IV. Das Königreich nach dem Buch der Offenbarung

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Abschrift des des Buches:
Das tausendjährige Königreich Christi auf Erden
von Heinz Schumacher (1964)

Paulus Verlag Karl Geyer, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis
weitere Abschriften

IV. Das Königreich nach dem Buch der Offenbarung

Die „klassische“ neutestamentliche Stelle über das Tausendjährige Reich - von der aus sich diese Bezeichnung mehr und mehr durchgesetzt hat - steht in Offb 20:1-6 bzw. 1-10 Ehe wir sie im einzelnen betrachten, wollen wir noch einen Blick auf den Aufbau und das Zeugnis der „Apokalypse“ (Offenbarung) im ganzen und auf das vorausgehende 19. Kapitel werfen.

1. Die prophetische Gesamtschau der Apokalypse

und die Stellung des Tausendjährigen Reiches in ihr

Die heilsgeschichtliche Schau von Apg 15:13-18 und Röm 11:25-27 findet ihre geradlinige Fortsetzung - und zugleich ihre Bestätigung - im letzten Bibelbuch. Wir sahen, dass Jakobus auf dem Apostelkonzil in Jerusalem, erleuchtet durch den Heiligen Geist, die neue Lage wohl erstmalig klar erkennen und in Worte fassen darf, die durch die Ablehnung des Evangeliums von Seiten Israels und die daraufhin erfolgte göttliche „Weichenstellung“ eingetreten war: „Zuerst“ - so bezeugt er in Apg 15 - gewinnt Gott jetzt ein Volk aus den Nationen für Seinen Namen; „danach“ wird Er die Israel gegebenen Wiederherstellungs-Verheißungen erfüllen, um dann (durch Israel) alle (in den Endzeit-Katastrophen) übrig gebliebenen Menschen, ja alle Völker zu segnen. - Paulus, so sahen wir, schreibt im gleichen Sinne an die Römer (Röm 11:25ff.): In der Gegenwart gehe es zunächst darum, dass die Nationen-Körperschaft ihre „Vollzahl“ erreicht, d. h. bis zum letzten Glied in Gottes Heil und Herrlichkeit eingeht. So lange dauere Israels Verhärtung noch an. N a c h Erreichung dieser Vollzahl aber werde die Verstockung vom Volk der Wahl weichen und der Messias zu ihm kommen, um ihm Vergebung und Erlösung zu bringen und den verheißenen neuen Bund mit dem ganzen Volk zu schließen.

Dieselbe Reihenfolge im weiteren Verlauf der Heilsgeschichte zeigt auch ds Buch der Offenbarung. In Offb 1:9 wird Johannes befohlen aufzuschreiben

1. was er gesehen hat;
2. was ist;
3. was danach geschehen soll.

Was er gesehen hat, den Christus in Seiner Herrlichkeit, beschreibt er im 1. Kapitel der Apokalypse (Offb 1). Was in der Gegenwart ist, schildern die Kapitel Offb 2 und Offb 3; nämlich die Gemeinde Jesu in ihren verschiedenen Ausprägungen, wie sie damals war und mit denselben Segnungen, Nöten, Gefahren, Verheißungen auch heute noch ist. (Wir glauben n i c h t, dass in Offb 2 und Offb 3 nur aus Judenchristen bestehende Gemeinden beschrieben sind; dass Johannes im Stil der jüdischen Apokalyptiker schreibt, ist noch kein Beweis hierfür; vielmehr dürfte er z. B. im ersten Sendschreiben dieselbe Ephesergemeinde anreden, an die drei Jahrzehnte vorher Paulus seinen Epheserbrief geschrieben hatte und die aus Juden u n d Heiden bestand.) Offb 4 der „Enthüllung Jesu Christi“ beginnt sodann mit dem vielsagenden Wörtlein „danach“, ja dieses kommt im ersten Vers des 4. Kapitels sogar zweimal vor:

“D a n a c h sah ich, und siehe, eine Tür war im Himmel geöffnet, und die erste Stimme, die ich wie eine Posaune mit mir hatte reden hören, sprach: Steige hier herauf, und ich werde dir zeigen, was d a n a c h geschehen muss.“ („Danach“ = griechisch: Meta tauta, eigentlich: „nach diesem“; dasselbe Wort wie in Apg 15:16!)

Was „danach“ geschehen muss, steht in der versiegelten Buchrolle geschrieben. Niemand ist würdig, die Siegel zu lösen und das Buch zu öffnen, als allein der Eine, der sich darstellt als „Lamm, das gelitten, und Löwe, der siegreich gerungen“, der Gesalbte Gottes, der Christus, Leidensknecht und Priesterkönig in einer Person, der auch als der zukünftige Richter und König (als welcher Er in der Offenbarung beschrieben wird) doch zugleich nie aufhört, Lammescharakter zu tragen, d. h. sich selbst aufopfernde und hingebende Liebe zu üben. Er empfängt die Buchrolle und darf und kann sie öffnen. In Seiner Hand liegt das „Buch der Zukunft“, Er und Er allein entrollt im Auftrag des Vaters alle zukünftigen Ereignisse. Diese werden uns vom 6. Kapitel an enthüllt. Offb 6 und folgende tun uns kund, was „danach“ geschehen soll, d. h. also: nach Abschluss der Gemeindezeit, nach Erreichung der Vollzahl aus den Nationen, am Tage Jehova, am Gerichtstag des Herrn (Offb 1:10) der aber einmündet in die Herrschaft und Herrlichkeit*63

Die Gemeinde und die Siegelgerichte
*63 Ströter schreibt (Strö PW 1920/23-24) über das Verhältnis der Gemeinde zu Offb 6 (1. Siegel): „Es kann auch von einer Eröffnung nur des allerersten Siegels gar keine Rede sein, als bis sich der Hohe Gerichtshof gebildet und rechtsgültig konstituiert hat. Dieser Gerichtshof aber besteht aus lauter vollberechtigten Erben Gottes und Miterben Seines Christus, mit welchem sie eine lebensvolle, ungeteilte und nie zu lösende Einheit bilden. Es ist aber ein unvollziehbarer Gedanke, dass Richtende und Erbende zugleich noch Gegenstand gerichtlicher Katastrophen und Heimsuchungen sein sollten, an deren Vollstreckung sie selbst in Christo Anteil zu haben berufen und gesetzt sind ... Es ist lauter missverstandene, ganz vergebliche Liebesmühe gewesen, wenn man der gläubigen, wartenden Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder prophezeit hat, in welchem Siegel der Offenbarung wir bereits ständen.... Erst der vollendete Christus, Haupt und alle Glieder, wird als der Lamm-Löwe die Buchrolle nehmen und ihre Siegel brechen, und solche Ehre werden alles Seine Auserwählten aus allen Völkern haben, die Ihm in dieser Weltzeit durch den Heiligen Geist der Verheißung angesiegelt worden sind auf jenen große Tag der Besitzergreifung des mit Seinem teuren Blut erworbenen Eigentums.“ (In dem Aufsatz: „Die versiegelte Gemeinde und das Buch mit sieben Siegeln“.)

Diese Kapitel zeigen deutlich, was uns schon Jakobus und Paulus bezeugten: dass sich nämlich unser Herr zu jener Zeit wieder Seinem alttestamentlichen Auswahlvolk zuwendet; das Heilsgeschehen verlagert sich nach Israel und Jerusalem. Das beweisen die 144 000 erlösten und versiegelten Israeliten von Offb 7 und Offb 14; ferner der Hinweis in Offb 11:2.8 auf die „heilige Stadt“ und die „große Stadt“, wo der „Herr gekreuzigt wurde“, die aber im Laufe ihrer Geschichte sehr oft zur unheiligen Stadt wurde und daher mit Sodom und Ägypten verglichen wird, nämlich Jerusalem (vgl. Jes 1:1.9.10; Hes 16:2.48 u. a. ). So ist auch die Frau von Offb 12, aus der ein Körper = eine Körperschaft geboren und dann zu Gott entrückt werden soll - vielleicht jene schon genannten 144 000 Erstlinge, die wir in Offb 7 auf Erden und in Offb 14 auf dem (himmlischen! Hebr 12:22) Berg Zion antreffen - zweifellos das endzeitliche Israel. Nicht nur weisen die ihr zugeeigneten Symbole deutlich auf die Familie ihres Stammvaters Jakob hin (vgl. Offb 12:1 mit 1Mo 37:9 und ist „Weib“ und „Frau“ in der Sprache der Schrift durchweg ein Bild für Israel; auch die Aufgabe ihres „Sohnes“, alle V ö l k e r mit eisernem S t a b e zu w e i d e n (Offb 12:5; vgl. Ps 2:9), ist durchaus Israels Aufgabe im Tausendjährigen Reich, wenngleich auch die Gemeinde aus den Völkern nach Offb 2:26-28 an dieser Aufgabe teilhaben wird; schließlich weist uns auch ihr „Bergungsort in der Wüste“ nicht auf Afrika und Amerika, sondern den vorderen Orient hin. Die zweimalige Erwähnung des Euphrats in Offb 9:14 und Offb 16:12 deutet in dieselbe Richtung, und „Harmagedon“ (Offb 16:6 weist uns zum „Gebirge von Megiddo“, am Rande der Jesreelebene gelegen, einem uralten Schlachtfeld im Heiligen Land, ca. 30 km südöstlich von Haifa. Und schließlich ist die „große Stadt“ in Offb 16:19, der die „Städte der Heiden“ und Babylon gegenübergestellt werden, sowie die „geliebte Stadt“ in Offb 20:9 wiederum das irdische Jerusalem.

Z u e r s t die Sammlung, Auferbauung und Vollendung der Völkergemeinde - d a n a c h die Umkehr, Wiederannahme und Wiederherstellung Israels durch die Gerichtskatastrophen der Endzeit und die Gnadenfülle des wiederkommenden Erlösers dies ist in großen Zügen Gottes Plan, Sein heilgeschichtliches „Konzept“, wie es gleicherweise Jakobus (Apg 15), Paulus (Röm 11) und Johannes (im letzten Bibelbuch) darlegen. -

Wer die Offenbarung liest , vorliest oder hört, wird „glückselig“ genannt (Offb 1:3). Dies ist nur möglich und sinnvoll, weil dieses Buch durch alle noch so furchtbaren Gerichtsschilderung hindurch immer wieder z i e l w ä r t s strebt oder führt. Das „Nahziel“, dem sich das buch von verschiedenen Seiten und unter verschiedenen Gesichtspunkten mehrfach nähert, um im 19. und 20. Kapitel endlich dabei stehenzubleiben, ist die Übernahme der Regierungsgewalt über diese Welt durch Christus, die Niederwerfung und Ausschaltung der satanischen „Fürstentümer und Gewalten“ und ihrer Bollwerke und Heerhaufen auf Erden sowie die Aufrichtung Seines Königreiches auf Erden. Das „Fernziel“ der Apokalypse aber ist die Neuschöpfung, deren Herrlichkeit, Heiligkeit und Schöne wir aus Offb 21:1 bis Offb 22:5 zu erahnen vermögen und deren Ertrag Offb 5:13 und Offb 21:5 zeigen.

Offb 6 beschreibt die Eröffnung der ersten sechs Siegel. Wir möchten diese hier nicht näher erläutern oder zu deuten versuchen, sondern stellen nur fest, dass bereits das sechste Siegel dem Ende des gegenwärtigen bösen Äons (Gal 1:4) zueilt; was dort geschildert ist, entspricht Jesu Worten in Mt 24:29, leitet also das richterliche und königliche Kommen des Christus unmittelbar ein.

Was geschieht bei der siebten Posaune

In Offb 10 und Offb 11 ist die Rede von der siebten Posaune. Nach Offb 10:5-7 verkündet ein Engel mit feierlichem Schwur im Namen Gottes, dass hinfort keine Zeit (hier im Sinne von Wartezeit, Verzugszeit, Zeitaufschub, Frist, Verzögerung) mehr sei; vielmehr werde j e t z t , wenn die siebte Posaune erschalle, das G e h e i m n i s Gottes v o l l e n d e t sein, wie Er es Seinen Knechten, den Propheten verkündigt hat. - Man hat in diesen Worten schon einen Hinweis auf das Geheimnis der Gemeinde, ,wie es vor allem Paulus geoffenbart hat, sehen wollen und angenommen, dass die Gemeinde, Christi Leib, in den Tagen der siebten Posaune vollendet sei, also vollzählig sei und zu ihrem Herrn entrückt werde, zumal doch auch Paulus schreibe, die Auferweckung der entschlafenen und die Verwandlung der noch lebenden Gemeindeglieder geschehe zur Zeit der „letzten Posaune“ (1Kor 15:51.52). Uns liegt die Auffassung näher, dass die Gemeindezeit schon vor Beginn der Siegelöffnung in Offb 6 abgeschlossen sei, wie bereits dargelegt. Auch isst es nicht nötig, bei der „letzten Posaune“ von 1Kor 15:52 an die siebte Gerichtsposaune der Offenbarung zu denken. Uns will auch scheinen, dass der Engel mit den „Knechten Gottes, den Propheten“, die dieses Geheimnis verkündet haben, das jetzt vollendet ist, daraus auch die a l t t e s a m e n t l i c h e n Propheten bezeichnet habe. - Um was für ein „Geheimnis Gottes“ aber kann es sich dann handeln? Könnte es nicht die offizielle Ü b e r n a h m e der R e g i e r u n g s g e w a l t des K o s m o s durch J e s u s C h r i s t u s sein, die etwa gleichzeitig mit dem Sturz des seitherigen „Fürsten dieser Welt“, Satan, in der Mitte der letzten Danielischen Jahrwoche erfolgt?

Man sage nicht, dieser Vorgang können nicht als „Geheimnis Gottes“ bezeichnet sein. Aus Mt 13 ist zu entnehmen, dass es im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Königreiches Gottes „Geheimnisse“ gibt. Bei ihnen allen geht es im Grunde um das „Wie“ und das „Wann“ der Aufrichtung des sichtbaren Königreiches auf dieser Erde. Schon die alttestamentlichen Propheten hatten bezeugt, d a s s auf die vergänglichen Reiche dieser Welt einmal die bleibende Herrschaft des Messias folgen werde. Die Frage allerdings, w a n n dies geschehe, blieb bis zuletzt offen; sie wurde nach Apg 1:7 selbst im vertrauten Jüngerkreise von dem Herrn, der im Begriff stand aufzufahren, nicht beantwortet. Nun endlich wird, mitten in den Katastrophen und Nöten der letzten Jahrwoche (der letzten sieben Jahre dieses Zeitalters), auch die Terminfrage gelöst: der starke Engel darf öffentlich erklären, dass die Verzugszeit nun ein Ende hat.! Christus übernimmt - zunächst offenbar vom Himmel aus - die Herrschaft über die Welt; der „Fürst der Gewalt der Luft“ muss abtreten; er wird für 3 1/2 Jahre auf der Erde geworfen (Offb 12:7-17). Jetzt ist die Zeit gekommen, da der Sohn Gottes die Ihm laut Ps 2:8 vom Vater längst gewährte Bitte ausspricht:

“Heische (verlange, fordere) von mir, so gebe Ich Dir Völker zum Erbe, die Enden der Erde zum Eigentum!“ (Zü)

Denn beim Ertönen der siebten Posaune rufen laute Stimmen im Himmel:

“Gekommen ist das Königtum unseres Herrn und Seines Messias über die Welt, und Er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ (Offb 11:15 nach Tillmann; Menge übersetzt:) „Die Königsherrschaft über die Welt ist an unseren Herrn und Seinen Gesalbten gekommen, und Er wird als König in alle Ewigkeit herrschen!“

Schon durch Christi Kreuzestod und Auferstehung und Erhöhung sind Satan und sein Anhang, die „Fürstentümer und Gewalten“ de jure besiegt und entwaffnet worden (Kol 2:14; Eph 1:21.22); aber sie übten praktisch immer noch die Weltherrschaft aus (natürlich nur, weil Gott und Christus es ihnen noch gestatteten); wir standen und stehen im Kampf wider sie (Eph 6:10-12). Nun, beim Erschallen der siebten Posaune, übernimmt Christus (mit Seinem Leib) auch de facto die Herrschaft. Zwar trifft Er die ersten Regierungsmaßnahmen (lauter Gerichtsmaßnahmen) v o m H i m m e l aus. Er lässt Satan durch den Erzengel Michael auf die Erde werfen (Offb 12), damit dort das Böse zur letzten Ausreife und Ausgestaltung komme (Offb 13; Offb 15:1 ff. ist dann die „Gerichtsreife“ erreicht!); durch sieben Engel lässt Er sieben Zornschalen ausgießen, und zuletzt wird die Weltwirtschafts- und Weltunzuchts-Metropole Babylon gerichtet. Dann kommt Er sichtbar als Richter und König zur Erde hernieder, besiegt das antichristliche Heer und richtet Sein Reich auf. Mitten zwischen diesen dunkel-drohenden Gerichtsmaßnahmen aber erscheint in Offb 19:6-9 plötzlich die liebliche Schilderung der Hochzeit des Lammes.

Doch bevor wir auf die letztgenannten Ereignisse in Offb 19 und Offb 20 eingehen, sei noch vermerkt, dass das Buch der Offenbarung nicht nur in Offb 6:12-17 und Offb 11:15 jeweils dem Ende dieses Äons zustrebt (um dann wieder zeitlich zurückzugehen und eine andere Ereignisreihe sich zum Ende hin entwickeln zu lassen), sondern ebenso auch in Offb 14:19.20; Offb 16:14 und Offb 19:6. Diese Art der Schilderung ist nicht nur durch die Fülle des Stoffes bedingt - eine Fülle von Ereignissen drängt sich ja in der letzten Jahrwoche zusammen -, sondern betont auch stets aufs neue den im wörtlichsten Sinne z i e l s t r e b i g e n Charakter des Buches, der noch im vorletzten Vers der Offenbarung in dem Ruf brennender Sehnsucht: „Amen, k o m m , Herr Jesus!“ sichtbar wird. Es ist, als riefe uns Johannes in jedem Kapitel und beinahe in jedem Vers zu: Bleibt nicht bei den Gerichtsschilderungen stehen! Schaut über die notwendigen Gerichte hinweg auf das leuchtende Ziel, das allein sie sinnvoll macht!

Das Fernziel der Offenbarung

Wir haben bis jetzt davon gesprochen, was nach der Schau der Apokalypse dem Tausendjährigen Reich v o r a u s g e h t. Nun weisen wir noch darauf hin, dass der Schilderung dieses Reiches in der Offenbarung noch Weiteres f o l g t. Das Millennium - so sagte wir schon - ist nur das N a h z i e l Gottes in diesem Buch, Sein F e r n z i e l ist ein anderes. Das Königreich des Messias nach Offb 20 ist nicht der Abschluss, nicht die Krönung des Buches. (Bei Paulus in 1Kor 15:22-28 stellten wir Ähnliches fest.) Es ist ja kein Reich von endloser Dauer, obwohl es dabei bleibt, dass Christi Königtum letztlich kein Ende hat (wie die Königreich der Welt), sondern nur veränderte Erscheinungsformen, Übergänge in höhere Vollendungsstufen kennt. So folgt nach 1000 Jahren eine letzte, allerdings vergebliche Empörung des Erzverführers, Satan, und der von ihm ein allerletztes Mal verführten Menschenmassen. Dann wird das Weltgericht geschildert. Und mit Offb 21 beginnt wiederum etwas ganz Neues: es ist von einem neuen Himmel und einer neuen Erde die Rede. Auf die „Vorvollendung“ in den 1000 Jahren folgt jetzt d i e Vollendung. Von Offb 21:1 bis Offb 22:5 reicht die Schilderung der neuen Welt. Auch hier gibt es allerdings noch E n t w i c k l u n g. Es ist nicht alles mit einem Zauberschlag „fertig“. So ist z. B. in Offb 21:27 von einem „Eingehen“ in das Neue Jerusalem die Rede; in Offb 22:2 von einer „Heilung (griechisch: Therapie) der Nationen“. In Offb 22:5 wird noch „geherrscht“ (die Stufe von 1Kor 15:24-28 ist demnach noch n icht erreicht). Das alles sind Lebens- und Entwicklungsvorgänge, die sich alle auf das e i n e Ziel zubewegen: „Siehe Ich mache a l l e s neu!“ Das ist Gottes Programm für die Neue Welt. Wenn es erreicht ist, sind Sünde und Tod in jeder Form und Gestalt aus dem All verschwunden, ist jeder Bereich und jedes lebendige Wesen Seiner Schöpfung erneuert, ist Gott alles in allen.

Während also das Königreich des Messias im AT und noch in den Evangelien und der Apostelgeschichte als letztes göttliches Ziel erscheint, lernten wir von Paulus in 1Kor 15 und lernen von Johannes in der Offenbarung noch eingehender, dass dieses Reich letztlich nur eine Zwischenperiode - wenn auch gegenüber dem jetzigen Äon eine ungeahnt glanzvolle und wunderbare - sein wird. Wir sprechen daher in der Überschrift dieses Teiles des Buches vom „R e i c h als R e i c h der V o r v o l l e n d u n g“. Stand im alttestamentlichen Zeugnis das Reich I s r a e l im Vordergrund, in den Evangelien der K ö n i g, in der Apostelgeschichte und den Briefen die V e r z ö g e r u n g und der damit verbundene Übergang von Heil und Reich für eine gewisse Zeit (und unter gewissen anderen Vorzeichen) auf die Nationen, so stellt Johannes in seiner Schau auf Patmos das Reich in die großen Zusammenhänge der Zukunftsprophetie hinein und unterscheidet es als R e i c h der V o r v o l l e n d u n g von der endgültigen Vollendung der Herrschaft Gottes. Nimmt er damit dem Tausendjahrreich etwas von seinem Glanz? Wohl kaum. Aber hinter dem herrlichen Panorama des messianischen Reiches, das er in seinen wesentlichen Zügen bestätigt, ,erscheint in der Offenbarung eine noch größere Herrlichkeit, leuchtet ein noch stärkeres Licht auf: die letzte Vollendung. Das verhilft uns dazu, die Vorläufigkeit dieses Reiches besser zu verstehen, es nüchterner - auch in seinen Unvollkommenheiten - zu sehen und über seinen negativen Ausgang getröstet zu sein.

2. Die Ereignisse von Offenbarung 19

Wir können nicht auf das Kapitel Offb 20 eingehen, ohne vorher einen Blick in das vorhergehende Kapitel geworfen zu haben; denn beide stehen in engem inhaltlichem Zusammenhnag.

Wir übergehen die Verse Offb 19:1-3 (die inhaltlich zu Offb 17 und Offb 18 gehören) und wenden uns den Versen Offb 19:6-10 („Die Hochzeit des Lammes“) und Offb 19:11-21 („Christi königliches und richterliches Kommen“) zu.

a) Die Hochzeit des Lammes

Aus dem Zusammenhang von Offb 19:6-10 führen wir nachstehend die Verse 7-9 an:

“Lasst uns fröhlich sein und frohlocken und Ihm die Ehre geben; denn die H o c h z e i t des L a m m e s ist g e k o m m e n, und Sein Weib hat sich bereitet. Und es ward ihr gegeben, dass sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend und rein; denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen (oder, nach Hellmuth Frey: die Urteile, Rechtssprüche für Seine Heiligen). Und er spricht zu mir: Schreibe: Glückselig, die geladen sind zum Hochzeitsmahle des Lammes! Und er spricht zu mir: Dies sind die wahrhaftigen Worte Gottes.“

Dieser Text wirft verschiedene Fragen auf. Wie greife die folgenden heraus:

Wer ist der Bräutigam?
Wer ist die Braut?
Wann findet die Hochzeit des Lammes statt?
Wo findet die Hochzeit des Lammes statt?
Welches ist ihre Bedeutung?

Hellmuth Frey vertritt - mit vielen anderen - die Auffassung, die Hochzeit des Lammes sei „die Vereinigung des Christus mit Seiner Gemeinde“. Er fährt fort: „denn bei dieser Vereinigung finden sich der Christus, der Sein Leben für uns gab (‚das Lamm‘), und die Gemeinde, die sich Ihm entgegen sehnt (‚die Braut‘ oder ‚das Weib‘) (Fr/177). - Demgegenüber schreibt Karl Merz in der leider noch vergriffenen wertvollen Erklärung der Offenbarung „Was in Kürze geschehen soll“ u. a.: „Bräutigam ist Jesus Christus. Doch nicht Er allein; es gehören zu Ihm auch die Glieder Seines Leibes. Haupt u n d Leib bilden d e n Christus, in unserem Fall also den Bräutigam.“ Er bezieht sich dabei auf 1Kor 12:12, wo das Haupt u n d die G l i e d e r des Christusleibes z u s a m m e n „der Christus“ genannt werden. (Dieselbe Bezeichnung liegt übrigens auch in 1Kor 1:13 vor in der Frage: „Ist d e r C h r i s t u s zerteilt?“) Christus und Sein Leib, Seine geistgetaufte Gemeinde, bilden also in Gottes Augen eine Einheit, stellen zusammen e i n e n Organismus dar. Die Auffassung, dass Christus u n d Sein L e i b zusammen den Bräutigam bilden, wird auch dadurch gestützt, dass die Gemeinde nicht erst zur Zeit von Offb 19, sondern - wie wir versuchten darzulegen - schon früher mit Christus vereinigt wird. Sie ist bereits z. Z. von Offb 11:15 (siebte Posaune = Christi „Machtergreifung“ als König des ganzen Kosmos) bei Ihm, ja wohl schon vor der Eröffnung der Siegel (Offb 6) überhaupt. Denn „zuerst“ soll ja die Gemeindezeit zum Abschluss kommen, ehe sich der Herr „danach“ wieder Seinem Volke zuwendet.

W e r ist die B r a u t ? - August Fuhr sagt mit Recht: „Was der Leib des Christus ist, kann nicht auch zugleich Braut Christi sein, obschon die Leibesgemeinde auch jungfräuliche Züge hat. Sie ist ‚männlich-weiblich‘ wie ihr Haupt, weil sie Seine Fülle, Seine Vervollständigung ist. (Fu/489)

Die Braut des Lammes

Vom AT her beantwortet sich die Frage, wer die „Braut des Lammes“ sei, ohne Schwierigkeiten. Heinrich Langenberg schreibt in dem Werk: „Die prophetische Bildsprache der Apokalypse“ (La I/54-55) untre dem Stichwort „Braut“ u. a.: „In den prophetischen Büchern des AT ist das Bild sehr betont und sehr klar. Jes 61:10 schildert die Braut in Gewändern des Heils, umhüllt mit demRock der Gerechtigkeit - wie eine Braut, die ihren Brautstaat anlegt. Der Brautschmuck Zions ist der neue Kindersegen. Jes 49:17f.: ‚Herbei eilen deine Erbauer; deine Zerstörer und Verwüster verlassen dich. Erhebe ringsum deine Augen und schaue! Sie alle versammeln sich, kommen zu dir. So wahr ich lebe, spricht Jehova, sie alle sollst du wie einen Schmuck dir anlegen und sei dir umgürten wie eine Braut.‘ Die Jugendgeschichte Israels wird verglichen mit einem idealen Brautstand. Jer 2:2: ‚Ich gedenke der Zuneigung deiner Jugend, der Liebe deines Brautstandes, da du hinter mir herzogst in der Wüste, im Land, da nichts besäet wird.‘ diese Zeit war verhältnismäßig ein idealer Brautstand im Vergleich mit der späteren Geschichte, die einem fortdauernden Ehebruch entspricht. Deshalb wird Israel als ehebrecherin oder Hure bezeichnet. Doch Jehova will sich des untreuen Weibes wieder erbarmen und sich mit ihm aus neue verloben (Hos 2:16-22). Jer 31:22: ‚fürwahr, etwas Neues schafft Jehova auf erden; das Weib wird den Mann umgeben.‘ Israel, das charakterschwache Weib, das die Ehe gebrochen (Jer 3:1) und Götzen nachgelaufen ist, wird zurückkehren zu seinem Mann Jehova, und sich an Ihn, den Starken (gäbär), anklammern und Ihn umfangen, umgeben. Das ist wirklich Herzensbekehrung, die nur dadurch zustande kommen kann, das Jehova etwas Neues schafft, also durch Neuschöpfung. Aus dem untreuen,ehebrecherischen Weib Israel soll ein treues, liebendes Eheweib werden. Wie das zustande kommt, ist das Kernproblem der Weissagung im Alten Bunde, das erst restlos in der Apokalypse gelöst wird. Jehova erkor sich Israel zur Braut nicht wegen der Anmut und Liebenswürdigkeit des Volkes; denn diese hatte nichts aufzuweisen, sondern aus unverdienter Gnade und Liebe (Hes 16:6-13). So i st Israels Wiederherstellung der Triumph unergründlicher Gnade. In der Apokalypse finden wir beide Bilder: Israel als die große Hure, die die Rolle Babels übernommen hat, und Israel als Braut, das Weib des Lammes. Wie nun aus der großen Hure die Braut, das Weib des Lammes wird, ist das Zentralwunder der Geschichte, gleichsam das Meisterstück im Heilswirken Gottes, der große Anschauungsunterricht für die Menschen und Geisterwelt.“ (Soweit Langenberg.)

Die genannten Stellen und viele andere (wie z.B. Ps 45; Jes 54:5-8; Jes 62:4.5) weisen uns darauf hin, dass Israel die Braut (und nach der Hochzeit dann eben das Weib) des Lammes ist (Im Abschnitt C, I 4b dieses Buches haben wir bereits auf die von den Propheten verheißene Erneuerung des Ehebundes Gottes mit Israel hingewiesen und mehrere Kernstellen zitiert.) Noch ist allerdings die Trage zu stellen, ob g a n z I s r a e l die Braut des Lammes sein werde. Dies verneint Prof. E. F. Ströter überzeugend mit den Worten. „Unter der B r a u t ist n i c h t das g a n z e Volk I s r a e l zu verstehen. Manche haben ihr Erstgeburtsrecht verscherzt; sie gehen nicht v e r l o r e n , werden aber nie eine Krone tragen. Die Schrift kennt ein Gerettetsein‚ als durchs Feuer‘. Um das wollen wir niemand beneiden. Und wiederum spricht sie von einem ‚reichlichen Eingang‘ ins Reich Christi. - Die Braut ist die auserwählte. Sie hat Gespielinnen, wie wir aus dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen sehen, das durchaus jüdisch ist. Wenn der himmlische Vater Seinem Sohne Hochzeit machen wird, dann werden unter den Gästen viele Abstufungen sein. Die Braut und der Bräutigam selbst werden nicht geladen; es versteht sich von selbst, dass sie da sind. Nicht alle sind Braut, auch nicht alle sind Braut j u n g f e r n. Eine Menge der verschiedensten Gäste sind da, und außerdem - wie das in einem großen Haushalt nicht anders ist - die ganze Dienerschaft vom ersten bis zum letzten. Welche Mannigfaltigkeit!“ (GH 1961/227.) - so sagt auch Karl Merz (Me/141): „Die Auswahl der Nationen geht mit dem heiligen Überrest aus Israel eine Verbindung ein, die die Schrift als ‚Hochzeit‘ bezeichnet. Der Zweck dieser Vereinigung ist der, unter Jesus Christus bei der Aufrichtung und Durchführung der Königsherrschaft Gottes mitzuwirken.“

Die Israeliten, die sich nach der Vollendung und Entrückung der Gemeinde des Christusleibes retten und heiligen und zubereiten ließen - vor allen, wenn auch nicht n u r , die 144 000 Erstlinge - bilden die Braut. Mit ihnen vereinigt sich der Christus - Haupt und Glieder - in der „Hochzeit des Lammes“. Seine Liebe und Hingabe strömt dem einst ungetreuen Weibe aus neue zu. Eine reich gegliederte Dienerschaft steht außerdem bereit, dem „K ö n i g s p a a r“ im nun beginnenden Reiche zu dienen. - Die Hochzeit des Lammes bedeutet indessen n i c h t , dass die Aufgaben die die Gemeinde und die Israel im messianischen Reich und darüber hinaus zu erfüllen haben, die gleichen sein müssen. Wie in einer irdischen Ehe mag es da durchaus eine „Arbeitsteilung“ geben, indem Israel auf Erden fruchtbar wird und verwaltend und gestaltend wirkt. während die Gemeinde weiterreichende kosmische Aufgaben hat. Immer aber wird es ein liebendes Miteinander- und Füreinanderwirken sein; nie darf man sich beider Bereiche und Aufgaben und Interessen völlig getrennt und unabhängig voneinander denken.

Trotz unseren Darlegungen möchten wir es aber niemandem verwehren oder ihm abraten, sich p e r s ö n l i c h mit b r ä u t l i c h e m Verlangen nach dem Herrn zu sehnen. Denn die innigste Beziehung, Glied Seines Leibes zu sein, schließt, praktisch-erbaulich gesehen, alle anderen Beziehungen nicht aus, sondern ein (So ist Paulus zweifellos Leibesglied, aber auch Sklave Christi Jesu!) Die p er s ö n l i c h e , p r a k t i s c h - e r b a u l i c h e Anwendung darf sich aller möglichen Bilder gern bedienen; beim p r o p h e t i s c h e n Lesen der Schrift aber sollten wir alles an seinem Platz stehenlassen und die Heilskörperschaften Gottes nicht durcheinanderwerfen!

Damit meinen wir, die Fragen nach der Person des Bräutigams und der Braut sowie nach der Bedeutung der Hochzeit des Lammes beantwortet zu haben, soweit uns das jetzt und hier, wo wir noch im Glauben und nicht im Schauen wandeln, möglich ist. Volle Klarheit und letzte Lösung aller Fragen bringt erst der uns heimholende Herr.

Wann und wo findet die Hochzeit statt?

Bleiben wir aber noch kurz vor den weiteren Fragen stehen, w a n n und w o wohl die Hochzeit des Lammes stattfinden werde. Zur ersteren Frage schreibt Karl Merz (Me/142-143): „Der H o c h z e i t s t a g ist uns nicht bekannt. Zwar denken wir, dass es sich damit ähnlich wie mit dem ersten Kommen Jesu auf diese Erde verhalten werde. In Gal 4:4 steht: ‚Als die Zeit erfüllet war, sandte Gott Seinen Sohn.‘ Es musste also zuerst die Zeit erfüllt anders ausgedrückt: es mussten die Bedingungen erfüllt sein, die das Kommen Jesu ermöglichten ...Ähnlich haben wir uns wohl Sein zweites Kommen vorzustellen. Und wenn wir die Verhältnisse in unseren Tagen ganz nüchtern betrachten, dann kommen wir zu dem Schluss, ass wir wieder an einer Zeitenwende angelangt scheinen. Wir denken hierbei in erster Linie an die zunehmende Säkularisierung und den daraus folgenden sittlichen verfall. Nicht viel weniger beängstigend sind die Zusammenballungen auf politischem Gebiet. Ob diese zu einem blutigen Zusammenstoß führen oder nicht: bis zu der Errichtung der antichristlichen Weltherrschaft dünkt uns kein langer Weg mehr zu sein. Wenn aber der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens (2Thes 2:3ff.) a u c h abgewirtschaftet haben wird, dann ist wieder die Zeit erfüllt, in diesem Fall für das zweite Kommen Jesu.

Im übrigen setzt der H o c h z e i t s t a g voraus, dass sowohl der Leib des Christus von dem Haupt angezogen als auch die Brautgemeinde entrückt worden ist. Denn erst dann kann Hochzeit gefeiert werden, wenn Christus (bestehend aus Haupt und Gliedern, dies in der Hauptsache aus den V ö l k e r n kommend) und Seine Braut (als die Auswahl aus d e m Volk) vereinigt sind. Soviel wir bisher gesehen haben, findet die Hochzeit selbst n a c h dem Untergang Babels, aber v o r der Niederwerfung des Antichristen statt. Diese Tatsache bedeutet indes n i c h t , dass die Entrückung der Leibesgemeinde und der Brautgemeinde erst dann stattfinde es liegt im Gegenteil nahe, anzunehmen, dass diese beiden Entrückungen v o r h e r geschehen werden.“ (Soweit Karl Merz.)

Damit ist auch schon gesagt, w o die Hochzeit stattfinden wird: i m H i m m e l. Denn dort ist Christus; dorthin ist aber auch Seine Gemeinde und die Braut, die Erstlings- und Überwinderschar des endzeitlichen Israel entrückt worden. (Wir wiesen schon darauf hin, dass es sich in Offb 14:1 sicherlich um den h i m m l i s c h e n Berg Zion handele; vgl. Hebr 12:22. Vielleicht gehört auch Offb 12:5: „Ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu Seinem Throne“, und Lk 21:36: „würdig geachtet, diesem allem, was geschehen soll, zu entfliehen, und vor dem Sohne des Menschen zu stehen“,'’ hierher.)

Es ist auch schon, bereits in frühchristlicher Zeit, die Meinung ausgesprochen worden, das Tausendjährige Reich stelle insgesamt die Hochzeitsfeier Christi dar. So lehrte - nach Eusebs Kirchengeschichte - in der alten Kirche der von vielen stark angefeindete Cerinth, dass nach der Auferstehung „ein Zeitraum von tausend Jahren in freudiger Hochzeitsfeier verfließen werde. Ist diese Vorstellung richtig, dann würde die Hochzeit des Lammes im Himmel lediglich b e g i n n e n, um im Reiche fortgesetzt zu werden, oder überhaupt erst in den 1000 Jahren sein Dann würden wir auch solche Israeliten, die nicht zum Himmel entrückt wurden (wie das an einem Bergungsort bewahrte Weib von Offb 12) mit zur Braut zählen dürfe. Und dann würden wir auch etliche Hinweise aus Jesu Gleichnissen besser verstehen, die alle schwer zu deuten sind, wenn das Hochzeitsgeschehen auf den Himmel und die dorthin entrückten Heiligen beschränkt wäre. Man denke an den Gast ohne hochzeitliches Kleid, der sich an der Hochzeitstafel eingefunden hat, oder an die törichten Jungfrauen, vor denen „die Tür verschlossen“ wurde. Man beachte ferner, dass nach Jes 62:3 sogar Israels L a n d „Vermählte“ heißen soll! (Vgl. Anmerkung 20) Auf keinen Fall sollte man vergessen,dass das Wort von der Hochzeit des Lammes bzw. des Königssohnes ein B i l d ist für die Vereinigung des Christus mit Israel, und dass es sich nicht um eine Vereinigung von Einzelpersonen, sondern von Körperschaften Gottes handelt. Dann wird man auch die Deutung, das Millennium im ganzen stelle die Hochzeit dar (oder der Beginn des Reiches gehöre noch zum Hochzeitsgeschehen), nicht von der Hand weisen können. - Andere setzten die Hochzeit noch später an erst nach den 1000 Jahren oder auf der neuen Erde. So schreibt Heinrich Langenberg (La I/55): „Die Zubereitung und Schmückung der Braut erfolgt wahrscheinlich während des Tausendjährigen Reiches.“ Dies möchten wir jedoch aufgrund des Wortlauts in Offb 19:7 n i c h t annehmen.

b) Christi königliches und richterliches Kommen

Hat sich der Herr mit Seinem Leibe in Herrlichkeit vereinigt, hat Er ferner zur Zeit der siebten Posaune im Himmel die Königsherrschaft über die Welt offiziell übernommen und sich auch mit den zu Ihm entrückten Erstlingen aus Israel vereinigt, dann steht Seinem sichtbaren Erscheinen als König und Richter nichts mehr im Wege. Er ist ja nun im Besitz aller Titel und Würden, aber auch aller ausführenden Organe, um in Herrlichkeit wiederzukommen und die antichristliche Heeresmacht niederzuschlagen. Deshalb folgt auf den Bericht von der im Himmel stattgefundenen (oder nur begonnenen und angekündigten?) Hochzeit des Lammes derjenige von Seinem Erscheinen in richterlicher und königlicher Macht (Offb 19:11ff.).

Beschreibt uns Paulus in 1Thes 4:13-17 Christi Kommen z u den Seinen, um sich mit ihnen zu vereinigen in der Luft, so wird uns hier Sein Kommen m i t den Seinen geschildert. Als König und Triumphator, Feldherr und Richter erscheint der Gesalbte Gottes aus geöffnetem Himmel auf weiße, Pferd, gefolgt von den Kriegsheeren des Himmels. D i e s e s Kommen Jesu wird in der Schrift des öfteren erwähnt, schon im AT und in den Evangelien. Man vergleiche zu unserer Stelle Offb 19:11ff. etwa die folgenden Parallelen: Sach 14:3-5; Mt 24:29-31; 1Thes 1:6-10; Offb 17:14. Aus diesen Stellen ergibt sich, dass die Begleiter des Königs sowohl zahlreiche Engelscharen als auch Seine Heiligen und Gläubigen sind. Die „Namen“ des kommenden Herrn: „Treu und Wahrhaftig“, „Gottes Wort“ und „König der Könige und Herr der Herren“ (dazu noch ein Name, den niemand kennt, als nur Er selbst!) offenbaren Sein Wesen und Seine Berufung. - Was für ein Anblick aber bietet sich dem kommenden König? Die Mächtigen der Erde haben sich mit ihren Heeren versammelt, zu streiten wider das Lamm (Offb 17:14; Offb 19:19). Daran ist zweierlei bemerkenswert und zeigt eine Veränderung gegenüber der heutigen Weltkonstellation:

1. Die Welt ist einig geworden. Unter antichristlichem, widergöttlichen Vorzeichen ist endlich die Welteinheit zustande gekommen. Was man heute so heiß ersehnt und trotz mancher Rückschläge doch immer wieder als Ziel verfolgt, ist erreicht worden: Welteinheit, Weltregierung, weltweite Militär- und Wirtschaftseinheit. - Ob auf blutigem oder unblutigem Wege, sei hier nicht näher untersucht. Stellen wie Mt 24:6.7; Offb 6:4; Dan 7:8.20; Dan 8:9-12.23-25 und Offb 13:3 deuten an, dass die Endzeit, die letzte Jahrwoche nach Dan 9, zunächst kriegerisch bewegt sein wird. Erst wenn in der zweiten Hälfte der letzten Jahrwoche Satan persönlich auf Erden ist und nach Offb 13:3 der Herrscher des letzten Weltreiches eine tödliche Wunde empfing - offenbar von einem irdischen Gegner -, ihm dann aber sein irdisches Leben durch ein satanisches Wunder wieder geschenkt wurde, wird die Welt für dreieinhalb Jahre geeint sein - geeint in der Anbetung des Weltherrschers und des Satans selbst! - Offen lassen wir die Frage, ob die großen Katastrophen von Offb 6:7.8; Offb 8:6-12; Offb 9:1-21; Offb 16:2-21, bei denen es sich in jedem Fall um Gerichte G o t t e s handelt, o h n e menschliches Zutun allein vom Himmel her, durch Gott und Seine Gerichtsengel, ausgelöst werden, oder - was auch denkbar ist - m i t menschlichem Zutun, indem die Gerichtsengel Gottes den menschlichen Hass und die menschliche Waffentechnik zur Ausführung dieser Gerichte- wie einst bei der Wegführung Israels in die assyrische und babylonische Gefangenschaft oder bei der Zerstörung Jerusalems - mit einsetzen*64.

*64 Der katholische Kernphysiker Berhard Philberth versucht in seinem Buche „Christliche Prophetie und Nuklearenergie“ (Verlag Glock und Lutz, Nürnberg) nachzuweisen, dass das letzte Bibelbuch „die entscheidenden Einzelheiten eines nuklearen Großkrieges eindeutig darstellt. Es fehlt einerseits keine der maßgeblichen Waffen, die in der Taktik und Strategie eingeplant sind. Andererseits sind keine Phänomene angegeben, die etwa in einem Krieg nicht oder noch nicht zu erwarten wären. Alle Waffen sind überdies - bis in die speziellsten Besonderheiten - in ihren spezifischen Funktionen, Erscheinungen und Auswirkungen dargestellt.“ (Phi/168,169)

Das Ende dieses Äons

2. Ein weltweites Militärbündnis und eine große moderne Streitmacht mit dem Ziel, g e g e n das „L a m m“ K r i e g zu f ü h r e n, kann man sich in der heutigen Zeit nich vorstellen (n o c h nicht vorstellen). Denn das „Lamm“ wird ja nicht ernst genommen; nicht einmal die „Christenheit“ glaubt in ihrer großen Masse im Ernst, dass Es auferstanden ist und einmal wiederkommt. Offenbar wird aber die „Endzeit“, die Zeit der in Offb 6-18 beschriebenen Gerichte, die Menschheit eines Besseren belehren. Die Siegel-, Posaunen- und Zornschalengerichte reden eine unüberhörbare deutliche Sprache! An dem Dasein und an der Macht des „Lammes“ zweifelt nun plötzlich niemand mehr; ja man sieht in Ihm einen ernstzunehmenden militärischen Gegner! Mit Raumschiffen, fernzusteuernden Wasserstoffbomben tragenden Raketen, Lichtkanonen - und was menschliche und satanische Intelligenz bis dahin an Vernichtungswaffen noch aussinnen mag - hat sich die vereinte Welt zum Krieg wider das „Lamm“ versammelt! Fieberhaft sucht man bei Tag und bei Nacht den Himmel ab, ob irgendwelche Anzeichen darauf hindeuten, dass dieses „Lamm“ wieder einmal einen Gerichtsschlag gegen die Menschheit zu führen gedenkt. Da erscheint plötzlich das „Zeichen des Sohnes des Menschen“ (Mt 24:30) am Himmel - die Schechina, die Wolke der Herrlichkeit Gottes, wie Ausleger angenommen haben. Damit ist für die modernste und fürchterlichste Streitmacht, die die Welt je gesehen hat, höchste Alarmstufe gegeben! Und nun „öffnet sich der Himmel“ (Offb 19:11) - nach Offb 6:14 „entweicht der Himmel wie eine Buchrolle, die zusammengerollt wird“ - und der Blick wird frei auf den, der auf dem Thron sitzt, und auf das zürnende Lamm, das Augen hat wie Feuerflammen. Dieser Anblick ist den Erdbewohnern so unerträglich, dass sie alle ihre Waffen vergessen und nur den Wunsch haben, sich schleunigst zu verbergen. Die „Strahlung“ der Lichtsklarheit Gottes peinigt sie mehr, als es jede radioaktive Strahlung vermöchte! Gleichzeitig wird „jeder Berg und jede Insel aus ihren Stellen gerückt“. In gewaltigen Erschütterungen der Erdoberfläche werden alle Höhen erniedrigt, der Zionsberg aber zum höchsten aller Berge erhoben. Der „Krieg“ ist schon aus. Das Lamm braucht nur noch zu „hauchen“, da ist der Gesetzlose ausgeschaltet und unwirksam gemacht. Tier und falscher Prophet werden in den Feuersee geworfen, die übrigen durch das „Schwert Seines Mundes“ getötet (Offb 19:11-21; Offb 6:14-17; 2Thes 2:7.8).

So endet der Äon, das Zeitalter, in dem wir leben,welches das böse genannt wird (Gal 1:4). Satan durfte darin zeigen, was er kann, wie weit er es bringt. Finsternis und Dämonie durften ausreifen. Als aber die „Ernte der Erde überreif geworden“ war, legte der Sohn des Menschen Seine Sichel an, und die Erde ward geerntet (Offb 14:14-16).

Lies weiter:
3. Das tausendjährige Reich nach Offb 20:1-6