Der Römerbrief

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)
In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

Weitere Bücher unter: Abschriften

Kapitel davor:
II. Die Früh-Briefe des Apostels Paulus

a) Briefe an die Thessalonicher
b) Briefe an die Korinther
6. Der Galaterbrief


7. Der Römerbrief

Obwohl der Brief an die Römer der letzte der Frühbriefe des Paulus ist, wenn man sie chronologisch anordnet, steht er in der kanonischen Ordnung, wie wir sie in allen Versionen unserer Bibeln heute finden, an erster Stelle, und tatsächlich auch in allen griechischen Manuskripten des Neuen Testaments, denn man hat noch nie eins gefunden, in dem die Paulus-Briefe anders angeordnet wären. Deshalb bezeichnen wir das als die "kanonische" Ordnung. Der Grund für diese beiden unterschiedlichen Anordnungen wurde bereits erklärt, deshalb brauchen wir hier nicht weiter darauf einzugehen.

Die beiden wichtigen Punkte, die wir uns über diesen Brief einprägen müssen, sind:

1. Der Römerbrief liegt, als letzter der früheren Briefe, dem Ende der heilsgeschichtlichen Phase, die durch die Apostelgeschichte gebildet wird, näher; und weil er vor Apg 28:25.26 geschrieben wurde, können wir darin einige besondere Hinweise auf den nahe gekommenen Wechsel der Phasen erwarten.

2. Weil er zu den früheren Briefen gehört, müssen wir einige Hinweise auf die besonderen Tatsachen, die für diese damals gegenwärtige Phase der Heilsgeschichte kennzeichnend sind, erwarten.

Wenn wir sorgfältig hinschauen, werden wir sie auch finden, aber sie liegen nicht an der Oberfläche.

Der Brief an die Römer ragt auffallend aus den früheren Briefen heraus, während er sich andererseits heilsgeschichtlich ganz deutlich von den späteren Briefen unterscheidet, die Paulus aus der Gefangenschaft in Rom geschrieben hat. Der Aufbau des Römerbriefs zeigt das speziell. Ohne auf die kleineren Einzelheiten einzugehen, treten seine ausgeprägten Konturen deutlich hervor und lassen sich so darstellen:

A Dogmatisch: - Röm 1-8
B Heilsgeschichtlich: - Röm 9-11
A Praktisch: - Röm 12:1 - Röm 15:7
B Heilsgeschichtlich: - Röm 15:8-10

Seit der frühesten Verheißung an Abraham war ganz klar gesagt worden, dass alle Völker durch Abraham und mit seinem Samen gesegnet werden sollten. Das wird in der Phase der Apostelgeschichte schon früh bekundet. Die "Schlüssel des Himmelreichs" waren Petrus übergeben worden, das zeigt, dass er das Privileg hatte, es zu verkünden; zunächst Israel und dann den Heiden. In Apg 2:14 verkündete Petrus es zum ersten Mal, und sagte, "ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt," in Apg 2:22, "ihr Männer von Israel," und in Apg 2:36, "so wisse nun das ganze Haus Israel gewiß... Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, soviele der Herr, unser Gott, herzurufen wird“ (Apg 2:39).

Wer in diese Bezeichnung eingeschlossen war, kann man aus Daniels Gebet ersehen, als er betete: "Du, Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns alle heute schämen, die von Juda und von Jerusalem und vom ganzen Israel, die, die nahe sind, und die zerstreut sind in allen Ländern, wohin du sie verstoßen hast..." (Dan 9:7).

Nur Gottes Volk, Israel, war bei dieser ersten Verkündigung aufgerufen, von der der Herr in Mt 22:4-7 gesprochen hatte; und davon handelte die Verkündigung des Petrus bis ans Ende von Apg 9 Dann, in Apg 10, gebrauchte Petrus den andern Schlüssel, als er von Gott nach Cäsarea geschickt wurde. Vorher hatte Gott ihn belehrt: "Was Gott rein gemacht hat, das nenne du nicht verboten." Petrus lernte diese Lektion und bezeugte das dann (Apg 10:34-43).

Von da an wurden die Heiden, die "das Wort annahmen," das ihnen "durch die, die es gehört hatten," verkündet wurde, in den Ölbaum Israel eingepfropft und wurden dadurch Teilhaber der religiösen Privilegien Israels.

Jetzt wurden Röm 9; Röm 10 und Röm 11 geschrieben, um sie und uns über die Beziehung zwischen diesen "wilden Ölzweigen" und den Zweigen des ursprünglichen Stammes zu instruieren. Und es wird gezeigt, dass die Privilegien der Gläubigen aus den Heidenvölkern weder größer noch kleiner noch anders sind als die Israels, des Stammes, in den sie eingepfropft sind.

Der Ölbaum war noch nicht gefällt, denn der Vorgang des Einpfropfens fand noch statt, als Paulus an sie schrieb. Deshalb wurden diese heidnischen "Zweige" gebührend gewarnt, dass, wenn einige der ursprünglichen, ungläubigen Zweige ausgebrochen wurden, diese heidnischen Zweige sich nicht rühmen sollten, als wären die natürlichen Zweige ihretwegen ausgebrochen worden, um für sie (die eingepfropften Zweige) Platz zu schaffen. Denn die natürlichen Zweige waren wegen ihres Unglaubens ausgebrochen worden, und heidnische Zweige wegen des Glaubens eingepfropft. Daher die Warnung, dass derselbe Unglaube dazu führen würde, ebenso abgehauen zu werden (Röm 11:17-22).

Die ganze Abhandlung schließt sogar mit dem Hinweis, dass die natürlichen Zweige Israels, die ausgebrochen waren, umso mehr wieder eingepfropft werden, "sofern sie nicht im Unglauben bleiben" (Röm 11:23.24).

Phasenwechsel

All das bezieht sich auf den damals bevorstehenden Phasenwechsel in der Heilsgeschichte. Es gibt hier nichts von dem Dogma der Gefangenschaftsbriefe, die "die Herrlichkeit der Gnade Gottes“ ,behandeln und entfalten, und die Fülle des Geheimnisses offenbaren, das "von Ewigkeit her verborgen war in ihm, der alles geschaffen hat" (Eph 3:9).

Der Römerbrief, als einer der früheren Briefe des Paulus, hat, was den Stand von Juden und Heiden betrifft, die heilsgeschichtliche Prägung der Apostelgeschichte. Aber er hat auch dieselben Hinweise auf den heilsgeschichtlichen Wechsel (der von der Buße Israels abhing), wie wir das bei Paulus in allen andern Briefen finden, die er in dieser Phase geschrieben hat. Und da er der kommenden Entscheidung zeitlich am nächsten liegt, können wir erwarten, dass wir noch bestimmtere Hinweise darauf finden.

Wir brauchen nicht weit zu lesen, ehe wir zu einem sehr ernsten Hinweis auf den "Tag des Zornes" kommen, auf den schon der allererste Brief (an die Thessalonicher) weist. Dort lesen wir: "Es kommt aber der Zorn, der zum Abschluss führt, schon als ein Vorgeschmack auf sie" (1Thes 2:16). Da das Griechische hier einfach eis telos = 'zum Ende hin' hat, nämlich entweder das Ende entsprechend dem Ratschluß Gottes, wie bei den Propheten berichtet (wenn sie Buße getan hätten), oder das (zeitweilige) Ende ihrer nationalen Existenz und die Aussetzung ihrer nationalen Segnung, bis zu jener Zeit (wenn sie verstockt bleiben würden); denn dieser beginnende Zorn soll Israel in die Buße führen, damit sie sich zum Herrn bekehren. So Käme der zukünftige Zorn (1Thes 1:10) nicht über sie, wenn sie das Wort angenommen hätten. Sie wären erlöst und errettet worden, wie das in 1Thes 4:16.17 beschrieben ist.

Wenn wir nun den Römerbrief aufschlagen, finden wir denselben "Tag des Zorns" genannt; nicht als etwas, das neunzehnhundert Jahre weit weg liegt, sondern 'als etwas ganz nahe Bevorstehendes,’y und etwas, wovon die Leser des Briefs, persönlich betroffen wären oder sein könnten.

"Du aber mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, der einem jeden geben wird nach seinen Werken" (Röm 2:5.6).

Und nochmals: "Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verlorengehen; und alle, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verurteilt werden... an dem Tag, an dem Gott das Verborgene der Menschen durch Christus Jesus richten wird, wie es mein Evangelium bezeugt" (Röm 2:12.16).

Der "Tag", von dem hier die Rede ist, der dem Evangelium des Apostels entspricht, ist derselbe Tag, den schon Johannes der Täufer verkündete, als er von dem "zukünftigen Zorn" sprach. (Mt 3:7), und es war auch "der Tag" und "das Gericht" in den Reden des Herrn, als er erklärte, dass es dann Tyrus und Sidon und sogar Sodom erträglicher gehen werde "als euch" (der bösen und abtrünnigen Generation, die "die Tage des Menschensohns" gesehen hatte) (Mt 11:20-24; Mt 12:39).

Es war der Tag, an dem sich dieses und das zukünftige Zeitalter begegnen würden, der Tag der damals lebenden Generation, in der "der Menschensohn" in dem festgelegten Gericht "einem jeden vergelten" werde "nach seinem Tun" (Mt 16:27).

Selbstverständlich ist der Tag jetzt noch Zukunft für uns in der gegenwärtigen Zeit, weil das Volk nicht Buße getan hat; aber er war für sie damals sehr gegenwärtig und nahe, in Art und Ausmaß viel stärker als für uns heute.

Das kommende Gericht und die darauf folgende Herrlichkeit sind gleichermaßen ausgesetzt; und die Gläubigen der nachfolgenden Offenbarung seiner geheimen Absichten haben die herrliche Hoffnung, bei ihm zu sein, bevor "der Tag" kommen wird.
Wir haben in Röm 8 eine weitere Erwähnung des damals gegenwärtigen Zeitalters der Leiden und der unmittelbar darauf folgenden Herrlichkeit. Das wollen wir übersetzen und in seinem Aufbau darstellen:

C1 Begründung für unser Leiden in Christus: Röm 8:18 Denn ich bin gewiß, dass dieser (jetzigen) Zeit Leiden (vergleichsweise) nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart (=apokalypto) werden soll (vgl. 2Kor 4:17: "Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit“).
D1 Erwartung: Röm 8:19 Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar (= apokalypse) werden.
D2 Begründung für die Erwartung: Röm 8:20a. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit - ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat
D2 Erwartung: Röm 8:20b. doch auf Hoffnung; (wartet nach Röm 8:19 die Kreatur)
C3 Begründung für die Erwartung: Röm 8:21. Denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.
D3 Erwartung: Röm 8:22. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet (K: und mit Wehen leidet). Röm 8:23. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes.


Das erste, was in diesem Abschnitt klar ist, ist die Tatsache, dass die Erlösung nahe bevor stand, und nicht über neunzehnhundert Jahre entfernt war. "Die Herrlichkeit, die im Begriff ist, uns offenbart zu werden" (griech.: ten mellousan doxan apokalyphthenai eis hemas). Die Erwähnung von Geburtswehen ist ein weiterer Beweis dafür, dass die "Erlösung" nahe war.

Weiter ist klar, dass diese herrliche Vollendung sehnlich erwartet wurde. "Die Herrlichkeit, die im Begriff ist, offenbart zu werden" war die ausgleichende Hoffnung im Blick auf "den Zorn, der im Begriff ist, zu kommen." Beide gehörten zu parousia.

"Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?" fragte der Herr auf dem Weg nach Emmaus.

"Dass Christus leiden musste," hatte Paulus in Thessalonich erklärt.

Und nachdem er gelitten hatte, fehlte nur noch die Buße Israels an der Verwirklichung der Herrlichkeit, die folgen sollte.

Die Gläubigen in Thessalonich warteten nicht auf den Tod, sondern auf Gottes Sohn vom Himmel, und so allezeit bei dem Herrn zu sein. Ebenso haben die Gläubigen in Korinth nicht auf den Tod gewartet, sondern auf ihr "Haus" (den geistlichen Leib) vom Himmel, "den Leib zu verlassen, und daheim zu sein bei dem Herrn" in dem verwandelten und verherrlichten Leib.

Das Sterben konnte nicht der Gegenstand ihrer sehnlichen Erwartung sein. Das Sterben wäre kein Ausgleich für die Leiden dieser gegenwärtigen Zeit. Die Erlösung des Leibes soll durch eine herrliche Auferstehung bewirkt werden, nicht durch Leiden und Sterben. Der Apostel hat die Leidenden nicht zum Narren gehalten. Er hat sie getröstet, aufgemuntert und ermutigt, in der Verfolgung auszuhalten. Außerdem hätte das Sterben dieser leidenden Gläubigen niemals die Erlösung für eine seufzende Schöpfung bringen können. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden, und zwar in Herrlichkeit, nicht im Sterben. Die Erlösung kann und wird nicht im Grab, sondern nur in der Herrlichkeit offenbar werden.

Das genaue Wort für dieses Harren schließt nicht nur ein, sondern setzt geradezu voraus, dass es möglicherweise kurz bevorstehend war. Es ist apokaradokeo und bedeutet das Warten mit erhobenem Haupt, also nicht nur ein vages Sehnen, sondern ein Warten mit der Gewissheit und Überzeugung der Nähe von etwas Realem, wonach sie mit erhobenem Blick Ausschau hielten.

Aber das Wort Schöpfung kann nicht auf die unbelebte Schöpfung ausgedehnt werden, wie Berge, Hügel und Meere; oder auch auf belebte Schöpfung ohne Kenntnis der Offenbarung. Es muss gezielt und begrenzt sein auf lebende Wesen, die einen Willen haben, hoffen können und sowohl Knechtschaft erleben als auch vernünftig warten und sich nach Erlösung sehnen können. Außerdem werden diese lebendigen Wesen in zwei Klassen geteilt die bereits den Geist als Erstlingsgabe haben, und die den Geist als Erstlingsgabe nicht haben.

Es waren lebende menschliche Wesen, denen das Evangelium verkündet werden sollte; predigt das Evangelium aller Kreatur (in Mk 16:15 dasselbe Wort); und das Evangelium, "das gepredigt ist allen Geschöpfen (dasselbe Wort) unter dem Himmel" in Kol 1:23 positiv ausgedrückt. Die Menschheit seufzt, aber unbewusst. Sie kennt weder Ursache noch Folge. Sie erfährt die Nichtigkeit und lebt in einem bewussten Ringen um Selbsterlösung. Wir verdanken dieser Tatsache den Konflikt politischer Parteien mitten unter uns, die Unruhen der Völker und die Kriege zwischen Staaten. Alle verlangen nach Freiheit und Befreiung, aber die Ursache ihrer Knechtschaft kennen sie nicht:

DER MENSCH HAT GOTT ABGELEHNT

Eva glaubte der doppelten großen List des Teufels in 1Mo 3:4.5:

"Ihr werdet keineswegs des Todes sterben"

und

"ihr werdet sein wie Gott,"

und kam so in die Knechtschaft Satans.

Der erste Mann "wurde nicht verführt" (1Tim 2:14). Das besagt nicht, dass er nicht wusste. Aber wir können wohl glauben, dass sein Fall "nicht willentlich" geschah. Aber er ist genauso gefallen, gleichgültig warum, und "geriet" mit der Frau zusammen "in Übertretung" (1Tim 2:14 K). Ja! wir können wohl glauben, dass es "nicht willentlich" geschah. Das Wort "verführt" erzählt uns die ganze Geschichte.

Wenn Satan der Herrscher der "damaligen Welt" (2Petr 3:6 K und 1Mo 1:1) war und ihre Vernichtung (1Mo 1:2) und Überflutung (2Petr 3:6 K) verursacht hat, dann können wir verstehen, wieso er nach Adams Unterwerfung (1Mo 3) trachtete, weil Gott den ersten Menschen gesagt hatte: "herrschet" (1Mo 1:28) unter "dem Himmel, der jetzt ist, und die Erde" (2Petr 3:7).

Wir können auch verstehen, warum der gleiche Satan (oder Widersacher) die Unterwerfung des "Menschensohns" anstrebte, den Gott danach "zum Herrn gemacht" hat über "das Werk seiner Hände" und "alles unter seine Füße getan" hat (Ps 8:7). So können wir die Versuchung in der Wüste verstehen und den Todeskampf im Garten Gethsemane.

Satan ist religiös "der Gott dieser Welt" (2Kor 4:4) und politisch der "Fürst dieser Welt" (Joh 14:30), und die Menschheit wurde seiner Herrschaft unterworfen.

Aber dieses Unterworfensein unter die Nichtigkeit hat noch eine andere Seite. Als die Menschen den Lügen des Teufels glaubten, unterwarf Gott die Menschheit in gewissem Sinne der Nichtigkeit, indem er sie aufgab. Das Wort "Nichtigkeit" ist im ganzen Alten Testament ein anderes Wort für Götzendienst. Götzenbilder werden immer als Nichtigkeiten bezeichnet oder als Nichts (Jer 2:8; Jer 15), "nichtige Götzen" (Ps 31:7), "das Nichtige" (Jon 2:9); und im Neuen Testament ist das auch so (siehe Apg 14:15 (K: eitle Götter).

In Ps 81 redet Gott zu Israel:

"Höre, mein Volk, ich will dich ermahnen. Israel, du sollst mich hören! Kein andrer Gott sei unter dir... Aber mein Volk gehorcht nicht meiner Stimme, und Israel will mich nicht.

So habe ich sie dahingegeben

in die Verstocktheit ihres Herzens, dass sie wandeln nach eigenem Rat" (Ps 81:8-12).

Wenn das mit Israel geschehen konnte, müssen wir uns über das Dahingeben an die Nichtigkeiten als Gericht bei den Heiden nicht wundern. Dreimal wird das im allerersten Kapitel dieses Briefes gesagt. In Röm 1:21-24 lesen wir: "Denn obwohl sie von Gott wußten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert. Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild eines vergänglichen Menschen...

Darum hat Gott sie... dahingegeben..."

Und in Röm 1:25.26 lesen wir wieder: "... die Gottes Wahrheit in Lüge verkehrt und das Geschöpf verehrt und ihm gedient haben statt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit. Amen.

Darum hat Gott sie dahingegeben..."

Und nochmals in Röm 1:28: "Und wie sie es für nichts geachtet haben, Gott zu erkennen,

hat sie Gott dahingegeben..."

In einem gewissen Sinn war es ein Gericht für die Menschheit, an die Nichtigkeit dahingegeben und somit in den "Ungehorsam eingeschlossen" zu sein (Röm 11:32). So war das Dahingegebensein als Gericht ein Handeln Gottes, mit Satan als Werkzeug, aber die Ursache war der Sündenfall des Menschen.

Die Folgen mag man wohl als "Seufzen" bezeichnen. Wer den Geist als Erstlingsgabe nicht hat, der weiß das nicht und kennt die Ursache nicht. Der Mensch erkennt es nicht, dass er den Friedefürsten abgelehnt und gemordet hat. Von ihm getrennt ist es tatsächlich vergeblich, nach Frieden zu fragen und zu suchen; aber das Seufzen danach bleibt dennoch.

Die aber den Geist als Erstlingsgabe haben, der nach Apg 2 ausgegossen ist, warten sehnlich auf die verheißene Erlösung, deren Geburtswehen sie erleben, bis die Kinder Gottes offenbar werden in Herrlichkeit. Das wurde umso wirklicher, als das Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase näher kam. "Denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden" (Röm 13:11), und damit auch "die Zeit, dass... er den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus"; also "die Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:19-26).

Im dreizehnten Kapitel der Römerbriefs heißt es (Röm 13:11.12): "... weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher, als da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen."

Man sollte die ganze Stelle lesen (Röm 13:11-14), denn sie bringt das voll zum Ausdruck, was wir zeigen möchten, nämlich dass der Herr gekommen wäre, wenn die nationale Buße Israels als Bedingung erfüllt worden wäre. Aber Israel hat nicht Buße getan, und das Ergebnis war, dass die Verheißungen und Segnungen entsprechend ausgesetzt wurden.

Und die Schöpfung "wartet von nun an" möglicherweise nicht mehr mit der gleichen Hoffnung auf eine rasche Erfüllung. Aber trotzdem haben diejenigen von uns, die Gottes weitere Offenbarung glauben, nach Phil 3 die selige Hoffnung der exanastasis (wenn sie zum "Entschlafen" gerufen sind), oder der "Berufung in den Himmel" (wenn sie leben und übrigbleiben).

Der Brief an die Römer schließt in einem Postskriptum mit der Verheißung:

"Der Gott des Friedens aber wird den Satan unter eure Füße treten in Kürze."

Diese Versicherung muss sich zurückbeziehen auf die ursprüngliche Verheißung aus 1Mo 3:15 und weist auf das Ende des "großen Konfliktes der Zeitalter" hin, wenn sich alles erfüllt, was die Propheten über diesen herrlichen Abschluss geredet haben. Damals konnte man davon sprechen, dass es

IN KÜRZE

geschehen werde. Aber durch die anhaltende Widerspenstigkeit Israels ist diese Hoffnung

AUSGESETZT.

Die Botschaft unserer Errettung

Dennoch haben auch wir, die wir geglaubt haben, nachdem wir das Wort der Wahrheit, die frohe Botschaft von unserer Errettung, in der wir, da wir auch sie geglaubt haben, "versiegelt sind durch den Heiligen Geist nach der Verheißung" die Verheißung einer Erlösung, deren Erfüllung an keine Bedingung geknüpft ist, sondern die jetzt, in jedem Augenblick, verwirklicht werden kann (siehe Eph 1:13.14).

Die Erlösung der Menschheit von ihrem Seufzen harrt seit alters her auf gewisse Bedingungen, die erfüllt sein müssen, und gewisse Ereignisse, die stattgefunden haben müssen; aber unsere Erlösung und Entrückung ist von nichts abhängig als vom "Ruf" dessen, in dem "unser Leben verborgen" ist, und in dem wir jetzt gesegnet sind "mit allem geistlichen Segen im Himmel," von woher der "Ruf" an uns ergehen wird. Es sind noch andere Erscheinungen mit diesem Brief und seiner besonderen Beziehung zu den Briefen aus der Gefangenschaft verbunden. Zum Beispiel die Frage des Datums, wann er vollendet und von dem Apostel in seiner endgültigen Form herausgegeben wurde. Das bemerkenswerte Postskriptum (Röm 16:25-27) wurde mindestens fünf Jahre später hinzugefügt, als der Brief (58 n.Chr.) begonnen worden war. Dieses Postskriptum bezieht sich, wie wir mehrfach herausgestellt haben, auf den zweifachen Dienst des Apostels

  1. das Evangelium von der Gnade Gottes, die zuvor in den Schriften der Propheten verheißen war, und
  2. die Verwaltung des Geheimnisses von Christus und der Gemeinde, das nicht Gegenstand einer Verheißung gewesen, aber dem Apostel bekannt geworden war durch direkte Offenbarung von GOTT, wie er im Epheserbrief schreibt.

Die Röm 9-11 bilden einen beachtenswerten Abschnitt und haben den Charakter eines Anhangs. Wenn Paulus diese Kapitel so spät wie das Postskriptum hinzugefügt hätte, dann wäre ihr Zusammenhang mit Apg 28:28 sehr einleuchtend. Chronologisch steht deshalb der Römerbrief sowohl mit den früheren als auch mit den späteren Briefen im Zusammenhang. Und seine tiefere geistliche Lehre ist die wahre Grundlage für die späteren Briefe, wie wir mehrfach gesehen haben.

Die Wende im Römerbrief

Wir haben bereits gesagt, dass wir einerseits erwarten können, die gleichen Hinweise auf die damals angenommene Nähe der Erfüllung all der Prophezeiungen vorzufinden, die mit der verheißenen Sendung des Messias einhergehen sollten, und andererseits auch eine Weiterentwicklung in der dogmatischen Unterweisung, besonders, da das Ende dieser Phase (der Apostelgeschichte) näher kam. Und das ist auch der Fall. Das ist so stark der Fall, dass die Briefe an die Römer und Epheser heute bei uns mehr als Abhandlungen denn als Briefe betrachtet werden.

Es sind die beiden einzigen Briefe, in denen Paulus keinen Namen eines Mitarbeiters anführt; denn er hatte sein Evangelium durch direkte Offenbarung von Gott empfangen, und das Geheimnis später auf die gleiche Weise (Gal 1; Eph 3).

In der kanonischen Ordnung stehen sie je einer Gruppe voran:

RÖMER - Korinther - Galater

EPHESER - Philipper - Kolosser

THESSALONICHER

Korinther und Galater sind zwei unterschiedliche Kommentare zu Römer, der eine praktisch, der andere dogmatisch. Philipper und Kolosser sind zwei unterschiedliche Kommentare zu Epheser, der eine praktisch, der andere dogmatisch.

Aber chronologisch betrachtet sehen wir im Römerbrief eine Entwicklung der Art, dass er mit dem Epheserbrief in Verbindung kommt, und die beiden miteinander zu den zwei zentralen Briefen der paulinischen Lehre werden, die genau vor und hinter der Trennungslinie von Apg 28 stehen.

Der Epheserbrief baut auf dem festen Fundament des Römerbriefes auf.

Schon 1907 haben wir gerade darüber geschrieben, so dass es kein neues Thema von 1911-12 ist. Wir sagten damals:

Epheser ist der Beginn des Geheimnisses und entspricht Gottes Vorsatz, aber Römer ist die Grundlage des Geheimnisses und entspricht dem menschlichen Fassungsvermögen dafür.

Wenn wir das Geheimnis fassen wollen, müssen wir daher beim Römerbrief beginnen, und nicht beim Epheserbrief. Und wenn wir andere darin unterweisen wollen, dann dürfen wir Neubekehrten nicht die ganze Wahrheit auf einmal überstülpen.

In Epheser bekommen wir das große Geheimnis als Ganzes vorgestellt, eben die Wahrheit, die das große und herrliche Haupt im Himmel offenbart, und sich mit den irdischen Gliedern seines Leibes befasst.

Im Römerbrief bekommen wir die Grundlage und die Bestandteile des Geheimnisses. Daher nennt es Paulus dort noch nicht das Geheimnis, denn es ist nur dessen Grundlage, auf der das Dogma aufgebaut ist.

Wir wollen uns Röm 8 ansehen und die wunderbare Beziehung dieses Kapitels und dieses Briefes zu den drei Briefen aus der Gefangenschaft betrachten, in denen wir das Geheimnis direkt offenbart vor uns haben."

Röm 8:1-39:

A Röm 8:1-4: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Epheserbriefes. Einst tot in Übertretung und Sünde, aber jetzt lebendig in Christus.
B Röm 8:5-13: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Philipperbriefes. Die praktische Auswirkung des Fleisches in denen, die in Christus gestorben sind, seine Auswirkung auf die Glieder. Christus in uns.
B Röm 8:14-27: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Kolosserbriefes. EINST im sündigen Fleisch, nun aber dem Fleische abgestorben; unser Trachten auf Christus gerichtet, das Haupt, unsere Hoffnung der Herrlichkeit.
A Röm 8:28-39: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Epheserbriefes. Der Vorsatz und die Liebe Gottes zu uns in Christus, die uns zur Herrlichkeit vorherbestimmen, vor Engeln, Mächten und Gewalten.

Wenn wir Röm 8 sorgfältig im Licht des oben Dargestellten lesen, werden wir sicher den wichtigen Punkt sehen: Das achte Kapitel des Römerbriefes ist das starke Bindeglied zwischen den früheren und späteren Briefen. Und es ist so aufgebaut, dass die Grundlage der Wahrheit des Geheimnisses sich 'im inneren Menschen' erfassen und 'geistlich wahrnehmen' lässt. Erst wenn wir die Wahrheit von Röm 8 gemeistert haben, werden wir fähig sein, die aktuelle Erklärung dessen zu verstehen, was das Geheimnis nach Gottes Sinn und Absicht eigentlich IST, wie es in den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser dargestellt wird.

Gewiss sollten wir diese grundlegenden Wahrheiten des Römerbriefes lehren, kann doch die Offenbarung des Geheimnisses ohne sie nicht als Dogma angenommen oder als geistliche Realität erkannt werden.

Wenn einmal die grundlegende Lehre von Röm 5:12-8.39 erkannt, und ihr Verhältnis zum Geheimnis wahrgenommen wurde, dann lassen sich alle anderen Briefe in ihrer zeitlichen Reihenfolge verstehen und man sieht plötzlich ihre Stellung und Lehre im Verhältnis zu den beiden großen, zentralen und dogmatischen Briefen, Römer und Epheser.

Der Korintherbrief zeigt einen Rückfall im praktische Glaubensleben, weg von der Lehre des Römerbriefs; das zeigt sich darin, dass sie mit sich selbst und ihren Lehrern beschäftigt sind. Es kostet sie Mühe, Spaltungen zu vermeiden (1Kor 1-3).

Galater zeigt einen dogmatischen Rückfall, weg von Evangelium der Errettung, das Paulus im Römerbrief zeigte.

Der Römerbrief, der die Frühbriefe abschließt, korrigiert was falsch ist, legt die wahre Grundlage für das 'Evangelium der Gnade Gottes' und bereitet den Weg für das 'Evangelium von der Herrlichkeit Christi' und die Offenbarung des Geheimnisses. Er entfaltet das, greift darauf zurück und lehrt es in den späteren Briefen aus der Gefangenschaft.

2Tim 1:15 kennzeichnet den Anfang der gegenwärtigen Not der Abwendung von Paulus und seiner Lehre. Alles war in Ordnung, so lange man sich in Ephesus an die Lehre des Apostels hielt. Aber sobald man sich von Paulus und seiner Lehre über das Geheimnis abwandte, begannen die Schwierigkeiten, und der schrittweise Abfall ist klar erkennbar im zweiten Brief an Timotheus, der in Ephesus wohnte und deshalb genau Bescheid wusste.

Der Verlust dieser kostbaren Wahrheit war der Beginn des Verfalls in Leben und Lehre in der Gemeinde, die bis zur Finsternis des Mittelalters führte.

Nur in der Rückkehr zur Lehre des Epheserbriefes und zu deren Grundlage, die sich im Römerbrief findet, und im Wiedergewinnen der Wahrheit des Geheimnisses kann die Gemeinde wiedererlangen, was sie in Leben und Lehre verloren hat.

Es war nicht durch neue Methoden im Amt, neuen Moden im Gottesdienst oder neue Theologie auf der Kanzel oder irgend solche modernen Notbehelfe geschehen, dass die Heiligen dazu angeleitet wurden, sich selbst als solche zu betrachten, die 'mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus' sind (Epheser), die 'die Kraft seiner Auferstehung erkennen' (Philipper), oder die erkennen können, dass sie 'in Christus vollkommen' sind (Kolosser).

Es war die Auswirkung der kostbaren Wahrheit dieser Briefe, deren Grundlage bereits im Römerbrief offenbart worden war.

Das Geheimnis erfordert, dass die Heiligen sich zusammengehörig sehen, wie die Glieder eines Leibes, aber da dieser Bestandteil des Geheimnisses in den Römerbrief nicht Eingang fand, so fehlt ein Element, und deshalb ist das Geheimnis selbst im Römerbrief nicht Lehrgegenstand. Der Zusammenhang von Haupt und Gliedern des Leibes wird gar nicht erwähnt.

Röm 8 ist das Verbindungsglied dieses Briefes mit der höheren und späteren Offenbarung der Wahrheit, die in den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser gelehrt wird; denn der Brief an die Römer geht zeitlich den Briefen aus der Gefangenschaft unmittelbar voraus.

Wenn wir das Geheimnis dieser letzteren Briefe kennen, dann sehen wir, dass Röm 8 die dogmatische Grundlage enthält, auf der die Wahrheit des Geheimnisses beruht, ohne die man es weder subjektiv begreifen noch sich darüber freuen könnte.“

Um das Geheimnis (aus dem Epheser-Brief) als geistliche Realität zu verstehen, müssen wir die wesentlichen Grundlagen der paulinischen Lehre betrachten.

Grundlage der paulinischen Lehre

Was waren eigentlich diese Grundlagen der paulinischen Lehre?

Paulus als dem Apostel der Nationen war eine heilsgeschichtliche Schau anvertraut worden: Die Verwaltung des Geheimnisses, "das verborgen war seit ewigen Zeiten und Geschlechtern" (Kol 1:26), "verborgen war in ihm, der alles geschaffen hat" (Eph 3:9). Deshalb ist es einleuchtend, dass es in den inspirierten Schriften dieses auserwählten Werkzeugs tiefe Dinge gibt von Gott, und schwer zu verstehen, wie wir unsern Leser schon bewusst gemacht haben.

Nun hat er nicht nur von den "Tiefen Gottes" mehr mitzuteilen als andere Autoren (Anm. d. Ü.: der neutestamentlichen Bücher), sondern auch von den anderen und mehr grundlegenden Elementen, die mit der Wahrheit von Gott über Christus zusammenhängen; und mangelndes Erkennen dieses letzteren Punktes kann die Ursache des Fehlers sein, dass unterschiedliche Aspekte der Wahrheit, die uns in der Heiligen Schrift bei Paulus und Johannes gegeben ist, verwechselt oder vermischt werden.

Zum Beispiel: Die neue Geburt und die zwei Naturen im Gläubigen. "Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich," ist eine tiefere Wirklichkeit von größerer Vollkommenheit als wieder geboren zu sein (oder eigentlich 'von oben gezeugt'). Es bedeutet, einer neuen Schöpfung anzugehören, nicht nur wieder in diese Schöpfung hinein geboren, sondern in einem geistlichen Leben zu sein, wo Christus ist, denn "euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott" (Kol 3:3).

Nur in den Briefen des Paulus wird uns gesagt, wir sollen uns als mit Christus gestorben ansehen - das bezieht sich auf unsere ganze Persönlichkeit in dieser Welt, in dieser Schöpfung; nicht nur tot für unsere alte Natur, oder das böse Prinzip in uns. "Unser alter Mensch" oder "der alte Mensch" in den Schriften des Paulus schließt mehr ein, als in der mehr allgemeinen Wendung von den "zwei Naturen im Gläubigen" zum Ausdruck kommt. "Unser alter Mensch" bedeutet nicht nur die "Sünde" als Natur oder Prinzip in uns, sondern meint unser ganzes, vergangenes, kreatürliches Leben, wie es uns von Adam und Eva überkommen ist. "Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen" (Röm 8:10) Das ist eine viel tiefere fundamentale Wahrheit für den Glauben als Erkenntnis und Verurteilung unserer bösen Natur oder "Sünde" in uns. Alle, die glauben, was Johannes in seinen Schriften lehrt, können die Wahrheit der zwei Naturen akzeptieren; aber das Geheimnis ist in den Schriften des Johannes nicht offenbart. "Ihr müsst von neuem geboren werden" ist nicht nur jetzt wahr, sondern bleibt gültig, auch wenn Hes 36 erfüllt und das tausendjährige Königreich gekommen sein wird.

Aber wird das Geheimnis von "Christus und der Gemeinde," von dem Paulus schreibt, dann eine erfüllte und vollendete Tatsache sein? Heute ist "mit ihm gestorben" mehr als "von neuem geboren" zu sein; denn wer mit ihm gestorben ist, wird mit ihm herrschen; und hier ist es, wo Glaube und Glaubens-Gehorsam hereinkommen, wie in dem Postskriptum an die Römer. Gott beim Wort zu nehmen und zu glauben, was er uns in Christus verheißt, bedeutet nicht nur freigesprochen und erlöst zu sein vom Gericht, sondern es bedeutet auch, dass der Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wird, wie uns der Brief an die Römer lehrt.

Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus weiß, wie viele Sünder aus den Heiden seine frohe Botschaft glauben, das "Evangelium von seinem Sohn" (Röm 1:1.3). Er weiß, wie viele sich von ganzem Herzen als mit Christus gestorben betrachten, nicht nur in Bezug auf das böse Prinzip oder die Sünde in ihnen, sondern auch als tot im Sinne der verdorbenen kreatürlichen Existenz und tot für die Welt überhaupt. Das Gesetz der Sünde und des Todes bedeutet mehr als "Sünden und Sünde."

Röm 5:12 redet von dem "Gesetz der Sünde und des Todes" und von der Verfehlung in Verantwortlichkeit im kreatürlichen Leben, wie es von Adam und Eva auf uns gekommen ist, also nicht nur von "Sünde" im Gläubigen, wovon Johannes schreibt.

"Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus," macht den, der (im Glauben) mit Christus gestorben ist, "frei von dem Gesetz der Sünde und des Todes." Die Gerechtigkeit oder Rechtfertigung des Lebens (dikaiosis) bezieht sich nicht nur auf "Sünden," sondern auf dieses "Gesetz der Sünde und des Todes." Es geht nicht um eine "Übertretung des Gesetzes" (parabasis nomou), sondern um die Sünde und den Tod, die seit Adam und Eva zu allen ihren Nachkommen durchgedrungen sind.

Solange man in Röm 5:12-8.39 Sünde, Verdorbenheit und Tod nicht in ihrer untrennbaren Verbindung mit unserer Leiblichkeit sieht, sondern meint, es handle sich hier nur um "Sünde" und "Sünden", solange hat man nur eine defekte und unvollständige Grundlage für die tiefere Lehre von dem Geheimnis, die Paulus im Epheserbrief darlegt.

Gerade hier liegt der große Fehler in der Auslegung des Römerbriefes, der die (in vieler Hinsicht) ausgezeichneten Lehren von "Brüdern" schmälert. Leider (!) zeigen viele, die unter ihr dogmatisches System verfallen sind, und sagen, sie "kämen von Römer sieben her," dass sie sich nie wahrhaft da hinein vertieft haben.

Wenn "das Gesetz der Sünde und des Todes" die tiefe und demütigende Erfahrung ist (zu der der Geist leitet), und außer der Sünde IN der Schöpfung auch deren Verderbtheit INSGESAMT verstanden wurde, und dazu die zwei Naturen in dem Gläubigen, dann sind wir, die wir an Gott glauben, tatsächlich gestorben und auferstanden mit Christus, und Christus ist allein unser Leben. Christus als die "Hoffnung der Herrlichkeit" ist mehr als "wiedergeboren" zu sein. Die Behauptung, alle Wiedergeborenen seien in der Position, in die (nach Eph 4) uns Gott berufen hat, ist deshalb ein Verlassen der äußerst wichtigen und grundlegenden Lehre aus Röm 5:12-8.39, und damit ein Abweichen von der Schrift.

Beim Studium des Römerbriefs müssen wir auch daran denken, dass hier nicht davon die Rede ist, wie der an Christus Gläubige gerechtfertigt wird, sondern wie und auf welche Weise Gott eine Schöpfung voller Sünde und Verworfenheit rechtfertigt. Was Christus für die Gläubigen ist, das finden wir in 1Kor 1:30 und anderswo. Aber im Römerbrief finden wir die Rechtfertigung Gottes für den Sünder, der sich auch bewusst ist, dass er eine verlorene und verdorbene Kreatur ist.

Es bleibt also nicht nur dabei, dass Gott uns vergibt und freispricht von unseren vergangenen Sünden, wenn wir das Evangelium von seinem Sohn glauben, sondern "wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde." So sind wir, die wir Gott glauben und uns selbst (nicht nur unser alte Natur) als "mit Christus gestorben" betrachten, durch den Glauben und im Glauben frei gemacht vom "Gesetz der Sünde und des Todes." Und durch den Glauben (und die Gnade) erfreuen wir uns der "Rechtfertigung, die zum Leben führt." So sind wir in einer neuen Schöpfung, wir sind in Christus, und "unser Leben ist verborgen mit Christus in Gott". Das ist unsere geistliche Stellung in dem "Reichtum seiner Gnade."

Der Geist Gottes inspirierte den Apostel Johannes, sein Evangelium und seine Briefe erst Jahre nachdem der Dienst des Paulus beendet war zu schreiben. Am Ende des zwanzigsten Kapitels in seinem Evangelium sehen wir, dass allen, die glauben, was darin über Christus geschrieben ist, durch den Glauben "das Leben" verheißen ist. Wir können also nicht behaupten, es gäbe kein "Leben" außer durch das Lesen der Schriften des Paulus.

Aber Gottes Weg nach Kanaan führte durch das "Gebirge der Amoriter," obwohl er achtunddreißig Jahre später die Kinder der Rebellen durch den Jordan hinein brachte. Wir fragen wieder: Warum war Gott "zornig vierzig Jahre lang" (Hebr 3:17) über diese Generation? Weil sie ihm nicht glauben wollten.

An Gott glauben heißt, ihn beim Wort nehmen (durch seine Gnade und sein Ziehen). Kann man Gott tatsächlich glauben und beim Wort nehmen, wie es im Epheserbrief steht und uns von seiner großen Liebe und wunderbaren Verheißung in Christus redet, es sei denn, dass wir zuerst alles glauben, was er uns im Römerbrief sagt vom Kreuz und vom Tod und dem kostbaren Blut Christi?

Ist es nicht sowohl eine "Berufung in den Himmel" wie auch eine Erlösung und ewiges Leben, was er dann (nachdem er den Brief an die Römer geschrieben hatte) für unseren Glauben festgehalten hat? Der Weg "durch das Gebirge der Amoriter" ist noch nicht versperrt!

Das will besagen: Israels Entscheidung, als nur zwei Männer (Josua und Kaleb) Gott vertrauten (5Mo 1:19-32; 4Mo 14:1-11), ging noch einmal vor sich, während der vierzigjährigen Zerstreuung Israels, als ihnen wieder der Weg durch das Gebirge nach Kanaan, ohne über den Jordan, den Fluss des Todes, gehen zu müssen, in 1Thes 4 im Glauben freigegeben war. Wieder hat das Volk ihn abgelehnt durch die Regierenden im Land (Apg 2), und durch die jüdische Gemeinde in der Diaspora in Rom (Apg 28).

Und heute, in unserer Zeit, haben wir die Anwendung dieser Vorbilder, die zu unserer Unterweisung geschrieben sind. Wir stehen vor einer ähnlichen Entscheidung. Während die Verwirklichung des Vorbilds durch Israel ausgesetzt ist, sind wir heute an unserem Kadesch-Barnea. Wir haben eine kostbare Offenbarung eines Weges - nicht durch ein irdisches Gebirge, aber einen himmlischen Weg - durch eine Berufung in den Himmel, nicht um ein irdisches Kanaan, sondern um den Himmel selbst zu erreichen, wo wir bereits unser Bürgerrecht haben (Phil 3:20.21).

Gott hat uns das für unsern Glauben in den Briefen aus der Gefangenschaft offenbart; und die Frage ist, ob wir Gott vertrauen wollen. Viele glauben an Gott, und ihre Zahl wächst. Aber die übergroße Mehrheit auch derer, denen es gesagt wurde, sind wie die Mehrheit der Kundschafter, und lehnen es ab, zu glauben, was er später offenbart hat; und wie in alter Zeit sind es zehn, die gegen die zwei stehen. Was Gott über ihren Unglauben denkt, kann man den Worten aus Ps 95:8-11 entnehmen, der zumindest jede Woche in allen englischen Kirchen gesungen wird. (Lesen Sie das bitte in Verbindung mit Hebr 3:7-19).

Wir wollen uns nicht durch die übergroße Mehrheit irre machen lassen, auch wenn wir wie Josua und Kaleb nur zu zweit sein sollten! Josua und Kaleb kamen beide in das verheißene Land und freuten sich daran. Ebenso sollen auch wir sein: Einige werden entschlafen und doch eine exanastasis haben, eine Voraus- und Ausauferstehung, und andere werden durch eine "Berufung in den Himmel" das herrliche Land erreichen, wo unser Bürgerrecht bereits besteht, und wohin wir nach unserm Erlöser ausschauen, dass er uns zu sich hole.

So sollte klar geworden sein, dass die Lehre des Römerbriefs die notwendige Grundlage war für eine solche "selige Hoffnung", weil dadurch für unsern Glauben offenbart wurde, wie unser Gott und Vater uns alle gerechtfertigt hat, und uns tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht (Kol 1:12), und uns so begnadet hat in dem Geliebten.

Schluss des Römerbriefes

Wir können unser Anmerkungen zum Brief an die Römer nicht beenden, bevor wir versucht haben, der Schwierigkeit mit dem Rühmen oder Lobpreisen zu begegnen, mit der er in Röm 16:25-27 abschließt.

Es ist offensichtlich, dass es sich nicht nur um einen Segensgruß handelt, wie er sonst am Schluß von Briefen steht, oder wie in den Versen Röm 16:20.24. Es ist auch klar, dass ein Lobpreis nicht Bestandteil der Lehre des Briefes ist. Es ist ein Rühmen der Herrlichkeit Gottes für das, was zu tun er die Macht hat, und was er offenbart hat. Mehr als das wird hier nicht ausgesagt oder gelehrt. Das muß an geeigneter Stelle geschehen, nämlich in dem Brief, den er als nächsten geschrieben hat an die Epheser.

Wir wollen jetzt zeigen, wie die Einbeziehung seines Lobpreises hier den Ausgangspunkt und eigentlich auch den Ausblick auf den Brief bildet, den er als nächsten geschrieben hat. Der Römerbrief ist die Saat und der Epheserbrief die Frucht; beide stehen in der chronologischen Anordnung genau in der Mitte der Paulinischen Briefe.

Allgemein ist bekannt, dass die Schlussverse des Römerbriefs Schwierigkeiten bereiten, die noch verstärkt werden durch die Randbemerkungen in der "Revised Version" (R.V. eine revidierte Ausgabe der King-James-Bibel). Manche Gelehrte, wie Dean Alfort, die Bischöfe Lightfoot und Gore ebenso wie Dr. Hort, haben darüber geschrieben. Das brauchen wir nicht zu wiederholen. Aber wir wollen hier einen Teil dessen anführen, was wir 1909 an anderer Stelle geschrieben haben. Wir geben das hier wieder, um zu zeigen, dass wir die Frage nicht selber aufgeworfen haben, sondern die Beschaffenheit der Original-Manuskripte hat unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt.

Zum Teil handelt es sich um Urkundenbeweise und zum Teil um interne Beweisführung; auf jeden Fall aber hat es gar nichts zu tun mit der Bibelkritik oder ihren Methoden.

Viele der ältesten Übersetzer und Ausleger wussten um eine Schwierigkeit, die sie unterschiedlich zum Ausdruck bringen, aber mit einem Kommentar konnten sie das natürlich nicht. Somit ist die Frage nicht von uns aufgeworfen worden.

Jeder, der auf die Original-Manuskripte zurückgreift, muß erkennen, dass hier eine Schwierigkeit vorliegt; und wenn wir sie angehen, dann geschieht das nicht wegen einer speziellen Auslegung, sondern um eine Lösung zu finden, die dem Wort selbst die Ehre gibt. Wenn dabei andere Schwierigkeiten aufgelöst werden und unsere eigene Interpretation unterstützt wird, kann uns das nur recht sein.

Es gibt keinen Zweifel an der Echtheit oder Glaubwürdigkeit dieser Verse; das muß eindeutig verstanden werden. Die Beweise dafür sind überwältigend. Aber die Schwierigkeit existiert, und man muß ihr Rechnung tragen. Die Tatsachen sind:

  1. Der Lobpreis selbst steht in den verschiedenen Manuskripten an unterschiedlichen Stellen.
  2. In über 190 Manuskripten steht er nach Röm 16:23.
  3. In zwei oder drei Manuskripten fehlt er ganz.
  4. In einem ist nach Röm 16:24 ein Zwischenraum gelassen und in einem andern nach Röm 16:23.
  5. In einigen Manuskripten steht er an beiden Stellen.
  6. Sogar in Manuskripten, die den Lobpreis enthalten, wie in der "Authorized Version" (A.V. Die autorisierte Version der King-James-Bibel) ist der Segensgruß in Röm 16:24 weggelassen. Diese Variante liegt in der "Revised Version" (R.V.) vor.

All das liefert überwältigenden Beweis für die Genauigkeit des Textes, wie er in der A.V. bewahrt ist, und zeigt uns, dass alle Aufregung unter den Übersetzern und Auslegern daher kam, dass die Wahrheit des Geheimnisses lange Zeit verloren war, und weil man den Vorschlag nicht angenommen hatte (den wir nicht als erste gemacht haben), dass der Lobpreis später angefügt worden sei.

Selbstverständlich hat ungläubige Bibelkritik alle oben angeführten Fakten gegen die Echtheit des Lobpreises ins Feld geführt; und zu ihren Angriffe kamen noch nahezu beleidigende Behauptungen. Aber allen diesen Theorien steht hartnäckig die Tatsache des Urkundenbeweises entgegen. Alles andere ist nichts als Wunsch und Laune von Kopisten, die nicht kapierten, was sie kopierten.

Der passende und unveränderliche Abschluss eines Briefes ist der Segensgruß ("Die Gnade unsers Herrn" usw. mehr oder weniger ausführlich), und nicht ein Lobpreis. Denn wenn es einen Lobpreis gibt, steht er immer danach. In vier Briefen gibt es einen Lobpreis außer dem Segensgruß, nämlich Philipper, 1. und 2. Timotheus und Römer. Aber außer im Römerbrief kommt der Segensgruß immer zuletzt. Siehe Phil 4:20; 1Tim 6:15.16; und 2Tim 4:18.

Wenn der Lobpreis im Brief an die Römer nicht ein Postskriptum wäre (wie wir vorschlagen), dann würde es die einzige Ausnahme von dieser Regel bilden, die sich in allen anderen Briefen finden lässt, denn wir haben

  1. den Segensgruß (Röm 16:20), dann
  2. einen zweiten Segensgruß (Röm 16:24),

der nach unserer Überzeugung bereits ein Postskriptum darstellt, das zur Ergänzung und zum vollständigen Abschluss des Briefes notwendig ist. Aber dann folgt nach dem allen noch ein Lobpreis, der den Brief wieder eröffnet, indem er einen ganz neuen Gegenstand einführt, und so endet der Brief ganz anders als alle anderen, die der Apostel geschrieben hat.

Unsere Vermutung, dass das eine spätere Hinzufügung von der gleichen Hand ist, die den Brief geschrieben hat,

  1. erklärt sofort all die oben angeführten Fakten,
  2. zeigt die Ursache ebenso wie die Grundlosigkeit der verschiedenen Versuche, den Text abzuändern,
  3. vervollständigt die vorzügliche Struktur des gesamten Briefes, die wir unten zeigen werden, und
  4. wirft ein Fülle von Licht auf die Lehre, die daraus folgt.

Dieser letzte Punkt wird wahrscheinlich größten Widerspruch hervorrufen, denn es wird mehr Widerstand geben wegen der daraus zu ziehenden Schlüsse, als wegen des Vorschlags selbst.

  1. Er liefert zusätzliche Bestätigung der Tatsache, dass Paulus nicht beauftragt war, die Wahrheit des Geheimnisses zu Papier zu bringen, bevor er als Gefangener in Rom war.
  2. Er widerspricht nicht der Tatsache, dass die pfingstliche Phase, die in der Apostelgeschichte festgehalten ist, in sich geschlossen war.
  3. Die Auslegung des Briefes stimmt mit der anderer Frühbriefe (Thessalonicher, Korinther, Galater) überein, die nicht über den Rahmen der Apostelgeschichte hinaus gehen, insofern nämlich, als "Gaben" und "Verordnungen," die nur in diesen Frühbriefen und in der Apostelgeschichte erwähnt sind, allein in diese Phase gehören, die eine Zeit der Kindheit darstellt, als alles noch "Stückwerk" war; und auch insofern, dass alles, was "Stückwerk" war, aufhören sollte, sobald das Vollkommene kommen würde. Das Vollkommene kam bald nachdem der Apostel in Rom eingetroffen war, und ist für uns in den späteren Briefen des Paulus aus der Gefangenschaft enthalten. Alles, was in den Frühbriefen als der vollkommene Stand dargestellt ist, speziell Röm. 1-8, bleibt für uns nicht nur gültig, sondern ist die Voraussetzung des Vollkommenen der Gefangenschaftsbriefe.

Aber jetzt zurückzugehen vom Vollkommenen zum Stückwerk, das ist für uns ein großer Fehler, bei dem wir viel verlieren. Und das unter dem Eindruck zu tun, wir würden damit das Wort ehren, ist ein noch größerer Fehler, der weithin viel Verwirrung stiftet.

Das Wort insgesamt ist vollkommen klar und einfach, und nur unsere traditionellen Überzeugungen haben all diese Schwierigkeiten geschaffen. Wenn diese Überzeugungen mit eingebracht und quasi zum Bestandteil des Wortes selbst gemacht werden, ist die Verwirrung vollendet und ausweglos, bis wir das Licht finden, das uns heraushilft.

Wir behaupten, dass unser Vorschlag über den Lobpreis das Phänomen gänzlich erklärt, die Schwierigkeiten ausräumt, und zeigt, dass die verschiedenen Ausleger unnötigerweise beunruhigt waren.

Und wäre die Wahrheit des Geheimnisses nicht längst verloren gegangen, bevor die ältesten Manuskripte entstanden, dann wären die Übersetzer und Ausleger gar nicht erst so verblüfft gewesen. Andererseits sind wir, gerade weil wir diese Wahrheit wiedergefunden haben, dazu geführt und befähigt worden, die Tauglichkeit der einfachen Lösung zu sehen, die das alles harmonisiert, und das Griechisch der ältesten Manuskripte von Röm 16 genau beibehält, wie es auch in der A.V. wiedergegeben (nicht die R.V., denn die läßt den Segensgruß in Röm 16:24 weg) ist.

Nur wer die Mittel und Wege der Bibelkritiker nicht richtig verstanden hat, kann annehmen, wir würden hier ihre Methoden anwenden. Sie vermuten Dinge, die Schwierigkeiten erzeugen, anstatt sie zu beseitigen, und entwickeln ihre Lehren aus eigenen Vorstellungen, ohne Rücksicht auf Schriftbelege. Wie wirkt sich der Vorschlag auf die Struktur des Römerbriefes aus? Die Struktur wird nicht beeinträchtigt, sondern vervollkommnet. Wir haben:

A Röm 1:1-6: Das Evangelium, immer offenbart, nie verborgen.
B Röm 1:7-15: Brieflicher Teil
C a Röm 1:16 - Röm 8:39: Dogmatik
b Röm 9:1 - Röm 11:36: Heilsgeschichte
C a Röm 12:1 - Röm 15:7: Praktisches
b Röm 15:8-12: Heilsgeschichte
B Röm 15:13 - Röm 16:24: Brieflicher Teil
A Röm 16:25-27: Das Geheimnis, nie offenbart, immer verborgen.

Offensichtlich wäre ohne den Lobpreis (Röm 16:25-27) der Aufbau des ganzen Briefes unvollständig. Er muss entweder Teil des ursprünglichen Briefes gewesen sein, dann würde er die ganze heilsgeschichtliche Lehre umstoßen, oder er muss später hinzugefügt worden sein, nach der Ankunft des Apostels in Rom, um die Struktur zu vervollständigen, dann stößt er nichts um.

Aus all dem geht hervor, dass der Lobpreis als Teil des ursprünglichen Briefes, wie ihn der Apostel abgeschickt hatte, fehl am Platz wäre. Seinen richtigen Platz findet er dagegen, wenn Paulus ihn hinzugefügt hat, als er in Rom unter denen weilte, an die er ihn gesendet hatte. Der Brief selber war schon vor ihm dort; und als dann die Zeit zur Niederschrift der Offenbarung des Geheimnisses auf die Pergamente des Apostels (2Tim 4:13) kam, kann er den Lobpreis hinzugefügt haben, so dass der zugleich den inspirierten Abschluss des Römerbriefs und die inspirierte Einführung zum Epheserbrief bildet.

So wurde der Brief an die Römer unter der Leitung des Heiligen Geistes zu einer Abhandlung erweitert einer Abhandlung, die uns eine vollständige Entwicklung oder Entfaltung des Evangeliums Gottes von seinem Sohn bietet.

Lies weiter:
III. Die Apostelgeschichte