Das Johannes-Evangelium Kapitel 12

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Abschrift: Das Johannes-Evanglium in täglichen Andachten: Band I - IV
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Band I und II vergriffen
Band III und IV als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

12. Das Johannes-Evangelium Kapitel 12

Salbung Jesu in Bethanien
Anschläge der Hohenpriester gegen Lazarus
Einzug in Jerusalem
Über das Sterben des Menschensohnes
Unglaube und Glaube bei den Juden
Folgen des Glaubens und des Unglaubens

Salbung Jesu in Bethanien

Joh 12:1-2

"Sechs Tage vor dem Passah kam Jesus nun nach Bethanien, wo Lazarus war, den Jesus aus den Toten auferweckt hatte. Dort bereitete man Ihm dann ein Mahl, und Martha bediente. Lazarus aber war einer von denen, die mit Ihm zu Tisch lagen."

Wo hätte Jesus herzlicher aufgenommen werden können als in jenem Hause, in dem die Trauer gewichen und die Freude wieder eingekehrt war. Dabei erlebten wir eine ähnliche Situation, wie wir sie schon vor Tagen betrachteten. Jesus saß zum Mahl, und... Martha aber wurde durch vieles Bedienen abgelenkt" (Lk 10:40). Jesus tadelte sie damals: "Martha, Martha, du sorgst dich und bist um vieles in Unruhe". (V. 41)

Heute lesen wir wieder vom Dienst der Martha, doch der Bericht lautet anders. Mit nur zwei knappen Worten heißt es: "Martha bediente".

Welch ein Bild der Ruhe bietet nun Martha! Ihr Dienst ist diesmal in völliger Harmonie. Sie besaß anscheinend in hohem Maß die Gabe der Gastfreundschaft und des damit verbundenen Dienens, doch jetzt hatte sie alles abgelegt, was sie unruhig machte und vorher in Sorge und Tumult stürzte. Damit steht sie ein einem neuen Dienst als vorbildliche Dienerin ihres Herrn auch vor uns; der Tadel, den der Herr ihr erteilte, hatte Frucht gebracht! Sie ließ sich von Seinem Wort überführen, zurechtweisen und zu einem bereinigten Dienst ausrüsten.

Martha erinnert uns hierin an 2Tim 3:16: "Alle Schrift ist gottgehaucht und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes zubereitet sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk."

Gestern sahen wir Marthas neuen Dienst, heute beschäftigen wir uns mit Lazarus, der ja mit Jesus zu Tische lag. Über den Dienst, zu dem er ausersehen war, sprachen wir schon - er diente in seiner körperlichen Schwachheit, mit seinem Tod und seiner Auferstehung der Verherrlichung Gottes und in Ihm auch des Sohnes.

Lazarus war aus dem Tode auferstanden und war nun bei seinem Herrn. Er vermittelt uns damit das Bild jener Heiligen im Königreich, die nach ihrer Auferstehung bei ihrem Herrn sind und äonisches Leben haben werden.

Einen Punkt aber müssen wir noch anschneiden. Auch wenn wir die Verse vorauslesen oder in den anderen Evangelien suchenm, finden wir keinerlei Aussagen des Lazarus über seinen Todeszustand. Aber was hätte näher gelegen, als dass er immer wieder gefragt worden wäre, was er denn im Tod erlebte und sah. Hätte Lazarus schweigen könne, wenn er sich tatsächlich schon in "Abrahams Schoß" befunden hätte, wie viele Geschwister glauben? Wäre es vielleicht gar für ihn schöner gewesen, dort. zu bleiben, als erneut in den Sterbenszustand zurückzukehren? (Lazarus' Leben wurde ja nur verlängert - am Ende stand ihm erneut der Tod bevor.).

Da ihn offensichtlich niemand fragte, was er im Tod erlebte und er selber auch keinerlei Aussagen darüber machte, dürfen wir davon ausgehen, dass er gar nichts erleben konnte - er schlummerte ganz einfach! Un in diesem Schlaf war Lazarus, wie jeder andere Tote auch, ohne Bewusstsein! Erst als der Ruf erschallte: "Lazarus, herzu, komm heraus!" kehrte sein Bewusstsein zurück und er sah seinen Herrn!

Joh 12:3

"Maria nahm nun ein Pfund Würzöl von echter, wertvoller Narde, rieb Jesus die Füße ein und wischte Seine Füße mit ihrem Haar wieder ab. Da wurde das Haus von dem Duft des Würzöls erfüllt."

Wir haben den Dienst der Martha betrachtet, wir durften den Dienst des Lazarus erkennen, jetzt rückt wieder Maria in unser Blickfeld. Wir lassen uns erinnern, wie sie zu Jesu Füßen saß und Seinen Worten lauschte, weswegen sie von Martha getadelt, aber vom Herrn in Schutz genommen wurde: "Maria hat nämlich das gute Teil erwählt, das ihr. nicht weggenommen werden soll" (Lk 10:42). Wir erlebten aber auch, wie sie nach dem Tod ihres Bruders zunächst nicht in der Lage war, Jesus entgegen zu gehen. Sein verspätetes Kommen konnte sie nicht so schnell verarbeiten. Doch die Auferstehung ihres Bruders musste sie später tief beschämt haben! Ihr Verhalten zugute in jeder Hinsicht von einer besonderen Sensibilität. Diente ihr diese Sensibilität bei Lazarus Tod zum Nachteil, so dürfen wir jetzt auch das Gegenteil erleben - Marias herrlicher Dienst an ihrem Herrn!

Nach Mt 26:6 ff war es ein anderes Gastmahl als bei Lazarus, es fand im Hause Simons, des Aussätzigen statt, und zwar zwei Tage vor dem Passah (Mt 26:2), also einige Tage nach dem Mahl bei Lazarus. Wir lesen in diesem Bericht auch noch ergänzend zu dem des Johannes, dass Maria das Würzöl über Sein Haupt goss.

Es war zwei Tage vor dem Passah, und dies bedeutete, dass des Herrn Stunde unmittelbar bevorstand. Maria, deren Teil esja war, die Worte Jesu in sich aufzunehmen, erinnerte sich nun all Seiner Worte, sie bewegte sie in ihrem Herzen, und sie war offenbar die einzige, die, unter Mitwirkung ihrer feinfühligen Art, nicht nur des Herrn nahen Tod ahnte, sondern auch mit Ihm fühlte und litt! Und nun drängte es sie, Ihm zuvor noch einen ganz besonderen Liebesdienst zu erweisen!

In Lazarus, Martha und Maria stehen drei Heilige vor uns, von denen. jeder seinen Dienst in besonderer Weise tat. Diese Dienste spiegeln wunderbar das Auferstehungsleben aller Heiligen in drei verschiedenen Aspekten wieder:

  • Martha - wie die Heiligem ihrem Herrn dienen werden;
  • Lazarus - wie sie an Seinen Segnungen teilhaben werden;
  • Maria - wie sie Ihn anbeten werden.

Maria brachte ihrem Herrn ohne Zweifel die höchste Verehrung dar, deren sie fähig war. Sie saß nicht länger lauschend zu Seinen Füßen, sondern opferte ihr kostbares Würzöl, um es über Sein Haupt zu gießen und Seine Füße damit einzureiben und diese auch noch mit ihrem Haar zu trockenen. Dabei opferte sie bewusst ihre "Herrlichkeit", denn nach 1Kor 11:15 ist ja das lange Haupthaar der Frau ihre Herrlichkeit!

Welch kostbaren Dienst vollbrachte Maria und welche Herrlichkeit brachte sie Ihm dar - Maria wird in der Tat das edle Vorbild jener, die den Herrn dereinst in hingebungsvoller Liebe anbeten werden.

Der Duft des Würzöls erfüllte das ganze Haus, es war ein Duft, der den Herrn zutiefst erfreuen musste.

Damit werden wir an 2Kor 2:14-15 erinnert, wo auch wir angesprochen sind: "Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumph in Christus einherführt und durch uns den Duft Seiner Erkenntnis an jedem Ort offenbar macht; denn ein Wohlgeruch Christi sind wir für Gott bei denen, die gerettet werden...".

Joh 12:4-6

"Judas Iskariot aber, der Sohn Simons, einer Seiner Jünger (der vorhatte, Ihn zu verraten) sagte: Warum hat man dieses Würzöl nicht für dreihundert Denare veräußert und das Geld den Armen gegeben? Dies sagte er aber nicht, weil sich viel um die Armen kümmerte, sondern weil er ein Dieb war der die Kasse hatte und das, was eingelegt wurde, an sich nahm."

Wir müssen zu unserem Leitvers unbedingt auch die Parallelstelle in Mt 26:8-9 hinzuziehen, dort lesen wir: "Seine Jünger aber, die dies gewahrten, waren entrüstet und sagten zueinander: Wozu diese Verschwendung? Mann hätte doch dieses Würzöl für viel Geld veräußern und es den Armen geben können." Wir sehen hier, dass Judas mit seiner Kritik an Maria nicht alleine stand, der ganze Kreis der JÜnger war daran beteiligt! Der Unterschied mach nur darin bestanden haben, dass elf der JÜnger ihre Worte in Bzug auf die Armen ernst meinten, bei Judas hingegen waren sie nur ein Vorwand, um seine wahren Gedanken zu verschleiern.

Bemerkenswert ist, dass keiner der Jünger den Dienst der Maria verstanden hat, und bemerkenswert ist auch, dass Maria, die früher von Martha getadelt wurde, dass sie nichts tut (Lk 10:40), nun mehr erneut getadelt wird, nur diesmal, dass sie zu viel tue! Wie können doch Menschen und sogar Gläubige über den Dienst der Heiligen verkehrt urteilen! Und wohin würde es führen, wenn jeder auf jeden hören würde?

Gerade Maria und Martha werden ein Zeugnis der ganz persönlichen Führung Gottes. Der Mensch, das Geschöpf Gottes, ist keine Massenware, sondern jeder für sich ein ganz persönliches Individuum, und jeden führt Gott, entsprechend seinen Veranlagungen, anders. Wieviel Kritik und darauf folgenden Ärger könnten wir uns ersparen, wenn wir die Eigenheiten des anderen erkennen und respektieren würden!

Joh 12.7-8

"Darauf sagt Jesus: Lass sie, damit sie es für den Tag Meiner Bestattung behalten möge; denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, Mich aber habt ihr nicht allezeit."

Auch der Apostel Paulus musste solche fälschliche Kritik an seinem dienst hinnehmen, wie es Maria geschah (1Kor 4:1 ff). Aber erhielt sich nicht damit auf, sondern wartete ruhig ab, wie der Herr vor der Preisrichterbühne seinen Dienst bewerten werden. Uns aber hinterließ er: "Richtet daher nichts vor der gebührenden Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird" (V. 5)

Maria wird auch diesmal von dem Herrn in Schutz genommen und bekommt wieder ein schönes Zeugnis ausgestellt (siehe unser Leitvers). Auch die Antwort Jesu an den ganzen Kreis der Jünger in Mt 26:10-13 ist hier wichtig: "Was verursacht ihr der Frau Mühe? Sie hat ein edles Werk an Mir getan! Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, Mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat es doch zu Meiner Bestattung getan, als sie dieses Würzöl auf Meinen Körper sprengte. Wahrlich, Ich sage euch: Wo auch immer man dieses Evangelium in der ganzen Welt herolden mag, wird man zu ihrem Gedenken auch von dem sprechen, was sie getan hat."

Marais Tat glich in etwas derjenigen der armen Witwe (Mk 12:41-44), die dafür ein ähnliches Lob erhielt. Auch Paulus hebt den Dienst jener hervor, die "nach Kräften, ja über ihre Kraft" ihren Dienst versahen (2Kor 8:3).

Was die Frauen dem Herrn nach Seiner Grablegung erwiesen (Lk 23:56- Lk 24:1) das vollbrachte Maria schon vor Seinem Tod! Bewunderung und Anerkennung für diese edle Werk gebührt der Maria auch von uns. Sie salbte den Herrn zur Bestattung - Paulus würde sagen, dass sie den Tod des Herrn verkündigte - denn in Marias Dienst spiegelte sich schon das Wort vom Kreuz wider.

Der Herr hat das, was Maria tat, über den Dienst an den Armen gestellt. Auf uns u nd die gegenwärtige Verwaltung der Gnade angewandt, bedeutet dies, dass die Verkündigung des Todes Christi vor der Betreuung der Armen stehen muss. Die ist im Gegensatz zu den heute üblichen kirchlichen Praktiken. "Kirche" bedeutet heute in der Hauptsache soziale und caritative Tätigkeiten, die Verkündung des Wortes ist in den Hintergrund getreten - leider! Mit der Voranstellung äußerer Bedürfnisse und der Ansicht, damit Menschen für das Evangelium zu gewinne, hat man die göttliche Ordnung umgekehrt, was ja auch die vielen Fehlschläge beweisen!

In Mt 26:10-13, und hier im Vers 13 sprach Jesus nochmals ein die Maria ehrendes Wort aus: "Wo auch immer man dieses Evangelium in der ganzen Welt herolden mag, wird man zu ihrem Gedenken auch von dem sprechen, was sie getan hat. Es ist in den heutigen Gemeinden und Versammlungen kaum von dem zu hören, was Maria tat. Diese Ankündigung Jesu wird sich wohl erst im kommenden Königreich erfüllen. Und doch wollen auch wir ihrer dankbar gedenken, denn sie lehrt uns, wie jede Arbeit für den Herrn in Gottes Wort verwurzelt sein muss und dass aus der Erkenntnis des Todes Christi immer der fruchtbarste Dienst ersprießt.

In Seinem Leiden und Sterben hat ja der Herr Seinen eigentlichen Dienst ausgeführt. In der Erkenntnis des Liebesplanes Gottes hat Er willig und selbstlos in völligem Gehorsam bis hin zum Tod am Kreuz Seines Vaters Willen vollbracht. Somit ist Er in Seinem Dienst für alle, die in Seinem Dienst für alle, die in Gottes Werk mitwirken, zum vollkommenen Vorbild geworden.

"...weil er ein Dieb war..." (Vers 6)

Nach dem schönen Dienst der Maria müssen wir aber doch nochmals einen Vers zurückgehen, um auch auf denjenigen einzugehen, der erneut in unser Blickfeld geraten ist und den wir bisher übergingen: Judas Iskariot, der Sohn Simons.

Dass ihn Johannes, im Gegensatz zu Matthäus, als einzelnen Kritiker an Maria heraushebt (obwohl ja alle zwölf Jünger in die Kritik einstimmten); liegt sicherlich daran, dass Judas als einziger der Jünger heuchelte, indem er die Armen vorschob, um sich selbst zu bereichern.

Aus unserem Text entnehmen wir, dass Judas ein Dieb war. Dies war er aber insgeheim, denn wir kennen die Szene, wo Jesus bekannt gab, dass einer aus dem Kreis der Jünger Ihn verraten würde, und worauf die Jünger sichtlich erschüttert waren und keiner auch nur im entferntesten an Judas dachte. Und da er ja die Kasse zur Verwaltung übertragen bekam, können wir annehmen, dass er als ehrlicher Mann galt.

Wir haben in der Vergangenheit immer wieder dafür plädiert, den Judas nicht vorschnell zu verurteilen. Damit wollen wir aber nicht sagen, dass Judas ein guten Mensch gewesen wäre. Er war ein Sünder wie wir alle, er war sogar ein (heimlicher) Dieb. Die Frage ist, woher die Begehrlichkeit des Judas kam. Hat er sie sich im Verlauf seines Lebens angeeignet oder war sie ihm angeboren? Lag es in seiner Macht, ihr zu entgehen, so zu bekämpfen oder abzulegen? Haben wir nicht bei den beiden Schwestern Martha und Maria festgelegt, dass Gott jedem Menschen seine ganz persönliche Veranlagung mit ins Leben gibt?

Wir sehen, Judas wird uns in den zukünftigen Versen noch weiter beschäftigen, dies aber sagen wir heute schon: Wenn sich aber einer von uns je von seinen Erbanlagen befreien konnte - der darf getrost den ersten Stein auf Judas werfen!

Anschläge der Hohenpriester gegen Lazarus

Joh 12:9-11

"Eine große Volksmenge aus den Juden erfuhr dann, dass er dort sei; doch kam sie nicht allein um Jesu willen, sondern auch um Lazarus zu sehen, den Er aus den Toten auferweckt hatte. Die Hohenpriester aber berieten, damit sie auch Lazarus töten könnten, weil viele Juden seinetwegen hingingen und an Jesus glaubten."

Jesu Aufenthalt in Bethanien konnte nicht lange verheimlicht werden, und da Bethanien nur ungefähr 20 km von Jerusalem entfernt lag, sprach sich Seine dortige Anwesenheit schnell herum, auch in Jerusalem. Wir können uns heute gut vorstellen, wie eine Schlange von Menschen sich gen Bethanien hin bewegte. Dabei war nicht bei allen der Wunsch im Vordergrund, einfach bei Jesus zu sein, sondern viel kamen auch aus purer Sensationslust: Sie wollten den sehen, der tot war, der bereits verweste und den Jesus dennoch aus den Toten auferweckt hatte.

Wir lassen uns hier zu Joh 2:18 zurückführen, wo die Juden, nachdem Jesus die Weihestätte von Verkäufern und Geldwechslern gesäubert hatte, Ihn fragten: "Was für ein Zeichen zeigst Du uns, dass Du dies tun darfst?" Ähnliches forderten die Schriftgelehrten und Pharisäer: "Lehrer, wir wollen von Dir ein Zeichen gewahren" (Mt 12:38); oder z.B. in Lk 11:16: !Andere wieder stellten Ihn auf die Probe und suchten durch Ihn ein Zeichen vom Himmel zu erhalten." Immer forderten die Juden von Jesus einen Beweis seines Anspruches, der Sohn und Gesandte Gottes zu sein.

Nach den vielen Zeichen und Wundern, die Jesus tat, war ein neues beweiskräftiges hinzugekommen: Ein Toter war auferweckt worden. Aber während das Volk noch zu dem Anschauungsobjekt strömte, verhandelten die Hohenpriester erneut, wie sie Ihn sowie den aus den Toten Auferstandenen töten könnten, weil auch dieses Beweismittel göttlicher Macht anscheinend wieder erneut viele Juden zum Glauben an Jesus führte.

Einzug in Jerusalem

Joh 12:12-13

"Als Tags darauf die große Volksmenge, die zum Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem komme, nahmen sie Palmwedel und zogen Ihm entgegen und riefen laut: Hosianna! Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels!"

Die Erdenzeit Jesu ging ihrem Ende zu, und Seine schwerste und alles entscheidende Stunde rückte näher. Doch der Tod des Lazarus schien im letzten Moment noch eine fast nicht mehr erwartete Wende herbeigeführt zu haben: Das Zeugnis des lebenden Lazarus und jener, die den auferstandenen Lazarus schauten, bewegte such die Volksmasse und veranlasste sie, Jesus einen triumphalen, ja einen königlichen Empfang in Jerusalem zu bereiten. War dies der Durchbruch der Volksmasse zum Glauben an Ihn? War es der von den Gläubigen so heißt ersehnte Beginn des Königreiches?

Palmzweige waren schon immer ein Zeichen der Freude und Fröhlichkeit bei dem Volk Israel (3Mo 23:40). Nun zog Ihm also die Menge entgegen: "Hosianna" Gesegnet sei, der da. kommt im Namen des Herrn, der König Israels!" Nach dem Zeugnis eines einzelnen, des Nathanael: "Du bist der König Israels!" (Joh 1:49), vernehmen wir jetzt dieses Zeugnis aus dem Mund dieser großen Volksmenge.

Wir wissen, dass das Königreich nicht anbrach, sondern sich der Jubel des Volkes schnell in das Gegenteil, in Hass, umwandelte, aber wir sehen auch, wie der Beginn tatsächlich hätte aussehen können und wir erkennen, dass Zeichen und Wunder eine wichtige Rolle mitspielten und auch künftig nicht fehlen werden.

Durch den Machterweis der Auferweckung des bereits vier Tage toten Lazarus gewann Jesus die Herzen der Volksmenge offensichtlich für Sich. Wir müssen allerdings davon ausgehen, dass es kein geistgewirkter Glaube war, der die Menge antrieb, in Ihm den König Israels zu sehen, sondern vielmehr der Eindruck, den das Wunder an Lazarus auf sie gemacht hatte. Schon einmal war Jesus in einer Situation, wo Ihn das Volk zum König machen wollte: Bei der Speisung der Fünftausend (Joh 6:1ff). So lesen wir in Joh 6:15: "Da Jesus nun erkannte, dass sie vorhatten zu kommen, um Ihn zu entführen, damit sie Ihn zum König machten....". Einen König, der das Volk immer satt machen kann, oder sogar die Toten auferweckt - dies schien dem Volk wohl annehmbar, und so dürfen wir auch ihr "Hosianna" verstehen!

Zeichen und Wunder gehörten immer zur Geschichte Israels. Wir finden sie von Anfang an schon im Leben der Patriarchen, dann dicht aufeinander folgend beim Auszug aus Ägypten, der Zug durch die Wüste ist begleitet von Zeichen und Wundern, die sich fortsetzten, wo immer sich Israel auch befand.

Als Jesus zu Seinem Volk kam, erlebten dies Zeichen und Wunder einen starken Aufschwung, wie wir ja bei Johannes und den anderen drei Evangelisten lesen. Für uns ist wichtig zu sehen, dass diese Zeichen und Wunder für das Volk zu den göttlichen Erziehungsmitteln gehören, vor allem für die Zeit, in der Sein Volk noch auf einer unmündigen und unvollkommenen Glaubensstufe stand und steht (wobei die höhere Glaubensstufe sich gem. Hebr 11:1 am Glauben ohne Schauen orientiert.)

Joh 12:14-15

"Jesus hatte nun einen jungen Esel gefunden und Sich darauf gesetzt, so wie es geschrieben ist: Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt, auf einem Eselsfüllen sitzend!"

In den Kapiteln 9-14 schaut der Prophet Sacharja über das Ende des Zeitalters Israel bis hin zur buchstäblichen Aufrichtung des Königreiches auf Erden. Dabei streift er auch den Einzug in Jerusalem mit den Worten: "Aber du Tochter Zion, freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem, jauchze: siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der Eselin (Sach 9:9). Und genau diese frühe Prophezeiung traf nun ein!

Nun ist aber der Einzug eines Königs auf einen Eselsfüllen nicht gerade königlich zu nennen, ist doch ein Esel auch nicht unbedingt ein königliches Tier! Aber gerade dieser Esel symbolisiert Sein Kommen in Niedrigkeit, er kam auf diese Erde als der Geringe! Er saß auf keinem stolzen Pferd, er trug kein Schwert hatte kein Heer inter Sich - und doch war Er jeder Zoll ein König!

Er tat Sein Recht als König kund, indem Er ein Reittier ohne Erklärung oder Entgelt fordern konnte, das einem Seiner Untertanen gehörte (Mk 11:2-6). Kein Bauer in Palästina würde einem Fremden seinen Esel überlassen, nur weil dieser sagt: "Der Herr braucht ihn", doch wir lesen, dass man jene ohne Protest gewähren ließ, als sie den Esel abbanden und mitnahmen. Nur ein König durfte es wagen, solche Art von Dienst für sich in Anspruch zu nehmen.

So erleben wir unseren Herrn einerseits, wie Er Seine Herrscherwürde durch Sein Handeln bezeugte und auf der anderen Seite doch im Einklang mit der Weissagung blieb, die auf Seinem niedrigen Stand hinwies

Das Eselsfüllen wurde, wie wir gestern sahen, gewählt, weil es zu Jesu Erniedrigung passte. Aber dieses Tier weist uns noch auf etwas anderes hin. Nach Mk 11:2 sandte Jesus zwei Seiner Jünger aus, um ein Eselsfüllen zu holen, "auf dem bisher noch kein Mensch gesessen hat".

In 2Mo 13:13 lesen wir, dass der Erstling eines Esels entweder getötet, oder mit einem Lamm losgekauft werden konnte. So zeigt uns das Eselsfüllen, dass bei Jesu erstem Kommen in Niedrigkeit nur "Erlöste" Ihm zu Diensten sein durften, angefangen bei dem Füllen, auf dem noch kein Mensch gesessen hatte, über Seine Jünger bis hin zu jenen in Jerusalem, diein wahrer Hingabe ihre Kleider vor Ihm ausgebreitet hatten (Lk 19:35-36).

So triumphal der Einzug Jesu in Jerusalem war, so eindringlich der Prophet Sacharja das Volk aufforderte: Freue dich, Tochter Zion, und du, Tochter Jerusalem jauchze! - so schnell wurde daraus das tragische Gegenteil.

Doch wissen wir auch, dass Jesus wiederkommen wird, aber dann in Herrlichkeit. Aus dem Lamm wird dann ein Löwe werden. Er wird kein Lasttier mehr leihen müssen, das einem Untertanen gehört. Ihm steht dann ein ganzes Heer weißer Pferde zur Verfügung, u m Seine himmlische Gefolgschaft darauf zu setzen. Seine Augen sind wie eine Feuerflamme, aus Seinem Mund geht ein scharfes Schwert hervor, und Seine Hand für die eiserne Keule.

So königlich Jesus in Seiner Niedrigkeit in Jerusalem empfangen wurde - wie wird Er wohl empfangen werden, wenn Er in Herrlichkeit kommen wird?

Joh 12:16

"Dies erkannten Seine Jünger zuerst nicht. Als Jesus aber verherrlicht war, da erinnerten sie sich, dass dies über Ihn geschrieben war und man das an Ihm getan hatte."

Auch die JÜnger Jesu gingen davon aus, dass Jesus das verheißene Königreich aufrichten würde. Sie wussten zwar um die prophetischen Aussagen, konnten aber wenig oder nichts damit anfangen. Erst als sich aller erfüllt hatte, wurde ihnen klar, was in den alten Schriften stand. Es war für sie ein ständiger Lernprozess, dass Jesus nicht in Herrlichkeit, sondern in Niedrigkeit gekommen war und dass Sein Ende der Tod am Kreuz sein müsste.

So wie die Jünger zuerst nicht erkennen konnten, geht es in ähnlicher Weise oft auch uns. Obwohl wir, im Gegensatz zu den Jüngern, das vervollständigte Wort Gottes haben, trifft nicht selten auf uns zu, was Paulus in 1Kor 13:12 schreibt: Denn bis jetzt erblicken wir sie wie durch einen Spiegel, in Dunkeldeutung, dann aber wie von Angesicht zu Angesicht. Bis jetzt erkennen ich nur aus Bruchteilen, dann aber werde ich so erkennen, wie auch ich erkannt worden bin." Angesprochen ist in diesem Wort die "Reife", die kommen wird, um die Unmündigkeit abzutun. Die Reife, deren Grundlage das vervollständigte Wort Gottes ist, wird uns in Eph 4:13 aufgezeigt: "...bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zum gereiften Mann, zum Maß des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien..."

Auch wir tun uns, wie die Jünger, manchmal schwer im Erkennen der Wahrheit, und es scheint, dass wir trotz der Vervollständigung des Wortes Gottes, wie es in unseren Händen liegt, öfters noch wie durch einen Spiegel in Dunkeldeutung schauen. Aber spätestens, wenn wir endgültig bei Ihm, unserem verherrlichten Herrn u nd Haupt sind, dann fallen alle Dunkelschleier ab, und wir werden schauen und erkennen!

Joh 12:17-18

"Die Volksmenge, die bei Ihm gewesen war, als Er Lazarus aus dem Grab gerufen und ihn aus den Toten auferweckt hatte, legte nun Zeugnis für Ihn ab. Deshalb ging Ihm auch eine große Schar entgegen, weil sie gehört hatte, dass er dieses Zeichen getan habe."

Die beeindruckendsten Zeugen sind natürlich immer die Augenzeugen selbst. Sie konnten für das, was sie gesehen hatten, auch einstehen. Es musste für jene, die dabei waren, ein gewaltiges Erleben gewesen sein, als Lazarus, noch mit den Grabtüchern um hüllt, aus der Gruft heraustrat. Entsprechend überzeugend war ihr Zeugnis, und entsprechend war auch die Begeisterung der Volksmenge.

So lebendig sich das Zeugnis jener anhörte, die die Auferstehung des Lazarus miterlebt hatten, so lebendig darf und soll auch unser Zeugnis sein, das wir abzugeben haben. Zwar sind wir keine Augenzeugen eines Wunders, aber wir haben das Zeugnis des Geistes Gottes, dass wi rin der Gnade Gerettete sind, dass uns ein herrliches Losteil in den Überhimmeln erwartet, und dass wir aufs engste mit unserem Herrn und Haupt verbunden sind. Müsste man uns die Freude über soviel empfangenen Gaben nicht ansehen?

In 2Kor 3:1-3 lesen wir: "Fangen wir wieder an uns selbst zu empfehlen? Oder bedürfen wir etwa (wie gewisse Leute) empfehlender Briefe an euch oder von euch? Unser Brief seid ihr, uns ins Herz hinein geschrieben, von allem Menschen erkannt und gelesen, da es offenbar ist, dass ihr ein Brief christi seid, durch unseren Dienst vermittelt und ins Herz hineingeschrieben, nicht mit Tinte, sondern durch den geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne taeln, sondern auf fleischerne tafelmn des Herzens."

Ist uns tief drinnen bewusst, dass auch wir Zeugen sein dürfen, dass unser Herz ein lebendiger Brief Christi ist"

Joh 12:19

"Da sagten die Pharisäer zueinander: Ihr schaut selbst, dass ihr überhaupt nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft hinter Ihm her!"

Was muss wohl im Innern dieser Pharisäer vorgegangen sein ? Seit langem versuchten sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, diesen Nazarener namens Jesus auszuschalten oder zum Schweigen zu bringen, öffentlich und heimlich. Doch keines ihrer Vorhaben führte zum Erfolg! Längst war das Todesurteil über diesen Mann gesprochen, nicht nur von einzelnen, sondern vom gesamten Rat des Synedirums. Aber immer mehr Ratlosigkeit breitete sich unter diesen Pharisäern und Schriftgelehrten aus.

Dieses Situation hat auch uns viel zu sagen, ja sie spricht uns unendlich viel Trost zu, sehen wir doch darüber überdeutlich , dass keine Macht, und stehe sie noch so hoch, einem Heiligen Gottes etwas anhaben kann, wenn es Gott Selbst nicht zulässt!

Wie gewaltig Gott die Pläne und Vorhaben der sündhaften durchkreuzt, sehen wir schon in 1Mo 11:6-9, wo Ieue die Lippen der Frevler verwirrte und diese über die gesamte Erde zerstreute. Auch Hiob bezeugt uns: "Er macht zunichte die Anschläge der LIstigen, dass es ihre Hand nicht ausführen kann"; oder "er führt die Klugen wie einen Raub hinweg und macht die Richter toll" (Hi 12:17).

Es könnten noch viele ähnliche Schriftworte aufgezählt werden - sie alle bestätigen uns die wunderbare Tatsache, dass nicht das Böse die Führung hat, sondern unser Gott und Vater alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt. Dies war im Erdenleben Seines geliebten Sohnes so, und es ist so auch in unserem Leben!

Über das Sterben des Menschensohnes

Joh 12:20-22

"Unter denen, die zum Fest hinaufzogen, um anzubeten, waren auch einige Griechen. Diese kamen nun zu Philippus, der von Bethsaida in Galiläa war, und ersuchten ihn: Herr, wie wollen Jesus sehen! Philippus ging und sagte es Andreas. Andreas und Philippus wiederum gingen und berichteten es Jesus. Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde!"

So. unscheinbar und fast nebensächlich uns der Inhalt dieser 4 Leitverse zunächst erscheinen mag, umso mehr gewinnt er bei näherem Hinsehen an Gewicht. Da wir uns jetzt aber mit schnellen Schritten jenem großen Ziel des Erdenweges Jesu nähern, Seinem Tod am Kreuz, wollen wir doch eine ganz kurze Zusammenfassung Seines Auftrages geben, den Er vom Vater erhalten hat und der uns dann auch zu unserem heutigen Leitversen führt:

Unentwegt sah Jesus den Auftrag Seines Vaters vor Sich: "Ich bin nicht aus dem Himmel herabgestiegen, dass Ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der Mich gesandt hat" (Joh 6:38). Wir haben zurückschauend gesehen, dass Jesus die Ihm gegebenen Vollmacht über Leben und Tod, Menschen und Dämonen, Krankheit und Besessenheit und die Elemente der Natur in Übereinstimmung mit dem Vater einsetzte. Er hob auch nicht sich Selbst und Seine Liebe hervor, sondern wies stets auf den Vater. "Denn so liebt Gott die Welt, dass Er Seinen einzig gezeugten Sohn gibt" (Joh 3:16). Auch kam Er nicht in die Welt, um den Ihm als Herrn zustehenden Tribut entgegen zu nehmen, sondern Er kam vielmehr, um zu dienen, um Seine Seele als Lösegeld zu geben (Mt 20:28).

In allem, was Er tat, war Er gehorsam, und es kein Widerspruch, wenn wir in Hebr 5:8 lesen: "Er lernte den Gehorsam durch das, was Er litt."

"Unter denen, die zum Fest hinaufzogen, um anzubeten, waren auch einige Griechen. Diese kamen nun zu Philippus, der von Bethsaida in Galiläa war, und ersuchten ihn: Herr, wir wollen Jesus sehen!" (Vers 20-21)

Es fällt uns auf dem Erdenweg Jesu immer wieder auf, dass Er allen falschen Regungen des Volkes entgegenstand, um nicht als ihr Messias erkannt zu werden, dem ja der Thron Davids gebührt. So lasen wie in Joh 2:24: "Jesus Selbst vertraute Sich ihnen jedoch nicht an". Und als Er erkannte, dass sie Ihn zu ihrem Brotkönig machen wollten, zog Er Sich auf einen Berg zurück, um allein zu sein (Joh 6:15). Seine Jünger warnte Er eindringlich, niemanden zu sagen, Er sei der Christus (Mt 16:20).

Jesu Ziel war klar vorgegeben: Er musste Sein Blut und Fleisch hingeben und den Becher trinken, der randvoll mit Leiden gefüllt war, gipfelnd in Seinem Tod am Kreuz.

Diesen Weg suchte aber der Widerwirker ständig zu durchkreuzen! Er versuchte dies persönlich, wie wir es in Mt 4:1 -11 sehen, und als die vergeblich war, wirkte er durch die Söhne der Widerspenstigkeit, durch das Volk und vor allem durch deren Obere, die Pharisäer und Schriftgelehrten. Doch auch hier gelang es dem Widerwirker nicht, Jesus von Seinem vorgegebenen Weg abzubringen - wir vernahmen bereits in Vers 19 die Rede der Oberen: "Ihr schaut selbst, dass ihr überhaupt nichts ausrichtet!" Alle Versuchungen und Prüfungen scheiterten an Seinem bedingungslosen Gehorsam dem Vater gegenüber.

Die Situation war also folgendermaßen: Die Pharisäer und Schriftgelehrten sannen auf Seinen Tod; das Volk glaubte insgesamt nicht an ihn, es rief zwar "Hosianna", doch die. zum großen Teil nur, weil Er zuvor Lazarus aus den Toten auferweckt hatte. Zwar folgte Ihm n och Seine Jüngerschar, doch auch diese sollte in den nächsten Tagen tief erschüttert werden...

Unter denen, die zum Fest hinaufzogen, um anzubeten, waren auch einige Griechen. Diese kamen nun zu Philippus, der von Bethsaida in Galiläa war, und ersuchten ihn: Herr, wie wollen Jesus sehen!

In diese gestern geschilderte Lage hinein näherten sich plötzlich über Philippus einige Griechen und wünschten, Jesus zu sehen! Ein unscheinbares Ereignis und doch, welch ein Zusammentreffen!

Sollte sich hier, nachdem die Tür zu Seinem Volk fast zugeschlagen war, in letzter Minute eine neue Tür öffnen, eine. Tür zu den Griechen, zu den Unbeschnittenen? War dies ein Hinweis des Vaters? Wollte Er durch diese Griechen sagen: "Wende Dich zu den Nationen und lass die Juden hinter Dir?" Sollte schon jetzt das Tor. zu allen Menschen geöffnet werden, wovon ja auch die Propheten sprachen: "Ja, setzen werde Ich Dich zum Bundesbürgen der Völker, zum Licht der Nationen, aufzutun Augen, die da blind sind, ..." (Jes 42:6). Sollte Ihm der Vater doch letztlich das Schwerste ersparen wollen? Hatte Er nicht auch dem Abraham in letzter Minute ein "Halt!" zugerufen?

Die Versuchung für den Herrn war, dass sich durch das Auftreten der Griechen ein Weg zu öffnen schien, der aber nicht zum Kreuz führen konnte!

Der Herr aber wusste, dass der Vater so nicht spricht! Er wusste, dass es der Versucher war, der Ihn nochmals von Seinem Weg abzubringen versuchte. Er erkannte die Taktik, den. Bisher in allem makellosen Gottessohn zu einem eigenen Weg und damit zum Ungehorsam zu verführen. "Alle Königreiche der Welt und ihre Herrlichkeit werde ich Dir geben, wenn Du niederfallend vor mir anbetest! (Mt 4:9). Die war das bestehende Angebot des Fürsten der Finsternis!

Joh 12:23-24

"Jesus aber antwortet: Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde!"

Wir sehen, der Herr ging mit keiner Silbe auf den Wunsch der Griechen ein, die Ihn sehen wollten.

Schon zu einem früheren Zeitpunkt suchte eine kananäische Frau (die keine Israelitin war) Seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem sie laut rief: "Erbarme Dich meiner, Herr, Du Sohn Davids! Meine Tochter ist übel dämonisch besessen! Er aber antwortete ihr kein Wort." Als Seine Jünger Seine Haltung nicht verstanden, antwortete ihnen Jesus: "Ich wurde lediglich zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt!" (Mt 15:21-24). Kam es in obigem Fall doch noch zu einer Wende - die Tochter jener Frau wurde geheilt - so konnten diesmal Andreas und Philippus nichts ausrichten. Seine ganze Kraft richtete Jesus auf Seinen nahen Tod aus, auf die Stunde, wo des Menschen Sohn die Sündenlast des Alls auf Sich nahm!

Jesus wusste, dass Sein Tod eine ungeheure Kraftwirkung entfalten würde, die die gesamte Schöpfung umfasst. In Röm 11:36 lesen wir, dass das All aus Ihm, durch Ihm und zu Ihm hin ist. Die Aussage "zu Ihm hin" haben wir in unseren Schriften schon öfters mit einer Kreisbewegung verglichen. Dabei entfernt sich die Kreislinie erst einmal steig von ihrem Ausgangspunkt, bis sie auf der gegenüberliegenden Seite des Kreises den entferntesten Punkt erreicht hat. Von dort an nähert sie sich wieder dem Ausgangspunkt. Auf das All angewandt heißt dies, dass sich die Menschheit infolge der Sünde immer weiter von Gott entfernt hat. Am äußersten Punkt aber steht das Kreuz und das Opferlamm, beginnt die Versöhnung mit Gott. Von dort an nähert sich die Kreislinie wieder konstant ihrem Ausgangspunkt.

"Das All ist zu Ihm hin" - welche eine wunderbare Bewegung wird hier beschrieben, und welch entscheidende Rolle hat dabei Sein Tod!

"Wahrlich, wahrlich Ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht."

Der höchste und herrlichste Zweck Seines Todes am Kreuz war der: "dass Er uns zu Gott führte!" Alle Opferrituale im Volk Israel zeigten auf diesen Tod hin. Und als dann das wahre Opferlamm kam, sprach Er deutlich aus, was Sein Tod bewirken würde: "...wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht."

Die Verherrlichung Christi ist, dass Er am Beginn des Kreises, in der Mitte und am Ende steht. Wo alles wieder in Ihn einmündet. Damit wollen wir sagen, dass Sein Opfer nicht nur gegenwärtig war, sondern dass es bis in die entfernteste Vergangenheit zurückreicht und, vorwärts gesehen, die gesamt Zukunft umfasst und einschließt.

Jesus wusste, dass Er einen unsagbar schweren Weg gehen musste, aber Er wusste auch um die nachfolgende Verherrlichung. Ein Weizenkorn kann zwar dazu beitragen, ein Brot zu backen, aber damit ist sein Dasein erloschen. Doch in die Erde gelegt, bringt es vielfache Frucht. Die Frucht des in die Erde gelegten Sohnes Gottes ist das gesamte All - keines Seiner Geschöpfe ist ausgeschlossen!

Und wenn einmal das gesamte All auch buchstäblich zu Ihm zurückgekehrt sein wird, dann wird der Sohn das All, diese herrliche frucht, Seinem Vater zu Füßen legen. Paulus beschreibt dies so: "Wenn Ihm aber das All untergeordnet ist, dann wird auch der Sohn Selbst dem untergeordnet sein, der Ihm das All unterordnete, damit Gott alles in allen sei" (1Kor 15:28).

Ähnliche Worte wie bei unserem Herrn finden wir bei Paulus, dem Apostel der Nationen: "Was du säst, wird nicht lebendig gemacht, wenn es nicht zuvor stirbt" (1Kor 15:36). Und denjenigen, der dies nicht einsehen wollte, tadelt er zu Beginn dieses Verses mit: "Du Unbesonnener!"

Wir wissen sehr wohl aus der Pflanzenwelt, dass ein. Samenkorn, wenn es. unverändert bleibt, zwar seine Keimfähigkeit erhalten kann, aber nicht keimt. Erst wenn es in die feuchte Erde gelegt wird und sich auflöst, gibt es sein Leben an einen Sprössling weiter, zurück bleibt nur noch die tote Schale.

Der wichtigste Punkt ist bei Paulus hier die Auferstehung. Als Frucht des Sterbens unseres Herrn wissen wir um unsere Auferstehung. Dabei muss aber auch unser Körper zuerst in die Erde gelegt werden (wenn uns der Herr nicht zuvor zur Entrückung abholen sollte).

Gottes unbegreifliche Allmacht, Leben zu erzeugen, wurde von Anfang an auf der Erde zur Schau gestellt. Dies geschah mit grünen Gewächsen, die Samen hervorbringen konnten. Dann starben die ursprünglichen Pflanzen ab und säten gleichzeitig neuen Samen aus. Auch das Wunder der Tierwelt ist faszinierend. Wenn wir an die drei Elemente Wasser, Land und Luft denken, so sehen wir, wie Gott jedem Lebewesen einen Körper gab, der seinem Element angepasst ist, in dem es lebt. Auch unser Körper, wenn er gestorben ist, wird auferstehen. Aber im Unterschied zu jenen Heiligen, die im Königreich auferstehen und wieder ihren alten Körper erhalten werden (wiewohl in vermehrter Kraft und Lebensart), muss unser Körper dem Element angepasst werden, in das er hineinversetzt wird, und dies sind bei uns die "überhimmlischen Räume" (siehe 1Kor 15:53).

Joh 12:25

"Wer seine Seele liebhat, verliert sie; wer aber seine Seele in dieser Welt hasst, wird sie zum äonischen Leben bewahren."

Das nahe Ende der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade bringt auch im sprachlichen Gebrauch immer mehr Verwirrung mit sich. Dies trifft auch auf den Begriff "Seele" zu. So wird heute kaum mehr zwischen Seele und Geist unterschieden, im Gegenteil, das "Seelische" wird allgemein als das "Geistige" verstanden, und mit Letzterem ist ja unser Denksinn angesprochen. Das "Seelische" oder "die Seele" hingegen weist auf unser "Gefühl", unsere "Empfindungen" hin; (oder sie) lässt uns Freude und Trauer, Lust und Schmerz, Liebe und Hass empfinden.

Nach Seiner klaren Todesankündigung gab Jesus noch einmal Anweisungen an Seine Jünger, wie sie sich nach Seinem Tod verhalten sollten. Dabei wusste Er nur zu gut um die Verlockungen und Reize dieser Welt, welche vor allem die Seele ansprechen. Der Gläubige kann den Verlockungen nachgeben und das, was die Welt ihm bietet, mit seiner Seele (mit seinem Empfinden) genießen. Er kann aber auch entsagen und sich auf das ausrichten, was zukünftig ist.

"Wer seine Seele lieb hat..." und damit meinte Jesus, wer mit seiner Seele diese Welt genießen möchte -. "verliert sie", d. h. dass der Betroffene kein äonisches Leben erhalten wird. "Wer aber seine Seele in dieser Welt hasst...", wer also freiwillig auf die Genüsse dieser Welt verzichtet, wird den unendlich besseren Genuss in den kommenden Äonen haben. Dabei sei angemerkt, dass die Seele, die ja von Natur aus mehr dem Fleisch zugetan ist, uns immer wieder zu den weltlichen Genüssen ziehen wird.

Der Aufruf Jesu, seine Seele in dieser Welt zu hassen, bedeutet also die Verurteilung aller weltlichen Begierden und Sehnsüchte in uns.

Jesus sprach diese Worte zu Seinen Jüngern! Da sie aber auch für uns von großer Wichtigkeit sind, müssen wir hier die B erührungspunkte, aber auch die Unterschiede zwischen den Herausgerufenen der Königreichsgemeinde und uns herausheben.

In Mt 13:22 lesen wir: "Doch die Sorge des Äons und die Verführung des Reichtums ersticken das Wort, so dass es unfrucht bar wird". Auch ohne Textzusammenhang sagt dieses Wort viel aus, es hat auch uns etwas zu sagen. Dabei wird nicht der Reichtum als solcher verurteilt, sondern: "Die Reichen in dem jetzigen Äon weise an, nicht auf Hohes zu sinnen, noch sich auf die Ungewissheit des Reichtums zu verlassen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich zur Annehmlichkeit darbietet..." (1Tim 6:17). Und in Röm 12:2 werden wir gelehrt: "... euch nicht auf diesen Äonen einzustellen...", was wiederum heißt, unsere Seele zu bremsen.

Wir sehen, hier sind fü die beiden herausgerufenen Gruppen klare Anweisungen zu beachten, da beide Gruppen ja im gleichen Äon leben, nämlich im "gegenwärtigen bösen Äon" (Gal 1:4).

Aber eine wichtige Unterscheidung liegt in den Folgen bei Missachtung dieser Anweisung. Die Herausgerufenen aus Israel werden "ihre Seele verlieren". Und dies kann nur bedeuten, dass sie in den kommenden Äonen (also auch im Königreich) keine Seele und damit kein Empfinden haben - sie sind tot! Die herausgerufenen Körperglieder sind aber nicht aufgrund ihrer Werke gerettet, sondern "in der Gnade" (Eph 2:8) und dies ist unwiderruflich, weil Gottes Gnadengaben unbereubar sind! (Röm 11:29). Sogar Demas, der Paulus aus Liebe zum jetzigen Äon verließ (2Tim 4:10) durfte weiterhin mit dem Geschenk der Gnade Gottes rechnen (Dass er ein Herausgerufener war, zeigt uns Phil 1:24, wo ihn Paulus seinen Mitarbeiter nennt), auch wenn er seine Seele offensichtlich nicht zügelte, sondern ihr freien Lauf ließ!

Joh 12.26

"Wenn Mir jemand dienen will, so folge er Mir; denn wo Ich bin, dort wird auch Mein Diener sein. Wenn jemand Mir dient, wird der Vater ihn ehren."

Auch bei diesem Vers wird es vergänglich für uns, wenn wir nicht beachten, an wen die Worte Jesu gerichtet sind. Unser Vers erweckt den Eindruck, als wären diejenigen, die dem Herrn nachfolgen, dort, wo Er ist - und dies wäre heute zur Rechten Gottes, des Vaters in den Überhimmeln! Damit würde die Zweiteilung, die wir bei der irdischen und überhimmlischen Berufung machen, hinfällig.

Wir können hier nur Klarheit erlangen, wenn wir das Wort dort belassen, wo es hingehört. Zur Zeit Jesu gab es nur eine große Erwartung in Israel, und dies war das messianische Königreich auf Erden. Es muss an dieser Stelle wieder deutlich betont werden, dass eine überhimmlische Berufung noch vollkommen unbekannt war; diese wurde erst später durch den erhöhten Herrn dem Apostel Paulus enthüllt, und war bis dahin ein Geheimnis!

Wo also nur das Wissen um eine irdische Zukunft und um die irdische Anwesenheit Christi Jesu als König Israels vorhanden war, dort konnten Jesu Worte auch nur derart verstanden werden, dass sie sich auf das irdische Königreich bezogen!

Unser Leitvers erinnert an Mt 16:24, wo Jesus spricht: "Wenn jemand Mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge Mir." Und weiter in Vers 27 lesen wir in Bezug auf Sein Kommen in Herrlichkeit auf dem Ölberg: "...und dann wird Er jedem nach seinem Handeln vergelten." Die Nachfolge Jesu und der dienst für Ihn war und ist nicht leicht - sie bedeutet das Kreuz für jeden, und dies ist meist Mühsal und Leiden. Aber es folgt auch die Verheißung, und die beinhaltet Ehrung durch den Vater und einer Vergeltung jeder guten Tat.

Joh 12:27-28

"Nun ist Meine Seele erregt, und was soll Ich sagen? Vater, errette Mich aus dieser Stunde? Nein, deshalb bin Ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche Deinen Namen!"

Die Aufgabe der Seele ist uns aus den letzten Tagen noch gut in Erinnerung. Wenige Stunden vor Seinem schwersten Gang ist Seine Seele erregt, d.h. Seine Gefühle und Empfindungen waren aufs heftigste angespannt. Was sich in Seiner Seele abspielte, äußerte sich in Seinen Worten! Dabei deutete Er auch die Möglichkeit Seiner Rettung aus dieser Stunde durch den Vater an. Im Garten Gethsemane erleben wir dann den Höhepunkt Seines inneren Kampfes.

Doch der Garten Gethsemane hatte viele Vorgärten. Bedenken wir, dass Jesus schon in frühester Jugend wusste, welchen Auftrag Er ausführen musste. Sein Erdenleben war, ständig unter dem Schatten des Kreuzes, ein steter seelischer Leidensweg. Auch als Sohn Gottes war Er ja über die auf Ihn eindringenden Gefühle nicht erhaben.

In Hebr 5:7 lesen wir über Seine Erdentage die erschütternden Worte: "Der in den Tagen Seines Fleisches sowohl Flehen wie auch inständige Bittrufe mit starken Geschrei und Tränen dem darbrachte, der Ihn aus dem Tode retten konnte." Wie oft lesen wir, dass sich der Herr von Seinen Jüngern zurückzog, um in der Stille und Einsamkeit mit dem Vater zu sprechen. Das von Lukas (Lk 6:12) berichtete Gebet dauerte sogar die ganze Nacht. Das Hebräerwort gibt uns Einblick, was in jenen Gebetsstunden und Nächten geschah!

Mit jeder Stunde, die verging, rückte das Kreuzesgeschehen näher, und mit jeder Stunde bedrückte Ihn die Last mehr - vielleicht können wir erahnen, wie sehr Seine Seele erregt war!

Joh 12:29-30

"Darauf kam nun eine Stimme aus dem Himmel: Ich habe Ihn verherrlicht und werde Ihn wieder verherrlichen! Die Volksmenge nun, die dabeistand und es hörte, meinte, es habe gedonnert: andere

sagten: Ein Bote hat mit Ihm gesprochen. Jesus antwortete: Nicht um Meinetwillen ertönte diese Stimme, sondern um euretwillen."

Des Herrn innigster Wunsch war es immer, den Namen des Vaters zu verherrlichen. Auch in diesen schweren Stunden ließ Er darin nicht nach. Und dann erfolgte die Antwort aus dem Himmel, und wir könnten diese etwas abgeändert so wiedergegeben:

"Mein Name wurde bisher durch Deinen makellosen Erdenweg wunderbar verherrlicht, aber er wird noch weiter verherrlicht werden durch das, was Du in den nächsten Tagen vollbringen wirst!"

Das Volk Israel sollte später einmal nicht sagen können, das es den Herrn nie gekreuzigt hätte, wenn es u m alles gewusst hätte. Es war des Vaters geoffenbarter Wille, dass das Volk Seine Stimme hörte, dass es merkte, dass kein gewöhnlicher Mensch unter ihnen stand, sondern der S ohn Gottes. Auch wenn einige diese Stimme für Donnergrollen hielten, so erkannten doch die anderen darin eine außerirdische Macht. Damit wurde ein neuer Dialog in der Volksmenge eingeleitet.

Vorausschauend dürfen wir heute erkennen, wie wunderbar Gott Seinen Namen im Sohn verherrlicht hat, und wie wird es erst sein, wenn einmal eine vollständig zurechtgebrachte Schöpfung ihre Knie beugen und ihrem Retter huldigen wird!

Joh 12:31-33

"Nun ist das Gericht dieser Welt, nun wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden;"

So klar für manche Gläubige unser obiges Leitwort ist, so wollen wir trotzdem die Frage stellen: Was ist das für ein Gericht, und wer ist der Fürst dieser Welt?

Für viele Ausleger beziehen sich diese Worte auf Satan, den Widerwirker und Lügner von Anfang an. Auch Luther dachte sicher an diesen Vers, als er das alte Kirchenlied schrieb: "Der Fürst dieser Welt, wie aus'r er sich stellt, so tut er uns doch nichts, das macht, er ist gericht't: ein Wörtlein kann ihn fällen."

Dass sich der gesamte Inhalt des Leitverses auf ein Ereignis bezieht, ist eindeutig klar. Und dass man notfalls die Worte "Nun ist das Gericht dieser WElt" auch so sehen kann, dass sich die Welt mit dem Tod Jesu selbst das Gericht spricht, sei auch dahingestellt, nur: Satan wurde keinesfalls hinausgeworfen, im Gegenteil, er ist bis zum heutigen Tag so aktiv wie eh und je!

Damit gewinnt unser Textwort einen anderen Sinn: Unser Herr dachte bei diesen Seinen Worten an das Gericht, das die Welt jetzt an Ihm zu vollziehen sich anschickte. Und nur Sich Selbst bezeichnet Jesus als den Fürsten dieser Welt"!

Es war ja. wenige Tage vor Seiner Hinrichtung. Seine Seele war erregt und voll von dem, was auf Ihn zukam. Auch Seine Worte waren ganz auf dieses schwere Ereignis ausgerichtet. Er sprach von Seiner Stunde, die gekommen ist, Er sprach vom Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, Er sprach von Seiner Seele, Er bat den Vater, Seinen Namen zu verherrlichen - wir sehen deutlich, wie auch die Worte unseres Leitverses ganz in diesen Rahmen und das Umfeld passen!

"und wenn Ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle zu Mir ziehen! Das sagte Er aber, um anzudeuten, welchen Todes Er demnächst sterben werden."

Wir wollen das gestern Gesagte noch etwas vertiefen. Wie wir feststellten, kann dieser Vers nicht auf Satan zutreffen, weil er damals nirgends hinausgeworfen wurde. Sein Herrschaftsgebiet ist nach wie vor der Lufthimmel inmitten der Überhimmlischen (Eph 2:2 und Eph 6:12), und er ist auch noch immer "der Gott dieses Äons" (2Kor 4:4). Erst in Offb 12:9 ist davon die Rede, dass der große Drache, die uralte Schlange, die Widerwirker und Satan heißt, hinabgeworfen wird (vom Himmel auf die Erde), womit dann auch die antichristliches. Drangsalszeit eingeleitet wird.

Unser Textwort redet aber von Jesus; er war es, der von dieser Welt verworfen und gerichtet wurde. Er war der Fürst dieser Welt, den sie an das Fluchholz hängen wollten.

Aber sehr bald wird dieser von der Welt Gerichtete wiederkommen, dann aber in unbeschreiblicher Macht und Herrlichkeit. Dann wird Er auch mit dem Hauch Seines Mundes den Widersacher samt dessen Anhang erledigen, und dann wird Ihm auch das ganze Volk Israel zujauchzen und Ihn als ihren Fürsten annehmen. Im Äon des Königreiches wird sich dann eine Nation nach der anderen vor Ihm beugen, und im darauffolgenden Äon, dem der neuen Himmel und Erde, wird Er herrschen, anerkannt, angebetet und umjubelt sein, und dies von der ganzen Menschheit, die Er Sich mit Seinem teuren Blut zum Eigentum erkauft hat. Dann wird Er in Wahrheit der Fürst dieser Welt sein, dem allein dieser Titel gebührt.

Von den Menschen erhöht zwischen Himmel und Erde hängend, aber von Gott überaus hoch erhöht und mit jenem Namen begnadet, der über jedem Namen ist - wie teuer ist uns doch der Name JESUS!

Joh 12:34

"Die Volksmenge antwortete Ihm dann: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus für den Äon bleibt; wie kannst Du sagen, der Sohn des Menschen muss erhöht werden? Wer ist dieser Sohn des Menschen?"

Die Volksmenge hatte richtig gehört, denn in Ps 89:37-38 lesen wir: "Sein Same soll für den Äon bestehen und sein Thron wie die Sonne vor Mir, wie der Mond wird er für den Äon fest gegründet sein, ein treuer Zeuge im Äther". Obwohl dieses Psalmwort auf David hinweist, führt es doch zu Christus, dem König Israels.

Auch wusste das Volk - im Gegensatz zu vielen Gläubigen heute - dass ein Äon keine Ewigkeit bedeutet, sondern einen von Gott festgelegten Zeitraum umschließt, in diesem Fall das Tausendjahrreich auf Erden.

Da das Volk nicht verstehen konnte, dass Jesus unter Seiner Erhöhung die "Erhöhung am Kreuz" meinte, folgerten sie im Grund richtig: "Wenn Er schon behauptet, Er sei der Messias, dann müsste er ja das Königreich aufrichten und für diesen Äon bei uns bleiben!"

Jesus stand in engster Beziehung. zur Menschheit, dies zeigt sich bei dem Titel "Sohn des Menschen". Aber dieser Titel bedeutet n och mehr: Im Hebräischen müsste es heißen: "Sohn Adams"; dies ist der Schlüssel zum rechten Verständnis. Jesus bekam die Hauptsaft über die ganze Menschheit; alles was in Adam war - die Sünde ausgenommen - ist Sein. Und da Er sündlos und direkt von Gott gezeugt war, konnte er auch mehr als Adam beanspruchen - Er war der rechte "Sohn des Menschen" (oder der "Menschheit").

Als der "Sohn des Menschen" litt und starb Er, stand aus den Toten als Erstling auf und wird in Herrlichkeit wiederkommen. Als "Sohn des Menschen" ist Ihm auch alles Gericht vom Vater übergeben worden (Joh 5:27). Adam versagte, doch mit Christus kam der "Urmensch" herab, um das Werk für die Menschheit zu vollbringen.

Joh 12:35-36

"Jesus sagte nun zu ihnen: Noch eine kurze Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit die Finsternis euch nicht ergreife; denn wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. Wenn ihr das Licht habt, so glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet!"

Auf die frage der Volksmenge, "Wer ist dieser Sohn des Menschen?" spricht Jesus von dem Licht der Welt, das noch eine kurze Zeit unter ihnen ist. Der Sohn des Menschen ist das Licht der Welt.

Schon im Anfang seines Evangeliums sagte Johannes die Verwerfung des Lichtes voraus: "Das Licht erscheint in der Finsternis, doch die Finsternis hat es nicht erfasst" (Joh 1:5). Jetzt stand der Herr vor der Erfüllung dieses Wortes, u nd wie muss, trotz der Schatten des Kreuzes, Sein Herz zusätzlich mit der Ablehnung durch das Volk belastet gewesen sein.

Einer benutzt aber auch (oder gerade) die Dunkelheit, es ist der Feind. Während der Nacht kommt dieser, so wissen wir aus den Gleichnissen in Mt 13, und sät sein Unkraut unter den Weizen. Und obwohl diese Machenschaften auch schon zur Zeit Jesu bekannt waren, wird die Saat des Unkrautes aber erst so richtig in der Zeit des Abschlusses dieses Äons aufgehen und dann schreckliche Frucht tragen. Die Offenbarung zeigt uns, dass dann eine große Scheidung durch Israel verläuft: Der eine Teil wird dem Herrn treu sein, der andere Teil wird dem Antichristen anhangen. Diesen Mischcharakter behält das Königreich bis zum Ende des Äons. Dann werden die himmlischen Boten den Weizen einsammeln, das Unkraut aber vorher herauslesen und verbrennen.

"Dann werden die Gerechten im Königreich ihres Vaters wie die Sonne aufleuchten" (Mt 13:43).

Unglaube und Glaube bei den Juden

Joh 12:37-38

"Dies sprach Jesus und ging fort und verbarg Sich vor ihnen. Obgleich Er so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an Ihn, damit das Wort des Propheten Jesaja erfüllt werde, in welchem er ankündigte. Herr, wer glaubt unserer Kunde? Und wem wurde der Arm des Herrn enthüllt?

Obwohl die Augen des Herrn unverrückbar auf Seinen nahen Tod ausgerichtet waren, warb Er immer noch um Sein Volk, ermahnte es, Ihn als Licht anzunehmen und damit Söhne des Lichts zu werden. Doch das Volk lehnte ab. Alle Zeichen und Wunder konnten es nicht dazu bewegen, Jesus als den Sohn Gottes, als ihren Messias, anzunehmen.

Dass Sich Jesus verbarg, war kein Zeichen von Angst oder Todesfurcht, es war vielmehr ein Zeichen dafür, dass Er nicht mehr gewillt war, diesen nutzlosen Dialog mit der Volksmenge weiterzuführen!

Wer kein Sohn des Lichts ist, ist ein Sohn der Finsternis - dies ist die logische Konsequenz. Es gibt keinen Freiraum für den Menschen, in dem er sich, ohne Beeinflussung geistlicher Mächte frei , und nur nach dem eigenen Wille handelnd bewegen könnte! Der Menschspricht. zwar von einem freien Wille, und es gibt Gläubige, die dies leider auch noch so sehen, aber die göttliche Wahrheit lehrt uns solches nicht! Es gibt zwei Mächte, die den Menschen beeinflussen, die des Lichts und die der Finsternis. Jesus warb als Licht der Welt: Werdet Söhne des Lichts! Da die Menschen Sein Angebot nicht annahmen, blieben sie automatisch das, was sie schon vorher waren: Söhne der Finsternis!

So tief schon der Prophet Jesaja, der die Zukunft schaute, schmerzvoll aus: "Herr, wer glaubt unserer Kunde? Und wem wurde der Arm des Herrn enthüllt? (Jes 53:1).

Joh 12:39-41

"Sie konnten deshalb nicht glauben, weil Jesaja wiederum gesagt hatte: Er hat ihre Augen geblendet und ihr Herz verstockt, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit dem Herzen begreifen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte. Dies sagte Jesaja, als er Seine Herrlichkeit gewahrt hatte und von Ihm sprach."

Der gleiche Prophet, der gestern schmerzvoll den Unglauben des Volkes beklagte, gibt jetzt die göttliche Antwort! Nicht der Mensch hat den Sohn Gottes mit seinem vermeintlich freien Willen abgelehnt - "ER hat ihre Augen geblendet und ihr Herz verstockt... und mit diesen überdeutlichen Worten müsste selbst dem beharrlichsten Anhänger eines freien menschlichen Willens sein Irrtum bewusst werden! Oder wäre es gar möglich, dass sich der Mensch auch diesem göttlichen Wort widersetzen könnte, in der sagt Ich will keine göttliche Blendung meiner Augen und keine Verstockung meines Herzens - ich will dies selber entscheiden... welche schon frevelhaft zu nennenden Folgerungen ergäben sich da!

Jesaja gewahrte Seine Herrlichkeit und erkannte die göttliche Wahrheit. Wieviel könnte so mancher Gläubige von diesem Propheten lernen! Doch auch wir wollen, um der Wichtigkeit dieses Themas willen, einen tieferen Einblick in jene göttlichen Aussagen tun, die sich mit dieser Thematik befassen.

Schon lange vor Jesaja sprach Gott zu Seinem Volk; als dieses, nach 40 Jahren Wüstenwanderung, kurz vor beim Einzug in das verheißene Land stand: "Aber Gott hat euch nicht ein Herz gegeben, zu erkennen, und nicht Augen, zu sehen, und Ohren zu hören, bis auf diesen Tag" (5Mo 29:4). Wir sehen, Jesaja sagte nichts Neues. Schon während der langen Wanderung in der Wüste, de ja mit steter Bewahrung und Hindurchtragen durch den Herrn verbunden war, konnte das Volk nicht zum wahren Glauben kommen - sie durften nicht erkennen, nicht sehen und nicht hören, was sie zum Glauben gebracht hätte.

Da auf die Prophezeiungen, die wir gestern bei Mose und Jesaja lasen, auch im NT wiederholt Bezug genommen wird (siehe z.B. Johannes), sind sie offensichtlich sehr bedeutsam im Hinblick auf die Geschichte Israels.

Und in der Tat besiegeln diese Prophezeiungen in dramatischer Weise das Schicksal dieses Volkes! Die scheinbare Endgültigkeit dieser Verstockung Israels bewegte Jesaja zu der Frage: "Bis wann, Ieue?" (Jes 6:11). Zwar lässt die Antwort Gottes in Vers 12 inmitten der Verödung etwas Hoffnung aufkommen, da ihr ein Ende gesetzt wird: "Bis dass...", doch schon in Vers 13 schwindet diese, da dort gesagt wird, dass Israel wiederum dem Gericht verfällt. Sogar der Überrest (das im Lande verbliebene Zehntel) samt einiger Heimkehrer wird schließlich noch verzehrt.

Wiewohl (unter dem Gleichnis vom Stumpf der gefällten Eiche) die Bewahrung des h eiligen Samens verheißen wird, steht dem Volk zunächst nur noch mehr Verödung und Verwüstung bevor. Wir sehen, was Israel auch immer tun mag, nichts kann das Wort Gottes über seine Verstockung in Jes 6 aufheben! Auch wird das Volk durch eigene Anstrengung niemals in der Lage sein, den Folgen dieses Urteils zu entgehen - dies zeigte uns ja eindrucksvoll der bisherige Verlauf der Geschichte dieses Volkes, und die Zukunft wird es weiterhin erzeigen.

Jes 6:9-10, das Urteil der Verstockung Israels, wird in Gottes Wort mehrfach zitiert, und je mehr wir uns damit befassen, umso mehr wächst auch unsere Anteilnahme und Liebe zu diesem Volk.

Der Prophet Jesaja kannte die Menschen, unter denen er lebte, er wusste auch, wie genau die Worte Ieue's auf sie passten und sie charakterisierten. Da nun diese Verse zugleich Jewes Urteil festlegten, fühlte sich Jesaja gedrängt zu fragen, wie lange diese Gerichtszeit dauern würde. Jewes Antwort bestätigt die Tatsache, dass (menschlich gesehen) keinerlei Aussicht besteht, dass irgend jemand den Zeitpunkt des Verstockungsendes erleben wird.

Wir müssen die Antwort in Jes 6:11-13 wiederholt gründlich lesen, um einen Hinweis darauf zu finden, was uns die Botschaft über ihre buchstäbliche Bedeutung hinaus sagen will. Es ergibt sich jedoch nur die Andeutung einer zukünftigen Gnadenerweisung, denn auf die damalige Generation konnte man kein Vertrauen mehr setzen. Das verdickte Herz, die schweren Ohren und die blinden Augen stimmen mit dem Zustand der verlassenen Städte, Häuser und Ländereien überein. Die Bevölkerungszahl wird auf ein Zehntel sinken; aber selbst die Heimkehr einiger Auslandsjuden wird die fast völlige Vernichtung des Überrestes nicht aufhalten können, so dass er wie eine Terebinthe vertrocknen wird. Verloren und ohne Hoffnung ist Israel, wie es dieses Bild zum Ausdruck bringt. Aber trotz allem finden wir die Andeutung einer fernen Zukunftserwartung: Ebenso wie der Stumpf einer gefällten Eiche ein Erinnerungsmal bleibt, so ist Israel von Jewe ein heiliger Same verheißen worden. Das Erinnerungsmal besteht aus den wenige, welche Ohren zum Hören haben - sie bilden die Kernzelle der zukünftigen Nation, der das Königreich gegeben werden soll!

Die zitierten Verse in unserem Leitvers, die wir vollständig in Jes 6:9-10 finden, sind das Urteil Gottes über Israel. Gott überlässt das Volk völlig seinen fleischlichen Neigungen! Das Urteil ist also das Endergebnis der völlig hilflosen Lage des fleischlich gesinnten Israels!

Nun wissen wir, dass Israels Bestimmung die Verherrlichung Gottes ist. Doch trotz der niederschmetternden Aussagen der letzten beiden Tage dürfen wir gerade in dieser Botschaft an den Propheten, die ja gewissermaßen das Ende des Bundesvolkes bedeutet, Gottes Wege erkennen, die auch das Volk Israel ans Ziel führen.

Israels Aussicht, soweit sie das Fleisch betrifft, ist gleich Null, denn es hat hinreichend bewiesen, dass es zu nichts anderem fähig ist, als immer wieder seiner fleischlichen Gesinnung nachzugeben. Die Rettung Israels wird also zukünftig allein die Herrlichkeit und Weisheit Gottes sein!

Unser Leitvers, das Zitat aus Jes 6, bestätigt uns, dass für Israel das Urteil der Verstockung auch zur Erdenzeit Jesu immer noch bestand. Und trotzdem hielt sich der Eichenstumpf (und Eichenholz hält sich ja aufgrund seiner Festigkeit über Jahrhunderte) wie ein Denkmal, nämlich in der von Gott getroffenen Auswahl aus dem Gesamt Volk, und hier besonders in der Herausrufung der Jünger. Keiner aus dem Volk konnte an Jesus glauben, wenn er nicht von Gott gerufen, bzw. gezogen wurde. Und wie liebevoll umsorgte doch der Herr gerade diese Auswahl und verglich Sich mit dem edlen Hirten, dem keines Seiner Schafe verlorengehen wird!

Das Thema wäre unvollständig, wenn wir nicht auch auf Röm 11:25-26 hinweisen würden. Dort ist die Rede von einem Geheimnis, welches sich auf die Verstockung Israels bezieht. Dieses Geheimnis war seit der Niederschreibung von Jes 6 verborgten (sonst wäre es kein Geheimnis gewesen) und wurde erst durch den Apostel Paulus enthüllt.

Wir sahen bereits in Jes 6, dass sich das Urteil über Israel auf unbestimmte Zeit hinauszog. Der Grund dieses Urteils lag in der fleischlichen Gesinnung Israels und sollte solange gelten, wie diese Gesinnung anhielt. Doch da auch wir nur zu gut wissen, dass sich solche Gesinnung nie ändern würde, ergäbe sich für Israel eine Gerichtszeit von unbestimmter Dauer!

Es war Paulus gegeben, Licht in die Dauer der Verstockung zu bringen und ein Geheimnis zu lüften. Nach seinen Aussagen im Brief an die. Römer wird die Verstockung nur so lange währen, "bis die Vervollständigung der Nationen eingehe. Und sodann wird Israel als Gesamtheit gerettet werden."

Dies bedeutet nichts anderes, als dass Gott abwartet, bis das letzte Glied am Körper des Christus berufen ist und damit die Vervollständigung der Körperschaft Christi erreicht ist. Und dann tritt das herrliche Wort in Kraft, dass Gott die Verstockung von seinem Volk Israel wegnehmen wird, und: "Eintreffen wird der Bergende aus Zion; abwenden wird Er die Unfrömmigkeit von Jakob."

Was Israel von sich aus nie vermocht hätte - seine fleischliche Gesinnung abzulegen - ER wird abwenden, ER wird heilen, ER wird trösten und ER wird Glück und Freude geben!

Joh 12:42-43

"Doch glaubten auch viele der Oberen gleichfalls an Ihn, bekannten es aber um der Pharisäer willen nicht, damit sie nicht aus der Synagoge ausgestoßen würden; denn sie liebten eben die Verherrlichung von Menschen weit mehr als die Verherrlichung Gottes."

Es ist ja einerseits erfreulich, dass auch aus der geistlichen Führerschaft Israels einige glauben, andererseits genügte ihr Glaube nicht, sie hätten auch die entsprechenden Werke bringen müssen. Damit sind wir bei einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal im Hinblick auf uns, die wir zur Körperschaft Christi gehören, angelangt.

Die Gläubigen aus der Beschneidung wurden zwar durch das Wort zu einer lebendigen Erwartung wiedergezeugt, aber ihre Erwählung ist noch nicht fest! So lesen wir in 2Petr 1:10: "Darum befleißigt euch vielmehr, Brüder, dass durch edle Werke eure Berufung und Auserwählung bestätigt werden", und Jakobus schreibt: "Daraus seht ihr, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein" (Jak 2:24).

Die Berufung z um Königreich ist also eng mit Werken verbunden, ein Abfallen ist jederzeit möglich. Die Pharisäer konnten zwar glauben, aber ihre Werke fehlten! Die Verherrlichung ihres Standes durch das Volk war ihnen wichtiger als die Verherrlichung Gottes. Außerdem waren sie nicht bereit, die Leiden auf sich zu nehmen, die ein offen bezeugter Glaube nach sich gezogen hätte: Die Ausstoßung aus der Synagoge!

Wie wir schon wiederholt bewiesen haben, steht hingegen unsere Rettung allein auf dem Grundpfeiler der Gnade. Hier ist jegliches Eigenwerk ausgeschlossen, damit sich niemand rühme!

Folgen des Glaubens und des Unglaubens

Joh 12:44-45

"Jesus aber rief laut: Wer an Mich glaubt, der glaubt nicht nur an Mich, sondern an den, der Mich gesandt hat; und wer Mich schaut, der schaut den, der Mich gesandt hat."

Die Pharisäer suchten ihre eigene Herrlichkeit und waren nicht bereit, diese für ihren Glauben zu opfern. Aber sagte Jesus nicht kurz vorher, dass, wer Ihm nachfolgen will, sein Kreuz auf sich nehmen muss!

Die Pharisäer wollten zwar ihren Glauben gerne behalten, aber hergeben wollten sie nichts. Darin gleichen sie vielen Gläubigen, auch in unserer Verwaltung der Gnade. Zwar gehen wir, wie wir gestern sahen, unserer Rettung nicht mehr verlustig, aber nicht umsonst fordert uns Paulus immer wieder zu einem entsprechenden würdigen Wandel auf (Eph 4:1 ff).

Es war das große Anliegen unseres Herrn - Sein lautes Rufen bringt dies zum Ausdruck - dass Er Selbst jegliche Verherrlichung von Menschen ablehnte und stets auf den Vater wies. Damit bewies Er Seine Demut und Seine Unterordnung unter den Vater. Und trotzdem ist Seine Erscheinung gewaltig, denn wer Ihn anschaut, schaut den Vater an. In Ihm spiegelt sich das ganze Wesen Gottes.

Die Worte Jesu erinnern uns an den herrlichen Vers in 2Kor 3:18: "Wir alle aber, mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn widerspiegelnd, werden in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit wie von des Herrn lebendig machendem Geist." Dieses Wort trifft erst einmal auf unseren Herrn Selbst zu, denn Seine Augen und Sein Herz waren immer auf den Vater ausgerichtet, und wie hätte es auch anders sein können, als dass Er die Herrlichkeit des Vaters widerspiegelte. Wir dürfen den Herrn ansehen, und, wie Israel auch, sehen wir in Ihm den Vater. Und was der Herr schon immer hatte - die Herrlichkeit des Bildes des Vaters - das gestaltet sich auch bei uns langsam in dem Maße, wie wir unsere Augen und Herzen auf Ihn ausgerichtet halten!

Joh 12:46

"Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit keiner, der an Mich glaubt, in der Finsternis bleibe."

Als Licht strahlte Christus die Herrlichkeit des Vaters ab, wobei angemerkt sei, dass es nur eine stark gedämpfte Herrlichkeit sein konnte, dem Aufnahmevermögen der Menschen angepasst. Wir erinnern hier an Paulus, der bis zum dritten Himmel entrückt wurde, ja bis ins Paradies, und dort unbeschreibbare Dinge hörte, die dem Menschen nicht auszusprechen erlaubt sind (2Kor 12:2 ff). bedenken wir, geliebte Geschwister: "Es ist doch so, wie es geschrieben steht: Was kein Auge gewahrt und kein Ohr gehört hat und wozu kein Menschenherz hinaufgestiegen ist, all das hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben" (1Kor 2:9). Und so, wie einst die Königin von Saba über die Schätze Salomos sprachlos war, so werden auch wir es sein, wenn uns der Herr in die Herrlichkeit abholt!

ES ist schon eine kaum beschreibbare Herrlichkeit, wenn ein Mensch in der Finsternis, in der er sich von Natur aus befindet, das rettende Licht des Herrn ergreifen darf. Denken wir doch zurück, als uns der Herr rief! Unablässig dürfen wir Ihm danken, dass wir dieses Licht nicht nur erkennen durften, sondern dass es uns auch aus aller Finsternis herausgeführt hat.

Als Licht kam Jesus in die Welt; damit ist aber mehr diese Weltordnung oder dieses Weltsystem gemeint, welches gemäß dem Fürsten des Vollmachtgebietes der Luft, des Geistes, der nun in den. Söhnen der Widerspenstigkeit wirkt (Eph 2:2), total verfinstert ist.

Wie wir in den vergangenen Tagen erneute sahen, konnten das Licht nur jene erkennen, die der Vater zum Sohne zog, denen es von Gott gegeben war, an Ihn zu glauben. Doch einmal werden alle von diesem Lichtglanz der Herrlichkeit umflutet werden, und dann wird Gott alles in allen sein!

Joh 12:47

"Wenn jemand Meine Worte hört und nicht bewahrt, den richte nicht Ich; denn Ich bin nicht gekommen, damit Ich die Welt richte, sondern damit Ich die Welt rette."

Ein Architekt, der ein Haus bauen möchte, wird zuerst alles genau durchdenken, und dann fertigt er einen Plan an, der letztlich bis ins kleinste Detail ausgearbeitet wird. Sollte dann aber das fertiggestellte Haus einstürzen, so wird man diesen Architekten zur Rechenschaft ziehen, denn er muss ungenau geplant und berechnet haben - er hat schlampig gearbeitet.

Wenn wir dieses unzulängliche Bild auf Gott übertragen, dann dürfen wir erkennen, dass auch Er, bevor Er das All schuf, alles genau durchdachte und bis ins kleinste Detail ausarbeitete. Als dann das All geschaffen war, stürzte für viele Gläubige der größte Teil dieses Gebäudes ein: Ein rebellischer Engel, der aus sich heraus die Bosheit und das Übel schuf, lehnte sich gegen Gott auf, und es gelang ihm sogar, den größten Teil der Geschöpfe mit in den Abgrund zu reißen - nur ein winziger Rest hielt Gott die Treue! Dieses Bild, das wir hier gezeichnet haben und das wir entschieden ablehnen, weil es den Architekten Gott zum Versager stempelt, wird aber leider bis. zum heutigen Tag von einem Großteil der Gläubigen geglaubt und verteidigt. Die Worte Jesu: "Ich bin nicht gekommen, damit Ich die Welt richte, sondern damit Ich die Welt rette", hat für sie nur eine beschränkte Wirkung, nämlich auf diejenigen, die der Satan übrig lässt.

Kam Jesus wirklich in die Welt, um nur einen winzigen Prozentsatz der Menschen zu retten? Die Worte Jesu in unserem Leitvers strahlen eine ganz andere Kraft aus, als viele meinen. "Ich bin gekommen, damit Ich die Welt rette" bedeutet das, was Jesus sagt, nämlich die Rettung alleGeschöpfe!

Wenn Menschen schon alles vorausplanen können, wieviel mehr dann unser Gott und Vater! Nichts wird Ihm misslingen, nichts wird Ihm aus der Hand gleiten - dafür steht der Garant, das Opferlamm Christus Jesus!

Joh 12:48

"Wer Mich ablehnt und Meine Worte nicht annimmt, der hat, was ihn richtet: Das Wort das Ich gesprochen habe, dasselbe wird ihn am letzten Tag richten."

Wir fassen einige Aussagen des Johannes, die das Gericht betreffen, zusammen:

  • "Denn Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt ausgesandt, dass Er die Welt richte, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet werde. Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet" (Joh 3:17-18).
  • "Dies ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist; doch die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht" (Joh 3:19).
  • "Es ist nämlich auch nicht der Vater, der jemand richtet, sondern alles Gericht hat Er dem Sohn gegeben" (Joh 5:22).
  • "Wahrlich, wahrlich Ich sage euch: Wer Mein Wort hört und dem glaubt, der Mich gesandt hat, hat äonisches Leben und kommt nicht ins Gericht" (Joh 5:24).
  • "Auch gibt Er Ihm vollmacht, Gericht zu halten, da Er ein Menschensohn ist" (Joh 5:27).
  • "...und es werden hervorgehen, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Schlechte verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts" (Joh 5:29).
  • "so wie Ich höre, richte Ich, und Mein Gericht ist gerecht..." (Joh 5:30).
  • "Ich bin zum Urteilsspruch in die Welt gekommen..." (Joh 9:39).

Gemeinsam mit unserem Leitvers ergibt sich aus der gestrigen Zusammenstellung (immer im Blick auf Israel) Folgendes:

  1. Alles Gericht ist vom Vater dem Sohn übergeben worden.
  2. Christus erhielt die Vollmacht zum Gericht, weil Er ein "Menschensohn" ist.
  3. Christus kam nicht in die Welt, um zu richten, sondern um als Opferlamm zu sterben.
  4. Die Welt richtet sich aber selbst, indem sie Sein Wort ablehnt.
  5. Zu Beginn des Königreiches werden jene aufstehen, die das Gute ge tan haben, die gem. 2Petr 1:10 durch edle Werke ihre Berufung und Auserwählung bestätigt haben (wobei wir auch dies als ein Gericht im positiven Sinne ansehen dürfen); hingegen werden diejenigen, die das Schlechte verübt haben, erst vor dem großen weißen Thron hervorgehen. Hier wird es dann Sein Wort sein, das sie abgelehnt haben und das sie richtet.

Schwerpunktmäßig in Joh 6 lasen wir den Begriff "der letzte Tag" (Joh 6:39.40.44 und 54) und ordneten diesen in die Zeit des Beginns des Königreiches ein, da es kaum denkbar ist, dass Jesus Seinen Zuhörern, worunter sich ja auch Seine zwölf Jünger befanden, eine spätere Auferstehung als im Königreich verheißen hätte!

Da auch unser heutiger Leitvers ein Gericht am letzten Tag anspricht, sehen wir darin das Gericht des einzelnen Juden, das er sich selber spricht, da er zu Beginn des Königreiches nicht auferstehen und nicht daran teilnehmen wird, was ja im Grund eine Strafe bedeutet (ohne dass damit das Gericht vor dem großen weißen Thron für ihn aufgehoben wäre)!

Joh 12:49-50

"Denn Ich spreche nicht aus Mir Selbst, sondern der Vater, der Mich gesandt hat, Er hat Mir Anweisung gegeben, was Ich sagen und was Ich sprechen soll. Und Ich weiß, dass Seine Anweisung äonisches Leben ist. Was Ich nun spreche, das spreche Ich so, wie es der Vater zu Mir geredet hat."

Jesu Worte sind an jene gerichtet, die Ihm zuhören, die der Vater Ihm gegeben hat. Doch in Seinem Charakter ist Jesus für alle Menschen das größte und nachahmenswerteste Vorbild.

So sehen wir den Herrn, mit einer ungeheuren Last auf Seiner Seele, wie Er in größter Demut in allem auf den Vater weist. Wenn wir Seinem Vorbild folgen, so werden wir stets auch unsere Wege in denen Gottes aufgehen lassen. Selbst nach all den Zeichen und Wundern, die Jesus vollbrachte, wies Er stets auf den Vater, Er Selbst wollte immer erst an zweiter Stelle stehen.

Seine Stellung, Seine Macht und Seine Würde - alles erhielt der Herr vom Vater. Gott ist der Urquell aller Dinge! Auch Seine Salbung, die Ihn zum Tragen des Titels "Christus" berechtigte, erhielt Er von Gott. Als Gesalbten rüsteste Ihn der Vater aus, u m Priester und Mittler zwischen Gott und den Menschen zu sein. Gott hätte Sich nie Selbst darbringen können - Er ist Geist! Nur in der Selbstdarbringung des Sohnes werden Seine Geschöpfe zum Vater geführt. Ohne das Opfer des Sohnes kann sich kein Geschöpf dem Vater nahen.

Aber wer Ihn hört, wer Sein Wort aufnimmt, wer Seine Anweisungen befolgt, dem hat Er äonisches Leben verheißen, d.h. Leben für den nächsten und übernächsten Äon; danach folgt ein Leben, das keinerlei Zeitbegriffen mehr untergeordnet ist.

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13. Das Johannes-Evangelium Kapitel 13