Der 2. Korintherbrief - Kapitel 12

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Abschrift: Die Korintherbriefe Band I - IV (2007/08)
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Band I, III und IV sind als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der 2. Korintherbrief - Kapitel 12

Offenbarungen des Paulus und sein Ruhm in Schwachheit
Paulus ringt um Anerkennung bei den Korinthern
Paulus kämpft für die Umsinnung der Korinther

Offenbarungen des Paulus und sein Ruhm in Schwachheit

2Kor 12:1

"Wenn schon gerühmt werden muss (mag es zwar nicht fördern), so will ich aber auch zu den Erscheinungen und Enthüllungen des Herrn kommen."

Gerne würde Paulus jetzt mit dem "Rühmen" aufhören, hat er dies doch zurückliegend als "Unbesonnenheit", oder "ich spreche unsinnig" bezeichnet. Aber es bestand in Korinth ganz offensichtlich der Zwang für ihn, noch länger bei dem Thema "Rühmen" zu bleiben. In 1Kor 11:22 ff hat er ja den Blick auf die großen Apostel in Jerusalem geworfen und dabei ihnen gegenüber sein "Ich auch" oder "ich noch mehr" gesagt. Jetzt wird er an Petrus und Johannes gedacht haben, deren Zeichen. und Wunder "wozu ja auch Erscheinungen und Enthüllungen gehörten) auch in Korinth Eindruck machten. Konnte Paulus hier mithalten?

Die Korinther erfahren im Folgenden zum ersten Mal, dass ihr Paulus sich durchaus mit jenen in Jerusalem messen konnte, ja, dass seine Erlebnisse sogar noch weiter führten. Aber auch das Folgende führt Paulus nicht an, um sich damit zu rühmen, im Gegenteil - wie bisher erstreckt sich sein ganzer Ruhm wieder einzig und allein auf die eigene Schwachheit!

Wir wollen aber zuerst eine ernstliche Warnung mit in den Tag nehmen: Erscheinungen und Enthüllungen sind, nachdem Paulus das Wort Gottes auf sein Vollmaß gebracht hat, außer Kraft gesetzt! Die Körpergemeinde Christi Jesu hat ein vollkommenes Wort in der Hand, dem nichts hinzuzufügen ist, weder durch Erscheinungen noch durch Enthüllungen. Wo solches geschieht, ist Satan als Bote im Spiel! Und weil der Verfasser dieser Zeilen glaubensmäßig in charismatischen Kreisen aufgewachsen ist, weiß er aus eigener Erfahrung, wovor er warnt! So verlockend und prickelnd es sein mag, aber hüten wir uns vor Kreisen, wo mit solchen Dingen gerühmt wird. Dafür danken wir vielmehr unseren Gott und Vater, dass wir alles, was wir heute brauchen, in S einem Wort finden; es ist das Kostbarste, was wir in Händen halten dürfen!

2Kor 12:2

"Ich weiß von einem Menschen in Christus, dass solcher vor vierzehn Jahren (ob im Körper, weiß ich nicht, oder außerhalb des Körpers, ich weiß es nicht, Gott weiß es) bis zum dritten Himmel entrückt wurde."

Es klingt erst einmal seltsam, dass Paulus hier einen "Menschen in Christus" vorschiebt, aber sehen wir dies doch einfach so, dass bei diesen Erlebnissen alles Persönliche, jeder Verdienst oder Vorzug zurücktreten muss. Paulus weiß sich bei allem von seinem Herrn umhüllt und getragen, er ist in der Tat "ein Mensch in Christus"!

Die Zeitangabe von "vierzehn Jahren" soll uns zeigen, wie wichtig und unvergesslich die damaligen Ereignisse für ihn waren. Wer von uns gerne mit Zahlen umgeht: Die "sieben" hat ja die symbolische Bedeutung des Vollmaßes; die "vierzehn" wäre demnach "2 mal sieben". Wenn Paulus erst jetzt, nach vierzehn Jahren, von seinem Erleben berichtet, kann das bedeuten, dass er zweimal das Vollmaß seiner göttlichen Schule durchlaufen musste, um überhaupt eine zweite Gnade verkündigen zu können!

Als erstes spricht Paulus von einer Entrückung bis zum dritten Himmel; ob dies in oder außerhalb seines Körpers geschah, weiß er nicht, und da es keine menschlichen Zeugen dafür gab, weiß es nur Gott allein. Da Paulus schon Jahre zuvor den Thessalonichern von der Entrückung der gesamten Körpergemeinde Christi Jesu geschrieben hatte, wusste er genau, was "Entrückung" beinhaltet - hier jedoch ist er ungewiss und das soll auch uns genügen. Entscheidend ist der Ort, bis wohin er entrückt wurde. Viele Ausleger sehen in dem "dritten" Himmel eine übereinander liegende höhere Region, vergleichsweise mit der unbiblischen Lehre vom "siebten Himmel" - wir sehen dies anders! Paulus wurde nicht in eine höhere Region von Himmel entrückt, sondern den nach zeitlicher Folge dritten Himmel, über den wir morgen sprechen werden.

"... bis zum dritten Himmel entrückt wurde."

Ein Blick in den "Kalender Gottes", den uns der Konkordante Verlag anbietet, zeigt uns ingesamt "drei" Himmel (und drei Erden), die zeitlich aufeinander folgen. Über den ersten Himmel (und die erste Erde) erfahren wir knapp in 1Mo 1:1: "Erschaffen hat Alueim die Himmel und die Erde". Von dieser ersten Schöpfung (Urschöpfung) wissen wir, dass sie bestanden hat, und, vom Wasser überflutet, umkam (2Petr 3:5-6), sie wurde "niedergeworfen". Der Grund für diese Katastrophe auf jener damaligen Welt war der Eintritt von Sünde und Übel durch Satan.

Was uns ab 1Mo 1:2 berichtet wird, ist der Zustand dieser niedergeworfenen Urschöpfung - sie war ein Chaos und inhaltslos, und Finsternis war auf der Fläche des überfluteten Chaos. Und aus diesem Chaos heraus schuf Gott "die jetzigen Himmel und die Erde", von welcher auch 2Petr 3:7 spricht - wir haben es also heute mit dem "jetzigen zweiten Himmel" (und Erde) zu tun. Über unsere heutige Erde wissen wir ja viel, sie ist weitgehend erforscht; aber was wissen wir vom heutigen (zweiten) Himmel? Schon Jesaja sagte: "Erhebet zur Höhe euer Augen und sehet..." (Jes 40:26 ff) - sehen wir? Nach 1Mo 1:6-8 trennte Gott zu Beginn unserer jetzigen Schöpfung die Wassermassen in der Mitte durch die eine Luftschicht und nannte diese Luftschicht "die Himmel" (in der Mehrzahl). Wir kennen diese Luftschicht unter dem Sammelbegriff "Atmosphäre", die sich aus mehreren Gashüllen (Troposphäre bis 12 km Höhe, Stratosphäre bis 80 km Höhe, Ionosphäre bis 800 km Höhe und Exosphäre über 1000 km Höhe, die dann den Übergang zum interplanetarisch Raum bildet) zusammensetzt. Inzwischen sind weiter Sphären gemessen worden - sie. alle sind die unsere Erde umhüllende Luftschicht, deshalb "Himmel! in der Mehrzahl. Was sich nun außerhalb (oder oberhalb) dieser Lufthimmel befindet, ist "über" den Himmeln, also "überhimmlich" - vielleicht dürfen wir jetzt vermehrt erkenn, warum wir, die Körpergemeinde, von unserer überhimmlischen Berufung sprechen!

Wir fassen das Gestrige so zusammen: Wenn Gottes Wort von den heutigen Himmeln redet, so meint es alles, was man sieht, wenn man aufblickt, sowohl die Lufthüllen um die Erde, als auch das gesamte Weltall, die Erde ausgenommen. Da sich Gottes Wort bis Paulus nur mit dem Volk Israel beschäftigte und diese Volk ja eine "irdische" Berufung hat, war alles, was außerhalb der Erde liegt, nur von geringer Bedeutung. Erst als der erhöhte Herr dem Paulus offenbarte, dass es noch ein zweites Berufungsgebiet gibt, welches außerhalb der Erde und seinen Lufthimmeln liegt und das gesamte Weltall umfasst, wurde der bisher pauschale Begriff "Himmel" (ouranos) um den wesentlich differenzierten Begriff "das Überhimmlische" (ta ep ouranos) erweitert. Hier, liebe Geschwister, fängt unser Berufungsgebiet an!!!

Nun wissen wir aus verschiedenen Schriftzeugnissen, dass auch diese gegenwärtige Erde und ihre Himmel (zeitlich gesehen der zweite Himmel) zerstört werden, 2Petr 3:7.10.12, sowie Offb 20:11 berichten unter anderem davon. Und in der Folge dieser Zerstörung gewahrte Johannes einen neuen Himmel und eine neue Erde (Offb 21:1), wir erkennen hier den "dritten" Himmel, von dem auch unser Leitvers spricht und bis zu welchem Paulus entrückt wurde. Den göttlichen Verwaltungen gemäß haben wir es hier. mit der letzten zwölften Verwaltung der Vervollständigung zu tun. Auf der Erde existiert dann das aus den Himmeln herabgekommene neue Jerusalem, und Israel macht, gemäß seinem Auftrag in Mt 28:19 alle Nationen zu Jüngern, während die Körpergemeinde die überhimmlischen Räume in Christus aufhauptet, bis der Sohn Gottes das ganze All Seinem Vater zu Füßen legen kann (wir haben darüber in 1Kor 15:27-28 gesprochen). Und was Johannes sehen konnte (sein Schwerpunkt liegt auf der Erde), durfte Paulus erkennen: "Damit Gott alles in allen sei" - es ist die Zeit nach allen Äonen wo Röm 11:36 erfüllt sein wird: "Das All zu Gott!"

Es ist doch gewaltig, liebe Geschwister, was Paulus ca. 57 n. Chr. in diesem zweiten Korintherbrief schon niederschreiben dufte (Johannes schrieb die Offenbarung ja erst ca. 95 n. Chr.). Auch Johannes gewahrte den dritten Himmel, durfte ihn aber nicht betreten und daraus berichten, sein Blickfeld war auf die Erde gerichtet.

Unser Leitvers berichtet zwar nur, dass Paulus "bis zum dritten Himmel entrückt wurde", was ja noch nicht heißen muss, dass er hineinschauen konnte, doch was wir seinen Briefen entnehmen können, zeigt deutlich, dass ihm mehr als einem anderen Menschen aus diesem zukünftigen dritten Himmel enthüllt wurde - er sah die allumfassende Vormachtstellung Christi und er sah die herausgerufene Körpergemeinde Christi Jesu, wie sie z .B. das Bild des Überhimmlischen trägt (1Kor 15:49), wie sie die Boten (Engel) richtet (1Kor 6:3), und tiefe, ja tiefste Einblicke gewähren uns die Gefängnisbriefe (Vollkommenheitsbriefe). In diesen wird uns das bis dahin noch nicht enthüllte Geheimnis der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade enthüllt und vorausgesagt, dass wir einmal die von uns schon so oft erwähnte Aufgabe haben werden: "... um in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau zu stellen" (Eph 2:7), was vereinfacht heißt, dass wie alle einmal "Schaugefäße Seiner Gnade" sein dürfen!

Viel, ja eine ganze Schrift, wäre darüber zu schreiben, vom Dienst unserer Versöhnung, von. unserer Mitherrschaft, von unserem Amt des Richtens ... das alle wird in diesem dritten Himmel sein und da gibt es doch für uns eigentlich nur eines: Heute schon mit aller Kraft das zu suchen, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt, also auf das zu sinnen, was droben ist, nicht das auf Erden (gm. Kol 3:1-2).

2Kor 12:3-4

"Und ich weiß von solch einem Menschen, (ob im Körper oder außerhalb des Körpers, ich weiß es nicht, Gott weiß es), dass er in das Paradies entrückt wurde und unbeschreibbare Dinge hörte, die dem Menschen nicht auszusprechen erlaubt sind."

Der erste Teil unseres Leitverses ist mit Vers 2 identisch, wir brauchen also nichts weiter dazu zu sagen, im zweiten Teil ist es anders:: Paulus wird hier unzweifelhaft in das Paradies entrückt und er durfte nicht darüber sprechen. Wir wollen zuerst einmal schauen, was dieses Paradies ist:

Den Namen "Paradies" lesen wir nur noch in Offb 2:7, und hier in Bezug auf einen Garten, in welchem das "Holz des Lebens" zu finden ist. Dies erinnert uns gleich an jenen Graten Eden in 1Mo 2:8-9, wo vom "Baum des Lebens in der Mitte des Gartens" die Rede ist. Adam und Eva war es erlaubt, von diesem Baum zu essen, weil er offensichtlich ihre Sterblichkeit aufhielt. Das Menschenpaar hätte somit unbegrenzt in diesem Garten leben können. In der enthüllung des Johannes (Offb 21) darf dieser nun einen neuen Himmel und eine neue Erde gewahren, sowie das neue Jerusalem, das aus dem Himmel herabkommt. Weiter sah er gem. Offb 22:1 auf dieser neuen Erde einen Garten, in welchem das Holz des Lebens zu finden war, das zwölferlei Früchte trägt und. zur Genesung der Nationen dient. Wir haben es hier eindeutig mit dem Paradies zu tun, in welches Paulus entrückt wurde. Wir stellen fest: Paulus durfte die beiden Ebenen sehen, in denen das All in Christus gemäß Eph 1:10 aufgehauptet wird, "beide, das in den Himmeln und das auf der Erde".

Zwischen dem dritten Himmel und dem Paradies besteht ein Unterschied, der nicht immer beachtet wird: Über Letzteres war Paulus zu sprechen nicht erlaubt - ein interessantes Thema für den morgigen Tag!

....dass er in das Paradies entrückt wurde und unbeschreibbare Dinge hörte, die dem Menschen nicht auszusprechen erlaubt sind."

Um zu verstehen, warum Paulus nicht sprechen durfte, müssen wir uns klar darüber sein, zu welchem Zeitpunkt Paulus diesen zweiten Korintherbrief schrieb! Noch erklang die Botschaft vom nahe gekommenen irdischen Königreich durch die Jünger Jesu, noch hatte Israel die Möglichkeit, diese Botschaft anzunehmen, noch hatte das Volk Israel die klare Vorrangstellung vor den Nationen und noch gab es Geheimnisse Gottes, die noch nicht enthüllt waren! Der Grund, warum es Paulus nicht erlaubt war, das Gesehene auch auszusprechen, ist demnach eindeutig mit dem Volk Israel verbunden: Israels Ablehnung hatte noch nicht seinen Höhepunkt erreicht, noch bestand - menschlich gesehen - die Möglichkeit einer Annahme der Botschaft und damit verbunden die Aufrichtung des Tausendjahrreiches (lies Apg 28:25-28).

Was Paulus den Korinthern noch nicht schreiben durfte, enthüllte er in seinen späteren Gefängnisbriefen, also zu einem Zeitpunkt, wo Israels Ablehnung und Beiseitestellung eindeutig war: Es war das Geheimnis der gegenwärtigen geheimen Verwaltung der Gnade (Eph 3:3-6), welches drei neue Eckpfeiler enthüllt:

  1. Gläubige auch Israel und aus den Nationen sind im Geist gemeinsame Losteilinhaber geworden (die Vorrangstellung Israels wurde aufgehoben);
  2. Gläubige aus Israel und aus den Nationen bilden eine gemeinsame Körperschaft, wo alle Glieder gleichwertig sind;
  3. Gläubige aus Israel und aus den Nationen sind gemeinsame Teilhaber der Verheißungen in Christus (beachten wir das dreimalige "gemeinsam" in Eph 3:6).

Paulus sieht jetzt eine herausgerufene Schar aus der gesamten Menschheit, die ihren Platz nicht auf Erden, sondern in den überhimmlischen Räumen hat - und wir dürfen uns dazugehörig wissen!

Wir müssen heute noch etwas "Nacharbeit" leisten, weil unsere Übersetzung für manchen Skeptiker noch Fragen offen lässt: Paulus hörte "unbeschreibbare" Dinge ... ganz exakt übersetzt hat er "ungeredete Reden" (nach F. H. Baader) gehört, also Dinge, die nicht beschreibbar, sondern einfach nur noch nicht zur Sprache kamen, weil sei ein eine Geheimnis gehüllt waren! Wir können demnach unseren Leitvers etwas verständlicher wiedergeben:

Paulus hörte im Paradies Dinge, die bis dahin noch "ungeredet" waren und die er zum Zeitpunkt der Niederschrift des Korintherbriefes noch nicht aussprechen durfte. Es kommt hier das tiefste Zartgefühl Gottes zu Seinem Volk zum Ausdruck! Noch gab es viele in Israel, die auf die nahe Wiederkunft ihres Herrn warteten, allen voran ja die Jünger Jesu. Was wäre zum dortigen Zeitpunkt zum Beispiel im Herzen des Petrus vorgegangen, wenn Paulus unvorbereitet gesagt hätte: Ihr werden alle beiseite gestellt, ja verstockt, und das Evangelium wird von euch (Israel) abgezogen und geht zu den Nationen! Israel musste ablehnen, das war Gottes Ratschluss und Wille, aber die Ablehnung erfolgte nicht abrupt, sondern erfolgte er viele Jahre nach Christi Tod und Auferstehung und war ein langer Lernprozess, auch für die noch lebenden Jünger Jesu.

Paulus hörte also keine Dinge, die für immer verborgen blieben, vielmehr blieb sein Mund nur bis zum endgültigen Abschluss des Gnadenangebotes an Israel verschlossen!

Merken wir: Solange unsere überhimmlische Berufung noch nicht klar enthüllt war, konnten die Nationen Israel nicht gleichgestellt werden, denn aller irdische Segen des messianischen Königreichs wird nur durch das erlöste Israel vermittelt werden, die Nationen sind hinten an gestellt!

2Kor 12:5

"Für einen solchen werde ich mich rühmen, aber an mir selbst werde ich nichts rühmen außer den Schwachheiten an mir."

Obwohl Paulus der Betreffende war, dem solch ein gewaltiger Einblick in die beiden zukünftigen Ebenen "Erde und Himmel" widerfahren ist, macht er doch einen Unterschied zwischen sich und dem Menschen in Christus, er nimmt also Abstand von sich selbst bzw. distanziert sich von seinem "Ich".

Man liest über solche Verse wie heute nur zu oft schnell hinweg, weil man noch gar nicht erfasst hat, in welch gewaltigem Zusammenhang sie stehen, ja weil man das ganze Thema des zweiten Korintherbriefes nicht erkannt hat! Aber wer von unseren Lesern den Weg der zweiten Gnade mit gegangen ist, wer gemerkt hat, dass hier eigentlich viel mehr dahinter steckt, als landläufig gelehrt wird, der wird auch diesen unscheinbar wirkenden Vers richtig verstehen:

"Das "Gelöstwerden" von jeglicher Ich-Gebundenheit vollzieht sich nur auf dem Zerbruchsweg!

Und Paulus? Das es einem Menschen überhaupt - und zwar einem Menschen in Christus - geschenkt wurde, solche Einblicke tun zu dürfen, dessen will sich Paulus durchaus rühmen, aber für sein "Ich" kann er sich nur der Schwachheiten rühmen. Wenn wir diesen Vers immer wieder im Herzen bewegen, werden wir erkennen, dass solche einen Standpunkt nur jemand haben kann, der den hohen Wert des Zerbruchsweges erkannt hat. Wie schreib Paulus schon in 2Kor 11:30: "Wenn ich mich schon rühmen muss, dann will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit erweist."

Einst war unser "Ich" der bestimmende Faktor in unserem Leben, doch was auch für Paulus früher ein Gewinn war, das hat er um Christi willen als verwirkt erachtet ... "um Ihn zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden... (lies Phil 3:7-11).

2Kor 12:6

"Denn wenn ich mich auch rühmen wollte, so würde ich deshalb nicht unbesonnen sein; denn ich würde ja die Wahrheit sagen. Ich schöne euch aber, damit mich niemand über das hinaus einschätze, was er an mir erblickt oder (etwa) von mir hört."

"Rühmen", "nicht rühmen", "rühmen wollte"... es mag schon dem einen oder anderen unter uns langsam zuviel werden! Trotzdem möchten wir unsere Leser ermuntern, nicht in der Aufmerksamkeit nachzulassen! Gerade dieses "Nachlassen unserer Aufmerksamkeit" ist ein Angriffspunkt des Widerwirkers, worin er uns durchaus treffen kann!

Wir haben gestern zum Schluss auf Phil 3 hingewiesen, wo uns Paulus seinen Weg des Zerbruchs zeigt. Was ihm einst so gewinnträchtig erschien, erachtet er um Christi willen als verwirkt, ja als Abraum! Es geht ihm einzig darum, Christus zu gewinnen und als in Ihm erfunden zu werden. Aber Paulus möchte noch mehr: Er möchte Ihn erkennen (wobei wir hier fragen könnten: "warum er Ihn nicht schon längst erkannt hat?"), und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, indem er Seinem Tod gleichgestaltet wird ... wir haben diese Verse in Phil 3:7-11 frei wiedergegeben, wobei aber noch etwas fehlt: In Phil 3:12 lesen wir: "Nicht dass ich dies schon erhielt oder hierin schon vollendet sei. Ich jage aber danach, ob ich wohl ergreifen möge, wozu ich auch von Christus Jesus ergriffen worden bin"! Ungefähr drei Jahre nach dem zweiten Korintherbrief schreib Paulus das Obige aus dem Gefängnis in Rom an die Philipper end es darf uns schon bewegen, dass er bekenntn, es noch nicht ergriffen zu haben (wobei es ja in diesem Philipperbrief ingesamt um den Wandel geht). Er möchte auch uns heute sagen, dass unser Wandel nie vollkommen (vollendet) sein wird, dass unser Zerbruchsweg ständig unser "Ja" bedarf, wir müssen also immer danach jagen und danach trachten, "ob ich wohl ergreifen möge" - und jetzt kommt etwas Herrliches: "weil wir alle längst von Christus ergriffen sind!"

Wir kehren heute wieder zurück zu unseren Korinthern, die uns jetzt schon etwas ans Herz gewachsen sein müssen (wir werden sie ja alle in der Herrlichkeit sehen und erkennen).

Von zwei Entrückungen hat Paulus geschrieben, jetzt kann unserem Leitvers entnommen werden, dass er durchaus noch mehr ähnliche Dinge berichten könnte. Und diejenigen in Korinth, die ihm so sehr misstrauten, was sie alles erlebt haben, könnten Paulus jetzt zurufen: "Wenn du wirklich so großartige Dinge erlebt hast, kannst du doch nicht schweigen - erzähle doch weiter, wir wollen es wissen!"

Es ist in der Tat faszinierend, von solchen Dingen zu hören, zumal sie ja in die Zukunft gehen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn bis heute gerade charismatische Gemeinden großen Zulauf haben, weil dort von Gesichten (Erscheinungen) bezeugt wird und die Zuhörer schon fast so etwas wie eine Gänsehaut bekommen. Ja, diese Dinge ziehen an - leider! Dass hierbei in den meisten Fällen Satan seine Hände im Spiel hat, will niemand wissen! Wir wollen deshalb an dieser Stelle wiederholt warnen, solche Erscheinungen als "göttlich" zu sehen! Wir haben ein vollkommen abgeschlossenes Wort Gottes, dem nichts mehr hinzuzufügen ist, auch nicht durch Engelsbotschaften oder dergleichen!

"Glauben" heißt durchaus auch "erleben", aber das "Erleben" geschieht nicht durch Erscheinungen, sondern durch das Vertrauen in Sein Wort, die Folge ist eine tiefe Freude und ein Frieden im Herzen, der allem Denksinn überlegen ist!

Abgesehen von den letzten Geheimnissen, die Paulus erst in seinen Gefängnisbriefen enthüllte, haben die Korinther viel von ihm gehört und gelernt. Er will aber nicht als der "Geheimnisvolle" vor ihnen stehen, der weit in die Zukunft schauen durfte, seine Botschaft ist vielmehr das Wort vom Kreuz, die überströmende Gnade und die Hinführung zu unserer überhimmlischen Berufung. Wohl sah er die Verführer in der Gemeinde, die über sein Evangelium hinausgingen, die ihren eigenen Ruhm suchten und dabei Eifersucht, Zerrissenheit, Lieblosigkeit und vieles mehr herbeiführten. Hier gegen ging sein schwerer Kampf, wie wir ja zurückliegend sahen. Deshalb zog er eine klare Linie zwischen sich und jenen selbstbewussten Verführern, indem er bewusst über alle weiteren Dinge schwieg, die er sehen und hören durfte.

"Ich verschone euch aber" ist in dem Sinn von "ich sehe davon ab" zu verstehen, Paulus will, dass er so gesehen wird, wie er ist: "in Schwachheit!"

Auch wir dürfen uns immer wieder fragen, ob wir bereit sind, vor unseren Glaubensgeschwistern auch unsere Schwachheit(en) zu zeigen! Es ist ja menschlich, dass wir sie gerne verstecken! Und doch ist es eine Erfahrung, dass, sobald wir dazu stehen, auch die Geschwister plötzlich einlenken und zugeben, wie sehr sie unter Schwachheiten leiden. Machen wir es einfach wie Paulus und rühmen uns eher unserer Schwachheit, damit die Kraft des Christus über uns zelte!

2Kor 12:7

"Damit ich mich nun nicht wegen der Außerordentlichkeit der Enthüllungen überhebe, wurde mir darum ein Splitter für das Fleisch gegeben, ein Bote Satans, um mich mit Fäusten zu schlagen, damit ich mich nicht überhebe."

Wir vergessen leicht, dass Paulus trotz seines hohen und inhaltsreichen Amtes als von Gott berufener Apostel der Nationen auch nur "Mensch" und damit Zeit seines Lebens anfällig für die Angriffe Satans war - ja, er war dessen ganz besondere Zielscheibe! In Phil 3:8-11 schreibt er in Bezug auf den Dienst und Wandel, dass er das bei sich nicht als "perfekt" ansieht, vielmehr bezeugt er in Phil 3:13: "Brüder, ich schätze mich selbst n och nicht so ein, es ergriffen zu haben...", auch er merkt die Schwachheiten seines Fleisches täglich!

Bei unserem Leitvers ragt heraus, dass die Enthüllungen "außerordentlich" waren, sie gingen also weit über alles hinaus, was jemals einem Menschen gezeigt wurde. Wir betonen hier auch gerne noch einmal , dass es keinen Propheten (auch nicht Johannes, der die Offenbarung erst 38 Jahre noch dem zweiten Korintherbrief niedergeschrieben) gegeben war, Einblicke in den dritten Himmel zu nehmen. Johannes konnte nur über das schreiben, was ihm von außen zu schauen gewährt war.

Wir müssen jene unter unseren Lesern, die in Paulus noch nicht den allein zuständigen Apostel der Körpergemeinde sehen, immer wieder vor die Frage stellen: Was erwarten wir zum Beispiel von den sogenannten vier Evangelien? Hatten die Apostel Matthäus, Markus, Lukas und Johannes Einblick in das Geheimnis der Körpergemeinde Christi Jesu? Ein klares "Nein"!!! So nützlich die ganze Schrift für uns ist (2Tim 3:16), so eindeutig finden wir das uns betreffende Evangelium nur bei Paulus! Und deshalb, liebe Geschwister, waren die von ihm gemachten Enthüllungen einmalig, ja außerordentlich!

Weit durfte Paulus in die Zukunft schauen und es war für seinen Dienst wichtig, dass ihm Gott diese Erscheinungen. und Enthüllungen, die ja eine "Außerordentlichkeit" darstellten, offenbarte. Gott wusste aber auch, dass Sein Apostel nur ein Mensch war - wie gewaltig muss das Geschaute für diesen gewesen sein, dass die Möglichkeit der Überhöhung auch bei ihm bestand. Aber unser Leitvers lässt nicht nur "die Möglichkeit" einer Überhebung zu, er sagt aus, dass Gott wusste, dass sich Sein Apostel überheben würde und sorgte von vorne herein mit einer besonderen Maßnahme vor: Einem Splitter im Fleisch des Paulus!

Das gibt auch uns heute, liebe Geschwister, Grund zum nachdenken, vor allem im Blick auf uns. So mancher trägt doch schon ein Leben lang Beschwernisse, Leiden. und Nöte mit sich herum und wird sicher unzählige Male Gott gebeten haben, ihn doch von diesen zu befreien. Aber nichts geschah! Hat Gott unser Flehen nicht gehört?

Gott wusste von Anfang an um den Weg Pauli, ja noch mehr, Er hat ihn bereits vor dem Niederwurf der Welt in Christus auserwählt (Eph 1:4), also bevor überhaupt der Mensch erschaffen wurde. Auch wir sind solche Auserwählten, und schon allein diese Tatsache könnte (oder macht) überheblich machen! Und vielleicht ist diese Möglichkeit gar nicht sofern, da wir auch in unseren Kreisen zu hören oder zu lesen bekommen, dass unsere Berufung höher und herrlicher sei als die Berufung des Volkes Israel! Ja, "optisch" mag sie höher sein (sie liegt ja in den Überhimmeln), aber sie ist nicht herrlicher, nur anders!

Gott kennt auch uns und unsere Wege, und dies von Anfang an; vertrauen wir Ihm, dass alles in unserem Leben seine Richtigkeit hat!

Es wurde schon viel darüber spekuliert, wie wohl dieser Splitter im Fleisch des Paulus ausgehen haben mag, so wurde unter anderem das offensichtliche Augenleiden des Apostels angeführt. Paulus sagt uns aber über die Art dieses Splitters wenig, nur, dass ein Bote Satans beauftragt wurde, ihn mit Fäusten zu schlagen - ob dies nur in einem Augenleiden zum Ausdruck kam, ist sehr fraglich!

Wir haben schon vor Tagen betont, dass gerade Paulus eine besondere Zielscheibe Satans war, war es doch des Apostels größter Auftrag, die Körpergemeinde Christi Jesu ins Leben zu rufen. und diese darüber zu erleuchten, was die Verwaltung des Geheimnisses betrifft, das von den Äonen an in Gott verborgen gewesen war (Eph 3:9). Die Enthüllung dieses Geheimnisses muss förmlich die geballte Macht der Finsternis auf den Plan gerufen haben! Bedenken wir: Der Fürst der Finsternis, Satan, stellte eigens einen seiner Boten ab, um Paulus ständig zu schlagen! Es lässt sich heute für uns kaum ausdenken, welche Not ihm diese ständigen Schläge gemacht haben müssen, vor allem: es war ein täglicher Kampf! Wenn auch wir jetzt spekulieren wollen, welcher Art dieser Splitter war, dann denken wir weniger an fleischliche Krankheiten sondern ehe an schwere geistige Anfechtungen, soweit sie seine schwache Natur betreffen (was aber uns gesehen nicht heißt, dass körperliche Krankheiten nicht auch einen ähnlichen. Splitter darstellen können).

Das Wichtigste aber ist für uns: "Hinter allem steht unser Gott und Vater!" Er gibt den Splitter ins Fleisch, Er erschuf die Finsternis (Jes 45:7), die nur Werkzeug ist, um Seinen Heilsplan durchzuführen, alles geschieht also nach dem Ratschluss Seines Willens (Eph 1:11)!

2Kor 12:8

"Dieserhalb sprach ich dreimal dem Herrn flehentlich zu, dass jener von mir abstehen möge."

Wir haben an früherer Stelle darauf hingewiesen, dass wir mit in die Zerbruchswege des Paulus hineingenommen werden - hier sind wir es! Wenn wir jetzt den Weg von gestern weiter gehen, was dieser Splitter im Fleisch für Paulus beinhaltete, und dabei den Boten Satans im Auge haben, dann denken wir unwillkürlich an jene betrügerischen Arbeiter in 2Kor 11:13-15, hinter denen sich Satan als Engel des Lichts tarnt und seine Diener als "Diener der Gerechtigkeit" verstellt. Denken wir jetzt auch an die ständigen Verfolgungen Pauli durch falsche Brüder, die vielen Verdächtigungen, Anschuldigungen und vieles mehr - das waren doch ständige Schläge, die ihn in seiner Psyche unter Druck setzten, es waren gewaltige Anfechtungen! Sehr deutlich bekennt Paulus solche in Gal 4:13-14. Und diese Anfechtungen kamen in der Schwachheit seines Fleisches zum Ausdruck, es muss etwas gewesen sein, woran die Galater durchaus hätten Anstoß nehmen können, sie wurden förmlich damit auf die Probe gestellt.

Bleiben wir noch einen Moment bei den Galatern: Nach Apg 13 und Apg 14 hängt diese Schwachheit mit der wütenden Verfolgung des Apostels zusammen, mit der Glut des Hasses und der Feindschaft, die sich über ihn ergoss. Und gerade deshalb, weil Paulus sich bei all diesem nicht wie ein weltlicher Held verhielt, sondern scheinbar eher schwach, ja feige wirkte (er floh, anstatt zu kämpfen), haben in die Galater weder verschmäht noch für widerlich gehalten, sondern wie einen Boten Gottes aufgenommen, wie Jesus Christus Selbst! Die Galater haben also ihre Probe bestanden!

Das alles zeigt uns den Weg, den Paulus gehen musste, es war ein Zerbruchs- und Schwachheitsweg. Und Paulus tat das, was jeder andere Mensch an seiner Stelle auch getan hätte: Er flehte zum Herrn, er flehte um Hilfe!

Vers 7 endete mit den Worten: "...damit ich mich nicht überhebe." Noch einmal hob Paulus hier den höheren Gesichtspunkt seiner Qualen hervor, den er jetzt begriffen zu haben scheint. Doch zuvor tat er no ch das, was jeder von uns auch erst einmal tun würde: Er flehte zum Herrn um Hilfe, und dies dreimal.

Es fällt auf, dass sich Paulus mit seinem Flehen nicht an Gott Selbst, sondern an seinen Herrn wandte (in Phil 4:6b schreibt er, dass wir alle unsere Sorgen vor Gott bekannt werden lassen sollen) - auch das ist im positiven Sinn menschlich! Beobachten wir uns selbst in einer entsprechenden Lage: Theoretisch würden wir sagen, dass wir uns an Gott wenden müssen, doch in der Praxis rufen wir doch automatisch den Namen "Jesus" an! Ja, Er ist auch unser Herr und Haupt, und wir sind Seine Glieder. Bei Paulus kam noch hinzu, dass es der erhöhte Herr war, der ihn sandte - und in der Gefahr war es naheliegend, dass sich Paulus an seinen Herrn wandte. Dabei ist grundsätzlich zu sagen, dass es zwischen Vater und Sohn kein Konkurrenzdenken gibt, wer den Sohn sieht, sieht den Vater, das gilt auch für das Gebet!

Die Schläge des Boten Satans müssen schlimm gewesen sein, ,aber nicht nur für den "Menschen Paulus", sondern auch für seinen Dienst. Wie sollte er den Sieg Jesu über die Macht der Finsternis verkündigen, wenn er selbst von dieser Macht gepeinigt wurde - wir müssen uns dies einmal ganz real vorstellen!" Nach dem ersten Anruf erfolgt nichts! Paulus ruft ein zweites Mal um Hilfe - wieder nichts! Was muss in ihm vorgegangen sein! Kennen auch wir ähnliche Situationen? Haben auch wir nicht schon oft mehr als dreimal unseren Herrn um Hilfe aus Nöten angerufen? Und wie fühlten wir uns, als keinerlei Antwort kam?

2Kor 12:9

"Doch Er hat mir versichert: "Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht."

Paulus erhielt eine Antwort, wenn auch erst nach seinem dritten Mal Flehen. Doch diese fiel nicht so aus, wie er sie sich erwünscht hätte, im Gegenteil: Der Splitter musste in seinem Fleisch bleiben! Allein aus dieser Begebenheit lernen wir ganz Wichtiges:

Nicht Satan hat hier nach eigenem Willen einen Menschen gequält, vielmehr war er lediglich "Werkzeug", um Gottes Willen auszuführen! Nicht im gesamten All geschieht, was nicht dem Ratschluss Seines Willens entspringt. Wenn also auch unser Flehen, sei es was es will, nicht erhört wird, dann dürfen wir uns unendlich damit getröstet wissen, dass wir von Gott nicht vergessen wurden oder gar ein Spielball Satans geworden sind, vielmehr dürfen wir, auch wenn es weh tut, in völligem Vertrauen zu Ihm aufblicken, und uns in allen Lagen in Seiner Hand wissen. Das ist ja schon einmal ein ungeheurer Trost!

Ein weiteres, was wir lernen dürfen, ist dies, dass mit diesem Splitter im Fleisch ein ganz bestimmter Zweck erfüllt werden sollte - er schützte Paulus vor Überhebung. Wenn auch wir einen Splitter haben, egal welcher Art und Weise, dann dürfen wir auch einmal in diese Richtung denken, dass uns dieser Splitter vor irgend etwas bewahren soll, was uns auf dem Weg des Glaubens hinderlich sein könnte. Wenn wir jetzt dieses im Herzen bewegen, könnte eine herrliche Frucht daraus wachsen: Wir danken Gott trotzdem, auch wenn wir leiden, und verherrlichen Ihn mit unserem Dank darin, dass wir Ihm wirklich ganz vertrauen, ja dass wir Ihn auch in Leiden und Trübsal preisen können weil er allen der "alles Bewirkende" ist!

Gott legt aber Seinem Apostel nicht nur ein Hinnehmen des Splitters für das Fleisch auf, Er gibt ihm auch eine Antwort: "Dir genügt Meine Gnade!"

Im Grunde wäre es hier unerheblich, wie und auf welche Art Paulus die Antwort Gottes bekommen hat - aber auch hierin liegt etwas, woran wir glaubensmäßig wachsen können. gehen wir einmal davon aus, dass Paulus keine laute Stimme hörte, sondern vielmehr die Antwort Gottes mit den "Ohren des Herzens" hörte. Und gehen wir einmal noch einen Schritt weiter und nehmen an, er hat diese Stimme in seinem Herzen schon bei seinem ersten Flehen gehört, wenn auch noch sehr leise! Bei seinem zweiten Flehen war diese Stimme zwar schon deutlicher für ihn vernehmbar, aber noch nicht überzeugend! Beim dritten Mal allerdings musste er glauben, alles andere wäre dann "Zweifel und Unglaube gewesen!

Hören auch wir von Fall zu Fall tief in unserem Herzen solch eine göttliche Antwort? Wir sprechen jetzt nicht von geheimnisvollen stimmen und Eingebungen, sondern von dem Erleuchten unserer Gedanken durch den heiligen Geist, der uns beim Lesen im Wort Gottes auf ein bestimmtes Wort weist, und dies so lange und immer wieder, bis es in unseren Herzen zur Gewissheit wird.

Es kann furchtbar in die Irre führen, wenn wir uns heute, in der Verwaltung der Gnade, auf stimmen und Einflüsterungen einlassen. Für uns ist einzig und allein das vollendete Wort Gottes die Richtschnur! Einzig in Seinem Wort, und ganz besonders in dem uns betreffenden Wort, und das sind die Briefe des Apostels Paulus, muss uns Antwort gegeben werden - und dann werden wir im Herzen spüren, dass die Antwort glücklich machen darf!

Paulus hatte noch kein auf das Vollmaß gebrachtes Wort Gottes in Händen, er war auf die Enthüllung des erhöhten Herrn angewiesen; und Gott sorgte mit Sicherheit dafür, dass diese Enthüllungen, die neu entstehende Körpergemeinde betreffend, unverfälscht niedergeschrieben werden konnten. Wir haben das geschriebene Wort und finden darin alles, was wir brauchen.

"Dir genügt Meine Gnade", das war Gottes Antwort! Wir dürfen zuerst einmal lernen, dass "Gnade" das Wirken Satans nicht ausschließt, ja mehr noch, gemäß Eph 6:10-18 gehören Angriffe aus dem Bereich des Widerwirkers zum normalen. Christenleben! Das eine schließt das andere nicht aus.

"Die Gnade" ist der Stützpfeiler der heutigen Verwaltung, und im Gegensatz zu früheren Verwaltungen ist sie heute "überströmend"! Für uns bedeutet dies, dass uns gemäß Röm 8:38-39 nichts mehr von der Liebe Gottes scheiden kann, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. Galt in vorherigen Verwaltungen noch das Gesetz, so hat dieses bei uns seine Schuldigkeit getan (es hat uns zu Christus geleitet) und wir sind von ihm frei! Der ganze Galaterbrief hat diese "Freiheit vom Gesetz" zum Inhalt.

Was muss es für Paulus, der ja mit dem Gesetz aufgewachsen ist, bedeutet haben, dass diese neue Gnade überströmend ist, dass sie alles wegspült, womit das Herz Gottes täglich noch gekränkt wird. Wo das Gesetz jede Verfehlung hart bestraft hat, wo ständig die Angst im Herzen war, bei entsprechendem Fehlverhalten ausgeschlossen zu werden, da kehrt mit der Enthüllung der überströmenden Gnade ein unbeschreiblicher Friede ins Herz - und diese Gnade darf in der Tat nicht nur einem Paulus genügen, sondern auch uns!

"... denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht."

Was unser heutiger Leitvers beinhaltet, ist für die Welt paradox und völlig unverständlich. Aber auch viele Gläubige haben mit dieser Aussage ihrer Schwierigkeiten, ja noch mehr, sie übergehen diese einfach. Was sagen uns nun diese Worte?

Um zu verstehen, lasst uns auf unseren Herrn schauen - Er ist in allem unser bestes Vorbild.: Auch Er musste schwach werden, und diese Schwachheit. zeigte sich gemäß Phil 2:6-8 darin, dass er die Herrlichkeit Seiner Gestalt Gottes ablegte, Mensch wurde, Sich erniedrigte und bis zum Tod gehorsam wurde, ja bis zum schmählichen Tod am Kreuz. Bedenken wir doch, liebe Geschwister, in welchem Zustand sich unser Herr befand, als eR, sterbend, die Worte hauchte: "Es ist vollbracht!" Und in dieser äußersten körperlichen Schwachheit lag der größte und herrlichste Sieg im ganzen All: Gott ist versöhnt! Wäre dieser Sieg auch ohne die Schwachheit Jesu möglich gewesen? Nein!!!

Aber den Versen in Phil 2:6-8 geht noch Vers 5 voraus: "Denn die Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus ist...."! Das Entscheidende ist, dass auch wir in die Schwachheit geführt werden müssen, wenn sich die Kraft Gottes voll entfalten soll, das heißt, wir sollen der Gesinnung Jesu Christi nacheifern. Ganz praktisch bedeutet das für uns (was so manche Gläubige gern übersehen möchten), dass auch wir nach unten streben müssen, was unser irdisches Leben betrifft (in unserem geistlichen Leben dürfen wir allerdings nach dem trachten, was droben ist), also unsere Schwachheit akzeptieren. Und so, wie Christi Sieg im Triumph vor den Oberherrschaften und Obrigkeiten (der Finsternis) einhergeführt wurde (sieh Kol 2:15), so dürfen auch wir gemäß Eph 2:7 in den herankommenden Äonen die Kraft Gottes in der Gnade zur Schau stellen - ja, Gottes Kraft wird tatsächlich auf wunderbarste Weise in unserer Schwachheit vollkommen gemacht!

'"Sehr gern werde ich daher eher die Schwachheiten an mir rühmen, damit die Kraft Christi über mir zelte."

Paulus hat schnell gelernt, er hat auch verstanden! Die Frage an uns lautet: Verstehen auch wir? Wollen wir überhaupt verstehen? Es widerspricht doch jeglicher Gesellschaftsnorm in unserer Umwelt, "schwach zu sein" und dann auch noch sich dieser Schwachheit zu rühmen!

Wir kommen wiederholt auf Phil 3:18-19 zurück: So. unsinnig es scheint, sind doch die. meisten Freunde Christi "Feinde Seines Kreuzes"! Ihr Untergang, der solchen (Gläubigen) angekündigt ist, betrifft ihre Selbstgerechtigkeit und das Wohlergehen des Fleisches. Wird dies auf Erden nicht bekämpft und als "verwirkt" betrachtet, wird es vor der Preisrichterbühne Christi ihren Abschluss finden. Verbunden mit dieser feindlichen Haltung des Kreuzes Christi gegenüber ist natürlich auch die Scheu vor Leiden jeglicher Art.

Beachten wir bei Paulus: Gerade seine Schwachheit bildet den Hintergrund für die Kraft Christi! Und das, liebe Geschwister, wird zum Prüfstein der Wahrheit auch unseres Zeugnisses! Wir merken mehr und mehr, dass nicht die wunderbaren Entrückungen des Apostels das Überragende darstellen sollen, sondern mehr und mehr die Kraft Christi über ihm. Und wie äußerst sich diese Kraft Christi?

In 2Tim 1:8-10 fordert Paulus seinen Timotheus auf, zum einen für das Evangelium mitzuleiden, und dies nach der Kraft Gottes, die gerettet und berufen hat - zum anderen spricht Paulus von der Kraft Christi Jesu, die den Tod aufhebt und dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht bringt. Diese Kraftwirkung wurde Paulus bei seinen Entrückungen enthüllt, einmal im Paradies auf Erden durch den Baum des Lebens, und dann inmitten der Überhimmlischen, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Diese Kraft ist das vollkommene Leben, wie es Christus durch Sein Leiden und Seine Schwachheit ans Licht gebracht hat, sie zeltet über Paulus wie auch über uns!

Wir haben es gestern angedeutet, heute wollen wir es vertiefen: Die Kraft Christi, die über Paulus zeltet, ist nicht eine Kraft, die unser irdisches Leben mit Wohlergehen, strotzender Gesundheit und ähnlichem ausstattet, vielmehr zeltet sie über Paulus! Und wenn wir die Aussage "über ihr" etwas strapazieren, dann könnten wir auch so sagen: Die Kraft Christi erblickt Paulus, wenn er nach oben schaut! Er erwartet nicht mehr die Entfernung seines Splitters für das Fleisch, sondern schaut nach oben, sieht die wunderbare Quelle des Lebens, welche nicht nur die zukünftige neue Erde durchströmt, sondern auch die Körpergemeinde Christi überströmend umhüllt und er sieht den Zeitpunkt, wo Christus offenbart wird, und auch wir zusammen mit Ihm in Herrlichkeit (lies Kol 3:4).

Lasst uns noch ganz praktisch werden, liebe Geschwister: Ein Gläubiger, der alles hat, dem alles gelingt, der angesehen und beliebt ist - wird ein solcher Hilfe suchen? Wird er wirklich die Kraft Christi über sich zelten sehen? Der Schwache hingegen lechzt nach Hilfe und wird vom Geist Gottes zu der Kraft Christi geführt und darf erkennen, wie kurz sein irdisches Leben in Schwachheit doch ist (oder sein wird) und wie unbeschreiblich und unsagbar das zukünftige Leben mit Christus in der Herrlichkeit sein wird!

Paulus rühmt sich seiner Schwachheit, weil er erkennen musste, dass er ducrh seine Schwachheiten nicht am äußeren Menschen, sondern am "inwendigen" Menschen erstarken durfte! Seine Schwachheit wurde in der Tat der Hintergrund für die Kraft des Christus!

Uns allen, liebe Geschwister, steht derselbe Weg wie der des Paulus offen! Und offen, ja zur Verfügung, steht uns auch dieselbe Kraft des Christus. Können wir mit Paulus in sein Zeugnis einstimmen?

2Kor 12:10

"Darum ist mir wohl zumute selbst in Schwachheiten, unter Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen, unter Druck um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich kraftvoll."

Was wir von Paulus vernehmen, ist mehr als eine freudige Bejahung seiner Schwachheit, das ist der "triumphierende Glaube!" "Wohl zumute sein in Schwachheiten" ist der Höhepunkt eines Erdenlebens auf dem Zerbruchsweg!

Wenn Paulus hier in Misshandlungen, Nöten, Verfolgungen und Druck spricht, bezieht er sich ja eigentlich auf den "Splitter für sein Fleisch", wir dürfen hier durchaus erkennen, was das Bild des Splitters für ihn beinhaltet.

Paulus lehnt sich nicht gegen diesen Splitter auf, sondern ihm ist wohl dabei - wer von uns, liebe Geschwister kann hier mithalten? Gewiss, wir haben in unserem heutigen Europa keine Misshandlungen, Nöte, Verfolgung und Druck. um Christi willen zu befürchten, dafür gibt es eine Menge anderer Dinge, die uns den Weg des Glaubens schwer machen, die uns innerlich quälen können oder uns die Zeit für Gottes Wort rauben.

Paulus schaut nicht mehr auf sich, er sieht seinen Herrn, und er weiß, dass er in kraftvoll macht. Da, wo alle menschlichen Möglichkeiten ausgeschaltet sind, wo der Glaube auf alle versuche zur Selbsthilfe verzichtet, da und erst da fängt das Leben der göttlichen Möglichkeiten an, da beginnt die Kraft von oben zu wirken, da wird der Glaubend kraftvoll! Und das geht so weit, dass Paulus später in Phil 4:13 bezeugen konnte: "Alles vermag ich in Ihm, der mich kräftigt, Christus!" - und wenn wir noch nicht so ganz in das "Alles vermag ich" einstimmen können, so wollen wir doch im Glauben danach jagen, u m es zu ergreifen, wozu wir doch längst von Christus ergriffen sind (lies Phil 3:12).

"... denn wenn ich schwach bin, dann bin ich kraftvoll."

Noch einen Tag soll uns das Thema unseres Leitverses bewegen, wird mit ihm doch ein Abschnitt in diesem Brief abgeschlossen. Schauen wir nochmal zurück in 2Kor 11:30, wo Paulus schrieb: "Wenn ich mich schon rühmen muss, dann will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit erweist". Dieses Wort steht ja am Ende der langen Aufzählung seiner Leiden. Mit dem heutigen Vers wird noch deutlicher, was Paulus sagen möchte: Weil die Kraft des Christus über ihm zeltet, ist er in seiner Schwachheit kraftvoll!

Es geht darum, liebe Geschwister, dass sich die Kraft des Christus nicht mit unserer Kraft mischen lässt, etwa in der Weise: Wir ein bißchen, Er ein bißchen! Das würde die Kraft von oben verdunkeln (vernebeln). Paulus zieht eine eindeutige Konsequenz: Nur in meiner völligen Schwachheit bin ich in Christus kraftvoll! Christi Kraft allein soll in mir wirken! Zu dem Wort in Phil 4:13, das wir gestern zitiert haben, psst auch Röm 8:37: "Jedoch in all diesem sind wir überlegene Sieger durch den, der uns liebt".

Mit seinem ganzen Vermögen bejaht Paulus seine Schwachheit, er hat, wenn wir so wollen, vor sich selbst kapituliert und sich vollständig unter die Kraft seines Herrn begeben. Das muss auch unser Weg sein! Kämpfen wir noch gegen das Üble in uns? Wollen wir noch immer aus eigener Kraft das Gute vollbringen? Seufzen wir darunter, dass wir täglich erkennen müssen, dass es uns nicht gelingt? Wann erfolgt auch unser Aufschrei: "Ich elender Mensch!" wie wir ihn bei Paulus in Röm 7:24 finden?

Es ist der uralte Kampf unseres Fleisches gegen den Geist! Und so wie schon in Röm 7:24-25 die Gnade das einzige Mittel ist, welches aus dem Körper dieses Todes birgt, so ist es auch hier die Gnade, welche genügt, weil allein Seine Kraft, die Kraft des Christus uns kraftvoll macht.

Paulus ringt um Anerkennung bei den Korinthern

2Kor 12:11

"Ich bin unbesonnen geworden, ihr habt mich dazu genötigt; denn ich hätte von euch empfohlen werden sollen, mangelt mir doch nichts an dem, was die hervorragenden Apostel haben, wenn ich auch nichts bin."

Mit unserem heutigen Vers schließt Paulus sein "Rühmen" ab, welches selbst im Hinblick auf die Entrückung bis zum dritten Himmel und in das Paradies nur ein "Rühmen seiner Schwachheit" war. Er bekennt dabei ganz frei, dass es wohl unbesonnen war, sich überhaupt auf dieses "Rühmen" einzulassen; und warum war er unbesonnen? Weil ihn die Korinther dazu genötigt haben! In diesem Licht zeigt Paulus der Gemeinde ihr großes Unrecht an ihm. Sie hätten ihn empfehlen müssen, ohne dazu aufgefordert werden zu müssen.

Unser Leitvers lässt uns zurückdenken an 2Kor 3:1, die "Empfehlung" schien in Korinth eine große Rolle gespielt zu haben. Wohl brauchte Paulus keine Empfehlungsbriefe von der Gemeinde, sie selbst waren ja sein Brief, der von allen Menschen erkannt und gelesen wurde und immer noch wird. Und gerade deshalb hätte die Gemeinde zu ihm stehen müssen und jede Anzweiflung seiner Vollmacht, jeder Herabsetzung seiner Person zurückweisen müssen. Hätte sie das alle getan, hätte sich Paulus nicht "rühmen" müssen und weite Abschnitte dieses Briefes hätten icht geschrieben werden brauchen. Letzteres ist eine menschliche Überlegung! Doch Gott hat dafür gesorgt, dass gerade auch dieser scheinbar "Unbesonnene" niedergeschrieben wurde, uns zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in Gerechtigkeit, damit wir zubereitet werden, ausgerüstet zu jedem guten Werk (gem. 2Tim 3:16-17).

Und noch einmal blickt er auf die Apostel in Jerusalem und stellt klar, dass seine Berufung in keiner Weise zweitrangig ist, wenn auch mit einem Unterschied: Als Mensch dem Fleisch nach ist er "nichts"! Und das ist es wohl, was für uns in dieser ganzen Ausführung so überaus lehrreich und wichtig ist!

2Kor 12:12

"Immerhin wurden die Zeichen meines Aposteltums doch in aller Beharrlichkeit unter euch ausgeführt, durch Zeichen wie auch durch Wunder und Machttaten."

Unser heutiger Leitvers wirkt erst einmal wie ein Paukenschlag auf uns; lang und ausführlich wurden wir in den zurückliegenden Versen dahin geführt, dass es an dem Menschen nichts zu rühmen gibt, außer der Schwachheit, und jetzt lesen wir plötzlich wieder von Zeichen, 'Wundern und Machttaten als die Zeichen Pauli Aposteltums. Außerdem lasen wir ja schon in 1Kor 9:2 und [2Kor 3:2], dass "die Gemeinde" das Siegel seine Apostelamtes ist - man möchte unwillkürlich fragen: "Ja, was nun, Paulus?"

Wir müssen wieder etwas ausholen, um die rechte Antwort, vor allem aber um das rechte Verständnis für diese Aussage zu erlangen. Zuerst müssen wir um die zwölf verschiedenen Haushaltung bzw. verwaltungen im Heilsplan Gottes Bescheid wissen. Hier lohnt sich ein Blick in "den Kalender Gottes" zu werfen (einer Schrift des Konkordanten Verlags, Pforzheim).

Paulus lebte nach seiner Berufung in drei dieser Verwaltungen,

  1. der pfingstlichen Verwaltung,
  2. der Übergangsverwaltung und
  3. der Verwaltung des Geheimnisses.

Pauli Berufung fand statt, als die Pfingstverwaltung noch die einzig Bestehende war; die Berichte über ihn aus jener Zeit sind spärlich. Wir wissen aber, dass Paulus den Juden wie auch den Hellenisten Jesus als den Sohn Gottes und den verheißenen Messias verkündigt hat, Sein Dienst galt dem irdischen Königreich und entsprechend teilet er irdische Segnungen aus: So machte er z um Beispiel Kranke gesund (Apg 14:10 und Apg 19:11-12) oder erweckte Tote (Apg 20:9-12). Er war, was Machttaten betrifft, den anderen Aposteln durch aus gleichgestellt. Ergänzend zu seiner Aufzählung in 2Kor 11:21-28 könnte man jetzt im Hinblick auf die Machttaten der Jünger Jesu von Pauli Seite aus sagen: "Ich auch!"

Die große Wende im Leben des Apostels Paulus trat ein, als er von der Beschneidung (Israel) abgesondert wurde und sein Dienst an den Nationen begann. Hier nun beginnt die Verwaltung des Übergangs, das heißt, dass Evangelium wird langsam von Israel abgezogen und geht an die Nationen über,. Paulus verließ zwar nicht völlig den Boden der Pfingstverwaltung, weil Israel noch nicht verworfen war! Er verkündigte dementsprechend in den Synagogen außerhalb der Grenzen Israels den Juden das irdische Königreich, damit diese die Chance zur Annahme in letzter Minute noch hatten. Zwar ahnte Paulus schon dort, dass für diese Annahme des Königreichs wenig Aussicht bestand und dass Gott etwas Neues vorbereitet hat. Mehr und mehr wurde er in seinem Dienstauftrag zu den Nationen geführt und in langen Jahren der Zurückziehung ist ihm nach und nach das wunderbare Evangelium der Körperschaft Christi enthüllt worden. In diesem Zeitabschnitt müssen wir die Korinther sehen.

Der entscheidende Punkt für unser Verständnis ist, dass solange Israel noch nicht endgültig verworfen war, Machttaten aller Art gang und gebe waren, jaa mehr noch, sie kamen ja auch den Nationen zugute, nahmen diese gemäß Röm 15:27 ja an den geistlichen Gütern Israels teil. Die Königreichslinie bestand also noch!

Und wie beurteilte Paulus damals diesen Dienstabschnitt: Nicht als Höhepunkt, sondern bruchstückhaft, nach dem Vollkommenen ausgestreckt, alles erst dunkel angedeutet (lies 1Kor 13:9-12) - es war eben ein Übergang!

Wenn uns die letzten zwei Tage richtig vorbereitet haben, dann verstehen wir jetzt, warum Paulus durchaus noch sein Aposteltum mit Machttaten verbindet, auch in Korinth. Solange Israel noch nicht endgültig verworfen war, solange immer noch die Möglichkeit zur Annahme des irdischen Königreichs für Israel bestand, solange hatten auch irdische Segnungen wie Zeichen und Wunder ihren Bestand - auch in Korinth.

Und bedenken wir auch: Im Stand der Unmündigkeit hätten die jungen Gemeinden noch nicht allein im "Glauben ohne Schauen" stehen können, besonders, da sie ja sehen und erleben mussten, wie Zeichen. und Wunder in den ja noch bestehenden Pfingstgemeinden wirksam waren!

Wir merken in diesem Korintherbrief, wie sich der Übergang hin zur Verwaltung des Geheimnisses durchaus vollzieht und den Korinthern immer mehr Teile der vor der Tür stehenden neuen Verwaltung enthüllt werden. So durften wir ja zuletzt in die Enthüllung mit hinein genommen werden: "Dir genügt Meine Gnade, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht."

Unser Leittext sagt also aus, dass die pfingstlichen Machttaten den Korinthern durchaus zugute kamen, ja sie wurden sogar in aller Beharrlichkeit unter ihnen ausgeführt. Und doch, trotz aller Machttaten, bliebt Paulus auf dem Zerbruchsweg, der ja auch darin bestand, dass ihm diese sichtbaren Zeichen mehr und mehr genommen wurden und er die Gemeinden vom "Schauen" zum "Glauben" führen durfte!

2Kor 12:13

"Was wäre es denn, worin ihr etwa minder geachtet wurdet als die übrigen herausgerufenen Gemeinden, wenn nicht das eine, dass ich selbst euch nicht zur Last gefallen bin? War dies eine Ungerechtigkeit, so erweist mir Gnade!"

Paulus fordert die Gemeinde in Korinth auf, selber zu urteilen, ob es wirklich sein kann, dass sie , im Vergleich mit anderen Gemeinden, irgendwo zu kurz gekommen sind. Da klingt etwas wie Eifersucht auf, nämlich die, der Apostel könnte ja andere Gemeinden bevorzugt haben! Oder: Die von Petrus betreuten Gemeinden stehen besser da! Erinnern wir uns zurück an 2Kor 11:4-5 - der Ruhm jener großen Apostel aus Jerusalem hat durchaus auch in Korinth seine Spuren hinterlassen: "Wenn wir doch nur auch einen so großen Apostel hätten, wie anders sähe es dann bei uns in Korinth aus!" - so muss es in Korinth laut geworden sein.

Und Paulus fragt zurück: Was wäre denn anders? Was hättet ihr mehr als jetzt? Aber da klingt noch ein weiterer Punkt auf, der in Korinth Anstoß erregt hat: Er hat sich selbst verpflegt und versorgt, um niemanden in Korinth zur Last zu fallen - doch gerade hiermit hat er sie offensichtlich verletzt. Und was tut Paulus? Er erkennt, dass er in diesem Punkt wohl falsch gehandelt hat und bittet seine Korinther um Verzeihung: "....so erweist mir Gnade!"

Vielleicht darf uns dies wenig beachtete Begebenheit heute doch zum Segen werden, indem auch wir des Apostels Zuspruch in 1Kor 4:16 aufgreifen: "Werdet meine Nachahmer!" Und nachahmen können wir hier Pauli Herzensstellung, einmal dort um Verzeihung zu bitten, wo wir (ungewollt) Unrecht getan haben, zum anderen, jenen Gnade zu erweisen, die uns gekränkt haben. Dazu finden wir ein feines Wort in Eph 4:32, das wir mit in den Tag nehmen wollen: "Werdet aber gegeneinander gütig und im Innersten wohlwollend, erweist euch gegenseitig Gnade, wie auch Gott euch in Christus Gnade erweist!"

2Kor 12:14

"Siehe, dies dritte Mal halte ich mich bereit, zu euch zu kommen. Dabei werde ich euch nicht zur Last fallen; denn ich suche nicht das Eure, sondern euch selbst; sollen doch nicht die Kinder für die Eltern Schätze aufspeichern, sondern die Eltern für die Kinder."

Obwohl Paulus erkannt hat, dass man in Korinth über das Gastrecht anders denkt, als er angenommen hat, kündigt er erneute an, keinem zur Last fallen zu wollen. Hat Paulus nicht aus dem Vergangen gelernt? (Wir haben ja an früherer Stelle angemerkt, dass es damals mehr als üblich war, seine Gäste zu bewirten und zu umsorgen, das Gegenteil wurde als Beleidigung empfunden). Doch Paulus begründet sein erneutes "nicht zur Last fallen" damit, dass er den Korinthern seine uneigennützige Liebe zur Schau stellt: "Ich suche euch!" ... und diese Wortes sollen uns heute tief bewegen!

Wer etwas sucht, setzt voraus, dass er etwas verloren hat! Dazu finden wir ein wunderbares Beispiel im AT bei Joseph! Irgendwann war er seinen Brüdern lästig und sie verkauften ihn. In der Ferne wuchs Joseph heran, doch in seinem Herzen war kein Groll gegen die verlorenen Brüder, sondern Sehnsucht - und Sehnsucht sucht! Und mit welcher Intensität er sie suchte, bewegt uns heute noch tief!

Hatte Paulus seine Korinther verloren? Nicht unbedingt aber sie haben sich teilweise beeinflussen lassen und sich so ein Stück weit von ihrem Apostel entfernt (denken wir nur noch einmal an 2Kor 11:4, wo von einem anderen Jesus, einem anderen Geist, sowie einem andersartigen Evangelium die Rede ist). Und Paulus sucht sie, er sucht sie mit inbrünstigem Herzen - was für ein liebliches Bild!

Auch wir, liebe Geschwister, sind solchermaßen "Gesuchte"! Unser Herr hat uns gesucht und - gefunden! In Ihm sind wir "Begnadete" und in Ihm sind wir mit jedem geistlichen Segen gesegnet, und dies inmitten der Überhimmlischen! Können wir das fassen?

2Kor 12:15

"Ich aber will sehr gern alles für eure Seelen verbrauchen und mich dabei aufbrauchen lassen, auch wenn ich, der ich euch besonders liebe, minder geliebt werde."

Wir haben den letzten Teil des gestrigen Leitverses nicht erwähnt, weil er zum heutigen Vers gehört. Aus dem Zusammenhang gerissen kann man ja in das "Schätze sammeln für die Kinder" viel Falschen hineinlegen. Natürlich wissen liebende Eltern zu Gunsten ihrer Kinder zu verzichten und sparen nur zu oft ein Vermögen an, damit dies (wie man so schön sagt) einmal besser haben sollen! Doch darum geht es hier weniger! Das "Schätze sammeln" ist hier nicht im Sinne von Mt 6:19 zu verstehen, sondern um das "Sich aufbrauchen lassen"!

Paulus versichert seinen Korinthern, dass sein erneuter Verzicht au f Unterhalt für ihn eine Herzensangelegenheit ist, auch wenn sein Körper Mangel haben sollte. Er möchte "alles für ihre Seelen verbrauche, auch wenn er dabei (selber) aufgebraucht wird"! Mit "Seele" (Psyche) meint Paulus den Menschen in seiner inneren Lebendigkeit. Schriftworte wie Röm 7:22; 2Kor 4:16 oder Eph 3:16 sprechen deutlich vom "inneren Menschen", der im Gegensatz zum "äußeren Menschen" (unserem Fleisch) steht.

Paulus geht hier viel weiter, als wir es in der Regel sehen - er wäre bereit, seine Seele (seinen inneren Menschen) aufbrauchen zu lassen! Erscheint uns da zu gewagt? Dann lesen wir doch hierzu noch Röm 9:1-3; hier spricht Paulus mit klaren Worten, dass er, wenn es möglich wäre, sogar von Christus hinweg verbannt sein wünschte, um seinen Brüdern dem Fleische (seinem Volk Israel) nach helfen zu können. Wenn wir über die Tragweite dieser Aussage nachdenken, erscheint uns dies ungeheuerlich! Natürlich weiß Paulus, dass ihn nichts mehr von der Liebe Gottes scheiden kann, die in Christus Jesus ist, aber allein schon die Bereitschaft, sich auch hierin für andere zu opfern, erfordert eine im Grunde unfassbare Liebe - es kann nur die Liebe Gottes sein, di ein Pauli Herz ausgegossen ist und nun zur wunderbarsten Entfaltung kommt!

Bei dem gestern Betrachteten fehlt noch eines: Unser Herr! Denn wenn Einer überhaupt zu solch etwas fähig ist, bzw. war, dann ist es Jesus Christus gewesen, der, sterbend am Kreuz, alles für uns gab! In Joh 10:14 sagt Jesus: "Ich bin der edle Hirte. Der edle Hirte gibt seine Seele für die Schafe hin." Dies wiederholt Er in Vers 15, und in Vers 17 lesen wir: "Deshalb liebt Mich der Vater, weil Ich Meine Seele hingebe..."! Und wie war vielfach die Antwort auf diese Rede Jesu: Es kam unter den Zuhörern zu Spaltungen und viele sagten, Er habe einen Dämon und Er sei von Sinnen (lies die Verse Joh 10:19-20).

Am Kreuz auf Golgatha ließ aber Jesus Seine Seele nicht nur für Seine Schafe, mit denen Er Sein Volk Israel meinte, sondern auch für uns, die Gläubigen aus den Nationen, ja mehr noch, für alle Menschen sowie für das ganze All! Es scheint unbegreiflich, dass ein guter Teil der Gläubigen meint, Jesus sei nur für jene gestorben, die von sich aus zu Ihm kommen - für den ' Großteil der Menschheit wäre Seine Dahingabe demnach vergeblich gewesen!

Der Vater liebt den. Sohn, weil dieser zum Letzten, zur Hingabe Seiner Seele , bereit ist. Und jetzt geht eine schwere Frage an uns: In Phil 2:5 lesen wir die bekannten Worte: "Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus ist..." - inwieweit sind auch wir bereit, diese Gesinnung anzunehmen?

"Hingeben" können (brauchen) wir unsere Seele nicht mehr, das tat unser Herr für uns! Aber die innere Bereitschaft, sich zumindest für einen Teil aufbrauchen zu lassen (oder zu verbrauchen) - das wäre "so gesinnt sein wie Er"! Damit stehen wir wieder in der Gemeinschaft Seiner Leiden und der zweiten Gnade, Teilhaber Seiner Leiden und Seines Trostes zu werden - dieses Thema verfolgt uns bis zum Schluss!

2Kor 12:16

"Sei es also, ich habe euch nicht überbürdet, sondern habe als listiger Mensch durch Betrug etwas von euch bekommen?"

Der heutige Leitvers steht in der "Fragestellung", anders ja kann es ja nicht sein. Paulus stellt diese Frage, weil ihm immer noch ein hässliches Misstrauen aus den Reihen der Korinther entgegen schlägt. Alle bisherigen Beteuerungen scheinen bei etlichen auf taube Ohren zu stoßen und so mag ihm entgegen geklungen sein: "Gut Paulus, du selbst hast dich als selbstlosen Mann dargestellt, der von uns nichts nimmt, aber - deine Mitarbeiter holen aus der Gemeinde heraus, was zu holen ist!" Ja, die von ihrer Ichsucht und Habgier geleiteten Gegner können es sich einfach nicht vorstellen, das Paulus vollständig in seinem Dienst aufgeht, dass er dies völlig selbstlos tut. Und genauso fern liegt ihm, durch seine Mitarbeiter etwas von den Korinthern zu fordern - für ihn wäre das Betrug und er müsste sich als ein "listiger Mensch" sehen.

Wir dürfen uns zu Recht fragen, warum in Gottes Wort Pauli Dialog mit seinen Gegnern so übermäßig lang ausgeführt wird - bringt uns das heute noch irgendeinen Gewinn? Vielen von. uns vielleicht nicht mehr unbedingt, weil sie im Wort Gottes gefestigt sind! Doch gibt es auch heute noch eine. Vielzahl an Gläubigen, die mit Paulus wenig anfangen können, die keine. Ahnung von der Verwaltung der Gnade haben, die ihr Hauptaugenmerk auf die Aussagen in den vier Evangelien richten, also auf die Botschaft des irdischen Königreichs. Damit gehen sie an ihrer überhimmlischen Berufung vorbei!

Paulus verteidigt sich so ausführlich, weil er von Anfang an klarstellen muss, dass es nur ihm gegeben ist, die Nationen über diese überhimmlische Berufung zu belehren (Eph 3:8 ff) - keinem anderen Schreiber der Bibel (auch nicht dem Johannes, der die Offenbarung schrieb) wurde etwas davon enthüllt!

2Kor 12:17-18

"Doch nicht durch jemand von denen, die ich zu euch geschickt hatte? Habe ich euch durch ihn übervorteilt? Ich habe Titus zugesprochen, euch aufzusuchen, und ich habe den Bruder mitgeschickt; Titus hat euch doch nicht irgendwie übervorteilt? Wandeln wir nicht alle in demselben Geist, nicht in denselben Fußstapfen?"

Paulus darf sich der Treue seiner Mitarbeiter sicher sein, sie dienten in den verschiedenen Gemeinden mit derselben Hingabe und Uneigennützigkeit, wie Paulus selbst. Dabei hat besonders Titus sein volles Vertrauen, weil auch er nicht zu jenen gehört,, die nach Phil 2:21 nur "das Ihre" suchen, und nicht das, was Christi Jesu ist. Der zweite Bruder, von dem unser Leitvers schreibt, ist uns namentlich unbekannt. Wichtig ist nur, dass alle Mitarbeiter in demselben Geist und denselben Fußstapfen wandeln.

"In demselben Geist wandeln" muss eigentlich heißen, dass alle unter der Führung des Geistes Gottes sstehen. Und sie stehen auch alle unter diesem Geist!!! Nur - wir sehen bis heute, dass es unter den Glaubensgeschwistern sehr unterschiedliche Führungen gibt, was nicht selten zu heftigen Meinungsverschiedenheiten, ja zu handfestem Streit führt. Unsere Stellung in Christus (die Versiegelung mit dem Geist der Verheißung, dem heiligen) ist davon nicht betroffen, wohl aber unser Wandel. Unser Wandel auf Erden ist die göttliche Schule, und so wie schon unsere Kinder aufgrund ihrer schulischen Leistungen verschiedene Berufe ergreifen können, so wird auch unser Wandel vor der Preisrichterbühne Christi beurteilt werden und maßgeblich dafür sein, was wir in der Herrlichkeit für Aufgaben bekommen werden. Ob dies nun ein trefflicher Rang sein wird (gem. 1Tim 3:13), oder ob wir laut 2Tim 2:12 zum "Mitherrschen" befähigt werden (wenn wir erdulden) oder gar mit Ihm verherrlicht werden, wenn wir bereit sind, auch mit Ihm zu leiden (Röm 8:17) ... wir merken, liebe Geschwister, dass sehr wohl ein unterschiedlicher Wandel möglich ist! Eines aber ist immer gleich: Eine Körperschaft, ein Geist, ein Erwartungsgut, ein Herr, ein ein Glaube ... (lies Eph 4:4-6).

Paulus kämpft für die Umsinnung der Korinther

2Kor 12:19

"Schon längst meint ihr, dass wir uns vor euch verteidigen wollen. Nein, vor Gott in Christus sprechen wir, und zwar alles zu eurer Auferbauung,

Geliebte."

Auch auf uns machen die Ausführungen des Paulus schon im ganzen zweiten Korintherbrief den Eindruck, als ob er sich tatsächlich verteidigen will - Paulus sagt ein klares "Nein"! Er und seine Mitarbeiter sprechen vor Gott in Christus!

Wohl ringt Paulus darum, dass in die Korinther verstehen und sein besonderes Amt als Apostel begreifen, wohl muss er deshalb eilfache Vorwürfe und Verdächtigungen zurückweisen, ja seine Gegner zum Teil scharf angreifen - aber sein Ziel ist ein anderes, als seine Gegner meinen: Er will nicht verteidigen, sondern auferbauen!

Nach den Worten unseres Leitverses sieht sich Paulus im Grunde nicht vor den Korinthern sondern vor Gott stehen. Und deshalb ist er auch nicht von dem ichhaften Drang besessen, sich zu rechtfertigen oder zu verteidigen, sondern schreibt diesen Brief "in Christus", das bedeutet, dass er von der Liebe des Christus bestimmt ist. Und die Liebe Christi drängte ihn schon in 2Kor 5:14, zur Mitte des Evangeliums zu kommen: "Einer starb für alle!" Und das hat Konsequenzen: "Und für alle starb Er, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde" (2Kor 5:15). Sind wir damit nicht wieder bei dem berühmten roten Faden in diesem Brief angelangt, der zweiten Gnade? Was bedeutet denn, nicht mehr "sich selbst zu leben"? Und was heißt es, "dem zu leben, der für uns starb"? Darf das nicht wirklich eine z weite Gnade sein, Teilhaber Seiner Leiden und Seines Trostes zu werden?

Wir können es hin und her drehen, liebe Geschwister, aber es bleibt das Hauptthema in diesem Brief und es soll uns zur Auferbauung dienen: Nicht nur die Kraft Seiner Auferstehung zu erkennen, sondern auch "die Gemeinschaft Seiner Leiden" (lies Phil 3:10)!

2Kor 12:20

"Denn ich fürchte, dass, wenn ich komme, ich euch etwa nicht derart finde, wie ich es will, und dass ich von euch derart gefunden werden, wie ihr es nicht wollt, dass nicht etwas Hader, Eifersucht, Grimm, Ränke, Verleumdungen, Ohrenbläserei, Aufgeblasenheit und Aufruhr unter euch seien."

Paulus schaut voraus auf seinen anstehenden Besuch in Korinth und seine Worte in unserem heutigen Leitvers stehen ja in vollem Gegensatz zu jener Freude, die 2Kor 7:4-7 und 2Kor 7:13-16 zum Ausdruck kommt. Da muss man sich zu Recht fragen, wie es möglich ist, dass Paulus im gleichen Brief so gegensätzlich denken und schreiben kann: Einmal voller Freude, und dann voller Sorge, ja Furcht!

Wir verstehen diesen Gegensatz nur, wenn wir uns auch gedanklich zurückversetzen können und einen Apostel sehen, der in heißem Ringen um eine geliebte Gemeinde kämpft. Als Paulus den Titus nach Korinth sandte, war er voller Sorge, ob es wohl zum Bruch mit den Korinthern kommen würde; doch Titus kam mit der frohen Botschaft zurück zu ihm, dass kein Bruch erfolgt ist, sondern die Gemeinde zum großen Teil an ihm festhält. Darf da nicht erst einmal eine große Freude in Paulus aufkommen?

Aber trotz all der Freude wurde Paulus schnell wieder Realist und ließ sich von dem Votum der Korinther nicht täuschen: Der Kampf gegen die Bollwerke der Finsternis ging unvermindert weiter! Eine Gemeinde, die wie uns ja der erste Korintherbrief zeigte, durch so viel innere Nöte ging, wird nicht mit einem Schlag völlig anders sein - im Gegenteil! All die aufgeführten menschlichen Eigenschaften waren tief eingefressen und sind nicht auszurotten, weil das Fleisch in ständiger Feindschaft gegen Gott ist (Röm 8:7). Es lässt sich nicht verbessern, sondern nur ans Kreuz verweisen! Und das war bei den Korinthern so und ist heute bei uns nicht anders.

2Kor 12:21

"Ich hoffe, dass mein Gott mich bei meinem Kommen nicht wieder vor euch demütigen wird und ich. um viele trauern müsste, die vormals gesündigt hatten und nicht von der Unreinheit, Hurerei und Ausschweifung umsinnen, die sie verübten."

Wir hatten es zuletzt ausschließlich mit jenen Gegnern Pauli zu tun, die er in 2Kor 11:13 als falsche Apostel und betrügerische Arbeiter bezeichnete, deren Bollwerke er einzureißen suchte. Jetzt greift er weiter zurück auf jene Korinther, die einen fleischlichen Lebensstil führten, von dem uns 1Kor 5:1 ff berichtet hat. Bereits bei Pauli vorherigem Besuch in Korinth hatte er diesen unwürdigen Wandel vorgefunden und es war ihm offensichtlich nicht gelungen, diesen auszurotten. Und was tut er?

Auch in diesem Fall zeigt sich Paulus als ein Mensch, der nicht einfach nur verurteilt, sondern die Liebe des Christus ausstrahlt, indem er sich selbst mit diesem schlechten Wandel identifiziert, ja darunter stellt, als wäre es sein eigener; er empfindet es sogar als persönliche Demütigung. Erinnern wir uns noch an 1Kor 12, wo es um die Einheit des Körpers Christi geht? In vielen Versen zeigte Paulus hier diese vielfältige Einheit auf und stellte in 1Kor 12:26 fest, dass, wenn ein Glied leidet, alle Glieder mitleiden. Jene Korinther, die hier angesprochen sind, waren ja nicht ungläubig, sie kamen nur von ihren fleischlichen Bindungen nicht los. Es trifft also den Apostel ganz persönlich, wenn im Gemeindeleben etwas nicht in Ordnung ist. Eigentlich müsste sich Paulus durch die Unordnung in der Gemeinde gedemütigt fühlen, doch er legt die Verantworten auf seinen Gott!

Es ist unser Glaubenswachstum, das uns von Erkenntnisstufe zu Erkenntnisstufe empor führt: Zuerst ist der Mensch selbst verantwortlich, zuletzt muss jeder erkennen, dass es nur einen. Wirkenden im ganzen All gibt: Unseren Gott und Vater - und von Ihm weiß sich auch ein Paulus sicher geführt.

Wir müssen noch auf den zweiten Teil unseres Leitverses eingehen: Es geht um etliche (viele) Gemeindeglieder, die nicht umsinnen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Korinther eine andere sexuelle Kultur hatten, als wir sie kennen. Auch für gebildete Griechen war es normal, sich mit Dirnen zu umgeben und sich zu ergötzen. Viele Korinther waren dieses Leben gewohnt, sahen es als normal an und sollten nun plötzlich umsinnen - Paulus hatte also einen harten Stand!

Offensichtlich hatten nun viele die Umsinnung abgelehnt, vielleicht sogar auf die Berufung, dass dem wahren Geistesmenschen alles erlaubt sei. Paulis Worte in 1Kor 6:12-20 schienen wenig Anklang gefunden zu haben, jetzt kann und darf er diese Gemeindeglieder nicht länger schonen. Ein Mittel dafür ist die Entfernung aus der Gemeinde. Für Paulus ist dies aber keine Genugtuung, vielmehr trauert er um jene. Aber noch besteht Hoffnung, noch könnten sie umsinnen.

Worin besteht die Umsinnung? In keinem Fall kann unser Fleisch verbessert werden, auch jenes der Korinther nicht. "Umsinnung" kann also nur bedeuten, den Sinn weg von sich selbst und hin auf Christus zu richten! Das ist wahre "Umsinnung"! Lesen wir erneut 2Kor 3:18: Wer den Spiegel seines Herzens auf Christus richtet, spiegelt Seine Herrlichkeit wider, und wird dabei in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit - da bleibt dann kein eigener Ruhm übrig, sondern aller Ruhm gebührt Ihm! Er, unser Herr ist es, der umgestaltet, und Er kann auch die Korinther, die willig sind, weg von ihrem Fleisch und hin auf Ihn zu schauen, aus ihren Unreinheiten herausführen, so dass Paulus nicht mehr trauern müsste.

Lies weiter:
Der 2. Korintherbrief - Kapitel 13