Die Gerichte Gottes an der Gemeinde

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum:
"Die Gerichte Gottes" (1980)
von Mathias Jaegle (siehe Lebensbild)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften:
Inhaltsverzeichnis

Die Gerichte Gottes

3. Die Gerichte Gottes an der Gemeinde

Gerichte in ihrer Beziehung zur Gnade

Es mag zwar einen befremdenden Klang haben, von göttlichen Gerichten in der Gemeinde Christi zu reden. Wenngleich sie anderer Art sind als die in Israel, so wirken sie sich doch auch tief einschneidend und schmerzhaft aus. Um zu zeigen, dass Gott auch in der Verwaltung reinster, unvermengter Gnade richtend bei den Seinen eingreift, wollen wir diese zunächst betrachten.

Nach dem Muster von Pauli eigener Rettung entstanden (1Tim 1:16), ist die Gemeinde Christi eine reine Frucht Seiner Gnade. Anstatt über ihn als zuvorigen Lästerer, Verfolger und Frevler die allerschwerste Strafe zu verhängen, hat ihn der Herr nicht nur aus seinem sündigen Leben befreit, sondern auch sofort in Seinen Dienst berufen. Wohl hat er ihn durch gerichtsmäßiges Entgegentreten zu Boden geschlagen und ihm für drei Tage das Augenlicht genommen. Jedoch im Verhältnis zu vorigen viel weniger schweren Sünden (Ananias und Saphira) ist dieses kurze Gericht angesichts der erbitterten Gottesfeindschaft des Saulus überaus milde. Deshalb sagt dieser von seiner Rettung: „Überwältigend aber ist die Gnade unseres Herrn ...“ (1Tim 1:14). Und 1Tim 1:16 stellt er sich als ersten hin, dem solche Gnade widerfuhr und als Vorbild für alle, welche nach ihm gerettet werden. Nach diesem Prinzip bildet Gott die Gemeinde.

Ein Mensch kann noch so tief gefallen sein, wenn er Gottes Angebot der Versöhnung durch Christi Opfertod im Glauben annimmt, ist er gerettet und als vollwertiges Glied in die Gemeinde aufgenommen, ohne irgendwie für seine begangenen Sünden von Gott bestraft zu werden. Und dies, weil Christus das Gericht auf Sich nahm; deshalb kann Gott in so reichlichem Maße Gnade austeilen und den Sünder retten und rechtfertigen (Röm 3:24; Tit 2:11; Tit 3:7). Die Sünde kann wie eine Hochflut daherkommen, sie wird doch von dem viel höheren und mächtigeren Strom der Gnade verschlungen. Paulus sagt das deutlich: „Wo aber zunimmt die Sünde da strömt über die Gnade ...“ (Röm 5:20). Und welche Sicherheit dieser Gnadenstand bietet, bezeugt er den Gläubigen (Röm 8:1): „Nichts demnach ist nun zur Verurteilung denen, die in Christo Jesu sind.“

Darf man angesichts einer solchen Herrschaft der Gnade noch von göttlichen Gerichten in der Gemeinde sprechen? Wäre das nicht ein betrüblicher Rückzug in die Zeit des Gesetzes mit seinem Gerichtscharakter? Nein, denn Gericht auf dem Boden der Gnade ist eine der notwendigsten Lektionen für die Gläubigen, um sich im Heiligungsleben gesund entwickeln zu können. Wer nämlich die uns geschenkte Gnade so versteht, als ob Gott nun alles übersehen, und keine gerichtlichen Entscheidungen in der Gemeinde vornehmen würde, der befindet sich auf einem sehr gefährlichen Irrwege. Übersehe man ja nicht, dass der Apostel neben der Verkündigung der überschwänglichen Gnade die Gläubigen sehr oft und ernstlich vor göttlichen Strafvollzügen warnt, welche man sich durch sündigen Wandel zuziehen kann.

Gottes Gericht über die alte Menschheit

Wohl wusste Paulus, dass die hohen Offenbarungen und das Geschenk einer solch überströmenden Gnade von lauen Gläubigen als Ruhekissen benützt werden könnten. Deshalb entgegnete er ihnen im Anschluss an seine Lehre von der überströmenden Gnade: „Was sollen wir nun vorbringen? Dass wir mögen in der Sünde beharren, auf dass die Gnade zunähme? Möge das nicht geschehen!“ (Röm 6:1.2). Und dann fährt er mit einer weiteren Offenbarung fort, dass wir nämlich durch die Taufe in Christi Tod der Sünde gestorben sind (Röm 6:2-4) und unsere alte Menschheit mit gekreuzigt wurde, auf dass unwirksam gemacht werde der Körper der Sünde (Röm 6:6). Aufgrund dieser Erlösungstatsache wandeln wir nun in Neuheit des Lebens (Röm 6:4).

Über unsere alte Menschheit, die sich selbst verderbt (Eph 4:22), ging also schon ein ganz furchtbares Gericht, sie wurde mit Christus gekreuzigt. So schwere Gerichte auch über Israel ergingen, geistlich beurteilt, reichten sie nicht an dieses heran. In Wirklichkeit bedeutet dieses Gericht eine Befreiung von der noch wirksamen Macht der Sünde. Doch wirkt es sich als Erlösung nicht selbsttätig so aus, als ob die Sünde jetzt in uns ertötet wäre und wir nichts mehr zu tun hätten. Paulus lehrt, dass die Vollstreckung dieses Urteils Gottes nun von uns fortzusetzen ist. Das lesen wir Gal 5:24: „Die aber des Christus Jesus sind, kreuzigen das Fleisch mit den Leidenschaften und Begierden."

Das Selbstgericht

Es gibt Übersetzungen, die schreiben: „ ... die haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Begierden.“ Nach dieser Zeitform wäre das Selbstgericht ein einziger und bereits vollendeter Akt. Doch im Griechischen weist die Endung des Tätigkeitswortes „kreuzigen“ sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft, drückt also nicht ein vorübergehendes Geschehen, sondern vielmehr einen Dauerzustand, also eine Haltung, eine Tatsache aus, die aus der Vergangenheit, über die Gegenwart in die Zukunft reicht. Hier wird die wörtliche Wiedergabe des Urtextes äußerst wertvoll; denn sie belehrt die Gläubigen, wie das Kreuzigen des Fleisches mit den Leidenschaften und Begierden eine ununterbrochene, von ihnen selbst auszuführende Tat sein muss. Dementsprechend schreibt Paulus Eph 4:22-24: „ ... dass ihr ableget ... die alte Menschheit ... und anzieht die neue Menschheit.“ Ebenfalls Kol 3:9: „ .... da ihr abstreifet die alte Menschheit ... und anzieht die junge ...“ Kol 3:8 fordert er sogar auf: „Nun leget auch ihr alles dies ab - Zorn, Grimm, übles Wesen, Lästerung, Schandworte aus eurem Munde.“ Und dass die Kreuzigung des alten Menschen ein von uns selbst fortzusetzendes Gericht ist, erweist der Apostel mit der vorangegangenen Befehlsform: (Kol 3:5), die sogar zum Ertöten unserer sündigen Triebe auffordert, welche er bildlich Glieder nennt. Die Praxis rechtfertigt die Zeitform dieser Aussprüche, so wie sie in der konkordanten Übersetzung stehen. Jeder aufrichtige Gläubige weiß aus Erfahrung, dass die Sünde immer noch im Herzen ist und sich bei gegebenen Anlässen immer wieder üble Begierden bemerkbar machen. Deshalb sind diese sündigen Triebe immer wieder ans Kreuz zu verweisen, d. h. neu in den Tod zu geben. Gerade dies ist eines der schwersten Gerichte über unser eigenes Ich; es ist in der Tat ein fortgesetztes Sterben.’'

Gott hat ein vernichtendes Urteil über unseren alten Menschen gefällt, das ihn als vollständig verdorben hinstellt. Ihm darin recht geben und alle damit zusammenhängenden Demütigungen und Beugungen willig auf sich nehmen - wahrlich das ist kein leichtes Gericht. Da hatten es die Israeliten doch viel leichter. Jedes Jahr war der große Versöhnungstag; dann kamen sie mit ihren während des Jahres begangenen Sünden und stellten sie unter das vom Priesterfürsten im Allerheiligsten gesprengte Blut und erhielten Vergebung. Die Folgen ihres verdorbenen Herzens waren vergeben, d. h. dass Gott nach Röm 3:25 in Seiner Tragkraft darüber hinwegging. Aber das eigentliche Erzeugungsgebiet der Sünden, der alte Mensch, blieb davon unberührt. Nach dem Versöhnungstag ging es eben wieder im alten Geleise weiter. Anders war es unter dem Gesetz, vor Christi Opfertod und Auferstehung gar nicht möglich.

Aber leider kommen heute so manche Glieder der Gemeinde Christi in ihrer Praxis nicht weiter als der Israelit am Versöhnungstag. Immer sich darin wiederholend, bringen diese ihre Sünden unter das Kreuz, unter die Besprengung des Blutes Christi. Doch dabei kommt der eigentliche Sünder, der alte Mensch, unbehelligt davon. Das sündige Fleisch wird eben nicht an das Kreuz verwiesen und kann sich daher immer wieder ausleben. Und das sind die eigentlichen Feinde des Kreuzes Christi, über die Paulus jammert (Phil 3:18). Es sind Gläubige, die bis unter das Kreuz kommen und die Segnungen des Blutes Christi in Empfang nehmen. Jedoch sie bringen ihr Ich nicht ans Kreuz. Der Leib ist ihr Gott, d. h. sie leben das eigene Leben mit seinen Lüsten und Begierden weiter und bleiben ihm versklavt. Dies ist eine der größten Nöte in der Gemeinde Christi.

Es ist daher so überaus notwendig, dieses Gericht Gottes über unsere alte Menschheit in den Vordergrund zu stellen; denn es geht dabei um die Ehre unseres Herrn. Doch auch deshalb muss vor einer Umgehung des Selbstgerichts gewarnt werden, weil ein solches Leben gewöhnlich in andere Gerichte hineinführt.

Von dieser Seite gesehen, kann die Gnade vergeblich empfangen werden (2Kor 6:1), wenn man sie wohl zur Reinigung dauernd in Anspruch nimmt, aber ihre Kraft nicht gebraucht, um die sündigen Glieder zu töten. Ebenso wie ein Leben des Gehorsams sich vorwärtsentwickelt, kommt ein Gläubiger, der Gal 6:25 nicht befolgt, in eine Abwärtsbewegung hinein. Doch es ist nicht so, als ob die Gnade nun ein solches, den Herrn verunehrendes Leben in Schutz nehme, sondern gewöhnlich führt es an Stelle des umgangenen Selbstgerichts in andere göttliche Züchtigungen hinein. Das alles wird uns an den Gläubigen in Korinth anschaulich gezeigt, sowohl ihr fleischliches, ungekreuzigtes Ichleben als auch seine Folgen.

Gemeindezucht als Gericht

Paulus deckt in dieser Gemeinde nicht nur schwere Verfehlungen auf, sondern geht auch dagegen schonungslos vor. Er droht ihnen mit Rute (1Kor 4:21) und mit Strenge (2Kor 13:2.10). Mit seinen offenen Vorhaltungen beschämt er sie (1Kor 6:5), ja er nimmt sogar Gemeindeausschluss vor (1Kor 5:2) und fordert die Gläubigen auf, mit einem unordentlich Wandelnden keine Gemeinschaft zu haben (1Kor 5:9.13); Röm 16:17.18; 2Thes 3:6.14.15), auf dass solche beschämt werden. Nach 2Kor 10:6 hielt er sich in steter Bereitschaft, jeden Ungehorsam gegen Gott zu rächen. Jene Gläubigen aus der Beschneidung, welche das Evangelium mit dem Gesetz zu vermischen versuchten, tat er in den Bann (Gal 1:8.9). Andere gefährliche Gläubige aus der Beschneidung gebietet er, (bildlich) zu knebeln (Tit 1:11). Was sind das für gerichtsmäßige Eingriffe in die Gemeinde Gottes! Doch Paulus geht noch weiter. In grobe Sünde verstrickte Gläubige übergibt er sogar dem Satan, die einen wegen fleischlicher Lust (1Kor 5:5) und andere, weil sie das gute Gewissen von sich stießen, Lästerer wurden, und am Glauben Schiffbruch erlitten (1Tim 1:19.20).

Und noch eine ernstere Gerichtsseite zeigt er, indem er zurücktritt und Gott Selbst als den Gerichtsvollstrecker offenbart. An seine Lehre, die Gläubigen seien durch die Innewohnung des heiligen Geistes Tempel Gottes, schließt er sofort die Wanrung: „Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt (durch irgend welche Sünde), diesen wird Gott verderben" (1Kor 16:17). Dieses Wort redet von einem direkten göttlichen Eingreifen. Aber Gott hat auch noch andere Strafmethoden bei Gläubigen, die bewusst in Sünden weiterleben. Nach Röm 1:24-28 gibt Er die Ungläubigen, welche schon in einer bedenklichen Gottlosigkeit leben, in schändlichste Leidenschaften dahin. Es will fast scheinen, dass Er mit fleischlich gesinnten Gläubigen, die auf keine Zucht hören, ebenso handelt, und sie dahin gibt in immer schlimmere Sündenverstrickungen, bis es bei ihnen zu einem offenbaren tiefen Fall kommt. Um solche mag es sich 2Tim 2:25.26 handeln, welche in die Falle des Widerwirkers fielen. Das ist natürlich für Gläubige eines der schwersten Gerichte. Paulus übergab ihm ja jenen Sünder (1Kor 5:5) zum Ruin des Fleisches. Dass tatsächlich Gläubige in die Gewalt Satans geraten können, geht aus seiner Warnung hervor: „... noch gebet eine Stätte dem Widerwirker“ (Eph 4:27), was auch heißen kann: Nährt nicht sündige Triebe, sondern verweist sie sofort ans Kreuz!

Nun folgt eine weitere Reihe von paulinischen Ermahnungen, welche zeigen, wie und wo sich Gläubige göttliche Gerichte zuziehen können. Die Galater warnt er: „Irret euch nicht, Gott lässt Sich nicht spotten“ (Gal 6:7.8). Darauf führt er aus, wie Gläubige durch Säen ins Fleisch von diesem Verderben ernten werden. Und denen, welche die Galater beunruhigen, hält er entgegen, dass sie ihr Urteil tragen werden (Gal 5:10). Den Gläubigen, die nach Reichtum streben, prophezeit er im voraus, dass sie in Versuchung, und eine Falle und in viele unvernünftige und schädliche Begierden geraten, die die Menschen versumpfen in Ruin und Untergang. Ferner führt dies zum Abirren vom Glauben und zu vielen schmerzvollen Versuchungen (1Tim 6:9.10). Zu denen, welche einen gerichtsmäßigen Abschluss mit Untergang nehmen, zählt er auch die Feinde des Kreuzes Christi, deren Gott der eigene Leib ist (Phil 3:19; Röm 16:18). Ein solches Ende mit Schrecken nehmen ebenfalls die falschen Apostel in der Gemeinde, denn ihr Abschluss wird sein ihren Werken gemäß (2Kor 11:15).

Die Korinther warnt Paulus auf drastische Weise vor göttlichen Züchtigungen. Er führt eine ganze Reihe der von Israel in der Wüste begangenen Sünden an (1Kor 10:5-10). Darauf fährt er belehrend fort, dass dieses alles jenen vorbildlich widerfuhr und uns zur Ermahnung geschrieben wurde. Damit will er sagen, dass wir uns vor ähnlichen Verfehlungen hüten sollen. Weiter macht er die Korinther allen Ernstes darauf aufmerksam, dass man das Herrenmahl unwürdig halten könne (1Kor 11:27-32). Paulus meint damit gewiss bewusstes Beharren in einem ungekreuzigten Ichleben, also in der Sünde. Welche in dieser Verfassung zum Tische des Herrn kommen, verfallen gerichtsmäßig dem Körper und dem Blute des Herrn und essen und trinken sich selbst ein (Urteils-)Gericht.

Gerichtsbeispiele als Warnung

Diese uns im Worte Gottes vorgeführten Strafen und Züchtigungen, über in der Sünde beharrende Gläubige verhängt, könnte man noch gut durch weitere Beispiele ergänzen. Kam es doch schon öfters vor, dass ein Gläubiger heimlich einer Sünde frönte und dabei nach außen hin geschickt den frommen Schein zu wahren verstand. Gott hatte dem sehr lange zugeschaut; doch dann kam der Tag, da Er diese heimliche Sünde ans Licht zog, und an Stelle des geschickt umgangenen Selbstgerichtes traf nun den Betreffenden ein viel schwereres. Neben dieser gibt es dann noch eine weitere verderbliche Haltung, nämlich keine Mahnung anzunehmen und verstockt in irgendeiner Sünde zu beharren. Hier geht es dann gewöhnlich so, wie schon Salomo sagte. „Ein Mann, der oft zurechtgewiesen, den Nacken verhärtet, wird plötzlich zerschmettert werden ohne Heilung“ (Spr 29:1). Von solch Widerstrebenden, und damit meint er Gläubige, redet auch Paulus (2Tim 3:6-9). Nachdem er ihren Abweg geschildert, sagt er (2Tim 3:9): „Sie werden jedoch nicht mehr fortschreiten; denn ihre Unvernunft wird allen offensichtlich sein ...“

Etwas ganz Schlimmes ist ein ungeheiligter Wandel bei gläubigen Eltern, die dadurch ihren Kindern schlechte Vorbilder sind. Nur zu oft sind hier die Folgen ganz tragisch, indem die Kinder leicht ein weltförmiges Glaubensleben annehmen. Zu ihrem Leidwesen müssen es die Eltern dann mitansehen, wie die Kinder ihre nicht ans Kreuz gebrachten, und in den Tod gegebenen Lüste und Begierden und alles andere, was einen fleischlichen Wandel kennzeichnet, weiter und oft in noch viel stärkerem Ausmaße ausleben. Schon manche gläubigen Eltern wurden durch die Entgleisungen ihrer Kinder schmerzlich ihre eigenen unüberwundenen Sünden gewahr. Derart führt dann Gott eine ganz ernste Gerichtssprache. Wer dafür ein geöffnetes Ohr hat, kann sehen, wie Gott den Seinen nichts durchgehen lässt. Es ist wahr, Er kann oft lange, ja sehr lange zusehen. Aber auf einmal wird Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit wirksam; schmerzhaft maßregelnd tritt Er dann einem Ihn entehrenden Leben entgegen. Dazu redet Paulus noch ein sehr wichtiges Wort (1Tim 5:24): Etlicher Menschen Sünden sind vorher offenkundig'’ und gehen voran zum Gericht, etlichen aber auch folgen sie nach“. Das beweist, dass es auch für Gläubige noch eine zukünftige Abrechnung gibt. Paulus sagt, wie sogar die offenkundig gemachten Sünden vorangehen zum Gericht. Das führt uns zum nächsten Thema:

Das zukünftige Gericht an der Gemeinde

Die von Gott befohlenen Maßregelungen haben das Gute, dass sie dem Fehlenden Gelegenheit bieten, seine begangenen Sünden vor Gott in Ordnung zu bringen. Geschieht dies durch aufrichtige Beugung und willige Unterstellung unter die Gemeindezucht, unter alles, was einem schonungslosen Selbstgericht gleichkommt, so ist der dunkle Fleck vor Gottes Augen getilgt. Beharrt man aber weiter auf einem sündigen Wege, ohne in diesem Leben zu einer Umsinnung zu gelangen, so hat Gott zur gerechten Regelung der Ihm missfallenden Angelegenheit eine andere Vorkehrung getroffen. Die Bereinigung, die in diesem Leben nicht freiwillig und vom Betreffenden selbst vorgenommen wurde, so wie Paulus dies anordnet (2Kor 7:1), wird der Herr dann im zukünftigen Leben, und dies gleich anfangs, vornehmen. Es ist sehr verständlich und einleuchtend, dass dies nur in Form eines Gerichts geschehen wird.

Ganz in diesem Sinne erklärt Gottes Wort das zukünftige Gericht an der Gemeinde. Wiederholt mahnt Paulus Gläubige zu einem Leben des Glaubensgehorsams mit dem Hinweis, dass wir für alles, was wir tun, von Gott zur Rechenschaft gezogen werden. Nachdem er den nicht immer recht wandelnden Gläubigen in Korinth deutlich zu verstehen gab, dass es das Normale sei, unsere Ehre daran zu setzen, dem Herrn wohlgefällig zu sein, zeigt er ihnen sogleich, dass diese Mahnung einen sehr ernsten Hintergrund habe. Und dieser ist: „Denn wir alle müssen offenbar gemacht werden, vorne vor der Preisrichterbühne des Christus, auf dass ein jeglicher das wiederbekomme, was er durch den Körper verübt, es sei gut oder schlecht“ (2Kor 5:9.10). Ähnlich schreibt er den Gläubigen in Rom aufgrund unrechter Stellungnahme zum Bruder: „Denn alle werden wir dargestellt werden vor der Preisrichterbühne Gottes“ (Röm 14:10). Und diese Darstellung geschieht zu folgendem Zweck: „Demnach nun wird ein jegicher von uns für sich selber Gott Rechenschaft geben“ (Röm 14:12). Weiter mahnt er die Sklaven (Kol 3:22-25), ihre Arbeit in der Furcht des Herrn zu verrichten, und dies deshalb: „Denn der Unrecht tut, wird wiederbekommen, was er Unrechtes tut, und ist da kein Ansehen der Person“ (Röm 3:25).

Im Blick auf dieses Ereignis mahnt der Apostel auch Timotheus: „Befleißige dich, dich selbst als bewährt Gott darzustellen, als einen unbeschämten Werker, der da richtig schneidet das Wort der Wahrheit.“ (2Tim 2:15). Damit legt er seinem geistlichen Sohne ans Herz, dass an jenem Abrechnungstag die Werker Gottes beschämt werden, welche Sein Wort nicht in der rechten Einteilung darboten. Und wenn er auch die Reichen ermahnt, reich zu sein in edlen Werken, freigebig zu sein, gemeinschaftlich, indem sie sich selber einen köstlichen Grund hinterlegen aufs Zukünftige ...“ (1Tim 6:17-19), so deutet er damit zugleich an, dass das Nichtbefolgen dieser Ermahnung für die Betreffenden in der Zukunft noch üble Folgen haben wird. Auch in Bezug auf sich selbst redet der Apostel von einer zukünftigen Vergeltung des Herrn als gerechtem Richter, an jenem Tage (2Tim 4:8). Es ist eine ernste Sprache, die die Schrift mit uns Gläubigen redet; denn sie macht uns eindrücklich klar, dass wir einst Gott Rechenschaft geben müssen, wie wir unser Glaubensleben verbracht haben.

Die Preisrichterbühne

Auch über die Art und das Wesen dieses zukünftigen Gerichts belehrt der Apostel die Gemeinde. Schon aus der Bezeichnung „Preisrichterbühne Gottes“ (Röm 14:10) und „Preisrichterbühne Christi“ (2Kor 5:10) können wir darüber viel erfahren. Auf griechisch heißt das Wort bema, welches einfach Bühne bedeutet. Es ist darunter die erhöhte Plattform für Regenten, Richter oder Preisrichter zu verstehen. Gewöhnlich wird dieses Wort mit „Richterstuhl“ übersetzt. Doch die konkordante Übersetzung hat stattdessen sowohl Richterbühne als Preisrichterbühne. Bei dieser Wortbestimmung ist nämlich die Art der Gerichtsverhandlung maßgebend. Die betreffenden Schriftstellen rechtfertigen diesen Weg. So wird bema mit Richterbühne übersetzt, als Pilatus von ihr aus über Leben und Tod des Herrn entschied (Mt 27:19.26; Joh 19:13.16). Auch Paulus stand vor den Richterbühnen zweier Landpfleger (Apg 18:12; Apg 25:6.17). Das war wahrlich kein Preisgericht.

Doch das Gericht über die Gemeinde ist so ganz anderer Natur, dass der Begriff Richterbühne es in ein falsches Licht stellen würde. Leider haben die üblichen Übersetzungen dieses Wort mit Richterstuhl wiedergegeben, wodurch der so wichtige Unterschied verwischt wurde. Dies hat zu der irrigen Auffassung beigetragen, dass manche Gläubige meinten, sie kämen mit den Ungläubigen in ein und dasselbe Gericht. Doch Paulus redet so klar davon, dass man ohne weiteres erkennt, worum es eigentlich geht. Er schreibt den Philippern, er jage nach dem Ziele hin, zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu (Phil 3:14). Er vergleicht seinen Glaubenskampf mit einem Rennen im Stadion, um einen Kampfpreis in Form eines Siegeskranzes zu erhalten (1Kor 9:24.25). Dementsprechend belehrt er auch den Timotheus: „So jemand aber auch wettkämpft, so wird er doch nicht bekränzt, so er nicht gesetzmäßig wettkämpft“ (2Tim 2:5). Vor seinem Tode war sich Paulus dessen bewusst, dass ihm der Herr an jenem (Gerichts-)Tage mit dem Siegeskranz der Gerechtigkeit vergelten werde (2Tim 4:7.8).

Das sind wohl genügend Beweise dafür, dass die Gläubigen nicht schlechthin vor eine Richterbühne gestellt werden (wo etwa über ihre Zugehörigkeit zur Gemeinde, über Tod und Leben entschieden würde), sondern vor eine Preisrichterbühne, von wo der Herr über jedes Glaubensleben Sein Urteil abgeben, und für gut geführte Glaubenskämpfe Preise austeilen wird. In diesem Sinne redet Paulus von diesem Gericht. Der Siegeskranz bedeutet nicht nur Ehre, sondern auch Herrschermacht. Dass Christus diese nicht so ohne weiteres jedem überträgt, lehrt der Apostel mit etlichen Aussprüchen. So schreibt er an Timotheus: „Wenn wir erdulden, werden wir auch mitherrschen“ (2Tim 2:12). Und nach Röm 8:17 werden wir dann Christi Mitlosnießer an Seiner Herrschaft über das All, wenn wir mitleiden.

Lohn und Verlust vor der Preisrichterbühne

Der Herr gibt uns in Seinem Wort noch weiteren Aufschluss über dieses zukünftige Gericht. Nach 2Kor 9:6 wird es einer Ernte gleichen, die dem Säen hier unten entspricht: „Der da säet, kärglich, kärglich wird er auch so ernten, und der da säet im Segen, im Segen wird er auch ernten ...“ So wie eine reiche Ernte wirklich ein Segen ist, so wird eine kärgliche, angesichts der zu verteilenden Preise zu einem Gericht. Auch Gal 6:8 spricht von einer zukünftigen Ernte. Eph 6:8 redet ohne Bild und sagt einfach, dass jeder, der Gutes tut, dieses wiederbekommen wird vom Herrn, und dies nicht in irdischen, sondern in himmlischen Werten. Im Kolosserbrief spricht er eine ähnliche Verheißung aus (Kol 3:23-24): „Alles, was ihr auch tut, wirket es aus der Seele, als dem Herrn und nicht den Menschen, wissend, dass ihr von dem Herrn die Vergeltung des Losteiles erhalten werdet.“ Damit will der Herr zum Glaubensgehorsam und zur Treue im täglichen Leben ermuntern, weil Er das mit einem überaus herrlichen himmlischen Losteil vergelten wird. Noch bestimmter hebt der Apostel 1Kor 3:8 diese Wahrheit hervor. Dort sagt er: „Ein jeglicher aber wird seinen eigenen Lohn erhalten, gemäß seiner eigenen Mühe!“ Gott lässt nichts, was für Ihn getan wird, unbelohnt; alles vergilt Er königlich. Natürlich handelt es sich hier nur um das, was wir durch die Auferstehungskraft Christi tun, nachdem wir neues Leben allein durch den Glauben erhielten.

Doch hat dieses Preisgericht noch eine andere Seite. So wie Gott das Gute belohnt, so vergilt Er auch nach 2Kor 5:10 das durch den Körper verübte Schlechte. Diese Ankündigung trägt nun ausgesprochenen Gerichtscharakter. Aus dem, was Paulus weiter darüber sagt (1Kor 3:10-15), sieht man, wie es dabei streng gerichtsmäßig zugehen wird. Es ist in diesem Abschnitt von einem Tag die Rede, an welchem alles aus dem vergangenen Glaubensleben eines jeden Gläubigen offenkundig gemacht werden wird. Es ist der Tag Jesu Christi, der mit Seiner Wiederkunft beginnt, wenn Er Seine Gemeinde nach oben ruft (1Thes 4:13-18). Wohl mit das erste, was dann stattfindet, wird die Darstellung vor der Preisrichterbühne sein. Dann wird der Herr Seine Treuen belohnen und ihnen Lob und Lohn für ihre guten Werke spenden. Aber das Leben der Ungehorsamen wird Er vor aller Augen offenbar machen und die Bereinigung an ihnen vornehmen, welches sie im Leben vernachlässigten. Paulus nennt Christus in dieser Funktion „den gerechten Richter“ (2Tim 4:8). Das Durchrichten der Gemeinde muss sein, auf dass Er sie Sich herrlich darstelle ohne Flecken oder Runzel und dass sie heilig und makellos sei (Eph 5:27). Jedoch macht dieses Gericht nie die Zugehörigkeit zur Gemeinde ungültig.

Sowohl das persönliche Glaubensleben als auch der Dienst ist ein weiteres Aufbauen auf den gelegten Grund (1Kor 3:10.11). Schon mit seiner Warnung, dass ein jeglicher Obacht gebe oder sich hüte, wie er darauf baue, gibt Paulus zu verstehen, dass Missachtung derselben ernste Folgen hat. Vor der Preisrichterbühne wird eben alles ins Feuer kommen, in eine Prüfung, der nichts entgeht. Nur für das, was bewährt daraus hervorgeht, wird der Herr Lob und Lohn austeilen. Was spricht doch für ein schonungsloser Gerichtsernst aus der Tatsache, dass dort ein Verbrennungsfeuer lodern wird! Und wie wird es dann denen dabei zumute sein, die es betrifft! Wie mancher hat sich geweigert einem Gott missfälligen Leben abzusagen. Allein vor der Preisrichterbühne wird es kein Ausweichen geben. Dann wird der Herr alles vor aller Augen bloßstellen. Was wird das für Schmach und Schande geben. Wird ein derartiges Sich-Schämen-Müssen nicht wie Feuer sein, das im Herzen brennt?

Weil nun Gottes Wort sagt, dass es ein solches tatsächlich im zukünftigen Leben geben wird, lernen wir etwas über die Verfassung des Herrlichkeitskörpers kennen. Es ist also nicht so, dass er ausschließlich Gefühle der Seligkeit kennt, sondern auch schmerzliche empfindet, wie wir sie aufgrund von Überführung, Beugung, Reue, Selbstanklage, Scham und Selbstgericht erfahren. Hier unten passten solche gut für den Körper der Erniedrigung; jedoch wieviel tiefer und schmerzhafter werden diese sein, wenn man sie im Körper der Herrlichkeit durchmachen muss. Von hier aus verstehen wir, weshalb uns Paulus wiederholt zur Furcht ermahnt (2Kor 5:11; 2Kor 7:11; Eph 5:21; Phil 2:12). Die Gnade reicht weit und tief (Röm 5:20), um die Auserwählten aus den Abgründen der Sünde zu retten. Aber sie kann vergeblich empfangen werden, wenn ihre Kraft nicht im Leben angewandt wird.

Aus dieser paulinischen Belehrung geht hervor, dass es eigentlich zwei Gerichte für die Gemeinde gibt. DAs eine hier unten stattfindende ist das Selbstgericht, indem man sich willig unter die Zucht des Geistes stellt. Dieses ist für alle Gläubigen notwendig. Wenn Paulus 2Kor 7:1 sagt: „... sollten wir uns ...“, so schließt er sich selber mit ein. Die Form sollten lässt die Gefahr erkennen, wie man alle dem auch aus dem Wege gehen kann. Aber für solche besteht dann das andere Gericht, durch welches der Herr Selbst mit prüfendem Feuer das Versäumte nachholen wird, und zwar so gründlich, dass Er Sich Seine Gemeinde nach Eph 5:27 herrlich darstellen kann ohne Flecken oder Runzel. Und dies geschieht nur durch ein Feuergericht, welches alles Unreine verbrennt.

Die Wahl zwischen diesen beiden Gerichten steht jedem Gläubigen frei und offen; entweder das eine oder das andere. Die Wahl sollte nicht schwer sein. Gerade für unsere Zeit, in welcher die Gemeinde eine Neubelebung braucht, welche meist durch eine vertiefte Bereinigung beim einzelnen beginnt, ist es wohl das von Gott Gegebene, das Gericht für die Gemeinde rechte eindrücklich zu machen. Wenn dies einerseits auch ein heilsames Erwachen bewirken soll, so mögen doch die gewissenhaften und zu schnell zur Furcht geneigten Gläubigen nicht in unnötige Anfechtungen kommen. Es ist eben zu unterscheiden zwischen einem Beharren in der Sünde, wie es Paulus Röm 6:1 nennt, und Fehltritten, die aus Unachtsamkeit oder Schwachheit ungewollt begangen werden. Wenn diese jedesmal durch Leidtragen und Umsinnung vor Gott in Ordnung gebracht werden, so kann es nie zu einer Versklavung unter irgendwelche Sünde kommen. Die Gläubigen, welche die Macht der Gnade auf diese Weise in Anspruch nehmen, brauchen wirklich im Blick auf die Preisrichterbühne nicht zu erschrecken, sondern dürfen ihr im Gegenteil mit großer Freude entgegensehen.

Schriftwidrige Lehren

Leider hat man aber noch ein anderes Gericht für die Gemeinde gelehrt. Sie müsse, so sagen etliche, noch durch die Gerichte der großen Drangsal gehen. Diese Auffassung sucht man gewöhnlich durch die Lehre zu begründen, die Gläubigen hätten, wie ihr Herr durch den Kreuzestod, nun auch selber vor dem Abschluss durch besondere Leiden zu gehen, um Ihm auch darin ähnlich zu werden. Nach der Schrift besteht aber unsere Ähnlichkeit mit dem Herrn in Seinem Kreuzesleiden eindeutig in unserem Einswerden mit Seinem Tode durch die Mitkreuzigung unserer alten Menschheit (Röm 6:5-6). Hätte man die Lehre und Praxis mehr hervorgehoben, dass der einzeln Gläubige dieses Gericht nach Gal 5:24 selbst an sich zu vollziehen hat und wie außerdem noch eine öffentliche gerichtliche Beurteilung vom Herrn vorgenommen wird, so hätte man nicht noch ein weiteres Gericht für die Gemeinde gelehrt, und sie gar noch in die große Drangsal verwiesen. Die Schrift bezeugt es deutlich, dass Gott in den Gerichten jener Zeit Seinen Zorn über die Sünden der Ungläubigen offenbaren wird (Röm 1:20), oder wie diese Eph 5:6 und Kol 3:5.6 genannt werden: Söhne der Widerspenstigkeit. Dies ist eine strenge göttliche Bestrafung der in den Abfall verstrickten Nationen und Seines abtrünnigen Volkes Israel. Gott will Seine Gemeinde, Seine Gesandten nie in diese Zorngerichte kommen lassen. Das ist Sein Wille, wie Er uns wiederholt versichert (Röm 5:9; 1Thes 1:10; 1Thes 5:9). Hier ist wieder Röm 8:1 von Bedeutung, dass auch nichts die Gläubigen zu diesen Zorngerichten verurteilen kann.

Für alle, die durch Christus in gesegneter Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, stehen und im Gebet den Zutritt zu Ihm fleißig benutzen, könnte es doch nichts Furchtbareres geben, als wenn Er Sich von einem gnadenvollen, himmlischen Vater in einen zürnenden und strafenden Richter wandeln würde. Weil aber das aufgrund Seiner der Gemeinde durch Christus, den Gekreuzigten, geschenkten Gnade nie und nimmer geschehen wird, kann die Gemeinde grundsätzlich nicht in die große Drangsal kommen, in welcher Gott Seinen Zorn offenbart.

Neben dieser den Gnadenstand der Gemeinde verdunkelnden Auffassung besteht noch eine andere. Zu gutem Recht erkennt man, dass Gottes Gerechtigkeit zwischen geistlichen und fleischlichen Gläubigen unterscheidet. Hier wollte man Gottes richterliche Entscheidung drin sehen, dass nur die ersteren an der Entrückung teilnähmen, während die anderen zur Strafe für ihr unumsinnendes Wesen zurückgelassen würden. Damit wäre die Gemeinde ja aufgeteilt und ihre Einheit praktisch von Gott Selbst aufgehoben.

Außergewöhnliche, jedoch nicht von Gott verheißene Auferstehungen wurden schon als göttlicher Lohn für Treue im Wandel und Dienst gelehrt. Man hätte wohl nie solch verkehrte Lösungen gesucht, wenn man die entscheidungsvolle Bedeutung der Preisrichterbühne erkannt hätte. Nicht hier unten, auch nicht durch die Auferstehung, noch durch die Entrückung wird der Herr Sein Urteil über des einzelnen Glaubensleben kundtun; denn alle entschlummerten Gläubigen werden auferstehen, und alle noch lebenden verwandelt werden, so dass beide Gruppen zusammen nach oben weggerafft werden, dem Herrn entgegen in die Luft. Kein einziges Gemeindeglied wird dabei fehlen. Wie auch Treue, Glaubensgehorsam und Heiligung beim einzelnen gewesen sein mögen, kommt dabei nicht in Betracht. Aber droben, vor der Preisrichterbühne, wird der Herr mit jedem einzelnen so abrechnen, dass die Unterschiede offenbar werden. Und dort hat Er dann die beste Gelegenheit, die Folgen von Treue und Untreue kundzutun. Wenn sich dann das innere Geistesleben offenbart (Kol 3:3.4), wird sich zeigen, in wem Christus herrliche Gestalt gewinnen konnte, oder nur geringe. Dementsprechend wird auch aus jedem Sein Bild ausstrahlen, und dies wird die Unterschiede von 1Kor 15:41 ergeben. Auch wird es für die zukünftige Stellung in der himmlischen Herrlichkeit bestimmend sein, ob sich das im Feuer geprüfte Werk bewährt, oder ob es verbrennt. Es ist ganz verständlich, dass danach auch die himmlischen Losteile und Dienste ausfallen werden. Zudem wird dann das vom Herrn gegebene Lob Glückseligkeit, und der Tadel Beschämung und Schmerz auslösen.

Zusammenfassend muss gesagt werden, dass im Blick auf die Vollendung der Gemeinde zwei gewaltige Wahrheiten von enormer Bedeutung für die Gläubigen sind. Die erste ist die Verheißung, dass alle Gläubigen an der Entrückung, und damit am zukünftigen, himmlischen Leben teilhaben. Dies ist so sicher, dass deshalb keiner in Unsicherheit oder Furcht zu sein braucht. Aber neben dieser Verheißung steht die sehr zu bedenkende Wahrheit, dass man sich trotz dieses zukünftigen, unwandelbaren Lebensbesitzes durch Ungehorsam im Glaubensleben ein schmerzvolles, göttliches Gericht vor der Preisrichterbühne zuzieht, welches mit schweren Verlusten für das dann beginnende, unvergängliche Leben verbunden ist. Aufgrund dieser so ernsten Tatsache regte der Geist Gottes Paulus an, den Gläubigen die zu Herzen gehenden Mahnungen zu geben: „... wirket aus mit Furcht und Zittern eure Rettung“ (Phil 2:12). Und: „Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, sollten wir uns reinigen von jeder Besudelung des Fleisches und des Geistes und die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (2Kor 7:11). Da nun Paulus selbst um diese Furcht wusste (2Kor 5:11) und sich in der Ausgestaltung des Heiligungslebens von ihr bestimmen ließ, wieviel mehr sollten wir seine Ermahnungen gehorsam befolgen, zu unserem eigenen zukünftigen Wohle, aber noch viel mehr um der Ehre des Herrn willen.

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4. Das Endgericht über die Ungläubigen