Jakob - Joseph und seine Brüder

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Abschrift: Wer ist Satan?
Satans Ursprung, Werke und Ziel (Heft 4)
aus der Reihe „Mannigfaltige Weisheit Gottes“
von M. Jaegle 1977

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß
Als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

4. Jakob - Joseph und seine Brüder

Beginn der Heilsgeschichte der Menschheit

Das umfangreichste Vorbild

Mit Jakob, Joseph und dessen Brüdern hat uns Gott das umfassendste aller Vorbilder auf Christus gegeben. Dazu gehören das Land Ägypten, samt dessen König und Volk, ja die gesamte damalige Welt. Alle gebrauchte Gott zur Offenbarung Seiner wunderbarsten Heilsgedanken.

Aber nicht nur in seiner Reichweite unterscheidet sich dieses Vorbild vom vorhergehenden "Abrahams und Isaaks". Auch in der Art der Darstellung gibt es neue Gesichtspunkte. Während bei Abraham und Isaak das Böse ganz ausgeschaltet war, weist ihm Gott nun in dem zu betrachtenden neuen Vorbild eine ganz große Aufgabe z u. Hier muss das Böse mithelfen, Gottes Liebe und Weisheit in überaus wunderbarer Weise aufstrahlen zu lassen.

Nachdem uns Gott mit Abraham und Isaak eindrücklich vor Augen führte, dass der Beschluss des Todes Seines Sohnes allein von Ihm ausging, finden wir in der Geschichte Josephs und seiner Brüder auch alle nachmaligen im Zusammenhang mit dem Kreuzesgeschehen handelnden Menschen und Ereignisse abgeschattet. Ausführlich wird vorgebildet, wie Jesus von Seinem Volk als Seinen Brüdern dem Fleische nach behandelt, verkauft, getötet werde, und wie Er dann nach Seiner Auferstehung in Seine höchsten Würden erhoben und schließlich der Retter der Seinen und der ganzen Welt wird. Diese Züge sind dermaßen erstaunlich klar, dass sie eigentlich gar keiner Auslegung bedürften. Ein bedeutsamer Zug dieses Vorbildes ist auch wieder das Fehlen der Mutter Josephs; denn diese war schon zuvor bei der Geburt Benjamins gestorben (1Mo 35:18-19). Es war also auch in diesem Fall nur der Vater, welcher des Sohnes beraubt wurde, als Ebenbild des Zukünftigen.

Der Hass der Eigenen

Von den Eigenen gehasst zu werden, musste Joseph schon in seinen Jugendjahren erfahren. Gleich zu Beginn seiner Geschichte (1Mo 37:1-4) vernehmen wir, dass es um die Gesinnung der Brüder Josephs ihm gegenüber schlecht bestellt war. Da Vater Jakob den Joseph mehr liebte als seine übrigen Söhne, machte er ihm einen besonderen Rock, einen schöneren als die seiner Brüder. Dies erfüllte deren Herzen noch mehr mit Hass gegen ihn; denn es heißt: "Und sie hassten ihn und konnten nicht friedlich zu ihm sprechen" (V.4).

Auf dem Hintergrund dieser betrüblichen Familienszene hebt sich schon das andere, schönere Bild ab. Wir sehen in Joseph den vom himmlischen Vater geliebten Sohn (Mt 3:17; Joh 10:17). Sein besonders schöner Rock könnte auch auf die Vaterliebe und Christi Herrlichkeit hinweisen, die Er vor dem Dasein der Welt bei Seinem Vater besaß (Joh 17:5) und auf "Sein Gesalbtsein über Seine Mitteilhaber hinaus" (Hebr 1:9).

Der Hass der Brüder findet dann seine Erfüllung in der Feindschaft der Pharisäer, Schriftgelehrten und Ältesten gegen Jesus. Auch sie überlegten im Herzen Böses gegen Ihn (Mt 9:4), dazu hetzten sie schließlich auch noch das ganze Volk auf (Mk 15:11). Diese Obersten des Volkes haben tatsächlich bis auf wenige Ausnahmen (wie zum Beispiel Nikodemus) nie friedlich mit Ihm reden können. So erging es auch Seinem großen Vorbild, dem König David (Ps 120:6-7).

Josephs Träume

Über dies alles kamen dann Josephs seltsame Träume hinzu. Er war aber noch nicht in deren Bedeutung eingeweiht und dachte deshalb auch gewiss nicht an ein Herrschen über seine Brüder, wie diese die Träume sehr richtig prophetisch deuteten. Joseph musste ihnen diese mitteilen, damit sie und der Vater, ja er selbst, später erkennen konnten, dass er von Gott schon zuvor für diesen hohen Stand bestimmt war.

Dies vergrößerte aber nur noch die Missgunst seiner Brüder und stimmte sie neidisch auf ihn (V. 9). Als dann später Pilatus zu Gericht über Jesus saß, heißt es von ihm: "Denn er wusste, dass sie Ihn aus Neid überliefert hatten" (Mt 27:18).

Aber auch der Brüder Entgegnung auf Josephs Traum-Erzählung enthält einen prophetischen Hinweis. Sie sagten zu ihm (1Mo 37:8): "Solltest du regieren, ja regieren über uns? Und solltest du herrschen, ja herrschen über uns?" Eine genaue Parallele zu dieser Gesinnung der Brüder zog dann der Herr mit dem Gleichnis von dem gewissen Menschen (Lk 19:11 ff) - den Er Selbst darstellte -, der aus dem Lande (Kanaan) zog, weil ihn seine Bürger hassten und nicht wollten, dass er (Christus) über sie herrsche.

Doch später hat Gott die dem Joseph eingegebenen Träume erfüllt, indem Er ihn zum Herrscher über die damalige Welt und damit auch über seine Brüder setzte. In diesem Sinne wird sich auch das vom Herrn gesprochene Gleichnis erfüllen. Denn so wie Ihn Sein Volk verwarf, so wird Er nach Lk 19:15 auch wieder kommen und am Tage Seiner Macht (Ps 110:3) in Israel ein Ihm willig dienendes Volk finden. Das wird geschehen, wenn Er gemäß Sach 14:4 auf den Ölberg herabsteigen wird.

Josephs Sendung

Jetzt kommen wir zu einem neuen Lebensabschnitt Josephs. Nach 1Mo 37:12-14 wird er von seinem Vater zu seinen Brüdern gesandt, die zu Sichem das Kleinvieh weideten. Er sollte sich nach ihrem Ergehen erkundigen und dem Vater darüber Bericht erstatten.

Dieselben Umrisse dieses Berichtes finden wir im Gleichnis, das der Herr den Priesterfürsten und den Ältesten des Volkes vorhielt (Mt 21:33). In diesem heißt es: "Zuletzt aber schickte er zu ihnen seinen Sohn..." (V. 37). Wie es dann dem Joseph unter den Brüdern erging, so handelten die Winzer im Gleichnis mit dem Sohn des Weinbergbesitzers, und gleicherweise wurde später auch der Sohn Gottes von den Seinen behandelt, als er in Niedrigkeit zu ihnen kam. Wie Joseph jenem Manne die schöne Antwort gab: "Meine Brüder suche ich" (1Mo 37:16), so kam auch Jesus zu Seinen Brüdern nach dem Fleisch, um das Verirrte (Mt 18:12) und das Verlorene (Lk 19:10) zu suchen und zu retten.

Der Brüder Empfang

Schon als die Brüder Joseph von ferne sahen, heißte es (1Mo 37:18): "Und sie machten unter sich einen Anschlag gegen ihn, ihn zu töten." Nach Vers 20 hatten sie vor, ihn zu erschlagen, in eine Zisterne zu werfen und zu sagen, ein böses Tier habe ihn gefressen.

Im Vorbild wird uns hier gezeigt, wie auch der Herr von Seinen Eigenen aufgenommen wurde als Er das erste Mal zu ihnen kam. Mit knappen Worten berichtet der Apostel Johannes (Joh 1:11): "In Sein Eigentum kam Er, und Seine Eigenen nahmen Ihn nicht an." Wenn wir ferner lesen, wie Ihm schon als Kindlein in Seinem Volk nach dem Leben getrachtet wurde (Mt 2:13), und wie sie Ihn bald nach Seinem Auftreten zu töten versuchten (Lk 4:29; Joh 8:59, so ist es erstaunlich, wie überzeugend ähnlich, im Blick auf den Herrn, die Brüder an Joseph gehandelt hatten, als dieser zu ihnen kam. Es heißt ja auch von den Pharisäern (Mt 12:14), dass sie bald nach Seinem Auftreten eine Beratung wider Ihn hielten, damit sie Ihn umbrächten.

Ruben

Da nun der Mordanschlag der Brüder Josephs den göttlichen Vorsatz vereitelt hätte, musste ein Ruben dazwischen treten (1Mo 37:21-22). Doch hätte er mit seinem edlen Gedanken, Joseph wieder zu seinem Vater zurückzubringen, dem göttlichen Ratschluss ebenfalls entgegengewirkt. In gleicher menschlicher Gesinnung handelte später Petrus, als er den Herrn vor dem Kreuz verschonen wollte (Mt 16:22-23). Deshalb hat auch der Herr seinen Vorschlag aufs Bestimmteste abgelehnt.

Wie sehr Ruben darauf sann, Joseph seinem Vater zurückzubringen, enthüllt uns 1Mo 37:21-22. Es gelang ihm jedoch nur, Joseph von dem ihm drohenden Tode zu retten, und zwar durch eine List. Anstatt ihn zu töten, gab er den Rat, ihn in eine Zisterne zu werfen, woraus er ihn bergen und seinem Vater zurückzubringen hoffte. Der Plan Rubens wurde dann ausgeführt als Joseph zu seinen Brüdern kam. Sie zogen ihm seinen schönen Rock aus und warfen ihn in eine wasserlose Zisterne (V. 23-24).

Wie ernst es Ruben war, Joseph zu retten, eröffnen die Verse 29-30. Als der bei der Festnahme Josephs nicht anwesende Ruben zurückkam und den inzwischen verkauften Joseph nicht mehr in der Grube fand, zerriss er seine Kleider vor Schmerz, weil nun Joseph seinem Vater doch entrissen war. Dagegen hatte er nicht den Mut, den von den Brüdern am Vater begangenen, schändlichen Betrug zu verhindern (Verse 31 ff); denn ohne Einspruch hörte er diesem wortlos zu. Jakob musste eben seinen Joseph im Tode sehen, um ein getreues Vorbild von des himmlischen Vaters Schmerz und Leid zu geben.

Als dann Ismaeliter vorüberzogen, wurde Juda mit seinem gemeinen Vorschlag vom Verkauf Josephs "Ausführer eines göttlichen Vorsatzes" (V. 26-27). Gott hatte dafür gesorgt, dass zu jener Zeit Ruben nicht bei ihnen war, sonst hätte dieser den schnöden Verkauf und damit auch Gottes Ratschluss verhindert. Denn der Verkauf Josephs musste zustande kommen, damit er nach Gottes Vorsatz überliefert werde in der Nationen Hände; so wie Jesus, das Ebenbild, auch von Seinen Brüdern nach dem Fleische verkauft und in der Gesetzlosen Hände ausgeliefert wurde (Mt 26:15-16; Mt 20:19; Apg 2:23)

Joseph von Arimathia

So wie es in der Geschichte Josephs einen ihm besonders günstig gesinnten Ruben gab, hatte auch der Herr in jenen Stunden einen Mann, der für Ihn einstand. Es war Joseph von Arimatia, von dem die Schrift bezeugt, er sei ein guter, gerechter Mann (Lk 23:50) und ein angesehener Ratsherr gewesen, der ausschaute nach dem Königreich Gottes (Mk 15:43). Als Ratsherr war er Mitglied des Synedriums. Diesem Mann stellt Gottes Wort ein weiteres Lob aus (Lk 23:51): "Dieser war nicht einverstanden mit ihrem Ratschluss und Handeln." Wie Ruben - als der Angesehene und Erstgeborene -, den Brüdern, so wird dieser gerechte und geachtete Ratsherr seinen Kollegen ihre Absicht zum Hinrichten Jesu als höchst ungerecht vorgehalten und Protest erhoben haben. Doch handelte dieser mutig mit seiner an sich Gott wohlgefälligen Gesinnung dem Ratschluss Gottes entgegen. Er musste deshalb in dieser Sache als direkter Mitwerker Gottes ausgeschaltet werden.

Ohne Zweifel wird Christus als der gerechte Richter einst den zur ersten Auferstehung gehörenden Joseph von Arimathia für sein unerschrockenes Einstehen für Ihn vor dem Synedrium belohnen, während die Glieder, die gegen ihn gestimmt haben, den gerechten Richterspruch Christi vor dem weißen Thron hören werden.

Zudem erfüllte Joseph von Arimathia, der reich war und selbst auch ein Jünger Jesu wurde (Mt 27:57), die über Jesu gegebene Weissagung (Jes 53:9). Er wagte es, Pilatus um den Leichnam Jesu zu bitten (Mk 15:43) und legte Ihn in sein eigenes, in Felsen gehauenes Grab (Mt 27:60), in das bisher noch niemand gelegt worden war (Joh 19:41). Dieser edle Joseph muss sehr schmerzlich darüber enttäuscht gewesen sein, dass er die Hinrichtung Jesu nicht verhindern konnte. Dafür schenkte ihm aber Gott die Gunst, einen ganz persönlichen Dienst an Seinem toten Sohn zu erfüllen. Gewiss dürfen wir ihn dann später unter denen sehen, die nach Pfingsten zum lebendigen Glauben an den Auferstandenen geführt wurden.

Aus der schmerzvollen Enttäuschung des Ruben können wir ahnen, was Joseph von Arimathia um der Kreuzigung willen litt. Gewiss so tief, dass er bei den wehklagenden und weinenden Frauen (Lk 23:27) hätte stehen können, verbunden mit männlicher Enttäuschung!

Pilatus

So wie Ruben seinen Bruder Joseph, und Joseph von Arimathia Jesus, vor dem Tode bewahren wollten, ist auch Pilatus zunächst für Jesus eingestanden. Doch gleich den beiden Erstgenannten wurde auch Pilatus durch von Gott gefügte Ereignisse an der Ausführung seines Vorhabens verhindert.

Er hätte Jesus gerne freigegeben, weil er keine Schuld an Ihm fand (Lk 23:20-21; Joh 19:12a), worauf ihm jedoch die Juden drohten (Joh 19:12b): "So du diesen loslässt, bist du kein Freund des Kaisers. Jeder, der sich selbst zum König macht, widerspricht dem Kaiser." Wie die Geschichte zu berichten weiß, hatte sich Pilatus Veruntreuungen gegenüber dem Kaiser zuschulden kommen lassen. Aus Lk 13:1 wissen wir andererseits, dass er wohl fähig war, unschuldige Menschen zu töten. Deshalb war es für die Juden ein leichtes, Pilatus durch ihre versteckte Drohung zur Kreuzigung Jesu zu bewegen. So geschah es, dass er aus Furcht, er würde um seiner Verfehlungen willen beim Kaiser in Ungnade fallen, das Todesurteil über Jesus aussprach.

Demnach musste also der Herr um der Verfehlung des Pilatus willen den Kreuzestod erleiden. Die Sünde eines Menschen musste hier zur Durchführung des großen göttlichen Heilsvorsatzes mitwirken. Da nun in Wirklichkeit jeder Mensch solch ein Pilatus ist, stellt dieser Landpfleger die ganze Menschheit dar, wegen der Sünde der Sohn Gottes den Opfertod sterben musste!

Die römische Hinrichtungsart

Wie Gott alles für den Kreuzestod Seines Sohnes vorbereitet hatte, und auf welche Weise Sein Sohn sterben sollte, offenbart uns schon 5Mo 21:23: "...ein Fluch Gottes ist ein Gehängter." Nach Gal 3:13 war Christus ein vom Gesetz Verfluchter, als Er am Holz hing und für uns den Fluch des Gesetzes trug. In diesem Sinne ließ Gott den Spruch von Mose als Weissagung von Christi Tod niederschreiben. Dementsprechend hatte Gott die Völkergeschichte so gelenkt, dass Israel um jene Zeit unter der Herrschaft der Römer und deren Gerichtsbarkeit stand. Dieses Volk vollstreckte Todesurteile am Kreuz, wodurch Gott jene auf Christus gesprochene Weissagung buchstäblich in Erfüllung gehen ließ.

Drangsal und Betrübnis der Seele

In den Leiden, in die Joseph durch seine Brüder geführt wurde, sehen wir ein Vorbild der Leiden des Herrn in Gethsemane bis hin ans Kreuz. Joseph kam ahnungslos mit guter und lauterer Absicht zu seinen Brüdern. Welch ein Schrecken muss ihn aber erfasst haben, als sie über ihn herfielen, ihm den schönen Rock auszogen und Joseph hernach in eine Zisterne warfen! - Auch des Herrn Gefangennahme war eine ähnlich wüste Szene; denn wie ein Verbrecher überfielen und banden sie Ihn. (Joh 18:12). Gleich dem Joseph zogen dann auch sie Ihm die Kleider aus (Mt 27:28; Joh 19:23). - Dass von dieser Zisterne erwähnt wird: "Kein Wasser war in ihr" (1Mo 37:24), könnte auch ein Hinweis auf Jesu Wort am Kreuz sein: "Mich dürstet!" (Joh 19:29).

Als Joseph dann erleben musste, wie sie ihn schmählich verkauften, müssen ihn Tränen und Schluchzen erfasst haben. Welch herzzerreißender Anblick dies war, erkannten hernach die Brüder, als sie von Joseph in seine heilsame Schule genommen wurden. Hier legten sie unter sich das Schuldbekenntnis ab: "Dennoch sind wir schuldig an unserem Bruder, wie wir sahen die 'Drangsal seiner Seele', als er zu uns 'flehte', und wir hörten nicht... " (1Mo 42:21). Mit dieser Aussage ersteht der schnöde Verkauf lebendig vor unseren Augen. Wie muss der zu Tode erschrockene Joseph seine Brüder angefleht haben, ihn doch nicht zu verkaufen und wieder zu seinem Vater zurückkehren zu lassen! Wohl sahen sie die Drangsal Seiner Seele und vernahmen Sein Flehen, aber sie erbarmten sich seiner nicht! Hier sehen wir erschüttert den Tiefstand verhärteter und verrohter Herzen! Doch darüber steht Gottes Ratschluss, und nach diesem durften sie nicht weich werden.

In welch alle Vorbilder überragender Größe ersteht nun vor unserem geistigen Augen das Schmerzensbild von Gethsemane! Dort, wo der Herr ergreifend ausruft: "Tief betrübt ist Meine Seele zum Tod!" (Mt 26:38), war auch "Drangsal der Seele". Und flehentlich bittet Er Seinen Vater: "Mein Vater, wenn es möglich ist, so lass diesen Becher an Mir vorüber gehen". (V. 39). Doch schon mit dem Leidensweg Josephs zeigte Gott deutlich, dass auch der Sohn den Leidenskelch bis zur Neige trinken musste.

Was bedeutete nun für Joseph der Weg nach Ägypten? Entrissen werden der liebevollen Gemeinschaft des Vaters, abgeschnitten sein von der heimatlichen Geborgenheit des Elternhauses und unter fremde, gefühllose Menschen, für die er nur Handelsware war, in eine ihm feindlich gesinnte Welt versetzt zu sein!

Ganz ähnlich war auch der Weg des Herrn auf dieser Erde. Selbst inmitten Seines Volkes war Er unter Menschen, die Ihn nicht verstanden, die eine "andere Sprache" redeten, und wo Er sogar unter fortwährenden Anfeindungen der Pharisäer zu leiden hatte. Einblick in des Sohnes schweren Kampf in Seinem Erdenleben gibt uns der Hebräerbrief (Hebr 5:7): "Welcher in den Tagen Seines Fleisches Flehen als auch inständige Bittrufe mit starkem Geschrei und Tränen Dem dargebracht, der Ihn konnte aus dem Tode retten, und ward erhört wegen Seiner Ehrfurcht vor Gott."

Aber des Herrn schwerer irdischer Weg hatte auch eine lichte Seite, denn Er konnte sagen (Joh 8:29), dass der Vater mit Ihm sei und Ihn nicht alleine ließe. Von hier aus dürfen wir auch auf Joseph, Sein Vorbild, zurückschließen. Joseph war auf seinem rauhen Pilgerpfad ebenfalls nicht von Gott verlassen. Auch ihm hat Er beigestanden mit Kraft und Zuspruch!

Trauernde und leidende Vaterherzen

Wie hart und verroht die Herzen der Brüder waren, sehen wir an deren weiteren bösen Tat. Schamlos belogen sie den Vater noch mit dem in Blut getränkten Rock und kamen, "um ihren Vater zu trösten" (1Mo 37:35). Zur Benennung und Brandmarkung einer solchen Ruchlosigkeit und Heuchelei fehlten uns die Worte. Als später der Herr Seinen Feinden, die Ihn aus Neid ans Kreuz brachten, vorhielt, sie seien von dem Vater, dem Widerwirker, (Joh 8:44) und deshalb Söhne des Bösen (Mt 13:38), waren es gleicherweise die Brüder Josephs; denn Satan hatte auch in ihre Herzen den Todesneid gesät, so dass sie seinen Willen ausführten. Dementsprechend war auch die Feindschaft in Jakobs Familie sein Werk, das vor allem furchtbaren Gram über den Vater Jakob brachte.

Ganz ähnlich nun für Joseph der Weg nach Ägypten? Entrissen werden der liebevollen Gemeinschaft des Vaters, abgeschnitten sein von der heimatlichen Geborgenheit des Elternhauses und unter fremde, gefühllose Menschen, für die er nur Handelsware war, in eine ihm feindlich gesinnte Welt versetzt zu sein!

Während die Schrift über Adam und Abrahams Weh schweigt, schildert sie erschütternd den Schmerz des leidtragenden Vaters Jakob um seinen geliebten Sohn Joseph, mit dessen Seele die seinige so innig verbunden war. Jakobs Klage ist ein beredter Hinweis auf den großen Schmerz, den auch Gottes Vaterherz litt, ob des so leid- und schmachvollen Todes Seines Sohnes, den Er von ganzem Herzen liebte (Mt 3:17; Mt 17:5). Doch während Jakob ohne Hoffnung litt, stand es in Gottes Herz schon längst zuvor fest, Seinen Sohn am dritten Tage aufzuerwecken und Ihn überaus hoch zu erhöhen.

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5. Josephs Verkauf nach Ägypten