Die Apostelgeschichte Kapitel 21

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Abschrift Apostelgeschichte in täglichen Andachten Band I - VI
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

21. Die Apostelgeschichte Kapitel 21

Rückkehr von der dritten Missionsreise – Weissagungen über Paulus
Paulus in Jerusalem
Tumult der Juden und Gefangennahme des Paulus

Rückkehr von der dritten Missionsreise – Weissagungen über Paulus

Apg 21:1

„Als wir dann hinausfuhren (nachdem wir uns von ihnen losgerissen hatten), kamen wir geradewegs nach Kos, am nächsten Tag nach Rhodos, und von dort nach Patara.“

Wir dürfen auch heute noch, nach knapp zweitausend Jahren, ruhig etwas sentimental werden, wenn wir uns vorstellen, liebe Geschwister, wie Paulus den Augen der Ältesten aus Ephesus immer mehr entschwand, das Schiff immer weiter auf das Meer hinaus glitt und sie ihn das letzte Mal auf dieser Erde sahen! Und umgekehrt stand Paulus an der Reling des Schiffes und sah die geliebten Geschwister zurückbleiben – das war ganz sicher ein „Losreißen“!

Unser Leitvers beginnt genau genommen mit den Worten: „Als es aber wurde, dass wir hinausfuhren …“, und dies steht nicht nur so von ungefähr im Urtext, sondern führt uns tiefer! Die ganze weitere Reise des Apostels war nämlich jetzt ein „werden“, nämlich ein einziger Opfergang!

Wir haben schon mehrfach betont, wie auffällig Lukas gerade diese Reise mit den kleinsten Nebensächlichkeiten schildert, und diese Auffälligkeit setzt Lukas jetzt fort, indem er Insel für Insel nennt, an der Paulus im Schiff vorbeiglitt. Auch dies ist symbolisch für uns ein Zeichen, wie er die Inselwelt der Nationen hinter sich ließ, sich auch hier losriss, sein Ziel war Jerusalem. Und je näher dieses vorläufige Ziel rückte, je größer wurde sein innerer Kampf. Wir sehen hier wunderbare Parallelen zu unserem Herrn, als Er kurz vor Seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane so sehr rang, dass Sein Schweiß wie Blutgerinnsel wurde (Lk 22:44), was im Normalfall den Tod bedeutet hätte.

In Joh 16:33 sagt Jesus zu Seinen Jüngern: “In der Welt habt ihr Drangsal; doch fasset Mut, Ich habe die Welt überwunden.“ Dies ist ein herrlicher Zuspruch für uns alle! Auch uns ängstigt so manches, oft wollen wir zurückweichen … dann darf dieses Wort vor uns stehen, darf uns Mut machen, unseren Weg weiterzugehen, mit dem Blick auf Ihn!

Apg 21:2

„Da wir ein Schiff fanden, das nach Phönizien hinüberfuhr, bestiegen wir es und gingen in See.“

Wir haben gestern den „inneren Kampf“ unseres Apostels Paulus angedeutet, den er hatte, und den Lukas mit den Worten „Als es aber wurde …“ zu schildern beginnt. Was war das für ein innerer Kampf?

Schauen wir zuerst noch einmal auf den Kampf des Herrn in Gethsemane: Nicht gezwungenermaßen, sondern aus tiefster Liebe zu uns ging Jesus den Weg ans Kreuz! Seine Bitte um das Vorübergehen des Kelches zeigt uns, wie auch der Sohn Gottes als „Menschensohn“ seelisches Verlangen hatte! Diesem Verlangen stand aber eine so göttliche machtvolle Geisteskraft entgegen, dass die Seele nicht die Oberhand gewinnen konnte. Auf Jesus wartete nicht nur ein normaler Tod am Kreuz (der ja schon an sich unmenschlich grausam ist), sondern auf Ihn wartete der gesamte Berg an Sünde einer gesamten Menschheit! Und wie ungeheuer dieser Sündenberg war, können wir hier unten auf Erden wohl kaum ermessen! Es ging bei Jesus um die „Geistesführung“ – und ähnlich erlebt es Paulus!

Auch auf Paulus wartete der Tod, wenn auch in einfacherem Sinn wie bei seinem Herrn, doch sein innerer Kampf begann, als er auf dem Weg in die Bande und Drangsale auch angefochten wurde, und dies von gläubigen Geschwistern (wir kommen in Vers 4 noch darauf zu sprechen). Es war nicht Pauli Angst vor dem Märtyrertod, sondern das bange Fragen: „Bin ich auf dem richtigen Weg?“ Werde ich richtig geführt? Ist es wirklich der Geist Gottes, der mich diesen Weg gehen lässt?

Gibt es eine innere Sicherheit auch für uns, die uns anzeigt, dass unser Weg richtig ist? Wie merken wir, dass uns der Geist Gottes lenkt, und nicht zum Beispiel unser seelisches Verlangen? Wir werden im Folgenden versuchen, am Weg des Apostels eine Antwort zu finden.

Apg 21:3

„Als Cypern in Sicht kam, ließen wir es zur Linken zurück, segelten nach Syrien und landeten in Tyrus; denn dort hatte das Schiff die Fracht auszuladen.“

Paulus segelte mit dem Segen (dem Geleit) der Ältesten aus Ephesus durch die heutige griechische Inselwelt, an Cypern vorbei an das Festland nach Tyrus. Und da vor ihm ein schwerer Weg lag, der ihn letztlich in die Gefangenschaft nach Rom führte, wollen wir hier einen ganz kurzen Rückblick halten:

Wir teilen die Dienstzeit Pauli in drei Phasen: 1.) Seine Berufung (Apg 9:19 - Apg 12:25); hier gibt es keine schriftlichen Zeugnisse über ihn, was daran liegen mag, dass sein Zeugnis genau mit jenem der zwölf Jünger übereinstimmte. 2.) Pauli Absonderung (Apg 13:1 - Apg 28:3); hier wurde aus Saulus „Paulus“, ein Hinweis, dass Gott etwas Neues vorhatte. Die Absonderung und Aussendung in die Welt der Nationen, die wir ja jetzt hinter uns gelassen haben, geschah durch den heiligen Geist. Das Neue, welches jetzt kam, beinhaltete „die Rechtfertigung durch Glauben“ (Apg 13:39), „die Verheißung äonischen Lebens“ (Apg 13:46), sowie die Wahrheit von der Versöhnung: Gott wendet Sich den einst fern stehenden Nationen zu (Apg 13:47). In dieser Zeit entstanden die Thessalonicherbriefe, der Brief an die Römer, Galater sowie die zwei Briefe an die Korinther. Mit diesen Briefen will Paulus die Glaubenden auf den überragenden Weg der Verwaltung der Gnade vorbereiten, den er dann in seiner dritten Phase, 3.) der Gefangenschaft in Rom, enthüllt.

In Rom finden wir dann einen Apostel, der nicht mehr um der Erwartung Israels willen in Ketten liegt, sondern er nennt sich „der Gebundene Christi Jesu für euch, die aus den Nationen“ (Eph 3:1). Es folgt auf diesen Vers aber ein Wermutstropfen: „… - wenn ihr nämlich von der Verwaltung der Gnade gehört habt …“ (Eph 3:2a)! Dieses Wörtchen „wenn“ lässt erkennen, dass viele Gläubige von Paulus als Gebundenem gar nichts wissen wollen, weil Bande und Drangsal nicht in ihr vermeintliches Bild eines Lebens mit Jesus passen!

Apg 21:4

„Als wir die Jünger aufgefunden hatten, blieben wir noch sieben Tage dort. Sie sagten Paulus im Geist, nicht nach Jerusalem hinaufzuziehen.“

Wir kommen heute zu der von uns schon angekündigten Versuchung Pauli, Jerusalem zu meiden, was im Grunde eine Flucht vor den Banden und Drangsale gewesen wäre.

Paulus landet mit seinen in Apg 20:4-5 genannten Begleitern in Tyrus und fand dort eine Jüngerschar vor, die ihm so wichtig war, dass er seine Reise sieben Tage lang unterbrach. Und hier geschah das Merkwürdige: „Im Geist sagten diese Jünger zu Paulus, nicht nach Jerusalem zu ziehen! Gibt es da Widersprüche in der Geistesführung? Wir lasen doch bereits in Apg 20:23, dass der Geist, der heilige, dem Apostel von Stadt zu Stadt bezeugte, was auf ihn zukam, - und jetzt wird ihm durch Jünger im Geist von diesem Weg abgeraten! Wie ist das zu verstehen?

Wir kommen jetzt zu einem schweren Kapitel, nämlich dem, das die Führung des Geistes auch falsch verstanden werden kann, nämlich dann, wenn man sie nicht in Übereinstimmung mit Gottes Ratschluss sieht! Die Jünger in Tyrus meinten es ohne Zweifel gut mit Paulus, sie wollten ihn einfach vor allen Unannehmlichkeiten schützen. Doch gerade dort hinein führte Gottes Weg den Apostel.

Für Paulus bedeutete dies eine Versuchung! Er kannte seinen Weg durch das Zeugnis des Geistes, dem heiligen, jetzt wird ihm im Geist gesagt, diesen Weg nicht zu gehen – war dies Gottes Stimme?

Obiges erinnert uns sehr an die Versuchung Jesu in Mt 4:1-11! Der Widerwirker hielt Jesus das geschriebene Wort Gottes vor, und Jesus musste ihm jedes Mal mit einem anderen Wort Gottes entgegnen – Wort gegen Wort? Haben wir darüber schon einmal nachgedacht?

Es ist doch hoch interessant, liebe Geschwister, was wir in einer winzigen Aussage, die von den meisten Auslegern kaum beachtet wird, alles vorfinden! Aber gehen wir noch einmal zu Jesu Versuchung zurück, es ist eine ganz schwerwiegende Mahnung, die hier zu uns spricht:

Satan benutzt Gottes geschriebenes Wort, um Jesus zu verführen! Er sagt dabei ganz einfach: „Es steht geschrieben“! Fällt Jesus auf diese Worte herein? Wir lesen, wie Er antwortete: „Wiederum steht geschrieben“ – also Wort gegen Wort! Der Widerwirker tat eines: Er riss ein Wort Gottes aus dem Zusammenhang und wandte es auf eine ganz andere Zeit an! Das heißt ganz klar und eindeutig: Das geschriebene Wort Gottes, unsere Bibel, darf nicht wahllos überall, wo es uns gerade passt, angewandt werden!!! Gott hat Sein Wort an ganz bestimmte Zeiten angepasst, und es ist unsere wichtige Aufgabe, diese Zeiten zu erkennen und zu akzeptieren! Wer wahllos Bibelverse aus ihrem Zusammenhang und aus der Zeit reißt, in welche sie hineingehören, handelt im Grunde nicht anders als der Widerwirker bei Jesus! Und die tragische Tatsache ist, dass wir solches heute überall um uns herum erleben! Hier steht ganz massiv die Mahnung in 2Tim 2:15 vor uns: „Befleißige dich … das Wort der Wahrheit richtig zu schneiden“!

Wir kommen zurück zu Paulus: Auch er musste erkennen, dass einer Rede im Geist, nämlich „ihn von seinem Weg in Bande und Drangsale abzuhalten“, eine andere Geistesführung entgegenstand! Diese Versuchung, ihn von diesem Weg abzuhalten, konnte er nur bekämpfen, indem er ein volles „Ja“ zu Gottes Wegen hatte, auch wenn diese Bande und Drangsale beinhalteten!

Wir haben oben die Frage gestellt, ob es eine innere Sicherheit für uns gibt, den richtigen Weg zu erkennen, und dies vor dem Aspekt, dass Paulus einerseits die geistliche Ankündigung bekam, in Bande und Drangsale zu kommen, andererseits ihm „im Geist“ von diesem Weg abgeraten wurde. War dies ein und derselbe Geist?

Unsere “Konkordante Wiedergabe“ schreibt: „Sie sagten im Geist …“, und vermittelt uns die Annahme, dass damit alle Jünger in Tyrus gemeint waren. Andere Übersetzungen, auch Baader, übersetzen, dass es nur „einige“ waren, die hier im Geist sprachen. Damit ergibt sich die neue Situation: Innerhalb der Jüngerschaft von Tyrus gab es (nur) einige, die dem Weg Pauli im Geist widersprachen. Waren diese „einige“ vom Geist Gottes inspiriert? Gott hat bewirkt, dass selbst Jesus von Satan versucht werden konnte und: Satan benutzte das geschriebene Wort für die Versuchung. Nirgendwo in der Schrift ist zu lesen, dass wir, die Gläubigen, von solchen Angriffen verschont werden, im Gegenteil! Ein Gläubiger, der behauptet, er sei auf Grund seines Glaubens vor Satan gefeit, irrt ganz einfach! Wozu sollte uns Gott die Waffenrüstung in Eph 6:10 ff in die Hand geben, wenn wir vor den Angriffen Satans bewahrt würden? Nein, wir haben den Kampf zu kämpfen und wir haben zu lernen, die Angriffe abzuwehren, das heißt, mit der uns gegebenen Waffenrüstung umzugehen! Unter den einzelnen Teilen befindet sich auch „das Schwert des Geistes“ (Vers 17), „das ein Ausspruch Gottes ist“! „Der Ausspruch Gottes“ ist Sein geschriebenes Wort, das uns die Möglichkeit gibt, wie Jesus zu entgegnen: „Und abermals steht geschrieben!“ Den richtigen Weg für uns zu erkennen setzt also ein Kennen und Handhaben des Wortes Gottes voraus, vor allem ein „richtiges Schneiden“! Derart gehandhabt, ist es, wie in Hebr 4:12 zu lesen ist, ein Richter der Überlegungen und Gedanken des Herzens!

Apg 21:5-6

„Als die Tage unseres Ausrüstens abgelaufen waren, zogen wir hinaus und gingen, von allen geleitet, mit den Frauen und Kindern bis vor die Stadt. Am Strand knieten wir nieder und beteten; dann rissen wir uns voneinander los und stiegen in das Schiff. Jene aber kehrten in ihre eigenen Häuser zurück.“

Wir möchten dem Gestrigen noch einen Absatz hinzufügen, weil ja das Thema der Geistesführung uns alle irgendwie betrifft:

Gottes Ratschluss mit Paulus war der Weg nach Rom, und dieser führte über Jerusalem. Der Widerwirker sah dieses Ziel und versuchte, „im Geist“ durch einige Jünger, Paulus von diesem Weg abzuraten. Damit hätte sich Paulus zwar Bande und Drangsal erspart, aber er wäre vom Weg Gottes abgewichen. Wir müssen lernen zu erkennen, wo wir verführt werden, wo das „seelisch/fleischliche“ vor das „seelisch/geistliche“ gestellt wird; das Vermischen der verschiedenen Verwaltungen Gottes (das Vermischen der beiden unterschiedlichen Evangelien, nämlich dem der Gnade und dem des Gesetzes) ist ein wirksames Mittel des Widerwirkers! Es gibt also für uns eine Möglichkeit (Sicherheit), den richtigen Weg zu erkennen: Das Wort Gottes richtig (im Zusammenhang) zu lesen und es richtig zu schneiden, das heißt: Zu erkennen, für welche Zeit und an welche Personengruppe es gerichtet ist!

Zurück nach Tyrus, wo Paulus Abschied nahm: Die Ausrüstung der Jünger in Tyrus war beendet, was wir nach allem Bisherigen so verstehen dürfen, dass es trotz „einiger“, die im Geist abgeraten hatten, eine klare Entschlossenheit zum Weg nach Jerusalem gab! Der innere Kampf endete also siegreich! Und dementsprechend sehen wir (wie zuvor in Milet), wie die ganze Gemeinde mit Frauen und Kinder dem Apostel das Geleit gaben. Dieses Geleit, das ebenfalls unter „Knien im Gebet“ geschah, war nach Milet erneut ein Zeichen der Zustimmung zum Weg des Apostels.

Apg 21:7

„Von Tyrus aus kamen wir hinab nach Ptolemais, wo wir unsere Fahrt beendeten. Wir begrüßten die Geschwister und blieben einen Tag bei ihnen.“

Von Tyrus segelte die Gruppe weiter nach Ptolemais (dem heutigen „Akko“), wo die Seereise ein Ende hatte. Ptolemais liegt an der syrischen Küste und interessant ist, dass Paulus hier Geschwister vorfand, die er begrüßte; wir finden hierüber nur in diesem heutigen Vers Auskunft. Wo kamen diese Geschwister her? Wer waren sie?

Es ist zu vermuten, dass gemäß Apg 11:19, wo wir ja lasen, dass wegen der Drangsal des Stephanus eine Verfolgung entstand und Juden bis nach Phönizien flohen, solche in Ptolemais ansässig wurden und eine pfingstlich ausgerichtete Königreichsgemeinde gründeten. Es war folglich keine von Paulus gegründete Körpergemeinde Christi Jesu. Entsprechend kurz war dann auch der Aufenthalt, gerade mal „einen Tag“! Dass Paulus sie „Geschwister“ nannte, ist selbstverständlich. Auch sie als Königreichsglieder glaubten ja an Jesus, hatten also denselben Herrn wie wir!

Lasst uns heute eingedenk sein, dass wir zwar das Wort der Wahrheit richtig schneiden sollen, wie es Paulus in 2Tim 2:15 anbefiehlt, doch ist zu beachten, dass im Übereifer nichts abgeschnitten wird, so dass Israel gänzlich unbeachtet zurück bleibt! Auch wenn sich Israel bis heute immer noch in der Verstockung befindet, sollten wir nie aus dem Auge verlieren, dass es Gottes Werkzeug ist, welches gemäß Eph 1:10 das All in Christus aufzuhaupten hilft, hier „das auf der Erde“. Und wenn Israel einmal diesen Auftrag ausführen wird, dann, und erst dann wird die Aussage Jesu in Mt 28:19 aktuell: „Daher geht hin, macht alle Nationen zu Jüngern, tauft sie …“. Die Körpergemeinde wird zu diesem Zeitpunkt längst entrückt sein, die zurückgebliebenen Nationen sind Israels Aufgabengebiet! Zu Pauli Zeit war noch eine winzige Hoffnung auf das baldige Königreich vorhanden, liebevoll nennt Paulus sie „Geschwister“, und dies in dem herrlichen Namen „Jesus“!

Apg 21:8

„Tags darauf zogen wir weiter und kamen nach Cäsarea, gingen dort in das Haus des Evangelisten Philippus, der einer der Sieben war, und blieben bei ihm.“

Auf dem Landweg gelangte die Reisegruppe unter Paulus von Ptolemais in der Provinz Syrien nach Cäsarea und wir müssen sehen, dass Paulus damit wieder auf „Heimatboden“, in Samaria, angekommen ist. Das bedeutet, da wir uns ja in den zurückliegenden Versen überwiegend mit der Körpergemeinde Christi Jesu beschäftigt haben, dass wir uns wieder verstärkt dem Königreich zuwenden müssen, und dies beginnt gleich mit Philippus.

In Apg 6:5 wurde Philippus mit sechs anderen Brüdern zum Dienst der Handreichung ausgewählt, in Apg 8:5 wird Philippus ebenfalls genannt, wie er in Samaria Christus verkündigte und dem äthiopischen Kämmerer das Wort auslegte und diesen taufte (Apg 8:26 ff). Es darf davon ausgegangen werden, dass Philippus in Cäsarea weiterwirkte, sich hier niederließ und eine messianischgläubige Gemeinde um sich hatte, die auf das Königreich hoffte.

Kann es Zufall sein, dass Paulus jetzt mit „sieben“ Begleitern bei Philippus eintrifft, wo in unserem Leitvers ausdrücklich genannt wird, dass Philippus einer der „Sieben“ war? In Cäsarea vollzog sich ja jenes bedeutsame Ereignis mit Petrus im Hause des Proselyten Kornelius, von hier aus zog dann Petrus hinauf nach Jerusalem, um den dortigen Brüdern kundzutun, was Gott ihm enthüllt hatte. Das Resultat seines Berichtes lasen wir in Apg 11:18. Die jüdische Pfingstgemeinde musste erkennen, dass Gott Sich auch den Nationen zuwandte, und diesen „Umsinnung zum Leben“ gab – allerdings im Sinn des Königreichs! Jetzt nimmt Paulus mit seinen sieben Begleitern ebenfalls von Cäsarea aus (auf israelischem Boden) den Weg nach Jerusalem auf. Konnte Petrus zuvor nur aussagen, dass Gott nun auch solchen aus den Nationen Umsinnung gewährt, so konnte Paulus etwas ganz Neues zum Pfingstfest nach Jerusalem führen: Eine Erstlingsgabe aus dem enthüllten Geheimnis der Körpergemeinde Christi Jesu, stellvertretend bestehend aus „sieben“ Brüdern!

Apg 21:9

„Dieser hatte vier Töchter, Jungfrauen, die prophetisch redeten.“

Wir möchten die gestrigen Feststellungen noch etwas vertiefen: Paulus zog nach Jerusalem, um einerseits die eingesammelten Spendengelder zu überbringen – dies war der äußerliche Grund. Der tiefere Grund war, dass in Jerusalem seine Festnahme und Überführung nach Rom vollzogen wurde. Es waren die angekündigten Bande und Drangsale. Aber kaum beachtet geschieht noch ein weiteres: „Pfingsten“ ist ja nicht nur jener Tag der Ausgießung des heiligen Geistes, sondern ein altes jüdisches Erntefest, wo Gott die Erstlingsgabe dargebracht wird. In diesem symbolischen Sinn zog Paulus genau zum Pfingsttag nach Jerusalem, um hier die Erstlinge aus der Körpergemeinde in Gestalt der mit ihm reisenden sieben Brüdern darzustellen. Es war gewissermaßen ein Pfingstfest im Sinn der Körpergemeinde aus allen Nationen!

Wir betonten bereits, dass wir uns nicht nur wieder auf jüdischem Boden befinden, vielmehr tritt mit Philippus und seinem Haus auch wieder das irdische Königreich in den Vordergrund. Und zu seiner Familie gehörten die vier Töchter, die, was hier betont wird, „prophetisch redeten“. Vergleichen wir hierzu Apg 2:17, wo der Prophet Joel zitiert wird: „(In den letzten Tagen) wird es geschehen (sagt Gott): Ich werde von Meinem Geist auf alles Fleisch ausgießen, eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden …“.

Für das Volk Israel könnten „die letzten Tage“ angebrochen sein, wenn … ja wenn Israel in Jesus seinen Messias erkennen könnte! Was die vier Töchter des Philippus tun, ist also nichts weiter als eine vorläufige und mögliche Erfüllung des Propheten Joel.

Für Israel wurden diese „letzten Tage“, wie wir wissen, weit hinausgeschoben, für uns hingegen sind die “letzten Tage“ der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade weit vorangeschritten! Das darf uns große Hoffnung geben!

Apg 21:10

„Als wir noch mehrere Tage blieben, kam ein Prophet namens Agabus von Judäa herab.“

Bevor wir etwas zu Agabus sagen, lasst uns zuerst ganz kurz etwas Allgemeines zur Prophetie sagen: Grundsätzlich vermittelt diese uns einen Einblick in Gottes Pläne und Ziele – Prophetie ist also ein geistlicher Zuspruch für unsere Wege im Alltag. So zeigen uns die Propheten des AT und NT, wie alles nach dem göttlichen Plan verlaufen wird, was für uns bedeutet, dass wir uns nicht vor der Zukunft fürchten müssen! Wir sprechen hier von der im Wort Gottes niedergeschriebenen Prophetie! Und da Gottes Wort längst auf sein Vollmaß gebracht wurde, kann es heute keine neuen Prophetenworte mehr geben!

In 1Kor 13:8 lesen wir, dass neben den Erkenntnisworten auch die Prophetenworte abgetan werden, wenn die Reife kommt, und diese Reife enthüllte Paulus später in seinen Gefängnisbriefen. Zur Zeit der Korinther existierte aber noch „der Bruchteil“, nämlich die „Verwaltung des Übergangs“! In diesem „Bruchteil“ waren Prophetenworte, Zungenrede und Erkenntnisworte hervorragende Gnadengaben, die dem Aufbau der Körpergemeinde dienten – aber nur so lange, bis die Reife kam!

Die Zeit, in welcher wir uns in der Apostelgeschichte befinden, ist immer noch der Bruchteil, also „die Verwaltung des Übergangs“, das Auftreten des Agabus ist also nichts Ungewöhnliches, im Gegenteil: Seine Worte bestätigen ja, was Gottes Geist dem Paulus vorausgesagt hat!

Agabus war es, der in Apg 11:27-28 die Hungersnot ankündigte und damit den Anstoß zu der Kollekte gab. Jetzt tritt er noch einmal in Erscheinung, als Paulus an der Spitze der Erstlinge aus der Körpergemeinde diese Kollekte in Jerusalem übergeben möchte.

Apg 21:11

„Dieser trat zu uns, nahm den Gürtel des Paulus, band sich Füße und Hände damit und sagte: So spricht der Geist, der heilige: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und in die Hände der Nationen überantworten.“

Wir wissen um die Tatsache der echten und der falschen Propheten, beide gab es von Anfang an, wir lesen schon in den Büchern des Moses von solchen. In 5Mo 18:20 wird den falschen Propheten sogar der Tod angedroht. Und interessant ist, dass diese falschen Propheten sich anmaßten, im Namen Gottes zu reden! Mose behandelte damals das Problem der Unterscheidung „richtiger und falscher Prophetie“, und er stellte auch solche Propheten vor, die nicht nur für falsche Götter sprachen, sondern aus eigenem inneren Drang (aus Vermessenheit) prophezeiten, obwohl sie von Gott keinen Auftrag hatten (siehe 5Mo 18:22).

Wir schreiben das Obige als eine Warnung: Auch heute noch sind in pfingstlich/charismatischen Kreisen Prophetenworte zu hören, die beginnen: „So spricht der Herr …!“ Hier ist mehr als äußerste Wachsamkeit notwendig! Der Verfasser dieser Zeilen hat dergleichen leider vielfach erleben müssen.

All das trifft auf Agabus nicht zu, vielmehr dürfen wir in ihm eine Art Bindeglied sehen zwischen der Urgemeinde in Jerusalem und der neuen Körpergemeinde Christi Jesu, die auf dem Weg nach Jerusalem ist. Seine Prophetie der Hungersnot hat sich erfüllt, und auch jetzt sind seine Worte im heiligen Geist gesprochen, denn sie werden sich wortgetreu erfüllen.

Hervorzuheben ist, dass sich Agabus nicht dem Weg Pauli entgegenstellte, ihn also nicht von seinem schweren Gang in Bande und Drangsal abhalten wollte! Agabus bestätigte vielmehr die Richtigkeit, allerdings mit den Folgen einer schweren Glaubensprobe für Paulus und die Übrigen!

Apg 21:12

„Als wir das hörten, sprachen wir wie auch die aus dem Ort ihm zu, nicht nach Jerusalem hinaufzuziehen.“

„Als wir das hörten …“ – so beginnt unser Leitvers, und diesmal sind es nicht nur die aufgesuchten Gemeinden, sondern selbst Lukas und die anderen mitreisenden Brüder, die ins Wanken kamen und Paulus von dem bevorstehenden Weg abzuhalten suchten! Paulus stand also ganz allein da! Sollte er sich doch geirrt haben? Sollten alle anderen im Unrecht, und nur er Recht haben? Irrte er sich vielleicht doch in der Beurteilung der Geistesführung?

Interessant ist hier, dass der Jude Agabus den Weg Pauli erkannte und guthieß, hingegen die Glieder der Körpergemeinde den Weg, den Paulus gehen musste, nicht erkannten, ja, Paulus sogar davon abhalten wollten! Auch diese Kleinigkeit erinnert an unseren Herrn, der, wohl wissend, was geschehen würde, Seinen Weg vor Sich sah und ihn auch konsequent ging. Sogar Petrus konnte die Festnahme Jesu nicht verhindern, auch nicht mit dem Schwert!

Es war bei Jesus und bei Paulus so, dass oft die engsten Begleiter den eingeschlagenen Weg nicht guthießen, ja davon abrieten – und so ist es doch auch in manchen Fällen bei uns! Müssen nicht auch wir uns in bestimmten Fällen gegen die Meinung, ja gegen den Rat unserer Geschwister, ja unserer Lieben stellen? Und wie oft wollen wir mehr den Menschen gefallen, als unserem Herrn? Da kommt mir (dem Verfasser) der Spruch in den Sinn:

  1. Höre nicht, was Menschen sagen, tue ruhig deine Pflicht,
  2. Gott wird nicht die Menschen fragen, wenn er dir dein Urteil spricht!

Wir weisen hier erneut auf Hebr 4:12 hin: Das lebendige Wort Gottes ist Richter der Überlegungen und Gedanken des Herzens, und das bedeutet, dass wir eine sehr fundamentierte Kenntnis von diesem köstlichen Wort haben müssen. Das Wort teilt sehr scharf zwischen Seele und Geist, also zwischen unseren seelisch/fleischlichen Wünschen und den geistlichen Aussagen des Wortes.

Apg 21:13

„Dann nahm Paulus das Wort und sagte: Was macht ihr mir mit eurem Jammern das Herz so schwer? Denn ich bin bereit, mich in Jerusalem nicht nur binden zu lassen, sondern auch für den Namen des Herrn Jesus zu sterben.“

Unser heutiger Leitvers führt uns mit hinein in die Glaubensprobe, die Paulus durchstehen musste. Wie schwer muss es dem Apostel ums Herz gewesen sein, als er seine engsten Mitarbeiter wanken sah! Sein Herz wurde immer schwerer. Die DaBhaR-Übersetzung übersetzt „Zermürbende“, Pauli Herz wurde also regelrecht zermürbt! Nur wenn wir versuchen, uns im Geist in jene Lage zurückzuversetzen, können wir ermessen, wie groß der Kampf des Paulus gewesen sein musste!

Der Prophet Agabus sprach nur von „binden und an die Nationen überantworten“, jetzt geht Paulus noch einen Schritt weiter!

Mit einem Machtwort, das alle aufkommenden Zweifel in seinem Herzen beendete, zog er die letzte Konsequenz, im Glauben auch für seinen Herrn zu sterben! Das ist eine ganz andere Botschaft, liebe Geschwister, als wir sie heute von gewissen pfingstlich ausgerichteten Predigern, ja Missionshäusern vernehmen. Von dort wird uns verheißen, dass Gott will, dass es uns gut geht! Dass unser Erdenleben frei von jeglichen Schmerzen sein muss! Da muss man sich fragen, ob die dort dienenden Missionare jemals etwas vom Weg jener ungezählten Gläubigen gehört haben, die vom Anfang der Christenheit an für den Namen des Herrn Jesus ihr Leben gelassen haben?

Wir haben schon mehrfach darauf verwiesen und tun es hier erneut: Bis heute finden Reisende in römischen Kirchen auf Gräbern die Abkürung „Q.N.D.S.“, sie heißt „QUORUM NOMINA DEUS SCIT“, übersetzt: „deren Namen Gott kennt“! Es sind all die unbekannten Märtyrer, die gleich Paulus ihr Leben für ihren Herrn Jesus dahingaben, wissend, dass ihr eigentliches Leben erst in der Herrlichkeit beginnt!

Apg 21:14

„Da er sich nicht überreden ließ, wurden wir still darüber und sagten: Des Herrn Wille geschehe!“

Spät, aber noch rechtzeitig haben die mitreisenden Brüder, Lukas eingeschlossen, erkannt, dass es des Herrn Wille war, was Paulus vorhatte. Und Sein Wille war, dass a) das Geld für die Not leidenden Armen übergeben wurde, b) sollte sich gerade in Jerusalem Pauli Gefangennahme und Abtransport nach Rom vollziehen. Aber es gab noch einen weiteren Grund: Agabus nannte sehr deutlich „die Juden“, die Paulus binden und an die Nationen überliefern würden. Dieses Verhalten war der tiefere Grund, nach Jerusalem zu ziehen, denn es musste deutlich der endgültige Abfall des auserwählten Volkes sichtbar werden. Und dieser sichtbare Abfall, gerade vor den Augen des Apostels Paulus, gab diesem die innere Sicherheit, seinen letzten und entscheidenden Dienst an den Nationen zu vollenden: Pauli Briefe aus dem Gefängnis in Rom. Diese letzten Briefe stellen die angekündigte Reife in 1Kor 13:10 dar, der „Bruchteil“ der Verwaltung des Übergangs fand damit seinen Abschluss.

„Still werden über dem Willen des Herrn“ wird in unserem Leitvers zum Mittelpunkt. Wir lernen aus dem Verhalten der Brüder, dass man sich sehr leicht und schnell dem göttlichen Willen entgegen stellen kann, aber man muss bereit sein, sich korrigieren zu lassen! Und dies taten die Brüder auch für uns vorbildlich.

Es gibt im gesamten All nur Einen, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt: Gott! So lesen wir es in dem Gefängnisbrief an die Epheser (Apg 1:11). Das heißt exakt, dass es keine Zufälle gibt, dass nichts der Hand Gottes entgleiten kann, und sei es menschlich gesehen noch so schlimm! Diese Erkenntnis ist gemäß 1Jo 2:13 der Stand eines „Vaters im Glauben“: „… weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist“. Und Hiob musste am Ende seines Lebens erkennen: „Ich erkenne, dass Du alles vermagst, und nichts, das Du Dir vorgenommen hast, ist Dir zu schwer“ (Hi 42:2). Es ist jenes herrliche Erkennen, das auch uns in den tiefen inneren Frieden führen kann!

Apg 21:15

„Nach diesen Tagen luden wir unser Gepäck auf und zogen nach Jerusalem hinauf.“

Lassen wir heute die Brüder ihr Gepäck in Ruhe aufladen und schauen dabei noch einmal zurück auf den gestrigen Vers und jene so wichtige Aussage, die „den Willen Gottes“ betrifft (in dem Vers heißt es „der Wille des Herrn“):

Wir hören oft jenes Wort (und benutzen es auch selber): Gott hat dies oder jenes zugelassen! Dieses „Zulassen“ entspricht aber nicht dem Sinn des „alles bewirkenden Gottes“! Man kann sich zum Beispiel etwas von Anfang an vornehmen, und wenn es dann anders kommt, dann lässt man es eben zu! Die Aussage in Eph 1:10 lehrt uns aber etwas anderes! Schauen wir einmal in die frühesten Anfänge der Menschheit hinein: Hat Gott es zugelassen, dass Kain seinen Bruder Abel erschlug? Oder hat Gott diesen ersten Mord nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt? Merken wir den feinen, aber doch entscheidenden Unterschied? Und merken wir auch, wie wir uns innerlich sträuben, dieses Kapitalverbrechen dem Willen Gottes zuzuschreiben?

Es ehrt uns, wenn wir unserem Gott und Vater nichts Böses unterstellen wollen, wenn wir in Ihm nur „Liebe“ sehen! Aber wir müssen im Verlauf unseres Glaubenslebens auch lernen und erkennen, dass Gott durchaus (von Anfang an) das Finstere und Böse erschaffen hat (Jes 45:7), und dies aus dem einen Grund, dass wir Menschen gerade an dieser Finsternis „das leuchtende Licht Seiner Liebe“ erkennen können! Wenn uns das Finstere und Böse voll umklammert hat, wenn wir keinen Ausweg mehr sehen, wie wir uns daraus befreien könnten, dann trifft uns der Strahl der Liebe Gottes in dem einen Namen „Jesus“! Er ist es, der uns Gottes Liebe ganz nahe bringt und uns aus der Finsternis und dem Bösen rettet! Beides, Finsternis und Böses, werden einmal, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt haben, abgetan sein, nämlich wenn Gott Sein hehrstes Ziel erreicht hat: Gemäß 1Kor 15:28b „alles in allen zu sein!“

Apg 21:16

„Es gingen aber auch einige Jünger aus Cäsarea mit uns und führten uns zu Mnason aus Cypern, einem Jünger aus der Zeit des Anfangs, bei dem wir zu Gast sein sollten.“

Nachdem alle Brüder die innere Entwicklung durchgemacht hatten, nämlich den Willen Gottes nicht nur zu erkennen, sondern auch zu akzeptieren, zogen sie hinauf nach Jerusalem. Dabei schlossen sich, wie wir heute lesen, einige Brüder aus Cäsarea an, sie vervollständigten damit die Repräsentation jener Gläubigen aus den Nationen, welche die Erstlinge der Körpergemeinde darstellten. Ihr besonderer Dienst aber war, eine Unterkunft für die Gruppe zu finden, und hierbei wurden sie zu Mnason geführt, von dem betont wird, dass er ein Gläubiger aus der Zeit des Anfangs war.

Es kommt hier die Frage auf, warum Paulus nicht gleich zu Jakobus, dem maßgeblichen Mann in Jerusalem, ging? Dieser hätte die Gruppe doch auch beherbergen oder zumindest eine Unterkunft besorgen können! Die Ursache lag vielleicht darin, dass Mnason, gleich seinem Landsmann Barnabas, für das Evangelium des Paulus offener war als Jakobus, welcher ja die strenge gesetzestreue Richtung der Judenchristen vertrat, was uns Gal 2:12 zeigt. Mnason wurde somit zum Bindeglied zwischen Paulus und Jakobus.

Wir dürfen auch in den kleinsten und unbedeutsamen Dingen die Führungen und Wege Gottes mit uns sehen, ja: Oft sind es gerade diese scheinbaren unbedeutsamen Kleinigkeiten, die wir aber nur zu oft wenig oder nicht beachten! Horchen wir doch einmal mit hörendem Herzen hinein in unser Leben, schauen auf die Zeit, die hinter uns liegt: Wie oft haben wir Seine Wege entweder nicht verstanden oder nicht beachtet, und doch konnten wir keinen Schritt tun, der nicht durch den Ratschluss Seines Willens bewirkt war! Und Gottes Wirken in unserem Leben hat nur das eine Ziel: Uns gemäß Eph 1:10 zuzubereiten auf jene große Aufgabe: „In der Vervollständigung der Fristen das All in Christus aufzuhaupten, und zwar das in den Himmeln“ (für die Erde ist Israel zuständig)!

Apg 21:17

„Nach unserer Ankunft hießen uns die Brüder hoch erfreut willkommen.“

Wir sehen heute den zweiten Schritt in Jerusalem: Nach der Unterkunft bei Mnason (wo es sicher schon erste Fragen und Antworten gab) kommen die anderen Brüder ins Blickfeld, die Paulus hoch erfreut willkommen hießen!

Wir müssen dazu sagen, dass alle Apostel der Beschneidung, auch Petrus, Jerusalem längst verlassen hatten; Paulus fand also nur noch Jakobus und die Ältesten der Gemeinde (Königreichsgemeinde) vor. Das hoch erfreute Willkommen heißen, darf uns jetzt nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier zwei vollkommen unterschiedliche Grundelemente aufeinander stießen: Gnade und Gesetz! Es ist für uns jetzt hilfreich, wenn wir uns vor der Rede Pauli etwas mit „Jakobus“ beschäftigen, denn er ist ja der Verfasser des gleichnamigen Jakobusbriefes, genauer „Jakobus an die zwölf Stämme“. Dabei sehen wir schon an den Empfängern dieses Briefes, dass Jakobus nie die Körpergemeinde anschreibt, sondern das Volk Israel, die zwölf Stämme. Wer als Glied am Körper Christi also meint, diesen Brief auch auf sich beziehen zu können, hat die Unterschiede zwischen Gesetz und Gnade nicht verstanden, ja er versteht nicht einmal, die deutlich genannten Briefempfänger auseinander zu halten!

Wir deuteten schon gestern an, dass Jakobus die Gesetzeslinie verfolgte und für sie eintrat. So lesen wir dann auch in Jak 2:24 die deutliche Aussage, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein. Genau das Gegenteil schreibt Paulus in Röm 3:28: „Denn wir rechnen damit, dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke“! Beide Elemente, das Gesetz wie auch die Gnade, haben dort ihre Berechtigung, wo sie hingehören: Das Gesetz durch Israel vertreten, muss im irdischen Königreich eine verkommene Menschheit zu Jüngern machen, die Gnade hingegen wird durch uns den überhimmlischen Bewohnern zur Schau gestellt (siehe Eph 2:7).

Paulus in Jerusalem

Apg 21:18

„Am folgenden Tag ging Paulus mit uns zu Jakobus hinein; auch kamen alle Ältesten herzu.“

Unser heutiges Textwort lässt den Raum, uns noch etwas mit den gestrigen Aussagen zu beschäftigen. Wer diese grundlegenden Unterschiede nicht verstanden hat, hat Paulus generell nicht verstanden!

Die Gegenüberstellung von Jak 2:24 und Röm 3:28 zeigt uns den Grund, warum wir von „zwei unterschiedlichen Evangelien“ sprechen. Dabei ist als Erstes zu sagen, dass beide Evangelien von „einem Herrn“ gegeben sind, unserem gemeinsamen Herrn Jesus Christus! Diese Verbundenheit kommt ja wunderbar zum Ausdruck, dass die Brüder um Paulus von jenen um Jakobus hoch erfreut willkommen geheißen wurden.

Wenn wir jetzt aber die Unterschiede dieser zwei Evangelien (dem der Gnade und dem des Gesetzes) hervorheben, dann ist dies kein (!!!) „Zerschneiden“ des Wortes Gottes, wie uns manchmal vorgeworfen wird, sondern vielmehr ein ganz einfaches Einhalten jener Gegebenheiten, die Gottes Wort uns vorgibt: Israel ist für die Erde zuständig und braucht das sichtbare Gesetz, um gemäß Mt 28:19 alle Nationen zu Jüngern zu machen (die Körpergemeinde ist ja zu diesem Zeitpunkt längst entrückt), wir, die Körpergemeinde, sind für die Himmel zuständig, wir werden einmal vor den himmlischen Geschöpfen „Schaugefäße Seiner Gnade“ sein. Und beide Werkzeuge, 1.) das auserwählte Volk Israel und 2.) wir, die Körpergemeinde aus allen Nationen, dienen einem großen Ziel: Das gesamte All in Christus aufzuhaupten, und zwar auf den zwei genannten Ebenen „Himmel und Erde“!

Wer diese einfachen Linien Gottes erkannt hat, für den ergeben sich keine Widersprüche mehr, alles wird wunderbar, klar und verständlich!

Apg 21:19

„Als er sie begrüßt hatte, schilderte er in jeder Einzelheit, was Gott unter den Nationen durch seinen Dienst getan hatte.“

Zuerst noch ein Wort zu Jakobus: Er war keiner der zwölf Apostel, sondern der leibliche Bruder des Herrn. Es war bei der Unterredung auch keiner der berufenen zwölf Apostel zugegen, was bedeutet, dass Jakobus offensichtlich jene Stellung eingenommen hat, die eigentlich den Aposteln, an ihrer Spitze Petrus, zugestanden hätte. Auf Grund seiner leiblichen Verwandtschaft mit Jesus besaß er anscheinend große Autorität, was ihm die Führung der Gemeinde in Jerusalem einbrachte. Er war, wie wir schon gesagt haben, ein Gesetzeseiferer, und wir müssen ihn in der geistlichen Nähe gläubiger Pharisäer sehen, wie es Apg 15:5 beschreibt. Interessant ist, dass ihn Petrus fürchtete, wie wir Gal 2:11-13 entnehmen können! Er wurde zum Heuchler, als Brüder von Jakobus bei ihm eintrafen. Es ist nicht bekannt, wie Jakobus zum Glauben kam, aber es steht fest, dass ihn Paulus anerkannt hatte, ja ihn sogar neben Kephas und Johannes als einen der drei Säulen ansah.

So herzlich der Empfang der Brüder auch war, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich jetzt hautnah „Gesetz und Gnade“ gegenüberstanden, bzw. Königreichsgemeinde und Körpergemeinde Christi Jesu: Auf der einen Seite Paulus mit den mitgereisten Brüdern (die wir als Erstlinge aus der Körpergemeinde bezeichnet haben), auf der anderen Seite Jakobus und die Ältesten der jüdischen Gemeinde in Jerusalem.

Paulus berichtet nun in jeder Einzelheit von seinem Auftrag unter den Nationen und die spannende Frage war: Wie nehmen Jakobus und die Ältesten diese Tatsachen auf? Was ging wohl bei dem Bericht Pauli im Herzen des Jakobus vor sich? Und dies gerade unter dem gestern genannten Aspekt der beiden total entgegenstehenden Aussagen von Röm 3:28 und Jak 2:24?

Apg 21:20

„Als sie das hörten, verherrlichten sie Gott, sagten jedoch zu ihm: <Du schaust, Bruder, wieviel Zehntausende unter den Juden gläubig geworden sind, und sie alle gehören zu den Eiferern für das Gesetz.“

Das Erste, was wir über die Reaktion auf Pauli Bericht hören, ist die Verherrlichung Gottes! Das ist erst einmal ein positives Zeichen, denn sie haben damit das Wirken Gottes anerkannt. Doch dann folgte das „jedoch“, was „Einwände“ bedeutete. Anders ausgedrückt: Gottes Wege – „Ja“! Aber: Wir müssen noch dies und jenes hinzufügen!

Da trifft auch uns alle erst einmal die Frage: Haben wir ein klares „Ja“ zu den Wegen Gottes? Und angesprochen sind hier jene Wege, die unserem menschlichen Empfinden oft widersprechen. Gewiss verherrlichen wir alle unseren Gott und Vater immer wieder auf vielfache Art und Weise, und doch bitten wir Ihn dann im gleichen Atemzug um Hilfe auf jenen Wegen, die wir nicht unbedingt gehen wollen. Es erhebt sich immer wieder die gleiche Frage: Können wir wirklich voll und ganz hinter der Aussage in Eph 1:11 stehen, dass Gott alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt? Wir meinen hier „alles“, auch all unsere Wege!

So gut die erste Reaktion von Seiten Jakobus war, so folgt nun prompt das, was unter keinen Umständen erfolgen sollte: Jakobus und die Ältesten der Königreichsgemeinde versuchen, einen Kompromiss zu finden, das heißt: es wird jetzt versucht, die widersprüchlichen Aussagen auf „einen Nenner“ zu bringen, sie zu vermischen!

Jakobus war nicht imstande, die gehörte Botschaft des Paulus an die Nationen von seiner eigenen Botschaft zu trennen, so war dann auch sein erster Hinweis: Schau auf die Zehntausende, die Eiferer für das Gesetz sind. Mit anderen Worten möchte er damit zu Paulus sagen: „Deine Gnade ist ja recht und gut, aber das Gesetz muss auch seine Berechtigung haben, wie es ja die Zehntausende unter den Juden zeigen, die es einhalten!“

Apg 21:21

„Nun wurde ihnen über dich berichtet, dass du alle Juden unter den Nationen den Abfall von Mose lehrst, nämlich ihre Kinder nicht zu beschneiden, noch nach den überlieferten Sitten zu wandeln.“

Jakobus wird konkret, er nennt das, was über Pauli Lehre berichtet wurde – wir nennen dies heute „Gerüchte“. Damit macht Jakobus eine innere Wende: Zuerst schaute er auf Gott, erkannte Seine Wege und verherrlichte Ihn! Doch dann schaute er nach außen auf die Zehntausende, es war also ein Abgleiten vom „inneren Hören“ auf das „äußere Schauen“. Auch achtet Jakobus nicht auf die Qualität der Lehre Pauli, sondern sieht die große Masse der Zehntausende, die ja wohl deshalb schon Recht haben muss!!!

Letzteres ist durchaus auch eine Gefahr für uns! Wie oft lassen wir uns von Lehren verführen, nur weil diese von „vielen“ Gläubigen vertreten wird? Dabei zeigt der Verlauf der Geschichte, dass es nur zu oft „die Einzelstimmen“ waren, welche die Wahrheit vertraten.

Jakobus und die Juden in Jerusalem hörten also über Paulus dies und jenes, ob es richtig oder falsch war, ob etwas hinzugefügt oder weggenommen wurde, prüfte niemand; auch fand nie eine Untersuchung statt (wenigstens wird uns nichts darüber gesagt). Wir sehen, das anfänglich Positive, nämlich die Verherrlichung Gottes, schlägt ins Negative um.

Und doch dürfen wir den ganzen Ablauf nicht verurteilen, denn auch dies waren ja die Wege Gottes! Wir wissen, dass das erhoffte Königreich noch nicht kommen durfte, das heißt, auch die Königreichsgemeinde musste zurücktreten, und der Körpergemeinde Christi Jesu Raum geben. Menschlich gesehen hat Jakobus, wie wir noch sehen werden, versagt, aus höherer Warte gesehen konnte er gar nicht anders handeln! Es ist heute unser Vorrecht, dies nicht nur zu erkennen, sondern auch mit dem Volk Gottes „mitzufühlen“!

Apg 21:22

„Was ist nun zu tun? Zweifellos dürfte eine Menge zusammenkommen; denn man wird hören, dass du gekommen bist.“

Jetzt wird es ganz deutlich: Die Masse der zu erwartenden Juden beeinflusst Jakobus, der angesprochene Kompromiss wird gesucht: „Was ist zu tun?“

Schauen wir bei dieser Gelegenheit heute einmal hinein in die Körpergemeinde Christi Jesu: Jakobus hat zumindest Unterschiede zwischen seinem Evangelium vom Königreich und dem Evangelium der Gnade, verkündigt durch Paulus, festgestellt! Heute erkennt ein Großteil der Gläubigen diese Unterschiede überhaupt nicht mehr! Sie lesen jeden Tag ihr Losungswort, ohne zu wissen, in welchem Zusammenhang dieses Bibelwort steht. Die Hauptsache, dass es ein „schönes“ (!) Wort ist. Und verblüffend ist, dass ein guter Teil der Gläubigen die Bibel noch nie am Stück gelesen hat! Es muss uns, liebe Geschwister, ein ganz großes Anliegen sein, gerade heute, in diesen letzten Tagen der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade unsere gläubigen Geschwister intensiv dahin zu führen, das Wort Gottes vermehrt „im Zusammenhang“ zu lesen, es richtig zu schneiden, das heißt, zwischen Königreichs- und Körpergemeinde zu unterscheiden. Dabei müssen wir uns klar sein, dass der Widerwirker unsere Mühen massiv behindern wird! Es ist dessen Bestreben, die Gläubigen in einem kindlichen Glaubensstand festzuhalten. Unsere Waffe ist hier das vorbildliche Gebet Pauli in Eph 1:15-21.

In diesem Gebet tritt Paulus dafür ein, dass den Gläubigen der Körpergemeinde geistliche Weisheit und geistliche Enthüllung zur Erkenntnis Seiner Selbst gegeben werde – wir sollen Gott, unseren Vater, mehr und mehr erkennen, Ihn in Seinem Wort suchen und darüber erleuchtet werden, was unser Erwartungsgut ist (im Gegensatz dem von Israel). Und dann wird uns mit herrlichsten Worten die kaum fassbare Größe Gottes vor Augen gestellt, sichtbar gemacht an unserem Herrn und Haupt Christus.

Apg 21:23-24a

„Daher tue das, was wir dir sagen: Es sind vier Männer unter uns, die ein Gelübde auf sich genommen haben. Diese nimm mit dir, lass dich mit ihnen läutern und trage die Kosten für sie, damit sie sich das Haupt kahlscheren lassen.“

Jakobus wird konkret und fordert Paulus auf, sich der angesammelten Menge der Juden zu beugen und vor allen zu beweisen, dass an den Gerüchten nichts wahr sei! Passend war, dass gerade vier Männer anwesend waren die ein Gelübde auf sich genommen hatten. Es dürfte sich bei diesen Männern um „Nasiräer“ gehandelt haben, ihr Gelübde basierte auf den Aussagen in 4Mo 6:9-20.

Was Jakobus von Paulus forderte, war für den Apostel im Grunde unannehmbar! Längst war das Evangelium der Gnade so weit enthüllt, dass sich Paulus keinen jüdischen Ritualen mehr unterwerfen konnte, die Aufgabengebiete zwischen Juden und Nationen waren klar aufgeteilt. Aber es war noch mehr:

Paulus hatte mit großem inneren Schmerz erkannt, dass die Königreichslinie und damit die Erwartung seines Volkes auf ein nahes Königreich für unbestimmte Zeit zurückgestellt wurde und sein Volk immer mehr in die Verstockung kam. Hingegen trat sein Evangelium der Gnade mehr und mehr hervor und wurde immer kräftiger – Paulus musste sich also, ohne überheblich zu sein und ohne es zu wollen, Jakobus gegenüber als der Stärkere fühlen.

Und Jakobus? Dieser forderte ein Opfer und stellte seine Forderungen ohne Rücksicht auf Paulus! Es ging ihm nur darum, die Menge zu beruhigen, es zu keinem Tumult kommen zu lassen. Wird Paulus auf die Forderung eingehen? Wird er sich, unter den gegebenen Umständen, sichtbar vor der Menge, unter das Gesetz des Moses beugen?

Wir spüren, wie brisant die ganze Sache ist und dürfen gespannt sein, was unser Apostel tun wird!

Wir spüren aus den Worten des Jakobus, die Überredungskunst: „Schau her, Paulus, beuge dich meinem Vorschlag und alle anwesenden Juden, voran die Gesetzeseiferer, werden mit dir zufrieden sein!“ Und merkwürdig: Jakobus scheint des Apostels Zögern zu spüren! So fordert er Paulus weiter auf, der Menge zu zeigen, dass er (Paulus) auch die Grundregeln und selbst das Gesetz bewahre und somit nichts Wahres an den Gerüchten ist.

„Grundregeln“ geben vor, wie man sich verhalten muss. Deshalb gibt es in der Welt ebenso Grundregeln wie im Glaubensleben. Ein Lehrer ermahnt in der Schule die Kinder, nur bei „Grün“ die Straße zu überqueren – die Fußgängerampel stellt also eine „Grundregel“ dar. Paulus ermahnt uns an vielen Stellen, die für uns maßgebenden Grundregeln einzuhalten bzw. sie befolgen, z.B. Phil 3:16; im Gegensatz dazu sollen wir den „Grundregeln der Welt“ gestorben sein, wie es. Kol 2:20 beschreibt. Nun hat aber das Evangelium des Königreichs, welches ja Jakobus vertritt, andere Grundregeln als das Evangelium Pauli; den Schnittpunkt nennt Jakobus selber, indem er seine Grundregeln mit dem Gesetz in Verbindung bringt! Jakobus fordert also eindeutig von Paulus, vom Gesetz nicht abzuschweifen.

Wir müssen erkennen, dass Jakobus von Paulus forderte, ein Stück Wahrheit zu opfern, um 1.) den Menschen, die zusammenkommen würden, zu gefallen, und 2.) um einen möglichen Tumult und Aufstand zu vermeiden. Dabei hätte er eigentlich mit samt den Ältesten an der Seite des Paulus stehen müssen. Wir vermissen also bei Jakobus schmerzlich jene Rücksicht auf Paulus und das von ihm vertretene Evangelium an die Nationen!

Wir müssen uns aber auch selber die Frage stellen, ob wir immer für die von uns erkannte Wahrheit eintreten, oder ob uns Menschenfurcht dazu bringt, lieber bestimmte Wahrheiten zu verschweigen?

Apg 21:25

„Was aber die Gläubigen aus den Nationen betrifft, so hatten wir ihnen in einem Brief von unserer Entscheidung geschrieben, sich vom Götzenopfer wie auch vom Blut, von Ersticktem und von Hurerei zu bewahren.“

Wir können Jakobus nicht verübeln, dass er nicht erkennen konnte und wollte, dass das Königreich hinausgeschoben wird, ja dass auch die Königreichsgemeinde immer mehr der Körpergemeinde Christi Platz machen musste. Dazu gehörte auch, dass zwar auf dem uns bekannten Konzil in Jerusalem die in unserem Leitvers genannten Punkte von den Gläubigen aus den Nationen eingehalten werden sollten, dass aber durch den zunehmenden Verlust der Vorherrschaft Israels diese Anordnungen ihre Gültigkeit verlieren würden. Wir müssen sehen, dass die paulinischen Gemeinden von den Anordnungen des damaligen Konzils unter einen gesetzlichen Zwang gestellt wurden. Was aber am Anfang der Verwaltung des Übergangs noch akzeptiert wurde, verlor am Ende dieser Übergangsverwaltung seine Gültigkeit! Mit anderen Worten: Es galt, was Paulus im Brief an die Galater dokumentiert hat: Die Körpergemeinde Christi Jesu ist „frei vom Gesetz“!

Jakobus klammerte sich also an etwas, was immer mehr aufgehoben wurde und er forderte (wahrscheinlich gegen besseres Wissen) von Paulus Dinge, die dieser eigentlich gar nicht einhalten konnte.

Was treibt den Jakobus dazu, ein solch in gewissem Sinn unehrliches Spiel mit Paulus zu treiben? Jakobus und die Ältesten der Gemeinde in Jerusalem hätte eigentlich an der Seite des Paulus gegen die Volksmenge stehen müssen, haben sie doch noch kurz zuvor Gott darüber verherrlicht, was Er durch Paulus unter den Nationen getan hat, und sagten: „Des Herrn Wille geschehe!“

Wir sehen, liebe Geschwister, wie sich die ganze Lage hier in Jerusalem kompliziert und zuspitzt.

Tumult der Juden und Gefangennahme des Paulus

Apg 21:26

„Paulus nahm dann am nächsten Tag die Männer mit sich, läuterte sich mit ihnen und ging in die Weihestätte hinein, um die völlige Erfüllung der Tage der Läuterung kundzumachen, bis nämlich die Darbringung für einen jeden von ihnen dargebracht wäre.“

Paulus beugt sich dem Druck von Seiten des Jakobus und der Ältesten und tut etwas, was nicht nur seine mitreisenden Brüder zutiefst erschrecken musste, sondern auch uns irritiert! Wir müssen hier sogar sagen: Auf den ersten Blick hat Paulus menschlich gesehen versagt!

Aber nehmen wir uns die Mühe zu einem „zweiten“ Blick und stellen uns zuerst die Frage: Hätte Paulus überhaupt anders handeln können? Stand er nicht in ganz besonderer Weise unter der Führung seines Herrn? Und galt zuletzt nicht auch für all sein Handeln, dass Gott alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt?

Wenn wir alle obigen Fragen bewegen, kommt eigentlich nur ein Ergebnis in Betracht: Paulus musste so handeln! Wir müssen also einen Grund dafür finden: Lesen wir zuerst einmal Röm 15:1-2; wir betonten bereits vor Tagen, dass sich Paulus gegenüber Jakobus durchaus in einer bedeutend stärkeren Position befand. Jakobus war mit seiner Königreichsgemeinde im Abnehmen, Paulus hingegen war beauftragt, die neue Körpergemeinde aufzubauen. Gemäß Röm 15:1-2 musste Paulus selber erst einmal zum Vorbild werden und vorleben, a) wie die Kraftvollen die Kraftlosen tragen, und b) darauf zu achten, dem Nächsten zu gefallen, ihm Gutes zu seiner Auferbauung zu tun. Eine Antwort wäre folglich: Der kraftvolle Paulus trägt den schwächelnden Jakobus!

Die „Kraft“, von der wir oben sprachen, bezieht sich aber nicht auf den Körper (in diesem war Paulus ja mehr als schwach), sondern auf das Evangelium! Des Jakobus Evangelium vom Königreich ging immer weiter zurück, Pauli Evangelium nahm zu – dies war die Kraft, die wir ansprachen!

Vielleicht sind wir mit der gestrigen Betrachtung zu Pauli Verhalten noch nicht ganz zufrieden – gehen wir also noch einen Schritt weiter:

Paulus erhielt von Jakobus keinerlei Rückendeckung oder Rücksichtnahme; sollte er genauso wenig Rücksichtnahme auf Jakobus nehmen und vor der erwarteten Menschenmenge die völlige Freiheit der Nationen vom Gesetz hochhalten? Paulus musste auch hier den Weg der Demütigung gehen, ohne sich zur Wehr zu setzen! Jene Apostel in Jerusalem, die eigenhändig den Nationen unter Paulus das Recht zugestanden hatten mit ganz wenig Ausnahmen frei vom Gesetz zu sein, forderten jetzt von dem Apostel der Nationen und vor den Augen der mitreisenden Brüder, dass er sich demonstrativ dem jüdischen Gesetz unterordnet! Und Paulus tat es aus Liebe, nicht aus Überzeugung! Vielleicht dachte Paulus auch an die Worte in 2Kor 12:9, wo der Herr ihm versicherte: „… denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht“! Hat sich diese Aussage auch in diesem Fall bewahrheitet?

Bedenken wir noch einmal: Da, wo Paulus Anerkennung und Dank von Seiten des Jakobus hätte dargebracht werden müssen, wo die Leiter der Königreichsgemeinde den Mut hätten aufbringen müssen, für Paulus gegen die Menge zu stehen, wo sie sich zu ihrer eigenen Anerkennung gegenüber den Nationen hätten öffentlich bekennen sollen, ließen sie Paulus den unteren Weg der Demütigung gehen – und Paulus ging ihn ohne Bitterkeit und Widerstreben! Und Gottes Kraft, die in Schwachheit vollkommen gemacht wird, zeigte sich darin, dass zehn Jahre später von der Gemeinde in Jerusalem nur noch ein kläglicher Rest vorhanden war, auf der anderen Seite blühten die die Gemeinden aus den Nationen, zu denen auch wir gehören, immer weiter auf. Ist das kein wunderbarer Sieg der Kraft Gottes?

Paulus tat also das schwer Fassbare, er unterzog sich den Vorschriften der levitischen Reinigung, dazu kamen noch die nicht unbeträchtlichen Kosten für die anderen vier Männer. Wir müssen aber sehen, dass Paulus nicht selber zum Nasiräer wurde, denn dann hätte er auch für sich selbst opfern müssen, was unser Leitvers nicht aussagt! Dies wäre dann auch in der Tat eine Verleugnung seines Evangeliums gewesen!

Wir möchten aber noch einen weiteren Gesichtspunkt anführen: In Gal 2:3-5 sehen wir einen anders handelnden Apostel! Nicht einmal für eine Stunde war er bereit, nachzugeben, „damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch fortbestehe“. Warum nicht so vor Jakobus?

Wir müssen sehen, dass es in Gal 2 um die Gefährdung der Freiheit in Christus ging; die Glieder der Körpergemeinde sollten wieder unter das Gesetz versklavt werden. So aber war es hier vor Jakobus nicht! Es handelte sich um „die Schwäche der Menschenfurcht“ gegenüber gesetzlich ausgerichteten Juden! Und „Nachgeben“ kann hier durchaus ein Liebesdienst dem Schwächeren gegenüber sein.

Greifen wir an dieser Stelle einmal etwas vor: Was hat Paulus, was hat Jakobus erreicht? Paulus wollte mit den mitreisenden Brüdern in Jerusalem zum Pfingsttag die Erstlinge der Körpergemeinde vorstellen und erreichte scheinbar das Gegenteil – für Paulus wurde es ein Opfergang! Doch seine Gemeinden blühten auf! Und Jakobus? Es war mit Sicherheit nicht seine Absicht, Paulus in Not und Bedrängnis zu bringen, sondern er wollte vielmehr sein Volk Israel in der Königreichslinie voranbringen! Sein Brief „Jakobus an die zwölf Stämme“ untermauert dies. Und doch traten die Königreichsgemeinden mehr und mehr zurück.

Apg 21:27

„Als der Abschluss der sieben Tage bevorstand, schauten ihn die Juden aus der Provinz Asien in der Weihestätte und brachten die gesamte Volksmenge in Verwirrung.“

Wir stellten gestern fest, dass die ganze Sache für Paulus zum Opfergang wurde; anstatt die Erstlinge der Körpergemeinde in Jerusalem vorzustellen, sah er sich innerlich gedrungen, der Bitte von Jakobus nachzugeben. Doch was wir vorschnell als „Versagen“ bezeichnen, war im Grunde die Einleitung zu einer neuen Offenbarungsstufe: War es in 2Kor 12:7 ff nur „ein Splitter im Fleisch“, der Paulus störte, so kamen jetzt Bande und Drangsal mit möglicher Todesfolge auf ihn zu! Und auch hier galt: „…denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht“! Von Stadt zu Stadt hatte der Geist Paulus angekündigt, was ihn erwartet und so konnte er schließlich sagen, dass er bereit war, sich nicht nur binden zu lassen, sondern auch für den Namen des Herrn Jesus zu sterben (Vers 13).

Es ist für uns, denen es heute überwiegend so gut geht, schwer zu akzeptieren und zu erfassen, was Drangsal und Leiden, ja auch der Märtyrertod, für den Sieg des paulinischen Evangeliums bedeuten! Je mehr uns aber klar wird, dass es auf einem geradlinigen Weg des zunehmenden Erfolgs nicht vorwärts geht, sondern auf dem Weg des Zerbruchs, der bis hin zum „Sterben für den Namen des Herrn Jesus“ gehen kann, je mehr wird uns der Weg Pauli verständlich. Und verständlich wird uns dann auch, was wir in Phil 1:29 lesen!

Der „Abschluss der sieben Tage“ hat nichts mit dem Abschluss der Reinigung zu tun (in 4Mo 6. finden wir keine gesetzliche Forderung von sieben Tagen), vielmehr müssen wir hier das Pfingstfest sehen, an dem eine Zeit von sieben Wochen von Passah an erfüllt war. Es handelt sich folglich um sieben Sabbattage, die am Pfingstsabbat ihren Abschluss erreicht haben. Für Israel bedeutete dieser Abschluss (als sich der Tag der Pfingsten erfüllte) Zeichen und Wunder, wie wir in Apg 2:1 sahen, für die Körpergemeinde bedeutete der Abschluss einen ganz neuen Weg: „Zerbruch“!

Apg 21:28

„Sie legten die Hände an ihn und schrien: Männer, Israeliten, helft! Dies ist der Mann, der überall und vor allen Menschen gegen das Volk, das Gesetz und diese heilige Stätte lehrt. Dazu hat er auch noch Griechen in die Weihestätte geführt und so diese heilige Stätte gemein gemacht.“

Wir möchten zuerst dem Gestrigen noch einen Absatz anfügen, sozusagen ein „Resümee“: Mit „dem Abschluss der sieben Tage“ in Jerusalem trat eine beachtenswerte Wende ein: Die Zeit der prophetischen Zeichen und Wunder auf dem Boden Israels war endgültig abgeschlossen, ein neues „zeichenloses“ Pfingsten auf dem Boden der Nationen war angebrochen. Um hier jeglichem Missverständnis vorzubeugen: Die Körpergemeinde hat mit dem jüdischen Pfingstfest nichts zu tun!

Zu den Versen 26 und 27: Es muss uns auffallen, dass Lukas als Verfasser der Apostelgeschichte kein Wort darüber schreibt, wie sich die gläubige Königreichsgemeinde um Jakobus jetzt verhält. Wo sind ihre Stimmen „für“ Paulus? Wo sind jene Stimmen, die in Vers 20 noch Gott verherrlichten? Wie innig hatte sich Paulus wohl nach seiner Rede ihr Verständnis für sein Evangelium erhofft – und nun völliges Schweigen!

Die Einzigen, die laut wurden, waren jene jüdischen Aufwiegler, denen wir schon so oft begegnet sind. Und wie sehr ähnelt hier alles jenem, wie wir es bei Stephanus schon lasen (Apg 6:12-14). Hass macht blind, dies tritt hier deutlich zutage. Bedenken wir: Derjenige, der gerade eine große Kollekte für sein Volk überbracht hatte, wird nun zum Volksfeind abgestempelt! Derjenige, der aus „Liebe zum Schwächeren“ große Kosten für die Opfer der Nasiräer übernommen hatte, wird jetzt angeklagt, die Weihestätte zu verunreinigen und ein Verächter des Gesetzes zu sein! Hass macht also nicht nur blind, sondern, was viel schlimmer ist, „stellt die Tatsachen auf den Kopf!“

Apg 21:29

„Sie hatten nämlich vorher den Epheser Trophimus mit ihm in der Stadt gesehen und meinten, dass Paulus ihn in die Weihestätte geführt habe.“

Bevor wir weiter auf unseren laufenden Text eingehen, ist es uns ein ganz großes Anliegen, eine Grundsatzfrage zu klären: Ist es möglich, dass sich Paulus falsch verhalten konnte? Und ist es möglich, dass dann dieses Fehlverhalten auch noch in unserer Bibel, also dem geschriebenen Wort Gottes, niedergeschrieben ist? Wir stellen diese Fragen ganz bewusst, weil manche Ausleger der Ansicht sind, Paulus habe sich gegenüber Jakobus falsch verhalten, ja, es sei eine der seltenen Inkonsequenzen in seinem Verhalten gewesen! Wir haben mit unserer Auslegung versucht aufzuweisen, dass es keine Inkonsequenzen im Leben Pauli gab, sondern dass er voll unter der Führung seines Herrn stand, und dies von Anfang an. Auch das, was uns zuerst einmal falsch vorkommt, was uns als menschliches Fehlverhalten erscheint, musste dem Apostel Paulus zum Guten zusammenwirken, so wie er es eigenhändig in Röm 8:28 niederschreiben musste! Können wir dieses Wort aus dem Römerbrief glauben? Können wir erfassen, dass uns, die wir Gott lieben und die wir nach Seinem Vorsatz berufen sind, wirklich alles zum Guten zusammenwirkt?

Zurück nach Jerusalem: Es war eine zahlenmäßig wahrscheinlich geringe Zahl an Juden aus der Provinz Asien, die auch in Jerusalem waren und vielleicht sogar die beiden mitreisenden Brüder Tychikus und Trophimus kannten; von beiden lasen wir ja in Apg 20:5, dass sie von der Provinz Asien waren. Diese Juden nun, die sich schon zuvor über die Lehre Pauli erregt hatten, hatten nun erneut Gelegenheit, gegen Paulus vorzugehen. Und Hass macht blind, was dazu führte, dass einfach Dinge konstruiert wurden, die nicht den Gegebenheiten entsprachen.

Zur Eifersucht sollten die Juden gereizt werden, doch das Zeugnis des Apostels Paulus wurde hasserfüllt abgelehnt; anstatt einer göttlichen Eifersucht trat eine boshafte Eifersucht zutage!

Apg 21:30

„So war die ganze Stadt in Bewegung, und es entstand ein Volksauflauf. Man ergriff Paulus und zerrte ihn aus der Weihestätte hinaus, wo sofort die Türen verschlossen wurden.“

Zwei Punkte bewegen uns bei obigem Leitvers: Einmal die Tatsache, wie schnell ein Volksauflauf entstehen kann, wie schnell auch heute noch ein gläubiger Mensch auf Grund verdrehter oder einseitiger Beschuldigungen verurteilt wird; zum andern erleben wir etwas, was wenig beachtet wird: Die Türen der Weihestätte wurden verschlossen!

Zum ersten Punkt könnten manche unter uns wahrscheinlich einiges aus ihrem Erleben berichten! Wer in einer Gemeinde ist und sich den dort vorhandenen Glaubenserkenntnissen nicht unterordnet, kann solch einen Hass erfahren, wie er oft nicht einmal unter Ungläubigen zu finden ist! Ich selbst, der Verfasser dieser Zeilen, wurde von einem Gläubigen buchstäblich verflucht, weil ich weiterhin für die Wahrheit der Allaussöhnung eintrat. Wir müssen aber lernen, diesen Hass zu ertragen, weil es im Grund der Hass des Fürsten dieses Äons ist, der sein Werk verrichtet!

Interessant sind für uns auch durchaus „die verschlossenen Türen“, sie haben einen hohen symbolischen Wert: Es wird unter den Gläubigen viel über Pfingsten geredet, und alle meinen jenes Pfingsten von Apg 2:1 ff – nennen wir es einmal das „erste“ Pfingsten. Es waren jene Tage, wo das Königreichsevangelium zum ersten Mal in Jerusalem verkündigt wurde. Doch es gab auch ein „letztes“ Pfingsten, über welches wir kaum etwas hören: Es kam, als sich die gesetzesgläubigen Juden in Jerusalem mit der Masse des jüdischen Volkes gegen Paulus verbündeten, um seinen Tod herbeizuführen! Paulus wurde aus der Weihestätte hinausgezerrt, und: Die Türen wurden verschlossen! All die geistlichen Gaben, die Paulus auch seinem Volk bringen wollte, wurden hasserfüllt abgelehnt – das „letzte“ Pfingsten enthüllte die Abtrünnigkeit Israels, die Türen schlossen sich!

Vielleicht sollten wir uns noch einen Tag lang mit dem gestern bezeichneten „letzten“ Pfingsten beschäftigen, weil dieser Begriff für die meisten von uns völlig unbekannt ist:

Für die Königreichsgemeinde war jenes Pfingsten, wie wir es in Apg 2. nacherlebt haben, die Erfüllung von Joe 3:1-5 - doch es war nur „ein Anbruch“, das heißt, das verheißene Königreich hätte theoretisch anbrechen können, wenn Israel seinen Messias erkannt und angenommen hätte. Doch zwischen dem Anbruch und der Erfüllung hat Gott etwas hineingelegt, was bis Paulus ein absolutes Geheimnis war: „Die Körpergemeinde Christi Jesu“! Und da diese Körpergemeinde nach Gottes Wort ein Geheimnis war (siehe unsere Schrift „Geheimnisse Gottes“), kann diese Körpergemeinde auch nirgendwo anders als bei Paulus gefunden werden! Wer dies nicht erkannt hat, geht automatisch in die Irre eines Mischevangeliums!

Dieses „letzte“ Pfingsten (was kein biblischer Begriff ist) hat mit Israel und dem Königreich nichts zu tun, die Merkmale wie prophetische Geistesgaben in Verbindung mit Zeichen und Wunder waren zurückgestellt. Dafür enthüllte sich Gottes Kraft auf ganz andere Art und Weise, nämlich so, wie es in 2Kor 12:9 zu lesen ist! Das Merkmal des letzten Pfingsten ist also der Zerbruchsweg! Vielleicht können wir jetzt verstehen, warum Paulus sich so sehr beeilte, rechtzeitig zum Pfingsttag in Jerusalem zu sein (Apg 20:16)! Hier trat eine Wende ein: Die Türen gingen zu, und dies genau zu dem Zeitpunkt, als die sieben Tage (Vers 27) im Begriff waren, zum Abschluss zu kommen. Das Besondere war: Paulus selbst konnte bei der Läuterung in der Weihestätte gar nicht mehr für sich selbst opfern, denn er wurde davor, wie unser Leitvers sagt, ergriffen! Das bedeutet für uns: Opfer sollen ab hier, diesem letzten Pfingsten, nicht mehr dargebracht werden! Das Opfer hing am Kreuz!

Apg 21:31

„Als man ihn zu töten suchte, kam zu dem Obersten der Truppe die Meldung hinauf, dass ganz Jerusalem in Verwirrung sei.“

„Das Opfer hing am Kreuz“ – so haben wir gestern abgeschlossen; doch Er hing nicht nur am Kreuz, sondern gab dort unter unsagbaren Qualen Sein Leben dahin - für uns! Nun haben wir schon wiederholt Phil. 1:29 zitiert, wo Paulus von der zweiten Gnade schreibt, nicht nur „an Ihn“ zu glauben, sondern auch „für Ihn“ zu leiden, und dazu gehört zweifellos auch notfalls der Tod!

Wir leben heute, zumindest in weiten Teilen Europas, in einer Zeit, wo Wohlstand und Wohlergehen selbstverständlich geworden sind. Aber haben wir uns jemals, liebe Geschwister, mit der Geschichte der Christenheit beschäftigt? Haben wir uns überhaupt einmal dafür interessiert, wie viele Gläubige seit Paulus ihr Leben für ihren Herrn gegeben haben? Dazu kommt noch die heute kaum mehr vorstellbare Grausamkeit, unter der ihnen das Leben genommen wurde! Es ist zutiefst erschütternd, wenn man entsprechende Berichte darüber liest!

Der Philipperbrief, aus dem wir oben zitiert haben, beinhaltet zum großen Teil „unseren Wandel“! Im Anschluss an Phil 1:29 schreibt der Apostel: „… indem ihr denselben Ringskampf habt, derart wie ihr ihn an mir gewahrt und nun von mir hört.“ Zu Pauli Ringkampf, nämlich einen würdigen Wandel zu führen, gehörte auch die Bereitschaft, für den Namen des Herrn zu sterben (Apg 21:13). Diese Bereitschaft setzt aber voraus, dass wir unser diesseitiges Leben auf der Erde nicht als das Wichtigste einschätzen, sondern vielmehr lernen zu erkennen, dass unser wahres Leben ja erst kommt!!! Dorthin sollen unsere Sinne gehen (Kol 3:1-4).

Der Widerwirker versucht nun, uns so schnell wie möglich zu vertilgen, so wie es die Menge in Jerusalem bei Paulus versuchte – doch nicht der Widerwirker bestimmt den Zeitpunkt des Todes, sondern Gott allein! Und dies nicht nur bei Paulus, sondern auch bei uns!

Apg 21:32

„Dieser nahm unverzüglich Krieger und Hauptleute mit sich und lief zu ihnen hinab. Als sie den Oberst und die Krieger gewahrten, hörten sie auf, Paulus zu schlagen.“

Wir wollen uns heute zuerst noch einmal vergegenwärtigen, dass alle Geschehnisse in Jerusalem vor den Augen der sieben mitreisenden Brüder geschahen – sie erlebten hautnah mit, wie ihr geliebter Bruder, ihr Lehrer und Apostel, zuerst gedemütigt und von der Königreichsgemeinde im Stich gelassen wurde, wie man ihn aus der Weihestätte zerrte und wie die Menge der versammelten Juden über ihn herfiel und in blindem Hass auf ihn einschlug – das war eine harte Lektion für die Glieder der ja noch ganz jungen Körpergemeinde Christi Jesu!

Doch, wie wir gestern sahen, blieb es bei dem Versuch, Paulus zu töten – noch war der von Gott bestimmte Zeitpunkt nicht gekommen. Er, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, bestimmt allein, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist! Dieses Wissen darf auch uns in gewissen Lagen und Situationen immer wieder tiefen inneren Frieden geben!

Und wieder sehen wir in unserem Leitvers, dass es die weltliche Obrigkeit ist, die Paulus aus den Händen der Juden rettet und ihn vor der möglichen Lynchjustiz bewahrt. Es ist jene Obrigkeit, der wir uns gemäß Röm 13:1 ff unterordnen sollen, weil es keine Obrigkeit gibt außer von Gott. Gemäß Röm 13:4b ist sie unter anderem „Gottes Dienerin“, das bedeutet, sie führt zielgenau den Willen Gottes aus. Und der Wille Gottes war, dass Paulus nicht in Jerusalem gesteinigt (das war das Ziel der Juden), sondern nach Rom geführt wurde. Und dort, in der Einsamkeit und Stille der Gefangenschaft, konnte Paulus dann jene Briefe verfassen, die das Wort Gottes auf sein Vollmaß brachte, so wie es in 1Kor 13:10 mit „Reife“ angekündigt wurde und in Eph 4:13-14 beschrieben ist.

Apg 21:33-34

„Dann näherte sich der Oberst, ließ ihn ergreifen und befahl, ihn mit zwei Ketten zu binden. Darauf erkundigte er sich, wer er sei und was er getan habe. Einige aus der Volksmenge riefen ihm dies zu, andere etwas anderes. Da er wegen des Tumults nichts Gewisses erfahren konnte, befahl er, ihn in die Burg zu führen.“

Um Pauli Glieder schlossen sich zwei Ketten – es war der Anfang der Verheißung: „Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.“

Die Ketten müssen wir uns wohl so vorstellen: Sie hingen an seinem Arm und Fuß und waren zugleich mit dem diensttuenden Soldaten fest verbunden. Sie waren fortan seine ständigen Anhängsel und Paulus dürfte unter diesen Ketten sehr gelitten haben, denn allzu oft erwähnt er sie.

Was uns aber hier wichtig werden muss: Mit diesen Ketten beginnt der schwerste und letzte Abschnitt im Leben des Apostels! Der Freiheit beraubt, also in vollkommener Schwachheit, erfüllt Gott Seine Zusage: „Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht!“

Die Schwachheit, die bei Paulus „die Ketten“ und damit der Verlust seiner Freiheit war, hat bei uns heute, da es diese Ketten in unserem Land nicht mehr gibt, ein anderes Gesicht. So können körperliche Gebrechen, Verleumdung durch gläubige Geschwister, Druck von der Gemeinde, in welcher wir integriert sind, und vielem Ähnlichen unsere Schwachheit markieren! Wehren wir uns dagegen? Versuchen wir, sie abzuschütteln? Wie auch immer, auch wir dürfen in unserer von Gott bestimmten Schwachheit erfahren, wie darin Gottes Kraft vollkommen gemacht wird, indem wir uns von Ihm trösten lassen. Und dieser Trost kann derart sein, dass unsere Sehnsucht nach Seinem Kommen wächst, ja dass wir förmlich Sein Erscheinen lieb haben, wie wir dies in 2Tim 4:5-8 lesen.

Apg 21:35-36

„Als er sich auf den Stufen befand, ereignete es sich, dass er wegen der Gewalt der nachdrängenden Volksmenge von den Kriegern getragen werden musste; denn eine Menge Volks folgte ihnen und schrie: Hinweg mit ihm!“

Es muss für Jakobus deprimierend gewesen sein, als gerade jenes eintraf, was er doch mit allen Mitteln verhindern wollte, auch mit dem Mittel, seinen Bruder Paulus zu etwas zu überreden, was dieser im Grunde nie getan hätte. Jetzt erlebte er, dass alles vergeblich gewesen war, und wir lernen daraus, dass Gott Sich nicht aufhalten lässt, Seine Wege zu gehen! Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass Jakobus und zumindest die Ältesten in heißen Gebeten ihren Herrn anflehten, das Unheil abzuwenden – haben ihre Gebete etwas bewirkt?

Die gleiche Frage stellen sicher auch immer wieder viele von uns! Und doch ist die Antwort so einfach, wir finden sie in Röm 8:26-27: Jakobus wusste wirklich nicht, „was sein muss“, wie die Wege Gottes verlaufen – er bat folglich um all das, was aus menschlicher Sicht gut war. Auch wir, liebe Geschwister, wissen nur zu oft nicht, „was sein muss“, weil auch unser Wünschen und Denken noch stark an die Erde gebunden ist! Doch wo unser Wissen um die Wege Gottes mit uns versagt, darf unser Glaube umso stärker werden, nämlich der Glaube daran, dass Gott denen, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt (Röm 8:28). Und dieser Glaube muss in uns immer fester werden, so dass uns auch große Ereignisse nicht mehr aus der Bahn werfen können!

Paulus steht auf den Stufen hinauf zur Burg Antonia und er befand sich damit praktisch auf römischem Boden, das heißt: In Sicherheit! Und auf diesem Boden hörte er das Geschrei einer johlenden Menge: „Hinweg mit ihm!“ Und auch wir hören den ähnlichen Ruf nur zu oft: „Du mit deinem Paulus!“ Und ich selbst (der Verfasser) musste aus meiner eigenen Gemeinschaft hören: „Wir können deinen Paulus nicht mehr hören!“ Merkwürdig: Gerade jener Apostel, der uns das Wichtigste zu sagen hat, soll weg, will nicht gehört werden!!!

Apg 21:37-38

„Doch Paulus, im Begriff, sich in die Burg hineinführen zu lassen, fragte den Oberst: Ist es mit erlaubt, etwas zu dir zu sagen? Dieser entgegnete: Du kannst Griechisch? Demnach bist du nicht der Ägypter, der vor diesen Tagen die viertausend Mann der Dolchmänner aufgewiegelt und in die Wildnis hinausgeführt hat?“

Zwei Punkte kristallisieren sich heraus. Zum einen Pauli Absicht, zu der aufgewühlten Menge zu reden, und zum anderen die Tatsache, dass die Römer ihn offensichtlich unter einer falschen Annahme gefangen nahmen. Sie waren überzeugt, einen ägyptischen Aufrührer gefasst zu haben, der kurz zuvor einen Aufstand gegen die Römer angezettelt hatte. Somit war das Erstaunen des Oberst erklärbar, als er Paulus „Griechisch“ reden hörte (dem ägyptischen Terroristen traute er eine Fremdsprache nicht zu).

Auch hier, bei diesen verschiedenen Begebenheiten, können wir fragen: War dies alles Zufall? Es ist zumindest fraglich, ob die Römer in den Volksauflauf eingegriffen hätten, wenn dies eine rein jüdische Angelegenheit gewesen wäre. Solange ihre Herrschaft nicht bedroht gewesen wäre, wohl kaum! Es musste also ein gewichtiger Grund vorliegen, dass die Römer eingriffen und Paulus fassten. Und es war ja Gottes Weg, dass Paulus gefangen genommen wurde und schließlich nach Rom kam.

Es gibt bei Gott keinen Zufall! Es gibt auch keine umständlichen Wege, alles hat einen zielgenauen Lauf – nur erkennen wir dies zumeist nicht. Zu Jesaja sprach einst Ieue: „Denn Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht Meine Wege … Denn wie die Himmel erhabener sind als die Erde, so sind Meine Wege erhabener als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken.“ (Jes 55:8-9). Alles, was sich ereignet und „wie“ es sich ereignet, sind „Wege Gottes“ – es gibt keinen Zufall, auch nicht den geringsten! Damit werden auch Nebensächlichkeiten, wie wir sie heute in unserem Leitvers lesen, nachdenkenswert!

Apg 21:39

„Paulus antwortete: Nein, ich bin ein jüdischer Mann aus Tarsus, Bürger einer nicht unbedeutenden Stadt Ciliciens. Ich flehe dich daher an, gestatte mir, zu dem Volk zu sprechen!“

Die Nebensächlichkeit, von der wir gestern abschließend sprachen, war die Tatsache, dass kurz zuvor ägyptische Aufrührer einen Aufstand gegen die Römer angezettelt hatten - und nur auf der vermeintlichen Annahme des Oberst, Paulus sei der Anführer dieser Ägypter, wurde der Apostel abgeführt; ja, liebe Geschwister, solche (für unsere Augen umständlichen )Wege geht Gott!

Paulus klärt den wohl ziemlich verblüfften römischen Oberst darüber auf, dass er in keinem Fall jener zuerst vermutete Ägypter sei, sondern ein gebildeter Jude aus Tarsus. Machen wir hier einen kleinen Abstecher in Pauli zurückliegendes Leben, es kann durchaus interessant sein: Er entstammte einer geachteten Familie von Pharisäern, die zugleich römisches Bürgerrecht hatte, was eine hoch geachtete Würde in jener Provinz war. Schon als Kind wurde er im jüdischen Gesetz unterwiesen. Da er sich als klug erwies, wurde er als Jüngling zum Studium nach Jerusalem geschickt, wo sogar der bedeutende Gamaliel sein weiser Lehrer war. Der junge Student vertiefte sich auch in die hellenistische Wissenschaft, woher seine entsprechenden Sprachkenntnisse kamen. Sein Ziel war, das Gesetz zu erfüllen und so den Titel eines Gerechten zu erlangen. So können wir im Nachhinein durchaus verstehen, wenn aus dem jungen Saulus ein brutaler Verfolger der Christen wurde (Stephanus gehörte ja auch zu seinen Opfern); er tat es in dem Glauben, Gott damit zu dienen und Ihm wohl zu gefallen!

Wir führen diese kurze Lebensbeschreibung hier an, weil der römische Oberst offensichtlich von Paulus beeindruckt war. Und Paulus bat nun, zu dem aufgewühlten Volk sprechen zu dürfen! Doch dies sicher nicht, um sich zu rechtfertigen, sondern um ein letztes Mal zu seinem Volk zu sprechen, es vor der endgültig drohenden Abtrünnigkeit zu bewahren.

Apg 21:40

„Als er es gestattete, winkte Paulus, auf den Stufen stehend, dem Volk mit der Hand zu. Nachdem weithin Schweigen eingetreten war, rief er ihnen in hebräischer Mundart zu:“

Stellen wir uns die geschichtlichen Begebenheiten einmal so weit wie möglich vor unsere inneren Augen: Eine aufgehetzte und aufgewühlte Menge will Paulus töten, weil er angeblich die Weihestätte in Jerusalem verunreinigt (gemein gemacht) hat und überall gegen das Volk, das Gesetz und diese heilige Stätte lehren würde. Der römische Oberst kann gerade noch eingreifen, wobei das Volk vor den Kriegern zurückwich. Die Krieger legten Paulus zwei Ketten an und führten ihn hinauf zur Burg Antonia, wobei die johlende Menge ihnen folgte, und dies sogar bis zu den Treppenstufen, die im Grunde bereits römisches Hoheitsgebiet waren. Dabei wurde die Menge so aufdringlich, dass man Paulus tragen musste, das heißt, das Volk versuchte, Paulus erneut in seine Gewalt zu bekommen, sogar aus den Armen der römischen Krieger! Was muss das für eine furchtbare Situation für Paulus gewesen sein. Und das Schlimme war wohl für ihn, dass sich keine einzige Stimme für ihn erhob, kein einziger Arm sich ausstreckte, um ihm zu helfen! Auch nicht die Pfingstgläubigen in Jerusalem!

Und in dieser brodelnden Menge an Menschen, die ständig versuchten, mit Gewalt Paulus an sich zu reißen, bat Paulus, sprechen zu dürfen! War das in diesem Lärm überhaupt möglich? Wir lesen, dass Paulus auf die Stufen gestellt wurde und mit der Hand winkte! Und das Seltsame geschah: Es verbreitete sich „Schweigen“!

Es ist aus menschlicher Sicht kaum möglich, dass eine derart aufgehetzte Menge plötzlich ruhig wurde, hier wirkte eine höhere Macht, „Gott“! Und Gott demonstrierte vor aller Welt, dass Jesus von der Masse des Volkes nicht angenommen wurde. Noch einmal ließ er Seinen Apostel die Stimme erheben, gab ihm auch das nötige „Schweigen“ unter der Volksmenge, und Paulus nutzt diese letzte Gelegenheit aus!

Lies weiter:
22. Die Apostelgeschichte Kapitel 22