Phase der Erwartung

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)
In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

Weitere Bücher unter: Abschriften

Kapitel davor:
III. Die Apostelgeschichte

1. Phase der Erwartung

begründet auf Jahwes Verheißungen

Wie die Bekräftigung derer, "die es gehört haben," auf den Worten des Herrn beruhte, und Gottes Zeugnis für ihre Bestätigung auf dem Wirken des Heiligen Geistes, so war der Zustand der Erwartung, der diese Phase der Apostelgeschichte kennzeichnet, auf Jahwes Worte gegründet. Um die zu sehen, brauchen wir nur bis zu Maleachi, dem letzten Propheten des Alten Testaments, zurückzublättern.

Das Alte Testament endet mit der schwerwiegenden Anklage wegen der moralischen Verfassung Israels; eine Anklage, die dem Volk Heuchelei, Abtrünnigkeit und Missachtung der Gebote Gottes vorwirft. Das Volk hatte die Dreistigkeit, diese Anklagen jeweils als unberechtigt zurückzuweisen. Dieser Zustand machte das künftige Gericht unausweichlich. Die eigentliche Überschrift über die Prophetie Maleachis ist kennzeichnend, aufschlussreich und sehr ernst: "Dies ist die Last, die der Herr ankündigt für Israel durch Maleachi" (Mal 1:1). Sie weist auf die Krise, die das Volk erreicht hatte.

Maleachis Prophetie lässt sich nur verstehen, wenn man sie im Licht vom "Tag seines Kommens" betrachtet. In den abschließenden Worten ist die Erklärung enthalten, die sie mit dem Beginn der Geschichte des Neuen Testaments verknüpft: "Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe der große und schreckliche Tag des Herrn kommt" (Mal 3:23).

Die heilsgeschichtliche Phase des Neuen Testaments wird mit der Erfüllung dieser Verheißung Jahwes eingeleitet, die in der Person Johannes des Täufers gegeben ist. Johannes kam mit dem Auftrag, das Volk zur Buße zu rufen. Der Grund war, dass das Himmelreich, der Gegenstand der Prophetie des Alten Testaments, nahe gekommen war.

Der "Engel des Bundes" (Mal 3:1) erklärt selbst von Johannes: "... wenn ihr's annehmen wollt: er ist Elia, der da kommen soll" (Mt 11:14).

Das bestimmt die Reichweite der Geschichte des Evangeliums.

Das Ziel des Engels des Bundes war nicht die "Gründung einer Gemeinde," sondern "der Tag seines Kommens." An diesem Tag sollte der gläubige Überrest gerettet und das abtrünnige Volk gerichtet werden. An diesem Tag sollte Gold und Silber geläutert und die Schlacke weggetan werden (Mal 3:3); das "Eigentum" sollte gesammelt (Mal 3:17) und das Stroh verbrannt werden (Mal 3:19). An diesem Tag würde er sich "erbarmen" über die "Söhne“(Mal 3:17) und die Gottlosen zertreten. Inmitten der Dunkelheit des Schreckens für die Gottlosen soll für die Gläubigen "aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln“ (Mal 3:20).

Das Tor der Hoffnung war noch nicht versperrt. Elia würde gesendet werden, und wenn das Volk Buße tun und zu Jahwe zurückkehren würde, dann würde der "Bann" mit dem die Prophetie endet, abgewendet werden.

Nach vier Jahrhunderten kam "der Tag seines Kommens" näher. Die Phase, die sich durch Erwartung auszeichnet, hatte begonnen. Die einen warteten "auf den Trost Israels" (Lk 2:25) und auf "die Erlösung Jerusalems" (Lk 2:38), andere warteten "auf das Reich Gottes" (Mk 15:43) oder "hofften, er sei es, der Israel erlösen werde" (Lk 24:21). "... alle dachten in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht der Christus wäre..." (Lk 3:15). Erwartung kennzeichnete diese Phase, die von den vier Evangelien abgedeckt wird. Dieselbe Erwartung wurde in die Phase der Apostelgeschichte übernommen und blieb bis zum Ende dieses Buches bestehen. Die Erwartung hatte Jahwes eigenes Wort zur Grundlage.

Wir geben jetzt sechs Schriftstellen aus der Apostelgeschichte, die zeigen und beweisen, dass die ERWARTUNG das eigentlich Kennzeichnende war, und weit entfernt davon, dass irgendwo in diesem Buch der Beginn "der Gemeinde" zu finden wäre, zieht sich durch das ganze Buch der Zustand der Erwartung bis zum letzten Kapitel.

Die erste Schriftstelle:

Apg 1:3.6

Gleich zu Beginn wird uns gesagt, über welches Thema der Herr in den vierzig Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt gelehrt hatte. Er "redete mit ihnen vom Reich Gottes."

Ein anderes Thema wird nicht genannt, und es steht uns nicht an, zu vermuten, der Herr habe die Aufmerksamkeit seiner Jünger auf irgend ein anderes Thema gelenkt. Wie er es behandelt hat, können wir mit Sicherheit aus Lk 24 zusammentragen. Von daher ist es klar, dass seine Zuhörer weise Herzen brauchten und die Fähigkeit, schnell zu glauben, was die Propheten geredet hatten (Lk 24:25).

Die Jünger waren in dieser Beziehung nicht anders als die jüdischen Zuhörer des Herrn und alle Juden dieser Zeit. Sie konnten wohl glauben, was die Propheten von DER HERRLICHKEIT geredet hatten, aber sie waren "trägen Herzens, ALL dem zu glauben," besonders, was das Leiden des Herrn betraf. Sie wollten nicht glauben, dass ihr Messias leiden müsste. So entwickelten sie, neben anderen Versuchen, diese Prophetie weg zu erklären, auch die Theorie von den zwei Messias-Gestalten; der eine Messias, "der Sohn Davids," der herrschen würde, und der andere Messias, "der Sohn Josephs", der leiden würde.

Es mag sein, dass Johannes der Täufer daran dachte, als er zwei seiner Jünger sandte, um zu fragen: "Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern (griech.: heteros = ein anderer, der verschieden ist, nicht allos = ein anderer, ähnlicher) warten?" (Mt 11:3). Der Herr antwortete nicht "ja" oder "nein," sondern führte die Prophezeiungen an (Jes 35:5.6; Jes 42:6.7), die in Bezug auf das Ziel der Frage neutral waren, aber durchaus genügten, den Hinweis zu erbringen, der sie wahrhaftig beantwortete. Um diesen Irrtum richtig zu stellen, fragte der Herr die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus: "Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?" (Lk 24:26)

Der Heilige Geist erklärte später durch Petrus, dass die Propheten schon vorher bezeugt hatten "die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach" (1Petr 1:11). Der Glaube an das, was die Propheten geschrieben hatten, ließ eine Frage offen: Die Frage nach der Zeit, also welche Zeitspanne vergehen müsste zwischen "den Leiden" und "der Herrlichkeit." Diese Schwierigkeit hatten die Propheten selber erfahren. Sie "haben geforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war und zuvor bezeugt hat die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach" (1Petr 1:11).

Die Jünger, mit denen der Herr in Apg 1:3 "vom Reich Gottes" redete, waren über dieselbe Frage verwirrt, die den Propheten Not bereitet hatte: "Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?" Aber der Herr antwortete: "Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat" (Apg 1:6.7).

Die Zeit der Wiederherstellung hing ab von der Erfüllung anderer Prophezeiungen, deren älteste Jahwe zu Mose in 3Mo 26 geredet hatte, wo er am Berg Sinai nach der Schilderung von Israels Sünde und dem Gericht der Gefangenschaft und Zerstreuung damit schließt, dass er eine unabdingbare Voraussetzung zwischen ihm und dem Volk Israel durch Mose festlegt:

"Da werden sie dann bekennen (Interl.: Bekennen sie dann)
ihre Missetat und ihrer Väter Missetat,
dass sie mir untreu gewesen sind
und mir zuwider gehandelt haben.
Darum habe ich auch ihnen zuwider gehandelt
und sie in das Land ihrer Feinde getrieben.
Da wird sich ja ihr unbeschnittenes Herz demütigen,
und dann werden sie die Strafe für ihre Missetat abtragen.
Und ich werde an meinen Bund mit Jakob gedenken
und an meinen Bund mit Isaak
und an meinen Bund mit Abraham
und werde an das Land gedenken" (3Mo 26:40-42).

Das ist die Schrift, an die Salomo erinnerte, und auf die er sich bei der Einweihung des Tempels berief, als Israels Ruhm auf dem Höhepunkt war, in den Schlussworten seines Gebets (1Kö 8:46-53).

Das war die Schrift, an die Esra erinnerte in seinem Gebet (Esr 9:15; Esr 10:11).

Das war die Schrift, an die Nehemia in seinem Gebet erinnerte (Neh 1:5-11) und die Leviten in ihrem Gebet (Neh 9:26-37).

Das war die Schrift, an die Daniel erinnerte in seinem ernsten Gebet (Dan 9:4-19), "wie es geschrieben steht im Gesetz des Mose“ (Dan 9:13).

Diese Schrift ist die Grundlage des Aufrufs von Hosea:

"Bekehre dich, Israel, zu dem Herrn, deinem Gott;
denn du bist gefallen um deiner Schuld willen.
Nehmt diese Worte mit euch und bekehrt euch zum Herrn und sprecht zu ihm:
Vergib uns alle Sünde
und tu uns wohl,
so wollen wir opfern die Frucht unserer Lippen
So will ich ihre Abtrünnigkeit wieder heilen;
gerne will ich sie lieben;
denn mein Zorn soll sich von ihnen wenden" (Hos 14:2-5)
"Wer ist weise, dass er dies versteht,
und klug, dass er dies einsieht?" (Hos 14:10)

3Mo 16 war die Schrift, die dem Aufruf Johannes des Täufers zugrunde lag: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" (Mt 3:2).

Die einleitenden Worte zum Wirken des Herrn basierten auf der gleichen Schrift:

"Seit der Zeit (als der Dienst Johannes des Täufers geendet hatte (Mt 4:12) fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" (Mt 4:17).

Das war für Petrus die Grundlage zu seinem Aufruf am Tag des Pfingstgeschehens. Als die Angesprochenen ihn fragten: "Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?" Da antwortete ihnen Petrus:

"Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes. Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird" (Apg 2:37-39).

Diese Schrift war die Basis für den zweiten Aufruf des Petrus in Apg 3:19-26.

Aber leider blieben alle diese Aufrufe gleichermaßen unbeachtet, und in der Apostelgeschichte endet der Dienst des Petrus mit der Ablehnung des Zeugnisses durch das Volk in Jerusalem und im Land. Stephanus wird gesteinigt und Petrus kommt ins Gefängnis. Der Dienst des Paulus unter den zerstreuten Stämmen endet in Apg 28 in Rom, das die Hauptstadt der Diaspora war, mit der formellen Ablehnung seines Aufrufs bei einer Ganztags-Konferenz, zu der die "Angesehensten der Juden" zusammengerufen worden waren (Apg 28:17-28).

Nach dieser endgültigen und formellen Ablehnung wurde ihre Stadt zerstört, der Tempel verbrannt, und alles, was ihnen vom heiligen Tempelbezirk geblieben ist, ist eine

Klagemauer,

während sie ihre ganze Zerstreuung hindurch klagen aber nicht über ihre nationale Sünde, sondern über deren Folgen; nicht über ihre Schuld, sondern über ihr Elend.

Vierzig Tage lang redete der Herr zu ihnen "vom Reich Gottes" und erklärte ihnen, warum er leiden musste, und versicherte ihnen, dass er "in seine Herrlichkeit eingehen" werde zu der Zeit, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat. Inzwischen sollten sie aufrufen zur Buße, der einzigen Voraussetzung für die nationale Wiederherstellung und Segnung.

Die zweite Schriftstelle

Apg 1:11

Auch das macht die heilsgeschichtliche Phase, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird, zu einer Phase der Erwartung. Unmittelbar nach der Himmelfahrt des Herrn wurde den Jüngern durch das Zeugnis von Engeln zugesichert:

"Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen" (Apg 1:11).

Sie standen auf dem Ölberg und wurden so an die Prophetie Sacharjas erinnert, "seine Füße werden stehen zu der Zeit auf dem Ölberg" (Sach 14:4).

Diese Worte waren zu den Jüngern gesprochen worden. Sie bezogen sich nur auf die Tatsache, nicht auf die Zeit. Der Herr hatte ihnen schon gesagt, dass die Zeit "der Vater in seiner Macht bestimmt hat." Aber sie müssen von diesem Augenblick an in ständigem Hoffen und Erwarten der Erfüllung dieser Verheißung gelebt haben. Sie gingen nicht an ihre Arbeit mit der gefestigten Überzeugung, dass die Erfüllung nicht stattfinden würde, bevor einige neunzehnhundert Jahre vergangen wären. Denn, hatte nicht der Herr selbst erklärt, als er noch bei ihnen war:

"Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen" (Joh 16:16).

Die Auslassung jeglicher Zeitangabe verwirrte sie ebenso wie die Propheten, und wie sie den beiden Jüngern unterwegs nach Emmaus Sorge machte, und den Elf in Apg 6. Hier (Joh 16:18) fragten sie sich untereinander, welche Zeit der Herr meinte: "Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet."

Aber der Herr antwortete mit großem Ernst:

"Wahrlich, wahrlich, ich sage euch...
ihr werdet traurig sein,
aber eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden...
Ihr habt nun Traurigkeit;
aber ich will euch wiedersehen,
und euer Herz soll sich freuen,
und eure Freude soll niemand von euch nehmen" (Joh 16:20-22)

Sie erhielten noch immer keine Zeitangabe. Aber diese Zusicherung ließ sie nach der Himmelfahrt nach Jerusalem zurückkehren "mit großer Freude" (Lk 24:52). Sollten wir annehmen, dass sie "allezeit im Tempel" waren "und priesen Gott" (K: lobten und segneten Gott), wenn sie dem Wort des Herrn nicht geglaubt hätten? Oder wenn sie gedacht hätten, er hätte gemeint, dass diese Freude erst nach einigen neunzehnhundert Jahren verwirklicht werden sollte? Ist es möglich, dass im gleichen Satz der Ausdruck "eine kleine Weile" im ersten Satzteil ein paar Tage bedeutet hätte und neunzehn Jahrhunderte im nächsten Satzteil?

Sicher ist das unmöglich. Ebenso unmöglich ist es, sich vorzustellen, dass ihre "große Freude" beim Hören dieser feierlichen Verheißung unangebracht gewesen wäre. Die einzige Erklärung, die all diese Schwierigkeiten befriedigend löst, ist, dass die verheißene parousia möglicherweise zu einem nicht fernen Zeitpunkt stattfinden könnte, wobei der Gehorsam des Volks und der Diaspora gegenüber der Aufforderung zur Buße die einzige Bedingung war.

Die dritte Schriftstelle

Apg 2:16-20

"... das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist:
Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott,
da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch;
und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen,
und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen,
und eure Alten sollen Träume haben;
und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen
von meinem Geist ausgießen,
und sie sollen weissagen.
Und ich will Wunder tun oben am Himmel
und Zeichen unten auf Erden,
Blut, Feuer und Rauchdampf;
die Sonne soll in Finsternis
und der Mond in Blut verwandelt werden,
ehe der große Tag der Offenbarung des Herrn kommt" (Joe 3:1-4).

In diesem Abschnitt haben wir eine göttliche und vollmächtige Auslegung von Joels großer Prophezeiung. Wir wissen alle nur zu gut, wie wir uns abgemüht haben mit dieser Schriftstelle, um die Schwierigkeit zu klären, die in diesem "das ist's" liegt, und wie wir uns innerlich unbefriedigt fühlten. Aber alles ist klar, sobald wir diese Stelle aus der Perspektive ihrer heilsgeschichtlichen Phase betrachten.

Joel spricht durch den Heiligen Geist von Ereignissen, die "in den letzten Tagen" jener heilsgeschichtlichen Phase stattfinden sollten; Ereignisse, die zuvor geschehen sollten, und anderen, die zum Ende hinführen, zum Tag des Herrn. Die "letzten Tage" von Apg 2:17 sind "jene Tage" von Apg 2:18, und der Beginn von Joels Prophezeiung wurde gerade vor ihren Augen erfüllt. Sie beziehen sich auf "den Tag seines Kommens" von Mal 3:2+19; und "jene Tage" (K) von Mt 24:29. Alle sprechen von den gleichen Ereignissen, bemerkenswert besonders die letzteren Worte des Herrn selbst; und alle sprechen von jenen Tagen als nahe bevorstehend.

Wie viel einfacher, leichter und befriedigender ist es, an Gottes Wort zu glauben, als es weg zu erklären, da wir einerseits nicht annehmen können, dass Joel von Pfingsten als dem Beginn der Gemeinde Prophezeite, und da wir andererseits nicht mit der überwiegenden Mehrheit glauben können, dass "der Tag des Herrn" tatsächlich mit der Zerstörung Jerusalems gekommen sei!

Nichts kann Petrus' Zitat und Auslegung von Joels Prophezeiung genügen, als die heilsgeschichtliche Lehre, dass zu Pfingsten der Beginn der Ereignisse geschah, die zu der Wiederherstellung des Königreichs für Israel hinführen sollten (was der Gegenstand von Joels Worten war); und dass deren vollständige Erfüllung ausgesetzt und verzögert wurde wegen Israels fortgesetzten und anhaltenden Ungehorsams gegenüber dem Ruf zur Buße, die doch die Grundlage der Prophezeiung war.

Die Verheißung, die auch die Ausgießung des Geistes "auf alles Fleisch" enthielt, wurde aus dem gleichen Grunde damals nicht erfüllt. Das allein zeigt schon, dass Israels Unbußfertigkeit der einzige Grund war, und nicht ein Fehler in Jahwes Wort. Die Erfüllung dieses Ausgießens auf alles Fleisch ist deshalb ausgesetzt.

Das ist eine befriedigende Lösung all der Schwierigkeiten, mit denen irrige Ansichten diese wichtige Schriftstelle umstellt haben.

Die vierte Schriftstelle

Apg 2:40

"Auch mit vielen anderen Worten bezeugte er (Petrus) das und ermahnte sie und sprach: Lasst euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht (von dieser verschrobenen Generation)".

Diese abschließenden Worte seiner ersten Ansprache machen die Tatsache gewiss, dass die Generation, die Petrus erwähnt, "diese Generation" ist, von der unser Herr in Mt 24:34 gesprochen hatte. Es war dieselbe Generation diese böse und ehebrecherische Generation, die schon Johannes der Täufer ermahnt hatte, dem zukünftigen Zorn zu entfliehen. Es war dieselbe Generation, die den einzigartigen Vorzug hatte, den Menschensohn selbst zu sehen und zu hören, die das Maß ihrer Sünden voll machte, und der das Gericht damals unmittelbar bevorstand.

Lukas hat in seinem Evangelium die Ereignisse dieser Generation aufgezeichnet, beginnend im Jahr 4 v.Chr. und endend mit dem Tode des Herrn im Jahr 29 n.Chr., also die dreiunddreißig Jahre des Herrn. Die Generation, die Petrus' Aufruf in Apg 2 hörte, begann im Jahr 29 und ging bis etwa 62 n.Chr. Das war eine zweite und ähnliche Zeitspanne von dreiunddreißig Jahren und endete mit Apg 28:25.26. Diese "verkehrte Generation" von Apg 2 war deshalb dieselbe, die den Aufruf Johannes des Täufers und des Herrn gehört hatte: "Tut Buße und bekehrt euch zum Herrn."

Das bringt uns zur nächsten Schriftstelle.

Die fünfte Schriftstelle

Apg 3:12-26

Es ist nicht nötig, diesen langen Abschnitt vollständig anzuführen. Unsere Leser sollten ihn selber aufschlagen und lesen und die Worte als direkt von Gott, dem Heiligen Geist, kommend aufnehmen. Glücklicherweise hängt keine von diesen Schriftstellen von einer unangemessenen Übersetzung oder besonderen Auslegung ab. Jede ist klar, einfach und leicht verständlich. Alles was man braucht, ist ein kindliches Vertrauen, um an Gott zu glauben und zu hören, was er veranlasst hat, dass es "uns zur Lehre geschrieben" wurde.

Am Ende der Ansprache des Petrus, in Apg 2:41, haben wir eine kurze Schilderung, die besagt: "Die nun sein Wort aufnahmen, ließen sich taufen." Diese Zuhörer von damals werden in Hebr 6:4.5 so beschrieben: "... die einmal erleuchtet worden sind und geschmeckt haben die himmlische Gabe und Anteil bekommen haben an pneuma hagion (d.h. am Heiligen Geist und den geistlichen Gaben) und geschmeckt haben das gute Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt" (Zeitalter).

In Apg 2:44 wird uns gesagt, dass sie den göttlichen Sozialismus geschmeckt haben, denn "sie hatten alle Dinge gemeinsam," was die Welt jetzt vergeblich zu erlangen sucht, überdrüssig der Unfähigkeit des Menschen, so etwas wie eine gute Regierung zu erreichen. Sie hatten die "Zeichen und Wunder" geschmeckt, die die Apostel bewirkt hatten. "Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem einer nötig hatte." Das waren nicht die Zeichen der Gemeindegründung. Auf jeden Fall sehen wir solche Zeichen jetzt nicht, noch möchten wir es! Das gehörte zu den Zeichen des neuen Zeitalters, das damals gerade im Anbrechen war.

"Sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel." Sie waren nicht darauf versessen, eine "organisierte Christenheit" zu bilden. Aber sie verehrten den Gott ihrer Väter in seinem eigenen Tempel in Jerusalem. Sie verließen die Versammlung nicht, sondern ermahnten einander um so mehr, als sie sahen, "DASS SICH DER TAG NAHT" "der Tag," von dem Joel geweissagt, und den Petrus bezeugt hatte.

In einem Punkt unterschieden sie sich von allen andern Israeliten, die es ablehnten, der neuen Offenbarung der heilsgeschichtlichen Wahrheit zu glauben, die Gott durch die Apostel machte: Sie brachten keine Opfer mehr dar und deshalb brachen sie ihr Brot (d.h. "aßen ihr Fleisch") nicht mehr in den Vorhöfen des Tempels, sondern "daheim" in ihren eigenen Häusern (Apg 2:46).

Wer weiterhin opferte, leugnete das einmalige Opfer Christi, das er ein für allemal geopfert hat, und wird in Hebr 10:29 bezeichnet als "der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält," von dem er gesagt hatte: "das ist mein Blut des (neuen) Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden" (Mt 26:28).

Dieser neue Bund, der geschlossen wurde, war die Grundlage für Petrus' zweite Ansprache in der fünften Schriftstelle der Apostelgeschichte, die wir jetzt betrachten. Der Anlass war eins der "vielen Wunder und Zeichen" die durch die Apostel geschahen (Apg 2:43). Das Wunder geschah wahrscheinlich wenige Tage nach dem Pfingsttag. Es wird uns nicht gesagt, wieviel Zeit verging. "Petrus und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit" (etwa 15 Uhr) (Apg 3:1), und der Gelähmte wurde an der Tür des Tempels geheilt.

Das Wunder beeindruckte die Leute, die es sahen, so stark, dass sie "Verwunderung und Entsetzen erfüllte." Das ließ Petrus seine zweiten Rede halten, in der er dem Volk die Schwere seiner Schuld vorhielt, dass sie "den Heiligen und Gerechten" verleugnet, und darum gebeten hatten, dass man ihnen "den Mörder schenke; aber den Fürsten des Lebens habt ihr getötet."

Er schließt mit den Worten:

"Nun, liebe Brüder, ich weiß, dass ihr's aus Unwissenheit getan habt, wie auch eure Oberen. Gott aber hat erfüllt, was er durch den Mund aller seiner Propheten zuvor verkündigt hat: dass sein Christus leiden sollte. So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden getilgt werden, damit die Zeit der Erquickung komme von dem Angesicht des Herrn und er

den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus.

Ihn muss der Himmel aufnehmen bis zu der Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:18-21).

Petrus zitiert dann noch Mose (5Mo 8:18) und erwähnt besonders Samuel. Und warum Samuel? Weil Samuel der Prophet war, der als erster Israels Sünde anprangerte, dass sie Jahwe als König abgelehnt und lieber einen menschlichen König gewollt hatten, wie alle Völker umher. Wie passend und ernst war doch diese Erwähnung Samuels an diesem kritischen Punkt in der späteren Geschichte Israels, als das Volk wieder seinen König und die Verheißung Jahwes, ihn als Herrscher zu senden, ablehnte.

Wir brauchen auf diese zweite Ansprache des Petrus nicht weiter einzugehen. Sicher brauchen wir auch kaum zu betonen, welche ernstzunehmende Alternative es gäbe. Der Heilige Geist, der durch Petrus sprach, müsste sonst mit der Verheißung, Jesus Christus zu senden, das Volk genarrt haben, wenn die Erfüllung nicht nahe vor der Tür gestanden hätte unter der genannten Bedingung. Ganz gewiss lag diese "Zeit der Erquickung" und der "Wiederherstellung" damals nicht in einer fernen Zukunft von neunzehn Jahrhunderten.

Was für ein dringendes Motiv für sofortige nationale Buße wäre diese Verheißung sonst gewesen?

Der Herr selbst hatte von dieser "Zeit" als von der "Wiedergeburt" gesprochen (Mt 19:28), die das Äquivalent für diese "Wiederherstellung" ist. Die war das Werk von Johannes dem Täufer, der, wenn man ihn angenommen hätte, der Elia gewesen wäre, der kommen sollte (Mk 9:12). Diese "Zeit" ist für uns in (Mk 9:20) bestimmt, wo davon gesprochen wird, dass der Herr den Christus sendet, der Jesus ist, das ist die Zeit, in der alle Prophezeiungen von der Herrlichkeit erfüllt werden sollten. Aber leider wurde die gestellte Bedingung nicht erfüllt. Weder die Nation noch die Juden in der Diaspora taten Buße. Deshalb sind alle erwarteten Segnungen notwendigerweise in Verzug gekommen und stehen noch heute aus.

Sie konnten auch nicht erfüllt werden durch das Entstehen der "christlichen Kirche". Nicht die heiligsten Einzelperson hätte die sichtbaren, leiblichen Wunder hervorbringen können, die mit der "Wiederherstellung" verbunden sind, von der die Propheten gesprochen haben. Dass die Steppe blühen soll wie die Lilien und Ströme im dürren Lande hervorbrechen (Jes. 35 usw.). Ganz gewiß gab es keine solche "Wiederherstellung" bei der Zerstörung Jerusalems, wie viele irrig meinen. Ihr folgte eine weitere Zerstreuung, und nicht die verheißene "Sammlung." Wir brauchen nur Jes 30 und 31 zu lesen, um uns davon zu überzeugen.

Die sechste Schriftstelle

Apg 17:30.31

Das hat der Apostel Paulus zu Heiden in Athen gesagt. Da sprach er nicht von der Erfüllung alttestamentlicher Prophetie, sondern stellte Tatsachen fest, und dazu gehörte:

"Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat."

Nur zwei Bemerkungen sind notwendig:

  1. Der "Tag," von dem hier die Rede ist, ist derselbe "Tag," auf den in allen von uns angeführten Schriftstellen Bezug genommen wird.
  1. Das Verb, das mit "er wird richten" übersetzt wird, ist keine Zukunftsform des Wortes richten, sondern ein Kombination von zwei verschiedenen Wörtern, nämlich der Präsensform mello = 'im Begriff sein' und dem Infinitiv des Wortes krino = 'richten'.

Wieder merken wir, dass der Apostel nicht von einem Ereignis spricht, das beinahe zwei Jahrtausende später stattfinden würde, sondern von einem Gericht, das bald stattfinden konnte. Wenn man diese Tatsache berücksichtigt, dann bezieht er sich auf die Worte des Herrn in Joh 5:22.27 und "bekräftigt" sie.

Diese sechs angeführten Schriftstellen aus der Apostelgeschichte genügen, um unsere zweite Aussage aufzustellen, und zu zeigen, dass ohne weitere Argumente das Buch der Apostelgeschichte eine einmalige und gesonderte Phase der Heilsgeschichte bildet: eine Zeitspanne der Erwartung.

Lies weiter:
2. Phase des Zeugnisses