Die Apostelgeschichte Kapitel 16

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Abschrift Apostelgeschichte in täglichen Andachten Band I - VI
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

16. Die Apostelgeschichte Kapitel 16

Timotheus wird Begleiter des Paulus - V. 1-5
Ruf nach Mazedonien - V. 6-10
Reise nach Philippi – Bekehrung der Lydia - V. 11-15
Die Magd mit dem Wahrsagegeist - V.16-18
Paulus und Silas in Gefangenschaft - V. 19-24 Bekehrung des Kerkermeisters- V. 25-34
Befreiung des Paulus und Silas - V. 35-40

Timotheus wird Begleiter des Paulus

Apg 16:1

„So gelangte er auch nach Derbe und nach Lystra. Und siehe, dort war ein Jünger namens Timotheus, der Sohn einer gläubigen jüdischen Frau, aber eines griechischen Vaters,“

Lasst uns noch, bevor wir zu Timotheus kommen, darauf achten, dass, obwohl Paulus ja nun Silas an seiner Seite hatte, die Verse Apg 15:40-41 immer nur von Paulus, also in der „Einzahl“ sprechen. Selbst der Gnade, von der in Vers 40 die Rede ist, wurde nur „er“ (Paulus) übergeben – was ist mit Silas? Der erste Gedanke von Paulus – sich gerade den Silas auszuwählen – war wohl der, dass er einen der beiden von Jerusalem mitgegebenen Zeugen des Beschlusses auf dem Konzil bei sich hatte. Seine Begleitung diente somit erst einmal nicht dem neuen Evangelium Pauli; deshalb wird er als Begleiter einfach übergangen! Aber es zeigte sich, dass Silas nicht nur ein steter treuer Begleiter des Paulus wurde, er lernte offensichtlich auch viel und wurde an der Seite Pauli immer sicherer in seiner Erkenntnis und Einstellung. Dieser Silas, der in der gesamten Apostelgeschichte auch ein „Silas“ blieb, änderte seinen Namen nicht so schnell wie „Johannes“ in „Markus“; als er aber in den Paulusbriefen zum Silvanus wurde, war er zu einem vollwertigen Glied der Körpergemeinde gereift!

So gelangte Paulus (Silas wird übergangen) nach Derbe und Lystra, Orte, wo er Schlimmstes (bis zur Steinigung) über sich ergehen lassen musste, aber auch Gemeinden gründen konnte, die seinem Evangelium glauben konnten. Und gerade hier findet er jetzt einen Jüngling, einen Jünger (= Lernender), namens „Timotheus“. Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass Timotheus durchaus ein Zuhörer der Predigten des Paulus und Barnabas in Apg 14 gewesen war, dazu auch ein Zeuge der Steinigung des Paulus und dessen wunderbares Überleben. Er hatte also menschliche Ohnmacht und Leiden, wie auch göttliche Vollmacht und Kraft erlebt – dies hat ihn in besonderer Weise zu dem geprägt, was er wurde: Pauli geliebtes Glaubenskind rechter Art (1Tim 1:1 und 2Tim 1:1).

Apg 16:2

„… dem von den Brüdern in Lystra und Ikonium Gutes bezeugt wurde.“

Dass Timotheus eine wichtige Rolle an der Seite Pauli übernehmen wird, ist uns bekannt, schließlich gibt es ja die zwei Briefe an ihn. Wir wollen uns deshalb etwas mit ihm vertraut machen:

In Vers 1 lasen wir, dass seine Mutter eine gläubige Jüdin, und sein Vater ein Grieche waren – Timotheus war also ein „Mischling“! Und er war „unbeschnitten“! Als solcher galt er bei den Juden in Derbe und Lystra als “unreiner Ausländer“. Aus 2Tim 1:5 wissen wir weiter von ihm, dass er eine gläubige Großmutter namens Lois hatte, der ein ungeheuchelter Glaube bezeugt wurde. Diesen hervortretenden Glauben besaß auch seine Mutter Eunike. Alle drei Personen wurden offenbar auf Pauli erster Missionsreise zu Christus geführt.

Hervorgehoben wird bei allen der „ungeheuchelte“ Glaube – was dürfen wir hierunter verstehen? Ein Beispiel von Heuchelei gibt uns Petrus und Barnabas (Gal 2:13). Sie aßen mit solchen aus den Nationen, standen aber, als Juden kamen, nicht dazu. Anders formuliert: Er wurde etwas glaubensmäßig erkannt, aber aus Furcht vor anderen nicht offen bekannt – kennen wir solche Art von Heuchelei? Ein ganz einfaches Beispiel hierzu: „Die Allaussöhnung“! Stehen wir zu dieser Erkenntnis auch vor solchen Geschwistern, die sie ablehnen? Nehmen wir auch Beschimpfung in Kauf? Oder Ausweisung aus der Gemeinde?

Timotheus hat diesen ungeheuchelten Glauben offenbar übernommen und dies wurde von den Brüdern in Lystra und Ikonium anerkannt und bezeugt. Trotz alledem kam mit der Wahl des Timotheus auf Paulus ein Problem zu: Timotheus war ja, wie schon erwähnt, nach dem Stand seines Vaters „unbeschnitten“, in den Augen der Juden also „unrein“! Konnte er in diesem unbeschnittenen Zustand an der Seite Pauli dienen?

Apg 16:3

„Diesen wollte Paulus mit sich ziehen lassen, darum nahm er ihn und beschnitt ihn um der Juden willen, die an jenen Orten waren; denn alle wussten, dass sein Vater ein Grieche war.“

Wie einfach war die Lösung des Problems, welches wir gestern angeschnitten haben: Timotheus wurde von Paulus beschnitten, und alles war in Ordnung - war es das wirklich?

Erinnern wir uns zurück an einen Paulus, der sich im syrischen Antiochien auch von den gläubigen Pharisäern nicht einschüchtern ließ, welche die Beschneidung zur Rettung forderten? War es derselbe Paulus, der vor dem Konzil in Jerusalem die Beschneidung für die Nationen ablehnte, weil sie bei den Nationen für die Rettung überflüssig ist? Und war es nicht Paulus, der im Galaterbrief vehement dafür eintrat, dass die Beschneidung nicht in Übereinstimmung mit seinem Evangelium steht?

Lesen wir doch einmal z.B. seine Aussagen in Gal 5:2 und 4! In diesem Licht gesehen wird die zuerst so einfach scheinende Lösung, nämlich die Beschneidung des Timotheus, erneut zu einem Problem, ja zu einem Widerspruch! Und noch schlimmer: Was wir zuvor bei Petrus und Barnabas angeklagt haben, nämlich „Heuchelei“, trifft jetzt auf den ersten Blick auch auf Paulus zu, denn er beschnitt den Timotheus ja nicht aus Überzeugung, sondern entsprechend unserem Leitvers „um der Juden willen“!

Wenn wir jetzt über dies alles nachdenken, merken wir vielleicht, liebe Geschwister, dass wir in der Tat vor einem Problem stehen, welches wir aber lösen müssen. Bevor wir zu unserer Antwort kommen, können wir uns ja selber einmal überlegen, wie die Antwort (die es ja geben muss) aussehen könnte!

Die Lösung des gestern aufgeworfenen Problems finden wir, indem wir zuerst eines erkennen: Das Motiv der Handlung! Bei Petrus (und Barnabas) in Gal 2:11-13 sehen wir einen recht eigensüchtigen Grund: „Furcht vor Jakobus und den anderen Brüdern, die sie beim Essen mit solchen aus den Nationen überraschen könnten! Bei Paulus lag das Motiv ganz anders, wir lesen es in 1Kor 9:20-23 (bitte lesen). Die Antwort lautet am Ende dieser Verse: „Alles aber tue ich um des Evangeliums willen!“

Der innere Beweggrund Pauli, den Timotheus zu beschneiden, waren somit keine egoistischen Motive wie Furcht vor Menschen, pure Berechnung oder persönliche Nützlichkeitsgründe - ihn trieb etwas ganz anderes: Das Evangelium! Damit haben wir das Motiv Pauli erkannt, aber noch nicht das „warum“! Gerade sein Evangelium lehnt ja die Beschneidung ab – also ein neues Problem?

Die Antwort kann einzig und allein mit Israel und dem „Evangelium des Königreichs“ zusammenhängen denn nur hier ist die Beschneidung notwendig. Paulus weiß sehr gut, dass er ja immer noch einen Doppeldienst verrichten muss, noch ist der Auftrag, „dem Volk Israel „Jesus“ als Messias zu verkündigen“, auch für Paulus nicht beendet, noch gilt auch für ihn der Vorzug des Volkes, das heißt: Euch Juden zuerst (wir werden noch wiederholt an solche Verse kommen)! In Timotheus sah Paulus nicht nur einen neuen Begleiter auf seinen Wegen, sondern seinen engsten Mitarbeiter, also auch ein „Mitarbeiter am Evangelium des Königreichs“! Und so gesehen löst sich unsere Frage: Auch Timotheus sollte zu dem werden, was Paulus von sich bezeugt: „So wurde ich den Juden wie ein Jude, damit ich die Juden gewinne …“ (1Kor 9:20).

Wenn wir mit dem Wissen des gestrigen Tages unseren Leitvers noch einmal lesen, lösen sich alle aufgekommenen scheinbaren Widersprüche auf:

a) Paulus wollte Timotheus mit sich ziehen lassen, und zurückblickend wissen wir, dass Timotheus in ganz besonders engem Verhältnis zu Paulus stand, dies bezog sich natürlich auch auf den gemeinsamen Dienst! b) Paulus beschnitt ihn um der Juden willen, was bedeutet, dass Timotheus mit Paulus zusammen auch „Dienst am Königreich“ versehen sollte. Als „Unbeschnittener“ wäre er aber von den Juden gar nicht gehört worden, sie hätten ihn rundweg abgelehnt! So beugte sich auch Timotheus darunter, gemäß 1Kor 9:19-23 den Juden wie ein Jude zu werden, damit auch durch ihn Juden zum Königreich gewonnen werden könnten.

Wenn wir obige Verse aus dem Korintherbrief aufmerksam lesen, sehen wir, dass Paulus sich noch in viel mehr Punkten beugte, was aber in keinem Fall „Heuchelei“ war, sondern Liebe – „Liebe zu seinem Volk“! Lesen wir einmal in Röm 9:1-5, dort dürfen wir einen Blick hinein in Pauli Herz tun, in all jene Empfindungen, die er litt, als er die Ablehnung seiner Stammesverwandten miterleben musste.

Mit dem jetzigen Wissen gefestigt können wir einen Apostel Paulus verstehen, der sich einerseits mit äußerster Härte gegen eine Vermischung von Gesetz und Gnade wehrt (nämlich dort, wo es um die Körpergemeinde Christi Jesu geht), aber andererseits sich voller Liebe um sein Volk sorgt, ja unablässig Schmerzen in seinem Herzen hat, und für dieses Volk sogar seinen Timotheus beschneidet, um wenigstens etliche noch für das Königreich zu gewinnen!

Apg 16:4-5

„Als sie dann durch die Städte zogen, übergaben sie ihnen den Auftrag, die Erlasse zu bewahren, für die sich die Apostel und Ältesten in Jerusalem entschieden hatten. So wurden die herausgerufenen Gemeinden nun im Glauben gefestigt und nahmen täglich an Zahl zu.“

Die gemeinsame Aufgabe war, die Erlasse der Apostel und Ältesten in Jerusalem den Gemeinden in den Städten zu übergeben, was ja erst einmal bedeutete, dass von Jerusalem aus bestimmt wurde, was zu tun ist! Und die Annahme dieser Erlasse bedeutete in der Folge nichts anderes als die Anerkennung dieser Vorrangstellung Israels!

Wir wiederholen es immer wieder, weil es der Schlüssel zum Verständnis der Apostelgeschichte ist: Wir befinden uns in der Verwaltung des Übergangs, nämlich von der Pfingstverwaltung zur Verwaltung der Gnade. In diesem Übergang hat Israel immer noch die Möglichkeit, das Königreich anzunehmen, und: Israel hat immer noch eine von Gott gegebene „Vorrangstellung vor allen Nationen“! Diese Vorrangstellung anerkannte Paulus und handelte auch entsprechend. Aber wir müssen auch sehen, dass die Königreichshoffung Israels immer mehr abnahm und der Aufbau der Körpergemeinde zunahm, und dies so lange, bis Israels Vorrangstellung, was ja die Trennung zwischen Beschneidung und Nichtbeschneidung darstellte, aufgehoben wurde. In Apg 28:25-28 werden wir diese Aufhebung, auf die wir ja Vers für Vers zusteuern, dann auch miterleben – Israel kommt dann unter das bis heute andauernde Gericht der Verstockung.

Die Aufgabe Pauli war, die herausgerufenen Gemeinden im Glauben zu festigen, und gefestigt werden soll jener Glaube, dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben Christi Jesu (gem. Gal 2:16). Und dieser Vers 16 setzt sich fort: „… so glauben auch wir an Christus Jesus, damit wir aus dem Glauben Christi und nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt werden; denn aus Gesetzeswerken wird von allem Fleisch niemand gerechtfertigt werden.“


Ruf nach Mazedonien

Apg 16:6

„Danach kamen sie durch Phrygien und das galatische Land; doch wurde ihnen vom heiligen Geist verwehrt, das Wort in der Provinz Asien zu sprechen.“

Wieder kommt ein Vers, der nicht ganz einfach ist – wir können ihn überlesen oder darüber nachdenken. Wenn wir Letzteres tun, erleben wir im Nachhinein, wie der heilige Geist die Führung bei allem Geschehen hat, wie er die drei Männer so lenkt, dass das Evangelium der Gnade immer mehr Raum gewinnt. Doch zuerst einmal die Frage, wie dieses „Verwehren des heiligen Geistes“ (der in Vers 7 „Geist Jesu“ bezeichnet wird) ausgesehen hat:

Mit Sicherheit war es kein Mitwirken von Propheten, die Weisung vom Herrn erhielten, sondern wir dürfen davon ausgehen, dass der Geist innerhalb der engen Gemeinschaft dieser drei Brüder wirksam wurde, und dies derart, dass er in den Herzen redete! Auch ist anzunehmen, dass diese Brüder, Paulus an der Spitze, nichts ohne ernstliches Gebet unternahmen, und erst wenn sie im Gebet Klarheit bekamen, wagten sie den weiteren Schritt. Dabei kann für den entsprechenden Gläubigen das Problem aufkommen, dass etwas verwehrt wird, was nach menschlicher Meinung durchaus richtig und gut zu sein scheint! Kennen wir solche Fälle auch in unserem Leben, liebe Geschwister?

Interessant ist, dass gerade von solchen Wegen, die uns zuerst so richtig und gut erscheinen, uns aber (auf irgendeine Art und Weise) verwehrt werden, wichtige Entscheidungen abhängen! Und erst hinterher müssen wir erkennen, dass es nicht auf uns und unser menschliches Wollen ankommt, sondern auf das Wirken Jesu Christi, der zur Rechten Gottes sitzt und über das Werden Seiner Körpergemeinde (auch über uns) wacht.

Pauli Haltung ist uns immer ein Vorbild; er folgte den Weisungen seines Herrn, auch wenn er sie nicht restlos verstehen konnte – das ist Glaubensgehorsam!

Apg 16:7-8

„Als sie auf Mysien zu kamen, versuchten sie, nach Bithynien zu gehen, aber der Geist Jesu ließ sie nicht. Da gingen sie an der Grenze Mysiens vorbei und zogen nach Troas hinab.“

Paulus bewegte sich mit seinen zwei Begleitern im Gebiet der heutigen Türkei. Wenn wir im Nachhinein seine Reise auf einem Atlas verfolgen, erkennen wir, wohin die Männer geführt werden sollten: Paulus zog es zwar nach Nordosten, wo „Bithynien“ lag, doch dorthin wurde der Weg versperrt – sein neues Wirkungsfeld sollte „Europa“ sein (hier Mazedonien und Griechenland), deshalb mussten die Männer gen Westen in die Hafenstadt Troas geführt werden, ein Brückenkopf in die europäische Völkerwelt (für die Provinz „Asien“ war die Zeit noch nicht gekommen).

Wir wollen aber heute auch noch kurz über den „Geist“ nachdenken, der hier einen Weg verwehrte, in Vers 6 ist es der „heilige Geist“, in Vers 7 der „Geist Jesu“. Als Erstes sollten wir wissen, dass Gott „ungeteilt“ ist, es gibt keinen separaten personifizierten heiligen Geist! Gott Selber ist Geist, und all Sein Handeln ist Seinem Geist zuzuschreiben. Auch „der Geist Jesu“ ist nicht von Christus getrennt oder gar eine Einzelperson, sondern bezeugt Christi geistliche Anwesenheit und Wirksamkeit!

Lesen wir hierzu doch einmal Röm 8:9, wo uns zum einen gesagt wird, dass Gottes Geist in uns wohnt. Diese Kraft und Gegenwart des Geistes Gottes erkennen wir in allem, was wir tun! Es gibt nur diese eine alles bewirkende Kraft im gesamten All! Zum anderen lesen wir in diesem Vers, dass wir „Christi Geist“ haben, dass Christus durch Seinen Geist in uns ist. Das klingt zuerst etwas verwirrend, ist es aber nicht, sehen wir es ganz einfach so: Gottes Geist ist die wirkende Kraft in unserem Leben, und Christi Geist befähigt uns, mit Gott in Verbindung zu stehen – Christi Geist ist also der Kanal zum Geist Gottes! In diesem Sinn war es auch damals bei Paulus: Der heilige Geist war der allein Wirkende, und Jesu Geist diente als Kanal, um überhaupt Verbindung zu diesem heiligen Geist zu haben und ihn zu verstehen.

Apg 16:9

„Hier erschien dem Paulus während der Nacht ein Gesicht: Ein mazedonischer Mann stand da, sprach ihm zu und bat: Setze nach Mazedonien über und hilf uns!“

Die unter der Führung des Geistes stehenden Männer wurden gehindert, ihren Dienst in der Provinz Asien fortzusetzen, sie waren innerlich gehalten, nach Troas zu ziehen, dem Tor zur europäischen Völkerwelt. Und hier hatte Paulus das im Leitvers beschriebene Gesicht. Versuchen wir jetzt, liebe Geschwister, uns in Paulus zu versetzen:

Es muss ihn doch schon ungemein stark getroffen haben, dass ihm und seinen Begleitern ein Weg versperrt wurde – was war gegen „Asien“ einzuwenden? Waren es diese Menschen nicht wert? Es wäre doch der nächste Weg gewesen! Dass Gott durch Seinen Geist diesen Weg versperrte, musste Paulus zeigen, dass etwas Größeres, ja „Großes“ bevorstand, sogar etwas ganz „Neues“! Unter diesem inneren Eindruck hörte Paulus noch mehr in sich hinein, betete noch intensiver um Klarheit und Führung! Und so geschah es, als die Männer in Troas ankamen, dass Paulus nicht sofort anfing, das Evangelium zu verkünden (was ja bei ihm normal gewesen wäre), sondern Wegweisung suchte, und dies - so gehen wir davon aus – auch im nächtlichen Gebet! Und hier erschien ihm dann das um Hilfe rufende Gesicht. Wir sollten uns hier kein „Traumgesicht“ vorstellen, sondern eine Vision in wachem Zustand (das Wort „horama“ bedeutet „das Geschaute“). Gott intensivierte also Seine Geistesführung, um Seinem Apostel jeden Zweifel an der Richtigkeit seines Weges zu nehmen.

Wäre es nicht auch für uns viel einfacher, unseren Weg zu gehen, wenn Gott uns von Zeit zu Zeit solch ein Gesicht geben würde? Viele Gläubige sind heute direkt süchtig nach solchen Visionen (vor allem extreme Pfingstgemeinden) – und doch sind sie heute völlig überflüssig, weil wir alles, was wir wissen müssen, in Gottes vervollständigtem Wort (unserer Bibel) finden! Paulus hatte dieses geschriebene Wort noch nicht in Händen, er war auf solche Art von Führung angewiesen – dies sollten wir bedenken!

Apg 16:10

„Als er das Gesicht gewahrt hatte, suchten wir sofort nach Mazedonien weiterzuziehen, weil wir daraus entnahmen, dass Gott uns herzugerufen habe, ihnen das Evangelium zu verkündigen.“

„Mazedonien“ ist europäisch, das heißt, Paulus war im Begriff, buchstäblich etwas „Neues“ zu betreten! „Neu“ ist auch in unserem Leitvers, dass der Schreiber der Apostelgeschichte, Lukas, ab hier in der „wir“- Form schreibt, was ja heißt, dass Lukas in Troas auf Paulus gestoßen sein musste und im weiteren Verlauf der Apostelgeschichte an Pauli Seite war, und uns als „Augenzeuge“ die weiteren Geschehnisse berichtet.

Wir gehen davon aus, dass sich Paulus und Lukas hier in Troas zum ersten Mal begegneten, vielleicht war Lukas in dieser Stadt sogar als Arzt tätig. Für uns ist in jedem Fall interessant, wie unser Leitvers das Geschehen beschreibt: 1.) Paulus gewahrt das Gesicht; 2.) suchten wir sofort nach Mazedonien weiterzuziehen…“. Lukas schreibt in Pkt. 2 so, dass wir den Eindruck haben, er sei selbst auch für diesen Dienst gerufen worden! Wäre dies möglich? Schauen wir kurz in Pauli Briefe hinein: In Kol 4:14 ist Lukas der geliebte Arzt; in Phil 1:24 ist er Pauli Mitarbeiter, in 2Tim 4:10 war Lukas der Einzige, der bei Paulus blieb – wir ersehen aus diesen wenigen Stellen, dass er in Pauli Dienst eine herausragende Stellung einnahm (obwohl er, „Lukas“, sich überall ganz bescheiden in den Hintergrund stellte). Wir sind gewöhnt, diesen Lukas nur als den Verfasser des gleichnamigen „Lukas-Evangeliums“ und der Apostelgeschichte zu sehen, jetzt rückt er auf ganz andere Weise in unser Blickfeld! Mit ihm hat Paulus auf seinem neuen Arbeitsfeld auch eine ganz neue Begleitung neben sich: Silas, Timotheus und jetzt Lukas – dies war die Mannschaft, die Gott ausersehen hatte, Europa zu bereisen und dort das herrliche Evangelium zu verkündigen.

Wir sehen, wie Gottes Wege, auch wenn sie eigene Wege versperren, immer ein herrliches Ziel haben – das darf uns auch heute zusprechen, wenn unsere Wege anders verlaufen, als wir wollen!


Reise nach Philippi – Bekehrung der Lydia

Apg 16:11-12

„Als wir von Troas ausfuhren, kamen wir geradewegs nach Samothrace, am folgenden Tag nach Neapolis und von dort nach Philippi, das die erste Stadt in diesem Teil von Mazedonien ist, eine römische Kolonie. In dieser Stadt hielten wir uns einige Tage auf.“

Ob Paulus und seine drei Begleiter wussten, was auf sie zukam? Ob sie die ganze Tragweite ihrer Entscheidung erkannten? Wohl kaum! Sie sahen immer nur den nächsten Schritt (wie es ja auch in unserem Leben meist der Fall ist).

So sprach der Mann im Gesicht des Paulus nur von Menschen in Mazedonien, nicht aber von Europa! Erst im Verlauf der Reise entfaltete sich der große Reiseplan Gottes. In den Worten des Mazedoniers „Komm und hilf uns“ lag mehr, als auf den ersten Blick erschien; der Hilferuf umfasste die ganze Hilflosigkeit des Abendlandes und die Bereitschaft zur Annahme des Evangeliums! Wohl war zuerst nur von Mazedonien die Rede, doch dahinter lag Griechenland, ja Rom. Es war die von Gott gewirkte Zeit, diesem Teil der Welt Sein freimachendes Evangelium zu verkündigen und überall jene zu rufen, die Er in Christus vor dem Niederwurf der Welt zum Sohnesstand vorherbestimmt hat.

Verstehen wir aber diese Evangeliumsverkündigung auch richtig: Es ging (und geht immer noch) nicht darum, alle Menschen vor die Wahl zu stellen, sich für oder gegen Jesus zu entschieden, ihnen im Fall einer Ablehnung dann auch noch die unbiblische Lehre einer ewigen Höllenqual anzudrohen, es ging und geht bis heute einzig und allein darum, eine von Gott begrenzte und vorherbestimmte Zahl an Menschen aus allen Nationen (einschließlich Israel) durch das Evangelium der Gnade zu rufen. Und wenn der Letzte dieser Vorherbestimmten dem Ruf gefolgt ist, ist die Vollzahl erreicht, die Körpergemeinde Christi Jesu vollständig, es folgt die Entrückung. Und dieser Zeitpunkt kann, liebe Geschwister, nach menschlichem Ermessen nicht mehr so weit entfernt sein!

Apg 16:13-14

„Am Tag der Sabbate gingen wir zum Stadttor hinaus an den Fluss, wo wir meinten, dass eine Gebetsstätte sei; wir setzten uns dort und sprachen zu den zusammengekommenen Frauen. Auch eine Frau namens Lydia hörte zu, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, die Gott verehrte; ihr tat der Herr das Herz auf, auf die von Paulus gesprochenen Worte zu achten.“

Die vier Brüder begaben sich von der Hafenstadt Neapolis unverzüglich ins Landesinnere und kamen in Philippi an. Da Israel aber immer noch den absoluten Vorrang vor den Nationen hatte, suchten die Brüder am Tag der Sabbate zuerst nach einer Synagoge. Da aber in Philippi offensichtlich nur sehr wenig Juden ansässig waren, gab es keine Synagoge; in solch einem Fall war es jüdischer Gebrauch, sich an der Meeresküste oder an einem Flussufer zu versammeln, weil diese Gebiete als „rein“ galten. Paulus kannte natürlich diese Gepflogenheit, und so sehen wir ihn und seine Begleiter am Sabbat das Flussufer aufsuchen, wo sie eine Gebetsstätte vermuteten - doch sie trafen lediglich eine Gruppe von Frauen. Dies hinderte aber Paulus nicht, ihnen den Namen „Jesus“ zu verkündigen, und mit Ihm das Evangelium der Gnade.

Es waren dem Schriftzeugnis nach wohl doch mehrere Frauen zusammengekommen, aber nur „einer“ tat Gott das Herz auf, so dass sie Pauli Worte nicht nur hören, sondern auch verstehen konnte. Hier wird uns ganz klar gesagt, dass es nicht am Menschen liegt, sondern an Gott! „Er“ ist es, der ruft, der das Herz öffnet, der den Glauben schenkt und letztlich den Glaubenden mit dem Geist der Verheißung, dem heiligen, versiegelt (gem. Eph 1:13). Deshalb sind wir alle „Herausgerufene“, herausgerufen aus der Menschheit zum Sohnesstand in Christus Jesus! Aber nicht deshalb, weil wir besser sind als die anderen, sondern weil wir schwächer sind, töricht vor der Welt, niedriggeboren, verschmäht (lies 1Kor 1:26 ff). Und dies alles zu einem Zweck: Wir sollen in den herankommenden Äonen Schaugefäße Seiner Gnade sein – an uns untauglichen und unrühmlichen Geschöpfen soll erkannt werden, was Gnade vermag!

Apg 16:15

„Als nun sie und ihr Haus getauft waren, sprach sie uns zu und sagte: Wenn ich nach eurer Beurteilung an den Herrn gläubig bin, so kommt in mein Haus und bleibt dort! Und sie drang in uns.“

Lydia war zwar die Erste, die auf europäischem Boden zum Glauben kam, aber sie war keine Europäerin; Vers 14 betont ausdrücklich, dass sie aus Thyatira stammte, einer Stadt in der Provinz Asien, wo es ja Paulus kurz zuvor verwehrt war, hinzureisen! Vielleicht darf uns diese winzige Nebensache heute doch zeigen, liebe Geschwister, wie wunderbar und zielgenau Gottes Führungen sind! Paulus wollte in Asien dienen, Gott verwehrte ihm den Weg dorthin und führte ihn nach Europa, wo er das fand, was er in Asien suchte! Wir dürfen lernen, Ihm blind zu vertrauen, auch gegen unsere menschlichen Erwägungen!

Wenn wir der Person der Lydia näher folgen wollen, merken wir, dass manches über sie im Dunkeln bleibt. Wir erfahren nichts über ihre Nationalität, auch nach ihrem „gläubig werden“ lesen wir nur, dass sie und ihr Haus getauft waren – wer hat sie getauft? War es Paulus? Oder einer der anderen Brüder? Dazu wurde noch kollektiv ihr „ganzes Haus“ getauft, wobei wir ja erst gestern von der Herausrufung „Einzelner“ sprachen … hier sind noch viele Fragen offen!

Eines aber mag uns besonders aufgefallen sein: Die Ähnlichkeit mit Kornelius in Apg 10. Dazu möchten wir aber gleich eindeutig feststellen: Kornelius wurde durch Petrus zum Glauben gebracht, und Petrus steht für das irdische Königreich! Lydia kam durch das Evangelium des Paulus zum Glauben, und dieses Evangelium hat eine überhimmlische Berufung als Grundlage, deshalb: Bei aller Ähnlichkeit gehört Kornelius zur Königreichsgemeinde, Lydia hingegen zur Körpergemeinde Christi Jesu! Lydia war, so gesehen, die Erste auf europäischem Boden, die zur Körpergemeinde gewonnen wurde.

Wir haben gestern gemerkt, dass mit Lydia noch manche Frage offen ist (und vielleicht auch offen bleibt), die wir zumindest ansatzweise klären wollen:

Dass das ganze Haus von Lydia getauft wurde, widerspricht tatsächlich erst einmal dem Prinzip der Einzelrettung, aber wir erleben diese kollektive Rettung auch wenige Verse später (Vers 31 und 32) bei dem Gefängniswärter. Weitere Beispiele wie in Apg 18:8, dem Haus des Krispus, wären anzuführen. Dies ist kein Widerspruch zur Herausrufung „Einzelner“, sondern ein Merkmal der Übergangsverwaltung. Wenn wir eine Gesamtübersicht über die Vorgänge haben, merken wir, dass diese Art der Errettung ganzer Familien oder Hausgemeinschaften bei Paulus nur in der Zeit zwischen dem Konzil in Jerusalem und jener Zeit erfolgte, wo Paulus noch mit den zwölf Aposteln der Beschneidung in Kontakt stand. Pauli späterer Dienst, als die Verwaltung des Übergangs beendet war und die „der Gnade“ begann, gab es diese Art der kollektiven Rettung nicht mehr! Um weiteren Fragen zuvorzukommen sei gesagt: Jeder (auch ganze Hausgemeinschaften), der durch Paulus zum Glauben kam und kommt, ist ein vollwertiges Glied am Körper Christi!

In ähnlichem Sinn müssen wir hier auch „das Taufen“ sehen; es ist bezeichnend, dass nicht genannt wird, wer getauft hat. Paulus schreibt ja schon in 1Kor 1:17, dass er nicht beauftragt wurde, zu taufen, sondern das Evangelium zu verkündigen. Die ganze Versgruppe (1Kor 1:14-17) zeigt einen Paulus, der von der (Wasser-) Taufe immer mehr Abstand nimmt - und dies deshalb, weil die Wassertaufe, die ein Relikt des Königreichs ist, immer mehr zurückgestellt wird und der alleinigen „Geistestaufe“ weichen muss.

Lydia bat die Brüder, in ihrem Haus zu wohnen, ja mehr noch: „Sie drang in uns“, was ja schon an „Nötigung“ grenzt! Und noch etwas muss uns auffallen:

Sie bat die Brüder, in ihrem Haus zu wohnen, wenn sie als „an den Herrn gläubig“ erachtet würde – eine ungewöhnliche Äußerung! Um dies zu verstehen, müssen wir uns erinnern, dass Lydia, noch bevor sie mit den Brüdern in Kontakt kam „Gott verehrte“, was eine gewisse Einhaltung des jüdischen Gesetzes beinhaltete. Durch Paulus vernahm sie zum ersten Mal, dass der Mensch ohne Gesetzeswerke gerechtfertigt wird, allein durch Glauben (Röm 3:28)! Lydias Unsicherheit, die wir ja deutlich aus ihren Worten heraushören, kam daher, dass sie vom Gesetz weg und hin zur Gnade kommen musste! Dies ist generell für alle Gläubigen ein Schritt, der zwar im Herzen erkannt wurde und wird, und der den betreffenden Gläubigen auch überglücklich macht, aber im Fleisch muss dieses Erkennen auch umgesetzt werden (das Fleisch muss mit Christus gekreuzigt werden).

Was uns Lydias Verhalten zeigt, nämlich Unsicherheit (was aber hier in diesen frühesten Anfängen der Körpergemeinde noch ganz normal ist), ist heute, wo wir längst gefestigt sein sollten, noch immer unter vielen Gläubigen vorhanden. Wer heute meint, sich seine Rettung mit Gesetzeswerken zu verdienen, wird nie seiner Rettung gewiss sein können! Lydia hat es begriffen, was ihr fehlte, war nur noch die Festigung und Stärkung. Sind wir heute alle gefestigt? Haben wir Sicherheit im Blick auf unsere Rettung in der Gnade? „Nun aber hat sich, getrennt vom Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart … eine Gerechtigkeit Gottes aber durch den Glauben Jesu Christi, die für alle ist und auf alle Glaubenden kommt“ (Röm 3:21).


Die Magd mit dem Wahrsagegeist

Apg 16:16

Nun geschah es, wenn wir zur Gebetsstätte gingen, dass uns eine Magd entgegentrat, die einen Pythongeist hatte und durch deren Wahrsagen sich ihren Herren eine sehr gute Einkommensquelle bot.“

Das Flussufer außerhalb des Stadttores von Philippi, die übliche Gebetsstätte der Juden, war offenbar auch ein beliebter Treffpunkt der Bevölkerung, und die Brüder nutzten dies aus, um ihr Evangelium zu verkünden. Und wieder war ein Geschöpf Gottes auf dem Plan, dessen göttliche Aufgabe es war, so paradox es klingen mag, Gott entgegen zu wirken – Satan!

Wir haben bisher erlebt, wie es den Mächten der Finsternis auf dem Boden Israels und dem des Königreiches gelang, immer wieder zu stören und anzufeinden, wozu sie die jüdischen Massen nur zu oft mobilisieren konnten. Hier, auf dem Boden Europas, war diese Möglichkeit nicht mehr in diesem Maß vorhanden, der Kampf gegen das Evangelium musste auf einer anderen Ebene geführt werden. Was wir jetzt in den kommenden Versen erleben, ist der besondere Charakter des Geisteskampfes, den „die Glieder am Körper Christi“ führen müssen, nämlich der Kampf gegen die Fürstlichkeiten, gegen die Obrigkeiten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen (gemäß Eph 6:12).

Wir sehen, dass der tiefere Ursprung der Feindschaft gegen das Evangelium nicht Fleisch und Blut, also der Mensch, ist, sondern bei den geistlichen Mächten der Bosheit zu suchen ist, wozu ja auch dämonische Geister (hier ein Pythongeist) zählen. Und der dämonische Trick besteht darin, das Evangelium Christi Jesu mit dem „Geist des Heidentums“ zu vermischen, nämlich mit „rücksichtsloser Selbstsucht, Gewinnsucht, Geldgier, Aberglaube“ um nur einige Beispiele zu nennen! Aber – wir stehen diesen Angriffen ja nicht machtlos gegenüber, sondern sind nach Eph 6:13-18 gut gerüstet!

Apg 16:17

„Sie folgte Paulus und uns nach und rief laut: Diese Menschen sind Sklaven des höchsten Gottes, die euch einen Weg zur Rettung verkündigen!“

Wir alle kennen ähnliche Vorfälle dem Herrn auf Erden gegenüber, und jedes Mal weist auch Jesus die dämonischen Zeugnisse entschieden zurück, sie sind aus dämonischem Mund keine Ehre, weder für Ihn, noch für Seine Beauftragten.

Eigentlich müsste sich ja Paulus freuen, wird ihm und seinen Begleitern doch vor aller Ohren bezeugt, dass sie Sklaven (Diener) des höchsten Gottes sind, und weiter, dass sie einen Weg zur Rettung verkündigen. Das Zeugnis der Magd (des Pythongeistes) ist aber irreführend, weil es versucht, die scharfe Grenze zwischen Wahrsagerei und dem Evangelium zu verwischen!

Wir müssen hier innehalten, liebe Geschwister, und gründlich nachdenken, denn dieser dämonische Geist ist nicht ausgerottet, sondern mehr den je am Werk, besonders unter Gläubigen! Wie gutgläubig, ja einfältig sind wir nur zu oft, wenn etwas den Schein „des Christlichen“ hat. Da ich, der Verfasser dieser Schrift, über ein Jahrzehnt in pfingstlichen Gemeinden glaubensmäßig aufgewachsen bin, weiß ich aus erster Hand, wie dämonische Mächte bis tief in Gemeinden hineinwirken! Die Folgen sind das wachsende Verlangen nach „Schauen“, anstatt „Glauben“! Wunderheiler sind angeblich im Namen Jesu am Werk; im Namen Gottes wird vorhergesagt; und wenn man dies alles zu prüfen versucht, stößt man nur zu oft auf Unwahrheiten, ja Betrug! Das besonders Tragische daran ist, dass sich keiner der Gläubigen an einer aufgedeckten Unwahrheit stört!

Der Pythongeist weist darauf hin, dass die Brüder „einen“ Weg zur Rettung verkündigen, was bedeutet: „Ein“ Weg unter vielen anderen! Merken wir den Betrug? Heute hören wir bereits von Geistlichen (!): „Gott“ kann auch „Allah“ heißen, oder sich in „Buddha“ offenbaren, man muss einfach tolerant sein – das ist die Lehre der Dämonen!

Apg 16:18

„Das tat sie nun an vielen Tagen. Darüber aufgebracht, wandte Paulus sich zu dem Geist um und sagte: Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren! Und er fuhr zu derselben Stunde aus.“

Wir haben gestern versucht, darzulegen, dass alle Unterstützungen des Evangeliums aus unreiner, weltlicher Quelle nichts anderes als dämonische Versuche sind, die göttliche Offenbarung auf das Niveau menschlicher Religionssysteme herabzudrücken, sie zu vermischen! Paulus begegnet diesem Angriff durch die Austreibung des Pythongeistes und beweist dadurch eindeutig die Überlegenheit des Herrn, dem er dient.

Paulus hat dieses sichtbare Zeichen nicht gesucht (wie es heute nur zu oft getan und verlangt wird), sondern er tat es, weil ein höherer Zwang dafür erkennbar war: Ein Zurückweichen oder ein Stillesein wäre der Verleugnung des erhöhten Christus gleichbedeutend gewesen, sowie Seinem Herrschaftsanspruch. Niemals waren bei Paulus solche Zeichen bloße Schauwunder oder Propagandamittel! Es waren jedes Mal geistliche Kämpfe gegen die Mächte der Finsternis. Das Medium der Finsternismächte, hier die Magd eines reichen Herrn in Philippi, wurde von Paulus sofort durchschaut; im Namen Jesu Christi gebot er, von der Magd auszufahren.

Wir möchten hier bewusst nicht das weite dämonische Feld weiter aufbauen, sondern uns nur erneut ins Bewusstsein rufen, dass diese Mächte heute genauso wirksam sind wie damals, wobei wir besonders auf 1Tim 4:1 ff verweisen. Und wir verweisen auf die uns gegebene Waffenrüstung in Eph 6:13 ff, die uns im Kampf gegen alle Angriffe schützt – und sie schützt uns „vollständig“, wenn wir sie auch „vollständig“ anziehen! Es bedarf also so gesehen keiner Austreibung von unserer Seite, sondern ein „Anziehen“ aller Rüstungsteile! Und über jedem einzelnen Rüstungsteil, den wir anlegen, steht der herrliche Name unseres Herrn: „Christus Jesus“! Was wollen wir mehr!!!


Paulus und Silas in Gefangenschaft

Apg 16:19

Als ihre Herren gewahrten, dass ihre Aussicht auf Einkommen dahin war, ergriffen sie Paulus und Silas und schleppten sie auf den Marktplatz vor die Obrigkeit,“

Unser Leitvers deckt auf, was wir alle längst wissen (müssten): Der Höhergestellte nutzt den unter ihm Stehenden aus! Das war damals so und ist es heute im selben Umfang, wenn nicht noch mehr. In Philippi hatten einige „Herren“ den Wahrsagegeist einer Magd ausgenutzt, um Profit daraus zu schlagen, und scheinbar nicht zu knapp! Jetzt werden sie gestört, ja sogar ihres Geschäftsobjektes beraubt – ihre Wut darüber entlädt sich über jene, die den Geist ausgetrieben haben.

Für uns ist hier in ganz besonderer Weise bemerkenswert: Kaum hat Paulus europäischen Boden betreten, fangen auch hier sofort Verfolgung und Leiden an, allerdings in anderer Form: Bisher waren es Juden, die mit ihrem Hass den Apostel verfolgten, jetzt waren es solche aus den Nationen, die gegen den Juden Paulus ihrer Wut freien Lauf ließen! Es zeigt sich, dass der Dienst am Evangelium der Gnade, egal wo es verkündigt wird, stets angefeindet wird, und seine Diener viel Leid und Trübsal erleiden müssen. Aber dies stand ja von Anfang an über dem Dienst des Paulus (siehe Apg 9:16).

Hätte Paulus in dieser Situation auch „stille“ sein können? Hätte er mit diesem „stille sein“ sich und seinen Mitarbeitern nicht viel Leid ersparen können? In 1Tim 4:10 steht geschrieben, dass Gott der Retter aller Menschen ist; und in Verbindung zu dieser Tatsache schreibt Paulus im gleichen Vers: „…denn dazu mühen wir uns und werden geschmäht“! Auch wir, liebe Geschwister, die wir diese Wahrheit glauben dürfen, können darüber vor anderen stille sein – und gehen mancher Schmähung, ja Verfolgung aus dem Weg! Aber wir können auch mutig sein und diese Wahrheit bezeugen, in dem Bewusstsein, in der Gemeinde angeklagt (und mehr) zu werden! Paulus tat, was er tun musste, er konnte und wollte seinen Herrn nicht verleugnen. So konnte er im 2. Korintherbrief auch von der zweiten Gnade schreiben (siehe unser Andachtsbuch), für Christus zu leiden, aber auch von Ihm „Trost“ zu bekommen, und dies „überströmend“!

Apg 16:20-21

„… führten sie den Prätoren vor und sagten: Diese Menschen, die Juden sind, beunruhigen unsere Stadt sehr und verkünden Sitten, die uns, die wir Römer sind, nicht anzunehmen noch auszuüben erlaubt sind.“

Mancher Leser mag sich bei der gestrigen Auslegung gefragt haben, was die Wahrheit, dass „Gott der Retter aller Menschen ist“, hier an dieser Stelle zu suchen hat! Doch es gibt verblüffende Parallelen:

Die Herren der Magd brachten in ihrem Zorn Paulus und Silas vor die örtliche Obrigkeit; die Anklage, die sie vorbringen, ist schlicht und einfach erlogen! Es gab auch bei den Römern kein Gesetz, welches die Austreibung eines Dämons verboten hätte! In Wirklichkeit ging es doch darum, dass die Einkommen und das Ansehen geschmälert oder genommen wurden – hat dies auch etwas mit Gläubigen zu tun?

Wir fragen das Letztere bewusst provokativ, weil immer wieder erlebt werden muss, dass sich Gläubige in ihrer Stellung, ja sogar in ihrem Einkommen gestört fühlen, wenn im Lauf der Jahrhunderte verschüttete biblische Wahrheiten wieder ans Licht gebracht werden! Und dazu gehören ja vor allem die so genannte Allaussöhnung, aber auch das Problem der Erschaffung des Bösen, die Lehre der Äonen und vieles mehr. So könnte in einer Gemeinde, wo plötzlich die Allaussöhnung zugelassen würde, deshalb ein gewisser Teil der Gläubigen wegbleiben, die Gemeinde würde somit erheblich kleiner, die Spenden gingen zurück, der Einfluss der leitenden Brüder ebenso … ist dies unreal? Als Verfasser dieser Zeilen habe ich solches unwürdige Verhalten selber erlebt und erlebe es bis heute aus der Ferne immer noch!

Gott ist Liebe, und Seine Liebe offenbarte sich in Seinem Sohn am Kreuz! Dort starb unser Herr nicht nur für uns, sondern für die gesamte Schöpfung, für das ganze All! Unser Auftrag muss sein, diese Liebe weiter zu tragen, sie kund zu tun, denn: „Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens wert … Dieses weise an und lehre“ (gem. 1Tim 4:9-10).

Apg 16:22

„Da trat die Volksmenge mit gegen sie auf, und die Prätoren ließen ihnen die Kleider herunterreißen und befahlen, sie mit Ruten zu peitschen.“

Wenn wir in Gedanken Tag für Tag die Apostelgeschichte nacherlebt haben, muss es uns heute erneut tief erschüttern, was in Philippi geschieht: Zwei der dienenden Brüder werden brutal entblößt und ausgepeitscht! Und warum? Weil sie sich für das Evangelium eingesetzt haben! Dazu kommt, dass sich die Apostel zum ersten Mal auf europäischem Boden befinden und diesmal nicht von ihren eigenen Stammesbrüdern, den Juden, angeklagt werden, sondern von Europäern, und dazu auch mit dem Vorwurf, sie seien „Juden“! Zu Letzterem muss man wissen, dass erst kurz zuvor die Juden aus Rom vertrieben wurden und im ganzen römischen Reich in Misskredit gerieten.

Paulus und Silas werden ausgepeitscht – eine furchtbare Qual! Und Gott lässt dies nicht nur zu (wie wir fälschlicherweise so gerne sagen), vielmehr bewirkt Er alles, auch diese Situation! Mit dem Beginn der Körpergemeinde Christi Jesu begann auch eine Neuorientierung des Glaubens: Nicht mehr Zeichen und Wunder, also die Kräfte des zukünftigen Äons, standen im Vordergrund, sondern die „Schwachheit“! Maßgeblich hat dies Paulus in 2Kor 12:7-10 beschrieben. Pauli Rufen zu Gott um körperliche Heilung wird negativ beschieden, und Gott sagt ihm: „Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.“

Es fällt schwer, liebe Geschwister, das obige Wort zu verstehen, und doch genügt zum Verstehen ein einziger Blick: „Der Blick ans Kreuz!“ Dort zeigte uns Gott Seine Kraft in Seinem ans Kreuz gehefteten Sohn, in dessen Blut (Schwachheit) Er Sich mit der Welt versöhnte! Was vor der Welt Schwachheit war, zeigte sich hernach als die Kraft, die notwendig war, um die ganze Schöpfung zurück zum Vater zu bringen!

Apg 16:23

„Nachdem man ihnen viele Schläge versetzt hatte, warf man sie ins Gefängnis und wies den Gefängnisaufseher an, sie in sicherem Gewahrsam zu halten;“

Viele Schläge mit einer Peitsche auf die nackte Haut, dazu keine zimperlichen römischen Knechte … wir sollten uns ruhig vor Augen führen, in was für einem jämmerlichen Zustand sich Paulus und Silas danach befanden; und in diesem geschundenen Körper, in äußerster körperlicher Schwäche, wurden diese Zeugen für das Evangelium dann auch noch in das Gefängnis geworfen!

Wenn wir das ganze Geschehen hier in Philippi auf uns einwirken lassen, werden wir im Geist unweigerlich zu einer Parallele geführt: Zu unserem Herrn, als Er auf die Erde kam, um uns Gottes Liebe, aber auch Seine Kraft zu zeigen. Wurde nicht auch Er ausgepeitscht? (!) Musste Er nicht furchtbare Qualen erdulden, bis Er zuletzt die größte Qual, am Kreuz hängend, erlitt? (!)

Es gibt leider mehr als genug Gläubige, die behaupten, die Nachfolge Jesu sei ein Höhenweg, wo es einem nur gut geht – sofern man nicht sündigt! Und doch sagt Jesus genau das Gegenteil: „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht wert“ (Mt 10:38). Und wenn wir weiter fragen, was „unser Kreuz“ ist (?), so finden wir bei Paulus eine klare und unmissverständliche Antwort: „Denn in Gnaden ist euch für Christus gewährt: nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden …“ (Phil 1:29).

Und auf die Frage, „warum wir für Ihn noch leiden sollen, Er hat doch alles vollbracht? „, gibt es eine einfache Antwort: Weil wir schon auf Erden „ein Teil von Ihm“ sind! Und als „ein Teil von Ihm“ möchte Gott auch uns dazu gebrauchen, Seine Kraft in unserer Schwachheit vollkommen zu machen, indem Er uns als „Schaugefäße Seiner Gnade“ in den herankommenden Äonen den Überhimmlischen vorführt!

Apg 16:24

„als dieser eine solche Anweisung erhielt, warf er sie in die innerste Zelle des Gefängnisses und sicherte ihre Füße im Stock.“

Wir haben gestern versucht, uns den äußeren Zustand des Paulus und Silas vorzustellen, nachdem sie auf der nackten Haut die schweren Peitschenhiebe ertragen mussten – jetzt sehen wir sie im innersten Teil des Gefängnisses, also total ausbruchsicher, dazu sind ihre Füße im Stock gesichert! Was mag da im Inneren der Männer vorgegangen sein? Können da nicht Zweifel aufkommen? Sind wir auf dem richtigen Weg? Ja, kann da nicht sogar der Glaube ins Schwanken kommen? Wo ist denn Gott …?

Die beiden Gefangenen, Paulus an erster Stelle, müssen auch erst begreifen und erfahren, was es heißt, dass die Gnade genügt, und dass sich Gottes Kraft in menschlicher Schwachheit vollkommen macht! Gott hat ja den Menschen von Anfang an so geschaffen, dass dieser „aus der Erfahrung“ lernt!

Es gibt auch heute nur zu viel Gemeinschaften, wo man in solch einem Fall auch zu Paulus und Silas gesagt hätte: Ihr habt gesündigt! Tut Buße, und Gott befreit euch wieder! Als Verfasser dieser Zeilen darf ich mich gerne wiederholen und betonen, dass ich in solchen Gemeinden ganz persönlich und massiv oft mehr Heuchelei erlebt habe, als in der Welt!

Die furchtbaren Schmerzen der Auspeitschung, die Einkerkerung in der innersten Gefängniszelle … das alles kommt letztlich nicht von Menschen, sondern von Gott! Und Gottes Ziel mit Seinen Werkzeugen (und „Werkzeuge“ sind wir alle) ist, dass wir eine positive Einstellung zu diesen Leiden finden und damit auch ein „Ja“!

Ein solches „Ja“ von unserer Seite kann viel bewirken! Paulus und Silas fanden ganz offensichtlich dieses „Ja“ – und was es bewirkte, erleben wir ganz wunderbar in den nächsten Versen!


Bekehrung des Kerkermeisters

Apg 16:25

„Um Mitternacht jedoch beteten Paulus und Silas und lobsangen Gott, und die übrigen Häftlinge lauschten auf sie.“

Wie sieht ein Mensch nach „vielen Peitschenhieben“ aus? Im Prinzip doch total erschöpft! Dazu lesen wir, dass man Paulus und Silas ins Gefängnis warf, sie also wie ein Stück Dreck behandelte. Wir schreiben dies hier so drastisch, weil es uns kaum möglich erscheint, dass Menschen in diesem Zustand anfangen, nicht nur zu beten, sondern auch zu singen – und dies zum Lob Gottes!

Lesen wir noch einmal 2Kor 12, wo Gott in den Versen 2Kor 12:7-10 Seinem Werkzeug Paulus eine schwere Lektion aufgibt: Statt Heilung muss Paulus die Gnade genügen! Und dann die göttliche Erklärung: „Denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht!“ Und Paulus muss sehr schnell begriffen haben, denn bereits im nächsten Vers (Vers 10) schreibt er: „Darum ist mir wohl zumute selbst in Schwachheiten, unter Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen, unter Druck um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich kraftvoll.“

Schrieb Paulus dass nur aus der Theorie heraus? Man nimmt an, dass dieser Splitter im Fleisch, von dem ja in 2Kor 12:7 die Rede ist, „ein Augenleiden“ war. Dies mag für Paulus schon schlimm und hinderlich gewesen sein – doch jetzt dürften die Schmerzen um ein Vielfaches massiver sein – Paulus (und Silas) sind in der göttlichen Schule. Sein Zeugnis im 2. Korintherbrief, dass ihm auch unter Misshandlung „wohl zumute sei“ wird jetzt Realität! Das Gebet und der Lobgesang sind ein gewaltiges Zeugnis. Und dieses Zeugnis nahmen zum einen gemäß 1Kor 4:9 die himmlischen Boten wahr, und zum anderen die Menschen, hier die Mithäftlinge. Die beiden Männer werden buchstäblich ihren Beobachtern zu einem Schauspiel – die übrigen Häftlinge lauschten auf sie!

Sind wir uns dessen bewusst, liebe Geschwister, dass auch wir Tag für Tag ein Schauspiel für unsere Umwelt sind?

Apg 16:26

„Da entstand plötzlich ein großes Erdbeben, so dass die Grundfesten des Gefängnisses erschüttert wurden. Auf der Stelle öffneten sich alle Türen, und bei allen lockerten sich die Fesseln.“

Wir lesen heute zuerst die Verse aus Röm 5:1-5 – sie gehören noch zum gestrigen Vers. Wir erleben auf europäischem Boden die Verkündigung eines Evangeliums, welches bereits herrlichste Frucht bringt, und zwar eine Frucht, die aus dem Geschenk der Rechtfertigung aus Glauben kommt. Und diese Frucht des Lobgesangs in schlimmen Drangsalen dringt auch in alle anderen Gefängniszellen!

Aber die Betroffenen in Philippi erleben noch mehr: Die Haltung der zwei Brüder war imstande, Kerkermauern zu erschüttern, Tore zu öffnen und Fesseln zu lösen! Die Mithäftlinge von Paulus und Silas hatten in der Stille der Nacht sicherlich jedes Wort des Lobgesangs verstanden, den meisten war dieser Gott wahrscheinlich unbekannt. War nun schon dieser Lobgesang im Angesicht schlimmer Schmerzen ein beeindruckendes Zeugnis für die übrigen Häftlinge, so kam jetzt auch noch das Erdbeben und das Öffnen der Türen und Lockern der Fesseln hinzu - was mag da in manchem Herz vorgegangen sein!

Wenn wir jetzt diese Situation im Gefängnis mit Röm 5:1-5 vergleichen, so erkennen wir auch hier Parallelen: Auf dem Grund der Rechtfertigung aus Glauben „dürfen wir mit Gott Frieden haben durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir auch im Glauben den Zugang in diese Gnade erhalten haben, in der wir stehen, so dass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen.“ In Christus, unserem Herrn und Haupt, sind uns die Tore geöffnet, ist der Zugang für uns alle in die überströmende Gnade weit geöffnet! Er, unser Herr, ging den schwersten Weg, den je ein Mensch auf Erden ging! Und Er ging ihn unter Lobpreis! Jetzt dürfen auch wir uns in unseren Drangsalen rühmen, weil sie das Ausharren bewirken, und weiter die Bewährung, dann die Erwartung – und diese Erwartung lässt nicht zuschanden werden …!

Apg 16:27

Als der Gefängnisaufseher aus dem Schlaf fuhr und gewahrte, dass die Türen des Gefängnisses geöffnet waren, riss er das Schwert heraus und war im Begriff, sich das Leben zu nehmen, weil er meinte, die Häftlinge seien entflohen.“

Im Grunde haben wir eine merkwürdige Situation: Ein Erdbeben hat das Gefängnis erschüttert, die Türen stehen weit offen und die Fesseln hatten sich bei allen gelockert, so dass eigentlich sofort eine Massenflucht hätte eintreten müssen! Und genau dies dachte auch der Gefängnisaufseher, als er die Situation begriff.

Doch offensichtlich machte niemand von dieser unerwarteten Möglichkeit der Flucht in die Freiheit Gebrauch – was war der Grund?

Wir erleben im Nachhinein, dass der Sieg der Gnade eng mit dem Verzicht auf Selbsthilfe verbunden ist! Und wir dürfen auch sehen, dass alle anderen Mithäftlinge ganz offensichtlich unter diesem höheren heiligen Zwang des Verzichtes, den Gott bewirkte, standen!

Was war nun das größere Wunder? Das Öffnen der Türen und das Lockern der Fesseln, oder der Verzicht auf Selbstbefreiung, also eine mögliche Flucht?

Es ist für uns, liebe Geschwister, so überaus wichtig, dass wir bei obigen Gedanken auch etwas verharren und ihn im Herzen bewegen! Wie schnell sind wir nur zu oft bereit, wenn sich vor uns eine Tür öffnet und eine vermeintliche Freiheit winkt, auch auszubrechen! „Ausbrechen“ aus dem, was Gott in unser Erdenleben verordnet hat! Und dies können durchaus auch für uns schmerzhafte Fesseln sein!

Paulus und Silas sprangen nicht sofort auf und rannten los – sie blieben anscheinend gelassen dort, wo sie waren, und warteten ab, was Gott weiter wirkt: Und wir erleben, wie der Verzicht auf Selbstbefreiung den Gefängnisaufseher vor dem Selbstmord bewahrte!

Apg 16:28

„Doch Paulus rief mit lauter Stimme: Tu dir nichts Übles an; denn wir sind noch alle hier!“

Wir haben in Eph 2:7 die Aussage, dass wir in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus zur Schau stellen, was einfacher ausgedrückt heißt: Wir werden in der Herrlichkeit Schaugefäße Seiner Gnade sein! Der unsichtbaren Welt will Gott an uns demonstrieren, was Gnade an erbärmlichen Menschen vermag! Das gilt für die Zukunft! Doch im Korintherbrief (1Kor 4:9) schreibt Paulus, dass wir heute schon den himmlischen Boten und den Menschen ein Schauspiel geworden sind! Und in den weiteren Versen lesen wir, was der Inhalt dieses Schauspiels ist: Die Apostel werden für „Toren“ gehalten, sie sind schwach anstatt stark, sie sind ungeehrt, hungern und dürsten bis zur damaligen Stunde, dürftig gekleidet, werden geschlagen und führen ein unstetes Leben … die Aufzählung geht noch weiter.

All das wird durch die Apostel vor den überhimmlischen und den irdischen Zuschauern auf „der Bühne ihres Lebens“ aufgespielt. Und nur wenn wir dies in unserem Inneren mitempfinden, können wir auch verstehen, was im Gefängnis in Philippi geschehen ist.

Dem Gefängniswärter drohte Schlimmstes von Seiten der römischen Obrigkeit, denn offensichtlich mussten die Gefangenen sehr wichtig gewesen sein, dass man sie so sicher verwahren musste. Jetzt sieht dieser Wärter die offenen Türen und für ihn ist klar, dass die Gefangenen geflohen sind – der Selbstmord war ganz offensichtlich leichter zu ertragen als die Strafe durch die Obrigkeit. Das Leben war für diesen Mann zu Ende, es gab für ihn nur noch den (schnellen) Tod! Und ganz knapp vor dem Vollzug ertönt eine Stimme – und diese Stimme bedeutete für den Wärter „Leben“!

Geschwister – haben vielleicht nicht auch viele von uns Ähnliches erlebt? Als unser Leben einen absoluten Tiefpunkt erreicht hatte, traf die Stimme Gottes unser Herz und führte uns in ein neues Leben!

Apg 16:29

„Da forderte er Licht, sprang zu Paulus und Silas hinein und fiel zitternd vor ihnen nieder.“

Paulus und Silas wurden, wie wir gestern zitiert haben, ein Schauspiel für den Gefängniswärter! Es ist, menschlich gesehen, unfassbar, wenn ein Gefangener, auf den eine schmerzvolle Strafe wartet, bei so einer Gelegenheit (offene Türen) nicht flieht!

Nun wollen wir hier auch beachten, dass dieser Gefängniswärter schlief, also, im Gegensatz zu den Mithäftlingen, kaum etwas (oder nichts) von den mitternächtlichen Gebeten und Lobgesängen mitbekommen hat! Das einzige Zeugnis, das er gewahrte, war der Verzicht der Gefangenen auf eine ganz einfache Flucht! Die Stimme des Paulus, die ihn vom Selbstmord zurückhielt, musste für ihn wie ein kaum beschreibbarer Ruf zurück ins Leben gewesen sein! Etwas für ihn Unbegreifbares war geschehen! Die Gefangenen waren noch alle da!

Auf dem Boden Israels kamen die Bekehrungen im Anschluss an eine Schriftlesung zustande, in welcher Sich Gott dem Zuhörer offenbarte. Hier, im Gefängnis in Philippi, gab es diese Anknüpfung erst einmal nicht! Am Anfang stand das, was 1Kor 4:9 bezeugt: „Ein Schauspiel den Menschen“ (hier einem Menschen)!

Warum flohen die Häftlinge nicht? Warum sind alle Türen offen? Warum sind die Fesseln bei allen gelockert? Warum höre ich die Stimme eines Gefangenen, der mir (obwohl er mich ja nicht sehen kann) zuruft, mich nicht zu töten? All diese Fragen stürmten in Sekundenschnelle auf den Wärter ein und überwältigten ihn! Das, was bei vielen Menschen das Schriftzeugnis bewirkt, bewirkte bei ihm das Schauspiel auf der Bühne des Gefängnisses! Und es war so überwältigend, dass er zitternd vor den Männern niederfiel.

Vielleicht vergleichen wir dieses Bühnenschauspiel im Gefängnis mit einem Pflug, der den Ackerboden des Herzens aufriss, und für das Samenkorn des Evangeliums aufbereitete.

Apg 16:30

„Dann führte er sie hinaus und fragte mit Nachdruck: Ihr Herren, was muss ich tun, um gerettet zu werden?“

Was wusste dieser Gefängniswärter überhaupt von einer „Rettung“? Was stellte er sich darunter vor? Das Einzige, was ihm bekannt gewesen sein dürfte, waren die Ereignisse um die besessene Magd. Die in Philippi eingetroffenen fremden Männer sollten nach dem Zeugnis des Pythongeistes „Sklaven des höchsten Gottes“ sein, die „einen Weg zur Rettung verkündigen“!

Und eine Art der Rettung hat sich an ihm bereits vollzogen: Sein Leben, welches er wegwerfen wollte, wurde ihm durch einen Zuruf Pauli erhalten bzw. neu geschenkt.

Der Gefängniswärter, in welchem wir ja einen von Gott vor dem Niederwurf der Welt in Christus Jesus Auserwählten sehen dürfen, wird jetzt auch berufen (gerufen)! Er dürfte kaum eine Ahnung von Gott haben, noch weniger, wie, warum und wozu „gerettet“ wird! Und trotzdem ist in seinem Herzen das Verlangen nach „Rettung“, und dies äußert sich in der Frage an die Männer, denen er jetzt Auge in Auge gegenübersteht: Was muss ich tun, um gerettet zu werden?

Was dieser Gefängniswärter noch nicht gemerkt hat, dürfen wir heute dankbar erkennen: Nicht „er“ ist es, der zuerst etwas tun musste, sondern „Gott“ hat etwas getan – Er hat Seine beiden Werkzeuge Paulus und Silas so geführt, dass ihr Weg im Gefängnis landete, wo sie unter göttlicher Wirkung wiederum so geführt wurden, dass sie dem Wärter das Leben retteten. Wir sehen, wie Gott Seine Werkzeuge und Sein Material (wenn wir den Wärter einmal so bezeichnen dürfen) lenkt und formt! Und wir müssen erkennen, dass Gottes Führungen und Wege nicht immer (oder zumeist) mit unseren Vorstellungen übereinstimmen! Deshalb sagte schon Jesaja (Jes 55:8): „Denn Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht Meine Wege“ – und David stellt fest: „El (Gott) -, makellos ist Sein Weg“ (Ps 18:31).

Apg 16:31

„Sie antworteten: Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus.“

Es hört sich alles so einfach an: Du brauchst nur zu glauben! Und wie oft, liebe Geschwister, sind dies auch unsere Gedanken, wenn wir jemand zum Glauben bringen bzw. ihn mit viel Worten überzeugen wollen. Am Beispiel des Gefängniswärters können wir uns fragen: Woran sollte er glauben? Der Name „Jesus“ sagte ihm ja kaum etwas (oder nichts). Er konnte also aus sich heraus gar keinen Glauben aufbringen – das ist ein ganz einfacher Schluss!

Wenn wir gestern aufzeigen wollten, dass nicht der Gefängniswärter den ersten Schritt tat, sondern lange vorher Gott die Wege bereitet hatte, so müssen wir heute sehen, dass auch alle weiteren Schritte von Gott kommen! Den Glauben an „den Herrn Jesus“ konnte der Gefängniswärter nicht aus sich heraus aufbringen, also wurde er ihm von Gott gegeben – es ist das Geschenk des Glaubens, das auch wir alle bekommen haben und das alle bekommen, die von Gott vorherbestimmt wurden, Glieder am Körper Christi zu sein!

Das Obige führt uns dahin, dass wir niemanden zum Glauben überreden können und umgekehrt, dass niemand zum Glauben kommen kann, wenn er nicht von Gott vorherbestimmt ist! Diese „Vorherbestimmung“ wird von vielen Gläubigen mit aller Kraft bekämpft. Es widerstrebt ihrer fleischlichen Gesinnung, dass das Fleisch nichts zustande bringen soll! „Vorherbestimmung“ ist aber nur dann zu verstehen, wenn auch das Ziel, nämlich die Rettung aller Menschen, erkannt wird! „Vorherbestimmung“ hat ja von Seiten Gottes das eine große Ziel, dass diese Vorherbestimmten von Gott so ausgerüstet und geschult werden, dass sie befähigt sind, alle Geschöpfe im All zu dem Namen „Jesus“ zu führen! „Vorherbestimmung“ ist also kein Selbstzweck, keine Belohnung oder Ähnliches, sondern Zubereitung – und dies nur zu oft unter viel Trübsal und Leiden!

Apg 16:32

„Dann verkündigten sie ihm und allen in seinem Haus das Wort des Herrn.“

Unser heutiger Leitvers zeigt uns, wie der Glaube, den ja kein Mensch aus sich heraus aufbringen kann, kommt: Er kommt durch das „Hören des Wortes der Wahrheit“! Gott konfrontiert Seine Vorherbestimmten mit Seinem Wort und bewirkt, dass es im Herzen geglaubt werden kann.

Und so war es auch bei dem Gefängnisaufseher: Zuerst wird er bis in die Tiefe seines Herzens durch die Ereignisse erschüttert, sein Leben wird durch einen Zuruf des Paulus vor einem Selbstmord bewahrt, er kann es kaum fassen, dass die Gefangenen nicht geflüchtet sind … er spürt in sich das Verlangen nach dem Weg einer Rettung, die er sich aber noch in keiner Weise vorstellen kann - das einzig Greifbare sind für ihn die zwei Apostel! Und so wird er mit dem konfrontiert, der allein von Sich sagen kann: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben … mit „Jesus“! Und damit dieser Name „Jesus“ in seinem Herzen wurzeln kann, wird ihm und seinem Haus das Wort des Herrn verkündigt – und so kam der von Gott gegebene Glaube in sein Herz!

In Eph 1:13 wird uns wunderbar dieser Ablauf vor Augen gestellt: 1.) „In Ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit, das Evangelium eurer Rettung, hört“; 2.) „in Ihm seid auch ihr, die ihr glaubt“, 3.) … versiegelt mit dem Geist der Verheißung, dem heiligen“ – das ist die Reihenfolge, die Gott mit Seinen Auserwählten geht. Achten wir bei den Worten aus dem Epheserbrief auf die zwei Worte „in Ihm“! Sie sagen, dass alles, was wir in Gnade erhalten haben, nur „in unserem Herrn Jesus Christus“ unser Eigen ist! Er, Jesus Christus, ist unser Weg, unsere Wahrheit und unser Leben – und Er ist unser Haupt! Wir sind also mit Ihm auf eine kaum fassbare Art und Weise verbunden! Und das für uns total Befreiende ist, dass uns niemand mehr aus Seiner Hand reißen kann; wir sind versiegelt, und dieses Siegel hat die Inschrift: „Für immer Mein“!

Apg 16:33

„Darauf nahm er sie in jener Stunde der Nacht zu sich, wusch ihnen das Blut von den Schlägen ab und ließ sich auf der Stelle taufen, er selbst und alle Glieder seiner Familie.“

Wir erleben bei dem Gefängnisaufseher, wie „Stellung“ und „Wandel“ Hand in Hand gehen. Zuerst wurde ihm der Glaube an den Herrn Jesus gegeben, womit er „in Ihm“ unwiderrufbar gerettet wurde – das war seine „Stellung in Christus“ – und es ist auch die unsere! Auf das hin, was er in der Gnade erhalten hatte, folgte sofort eine Antwort: Er nahm sie bei sich auf und wusch sie von den Spuren der Peitschenhiebe sauber – das war ein würdiger Wandel!

Auch wir werden von Paulus massiv zu einem würdigen Wandel aufgerufen, und diesen Wandel können wir (im Gegensatz zu unserer Rettung) durchaus beeinflussen. Unser Wandel kann gut, aber auch weniger gut, ja schlecht sein. In 2Kor 5:10 wird uns deshalb gesagt, dass es eine ausgleichende Richterbühne geben wird, vor der wir alle offenbar werden müssen. In 1Kor 3:10-15 wird dieser Vorgang näher beschrieben. Worauf haben wir unseren Wandel aufgebaut? Auf unserem „Ich“? Dann wird das Feuer der Preisrichterbühne des Christus alles verbrennen! Haben wir auf „Ihn“, unseren Herrn; aufgebaut, ist dies unverbrennbares Gold, Silber und kostbare Steine!

Der schlimmste Fall, der eintreten könnte, ist der Fall „Demas“, von dem in 2Tim 4:9 berichtet wird. Aus Liebe zum jetzigen Äon verließ er Paulus, die Verlockungen dieser Welt waren zu stark für ihn. Hier dürfen auch wir uns ruhig fragen und prüfen, wieweit uns dieser böse Äon schon verführt hat – und die Verlockungen sind heute ungleich massiver wie damals!

Der Wärter und alle Glieder seines Hauses ließen sich daraufhin taufen – wir lesen auch hier nicht, wer die Taufe vorgenommen hat. Paulus wohl kaum, wie wir schon bei Lydia ausgelegt haben. Dass bei Lydia und hier bei dem Wärter, das ganze Haus eingeschlossen war, deutet auch darauf hin, dass in Zukunft nicht mehr die Synagoge, sondern die Hausgemeinschaft in den Mittelpunkt rückt.

Apg 16:34

„Dann führte er sie hinauf in sein Haus, setzte ihnen einen gedeckten Tisch vor und frohlockte, an Gott gläubig geworden, mit seinem gesamten Haus.“

Vergegenwärtigen wir uns heute zuerst einmal die Gegensätze im Leben des Gefängnisaufsehers: Zuerst ein Mann, der seine Gefangenen gefühl- und gnadenlos behandelt hatte, danach einer, der seine Gefangenen in sein Haus aufnimmt, sie abwäscht, pflegt und speist! Ja, liebe Geschwister, Gnade rettet nicht nur, sondern verändert auch und formt, sie macht einen neuen Menschen aus uns! Dies aber nicht, damit wir uns rühmen können, wir sind von uns aus unfähig, Gott zu gefallen!

Eph 2:8-10 zeigt uns, was ein würdiger Wandel ist: Wir sollen ganz entspannt in jenen guten Werken wandeln, die Gott (nicht wir) vorherbereitet hat! Der Schwerpunkt der Aussage liegt darauf, dass wir nicht von uns aus gute Werke suchen sollen, sondern uns von Ihm führen lassen, was Er für uns vorbereitet hat! Merken wir den gravierenden Unterschied?

Es ist ganz wichtig für uns, dass wir in diesem Punkt Klarheit haben! Wir wissen alle, dass wir Gläubige aus einem äußeren (dem alten) und einem inneren (dem neuen) Menschen bestehen. Beide wollen unsere Aufmerksamkeit! Für uns ist hier die Frage: Wem widme ich meine Aufmerksamkeit? Für welchen Teil trage ich Vorsorge? Welchen Teil versorge ich mit Nahrung? Ein guter Teil der Gläubigen liest morgens ein christliches Kalenderblatt – das war die Nahrung für den inneren Menschen! Der Rest des Tages gehört dem äußeren Menschen! Ist das unser Wandel in Christus, unserem Herrn und Haupt?

In vorbildlicher Weise erleben wir im Nachhinein einen tief im Herzen jauchzenden Gefängnisaufseher, der seinen neu gewonnenen „Brüdern in Christus“ dient.


Befreiung des Paulus und Silas

Apg 16:35-36

„Als es Tag wurde, schickten die Prätoren die Gerichtsdiener und ließen sagen: Lasst jene Männer frei! Der Gefängnisaufseher berichtete diese Worte dem Paulus: Die Prätoren haben hergeschickt, um euch freizulassen. So geht denn nun hinaus und zieht hin in Frieden!“

Was uns jetzt in den letzten Versen dieses Kapitels begegnet, muss uns zuerst erstaunt machen – ist es nicht schön, dass die zwei Gefangenen jetzt auf einmal freigelassen werden sollen? Und noch mehr muss uns erstaunen, ja sogar befremden, wenn wir das Verhalten der beiden Apostel auf die offizielle Freilassung miterleben!

Stellen wir aber zuerst einmal fest, dass alles, was bisher geschah, sich in der gleichen Nacht zugetragen hatte – es war also eine äußerst ereignisreiche Nacht, die nicht zum „schlafen“ gemacht war! Nicht (oder nur wenig) geschlafen haben offenbar aber auch die Prätoren (Philippi war damals eine römisch-militärische Siedlung). Die Gefangennahme der zwei jüdischen Männer schien ihnen keine Ruhe gegeben zu haben und das ist ja bemerkenswert! Was sollten sich diese in Brutalität abgehärteten Männer, die ja in Philippi die Obrigkeit darstellten, um zwei Gefangene noch Gedanken machen?

Wir sollten uns allerdings über das Obige sehr wohl Gedanken machen: Auf israelischem Boden ist Gott unmittelbare Obrigkeit! Darum greift Er auch direkt durch Seine himmlischen Boten ein und befreite Petrus durch ein Wunder aus dem Kerker. Mit Paulus begann Gott etwas Neues, nämlich den Aufbau der Körpergemeinde Christi Jesu auf dem Boden der Nationen; und damit verbunden war auch eine Neuorientierung der Gläubigen in ihrem Verhältnis zur Obrigkeit! Diese Neuorientierung zur Obrigkeit legt Paulus in Röm 13:1 ff fest. Die Hauptmerkmale: Es gibt keine Obrigkeit außer von Gott, deshalb müssen auch wir uns ihr unterordnen! Kommen wir bei solchen Aussagen in einen inneren Konflikt, liebe Geschwister? Sagte nicht Petrus in Apg 5:29, dass man sich Gott eher fügen muss als den Menschen?

Apg 16:37

„Paulus aber entgegnete ihnen: Sie haben uns öffentlich und unverurteilt auspeitschen lassen, obwohl wir römische Männer sind; sie haben uns ins Gefängnis geworfen und wollen uns nun heimlich hinaustreiben! Nicht doch! Sondern lasst sie selbst herkommen und uns hinausführen!“

Wir haben zwei Probleme zu lösen, einmal jenes der Obrigkeit, und als Zweites das Verhalten der Apostel, welches in unserem Leitvers durchaus als „Rechthaberei“ gesehen werden kann.

Hätten die Brüder nicht einfach still gehen können, ohne auf ihr Recht zu pochen? Warum wollten sie das Fehlverhalten der Obrigkeit vor der Bevölkerung bloßstellen? Ist das ein Verhalten in der Liebe Christi? Und vor allem: Ist das der gleiche Paulus, der den Korinthern ans Herz legt, sich doch lieber Unrecht tun zu lassen, als Rechtshändel zu führen (1Kor 6:7)?

Wenn wir Obiges bewegen, finden wir nur eine Lösung: Paulus will kein Recht erstreiten, sondern auf eine Umstellung im Heilsplan Gottes hinweisen, nämlich dass Gott jetzt direkt über die Obrigkeit wirkt! Wenn wir gestern Röm 13:1 ff gelesen haben, dann müssen wir erkennen, dass jegliche Obrigkeit von Gott ist!!! Das ist, liebe Geschwister, starker Tobak, vor allem, wenn wir an Diktatoren denken, unter denen ja auch Deutschland in jüngster Zeit gelitten hat.

Den Aposteln ging es in keinem Fall um die Wiederherstellung ihrer Ehre als römische Bürger, auch nicht darum, das Evangelium vor Schande oder vermeintlicher Schwäche zu bewahren, sondern es ging ihnen allein darum, die von Gott eingesetzte Obrigkeit mit ihren eigenen Gesetzen als göttliche Ordnung zu respektieren. Bedenken wir: Den Juden in Kleinasien ist Paulus stillschweigend ausgewichen, aber hier in Philippi beruft er sich auf sein Recht als römischer Bürger – der weltliche Staat soll ihm also einen gewissen Schutz geben, „damit wir eine ruhige und stille Lebensweise vollführen mögen“ (1Tim 2:2).

Apg 16:38

„Die Gerichtsdiener berichteten diese Worte den Prätoren. Diese fürchteten sich jedoch, als sie hörten, dass sie Römer seien;“

Wir haben es im Grunde mit zwei Obrigkeiten zu tun, einer untergeordneten Obrigkeit in Philippi, den Prätoren, und der Obrigkeit in Rom, wo die endgültige Entscheidung gefällt wurde. Paulus wusste, dass die Prätoren ungerecht gehandelt hatten und berief sich deshalb auf die höchste weltliche Instanz und Obrigkeit, „auf Rom“! Damit wollte er nicht den Leiden aus dem Weg gehen (sonst hätte er sich ja schon bei seiner Festnahme auf sein Bürgerrecht berufen können und sich damit die Peitschenhiebe und den Kerkeraufenthalt ersparen können), sondern er demonstrierte Röm 13:1 ff und die damit verbundene Umstellung, dass wir, die Nationen, jetzt die Obrigkeit als „von Gott eingesetzt“ betrachten sollen und uns ihr unterzuordnen haben! Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, hat damit Gottes Anordnung widerstanden.

Streit und Zank unter gläubigen Geschwistern (und davon gibt es leider mehr als genug) ist die eine Sache – sie sollte von uns vermieden werden, wie wir es in 1Kor 6:1 ff lesen. Hier sollte keine weltliche Obrigkeit, auch kein Gericht, einwirken; eindeutig empfiehlt Paulus hier, sich lieber Unrecht tun zu lassen (Vers 7). Doch dort, wo wir staatliche Gesetze befolgen sollen, müssen wir uns unterordnen. Und wenn uns eine untergeordnete Obrigkeit schaden will, dürfen wir uns an eine höhergestellte Obrigkeit wenden, um den nötigen Schutz, den der Staat verleihen muss, auch für uns einzufordern! Genau dies demonstrieren Paulus und Silas!

Das Thema „Obrigkeit“ ist sehr diffizil, wir können es hier nicht ausführlich darlegen. Wir müssen aber erkennen, dass wir in den letzten Tagen dieser Gnadenverwaltung leben, wo alles auf den Zorn Gottes hinführt, an dessen Kommen auch die Obrigkeit als Diener Gottes mitwirken muss. Hier ist unser großer Trost, dass wir durch Ihn vor dem Zorn gerettet werden (Röm 5:9).

Apg 16:39

„… so kamen sie selbst und sprachen ihnen zu, führten sie hinaus und ersuchten sie, die Stadt zu verlassen.“

Gott hat es so gewirkt, dass von Anfang an zwei Mächte auf die von Ihm erschaffene Menschheit einwirken, a) Sein Wort, und b) das Wort der Schlange! Dieses Machtspiel setzt sich bis heute durch die ganze Menschheit durch – natürlich auch in Philippi!

Gott führte Seinen Apostel nach Europa, damit die Nationen dieses herrliche Wort hören und glauben können. Zur selben Zeit wirkte Satan auf die Bewohner ein, sein Medium war der Pythongeist – und es kam zur Auspeitschung und Gefangennahme zweier Apostel. Satans Bestreben war also, das Evangelium zu unterdrücken, es als kraftlos aufzuzeigen und lächerlich zu machen. Doch entscheidend ist letztendlich, wie das Ergebnis aussieht! Konnte Satan sein Ziel erreichen? Im Gegenteil! Durch all die körperlichen Leiden der Apostel und zuletzt durch die öffentliche Rehabilitierung durch die Prätoren (von dem der heutige Leitvers berichtet), war dem Evangelium mehr Möglichkeit geschaffen worden als vorher. Bedenken wir doch, liebe Geschwister, dass jetzt, nachdem die Prätoren vor allen Augen ihr Fehlverhalten eingestanden hatten, die Gläubigen in Philippi von dieser Seite nichts mehr zu befürchten hatten! Sie konnten also ungehindert dem neuen Glauben nachgehen! Ist das kein wunderbarer geistlicher Sieg des Wortes Gottes?

Nun kann man berechtigterweise fragen, ob denn dieser ganze Kampf nötig war? Hätte Gott nicht ohne all diese furchtbaren Leiden Seinem Wort den Sieg geben können? Oder überhaupt: Hätte Gott nicht von Anfang an den Satan von dem Paradiesgarten fernhalten können? Die Antwort ist klar und eindeutig: Gott hat das Böse und die Finsternis geschaffen, um Seine Geschöpfe hautnah in die Finsternis zu führen. Und in diese tiefste Finsternis erstrahlt dann in unsagbarer Lichtfülle der Strahl Seiner Liebe! Sünde, Leiden und Tod gehören zum Heilsplan Gottes, weil Er keine Roboter erschaffen hat, sondern Menschen mit Herz und Gefühl! Gott möchte von uns zurückgeliebt werden!

Apg 16:40

„Nachdem sie aus dem Gefängnis herausgekommen waren, gingen sie zu Lydia; und als sie die Brüder gewahrten, sprachen sie ihnen zu und zogen dann weiter.“

Auf Wunsch der Obrigkeit, aber freiwillig, verlassen Paulus und Silas Philippi. Wir merken im weiteren Verlauf, dass Lukas und Timotheus in Philippi zurückgeblieben sein mussten, was wohl notwendig war, um diese neue Gemeinde auf europäischem Boden aufzubauen. Doch bevor die beiden Apostel weiterzogen, gingen sie ins Haus der Lydia und es gab wohl eine sehr bewegte Abschiedsversammlung.

Das Haus der Lydia blieb wahrscheinlich der Versammlungsort der wachsenden Gemeinde, die den Charakter einer innigen Verbundenheit zeigt; dies geht aus dem Philipperbrief hervor. Bis zum Ende bestand zwischen Paulus und den Philippern ein ganz besonderes Verhältnis, er nennt sie in Phil 4:1 „Brüder, Geliebte und Ersehnte, meine Freude und mein Siegeskranz“! Und wie kostbar und wertvoll ist auch uns bis heute dieser Brief des Paulus an die Philipper! Gerade dieser Gemeinde enthüllt er, dass es ihnen (und uns) in Gnaden für Christus gewährt ist, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden (Phil 1:29), er zeigt in Apg 2:5-11 den Weg des Sohnes Gottes in atemberaubender Intensität von höchster Herrlichkeit in tiefste Kreuzesnot, aber dann überaus hoch erhöht – und als Krone der köstlichste Name im ganzen All: „Jesus“! Der ganze Brief befasst sich als Hauptthema mit unserem Wandel und soll uns dahin führen, dass wir alle den Kampfpreis der Berufung Gottes droben in Christus ergreifen mögen (Apg 3:14).

Was Paulus in Philippi erlebt hatte, ist heilige Siegesfreude trotz schwersten Leiden, und diese Freude (Phil 4:4) setzt sich kontinuierlich auf seinem weiteren „Zerbruchsweg“ in der Nachfolge des Herrn fort. Und so dürfen auch wir jetzt mit Paulus und Silas Philippi verlassen und mit den Brüdern weiterziehen!


17. Die Apostelgeschichte Kapitel 17