Die Folgen für Gottes Rettungswerk: Unterschied zwischen den Versionen

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=='''Christi Schrei am Kreuz'''==
 
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=='''Christi Schrei am Kreuz - Sein herrlichster Lobpreis'''==
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==='''2. Die Folgen für Gottes Rettungswerk'''===
 
==='''2. Die Folgen für Gottes Rettungswerk'''===
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Ganz schlimme Schäden würden dadurch entstehen, dass durch einen Notschrei Christi, als dem Retter, Er Selbst mit einem Makel behaftet worden wäre. Einen solchen müssten wir an Ihm entdecken, dem makellosen Opferlamm.
  
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====Ein makelloses Opferlamm====
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Sehr oft ließ Gott seinem Volke sagen, dass die zum Opfer bestimmten Lämmer "makellos" und "ohne Fehl" sein mussten. Mit Christi Opfertod wurden die vielen Vorbilder der Opferlämmer erfüllt. In seinem ersten Brief ([[1Petr 1:19]]) bezeugt Petrus seinen Stammesgenossen diese Wahrheit mit dem Hinweis, dass sie losgekauft wurden mit dem kostbaren Blute Christi als eines makellosen und fleckenlosen Lammes. In Übereinstimmung mit diesem Ausspruch heißt es im Hebräerbrief ([[Hebr 9:14]]), dass Sich der Sohn durch äonischen Geist (zum Unterschied des mit Sünde behafteten Menschengeistes) Gott '''makellos darbrachte.''' Zu dieser Makellosigkeit gehörte ein durchgehend ungetrübtes Bewusstsein Seiner großen Aufgabe in der Erfüllung des Willens Gottes zum Heil der ganzen Schöpfung. Dieses Bewusstsein sollte nun dem Sohne in Seinen letzten Leidensstunden verloren gegangen sein!?
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Wenn aber der Herr als der große Erfüller der auf Ihn hinweisenden Vorbilder nicht mindestens die Makellosigkeit derselben erreicht hätte, oder gar noch hinter diesen zurückgeblieben wäre, dann wären die Vorbilder hinfällig geworden, da sie durch den Herrn keine vervollständigende und sie übertreffende Erfüllung gefunden hätten. Wenn aber ein zum Opfer geführtes Lamm angefangen hätte, nach links. und rechts zu taumeln, also seine Orientierung zu verlieren, so wäre es für Gott kein fehlerloses uns zum Opfer brauchbares Lamm gewesen. Kein rechtstehender Israelite würde ein mit solchem Fehler behaftetes Lamm zum Opfer dargebracht haben; denn es wäre Gott missfällig gewesen. Noch viel weniger wäre aber der Herr mit Seinem Verzweiflungsschrei ein makelloses Opferlamm gewesen, das Gott zur Aussöhnung des Alls hätte annehmen können!<br/><br/>
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====Christi vollkommener Gehorsam====
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Und weiter müssen wir fragen: Was würde aus Christi vollkommenem Gehorsam, wenn Ihm in der Durchführung des Ihm von Gott aufgetragenen Rettungswerkes plötzlich der Wille Gottes verdunkelt worden wäre, und Er von dieser Qual gedrungen mit einem Notschrei die Gehorsamslinie des stillen Dulders verlassen oder auch nur unterbrochen hätte?
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In [[Phil 2:8]] bezeugt die Schrift dem Sohn Gottes, dass Er gehorsam war bis zum Tode des Kreuzes. Voraussetzung für diesen vollkommenen Gehorsam war des Sohnes unverdunkeltes Wissen. um des Vaters Willen, besonders während der sechs Kreuzesstunden. Würde es nun in des Vaters Willen gelegen haben, Seinen Sohn am Kreuz zu verlassen, weshalb hätte Er Ihn dieses größte. und schwerste aller Leiden nicht vorher wissen lassen? Nur dann hätte Er Sich darauf vorbereiten können, um auch dieses Leiden in willigem Gehorsam zu tragen. Aber nun hätte Gott plötzlich den schwersten Gehorsamsakt von Ihm verlangt, ohne Ihm die Möglichkeit zu geben? Würde es aber stimmen, dass Er, Gott, In doch. unvorbereitet verlassen habe, so hätte Er Seinem geliebten Sohn in der schwersten Stunde Seinen bisher ununterbrochen gewährten Beistand plötzlich versagt! Damit aber, dass Gott dann nicht einmal auf Seinen Frageschrei die verlangte Antwort gegeben hätte, wäre dem Sohn überhaupt die Möglichkeit entzogen worden, auf den Willen des Vaters einzugehen und diesen im Gehorsam zu erfüllen!
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Unter diesen Umständen wäre auch [[Hebr 5:8]] hinfällig geworden, wo es heißt, dass der Sohn Gottes den Gehorsam lernte durch das, was Er litt! Sein Notschrei wäre zum Beweis geworden, dass Sein Lernen des Gehorsams unterbrochen worden und mit samt Seinem Gehorsam unvollständig geblieben wäre!
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Nun hat aber der Herr in [[Joh 4:34]] bezeugt: "... Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet und vollende Sein Werk." Nach diesem Wort war des Herrn ganzer Gehorsam darauf eingestellt, '''des Vaters Villen in allem zu erfüllen!'''  Wäre also der Herr plötzlich und unerwartete vom Vater verlassen gewesen, so hätte Er in Seinem vorbildlichen Gehorsam sofort auch das Verlassenwerden als des Vaters Willen erkannt und Sich sogleich darauf eingestellt, d.h. des Vaters Willen erfüllt. Niemals hätte Er Sich aber dann in einer fragwürdigen, ratlosen und deshalb notvollen lage Gesehen und dies außerdem noch öffentlich zum Vater geschrieen!<br/><br/>
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==='''Das Einssein des Sohnes und des Vaters'''===
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Wie sehr Vater und Sohn in allem eins waren, spricht der Sohn mit den kurzen Worten aus: "Ich und der Vater sind eins" ([[Joh 10:30]]). Was aber wäre aus diesem Einssein geworden, hätte Sich der Vater von Seinem Sohn jäh, ohne Grundangabe und unerwartet, abgewandt? Dann wäre dieses vom Sohn gerühmte Einssein grausam zerstört worden. Und wie wäre diese Handlungsweise Gottes mit des Herrn Bitte im hohenpriesterlichen Gebet vereinbar, wo Er Seinen himmlischen Vater um das Einssein Seiner Jünger ersucht - so wie Er. und Sein Vater eins sind? Und mit welch eindringlichen Worten stellt Er Seinen Jüngern wiederholt das vorbildliche Einssein mit Seinem Vater die Augen ([[Joh 17:11]], [[Joh 17:21]]-23)! Hätte nun Gott Seinen Sohn am Kreuz verlassen, so wäre dieses höchste Vorbild aufgehoben worden und nicht länger nachahmenswert gewesen. d. Auch wäre  das in Vers 21 aufgezeigte Ziel: "... auf dass die Welt glaube, dass Du Mich ausschickst", durch das Zeugnis gegenseitigen Uneinsseinshinfällig geworden; denn es wäre für die schwachen Jünger fortan unerreichbar geworden, da ja Got tSelbst dieses vom Sohn geoffenbarte Einssein gebrochen hätte. Des Herrn Bitte um das Einssein wäre eine vergebliche und unerfüllte geblieben. Der Jünger Vertrauen wäre aufs schwerste erschüttert gewesen. Dies umso mehr, als der Herr ihnen vorher verheißen hatte: "... denn was ihr auch bitten solltet den Vater in Meinem Namen, wird Er euch geben" ([[Joh 15:16]]; [[Joh 16:24]].26). Inhaltslos und hinfällig wäre auch diese Verheißung des Herrn geworden, hätte Gott. hernach am Kreuz Seinen Sohn verlassen und das Einssein mit Ihm gebrochen.
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Anstelle der bisherigen vollkommenen Übereinstimmung zwischen Vater und Sohn wäre ein für den Sohn und für uns unerklärliche Spaltung getreten. Es sind zwar viele Auslegungen verfasst worden, die die Gottverlassenheit des Sohnes mit ansprechenden Argumenten zu deuten suchen. - Sie alle können aber nicht überzeugen, weil sie nicht mit unwiderlegbaren, eindeutigen Schriftworten unterbaut sind und gar den diesbezüglichen buchstäblichen Aussagen Jesu widersprechen. Denn hätte der Vater so am Sohn. gehandelt d.h. Ihn plötzlich im Stich gelassen, so wäre es begreiflich, dass Ihn der Sohn nicht mehr verstanden hätte.  Der Beweis dieser Katastrophe wäre Sein lauter Schrei der Gottverlassenheit gewesen. Würde in der Tat Gott als Auftraggeber einen solchen zeitweiligen Bruch zwischen Ihm und dem Sohne als Ausführendem verursacht haben, so hätte sich dieser Zwiespalt schädigend im Erlösungswerk ausgewirkt. Gott aber sei Dank, dass Sein Einssein mit Seinem Sohn ungebrochen in makelloser Harmonie und Vollkommenheit dasteht, wie auch das vollbrachte Erlösungswerk Seines Sohnes!
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Eine weitere und wichtige Heilswahrheit aus Christi Leben ist Christi Selbsthingabe.<br/><br/>
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==='''Christi Selbsthingabe'''===
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Diese Selbsthingabe gehört zum Fundament der Erlösung. Wie bedeutend und wertvoll sie in den Augen Gottes ist, beweist ihr öfteres Hervorheben in der Heiligen Schrift.
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Jesus Selbst bezeugt sie im Gleichnis vom guten Hirten mit den Worten in [[Joh 10:11]]: "Ich bin der edle Hirte. Der edle Hirte legt Seine Seele hin für die Schafe." Noch deutlicher hebt Er hervor: "Deshalb liebt Mich der Vater, da Ich Meine Seele hinlege, auf dass Ich sie wieder nehme. Niemand nimmt sie von Mir, sondern Ich lege sie hin von Mir Selber. Vollmacht habe Ich, sie wieder zu nehmen. Dieses Gebot erhielt Ich auch von Meinem Vater."<br/><br/>
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====Christi Seele-Hinlegen und Wiedernehmen====
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Um Fehldeutungen auszuschließen, diene uns vorerst der Hinweis, dass der Herr mit dem "Seele-Hinlegen" und "Wiedernehmen Seiner Seele" nicht Sein "Leben" meinte, welches Er in den Tod gab, um es Sich hernach wieder Selbst. zu nehmen; denn damit wäre die vielfach bezeugte Wahrheit von der Auferstehung Christi durch Seinen Gott zunichte gemacht worden. Auch bestünde ein unvereinbarer Widerspruch zwischen den diesbezüglichen Aussagen in der Heiligen Schrift ([[Joh 10:17]]-18)
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Dieses Thema zeigt uns erneut '''die dringliche Notwendigkeit einer wortgetreuen Übersetzung.''' Denn bei Christi Selbsthingabe steht die Leiden empfindende Seele im Vordergrund und nicht das Leben des Herrn! Im griechischen Urtext stehen für beide verschiedene Wörter, und zwar: "zoe" für "Leben" und "psyche" für "Seele".
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Dementsprechend haben sie auch unterschiedliche Bestimmungen für den menschlichen Körper. "Leben" entsteht und wird erhalten durch die Wirksamkeit und Betätigung des Geistes. "Seele" bezeichnet dagegen das Lebensbewusstsein und bezieht sich auf die im Leben erfahrenen Empfindungen, die sich u.a. in Wohlbefinden oder Schmerz, Freude und Leid äußern. Diese Unterschiede werden in den landläufigen Übersetzungen nicht beachtet. In ihnen werden durchgängig beide Bezeichnungen vermengt! Bei den infrage kommenden  Aussprüchen ist das der Fall. In ihnen wird "Seele" mit "Leben" übersetzt.
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Wenn es nun heißt, dass Jesus als der gute Hirte das "Leben" für die Schafe lässt, so denkt der Leser zweifelsohne an Seinen Tod. Diese irrige Übersetzung wird aber dadurch offenbar, dass sie ein. unlösbare Frage aufwirft wegen der angeblichen Vollmacht des: "Sein Leben wieder. zu nehmen: ([[Joh 10:17]]-18). Denn der Herr konnte Sich im Todeszustand Sein Leben nicht Selbst wieder nehmen! Vielmehr musste Er bis zum dritten Tage warten, bis Ihn der Vater nach den Heiligen Schriften auferweckte und Ihm ein neues unauflösliches Leben gab!
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Wo nun in seltenen Wiedergaben für die betreffenden Aussprüche das Urtextwort richtig übersetzt wurde, entsteht kein solches Problem, weil es dann nicht um den Gegensatz zwischen Leben und Tod, sondern um den mit Seinem Dienen verbundenen und letztlich bis zum Tode führenden Leidensweg des Herrn geht. Darum steht auch hier nicht das geistgewirkte Leben, sondern die Seele im Blickfeld; ebenso wie [[Jes 53]], wo uns mit erschütternden Worten der zum Tod führende Leidensweg des Herrn als Mann der Schmerzen aufgezeichnet ist. Auch da wird die Selbsthingabe des Herrn im Zusammenhang mit der Seele in den Versen [[Jes 53:4]]a und [[Jes 53:11]]b zweimal herausgestellt.
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Es ist die Seele, welche Mühsal empfindet ([[Jes 53:11]]), so dass man sagen kann, dass Sein dreijähriger öffentlicher Dienst für Seine "Seele" ein ununterbrochener, schmerzlicher Leidensweg war. Auch Paulus bezeugt mit seiner Aussage in [[Apg 20:24]], dass die Seele solche Leiden durchzukosten hat: "Jedoch von nicht der einem habe ich ein Wort, noch mache ich mir selber die Seele kostbar, bis ich vollende meinen Lauf und den Dienst, den ich erhielt von dem Herrn Jesu, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes." Wenn Paulus sagt, bis zur Vollendung seines Laufs mache er sich "seine Seele" nicht kostbar, so meint er damit das willige Aufnehmen all der ihm vom Herrn in [[Apg 9:16]] angesagten Drangsale und Nöte, die seine Seele zu durchleiden habe.
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Mit diesem paulinischen Zeugnis stimmt auch überein, was Gottes Wort von den Überwindern in [[Offb 12:11]] sagt: "... sie lieben ihre Seele nicht bis in den Tod."
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So hat auch der Herr mit dem Hinlegen Seiner Seele auf Seine Leiden hingewiesen. Was Er in [[Mt 10:39]]; [[Mt 16:25]]; [[Mk 8:35]]; [[Lk 9:24]]; [[Lk 14:26]]b; [[Lk 17:33]] und [[Joh 12:25]], vom Umbringen, Hassen und Lieben der Seele sagt, hat Er Selbst mit dem Hinlegen Seiner Seele vollkommen ausgeführt ([[Mt 26:39]].42b; [[Mk 14:36]]b; [[Lk 22:42]]b).<br/>
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====Christi Vollmacht====
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Überdies macht der Herr in Beziehung des freiwilligen Hinlegens Seiner Seele noch eine andere Wahrheit mit den Worten kund, Er habe vom Vater die Vollmacht erhalten, Seine hingelegte Seele wieder zu nehmen, d.h. Gott habe es Ihm freigestellt, Sich jederzeit diesen freiwillig Sich aufgebürdeten Leidens zu entziehen! Als Jesus in jene Nacht des schweren Kampfes in Gethsemane geführt wurde, besaß Er noch immer die Vollmacht des Vaters, mit Seinem Einverständnis Seine bereits in den Tod gegebene Seele wieder zu nehmen.  Doch der Sohn tat es auch hier wieder nicht! "Nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!" war des Sohnes Gehorsamswort.
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Wie sehr der Vater bereit gewesen wäre, Ihm diese Bitte zu erfüllen, bezeugte der Sohn in [[Mt 26:53]]. Wir dürfen dazu wohl sagen, dass Er diese Vollmacht bis zum letzten Atemzug besaß. und tatsächlich noch vom Kreuz hätte herabsteigen können - wie es Ihm übrigens die Pharisäer höhnend vorschlugen ([[Mt 27:40]]). Diese Vollmacht hatte mit Seinem Tode aufgehört und ihre Gültigkeit verloren; denn nachdem Er Seine Seele in den Tod dahingegeben hatte, konnte Er sie Sich nicht mehr Selbst nehmen. Vo da an nahm der Vater für Seinen Sohn alles in Seine Hand. Er erweckte Dessen Seele am dritten Tage in der Auferstehung ([[Apg 2:27]]).<br/><br/>
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====Des Vaters Vertrauen in den Sohn====
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Die Frage: "Hat Gott Seinem Sohn Vollmacht zum Wiedernehmen Seiner Seele in der Erwartung gegeben, dass Er sie in den schwersten Leidensprüfungen doch noch gebrauche?" können wir nur mit einem entschiedenen "Nein" beantworten. Des Sohnes unverbrüchliches "Ja" ([[Ps 40:7]]-8) zu des Vaters Vorherbestimmung ([[1Petr 1:20]]) war für den Vater die allersicherste Gewähr, dass Sein Sohn auch ohne jedes Zurückweichen das größte Opfer bringen werde. Vielmehr hat uns Jesus Seine vollmacht zum Wiedernehmen der Seele zur Rechtfertigung Seines Sohnes geoffenbart, um uns zu zeigen, dass Er Ihm Seine schwere Aufgabe nicht unwiderruflich und unabänderlich zudiktiert hat, sondern Ihm während der ganzen Zeit Seines Leidens einen Seine Seele befreienden Ausweg offenhielt!
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Aber gerade weil Er diesen Ausweg hatte, ihn jedoch unbenutzt ließ, ersteht die Freiwilligkeit Seines schweren Opfers umso erhabener vor uns. Sein Leidensweg und ganz besonders die am Kreuz ausgestandenen Qualen waren unsagbar schwer. Er erduldete sie alle ohne jedes Zurückweichen. Aber noch qualvoller, ja für Ihn unerträglich wäre es gewesen, die Ihm vom Vater offen gehaltene Wiedernahme der Seele zu benutzen. Es war Ihm vollbewusst, dass Er damit die Versöhnung der Welt nicht vollbracht hätte!
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Das "Hinlegen Seiner Seele" ist eine überaus eindrucksvolle Sprachfigur für die Dahingabe Seiner Seele bis in den Tod ([[Jes 53:12]]). Sie enthüllt uns Seine Leiden in ihrer ganzen Tiefe. Diese werden noch erhöht auf dem dunklen Hintergrund von Petri Zurückweichen und der Verleugnung seines Herrn, der vordem zu Jesus sagte: "Meine Seele werde ich hinlegen für Dich! ([[Joh 13:37]]-38). Nach [[Jes 53:11]] litt Jesu Seele Mühsal, denn während der ganzen sechs Kreuzesstunden war Sein Blut - in welchem die Seele ist ([[3Mo 17:14]]) - in Ihm. Erst nach Seinem Sieg und Tod floss es durch den Lanzenstich aus Seinem Körper ([[Joh 19:34]]). Ja, nur mit Christi am Kreuz vergossenem Blut hat Gott Frieden gemacht und das All ausgesöhnt ([[Kol 1:20]]).<br/><br/>
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====Die Macht der Liebe Gottes im Sohn====
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Was Ihm aber Gott für diese schwere Aufgabe mitgab, war Seine Liebe zum Sohn ([[Joh 3:35]]; [[Joh 15:9]]; [[Joh 17:26]]), mit der Er dann Seinen Vater und das gesamte All liebte. Kraft dieser Liebe schüttete Er Seine Seele auch freiwillig in den Tod, "ohne sie wiederzunehmen". Und weil Er dies tat, hat Ihn der Vater noch umso mehr geleibt ([[Joh 10:17]]).
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In dieser Ihn erfüllenden Doppelliebe (der zum Vater und der zu allen Geschöpfen) fand Er die Kraft zum Durchhalten im Gehorsam bis zum schmachvollen Tode des Kreuzes. Dabei war es Sein unverrückbares Ziel, alles zu erdulden, "auf dass die Schriften erfüllt würden"!
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Christis Selbsthingabe ist eine einzigartige Offenbarung der Liebe Gottes, welche Ihm noch die hingebende Huldigung all Seiner Geschöpfe einbringen wird. Nicht umsonst schreibt Johannes in seinem ersten brief: "In diesem haben wir erkannt die Liebe, dass Derselbige Seine Seele für uns niederlegte. Und auch wir sollen für die Brüder die Seelen niederlegen." ([[1Jo 3:16]]). Dieser Nachsatz heißt mit anderen Worten: Der Erweis der Echtheit unserer Liebe. zu den Geschwistern wird in der Bereitschaft im Ertragen von Leiden für die anderen erbracht, so wie es unser Herr vorbildlich getan hat.<br/><br/>
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====Christi freiwillige Dahingabe - eine Verherrlichung Gottes====
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Wie wohlgefällig und erquickend für Gott Christi freiwillige Dahingabe Seiner Seele war, hat Er uns mit der oftmals wiederholten Niederschrift dieses Sohnesgehorsams in Seiner Heiligen Schrift kundgemacht. Vernehmen wir im Folgenden diese Aussprüche:
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::[[Gal 1:4]]: "...Der Sich Selbst für unsere Sünden gibt ..."
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::[[Gal 2:20]]: "...der Sich Selbst für mit dahingibt..."
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::[[Eph 5:2]]: "...der Sich Selbst für uns dahingibt..."
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::[[Eph 5:25]]: "...der Sich Selbst dahingibt für sie ..."
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::[[Phil 2:7]]: "... der Sich Selber entäußert..."
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::[[Phil 2:8]]: "...der sich Selber erniedrigt..."
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::[[1Tim 2:6]]: "... der Sich selbst zu einem Ersatz-Lösegeld gibt..."
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::[[Tit 2:14]]: "... der Sich Selbst für uns gegeben..."
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::[[Hebr 7:27]]: "... der sich Selbst darbringt..."
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::''Hebr 9:14'': "... der Sich Selber darbringt ..."
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Aus der so auffällig wiederholten "Selbsthingabe des Sohnes" und der von Ihm nie gebrauchten Vollmacht, Seine Seele den Leiden zu entziehen, erkennen wir, dass Gott eine besondere Absicht verfolgte. Unverkennbar will Er uns Gläubigen einprägen, dass Sein Sohn völlig freiwillig und ungezwungen alle Seine schweren Leiden. um unserer Errettung willen auf Sich nahm, und wir diese Wahrheit mit der sich darin offenbarenden selbstlosen Liebe umumstösslich und unverlierbar festhalten und in dankbarer Gegenliebe erwidern sollen.<br/><br/>
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====Gott hat den Sohn nicht verlassen====
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Was wäre geschehen, wenn der Vater Seinen Sohn plötzlich verlassen hätte, und zwar ausgerechnet als Er dort, am Kreuz, die schwersten Leiden aushielt und von der Ihm gegebenen Vollmacht,Sich dieser Pein zu entziehen, keinen Gebrauch machte? Dann hätte Er aber zumindest einen Schrei des notvollen Erstaunens ausgestoßen! Damit wäre offenbar geworden, dass Er Sich wohl für alles andere - aber nicht für dieses letzte, die Gottverlassenheit, hingegeben hätte! Wenn Er Tatsächlich von Gott verlassen worden wäre, so hätte Er Seine Not über Gottes Handeln an Ihm nie mit einem Gott fragenden, lauten Schrei der Öffentlichkeit preisgegeben!
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Mit Seiner entschiedenen Selbsthingabe hatte der Herr doch bis dahin Seinen festen und unerschütterlichen Entschluss zum Ausdruck gebracht, auch restlos alle über Ihn kommenden Leiden willig und siegesbewusst zu tragen. Er hätte also als übermenschlicher Überwinder auch die Gottverlassenheit erduldet und nicht einen Notschrei als Zeichen einer untragbaren Last ausgestoßen. Aber dies alles brauchte Er ja gar nicht zu überstehen, denn der Vater hatte Ihn nicht verlassen.<br/><br/>
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==='''Des Vaters Vertrauen in Seinen Sohn'''===
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Wie tief des himmlischen Vaters Vertrauen in Seinen Sohn betreffs Erfüllung Seines Vorsatzes der Rettung aller Seiner Geschöpfe war, tat der Sohn etliche Male kund. So lesen wir in [[Mt 11:27]]: "Alles ward Mir übergeben von Meinem Vater..." Dann in [[Joh 3:35]]: "Der Vater liebt den Sohn und alles hat Er gegeben in Seine Hand." Und in Joh 13:3: "Da Jesus wusste, dass der Vater alles in Seine Hände gegeben hatte, und dass Er von Gott ausging und zu Gott hingeht..." Mit [[Joh 6:39]] bezeugt der Herr, welchen Abschluss Sein Erlösungswerk nach des Vaters Willen haben muss: "Nicht eins dar Er verlieren!"
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Ganz ähnlich hat Paulus den Willen Gottes geoffenbart, wenn er in [[1Tim 2:4]] schreibt: "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." Auch hier bringt Gott Seinen absolut unbeugsamen Willen zum Ausdruck: Mein Sohn darf keinen Menschen ungerettet lassen!
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Wie sehr der Herr darauf bedacht war, des Vaters Willen in allem zu erfüllen, hat Er mit Seinem Ausspruch bekundet ([[Joh 4:34]]): "Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet."<br/><br/>
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==='''Die Erfüllung des Retterwillens Gotte'''s===
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war demnach Zweck und Ziel des ganzen Lebens des Sohnes!
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Noch triumphierender spricht der Herr in [[Joh 17:4]]: "Ich verherrliche Dich auf der Erde, das Werk vollendend, das Du Mir gegeben hast, auf dass Ich es tue." Aufgrund des vollkommenen Werkes Seines Sohnes lässt nun Gott den Apostel Paulus in 1Tim 4:10 schreiben, '''dass Er der Retter aller Menschen ist'''. Diese Aufforderung, diese Wahrheit zu lehren (V. 11) hört sich an wie ein göttliches Werben und Bitten: Schenkt doch Meinem Sohn dasselbe Vertrauen wie auch Ich; Er (Mein Sohn) wird nicht eines von dem verlieren, das Ich Ihm übergeben habe!
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Aufgrund dieser göttlichen Aussprüche vermögen wir noch einen weiteren kostbaren Heilsgedanken in Christi Lobpreis und Seinem Siegesruf: "Es ist vollbracht!" zu erkennen. Er hat Seinem Vater kundgemacht: Ich habe Meine Gehorsamstat so vollkommen ausgeführt, dass auch kein einziges Geschöpf ungerettet bleibt! Alles sind restlos zum Vaterherzen Gottes zurückgebracht!
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Gott hat, nach den angeführten Bibelstellen, Seinem Sohn das All übergeben, bevor Dieser die Rettungstat für alle vollbracht hatte. Damit hat Gott vor aller Welt bezeugt, dass Er im voraus in jeder Hinsicht der vollkommenen Erlösungstat Seines Sohnes gewiss war. Und erst recht muss eine ungeschmälerte Glückseligkeit Gottes Vaterherz erfüllt haben, ob des dann vollbrachten Sieges Seines Sohnes!<br/><br/>
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An dieser unsagbar großen Glückseligkeit lässt Gott heute schon alle die teilnehmen, welche un geschmälert den Verheißungen glauben, dass Gott durch Christi Kreuzestat noch alle Menschen retten, ja sogar das gesamte All mit Sich aussöhnen wird!
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Da nun der Sohn um des Vaters Übergabe des Universums an Ihn wusste und erkannt hatte, dass Er dementsprechend eine vollkommene Erlösungstat für das gesamt All vollbracht hat, ist es doch unmöglich anzunehmen, dass Er über die glorreiche Vollendung in der Allaussöhnung im unklaren geblieben wäre. Vielmehr erfüllte vor allem auch das Größte Sein bis hierher ungetrübtes Wissensgut: '''Ein ausgesöhntes All am Vaterherzen Gottes durch Sein am Kreuz vergossenes Blut!'''
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Kein Leiden konnte und durfte Ihm das Wissen um das Herrlichkeitsziel Seines Erlösungswerkes verdunkeln oder gar rauben!
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Doch nun sagt der Herr in [[Joh 17:12]] von Judas: "Niemand von den Jüngern ging unter außer dem Sohn des Untergangs (Judas)..." Damit spricht der Herr ab er keineswegs ein endloses bzw. endgültiges Gerichtsurteil über ihn aus, und dies auch nicht durch das "Wehe" in [[Lk 22:22]]. Einem solchen Gedanken hat der Herr allen Grund und Boden entzogen mit der Aussage in [[Joh 6:39]], dass Er nach dem Willen des Vaters auch nicht eins- also auch nicht Judas endgültig verlieren werde!
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Wie sehr dem Herrn die Rettung Seines Verräters am Herzen lag, hat Er dann am Kreuz mit Seiner Bitte zum Vater bezeugt, Er möge Seinen Mördern vergeben. Und. zu diesen gehörte auch Judas. Dies bestätigend, ließ Gott in [[1Tim 4:9]] niederschreiben, dass Er der Retter aller Menschen ist, also auch des Judas.
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Bedenken wir doch auch, dass Gott schon mit Weissagungen im A. T. den Judas für diese Tat vorherbestimmt hatte. Jesus zitiert ([[Joh 13:18]]) eine solche in [[Ps 41:9]]-10 gegebene Weissagung mit dem Hinweis, dass sich auch diese Schrift erfüllen muss. Darum entspricht die dem Judas nach dem erduldeten Wehe-Grericht werdende endliche Rettung sowohl Gottes Gerechtigkeit als auch Seiner Liebe. Beide würden aber verdunkelt, bliebe Judas für immer im Gericht.
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Dieser göttliche, durch Christi Selbsthingabe gesicherte Abschluss Seines Liebesrates wäre aber bis in sein Wurzelgebiet erschüttert und unvollständig erfüllt worden, hätte Gott Seinen Sohn verlassen und Ihn damit in eine hoffnungslose Lage gestürzt. Denn mit einem Rückzug und Abwenden vom Sohn hätte Gott ja auch offensichtlich Sein in Ihn gesetztes Vertrauen zurückgenommen, und dies selbst, wenn es auch nur zeitweilig geschehen wäre.
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Aber die verhängnisvollen Folgen eines Notschreies reichen noch weiter. Eine solche wird offenbar im Licht der alles tragenden Liebe.<br/><br/>
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====Die alles tragende Liebe====
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Von dieser Liebe, die alles trägt, schreibt Paulus in [[1Kor 13]]: "Sie, die nicht das Ihre sucht ([[1Kor 13:5]]), alles aushält - alles erduldet ([[1Kor 13:7]])" Das wird gesagt von der Liebe Gottes im Sohn, die da ist '''in Christi Jesu, unserem Herrn!''' ([[Röm 8:39]]). Diese göttliche Tatsache zu offenbaren war nun Christi Auftrag am Kreuz. Er sollte zur Schau stellen, dass die Liebe Gottes '''alles zu ertragen''' und '''alles zu erdulden''' vermag. Zu dem Ausruf, dass Er von Seinem Vater verlassen sei, hätte der Sohn demnach bezeugen müssen, dass Er in Seiner Liebe zu Gott und zur ganzen Schöpfung auch dieses Verlassensein in der Kraft dieser Liebe in willigem Gehorsam zu ertragen und zu erdulden vermag. Aber mit einem Notschrei hätte Er das Gegenteil bezeugt, nämlich, dass die Liebe Gottes in Ihm doch nicht alles zu ertragen und zu erdulden vermocht hätte.
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Der Vater hätte demnach dem Sohn zu viel zugemutet. Er hätte Ihm eine Aufgabe gestellt, die Dessen innere Kraft überstieg. Der Sohn hätte nicht vermocht, den Kelch, den der Vater nicht an Ihm vorübergehen ließ, bis zur Neige zu trinken ([[Mk 14:35]]).
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Da Chrsitus durch den Geist Gottes gezeugt war und daher Gottes Geist in Ihm war, so wäre letztlich Christi Notschrei ein Versagen des Geistes Gottes gewesen.
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Nun hatte der Sohn zuvor sechsmal bezeugt, dass Gott Ihn liebe ([[Joh 3:35]]; [[Joh 10:17]]; [[Joh 15:9]]; [[Joh 17:23]]-24 und 26). Wäre aber Gott angesichts der auf den Sohn gelegten Sündenlast wie ein feind von Seinem Sohn zurückgewichen, Ihn daher in Seiner höchsten Not allein lassend, so wäre Er Seinem Liebesversprechen untreu geworden. Er hätte dadurch auch den Sohn nicht mehr mit der Ihm auferlegten Sündenlast getragen und diese Last wäre wieder auf Gott Selbst zurückgefallen. Denn Er hatte sie ja zuvor nach [[Röm 3:25]] - "um des Hinweggehens willen in Seiner Tragkraft über die vormals geschehen Sünden" - Selbst getragen! Das aber hätte den totalen Zusammenbruch des Sohnes nach sich gezogen, ganz zu schweigen von einer solchen für Gott Selbst ganz unmöglichen Situation!<br/><br/>
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====Christi Standhaftigkeit====
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In [[1Kor 16:13]] und [[Eph 3:16]] bittet der Apostel um Standhaftigkeit für alle Heiligen. Wie viel mehr ist diese Standhaftigkeit Dem zu eigen, von Dem die Schrift ([[Lk 2:40]]) sagt, dass Er durch Gottes Geist von Jugend auf standhaft gemacht wurde.
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Wie unsagbar weit würde nun der Herr Selbst von diesem uns aufgezeigten und vorgestecktem Ziel zurückweichen, wenn Er am Kreuz Seine Standhaftigkeit und damit "das Gehaltenwerden durch Gottes Geist verloren hätte"! Denn Standhaftigkeit heißt im Urtext auch "Gehaltenwerden" (Siehe konkord. Stichwortkonkordanz Seite 579 "standhaft" und Seite 475 "halten und fassen").
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Hätte als Gott Seinen Sohn nicht ununterbrochen durch Seinen Geist am Kreuz gehalten, dann wäre Christi Ruf der Gottverlassenheit tatsächlich berechtigt gewesen.<br/><br/>
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====Im Glauben beharren====
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Eine weitere Folge des Schreies Christi vermögen wir an der Gott uns in [[Kol 1:23]] gegebenen Ermahnung zu erkennen, im Glauben zu beharren, um nicht vom Erwartungsgut des Evangeliums fortbewegt zu werden. Dieses Erwartungsgut: Unser "Beim Herrn-Sein" in des Himmels Herrlichkeit mit unserem dortigen Dienst, hat uns der Herr am Kreuz erworben. Aber auch in diesem Erwerben steht wieder die gähnende Lücke in Seinem Erlösungswerk vor uns. Wieder müssten wir das unfassbare Bild sehen: Mit dem, was Er zu seinem Vater geschrieen hätte, wäre Er Selbst aus dem Beharren im Glauben gefallen und fortbewegt worden von Seinem Erwartungsgut. Sein Erwartungsgut ist aber das gesamt von Ihm erlöste All, welches Ihm Gott nach [[Hebr 1:2]] als Losteil bereithält. Da Er aber am Kreuz in eine Situation geraten wäre, in der er nicht mehr aus noch ein gewusst hätte, so hätte Er dort Sein Erwartungsgut aus den Augen verloren.
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Nun heißt es aber in [[Hebr 10:23]]:
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"Wir sollten nun das Bekenntnis u nserer Erwartung festhalten ohne Wanken; denn glaubwürdig ist Er, der verheißt!" Hier, am Kreuz, müssten wir aber den Herrn Selbst wankend sehen!
 
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====Kein Zurückweichen Christi====
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Ähnlich würde es sich auch mit [[Jes 50:5]] verhalten. Dort spricht Christus durch Seinen Geist ([[1Petr 1:11]].12) vermittels des Propheten, dass Er nie zurückweichen werde.
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Hätte Er geschrieen: Gott hat Mich verlassen, welches gleichbedeutend ist mit: Gott ist von Mir zurückgewichen, so wäre dies zwangsläufig auch für den Sohn, angesichts der über Ihn geschriebenen Verheißungen, ein Rückfall geworden. Hierzu redet [[Hebr 10:38]] ein ernstes Wort. Gott spricht dort warnend zu dem Gerechten der aus Glauben lebt: "So er zurückweicht hat Meine Seele nicht Lust an ihm." Da nun Gott Seinen Sohn in einer solchen Lage hätte zurückweichen sehen müssen, als Er anfing, in der Erfüllung seines Willens zu wanken, so hätte.  Er auch keine Lust mehr an Ihm haben können, die Ihm Gott zuvor mit [[Mt 3:17]] und [[Mt 17:5]] bezeugt hatte!
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Mit diesem steht auch noch [[Hebr 10:35]] in Zusammenhang: "Nicht wegwerfen sollte ihr nun euren Freimut, welcher eine große Belohnung hat." Angesichts dieses göttlichen Ausspruchs und des im Sohne durch die Abkehr des Vaters geweckten Misstrauens würde Christus in der Tat Seinen bisher bezeugten Freimut und damit auch Seine dafür verheißene Belohnung "weggeworfen" haben. Dann hätte Er nach Vers 35 auch der Ausdauer ermangelt, welche Ihm weiter fehlen würde, um den Willen Gottes zu tun und die Verheißung davonzutragen!
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Wie ganz undenkbar wäre überdies, dass der Vater Selbst den Anlass gegeben hätte, dass Sein Sohn den Freimut verloren und als Folge die Belohnung weggeworfen hätte! Die Ihm vom Vater zugedachte Belohnung besteht nach [[Hebr 1:2]] in der Einsetzung als Losnießer von allem. Das würde für uns den großen Verlust zur Folge haben, dass wir nach [[Röm 8:17]] nicht mehr Mitlosnießer sein könnten!
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Das durch Seinen Notschrei bedingte Nicht beharren im Glauben hätte aber noch weitere katastrophale Folgen nach sich gezogen. Auch wir Gläubige wären in Bezug auf unsere Erlösung hart davon getroffen worden. Wir wollen jetzt die für uns grundlegende Heilsgabe der Rechtfertigung vom Schrei her beurteilen.<br/><br/>
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==='''Unsere Rechtfertigung'''===
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Rechtfertigung haben wir erhalten in der uns geschenkten Rechtfertigung Gottes. Nach [[Röm 3:22]] wurde Gottes Gerechtigkeit geoffenbart durch den Glauben Christi* für alle und auf alle, die da glauben. Was dieser göttliche Ausspruch uns an Heil vermittelt, wird uns in [[Gal 2:16]] noch deutlicher erklärt: "Wir wissen aber, dass nicht aus Werken des Gesetzes der Mensch gerechtfertigt wird, es sei denn durch den Glauben Christi Jesu, so glauben auch wir an Christum Jesus, auf dass wir GERECHTFERTIGT  würden AUS DEM GLAUBEN CHRISTI und nicht aus Werken des Gesetzes; denn aus Werken des Gesetzes wird nichts gerechtfertigt werden von allem Fleisch." Wir sind also gerechtfertigt durch das Geschenk Gottes eigener Gerechtigkeit und dies durch den Glauben Jesu Christi. Paulus bezeugt diese Heilswahrheit mit großer Gewissheit aus eigener Erfahrung, wenn er in [[Phil 3:9]] schreibt: "... als der ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben Christi, die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens."
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:<sup>''*Zu dem Ausdruck "durch den Glauben Jesu Christi". Die meisten Bibeln übersetzen diese Stellen: ""durch den Glauben an Jesus Christus. "Danach würden wir  uns mit unserem Glauben die Gerechtigkeit erwerben. Der Urtext hat aber nicht das "an", sondern sagt - auf Jesus Selbst bezogen -: "durch den Glauben Jesu Christi". So lesen wir es auch in der Konkordanten Wiedergabe, die hervorhebt, welch ein herrliches Heil Christus mit Seinem unerschütterlichen Glauben am Kreuz für uns bewirkt hat!''</sup>
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Mit diesem Glauben ist zu nächst nur der Glaube Jesu Christi während Seiner sechsstündigen Leiden am Kreuz bezeichnet. Weil Gott Sich vorgenommen hatte, mit diesem Glauben Seines Sohnes Seine Gerechtigkeit zu offenbaren und uns diese zu schenken, musste des Herrn Glaube und Treue zu Seinem Auftrag absolut vollkommen sein. Er musste in tiefster schmerzvollster Seelennot standhaft und glaubensstark durchhalten. Dazu musste Er aber Seine volle Klarheit über das. zu vollbringende Rettungswerk Gottes behalten. Diesen  sieghaften, alles überwindenden und auf volles Vertrauen zum Vater gegründeten Glauben hatte der Herr in den ersten Kreuzesstunden vollkommen ausgelebt und mit Seinen Aussprüchen bekundet.
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Dagegen müssten wir diesen. Seinen bis dahin sieghaften und unberirrt bekannten Glauben in der letzten Leidensstunde durch Seinen Notschrei in einer schweren Krise sehen. Da Gott Seine Gerechtigkeit durch den Glauben Christi geoffenbart hat, bestünde diese ja durch Christis Notschrei auf verdunkeltem und wankendem Glaubensboden Seines Sohnes!
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Wir stünde es aber dann mit unserer Rechtfertigung? Nun, wenn durch Christi Notschrei schon Gottes eigene uns geschenkte Gerechtigkeit schwere Einbuße erlitten hätte, so müsste zwangsläufig auch unsere Rechtfertigung auf bedenklich schwachen Füßen stehen.<br/><br/>
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====Unser Zutritt zum Vater====
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Aber noch eine weitere, besonders herrliche uns geschenkte Gnadengabe würde durch Christi Notschrei stark infrage gestellt werden. In [[Eph 3:12]] eröffnet uns der Geist Gottes, was wir durch Christi Glauben haben: "... den Freimut und den Zutritt (zu Gott, dem Vater) mit Vertrauen durch Seinen Glauben." Diese herrliche Heilstatsache lesen wir auch in [[Hebr 4:16]] mit den Worten: "So mögen wir nun mit Freimut kommen zu dem Thron der Gnade, auf dass wir mögen Erbarmen erhalten und Gnade finden, zur rechtzeitigen Hilfe." Auch fü+r diesen erworbenen "Zugang im Vertrauen" hat der Herr den hohen Preis Seiner zum Tod führenden Leiden standhaft und Gott vertrauend "im Glauben am Kreuz" bezahlt.
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Wi  umdüstert würde aber für uns der Zugang zu Gott durch den Notschrei Christi zu Ihm! Denn wenn Gott Seinen Sohn am Höhepunkt Seines Glaubenskampfes plötzlich verlassen hätte, ohne Ihm den Grund dazu zu nennen, dann wäre dem Sohn der Zugang zu Gott verschlossen gewesen. Der Sohn hätte aber zumindest mit allen "Freimut mit Vertrauen" für diesen Zugang verloren; denn Er wäre an Gottes Führung irre geworden. Wenn aber der Herr gerade in der Stunde hilflos zu Gott gestanden wäre, in der Er uns heute und allen Geschöpfen in der Vollendung einen freimütigen, vertrauensvollen Zugang zu Gott erwirken sollte, um wieviel mehr müssten auch wir dann hilflos jeden Zugang zu Gott verschlossen sehen!
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Nachdem wir gesehen haben, dass ei Notschrei Christi für uns Gläubige, Glieder der Körperschaft Christi, schon einen Abbruch unseres Gnadenstandes bedeuten würde, müsste eine solche Notlage "des Erretters" ein weiteres schweres Unheil im Gefolge haben und zwar für die Errettung der übrigen Menschheit.<br/><br/>
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====Die Errettung der übrigen Menschheit====
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Wir können dies an der in [[Röm 5:19]] der Gesamt-Menschheit gegebenen Verheißung feststellen: "Denn ebenso wie durch den Ungehorsam des einen Menschen als Sünder eingesetzt wurden DIE VIELEN, also auch werden durch den Gehorsam des Einen als Gerechte eingesetzt werden DIE VIELEN." Ebenso wie in den ersten "Vielen" alle Menschen enthalten sind - denn alle wurden ja durch Adams Ungehorsam zu Sündern -, so müssen in den zweitgenannten "Vielen" auf der anderen Seite folgerichtig auch wieder alle Menschen gesehen werden. Da aber allen Menschen die Verheißung gegeben ist, in der Vollendung durch Christi Gehorsam als Gerechte eingesetzt zu werden, so verlangt ei ne solche alle umfassende Rettung auch einen lückenlosen Gehorsam des Retters
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Mit einem Notschrei hätte aber der Herr Selbst öffentlich eine Lücke in Seinen Gehorsamsakt gerissen, weil Ihm der Vater mit Seiner Ihm bislang verheimlichten Abkehr eine zu schwere Aufgabe gestellt hätte. Eine aufgabe, die Er durch Unwissenheit unmöglich in glaubensstarkem Gehorsam durchzuführen vermocht hätte! Wie unlogisch wäre deshalb auch hier wieder Unwissenheit des Herr über Seine Gottverlassenheit, und dies, obwohl doch schon Konfimanden gelehrt wird, dass Chrsitus von Gott verlassen wurde, weil Er die Sünden der ganzen Menschheit auf Sich nahem. Nun aber sollte gerade Er das nicht gewusst haben! Wie ganz undenkbar! Das ergibt doch offensichtlich sehr bedenkliche Unstimmigkeiten, die mit Gottes Wort nicht in Einklang zu bringen sind.
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Hätte nämlich Gott den Sohn tatsächlich um der Sünde willen verlassen, so müsste ein solch schwerwiegender göttlicher Akt doch ganz besonders in Seinem Willen gelegen haben. Diesen Willen des Vaters hätte aber der Hewrr durch Seinen frageschrei nicht nur nicht erfüllt, sondern durchbrochen. Wir stellen dies fest, wenn wir Seinen frageschrei der Seinen Jüngern in [[Joh 4:34]] gemachten Beteuerung gegenüberstellen. Dort heißt es: "Sagt Jesus zu ihnen: Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet und vollende Sein Werk." Selbst Seinem Vater gibt Er dieses Versprechen nach [[Joh 17:4]]: "Ich verherrliche Dich auf der Erde, das Werk vollendend, das Du Mir gegeben hast, auf dass Ich es tue."
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Und schließlich ist in der Vollendung von Gottes Werk auch die Erfüllung von [[Röm 5:19]] mit inbegriffen. Doch mit Seinem Schrei hätte der Retter in der Ausführung des göttlichen Willes so vollkommen versagt, dass sich diese Nichterfüllung des göttlichen Willens geradezu vernichtend für das Heil der gesamten Menschheit und die Aussöhnung des Alls hätte auswirken müssen! Die Erfüllung von [[Röm 5:19]] sowie aller anderen Verheißungen wäre vollständig infrage gestellt worden!<br/><br/>
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==='''Das vollbrachte Erlösungswerk'''===
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Aus dieser ausweglos erscheinenden Situation ergäbe sich noch ein weiteres unlösbares Problem, und zwar durch einen der nächsten Aussprüche des Herrn. Diesen vernehmen wir in [[Joh 19:28]]: "Nach diesem - wozu also auch Sein Schrei gehört - da Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, auf dass die Schrift vollendet werde, sagte Er: "Mich dürstet!" und nachdem Er daraufhin den Ihm in einem Schwamm dargereichten Essig genommen hatte, ließ er den Siegesruf erschallen ([[Joh 19:30]]): "Es ist vollbracht!"
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Dieser ganz unvermittelt aus Seinem Munde hervorbrechende Siegesruf muss jedoch nach dem kurz zuvor zum Vater gesandten, unbeantwortet gebliebenen Not- und Frageschrei jedem denkenden Leser völlig zusammenhanglos, ja widerspruchsvoll und deshalb unerklärlich erscheinen.
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Das wirft aber die Frage auf: Wie konnte der Herr denn schlussendlich die Vollendung seines Werkes so bestimmt kundmachen, wenn Er doch kurz zuvor in Seinem Erlösungswerk zu einem notvoll Fragenden wurde, Dessen dringliche Bitte an Seinen Gott um Klarstellung unbeantwortet blieb? Und auf welche von der Schrift ausgewiesene Weise mag Er zu dem Bewusstsein des Aufhörens dieses schmerzlichen Zustandes gekommen sein, so dass nun doch alles vollbracht und damit die Schriften erfüllt wären?
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Würde Sich nun der Vater tatsächlich in solcher Weise vom Sohn abgewandt haben, so hätte Ihn doch dieses Erleben in völlig Ratlosigkeit stürzen müssen. Die Sicht auf Sein zu vollbringendes Erlösungswerk wäre Ihm gänzlich verdunkelt worden. In solcher Verfassung hätte Seine Seele tatsächlich nicht mehr an Seiner großen Heilstat für die Schöpfung weiterarbeiten und sie zur Vollendung führen können. Wir müssten Ihn dort als einen kurz vor dem Ziel zusammenbrechenden Kämpfer sehen!
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Bei der Auferweckung des Lazaraus sprach Christus zum Vater das von ständiger und inniger Gemeinschaft mit Ihm zeugende Wort ([[Joh 11:41]]-42): "Vater, Ich danke Dir, dass Du MIch hörst. Ich aber weiß, dass Du Mich immer hörst." Dass Er aber Seinen Sohn nicht nur immer anhörte, sondern auch erhörte, hatte Ihm Sein Vater Selbst - n ach den Schriftwort von [[Joh 12:27]]-28 - bezeugt. Als Er aber in den Qualen des Kreuzes vom Vater verlassen wurde und (angeblich) aus tiefster Seelennot zu Ihm um Antwort schrie, sollte Ihn da Sein Vater nich tmehr angehört haben?
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Das gleiche schwere Problem wirft sich nochmals mit dem letzten Ausspruch des Herrn auf. Als Er fühlte, dass Sein Ende. nahte, rief Er mit lauter Stimme ([[Lk 23:46]]): "Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist!" Hätte Ihm nun der Vater wirklich Seine Gemeinschaft entzogen, wie konnte Ihm dann der Sohn kurz darauf Seinen Geist mim größten vertrauen übergeben, so, als wäre das Eins-Sein mit Ihm nie unterbrochen gewesen? Selbst bei der Annahme einer vorübergehend unterbrochenen Verbindung mit dem Vater, die dann wieder hergestellt worden wäre, hätte dies die Zurücknahme der vorherigen, nun gegenstandslos gewordenen, schweren Klage gefordert! Auch darauf gibt es wieder nur dieselbe Antwort: Der Herr war nicht von Gott verlassen und hatte deshalb weder Grund noch Ursache, einen Notschrei oder eine Zurücknahme Seiner unbegründet gewordenen Klage an den Vater zu richten.
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====Des Vaters und des Sohnes Verherrlichung====
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Wie stünde es aber in Gottes Rettungswerk um des Vaters und des Sohnes Verherrlichung, wenn die das Kreuzgeschehen begleitenden Umstände wirklich so kläglich gewesen wären?Dass Sein williger Gehorsam in den Leiden des Kreuzes Seinem Vater und Ihm Selbst große Verherrlichung einbringen würde, hatte der Herr kurz vor seinem Tod klar vorausgesagt. Als nämlich an jenem Abend Judas zum Verrat hinausgegangen war ([[Joh 13:30]]), sprach der Herr im Blick auf Seinen Tod am Kreuz ([[Joh 13:31]]-32): "Nun wird der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott wird verherrlicht in Ihm. Wenn Gott verherrlicht wird in Ihm, so wird auch Gott Ihn verherrlichen in Sich Selbst und wird IVich verherrlichen."
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Später ([[Joh 17:1]]) wies Er nochmals auf diese gegenseitige Verherrlichung hin. Wie Er den Vater verherrlichen würde, sagte der Herr in [[Joh 17:4]], nämlich '''durch die Vollendung''' des Ihm vom Vater aufgetragenen Werkes. Die '''Vollendung''' dieses Werkes duldet jedoch als solche k eine Lücke oder Einbuße. Diesen Makel trüge es aber durch einen verhängnisvollen, aus innerer Verdunkelung ausgestoßenen Notschrei. Ein solcher hätte dem Sohn die weitere Verherrlichung des Vaters unmöglich gemacht.
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Hieraus entstünde aber die zusätzliche tragische Folge, dass der Vater auch nicht den Sohn hätte verherrlichen können. Christi Verherrlichung besteht ja in Seiner überaus hohen Erhöhung. In diese hat Ihn der Vater nach [[Phil 2:9]]-11 um Seines Gehorsams bis zum Tod des Kreuzes willen erhoben. Eine solch völlige Verherrlichung Seines Sohnes wäre dem Vater jedoch nicht möglich gewesen, wenn Christi Gehorsam am Kreuz durch einen Notschrei unterbrochen worden wäre!<br/><br/>
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====Das große Problem====
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Alle Schriftforscher und denkenden Gläubigen müssen doch erkennen - und haben es zum Teil auch bekannt - dass hier in Christi Erlösungswerk von jeher ein dunkler Flecken, ja eine Lücke vorlag. Auch wir empfanden die immer schmerzlich und versuchten, wie andere, diesen Makel bzw. diese Unklarheit mit eigenen Erklärungen so zu beheben, so wie diese, Gott habe Sich Seinem Sohn irgendwie und irgendwann wieder zugewandt.
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Wäre dies aber geschehen, so würde Gott uns dies doch bestimmt in Seinem Wort gesagt haben, da es ja Sein Sohn vor aller Welt hinausgeschrien hätte, Gott habe Ihn verlassen! Da nun aber in Gottes Wort gar nichts davon geschrieben steht, ist diese Annahme, Gott habe Sich Seinem soeben von Ihm verlassenen Sohn wieder zugewandt, ein rein menschlicher Versuch, unserem himmlischen Vater und uns aus einer Ihn und uns bemühenden Lage wieder herauszuhelfen.
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Ein solcher ist aber gar nicht notwendig,denn mit [[Joh 19:28]] und 30 wird uns der Herr als der große Überwinder und zielbewusste Sieger gezeigt. Ohne Wanken und ohne Zweifelspein, in völliger Klarheit des Geistes gab Er dort ununterbrochen Sein Leben und Blut für die Aussöhnung des Alls dahin! Er vermochte dem Verlauf dieses Seines großen Dienstes mit solch klarer Erkenntnis zu folgen, dass Er genau wusste, wann alles zum Ziele gekommen, und die Vollendung seines Erlösungswerkes vollbracht war.
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Wie wohltuend und glaubensstärkend ist doch dieses Bild von unserem Herrn im Gegensatz zum anderen! Deshalb können und konnten wir uns bei näherem Überlegen der Beziehung eines Not - und Frageschreies zu Seinem Siegesruf keinen größeren Gegensatz denken als den aufgezeigten. Wir blieben auch ohne jede Erklärung, wie der Herr so plötzlich aus einem schwer Daniederliegenden ein Held geworden wäre; denn eine unüberbrückbare Kluft trennte zwei solche fast gänzlich beziehungslose Geschehen.
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Hier liegt nun tatsächlich die dringlichste Notwendigkeit eines anderen Wortlautes des Schreies Christi vor. Und Gott sei es gedankt, wir dürfen aufatmende sagen: Nicht einen Not- und Frageschrei hat der Sohn an Seinen Vater gerichtet, sondern '''Ihm Seinen herrlichsten Lobpreis dargebracht!''' Über diesem allem leuchtet aber die andere alle aufgezeigten Seelen- und Geistesnöte weit überstrahlende Wahrheit auf: '''Christus war am Kreuz gar nicht von Seinem Gott und Vater verlassen!'''
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Für diese Wahrheit können wir zu dem Gesagten noch weitere Nachweise erbringen. Wir gewinnen diese bei der Betrachtung der auf Christi Leiden hinweisenden Weissagungen und der sie vorschattenden Vorbilder.<br/><br/>
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Lies weiter:<br/>
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[https://www.bibelwissen.ch/wiki/Vorbilder_und_Weissagungen_der_Leiden_Christi '''3. Vorbilder und Weissagungen der Leiden Christi''']<br/><br/>

Aktuelle Version vom 24. April 2024, 11:26 Uhr

"Christi Schrei am Kreuz - Sein herrlichster Lobpreis"
von M. Jaegle (1976)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis

Christi Schrei am Kreuz

2. Die Folgen für Gottes Rettungswerk

Ganz schlimme Schäden würden dadurch entstehen, dass durch einen Notschrei Christi, als dem Retter, Er Selbst mit einem Makel behaftet worden wäre. Einen solchen müssten wir an Ihm entdecken, dem makellosen Opferlamm.

Ein makelloses Opferlamm

Sehr oft ließ Gott seinem Volke sagen, dass die zum Opfer bestimmten Lämmer "makellos" und "ohne Fehl" sein mussten. Mit Christi Opfertod wurden die vielen Vorbilder der Opferlämmer erfüllt. In seinem ersten Brief (1Petr 1:19) bezeugt Petrus seinen Stammesgenossen diese Wahrheit mit dem Hinweis, dass sie losgekauft wurden mit dem kostbaren Blute Christi als eines makellosen und fleckenlosen Lammes. In Übereinstimmung mit diesem Ausspruch heißt es im Hebräerbrief (Hebr 9:14), dass Sich der Sohn durch äonischen Geist (zum Unterschied des mit Sünde behafteten Menschengeistes) Gott makellos darbrachte. Zu dieser Makellosigkeit gehörte ein durchgehend ungetrübtes Bewusstsein Seiner großen Aufgabe in der Erfüllung des Willens Gottes zum Heil der ganzen Schöpfung. Dieses Bewusstsein sollte nun dem Sohne in Seinen letzten Leidensstunden verloren gegangen sein!?

Wenn aber der Herr als der große Erfüller der auf Ihn hinweisenden Vorbilder nicht mindestens die Makellosigkeit derselben erreicht hätte, oder gar noch hinter diesen zurückgeblieben wäre, dann wären die Vorbilder hinfällig geworden, da sie durch den Herrn keine vervollständigende und sie übertreffende Erfüllung gefunden hätten. Wenn aber ein zum Opfer geführtes Lamm angefangen hätte, nach links. und rechts zu taumeln, also seine Orientierung zu verlieren, so wäre es für Gott kein fehlerloses uns zum Opfer brauchbares Lamm gewesen. Kein rechtstehender Israelite würde ein mit solchem Fehler behaftetes Lamm zum Opfer dargebracht haben; denn es wäre Gott missfällig gewesen. Noch viel weniger wäre aber der Herr mit Seinem Verzweiflungsschrei ein makelloses Opferlamm gewesen, das Gott zur Aussöhnung des Alls hätte annehmen können!

Christi vollkommener Gehorsam

Und weiter müssen wir fragen: Was würde aus Christi vollkommenem Gehorsam, wenn Ihm in der Durchführung des Ihm von Gott aufgetragenen Rettungswerkes plötzlich der Wille Gottes verdunkelt worden wäre, und Er von dieser Qual gedrungen mit einem Notschrei die Gehorsamslinie des stillen Dulders verlassen oder auch nur unterbrochen hätte?

In Phil 2:8 bezeugt die Schrift dem Sohn Gottes, dass Er gehorsam war bis zum Tode des Kreuzes. Voraussetzung für diesen vollkommenen Gehorsam war des Sohnes unverdunkeltes Wissen. um des Vaters Willen, besonders während der sechs Kreuzesstunden. Würde es nun in des Vaters Willen gelegen haben, Seinen Sohn am Kreuz zu verlassen, weshalb hätte Er Ihn dieses größte. und schwerste aller Leiden nicht vorher wissen lassen? Nur dann hätte Er Sich darauf vorbereiten können, um auch dieses Leiden in willigem Gehorsam zu tragen. Aber nun hätte Gott plötzlich den schwersten Gehorsamsakt von Ihm verlangt, ohne Ihm die Möglichkeit zu geben? Würde es aber stimmen, dass Er, Gott, In doch. unvorbereitet verlassen habe, so hätte Er Seinem geliebten Sohn in der schwersten Stunde Seinen bisher ununterbrochen gewährten Beistand plötzlich versagt! Damit aber, dass Gott dann nicht einmal auf Seinen Frageschrei die verlangte Antwort gegeben hätte, wäre dem Sohn überhaupt die Möglichkeit entzogen worden, auf den Willen des Vaters einzugehen und diesen im Gehorsam zu erfüllen!

Unter diesen Umständen wäre auch Hebr 5:8 hinfällig geworden, wo es heißt, dass der Sohn Gottes den Gehorsam lernte durch das, was Er litt! Sein Notschrei wäre zum Beweis geworden, dass Sein Lernen des Gehorsams unterbrochen worden und mit samt Seinem Gehorsam unvollständig geblieben wäre!

Nun hat aber der Herr in Joh 4:34 bezeugt: "... Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet und vollende Sein Werk." Nach diesem Wort war des Herrn ganzer Gehorsam darauf eingestellt, des Vaters Villen in allem zu erfüllen! Wäre also der Herr plötzlich und unerwartete vom Vater verlassen gewesen, so hätte Er in Seinem vorbildlichen Gehorsam sofort auch das Verlassenwerden als des Vaters Willen erkannt und Sich sogleich darauf eingestellt, d.h. des Vaters Willen erfüllt. Niemals hätte Er Sich aber dann in einer fragwürdigen, ratlosen und deshalb notvollen lage Gesehen und dies außerdem noch öffentlich zum Vater geschrieen!

Das Einssein des Sohnes und des Vaters

Wie sehr Vater und Sohn in allem eins waren, spricht der Sohn mit den kurzen Worten aus: "Ich und der Vater sind eins" (Joh 10:30). Was aber wäre aus diesem Einssein geworden, hätte Sich der Vater von Seinem Sohn jäh, ohne Grundangabe und unerwartet, abgewandt? Dann wäre dieses vom Sohn gerühmte Einssein grausam zerstört worden. Und wie wäre diese Handlungsweise Gottes mit des Herrn Bitte im hohenpriesterlichen Gebet vereinbar, wo Er Seinen himmlischen Vater um das Einssein Seiner Jünger ersucht - so wie Er. und Sein Vater eins sind? Und mit welch eindringlichen Worten stellt Er Seinen Jüngern wiederholt das vorbildliche Einssein mit Seinem Vater die Augen (Joh 17:11, Joh 17:21-23)! Hätte nun Gott Seinen Sohn am Kreuz verlassen, so wäre dieses höchste Vorbild aufgehoben worden und nicht länger nachahmenswert gewesen. d. Auch wäre das in Vers 21 aufgezeigte Ziel: "... auf dass die Welt glaube, dass Du Mich ausschickst", durch das Zeugnis gegenseitigen Uneinsseinshinfällig geworden; denn es wäre für die schwachen Jünger fortan unerreichbar geworden, da ja Got tSelbst dieses vom Sohn geoffenbarte Einssein gebrochen hätte. Des Herrn Bitte um das Einssein wäre eine vergebliche und unerfüllte geblieben. Der Jünger Vertrauen wäre aufs schwerste erschüttert gewesen. Dies umso mehr, als der Herr ihnen vorher verheißen hatte: "... denn was ihr auch bitten solltet den Vater in Meinem Namen, wird Er euch geben" (Joh 15:16; Joh 16:24.26). Inhaltslos und hinfällig wäre auch diese Verheißung des Herrn geworden, hätte Gott. hernach am Kreuz Seinen Sohn verlassen und das Einssein mit Ihm gebrochen.

Anstelle der bisherigen vollkommenen Übereinstimmung zwischen Vater und Sohn wäre ein für den Sohn und für uns unerklärliche Spaltung getreten. Es sind zwar viele Auslegungen verfasst worden, die die Gottverlassenheit des Sohnes mit ansprechenden Argumenten zu deuten suchen. - Sie alle können aber nicht überzeugen, weil sie nicht mit unwiderlegbaren, eindeutigen Schriftworten unterbaut sind und gar den diesbezüglichen buchstäblichen Aussagen Jesu widersprechen. Denn hätte der Vater so am Sohn. gehandelt d.h. Ihn plötzlich im Stich gelassen, so wäre es begreiflich, dass Ihn der Sohn nicht mehr verstanden hätte. Der Beweis dieser Katastrophe wäre Sein lauter Schrei der Gottverlassenheit gewesen. Würde in der Tat Gott als Auftraggeber einen solchen zeitweiligen Bruch zwischen Ihm und dem Sohne als Ausführendem verursacht haben, so hätte sich dieser Zwiespalt schädigend im Erlösungswerk ausgewirkt. Gott aber sei Dank, dass Sein Einssein mit Seinem Sohn ungebrochen in makelloser Harmonie und Vollkommenheit dasteht, wie auch das vollbrachte Erlösungswerk Seines Sohnes!

Eine weitere und wichtige Heilswahrheit aus Christi Leben ist Christi Selbsthingabe.

Christi Selbsthingabe

Diese Selbsthingabe gehört zum Fundament der Erlösung. Wie bedeutend und wertvoll sie in den Augen Gottes ist, beweist ihr öfteres Hervorheben in der Heiligen Schrift.

Jesus Selbst bezeugt sie im Gleichnis vom guten Hirten mit den Worten in Joh 10:11: "Ich bin der edle Hirte. Der edle Hirte legt Seine Seele hin für die Schafe." Noch deutlicher hebt Er hervor: "Deshalb liebt Mich der Vater, da Ich Meine Seele hinlege, auf dass Ich sie wieder nehme. Niemand nimmt sie von Mir, sondern Ich lege sie hin von Mir Selber. Vollmacht habe Ich, sie wieder zu nehmen. Dieses Gebot erhielt Ich auch von Meinem Vater."

Christi Seele-Hinlegen und Wiedernehmen

Um Fehldeutungen auszuschließen, diene uns vorerst der Hinweis, dass der Herr mit dem "Seele-Hinlegen" und "Wiedernehmen Seiner Seele" nicht Sein "Leben" meinte, welches Er in den Tod gab, um es Sich hernach wieder Selbst. zu nehmen; denn damit wäre die vielfach bezeugte Wahrheit von der Auferstehung Christi durch Seinen Gott zunichte gemacht worden. Auch bestünde ein unvereinbarer Widerspruch zwischen den diesbezüglichen Aussagen in der Heiligen Schrift (Joh 10:17-18)

Dieses Thema zeigt uns erneut die dringliche Notwendigkeit einer wortgetreuen Übersetzung. Denn bei Christi Selbsthingabe steht die Leiden empfindende Seele im Vordergrund und nicht das Leben des Herrn! Im griechischen Urtext stehen für beide verschiedene Wörter, und zwar: "zoe" für "Leben" und "psyche" für "Seele".

Dementsprechend haben sie auch unterschiedliche Bestimmungen für den menschlichen Körper. "Leben" entsteht und wird erhalten durch die Wirksamkeit und Betätigung des Geistes. "Seele" bezeichnet dagegen das Lebensbewusstsein und bezieht sich auf die im Leben erfahrenen Empfindungen, die sich u.a. in Wohlbefinden oder Schmerz, Freude und Leid äußern. Diese Unterschiede werden in den landläufigen Übersetzungen nicht beachtet. In ihnen werden durchgängig beide Bezeichnungen vermengt! Bei den infrage kommenden Aussprüchen ist das der Fall. In ihnen wird "Seele" mit "Leben" übersetzt.

Wenn es nun heißt, dass Jesus als der gute Hirte das "Leben" für die Schafe lässt, so denkt der Leser zweifelsohne an Seinen Tod. Diese irrige Übersetzung wird aber dadurch offenbar, dass sie ein. unlösbare Frage aufwirft wegen der angeblichen Vollmacht des: "Sein Leben wieder. zu nehmen: (Joh 10:17-18). Denn der Herr konnte Sich im Todeszustand Sein Leben nicht Selbst wieder nehmen! Vielmehr musste Er bis zum dritten Tage warten, bis Ihn der Vater nach den Heiligen Schriften auferweckte und Ihm ein neues unauflösliches Leben gab!

Wo nun in seltenen Wiedergaben für die betreffenden Aussprüche das Urtextwort richtig übersetzt wurde, entsteht kein solches Problem, weil es dann nicht um den Gegensatz zwischen Leben und Tod, sondern um den mit Seinem Dienen verbundenen und letztlich bis zum Tode führenden Leidensweg des Herrn geht. Darum steht auch hier nicht das geistgewirkte Leben, sondern die Seele im Blickfeld; ebenso wie Jes 53, wo uns mit erschütternden Worten der zum Tod führende Leidensweg des Herrn als Mann der Schmerzen aufgezeichnet ist. Auch da wird die Selbsthingabe des Herrn im Zusammenhang mit der Seele in den Versen Jes 53:4a und Jes 53:11b zweimal herausgestellt.

Es ist die Seele, welche Mühsal empfindet (Jes 53:11), so dass man sagen kann, dass Sein dreijähriger öffentlicher Dienst für Seine "Seele" ein ununterbrochener, schmerzlicher Leidensweg war. Auch Paulus bezeugt mit seiner Aussage in Apg 20:24, dass die Seele solche Leiden durchzukosten hat: "Jedoch von nicht der einem habe ich ein Wort, noch mache ich mir selber die Seele kostbar, bis ich vollende meinen Lauf und den Dienst, den ich erhielt von dem Herrn Jesu, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes." Wenn Paulus sagt, bis zur Vollendung seines Laufs mache er sich "seine Seele" nicht kostbar, so meint er damit das willige Aufnehmen all der ihm vom Herrn in Apg 9:16 angesagten Drangsale und Nöte, die seine Seele zu durchleiden habe.

Mit diesem paulinischen Zeugnis stimmt auch überein, was Gottes Wort von den Überwindern in Offb 12:11 sagt: "... sie lieben ihre Seele nicht bis in den Tod."

So hat auch der Herr mit dem Hinlegen Seiner Seele auf Seine Leiden hingewiesen. Was Er in Mt 10:39; Mt 16:25; Mk 8:35; Lk 9:24; Lk 14:26b; Lk 17:33 und Joh 12:25, vom Umbringen, Hassen und Lieben der Seele sagt, hat Er Selbst mit dem Hinlegen Seiner Seele vollkommen ausgeführt (Mt 26:39.42b; Mk 14:36b; Lk 22:42b).

Christi Vollmacht

Überdies macht der Herr in Beziehung des freiwilligen Hinlegens Seiner Seele noch eine andere Wahrheit mit den Worten kund, Er habe vom Vater die Vollmacht erhalten, Seine hingelegte Seele wieder zu nehmen, d.h. Gott habe es Ihm freigestellt, Sich jederzeit diesen freiwillig Sich aufgebürdeten Leidens zu entziehen! Als Jesus in jene Nacht des schweren Kampfes in Gethsemane geführt wurde, besaß Er noch immer die Vollmacht des Vaters, mit Seinem Einverständnis Seine bereits in den Tod gegebene Seele wieder zu nehmen. Doch der Sohn tat es auch hier wieder nicht! "Nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!" war des Sohnes Gehorsamswort.

Wie sehr der Vater bereit gewesen wäre, Ihm diese Bitte zu erfüllen, bezeugte der Sohn in Mt 26:53. Wir dürfen dazu wohl sagen, dass Er diese Vollmacht bis zum letzten Atemzug besaß. und tatsächlich noch vom Kreuz hätte herabsteigen können - wie es Ihm übrigens die Pharisäer höhnend vorschlugen (Mt 27:40). Diese Vollmacht hatte mit Seinem Tode aufgehört und ihre Gültigkeit verloren; denn nachdem Er Seine Seele in den Tod dahingegeben hatte, konnte Er sie Sich nicht mehr Selbst nehmen. Vo da an nahm der Vater für Seinen Sohn alles in Seine Hand. Er erweckte Dessen Seele am dritten Tage in der Auferstehung (Apg 2:27).

Des Vaters Vertrauen in den Sohn

Die Frage: "Hat Gott Seinem Sohn Vollmacht zum Wiedernehmen Seiner Seele in der Erwartung gegeben, dass Er sie in den schwersten Leidensprüfungen doch noch gebrauche?" können wir nur mit einem entschiedenen "Nein" beantworten. Des Sohnes unverbrüchliches "Ja" (Ps 40:7-8) zu des Vaters Vorherbestimmung (1Petr 1:20) war für den Vater die allersicherste Gewähr, dass Sein Sohn auch ohne jedes Zurückweichen das größte Opfer bringen werde. Vielmehr hat uns Jesus Seine vollmacht zum Wiedernehmen der Seele zur Rechtfertigung Seines Sohnes geoffenbart, um uns zu zeigen, dass Er Ihm Seine schwere Aufgabe nicht unwiderruflich und unabänderlich zudiktiert hat, sondern Ihm während der ganzen Zeit Seines Leidens einen Seine Seele befreienden Ausweg offenhielt!

Aber gerade weil Er diesen Ausweg hatte, ihn jedoch unbenutzt ließ, ersteht die Freiwilligkeit Seines schweren Opfers umso erhabener vor uns. Sein Leidensweg und ganz besonders die am Kreuz ausgestandenen Qualen waren unsagbar schwer. Er erduldete sie alle ohne jedes Zurückweichen. Aber noch qualvoller, ja für Ihn unerträglich wäre es gewesen, die Ihm vom Vater offen gehaltene Wiedernahme der Seele zu benutzen. Es war Ihm vollbewusst, dass Er damit die Versöhnung der Welt nicht vollbracht hätte!

Das "Hinlegen Seiner Seele" ist eine überaus eindrucksvolle Sprachfigur für die Dahingabe Seiner Seele bis in den Tod (Jes 53:12). Sie enthüllt uns Seine Leiden in ihrer ganzen Tiefe. Diese werden noch erhöht auf dem dunklen Hintergrund von Petri Zurückweichen und der Verleugnung seines Herrn, der vordem zu Jesus sagte: "Meine Seele werde ich hinlegen für Dich! (Joh 13:37-38). Nach Jes 53:11 litt Jesu Seele Mühsal, denn während der ganzen sechs Kreuzesstunden war Sein Blut - in welchem die Seele ist (3Mo 17:14) - in Ihm. Erst nach Seinem Sieg und Tod floss es durch den Lanzenstich aus Seinem Körper (Joh 19:34). Ja, nur mit Christi am Kreuz vergossenem Blut hat Gott Frieden gemacht und das All ausgesöhnt (Kol 1:20).

Die Macht der Liebe Gottes im Sohn

Was Ihm aber Gott für diese schwere Aufgabe mitgab, war Seine Liebe zum Sohn (Joh 3:35; Joh 15:9; Joh 17:26), mit der Er dann Seinen Vater und das gesamte All liebte. Kraft dieser Liebe schüttete Er Seine Seele auch freiwillig in den Tod, "ohne sie wiederzunehmen". Und weil Er dies tat, hat Ihn der Vater noch umso mehr geleibt (Joh 10:17).

In dieser Ihn erfüllenden Doppelliebe (der zum Vater und der zu allen Geschöpfen) fand Er die Kraft zum Durchhalten im Gehorsam bis zum schmachvollen Tode des Kreuzes. Dabei war es Sein unverrückbares Ziel, alles zu erdulden, "auf dass die Schriften erfüllt würden"!

Christis Selbsthingabe ist eine einzigartige Offenbarung der Liebe Gottes, welche Ihm noch die hingebende Huldigung all Seiner Geschöpfe einbringen wird. Nicht umsonst schreibt Johannes in seinem ersten brief: "In diesem haben wir erkannt die Liebe, dass Derselbige Seine Seele für uns niederlegte. Und auch wir sollen für die Brüder die Seelen niederlegen." (1Jo 3:16). Dieser Nachsatz heißt mit anderen Worten: Der Erweis der Echtheit unserer Liebe. zu den Geschwistern wird in der Bereitschaft im Ertragen von Leiden für die anderen erbracht, so wie es unser Herr vorbildlich getan hat.

Christi freiwillige Dahingabe - eine Verherrlichung Gottes

Wie wohlgefällig und erquickend für Gott Christi freiwillige Dahingabe Seiner Seele war, hat Er uns mit der oftmals wiederholten Niederschrift dieses Sohnesgehorsams in Seiner Heiligen Schrift kundgemacht. Vernehmen wir im Folgenden diese Aussprüche:

Gal 1:4: "...Der Sich Selbst für unsere Sünden gibt ..."
Gal 2:20: "...der Sich Selbst für mit dahingibt..."
Eph 5:2: "...der Sich Selbst für uns dahingibt..."
Eph 5:25: "...der Sich Selbst dahingibt für sie ..."
Phil 2:7: "... der Sich Selber entäußert..."
Phil 2:8: "...der sich Selber erniedrigt..."
1Tim 2:6: "... der Sich selbst zu einem Ersatz-Lösegeld gibt..."
Tit 2:14: "... der Sich Selbst für uns gegeben..."
Hebr 7:27: "... der sich Selbst darbringt..."
Hebr 9:14: "... der Sich Selber darbringt ..."

Aus der so auffällig wiederholten "Selbsthingabe des Sohnes" und der von Ihm nie gebrauchten Vollmacht, Seine Seele den Leiden zu entziehen, erkennen wir, dass Gott eine besondere Absicht verfolgte. Unverkennbar will Er uns Gläubigen einprägen, dass Sein Sohn völlig freiwillig und ungezwungen alle Seine schweren Leiden. um unserer Errettung willen auf Sich nahm, und wir diese Wahrheit mit der sich darin offenbarenden selbstlosen Liebe umumstösslich und unverlierbar festhalten und in dankbarer Gegenliebe erwidern sollen.

Gott hat den Sohn nicht verlassen

Was wäre geschehen, wenn der Vater Seinen Sohn plötzlich verlassen hätte, und zwar ausgerechnet als Er dort, am Kreuz, die schwersten Leiden aushielt und von der Ihm gegebenen Vollmacht,Sich dieser Pein zu entziehen, keinen Gebrauch machte? Dann hätte Er aber zumindest einen Schrei des notvollen Erstaunens ausgestoßen! Damit wäre offenbar geworden, dass Er Sich wohl für alles andere - aber nicht für dieses letzte, die Gottverlassenheit, hingegeben hätte! Wenn Er Tatsächlich von Gott verlassen worden wäre, so hätte Er Seine Not über Gottes Handeln an Ihm nie mit einem Gott fragenden, lauten Schrei der Öffentlichkeit preisgegeben!

Mit Seiner entschiedenen Selbsthingabe hatte der Herr doch bis dahin Seinen festen und unerschütterlichen Entschluss zum Ausdruck gebracht, auch restlos alle über Ihn kommenden Leiden willig und siegesbewusst zu tragen. Er hätte also als übermenschlicher Überwinder auch die Gottverlassenheit erduldet und nicht einen Notschrei als Zeichen einer untragbaren Last ausgestoßen. Aber dies alles brauchte Er ja gar nicht zu überstehen, denn der Vater hatte Ihn nicht verlassen.

Des Vaters Vertrauen in Seinen Sohn

Wie tief des himmlischen Vaters Vertrauen in Seinen Sohn betreffs Erfüllung Seines Vorsatzes der Rettung aller Seiner Geschöpfe war, tat der Sohn etliche Male kund. So lesen wir in Mt 11:27: "Alles ward Mir übergeben von Meinem Vater..." Dann in Joh 3:35: "Der Vater liebt den Sohn und alles hat Er gegeben in Seine Hand." Und in Joh 13:3: "Da Jesus wusste, dass der Vater alles in Seine Hände gegeben hatte, und dass Er von Gott ausging und zu Gott hingeht..." Mit Joh 6:39 bezeugt der Herr, welchen Abschluss Sein Erlösungswerk nach des Vaters Willen haben muss: "Nicht eins dar Er verlieren!"

Ganz ähnlich hat Paulus den Willen Gottes geoffenbart, wenn er in 1Tim 2:4 schreibt: "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." Auch hier bringt Gott Seinen absolut unbeugsamen Willen zum Ausdruck: Mein Sohn darf keinen Menschen ungerettet lassen!

Wie sehr der Herr darauf bedacht war, des Vaters Willen in allem zu erfüllen, hat Er mit Seinem Ausspruch bekundet (Joh 4:34): "Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet."

Die Erfüllung des Retterwillens Gottes

war demnach Zweck und Ziel des ganzen Lebens des Sohnes!

Noch triumphierender spricht der Herr in Joh 17:4: "Ich verherrliche Dich auf der Erde, das Werk vollendend, das Du Mir gegeben hast, auf dass Ich es tue." Aufgrund des vollkommenen Werkes Seines Sohnes lässt nun Gott den Apostel Paulus in 1Tim 4:10 schreiben, dass Er der Retter aller Menschen ist. Diese Aufforderung, diese Wahrheit zu lehren (V. 11) hört sich an wie ein göttliches Werben und Bitten: Schenkt doch Meinem Sohn dasselbe Vertrauen wie auch Ich; Er (Mein Sohn) wird nicht eines von dem verlieren, das Ich Ihm übergeben habe!

Aufgrund dieser göttlichen Aussprüche vermögen wir noch einen weiteren kostbaren Heilsgedanken in Christi Lobpreis und Seinem Siegesruf: "Es ist vollbracht!" zu erkennen. Er hat Seinem Vater kundgemacht: Ich habe Meine Gehorsamstat so vollkommen ausgeführt, dass auch kein einziges Geschöpf ungerettet bleibt! Alles sind restlos zum Vaterherzen Gottes zurückgebracht!

Gott hat, nach den angeführten Bibelstellen, Seinem Sohn das All übergeben, bevor Dieser die Rettungstat für alle vollbracht hatte. Damit hat Gott vor aller Welt bezeugt, dass Er im voraus in jeder Hinsicht der vollkommenen Erlösungstat Seines Sohnes gewiss war. Und erst recht muss eine ungeschmälerte Glückseligkeit Gottes Vaterherz erfüllt haben, ob des dann vollbrachten Sieges Seines Sohnes!

An dieser unsagbar großen Glückseligkeit lässt Gott heute schon alle die teilnehmen, welche un geschmälert den Verheißungen glauben, dass Gott durch Christi Kreuzestat noch alle Menschen retten, ja sogar das gesamte All mit Sich aussöhnen wird!

Da nun der Sohn um des Vaters Übergabe des Universums an Ihn wusste und erkannt hatte, dass Er dementsprechend eine vollkommene Erlösungstat für das gesamt All vollbracht hat, ist es doch unmöglich anzunehmen, dass Er über die glorreiche Vollendung in der Allaussöhnung im unklaren geblieben wäre. Vielmehr erfüllte vor allem auch das Größte Sein bis hierher ungetrübtes Wissensgut: Ein ausgesöhntes All am Vaterherzen Gottes durch Sein am Kreuz vergossenes Blut!

Kein Leiden konnte und durfte Ihm das Wissen um das Herrlichkeitsziel Seines Erlösungswerkes verdunkeln oder gar rauben!

Doch nun sagt der Herr in Joh 17:12 von Judas: "Niemand von den Jüngern ging unter außer dem Sohn des Untergangs (Judas)..." Damit spricht der Herr ab er keineswegs ein endloses bzw. endgültiges Gerichtsurteil über ihn aus, und dies auch nicht durch das "Wehe" in Lk 22:22. Einem solchen Gedanken hat der Herr allen Grund und Boden entzogen mit der Aussage in Joh 6:39, dass Er nach dem Willen des Vaters auch nicht eins- also auch nicht Judas endgültig verlieren werde!

Wie sehr dem Herrn die Rettung Seines Verräters am Herzen lag, hat Er dann am Kreuz mit Seiner Bitte zum Vater bezeugt, Er möge Seinen Mördern vergeben. Und. zu diesen gehörte auch Judas. Dies bestätigend, ließ Gott in 1Tim 4:9 niederschreiben, dass Er der Retter aller Menschen ist, also auch des Judas.

Bedenken wir doch auch, dass Gott schon mit Weissagungen im A. T. den Judas für diese Tat vorherbestimmt hatte. Jesus zitiert (Joh 13:18) eine solche in Ps 41:9-10 gegebene Weissagung mit dem Hinweis, dass sich auch diese Schrift erfüllen muss. Darum entspricht die dem Judas nach dem erduldeten Wehe-Grericht werdende endliche Rettung sowohl Gottes Gerechtigkeit als auch Seiner Liebe. Beide würden aber verdunkelt, bliebe Judas für immer im Gericht.

Dieser göttliche, durch Christi Selbsthingabe gesicherte Abschluss Seines Liebesrates wäre aber bis in sein Wurzelgebiet erschüttert und unvollständig erfüllt worden, hätte Gott Seinen Sohn verlassen und Ihn damit in eine hoffnungslose Lage gestürzt. Denn mit einem Rückzug und Abwenden vom Sohn hätte Gott ja auch offensichtlich Sein in Ihn gesetztes Vertrauen zurückgenommen, und dies selbst, wenn es auch nur zeitweilig geschehen wäre.

Aber die verhängnisvollen Folgen eines Notschreies reichen noch weiter. Eine solche wird offenbar im Licht der alles tragenden Liebe.

Die alles tragende Liebe

Von dieser Liebe, die alles trägt, schreibt Paulus in 1Kor 13: "Sie, die nicht das Ihre sucht (1Kor 13:5), alles aushält - alles erduldet (1Kor 13:7)" Das wird gesagt von der Liebe Gottes im Sohn, die da ist in Christi Jesu, unserem Herrn! (Röm 8:39). Diese göttliche Tatsache zu offenbaren war nun Christi Auftrag am Kreuz. Er sollte zur Schau stellen, dass die Liebe Gottes alles zu ertragen und alles zu erdulden vermag. Zu dem Ausruf, dass Er von Seinem Vater verlassen sei, hätte der Sohn demnach bezeugen müssen, dass Er in Seiner Liebe zu Gott und zur ganzen Schöpfung auch dieses Verlassensein in der Kraft dieser Liebe in willigem Gehorsam zu ertragen und zu erdulden vermag. Aber mit einem Notschrei hätte Er das Gegenteil bezeugt, nämlich, dass die Liebe Gottes in Ihm doch nicht alles zu ertragen und zu erdulden vermocht hätte.

Der Vater hätte demnach dem Sohn zu viel zugemutet. Er hätte Ihm eine Aufgabe gestellt, die Dessen innere Kraft überstieg. Der Sohn hätte nicht vermocht, den Kelch, den der Vater nicht an Ihm vorübergehen ließ, bis zur Neige zu trinken (Mk 14:35).

Da Chrsitus durch den Geist Gottes gezeugt war und daher Gottes Geist in Ihm war, so wäre letztlich Christi Notschrei ein Versagen des Geistes Gottes gewesen.

Nun hatte der Sohn zuvor sechsmal bezeugt, dass Gott Ihn liebe (Joh 3:35; Joh 10:17; Joh 15:9; Joh 17:23-24 und 26). Wäre aber Gott angesichts der auf den Sohn gelegten Sündenlast wie ein feind von Seinem Sohn zurückgewichen, Ihn daher in Seiner höchsten Not allein lassend, so wäre Er Seinem Liebesversprechen untreu geworden. Er hätte dadurch auch den Sohn nicht mehr mit der Ihm auferlegten Sündenlast getragen und diese Last wäre wieder auf Gott Selbst zurückgefallen. Denn Er hatte sie ja zuvor nach Röm 3:25 - "um des Hinweggehens willen in Seiner Tragkraft über die vormals geschehen Sünden" - Selbst getragen! Das aber hätte den totalen Zusammenbruch des Sohnes nach sich gezogen, ganz zu schweigen von einer solchen für Gott Selbst ganz unmöglichen Situation!

Christi Standhaftigkeit

In 1Kor 16:13 und Eph 3:16 bittet der Apostel um Standhaftigkeit für alle Heiligen. Wie viel mehr ist diese Standhaftigkeit Dem zu eigen, von Dem die Schrift (Lk 2:40) sagt, dass Er durch Gottes Geist von Jugend auf standhaft gemacht wurde.

Wie unsagbar weit würde nun der Herr Selbst von diesem uns aufgezeigten und vorgestecktem Ziel zurückweichen, wenn Er am Kreuz Seine Standhaftigkeit und damit "das Gehaltenwerden durch Gottes Geist verloren hätte"! Denn Standhaftigkeit heißt im Urtext auch "Gehaltenwerden" (Siehe konkord. Stichwortkonkordanz Seite 579 "standhaft" und Seite 475 "halten und fassen").

Hätte als Gott Seinen Sohn nicht ununterbrochen durch Seinen Geist am Kreuz gehalten, dann wäre Christi Ruf der Gottverlassenheit tatsächlich berechtigt gewesen.

Im Glauben beharren

Eine weitere Folge des Schreies Christi vermögen wir an der Gott uns in Kol 1:23 gegebenen Ermahnung zu erkennen, im Glauben zu beharren, um nicht vom Erwartungsgut des Evangeliums fortbewegt zu werden. Dieses Erwartungsgut: Unser "Beim Herrn-Sein" in des Himmels Herrlichkeit mit unserem dortigen Dienst, hat uns der Herr am Kreuz erworben. Aber auch in diesem Erwerben steht wieder die gähnende Lücke in Seinem Erlösungswerk vor uns. Wieder müssten wir das unfassbare Bild sehen: Mit dem, was Er zu seinem Vater geschrieen hätte, wäre Er Selbst aus dem Beharren im Glauben gefallen und fortbewegt worden von Seinem Erwartungsgut. Sein Erwartungsgut ist aber das gesamt von Ihm erlöste All, welches Ihm Gott nach Hebr 1:2 als Losteil bereithält. Da Er aber am Kreuz in eine Situation geraten wäre, in der er nicht mehr aus noch ein gewusst hätte, so hätte Er dort Sein Erwartungsgut aus den Augen verloren.

Nun heißt es aber in Hebr 10:23:

"Wir sollten nun das Bekenntnis u nserer Erwartung festhalten ohne Wanken; denn glaubwürdig ist Er, der verheißt!" Hier, am Kreuz, müssten wir aber den Herrn Selbst wankend sehen!

Kein Zurückweichen Christi

Ähnlich würde es sich auch mit Jes 50:5 verhalten. Dort spricht Christus durch Seinen Geist (1Petr 1:11.12) vermittels des Propheten, dass Er nie zurückweichen werde.

Hätte Er geschrieen: Gott hat Mich verlassen, welches gleichbedeutend ist mit: Gott ist von Mir zurückgewichen, so wäre dies zwangsläufig auch für den Sohn, angesichts der über Ihn geschriebenen Verheißungen, ein Rückfall geworden. Hierzu redet Hebr 10:38 ein ernstes Wort. Gott spricht dort warnend zu dem Gerechten der aus Glauben lebt: "So er zurückweicht hat Meine Seele nicht Lust an ihm." Da nun Gott Seinen Sohn in einer solchen Lage hätte zurückweichen sehen müssen, als Er anfing, in der Erfüllung seines Willens zu wanken, so hätte. Er auch keine Lust mehr an Ihm haben können, die Ihm Gott zuvor mit Mt 3:17 und Mt 17:5 bezeugt hatte!

Mit diesem steht auch noch Hebr 10:35 in Zusammenhang: "Nicht wegwerfen sollte ihr nun euren Freimut, welcher eine große Belohnung hat." Angesichts dieses göttlichen Ausspruchs und des im Sohne durch die Abkehr des Vaters geweckten Misstrauens würde Christus in der Tat Seinen bisher bezeugten Freimut und damit auch Seine dafür verheißene Belohnung "weggeworfen" haben. Dann hätte Er nach Vers 35 auch der Ausdauer ermangelt, welche Ihm weiter fehlen würde, um den Willen Gottes zu tun und die Verheißung davonzutragen!

Wie ganz undenkbar wäre überdies, dass der Vater Selbst den Anlass gegeben hätte, dass Sein Sohn den Freimut verloren und als Folge die Belohnung weggeworfen hätte! Die Ihm vom Vater zugedachte Belohnung besteht nach Hebr 1:2 in der Einsetzung als Losnießer von allem. Das würde für uns den großen Verlust zur Folge haben, dass wir nach Röm 8:17 nicht mehr Mitlosnießer sein könnten!

Das durch Seinen Notschrei bedingte Nicht beharren im Glauben hätte aber noch weitere katastrophale Folgen nach sich gezogen. Auch wir Gläubige wären in Bezug auf unsere Erlösung hart davon getroffen worden. Wir wollen jetzt die für uns grundlegende Heilsgabe der Rechtfertigung vom Schrei her beurteilen.

Unsere Rechtfertigung

Rechtfertigung haben wir erhalten in der uns geschenkten Rechtfertigung Gottes. Nach Röm 3:22 wurde Gottes Gerechtigkeit geoffenbart durch den Glauben Christi* für alle und auf alle, die da glauben. Was dieser göttliche Ausspruch uns an Heil vermittelt, wird uns in Gal 2:16 noch deutlicher erklärt: "Wir wissen aber, dass nicht aus Werken des Gesetzes der Mensch gerechtfertigt wird, es sei denn durch den Glauben Christi Jesu, so glauben auch wir an Christum Jesus, auf dass wir GERECHTFERTIGT würden AUS DEM GLAUBEN CHRISTI und nicht aus Werken des Gesetzes; denn aus Werken des Gesetzes wird nichts gerechtfertigt werden von allem Fleisch." Wir sind also gerechtfertigt durch das Geschenk Gottes eigener Gerechtigkeit und dies durch den Glauben Jesu Christi. Paulus bezeugt diese Heilswahrheit mit großer Gewissheit aus eigener Erfahrung, wenn er in Phil 3:9 schreibt: "... als der ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben Christi, die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens."

*Zu dem Ausdruck "durch den Glauben Jesu Christi". Die meisten Bibeln übersetzen diese Stellen: ""durch den Glauben an Jesus Christus. "Danach würden wir uns mit unserem Glauben die Gerechtigkeit erwerben. Der Urtext hat aber nicht das "an", sondern sagt - auf Jesus Selbst bezogen -: "durch den Glauben Jesu Christi". So lesen wir es auch in der Konkordanten Wiedergabe, die hervorhebt, welch ein herrliches Heil Christus mit Seinem unerschütterlichen Glauben am Kreuz für uns bewirkt hat!

Mit diesem Glauben ist zu nächst nur der Glaube Jesu Christi während Seiner sechsstündigen Leiden am Kreuz bezeichnet. Weil Gott Sich vorgenommen hatte, mit diesem Glauben Seines Sohnes Seine Gerechtigkeit zu offenbaren und uns diese zu schenken, musste des Herrn Glaube und Treue zu Seinem Auftrag absolut vollkommen sein. Er musste in tiefster schmerzvollster Seelennot standhaft und glaubensstark durchhalten. Dazu musste Er aber Seine volle Klarheit über das. zu vollbringende Rettungswerk Gottes behalten. Diesen sieghaften, alles überwindenden und auf volles Vertrauen zum Vater gegründeten Glauben hatte der Herr in den ersten Kreuzesstunden vollkommen ausgelebt und mit Seinen Aussprüchen bekundet.

Dagegen müssten wir diesen. Seinen bis dahin sieghaften und unberirrt bekannten Glauben in der letzten Leidensstunde durch Seinen Notschrei in einer schweren Krise sehen. Da Gott Seine Gerechtigkeit durch den Glauben Christi geoffenbart hat, bestünde diese ja durch Christis Notschrei auf verdunkeltem und wankendem Glaubensboden Seines Sohnes!

Wir stünde es aber dann mit unserer Rechtfertigung? Nun, wenn durch Christi Notschrei schon Gottes eigene uns geschenkte Gerechtigkeit schwere Einbuße erlitten hätte, so müsste zwangsläufig auch unsere Rechtfertigung auf bedenklich schwachen Füßen stehen.

Unser Zutritt zum Vater

Aber noch eine weitere, besonders herrliche uns geschenkte Gnadengabe würde durch Christi Notschrei stark infrage gestellt werden. In Eph 3:12 eröffnet uns der Geist Gottes, was wir durch Christi Glauben haben: "... den Freimut und den Zutritt (zu Gott, dem Vater) mit Vertrauen durch Seinen Glauben." Diese herrliche Heilstatsache lesen wir auch in Hebr 4:16 mit den Worten: "So mögen wir nun mit Freimut kommen zu dem Thron der Gnade, auf dass wir mögen Erbarmen erhalten und Gnade finden, zur rechtzeitigen Hilfe." Auch fü+r diesen erworbenen "Zugang im Vertrauen" hat der Herr den hohen Preis Seiner zum Tod führenden Leiden standhaft und Gott vertrauend "im Glauben am Kreuz" bezahlt.

Wi umdüstert würde aber für uns der Zugang zu Gott durch den Notschrei Christi zu Ihm! Denn wenn Gott Seinen Sohn am Höhepunkt Seines Glaubenskampfes plötzlich verlassen hätte, ohne Ihm den Grund dazu zu nennen, dann wäre dem Sohn der Zugang zu Gott verschlossen gewesen. Der Sohn hätte aber zumindest mit allen "Freimut mit Vertrauen" für diesen Zugang verloren; denn Er wäre an Gottes Führung irre geworden. Wenn aber der Herr gerade in der Stunde hilflos zu Gott gestanden wäre, in der Er uns heute und allen Geschöpfen in der Vollendung einen freimütigen, vertrauensvollen Zugang zu Gott erwirken sollte, um wieviel mehr müssten auch wir dann hilflos jeden Zugang zu Gott verschlossen sehen!

Nachdem wir gesehen haben, dass ei Notschrei Christi für uns Gläubige, Glieder der Körperschaft Christi, schon einen Abbruch unseres Gnadenstandes bedeuten würde, müsste eine solche Notlage "des Erretters" ein weiteres schweres Unheil im Gefolge haben und zwar für die Errettung der übrigen Menschheit.

Die Errettung der übrigen Menschheit

Wir können dies an der in Röm 5:19 der Gesamt-Menschheit gegebenen Verheißung feststellen: "Denn ebenso wie durch den Ungehorsam des einen Menschen als Sünder eingesetzt wurden DIE VIELEN, also auch werden durch den Gehorsam des Einen als Gerechte eingesetzt werden DIE VIELEN." Ebenso wie in den ersten "Vielen" alle Menschen enthalten sind - denn alle wurden ja durch Adams Ungehorsam zu Sündern -, so müssen in den zweitgenannten "Vielen" auf der anderen Seite folgerichtig auch wieder alle Menschen gesehen werden. Da aber allen Menschen die Verheißung gegeben ist, in der Vollendung durch Christi Gehorsam als Gerechte eingesetzt zu werden, so verlangt ei ne solche alle umfassende Rettung auch einen lückenlosen Gehorsam des Retters

Mit einem Notschrei hätte aber der Herr Selbst öffentlich eine Lücke in Seinen Gehorsamsakt gerissen, weil Ihm der Vater mit Seiner Ihm bislang verheimlichten Abkehr eine zu schwere Aufgabe gestellt hätte. Eine aufgabe, die Er durch Unwissenheit unmöglich in glaubensstarkem Gehorsam durchzuführen vermocht hätte! Wie unlogisch wäre deshalb auch hier wieder Unwissenheit des Herr über Seine Gottverlassenheit, und dies, obwohl doch schon Konfimanden gelehrt wird, dass Chrsitus von Gott verlassen wurde, weil Er die Sünden der ganzen Menschheit auf Sich nahem. Nun aber sollte gerade Er das nicht gewusst haben! Wie ganz undenkbar! Das ergibt doch offensichtlich sehr bedenkliche Unstimmigkeiten, die mit Gottes Wort nicht in Einklang zu bringen sind.

Hätte nämlich Gott den Sohn tatsächlich um der Sünde willen verlassen, so müsste ein solch schwerwiegender göttlicher Akt doch ganz besonders in Seinem Willen gelegen haben. Diesen Willen des Vaters hätte aber der Hewrr durch Seinen frageschrei nicht nur nicht erfüllt, sondern durchbrochen. Wir stellen dies fest, wenn wir Seinen frageschrei der Seinen Jüngern in Joh 4:34 gemachten Beteuerung gegenüberstellen. Dort heißt es: "Sagt Jesus zu ihnen: Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet und vollende Sein Werk." Selbst Seinem Vater gibt Er dieses Versprechen nach Joh 17:4: "Ich verherrliche Dich auf der Erde, das Werk vollendend, das Du Mir gegeben hast, auf dass Ich es tue."

Und schließlich ist in der Vollendung von Gottes Werk auch die Erfüllung von Röm 5:19 mit inbegriffen. Doch mit Seinem Schrei hätte der Retter in der Ausführung des göttlichen Willes so vollkommen versagt, dass sich diese Nichterfüllung des göttlichen Willens geradezu vernichtend für das Heil der gesamten Menschheit und die Aussöhnung des Alls hätte auswirken müssen! Die Erfüllung von Röm 5:19 sowie aller anderen Verheißungen wäre vollständig infrage gestellt worden!

Das vollbrachte Erlösungswerk

Aus dieser ausweglos erscheinenden Situation ergäbe sich noch ein weiteres unlösbares Problem, und zwar durch einen der nächsten Aussprüche des Herrn. Diesen vernehmen wir in Joh 19:28: "Nach diesem - wozu also auch Sein Schrei gehört - da Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, auf dass die Schrift vollendet werde, sagte Er: "Mich dürstet!" und nachdem Er daraufhin den Ihm in einem Schwamm dargereichten Essig genommen hatte, ließ er den Siegesruf erschallen (Joh 19:30): "Es ist vollbracht!"

Dieser ganz unvermittelt aus Seinem Munde hervorbrechende Siegesruf muss jedoch nach dem kurz zuvor zum Vater gesandten, unbeantwortet gebliebenen Not- und Frageschrei jedem denkenden Leser völlig zusammenhanglos, ja widerspruchsvoll und deshalb unerklärlich erscheinen.

Das wirft aber die Frage auf: Wie konnte der Herr denn schlussendlich die Vollendung seines Werkes so bestimmt kundmachen, wenn Er doch kurz zuvor in Seinem Erlösungswerk zu einem notvoll Fragenden wurde, Dessen dringliche Bitte an Seinen Gott um Klarstellung unbeantwortet blieb? Und auf welche von der Schrift ausgewiesene Weise mag Er zu dem Bewusstsein des Aufhörens dieses schmerzlichen Zustandes gekommen sein, so dass nun doch alles vollbracht und damit die Schriften erfüllt wären?

Würde Sich nun der Vater tatsächlich in solcher Weise vom Sohn abgewandt haben, so hätte Ihn doch dieses Erleben in völlig Ratlosigkeit stürzen müssen. Die Sicht auf Sein zu vollbringendes Erlösungswerk wäre Ihm gänzlich verdunkelt worden. In solcher Verfassung hätte Seine Seele tatsächlich nicht mehr an Seiner großen Heilstat für die Schöpfung weiterarbeiten und sie zur Vollendung führen können. Wir müssten Ihn dort als einen kurz vor dem Ziel zusammenbrechenden Kämpfer sehen!

Bei der Auferweckung des Lazaraus sprach Christus zum Vater das von ständiger und inniger Gemeinschaft mit Ihm zeugende Wort (Joh 11:41-42): "Vater, Ich danke Dir, dass Du MIch hörst. Ich aber weiß, dass Du Mich immer hörst." Dass Er aber Seinen Sohn nicht nur immer anhörte, sondern auch erhörte, hatte Ihm Sein Vater Selbst - n ach den Schriftwort von Joh 12:27-28 - bezeugt. Als Er aber in den Qualen des Kreuzes vom Vater verlassen wurde und (angeblich) aus tiefster Seelennot zu Ihm um Antwort schrie, sollte Ihn da Sein Vater nich tmehr angehört haben?

Das gleiche schwere Problem wirft sich nochmals mit dem letzten Ausspruch des Herrn auf. Als Er fühlte, dass Sein Ende. nahte, rief Er mit lauter Stimme (Lk 23:46): "Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist!" Hätte Ihm nun der Vater wirklich Seine Gemeinschaft entzogen, wie konnte Ihm dann der Sohn kurz darauf Seinen Geist mim größten vertrauen übergeben, so, als wäre das Eins-Sein mit Ihm nie unterbrochen gewesen? Selbst bei der Annahme einer vorübergehend unterbrochenen Verbindung mit dem Vater, die dann wieder hergestellt worden wäre, hätte dies die Zurücknahme der vorherigen, nun gegenstandslos gewordenen, schweren Klage gefordert! Auch darauf gibt es wieder nur dieselbe Antwort: Der Herr war nicht von Gott verlassen und hatte deshalb weder Grund noch Ursache, einen Notschrei oder eine Zurücknahme Seiner unbegründet gewordenen Klage an den Vater zu richten.

Des Vaters und des Sohnes Verherrlichung

Wie stünde es aber in Gottes Rettungswerk um des Vaters und des Sohnes Verherrlichung, wenn die das Kreuzgeschehen begleitenden Umstände wirklich so kläglich gewesen wären?Dass Sein williger Gehorsam in den Leiden des Kreuzes Seinem Vater und Ihm Selbst große Verherrlichung einbringen würde, hatte der Herr kurz vor seinem Tod klar vorausgesagt. Als nämlich an jenem Abend Judas zum Verrat hinausgegangen war (Joh 13:30), sprach der Herr im Blick auf Seinen Tod am Kreuz (Joh 13:31-32): "Nun wird der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott wird verherrlicht in Ihm. Wenn Gott verherrlicht wird in Ihm, so wird auch Gott Ihn verherrlichen in Sich Selbst und wird IVich verherrlichen."

Später (Joh 17:1) wies Er nochmals auf diese gegenseitige Verherrlichung hin. Wie Er den Vater verherrlichen würde, sagte der Herr in Joh 17:4, nämlich durch die Vollendung des Ihm vom Vater aufgetragenen Werkes. Die Vollendung dieses Werkes duldet jedoch als solche k eine Lücke oder Einbuße. Diesen Makel trüge es aber durch einen verhängnisvollen, aus innerer Verdunkelung ausgestoßenen Notschrei. Ein solcher hätte dem Sohn die weitere Verherrlichung des Vaters unmöglich gemacht.

Hieraus entstünde aber die zusätzliche tragische Folge, dass der Vater auch nicht den Sohn hätte verherrlichen können. Christi Verherrlichung besteht ja in Seiner überaus hohen Erhöhung. In diese hat Ihn der Vater nach Phil 2:9-11 um Seines Gehorsams bis zum Tod des Kreuzes willen erhoben. Eine solch völlige Verherrlichung Seines Sohnes wäre dem Vater jedoch nicht möglich gewesen, wenn Christi Gehorsam am Kreuz durch einen Notschrei unterbrochen worden wäre!

Das große Problem

Alle Schriftforscher und denkenden Gläubigen müssen doch erkennen - und haben es zum Teil auch bekannt - dass hier in Christi Erlösungswerk von jeher ein dunkler Flecken, ja eine Lücke vorlag. Auch wir empfanden die immer schmerzlich und versuchten, wie andere, diesen Makel bzw. diese Unklarheit mit eigenen Erklärungen so zu beheben, so wie diese, Gott habe Sich Seinem Sohn irgendwie und irgendwann wieder zugewandt.

Wäre dies aber geschehen, so würde Gott uns dies doch bestimmt in Seinem Wort gesagt haben, da es ja Sein Sohn vor aller Welt hinausgeschrien hätte, Gott habe Ihn verlassen! Da nun aber in Gottes Wort gar nichts davon geschrieben steht, ist diese Annahme, Gott habe Sich Seinem soeben von Ihm verlassenen Sohn wieder zugewandt, ein rein menschlicher Versuch, unserem himmlischen Vater und uns aus einer Ihn und uns bemühenden Lage wieder herauszuhelfen.

Ein solcher ist aber gar nicht notwendig,denn mit Joh 19:28 und 30 wird uns der Herr als der große Überwinder und zielbewusste Sieger gezeigt. Ohne Wanken und ohne Zweifelspein, in völliger Klarheit des Geistes gab Er dort ununterbrochen Sein Leben und Blut für die Aussöhnung des Alls dahin! Er vermochte dem Verlauf dieses Seines großen Dienstes mit solch klarer Erkenntnis zu folgen, dass Er genau wusste, wann alles zum Ziele gekommen, und die Vollendung seines Erlösungswerkes vollbracht war.

Wie wohltuend und glaubensstärkend ist doch dieses Bild von unserem Herrn im Gegensatz zum anderen! Deshalb können und konnten wir uns bei näherem Überlegen der Beziehung eines Not - und Frageschreies zu Seinem Siegesruf keinen größeren Gegensatz denken als den aufgezeigten. Wir blieben auch ohne jede Erklärung, wie der Herr so plötzlich aus einem schwer Daniederliegenden ein Held geworden wäre; denn eine unüberbrückbare Kluft trennte zwei solche fast gänzlich beziehungslose Geschehen.

Hier liegt nun tatsächlich die dringlichste Notwendigkeit eines anderen Wortlautes des Schreies Christi vor. Und Gott sei es gedankt, wir dürfen aufatmende sagen: Nicht einen Not- und Frageschrei hat der Sohn an Seinen Vater gerichtet, sondern Ihm Seinen herrlichsten Lobpreis dargebracht! Über diesem allem leuchtet aber die andere alle aufgezeigten Seelen- und Geistesnöte weit überstrahlende Wahrheit auf: Christus war am Kreuz gar nicht von Seinem Gott und Vater verlassen!

Für diese Wahrheit können wir zu dem Gesagten noch weitere Nachweise erbringen. Wir gewinnen diese bei der Betrachtung der auf Christi Leiden hinweisenden Weissagungen und der sie vorschattenden Vorbilder.

Lies weiter:
3. Vorbilder und Weissagungen der Leiden Christi