Ein religiöses Erwachen

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Abschrift der Schrift: Der ismaelitisch-israelische Konflikt:
von M. Jaegle (1968)

Mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß (+ Dez. 2022), Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis

Der ismaelitisch-israelitische Konflikt und seine göttliche Lösung

II. I S R A E L

3. Ein religiöses Erwachen

Aber nun hat Israel mit Einsatz moderner Kriegsausrüstung den letzten Krieg (1967) überraschend schnell gewonnen. Dieser Sieg hat des Volkes Seele gewaltig erfasst. Das ist gut zu verstehen Heiligen Stätten kamen nun wieder in ihren Besitz. So vor allem die Klagemauer, aber auch die Gräber von Rahel und ihrer Erzväter in der Doppel-Höhle „Mamre“ in Hebron (1Mo 23:19; 1Mo 25:9; 1Mo 35:27-29; 1Mo 50:13).

Eine wahre Wallfahrt setzte zu diesen Plätzen ein, wo viele Dankesgebete zu Gott emporstiegen. Ein Feld-Rabbiner verkündigte vor der Klagemauer der Welt, dass nun die Stadt Davids wieder voll im Besitz der Juden ist und machte dazu die Erklärung: „Wir treten in das messianische Zeitalter ein.“ Darauf beteten dort anwesende Soldaten:

„Gelobet seist Du, uns Gott, der uns zurückgeführt nach Zion, der Jerusalem erbaute!W Hören wir weiter das Gebet, welches ein Hochgestellter in Israel sprach:

„Feinde haben uns umringt und wollen unser Volk ausrotten. Aber Du, o Gott, hast ihre bösen Pläne vernichtet. Eine neue Generation ist in unserem Lande entstanden, eine Generation von Freiheitskämpfern und Helden. Wir stehen heute hier an der Westmauer, die übrig ist von Deinem herrlichen Hause in dem großen Jerusalem, jetzt wieder vereinigt. Wir bitten aus der Tiefe unseres Herzens: Lasse doch Deinen herrlichen Tempel wieder aufgebaut werden in unseren Tagen, zu Deiner Ehre!“


Wie haben wir nun solche ergreifende, von Israeliten gesprochene Gebete von der Schrift her zu beurteilen? Nun, nach Lk 21:29-31 sind das erst die Knospen am Feigenbaum, aber noch keine Gott verehrende Glaubensfrüchte. Es ist ein religiöses Erwachen, aber noch keine Lebendigmachung des Geistes. Dem gegenüber steht immer noch ihr Unglaube an ihren Messias, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Noch ist Er der vom Volk Verstoßene.

Dieser Einstellung zu Christus entspringt auch die neu entflammte, feindselige Haltung zu ihren an Christus gläubig geworden Volkgliedern. Diese werden nicht nur von ihren Familien ausgestoßen, sondern auch vom Staat. Noch immer will auch dieser sie nicht als Bürger anerkennen und nimmt ihnen die Lebensmöglichkeiten in ihrem Land. Ja, unsere jüdischen Glaubensgeschwister gehen in ihrem eigenen Volk einen unsagbar schweren Leidensweg! Es liegen ergreifende Berichte darüber vor.

Damit wird offenbar,dass der Hass gegen Christus noch stark in Israel weiterlebt, wie es ihnen der Herr im Gleichnis (Lk 19:14) mit den Worten entgegenhält: „Seine Bürger aber hassten ihn ...“

Wie steht es deshalb um das Gebet um einen Tempel, in welchem Christus und den an Ihn gläubigen Israeliten kein Eintritt gewährt wird? Da muss man doch mit Bedenken fragen. „Was wird das für einen ‚Tempel Gottes‘ geben?“ - Auf diese schwerwiegende Frage gehen wir noch im Abschnitt über die heutige Endgeschichte Israels ein.

Vorerst kommen wir zum Thema:

Israels grundverschiedene Siege

Aus den göttlichen Offenbarungen über Israels heutige und zukünftige Entwicklung können wir drei Kategorien von Siegen Israels erkennen.

Wir bezeichnen die Erste als:

I. Kämpfe und Siege Israels auf dem Boden der alten Schöpfung im unerneuerten Zustand, allein auf sich und auf die eigene Kraft gestellt:

Zu dieser Gruppe gehören die heutige Siege Israels, denn es erringst sie als ein Volk, welches:

  1. im Ungehorsam gegen Gottes Gebote lebt,
  2. auf seine eigene Kraft baut,
  3. Christus ablehnt,
  4. die an Ihn gläubigen Volkgenossen ausstößt,
  5. noch nicht durch Gottes letztes Züchtigungsgericht zurechtgebracht ist,
  6. sich auf dem Weg zum tiefsten Abfall befindet, #den Antichristen als den Messias annehmen und sein Werkzeug werden wird,
  7. die Völker zum Fluch und Untergang regieren wird,
  8. und deshalb heute die Verheißungen des Königreichs noch nicht erleben wird, mit Ausnahme der einen bedeutungsvollen, dass Gott es vor der totalen Vernichtung bewahrt.

Die zweite Siegesart können wir wir folgt erklären:

II. Kämpfe und Siege Gottes mit MItwirkung Seines Volkes.

Diese Art von Siegen Israels finden sich sehr zahlreich in der Schrift. Gott hatte diese mit einem bedeutungsvollen Ereignis in Jakobs Familie eingeführt, welches wir 1Mo 35:1-5 lesen. Dort, vor der Stadt Sichem, wo Jakob mit seiner Familie lagerte (1Mo 33:18), erhielt er von Gott die Anweisung, mit ihr hinauf nach Bethel zu ziehen.

An dieser Stätte erschien ihm Al (1Mo 28:13), als er sich auf der Flucht vor Esau befand. Und er nannte jenen Ort „Bethel“, welches heißt: „Haus Al’s“ oder „Haus des Unterordners“ (1Mo 28:18).An diesen Ort musste er wieder ziehen und dem Gott einen Altar bauen, der Jakob antwortete am Tage seiner Drangsal und sein rettender Beistand ward auf dem Wege, den er ging (1Mo 35:3).

Aber in dem Zustand, in dem sich Jakobs Familie befand, konnte sie sich unmöglich zum Hause Gotte begebe. Deshalb befahl ihnen Jakob: „Entfernt die ausländischen Alueime (Götter), die da sind in eurer Mitte, und reinigt euch und wechselt eure (alten) Gewänder (1Mo 35:2)“ „Imd da geben sie Jakob alle ausländischen Alueime (fremde Götter), die da sind in ihrer Hand, und die Reifen, die da sind an ihren Ohren, und es vergräbt sie Jakob unter der Terebinthe, die da ist in bei Sichem“ (V.4.).

Als sich die Familie Jakobs nach dieser Lebensumgestaltung auf den Weg nach Bethel begab, um dort den Altar aufzurichten, war die Auswirkung eine ganz gewaltige: „Und die Bestürzung Alueims ward über die Städte, die sie umgeben; und sie verfolgten nicht die Söhne Israels“ (V. 5), wie es ohne göttliche Einwirkung geschehen wäre. Man lese hierzu: 2Mo 23:27; 5Mo 22:5; 1Chr 14:17; 2Chr 14:14; 2Chr 17:10; 2Chr 20:29: Esr 3:3; Neh 6:16; Est 9:2b; Ps 48:4-6; Ps 105:38.

Das in dieser Begebenheit liegende Vorbild ist in die Augen springend. Wenn Israel sich gereinigt, sein altes Wesen abgelegt und einen neuen Wandel angenommen haben wird, wenn es dazu seinen Götzen „Geld“ vergraben haben wird und in diesem neuen Leben zum Hause Gottes nach Jerusalem kommt, um Ihm wohlgefällige Opfer darzubringen, dann erst wird ihm, zumSiege in seinen Kämpfen, die Mitwirkung Seines Messias zuteil werden.

Solche Siege hat Israel schon in der Vergangenheit reichlich erfahren. Das ganze Land Kanaan hat es auf diese Weise eingenommen. Nur weil Gott die gewaltigen Mauern Jerichos Selbst einstürzte (Jos 6:20) und den Bewohnern den Mut nahm (Jos 2:11), konnten sie die ganze Bevölkerung mit dem Schwert verbannen (Jos 6:21).

So wurde damals jeder Sieg errungen: Gott gab die Feinde in ihre Hand (Jos 10:8), worauf sie von den Söhnen Israels geschlagen wurden (Jos 10:10). Von einer drastischen göttlichen Einwirkung lesen wir in V. 11. Bei diesem Kampf warf Ieue große Steine vom Himmel auf Israels Feinde. Von einem solchen Sieg wird uns auch 1Sam 13:19-22 und in 1Sam 14 berichtet. Allein schon das Herannahen von nur zwei Männern, Jonathan und dessen Waffenträger, fielen die Feinde um ((V. 13), so dass der Waffenträger nur noch am Boden liegende, betäubte Philister zu töten brauchte. Darauf entstand ein Schrecken im ganzen Heerlager der Philister (V. 15), so dass das Schwert des Einen gegen den Anderen war (V. 20). Damit hatte Gott Israel vorgeschafft, dass sie den Philistern zum Streit nachsetzen konnten (v. 22-23)

Ähnlich siegte auch David über den Riesen Goliath. Ebenso schlug David im Tale Rephaim die Philister, weil Ieue vor ihm auszog, welches Er ihm mit dem Geräusch in den Wipfeln der Bakabäume anzeigte (2Sa 5:22-25). So könnten noch weitere entsprechende Siege angeführt werden.

Jetzt kommen wir zu der dritten Kategorie Israels:

III. Alleinige Siege Gottes ohne Kampfhandlung Israels.

Solche Erfolge über ihre Feinde hat der Herr Israel schon in seiner Frühgeschichte geschenkt. Der erste Sieg dieser Art wurde Israel am Roten Meer zuteil als es vom Heer Pharaos verfolgt wurde. In dieser größten Not versicherte sie Mose der Rettung mit dem Zuspruch (2Mo 14:13-14): 2Fürchtet euch nicht ! Stehet und sehet die Rettung Ieues, die Er euch heute schaffen wird; denn die Ägypter, die ihr heute sehet, die werdet ihr hinfort nicht mehr sehen für den Äon. Ieue wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“ Nach dieser wunderbaren Rettung lesen wir (2Mo 15:14-16), dass die Völker bebten und sie Angst ergriff. Sie wurden bestürzt und voll Angst und Bebens. Ja, es überfiel sie Schrecken und Furcht ob der Größe und Gewalt des Armes Gottes.

Auf ihrem Zug durch die Wüste ins ihnen gebotene Land gab ihnen Gott die Verheißung (2Mo 23:27-2): „Meinen Schrecken werde Ich vor dir hersenden und alle Völker verwirren, zu denen du kommst , und dir zukehren den Rücken aller deiner Feinde. Und Ich werde die Hornisse vor dir hersenden, dass sie vor dir vertreiben die Hewiter, die Kanaaniter und die Hethiter.“

Wie einfach es für Gott ist, die Feinde Seines Volkes in die Flucht zu jagen, ohne dass Israel mit Waffen kämpfen muss, lesen wir in 2Kö 7:6-7. Er ließ das große Heerlager der Syrer ein Getöse hören, dass sie flohen.

Für den Tempelbau nach der babylonischen Gefangenschaft ermunterte Gott den Serubbabel durch den Propheten Sacharja (Sach 4:6) mit den Worten: „Dies ist das Wort Ieues an Serubbabel : Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch Meinen Geist! spricht Ieue der Heerscharen.“

Einen gewaltigen kampflosen Sieg durfte Hiskia erfahren als Jerusalem von der schwer bewaffneten Streitmacht des assyrischen Königs bedroht war (2Kö 18:13ff.). Hiskia mobilisierte nicht, sondern tat etwas anderes. Er hüllte sich als Bußfertiger in Sacktuch und ging in das Haus Ieues (2Kö 19:1). Dazu bat er den Propheten Jesaja: „Erhebe denn ein Gebet für den Überrest ...“ (V. 4).

Als Sanherib seine Drohungen wiederholte (2Kö 19:8-13), nahm Hiskia diesen Brief und breitete ihn im Tempel unter Gebet or Gott aus (V. 14). Darauf verhieß ihm Gott einen kampflosen Sieg über die Assyrer. Er versicherte Hiskia (v. 32): „Er (Sanherib) soll nicht in dieses Stadt kommen, und er soll keinen Pfeil darin schicken und keinen Schild ihr zukehren und keinen Wall gegen sie aufschütten.“ In derselben Nacht schlug ein Bote Ieues im feindlichen Lager 185 000 Krieger (V. 35). Nach der Geschichte hatten sie alle die Lungenpest bekommen, durch welche der Mensch schnell stirbt. Und Sanherib wurde nach seiner Flucht zu Hause von seinen beiden eigenen Söhnen erschlagen. Bei diesem Sieg war das Gebet die einzige Waffe Israels.

Aber auch für die Zukunft sind Israel solche kampflosen Siege über ihre Feinde verheißen.

Von dem uns heute nächst liegenden kampflosen Sieg berichtet der Prophet Sacharja (Sach 12:1-9). Wenn Jerusalem in Zukunft von den Völkern belagert ist, wird Ieue selbst eingreifen. Und weiter (Sach 14:3) heißt es: „Und Ieue wird ausziehen und wider jene Nationen streiten ...“ Das wird nach Vers 4 geschehen, wenn der Herr auf dem Ölberg niedersteigen wird. Dieser kampflose Sieg wird Israel zu beginn des Tausendjährigen Königreiches beschieden sein, wenn Israel als wieder hergestelltes Gottesvolk sicher in seinem Lande wohnt (Hes 38:14). auch da braucht Israel nicht zu den Waffen zu greifen. Ein furchtbares Gericht geht von Ieue Selbst über diese Angreifer, welches Hes 38:19-23 zu lesen ist.


Aber noch einmal, und damit das letzte Mal, werden die heilige Stadt und die Heiligen von Feinden angegriffen, so wie es Offb 20:7-8 geweissagt ist. Auch mit diesen macht Gott eine rasche Abrechnung: „Und es fiel Feuer herab von Gott und frisst sie“ (V. 9).

Die vergangenen und noch zukünftigen göttlichen Rettungen durch kampflose Siege gehören zu den größten Gottestaten in Israels vergangener und noch zukünftiger Geschichte. Doch wird Israel diese Siege erst erhalten, wenn es ein Volk wird, das

  1. durch Gerichte zurechtgebracht wurde,
  2. seinen auf dem ölberg zu ihm kommenden Messias annehmen wird,
  3. ein wiedergeborenes Volk sein wird,
  4. Gottes Gebote halten und Christus willig dienen wird,
  5. die empfangene Weltherrschaft zum Segen aller Völker ausüben wird.
  6. Nur so wird es die Erfüllung aller ihm als auserwähltes Volk Gottes für das messianische Königreich und die neue Erde gegebenen Verheißungen erleben.

Die Schrift belehrt uns also über drei grundverschiedene Arten von Siegen Israels, die infolge dessen unbedingt auch grundverschieden beurteilt werden müssen.


Nach der Durchnahme dieser drei Siegesarten kommen wir auf Israels kürzlichen Sieg zurück mit der Frage: Zu welche Kategorie gehört dieser? Nun, kampf- und verlustlos war er für Juden nicht. Ebenso offen liegt zu Tage, dass dieser Sieg nicht vom schon gläubigen und wieder hergestellten Gottesvolk errungen wurde.

Aufgrund dieser Feststellung ist es nicht nur möglich Israels kürzlichen Schlachterfolgt, sondern auch die darüber herausgegebenen Kommentar recht zu beurteilen.

Damit kommen wir zum Abschnitt:

Falsch platzierte Erfüllungen von Verheißungen

Zunächst ist es eine zu beachtende Tatsache, dass Gott Sein Volk Israel auch im Zustand des Unglaubens als Zeichen der Zeit benützt. Als nach der schrecklichen Verfolgung des letzten Krieges dieses Volk wieder als Volksstaat in seinem Geburtslande erstand, merkten selbst denkende Ungläubige, dass hier etwas Außergewöhnliches geschehen war. Dasselbe Aufsehen machten auch die Siege des kleinen Israel über seine übermächtigen Feinde. Besonders der im Jun 1967 hinterließ diesen Eindruck.

Weit mehr erreichte aber Gott mit diesem neuesten Geschehen in der Geschichte Seines Volkes bei Gläubigen, die bis dahin den Israel gegebenen Verheißungen gleichgültig oder gar ungläubig gegenüberstanden. Jetzt fingen auch solche an zu merken, dass Gott mit Israel etwas Besonderes vorhat. Aber auch der unbiblischen Auffassung, Gott hätte Sein Volk für immer verworfen, wurde ein starker Stoß versetzt.

So bringt Gott mit Israel, als dem heute knospenden Feigenbaum, selbst auch Knospen der Erkenntnis in der Körperschaft Christi hervor. Diese versteht nun auch, dass Gott Selbst mit Seinem immer noch ungläubigen Volk wieder vernehmlich zu reden anfängt, und es als Zeiger an der Uhr seines Heilsplanes gebraucht. Derselbe zeigt an, dass Gott ihm in unseren Tagen einen starken Antrieb gegeben hat.


Für uns Gläubige gilt es nun zu lernen, mit dieser Entwicklung genau Schritt zu halten. Hier liegt aber eine Gefahr. Das geschehen in Israel kann nämlich zu Überbegeisterung führen, durch die man einem Vorgreifen in Gottes Planentwicklung anheimfallen kann. Und das ist in unseren Tagen leider ausgiebig geschehen.

Schon bei der Erklärung des neuen Staates Israel und dem Beginn des Aufbaues dieses Landes ist man diesem Fehler verfallen. So wurde der seither so erstaunlich stark voranschreitende Wiederaufbau des neuen Staates Israel, durch den einstigen Steppen von Steinen und Sand in fruchtbare Gefilde umgewandelt und neue Städte aufgebaut wurden,als die Erfüllung der in Hes 36:34-35 gegebenen Verheißung gedeutet: „Dieses Land da, das verwüstete, ist wie der Garten Eden geworden und die verödeten und verwüsteten und zerstörten Städte sind befestigt und bewohnt.“ Beachten wir aber den Zusammenhang dieser Prophetenrolle, Hes 36:23-38, so erkennen wir ganz deutlich, dass jenes Wort erst für die Zeit nach dem Kommen Christi zu Israel gilt und sich erst dann wirklich erfüllen wird.

Als vor Jahren mit Flugzeugen Kleinvieh nach Palästina eingeführt wurde, wodurch vereinsamte Triften sich wieder mit weidendem Vieh neu belebten, berichtet man über dieses Geschehen, dass die Erfüllung von Jes 30:23 sei, wo es heißt: „Weiden wird dein Vieh an jenem Tage auf geweiteter Wiese.“ Aber aus dem Zusammenhang geht klar hervor, dass mit jenem Tage der Tag Jesu Christi gemeint ist!


Dieses menschliche Vorgreifen auf Gottes Termine in der Erfüllung von Verheißungen ist besonders in den Erklärungen über Israels jüngsten Sieg festzustellen. Da wird Jes 49:22-25 angeführt und hinzugesetzt: „Das sehen wir vor unseren Augen in Erfüllung gehen.“ Unter anderem ist in diesem Abschnitt verheißen (V. 22-23), dass die Nationen Israels Söhne und Töchter nach Kanaan tragen werden; Könige und Fürstinnen werden Israels Diener sein und sich vor ihm auf die Erde niederwerfen. Erst dann, so heißt es (V. 23b), wird Israel Ieue erkennen und wird sein Retter und Erlöser sein (V. 26). Dass sich all das noch nicht vor unseren Augen erfüllt hat, erübrigt jede weitere Erklärung.

Ferner wurde auch geschrieben, dass sich 3Mo 26:7-8 vor unseren Augen erfüllt habe. Mit diesem Wort verheißt Gott Seinem Volk, dass fünf (ihrer Kämpfer) sollen hundert (ihrer Feinde) und hundert sollen zehntausend jagen, und so ihre Feinde vor ihnen her durchs Schwert fallen werden. Aber auch diese Erfüllung hat eine Vorbedingung, nämlich (V. 3): „Wenn ihr (srael) in Meinen Satzungen wandelt und Meine Gebote beobachtet und sie tut, so werdet ihr eure Feinde jagen ...“ (V. 7). Dass Israel noch nicht in diesem Gehorsam lebt, ist ganz offensichtlich, und folglich steht auch die Erfüllung dieser Verheißung noch aus.

Manche Schriftausleger erklären Israels Sieg auch mit Ps 46. Aber auch diese Deutung stimmt nich. Das ist leicht zuerkennen; denn noch beschwichtigt Gott nicht die Kriege bis an das Ende der Erde, wie es V. 9 verheißen ist. Weiter bezeugt V. 5: „Gott ist in ihrer (Israels) Mitte ...“ Aber nach Israels heutiger Einstellung kann Gott ja noch gar nicht in ihrer Mitte sein, auch wenn Er in ihrenm Gebeten im Siegestrubel formell angerufen wurde.

Ferner wird der Vollzug von Verheißungen auf Berechnungen aufgebaut. Im Jahre 1897 fand der erste Zionistenkongress statt. Da nun 1967, also nach genau 70 Jahren, die Altstadt Jerusalems erobert wurde, soll jetzt Sach 1:12 erfüllt sein, weil Gott in diesen Versen verheißen hat, Sich nach 70 Jahren wieder Israels erbarmen zu wollen - Aber auch dieses Jerusalem verheißene göttliche Erbarmen kann nicht auf die Eroberung der Altstadt angewandt werden. Jene Verheißungen hatte Gott nach den 70 Jahren babylonischer Gefangenschaft erfüllt und die nächste Wiederherstellung Jerusalem wird nach der Heiligen Schrift, erst mit dem Tausendjährigen Königreich beginnen.

Noch manche ähnliche Berechnungen wurden aufgestellt, welche aber alle nicht für unsere Zeit gelten und deshalb Fehlschlüsse sind.

Zu diesen Erklärungen des jüngsten Sieges Israels wird nun sogar ein künftiges, lückenloses Siegen Israels gegen seine Feinde vorausgesagt. Als Begründung wird Jes 54:17 angeführt. „Keiner Waffe, die wider dich (Israel) gebildet wird, soll es gelingen ...“ In der konkordanten Wiedergabe heißt dieser Ausspruch: Doch jedem wider dich geformten Gerät soll es nicht gelingen, dich zu verderben.“ Aus dem ganzen Kapitel geht aber deutlich hervor, dass auch diese Verheißung dem wieder hergestellten und dann Gott gehorsamen Volk gegeben ist, wenn es im Königreich in seinem Lande wohnt.

Weiter wird das klägliche Versagen Ägyptens mit Jes 19:14 erklärt. Nach diesen Worten hätte Gott „in ihr Inneres einen Taumelgeist gegossen.“ Aber auch diese Aussage ist aus dem Zusammenhang gelöst und wird dadurch falsch auf die heutige Zeit ausgeweitet. Wie bei manchen anderen Verheißungen, so handelt es sich auch bei dieser um eine doppelte Erfüllung.


Die erste Erfüllung fand im einstigen Sieg Nebukadnezars über Ägypten statt. Darüber berichtet der Prophet Jeremia (Jes 46:1-26) und Hesekiel (Hes 29:1-12 und Hes 30:1-19). Diese Berichte sind von der Offenbarung durchzogen, dass die ein von Gott Selbst bewirktes Gericht Ägypten war, denn Er hatte Nebukadnezar als Gerichtsvollstrecker dorthin gesandt. Ja, Gott hat dem König von Babel sozusagen den Sieg in die Hand gelegt, indem Er den Ägyptern einen Geist des Taumels eingab. Dadurch wurden sie kampfunfähig und voller Furcht. das war die erste Erfüllung von Jes 19:14.

Die zweite liegt in der Zukunft. Diese Wahrheit lesen wir im selben Kapitel (Jes 19), mit der wiederholten Aussage: „An jenem Tage ...“ (Jes 19:16.18.19.23.24). Mit „jenem Tage“ ist aber immer der Tag Jesu Christi bezeichnet. Was dann mit Ägypten geschehen wird lesen wir Vers 22: „Zwar schlägt Ieue Ägypten mit schwerem Schlag, doch heilen, ja heilen wird Er sie.“ Hier handelt es sich um Ägyptens zukünftiges Gericht und seine Wiederherstellung im kommenden Königreich auf Erde. Auch dann wir Gott nochmals einen Geist des Taumels den Ägyptern eingeben und wird sie nach Jes 19:14b-17 in einen erbärmlichen Zustand versetzen. Das wird die zweite Erfüllung von Jes 19:14a sein.

Vergleichen wir nun diese beiden Erfüllungen mit dem kürzlichen Sieg Israels über Ägypten, den man ebenfalls mit diesem Wort aus Jesaja in Zusammenhang bringt, ,so erkennen wir, dass dieses Ereignis viel zu geringfügig ist. Wenn nämlich Gott jetzt schon einen Taumelgeist den Ägyptern eingegeben hätte, so lägen sie heute mit ihren Verbündeten ganz anders am Boden und würden nicht schon wieder neu aufrüsten.


Auch der für Israels Sieg gegebenen Erklärung, wonach die Fristen der Nationen erfüllt seien und deshalb Jerusalem nicht mehr von den Nationen getreten werden (Lk 21:24), fehlt jede Grundlage. Denn nach der Weissagung von Offb 11:2 werden diese zukünftig noch ganz brutal über Jerusalem, die heilige Stadt herfallen und sie treten (Sach 14:2). Also handeln die Natiaonen auch heute noch gemäß der ihnen von Gott zugemessenen Frist.

Ebenso wenig kann es stimmen,dass heute schon der Bote (Engel) Michael für Israel aufgestanden sei und für Gottes Volk streite. Es könnten noch weitere solcher Fehldeutungen angeführt werden. Aus ihnen allen spricht ein offensichtlicher und bedauernswerter Mangel an fleißigem und damit bewährtem Forschen im Wort gemäß 2Tim 2:15. Hier haben wir ein sehr zu beachtendes Beispiel dafür, dass die Nichtbefolgung dieser göttlichen Anweisung unweigerlich zu verhängnisvollen Vermengungen von Wahrheiten führt.

Deswegen hat auch die Verbreitung solch falsch angewandter Erfüllungen stets üble Folgen. So hinterließen die auf Israels Sieg bezogenen Fehldeutungen den Eindruck, wie klein und gering doch die göttlichen Einlösungen wären, was das Vertrauen zu Gottes untrüglichem Wort untergräbt. Aber man fängt bereits an einzusehen, dass dies alles unzeitgemäße Fehldeutungen waren und die eigentlichen göttlichen Zusagen noch ausstehen.

Trotzdem gibt es Schriften, die jede technische und wirtschaftliche Leistung im Aufbau des Landes Israel als die Erfüllung irgendeiner für das Königreich gegebenen Verheißung erklären. Wir geben dazu ein Beispiel. Eine Schrift über Israel zeigt im Bild die Herstellung einer Fernwasserleitung in Israel. Mit einem Riesenkran werden die Rohre von mehr als Manneshöhe Durchmesser in die Erde verlegt. Unter diesem Bild steht folgende Weissagung aus dem Propheten Jesaja:

„So spricht Ieue, sie Ich wirke Neues; werdet ihr es nicht erfahren? Ich mache durch die Wüste einen Weg, Ströme durch die Einöde ... Ich werde Ströme hervorbrechen lassen auf den kahlen Höhen und Quellen inmitten der Tal-Ebenen; Ich werde die Wüste zumWasserteich machen und das dürre Land zu Wasserquellen“ (Jes 41:18 und Jes 43:20).

Dieser göttlichen Versicherung, dass Er die Wasserfrage in Israel Selbst regeln werde, indem Er Quellen und Wasserbäche hervorbrechen lassen wird an diesen Orten (und zwar im kommenden Königreich! und bestimmt ohne technische Hilfsmittel), wird heute eine Menschenwerk gegenübergestellt! Und dazu noch von Ungläubigen ausgeführt, denn ein an Christus gläubiger Jude wird ja nicht zur Mithilfe des Aufbaues zugelassen. Und diese Vermengung von Menschen- und Gotteswerk steht unter dem Geleitwort: Prophetie in Erfüllung! - Aufgrund solch abwegiger Schriftauslegung würde heute schon der Anfang des bleibenden Aufbaues Israels geschehen und Christus würde dann nur weiterbauen, was Sein Volk im ungläubigen Zustand begann.

In Wirklichkeit gehört alles, was das noch Christus ablehnende Volk Israel in seinem Land vollbringt, unter Dan 9:26-27 gestellt, wo es heißt:

Und das Volk des kommenden Fürsten (Antichrist) wird die Stadt (Jerusalem) und das Heiligtum zerstören und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein; und bis ans Ende: Krieg, Festbeschlossenes (von Gott) von Verwüstungen (auch im Land Israel) ... Und wegen der Beschirmung der Gräuel wird ein Verwüster kommen und zwar bis Vernichtung und Festbeschlossenes über das Verwüstete ausgegossen werden.

Es geht Israel mit seinem heutigen Aufbau genauso, wie es der Prophet Habakuk (Hab 2:13) über die Werke der Nationen weissagt: „Siehe, ist es nicht von Ieue der Heerscharen, dass Völker fürs Feuer sich abmähen, und Völkerschaften vergebens sich plagen?“ (s. auch Jer 51:58). Denn wenn die für den kommenden Tag des Zorns geweissagten Gerichte über die Erde und Völker gehen, wird auch das Land Israel nicht verschont bleiben.


Das ist die rechte Einstellung zur göttlichen Weissagung über Israels nächste Zukunft. Der Messias wird nicht „sanktionieren“ was Sein noch abtrünniges Volk, ohne Ihn, baute, sondern dies alles in ein vernichtendes Gericht bringen. Dies, von Gott über die heutigen Werke Israels gegebene Weissagung kann manchen Gläubigen zur Ernüchterung verhelfen. Es muss ja nicht schwer sein einzusehen, dass hier eine Fehldeutung von Königreichsverheißungen vorliegt. - Würde man eine vollständige Liste sämtlicher, über solche Verheißungen gemachten Fehldeutung machen, so würde man sich damit schon tatsächlich ins Königreich versetzt sehen,, - Dazu hat dieses verfrühte Herholen von noch ausstehenden Erfüllungen die üble Auswirkung, d,ass es die nächsten und noch viel gewaltigeren Gottestaten in den Hintergrund rückt. Und diese sind:

Das Kommen Seines Sohnes zur Auferweckung der in Christo Entschlummerten; der Verwandlung der noch lebenden Gläubigen und der Entrückung beider dem Herrn entgegen in die Luft.

Das sollte den Gläubigen immer wieder vor Augen gestellt werden mitsamt der Herrlichkeit, die darauf für sie folgen wird. Hätte man dieses nächste und größte Geschehen als Maßstab für die Vorgänge in Israel angewandt, so wäre bestimmt die übertriebene Beurteilung derselben unterblieben.

Zu diesen angeblichen Erfüllungen von Königreichsverheißunngen ist auch zu fragen: Wo beleibt die von Gott verlangte nationale Umsinnung (Buße) Israels, als die Frucht vorangehender, schwerster Drangsale? Dann müsste ja auch die Hülle Moses und damit auch der Fluch von diesem Volk genommen sein. Ja, nach dieser Schriftauslegung wäre sogar der Tag des Herrn bereits angebrochen.

Ferner ist zu fragen: Hilft denn tatsächlich Gott jetzt schon in dieser Weise Israel, während es Seinen Sohn noch ablehnt und den gläubigen Überrest aus ihrer Volksgemeinschaft ausstößt! Schließlich müssen wir uns auch vorstellen, was unsere jüdischen Glaubensgeschwister von uns denken müssen, wenn wir mit einer solchen Begeisterung diesen Sieg als eine Gottestat hinstellen, und damit voraussetzen, die Gläubigen aus Israel seien nun vom Staat und allen seinen Bürgern als rechtgläubig anerkannt worden. Mit Recht dürfen diese Märtyrer fragen: Ja, sind den wir von den Gläubigen aus den Nationen vergessen und haben sie sich mit den Unseren, die uns nicht dulden, solidarisch erklärt?

Das sollte uns doch zu denken geben! Denn das Ergehen der jüdischen Glieder innerhalb der Körperschaft Christi sollte uns doch näher stehen als dasjenige des übrigen, ungläubigen Volkes. Es ist für uns beschämend, dass sie, die jüdischen Gläubigen, in den Kommentaren über Israels Sieg der christlichen Blätter gar keine Beachtung finden, oder wenn schon, dann nur sehr zaghaft. Bestimmt sehen diese gläubigen Juden viel besser als mancher Gläubige aus den Nationen, dass hier mit göttlicher Verheißung falsch umgegangen wird.


Welche andere Ursachen liegen aber nun diesem israelitischen Schnellsieg zugrunde, als die, welche in christlichen Blättern angegeben wurden? Sind da nicht eher die weltlichen Zeitungsberichte annehmbar? Sie weisen darauf hin, dass Israel ein junges aufstrebendes Volk ist, gestählt durch harte Aufbauarbeit und Disziplin , das durch Bedrohung völliger Vernichtung zu todesmutigem Einsatz gedrängt wurde. Die Ägypter schildern sie dagegen als ein durch seine Religion rückständiges Volk, dessen Soldaten der Kampfgeist und die kluge Überlegung fehlten und denen vielfach technische Vor- und Ausbildung angelte. Aber auch diese oberflächlich gesehen richtige Erklärung, dürfen wir als Gläubige nicht als die eigentliche Ursache des Sieges Israels ansehen.

Wenn wir das Geschehen nach der geistlichen Seite hin prüfen wollen, so müssen wir zunächst fragen: Ja, kümmert sich denn Gott in unseren Tage überhaupt nicht mehr um Sein Volk und ist Er vollständig unbeteiligt an Israels Sieg gewesen? - O nein! Es gibt ja auch Verheißungen für das verstockte und bedrängte Israel.

Lies weiter:
4. Verheißungen für das verstockte und bedrängte Israel