalb durch eigene Schuld auf ewig verdammt würden, steht in direktem Widerspruch zu dem Ziel, das Gott sich mit ihnen vorgenommen hat. Auch ihr Weg vollzieht sich von Anfang bis zur Vollendung nach einem wohl durchdachten, göttlichen Vorsatz. Beim Vergleichen der Stationen ihres Weges mit denjenigen der Gläubigen ergeben sich nicht nur Gegensätze, sondern im Grund Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten. Wie es bei den Gläubigen durch Rechtfertigung und Aussöhnung zum Herrlichkeitsleben geht, so führt Gott auch die Ungläubigen durch dieselben Etappen, allerdings durch Gerichte, statt durch Glauben.

Eine genaue Parallele bildet der Lebensanfang der Gläubigen und Ungläubigen. Beide wurden in Adam, durch dessen Ungehorsam zum Sterben verurteilt, und deshalb als Sünder geboren. Beide führten anfangs ihre Lebensweise nach Eph 2:2.3. Nun ist aber der rettende Glaube, der die einen von den andern absondert, nicht auf den Willensentschluss der einen, und ihre Entscheidung zurückzuführen. Das hier ausschlaggebende Moment liegt allein bei Gott und besteht in einer Auserwählung, die Gott vor dem Herabwurf an den einen vornahm (Eph 1:4). Wenn Paulus dies lehrt, so kann er damit nie alle Menschen meinen, sonst dürfte man ja nicht mehr von Auserwählung sprechen. Dieses betrifft nur die Glieder der Gemeinde Christi, die Körperschaft, die einst mit Christus in der Himmelswelt regieren wird. Das ist die allererste Ursache, die es bewirkte, dass diese während ihres irdischen Lebens zum rettenden Glauben an Christus geführt wurden. Im Gegensatz hierzu schreibt Paulus (2Thes 3:2): „... denn nicht aller Teil ist der Glaube.“ Damit will er sagen, dass nicht alle Menschen zu Gliedern der Gemeinde Christi bestimmt und auserwählt sind; somit erhalten im irdischen Leben nur wenige die Gabe des Glaubens.

Es ist die nicht genügende Beachtung, ja zumeist das Übergehen der Auserwählung in der üblichen Wortverkündigung, die zu einem großen Teil die Schuld an der Lehre von der endlosen Verdammnis trägt. Würde man recht darauf merken, so würde man erkennen, dass Gott unmöglich die Nichtauserwählten für immer verdammen könnte, da Erwählung allein Seine Tat ist, und sie deshalb ohne eigene Schuld nicht zum Glauben kommen konnten. Wo bliebe da Gottes Gerechtigkeit?

Während nun diese ihr Leben im Unglauben verbringen, erhalten die Auserwählten, durch den ihnen geschenkten Glauben, das von Christus am Kreuz erwirkte Heil. Die Strafe für ihre Sünden nahm Er auf Sich; gehorsam ertrug Er für sie das Gericht, nun sind sie gerechtfertigt und kommen nicht mehr in dasselbe. Sie erhalten Gnade, die angebotene Versöhnung anzunehmen, und sind nun mit Gott ausgesöhnt. Kurz, sie sind in den Genuss der Segnungen von Christi Gehorsamstat am Kreuz eingetreten. Wie alle Menschen müssen aber auch sie sterben und gehen in den (ersten) Tod. In ihrem Leben hat jedoch Gott durch Seinen Geist ein so gründliches Erlösungswerk vollbracht, dass sie bei Christi Wiederkunft sofort lebendig gemacht, und ins Leben der Unsterblichkeit und Herrlichkeit eingehen werden.

Wenn diese auch unsagbar viel vor den Ungläubigen voraushaben, so führt doch Gott auch letztere einen Weg, der Seiner Liebe und Gerechtigkeit entspricht. In ihrem ungerechten, sündigen Zustand gehen sie ohne Rechtfertigung und Aussöhnung in den (ersten) Tod. Das große Ereignis der Wiederkunft Christi berührt sie nicht. Sie bleiben weiterhin im Tode. Doch Gott lässt sie nicht in diesem Zustand. Er hat auch für die Ungläubigen noch ein großes Heilsprogramm. Dieses beginnt am Ende des Tausendjahrreiches (Skizze 3).

Die Positionen 1a, 1b und 1c bilden Gegensätze zu den gegenüberstehenden, welche die Gläubigen betreffen. Aber mit Position 2 nimmt Sich Gott nun wieder der Ungläubigen an, Schritt für Schritt mit ihnen auf das Ziel zuschreitend, wo auch sie Lebensgerechtigkeit erhalten.

Jede weitere Position von 2-5 entspricht denjenigen der Gläubigen. Durch Auferstehung erhalten die Ungläubigen zunächst wieder ihr zuvoriges sterbliches Leben. Nun befasst Sich Gott mit ihren sündigen Taten, und sie werden für diese gerichtet, während die Gläubigen davon verschont bleiben, weil sie das von Christus für alle Menschen am Kreuz auf Sich genommene Gericht im Glauben erkennen, und annehmen konnten. Das ist ein Segen, den die Gläubigen durch Christi Gehorsamstat erfahren.

In Position 3 gehen die Gläubigen in den ersten, und die Ungläubigen in den zweiten Tod. Was die Gläubigen viel früher erhielten, wird nun auch den gerichteten Ungläubigen zuteil (Position 4). Nicht nur werden sie jetzt auferweckt (denn das wäre ja nur zu einem sterblichen Leben), sondern sie werden auch lebendig gemacht und erhalten vollen Segensanteil an der Gehorsamstat Christi (Röm 5:19b): Rechtfertigung des Lebens und Aussöhnung und Zutritt zu einem Leben der Unsterblichkeit in der Herrlichkeit.

Gehen wir den in der Schrift für die Ungläubigen von Gott vorgezeichneten Weg, so werden wir am Abschluss desselben nicht eine ewige Verdammnis finden, sondern die volle Erfüllung des göttlichen Liebeswillens für das gesamte All.

Vergleichen wir noch einmal beide Wege miteinander, so werden wir tief von dem beeindruckt, was wir doch alles vor den Ungläubigen voraushaben. Gewöhnlich wird unser Weg als selbstverständlich angesehen, und der vermeintlich selbstverschuldete Weg der Ungläubigen als anormal. In Wirklichkeit ist es aber gerade umgekehrt. Ist es nicht ein unerhörtes Werk der Gnade Gottes, dass sie uns, die wir wie alle anderen Sünder waren, auf den uns geschenkten Glauben hin, ohne Werke unsererseits, ohne weiteres von jedem zukünftigen Gericht befreit! Und dies allein aufgrund der an uns durch Gott vollzogenen Auserwählung, zu der wir nichts beizutragen vermochten.

Hingegen gehen die Ungläubigen einen Weg, der viel selbstverständlicher ist. Sie erleiden als Sünder Gerichte und kommen erst darauf in ein Leben der Seligkeit. Im voraus ist ihnen dieser Weg schon bestimmt, weil sie eben nicht erwählt wurden.

Ist es nicht erschütternd, wenn Auserwählte sich an dem ohnehin schon schweren Gerichtsweg der Nichterwählten nicht genügen lassen, und sich sogar dafür einsetzen, dass deren Gericht in Ewigkeit andauern solle, ja, dass sie nicht einzusehen vermögen, dass Gottes Wort gar kein so schreckliches Gericht lehrt!

Alle drei Planskizzen zusammen veranschaulichen das große Thema Weg und Ziel oder Entwicklung und Vollendung. Man beachte wohl, dass die Gerichte nur auf dem Weg und während der Entwicklung des Heilsplanes Gottes zu finden sind. Münden jedoch Weg und Entwicklung ins Ziel, so haben auch die Gerichte nach göttlichem Vorsatz ihren Zweck erfüllt und werden für immer abgetan. Ein endloses Gericht wäre der strikte Gegensatz von Zielerreichung. Zu Unrecht würde dann das Wort Vollendung in der Heiligen Schrift stehen und müsste eigentlich „Unvollendung“ heißen.

Vollendung besagt aber, dass dann Gott alle Seine, den Abschluss betreffenden Verheißungen restlos erfüllt haben wird, so dass eine volle Endung der langen Entwicklung Ihn makellos verherrlichen wird.

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7. Nachwort