Das Endgericht über die Ungläubigen

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum:
"Die Gerichte Gottes" (1980)
von Mathias Jaegle (siehe Lebensbild)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften:
Inhaltsverzeichnis

Die Gerichte Gottes

4. Das Endgericht über die Ungläubigen

Einleitende Wahrheiten

So viele und schwere Gerichte nun auch über die Ungläubigen während ihres Erdenlebens ergingen, so steht dennoch allen ein letztes, abschließendes Gericht bevor. Da es sich bei diesem um Gottes endgültige Abrechnung handelt, bei welcher sämtliche Ungläubigen und damit auch die allerschlimmsten Feinde Gottes aller Zeiten gerichtet werden, lässt dies etwas von seiner Tiefe und Schwere ahnen. Auch der Blick auf die Strenge und Unerbittlichkeit Gottes bei schon vergangenen Gerichten muss uns zu denken geben.

Neben dieser Strenge ist ebenso das andere im Auge zu behalten, wie Gott ja die früheren Gerichte auch zur Ausführung von Heilsabsichten gebrauchte. Sollte Er nun mit dem Endgericht nur eine strafende Absicht verfolgen, und damit Christi Sühnetat unwirksam machen?

Da wir hier das umfangreichste Gerichtsgebiet vor uns haben, und in Gottes Wort nur vereinzelte Offenbarungen darüber vorliegen, erfordert es eine sehr gründliche Erforschung. Die Gefahr, dabei etwas falsch zu verstehen, ist viel größer als bei den anderen Gerichten. Denken wir zurückblickend nur daran, wie die Menschen, und sogar Gottes Volk selbst, dauernd verkehrten Stellungnahmen zu den früheren Gerichten Gottes verfielen. Einmal bewegten sie sich im Extrem der Gerichtsabschwächung, dann wieder in dem entgegengesetzten der Strafübertreibung. Was aber das Endgericht betrifft, bestehen darüber tatsächlich Lehren, die nicht nur das göttliche Gerichtsmaß verkennen, sondern das göttliche Gerichtsprinzip selbst umstoßen. Um diesen Fehlwegen zu entgehen, muss alles beachtet werden, was eine gesunde Schriftauslegung erfordert.

Nachdem wir die großen Gerichte einzeln betrachtet haben, ist auch die notwendige Vorbedingung vorhanden, um Wesen und Zweck des letzten und schwersten aller Gerichte zu erkennen. Die Richtigkeit dieser Aussage liegt in der Tatsache begründet, dass Gott die Urteile und deren Vollstreckung im Endgericht nach denselben Prinzipien durchführt, wie bei den vorhergehenden. Hieraus ergibt sich, dass die schlussendliche Abrechnung mit den Ungläubigen gar nicht recht verstanden werden kann, wenn sie von den anderen getrennt betrachtet wird. Das erklärt das Bestehen so mancher schriftwidriger Auslegungen über dasselbe. Hingegen erweisen sich nun die aus den vorangegangenen Gerichten gesammelten Erkenntnise als überaus förderlich zum rechten Verständnis der göttlichen Aussagen darüber.

Frühere Weissagungen vom Endgericht

Obwohl das Endgericht noch zukünftig ist und in weiter Ferne liegt, haben die hebräischen Schriften doch schon von ihm ebenso wie von allen anderen geweissagt. Wenngleich Gott es genau nach den Prinzipien der früheren durchführt, so unterscheidet es sich doch in einem Punkt grundsätzlich von denselben. Diese (heute teils vergangenen, teils noch ausstehenden Gerichte) ergehen über die Menschen während ihres irdischen Lebens. Das Endgericht aber ist ausschließlich für solche, die zuvor durch den Tod gegangen sind.

Wiewohl zwar nun vereinzelte Stellen in den hebräischen Schriften das Endgericht behandeln, ist es dennoch erstaunlich, wieviel Gehalt Gott in diese wenigen und kurzen Offenbarungen gelegt hat. Auch in diesem Fall kann dieser Schatz nicht ohne Erforschung des Urtextes gehoben werden. Hören wir hierzu ein Zeugnis von David: Ps 1:5 sagt er (wörtlich übersetzt): „Die Gottlosen stehen (aufstehen) nicht im Gericht der Gerechten“. Mit dem „Aufstehen“ verkündigt David schlechthin die Auferstehung. Diese Erwartung konnte jeder schriftkundige Israelite haben. Durch die Thora wurde er belehrt, dass Sterben ein Hinabsteigen in den Scheol sei (1Mo 37:35; 1Mo 42:38; 4Mo 16:30; 1Kö 2:6 u.a.). Und weiter hatten solche Israeliten die Erwartung: „Jewe tötet und macht lebendig; Er führt in den Scheol hinab und führt herauf“ (1Sam 2:7). Dass mit dem Heraufführen aus dem Scheol die Auferstehung gemeint sei, bestätigt Ps 16:10; denn diese für Christus bestimmte Verheißung wird Apg 2:24.27 als Seine Auferstehung ausgelegt. Und Jesaja verheißt: „Deine Toten werden aufleben, meine Leichname wieder erstehen“ (Jes 26:9). Dieser Allgemeinwahrheit fügt nun David Ps 1:5 neue Offenbarungen hinzu. Er verkündigt die Auferstehung zum Gericht, sowohl der Gottlosen als auch der Gerechten. Hieraus ist bereits zu ersehen, dass das Gericht nicht im Tode, sondern nach der Auferstehung stattfindet, und dazu deutet er schon an, dass die Gottlosen später als die Gerechten auferstehen, und demnach auch später gerichtet werden.

Zu dieser Weissagung über die Auferstehung und das Gericht gibt der Prophet Daniel einen weiteren Beitrag. Er sagt davon: „Und viele von denen, die im Erdreich des Bodens schlafen, werden erwachen: diese zu äonischem Leben und jene zur äonischen Schande und abstoßendem Anblick“ (Dan 12:2). Schlafen und erwachen sind bildliche Bezeichnungen für Tod und Auferstehung. Daniel nennt nicht das Gericht, wohl aber die Gerichtsurteile: für die Gerechten äonisches Leben, für die Ungerechten äonische Schande mit abstoßendem Anblick. Daniel redet so, als ob alles in einem, und nicht in zwei verschiedenen Gerichten stattfände. Doch sprich er es ebenfalls bestimmt aus, dass die Menschen erst nach der Auferstehung gerichtet werden.

Hier haben wir wieder das Problem von „ewig“ - „äonisch“, und zwar durch die gleichzeitige Anwendung für Leben und Strafe. Ist nämlich die Strafe befristet, so auch das Leben, und die Folgerung scheint ausweglos. Forschen wir danach und erkennen wir, wie es Daniel selbst verstand, so haben wir zugleich die Lösung gefunden. In seiner Schriftrolle redet er sehr oft von olam, bisher meist mit „ewig“ übersetzt. Sehr aufschlussreich ist seine Glückwunschformel für die heidnischen Könige: „O König, lebe (ewiglich) olam“ (Dan 3:9; Dan 5:10; Dan 6:7.22). Hiermit meinte Daniel weder, dass diese Könige während der Dauer des olam (Äon) leben sollten, noch viel weniger ewiglich im Sinne von endlos. Er wünschte ihnen vielmehr möglichst langes Leben. Und wenn er vom (ewigen) äonischen Reich redet (Dan 2:44; Dan 4:3; Dan 7:27), so meint er das Tausendjährige Reich, welches einen gesamten Äon andauern wird.

Daniel gibt aber noch weitere Beweise dafür an, dass er unter olam (ewig) nicht Endlosigkeit verstand. Dan 9:2 berichtet er von sich, dass er im ersten Jahre des Königs Darius in den Schriften auf die durch Jeremia geweissagten 70 Jahre für die Vollendung der Verwüstung merkte. Er besaß also die Rolle dieses Propheten und vertiefte sich in die Abschnitte, welche von den 70 Jahren handeln (Jer 25:11.12; Jer 29:10). Dabei las er bestimmt auch, dass das Land der Väter zu „ewigen“ Wüsteneien werden sollte (Jer 25:9). Folglich fand er zwei Angaben für die Dauer der Gefangenschaft: „70 Jahre“ und „ewig“. Nun sehen wir (Dan 9:2), dass für ihn allein die Zahlenangabe ausschlaggebend war, und er nicht im geringsten daran dachte, dass die „ewigen“ Einöden länger als 70 Jahre dauern würden.

Doch weiter fand Daniel bei Jeremia auch die Stellen, die von „ewiger“ Schande handeln (Jer 20:11; Jer 23:40), welche nie vergessen werden wird. Wenn er aber von der Wiederherstellung seines Volkes las, dass Jerusalem und damit das ganze Volk an Stelle von Schande dem Jewe zum Ruhm und Schmuck werden wird (Jer 23:9), so war ihm bewusst, dass dann auch die Schande aufhören werde. Wenn er also darauf selbst von „ewigem“ abstoßendem Anblick schreibt (Dan 12:2), so kann er damit niemals eine Schande ohne Ende gemeint haben.

So sehen wir durchweg, wie den früheren Gottesmännern vor Christus das Wort „ewig“ im Sinne von endlos völlig unbekannt war. Hätte man ihnen vorgehalten, dass dann mit dem Abschlus des „olam“ auch das Auferstehungsleben zu Ende gehen müsse, so hätte sie wohl erwidert, dass dieses ohne Unterbrechung in den nächsten Äon übergehen werde, um schließlich in die Endlosigkeit einzumünden. Diese Wahrheit spricht Daniel (Dan 12:3) aus, wenn er von denen, die viele zur Gerechtigkeit weisen (und das sind Auferstandene) sagt, dass sie leuchten werden wie die Sterne „immer und ewiglich“ - „für den olam und weiterhin.“ Diese Stelle beweist sehr deutlich, dass olam nicht „ewig“ im Sinne von „endlos“ bedeuten kann.

Ganz bestimmt wussten die Propheten um die Endlosigkeit Gottes als auch des Messias und der zukünftigen Herrlichkeit. Aber was ihnen näher lag, waren die unermesslich langen Zeitläufe, die den Vorbereitungen und Vorarbeiten Gottes zur Erreichung Seines hohen Ziele dienen. Und dies kennenzulernen, d. h. den olam und das was weiterhin folgt, war ihnen viel wichtiger als sich mit der Ewigkeit zu befassen, worüber ihnen Gott ja noch keine klare Offenbarung gegeben hatte. Ihnen lag vor allem das ihrem Volk verheißene Messiasreich mit seiner Glückseligkeit am Herzen. Und wenn sie über das, was darauf folgte, noch in Unwissenheit waren, so wussten sie schon, dass dieses Weiterhin nicht weniger, sondern noch mehr Herrlichkeit bringen würde. Aber wenn sie noch weiter hinaus, und zwar an die Ewigkeit dachten, musste ihnen das wie eine untragbare Last vorgekommen sein, welche sie in ihrer Unfassbarkeit überwältigte. Und das ist die richtige Bewertung und Stellungnahme zur Unendlichkeit, auch für uns.

So zeigen diese Israeliten mit ihrer Einstellung, wie man zuerst gründliche Erkenntnis über die vorbereitenden Zeitläufe und Zeitalter besitzen, und sie wohl auch erst durchlebt haben muss, bevor man sich mit der Ewigkeit befassen kann. Wir wollen demütig genug sein, um diese vorbildliche Haltung jener Israeliten ebenfalls einzunehmen. Denn sie ist eine wertvolle Wegweisung für ein sicheres Vorwärtsschreiten bei der Betrachtung der Endphase der Gerichte und die Voraussetzung für eine gesunde Förderung der Erkenntnis.

Was lehrt der Herr Jesus über das Endgericht?

Wie über die anderen Gerichte, so hat der Herr auch über dieses Seine Aussagen gemacht. Es war die abgrundlose Verdorbenheit und Verhärtung Israels während Seiner Tage, welche Anlass dazu gaben, Enthüllungen über Vorgänge beim Endgericht zu machen. Mt 12:41.42 sagt Er Folgendes darüber: „Männer, Niniviter, werden aufstehen im Gericht mit dieser Generation und werden sie verurteilen, da sie umsinnten bei dem Heroldsruf des Jona, und siehe, mehr als Jona ist hier. Die Königin des Südens wird erweckt werden im Gericht mit dieser Generation und wird sie verurteilen; denn sie kam von den Enden der Erde, zu hören die Weisheit Salomos. Und siehe, mehr als Salomo ist hier.“

Worte wie „auferstehen im Gericht“ und „erweckt werden im Gericht“ handeln wie Daniel (Dan 12:2) deutlich vom zukünftigen Gericht über alle die Menschen, welche nicht zuvor als Gerechte ins Leben eingingen. Weiter bestätigt der Herr damit die Lehre der Propheten, dass diese Menschen nicht im Tode, sondern erst nach der Auferstehung gerichtet werden. Ferner sehen wir in dieses Gericht nicht allein böse, sondern auch gute, sogar gottesfürchtige Menschen kommen. Letztere, noch dazu solche aus den Nationen, werden sogar jene Juden verurteilen, die nicht ihrem Messias gehorsam waren.

Einen ähnlichen Vergleich zieht der Herr Mt 10:15: „Wahrlich, Ich sage euch: Erträglicher wird es sein dem Lande Sodoms und dem Lande Gomorras am Tage des Gerichts als jener Stadt“ (welche Seine ausgesandten Apostel nicht annehmen, noch auf ihre Worte hören wollte, Mt 10:14). Auch Kapernaum stellt Er in dieser Weise Sodom gegenüber (Mt 11:23.24). Und Tyrus und Sidon belobt Er ob ihrer Willigkeit zur Umsinnung, während Er diese bei Chorazim und Bethsaida nicht fand (Mt 11:20.21). Beachten wir auch hier, was Er hinzufügt: Für Tyrus und Sidon wird es erträglicher sein am Tage des Gerichts als für euch“ (Mt 11:22). Weil der Herr von erträglicheren Urteilen spricht, gibt es demnach auch schwerere. Ein solches kündigt Er den ungerecht handelnden Schriftgelehrten an. Er sagt von ihnen: „Diese werden ein übermäßigeres (Gerichts-)Urteil erhalten“ (Mk 12:40).

Mit diesen Kundmachungen zeigt der Herr die im Endgericht waltende göttliche Gerechtigkeit auf. Die Urteile entsprechen demnach genau der Schwere der Sünden. Es geht aber dort nicht ausschließlich um Bestrafung von Übeltätern, was daraus ersichtlich ist, dass sich ja auch Menschen in diesem Gericht befinden werden, die auf die göttliche Aufforderung umdachten (die Niniviter) und andere, die sogar Jewe, den Gott Israels priesen (die Königin des Südens 1Kö 10:9).

Wie klar wird doch durch solche Worte des Herrn die Unmöglichkeit der Lehre von der ewigen Verdammnis aufgezeigt, die alle Ungläubigen unterschiedslos unter ein und dasselbe Urteil bringt. Demnach bliebe ja des Herrn Prophezeiung von erträglicheren und übermäßigeren Urteilen unerfüllt!

Ein weiteres Wort über das Endgericht, welches sich auch wieder auf Dan 12:2 aufbaut, redet der Herr Joh 5:28.29. „Staunet nicht über dies, da eine Stunde kommt, in welcher alle, die in den Gräbern sind, hören werden Seine (Christi) Stimme, und es werden hervorgehen, die das Gute getan, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Schlechte verübten, zur Auferstehung des Gerichts.“ Er, der Sohn des Menschen ist es, der die Toten ruft; doch zuvor muss Er ihnen Leben geben, und dieses besitzt Er in Überfülle wie Sein Vater (Joh 5:26). Allein Er ist nicht nur der Auferwecker ihrer aller, sondern auch ihr Richter (Joh 5:22.27): diese Vollmacht erhielt Er vom Vater.

Das Endgericht von den Aposteln angesagt

Petrus bezeugt, Christus sei der von Gott Bezeichnete als Richter Lebendiger und Toten (Apg 10:42), so wie auch Paulus uns Christus in diesem Amt vor Augen führt (2Tim 4:1; Röm 14:9).

Weiter finden wir in der Apostelgeschichte das Endgericht in Pauli Verteidigung vor dem Landpfleger Felix mit folgenden Worten erwähnt: „... dass künftig eine Auferstehung sein wird der Gerechten wie auch der Ungerechten“ (Apg 24:15). Später hielt er sogar dem Felix das zukünftige Urteil vor, worauf dieser in Furcht geriet (Apg 24:25).

Außerdem bezeugt Paulus sogar, dass das Endgericht auch in seinem Evangelium von der Gnade Gottes enthalten sei, und zwar im Römerbrief: ... an dem Tage, wenn Gott richten wird das Verborgene der Menschen nach meinem Evangelium durch Jesum Christum“ (Röm 2:6). Paulus beschuldigt Juden wie Griechen, alle unter der Sünde zu sein (und damit auch unter dem Gericht (Röm 3:9). Dazu sagt er vorher (Röm 2:12): „... denn so viele als ohne Gesetz sündigten, werden auch ohne Gesetz umkommen (die Nationen), und so viele als in dem Gesetz sündigten, werden durch Gesetz gerichtet werden. Röm 2:14.15 befasst er sich mit den Nationen und zeigt, wie es dazu komme, dass sie gerichtet werden müssen. Weil sie nicht unter Gesetz stehen, ist es bei ihnen das Gewissen, das noch auf Recht und Unrecht reagiert. Da man aber durch die Erleuchtung und Leitung des Geistes Gottes den rechten Weg zu gehen vermag, ist die Führung allein durch das Gewissen unsicher, und erzeugt gegenseitiges Verklagen und Verteidigen. Natürlich bleibt in dem verdorbenen und unerneuerten Menschenherzen dabei so manche Sünde verborgen und kann weiterbestehen und wirksam bleiben. Da nun die Menschen in diesem Zustand sterben, ohne dass solche Sünden geregelt werden, sagt Paulus, dass bei jener großen Abrechnung Gott das verborgen Gebliebene ans Licht ziehen und richten werde (Röm 2:16).

Die Vollstreckung des Endgerichts

Ausführliches über die Vollstreckung des Endgerichtes hat Gott ganz folgerichtig in die Schriftrolle eingefügt, welche ausgesprochenen Gerichtscharakter trägt. Es ist die Enthüllung Jesu Christi (Offenbarung Johannes). In dieser Rolle ist es Offb 20, welches in wenigen, aber desto inhaltsreicheren Versen darüber aussagt (Offb 20:12-15). Dem vorangehend macht uns dieses Kapitel zuvor mit einer wichtigen Zeitangabe bekannt. Nachdem bis dahin noch nichts Bestimmtes über den Abstand gesagt war, der zwischen der Auferstehung der Gerechten und der der Ungerechten liegt, wird nun dieser Zwischenraum mit genau 1000 Jahren angegeben (Offb 20:5): „Die übrigen der Toten leben nicht, bis vollendet seien die tausend Jahre.“ Die Verse Offb 20:1-6 reden von Ereignissen, die zu Beginn des Tausendjahrreiches stattfinden. Dazu gehört die Auferstehung der Märtyrer aus der großen Drangsal, sowie aller Frommen aus Israel (Dan 12:2). Dass daran nur Israeliten teilnehmen, geht aus der Erklärung hervor, dass sie mit Christus 1000 Jahre herrschen werden, und zwar nach Offb 5:10 auf der Erde. Zum Unterschied zu dieser, welche die erste Auferstehung genannt wird, wurden ja die Glieder der Gemeinde vor der Zornesoffenbarung auferweckt und in die Himmelswelt entrückt, um dort mit Christus zu regieren. Weil das noch vor der ersten Auferstehung geschieht, nennt Eph 1:12 dieses große, die Gemeinde vollendende Ereignis „eine frühere Erwartung“.

Nochmals wird hier das gleiche bezeugt, was schon die Propheten, der Herr und die Apostel sagten, dass die Toten nicht leben, und deshalb auch nicht im Todeszustand gerichtet werden. Erst nach Vollendung der tausend Jahre, also am Abschluss des Königreiches Christi auf Erden, werden sie auferweckt. Und das ist die zuvor genannte Auferstehung der Ungerechten. Sie umfasst sämtliche Menschen, welche nicht an den früheren Auferstehungen teilhatten, d. h. solche, die nicht mit der Gemeinde Christi entrückt wurden, und auch nicht in die erste Auferstehung (für Israel und die Gottesmänner, die vor Abraham lebten) hineinkamen. In der Christenheit sieht man gewöhnlich beim Endgericht am sogenannten „jüngsten Tag“ die ganze Menschheit versammelt, da Gott angeblich die Trennung der Guten von den Bösen vornehme, worauf die einen ins ewige Leben und die anderen in die ewige Verdammnis gehen würden. Jedoch nach der Schrift findet die Auferstehung der Ungerechten zum Gericht gesondert statt, und zwar am Ende der tausend Jahre.

Darüber sagt nun Gottes Wort Folgendes: (Offb 20:12-15): „Und ich gewahrte die Toten, die Großen und die Kleinen, stehend angesichts des Thrones. Und Rollen wurden geöffnet; und eine andere Rolle ward geöffnet, die da ist des Lebens. Und es wurden gerichtet die Toten aus dem, was geschrieben ist in den Rollen, nach ihren Werken. Und es gibt das Meer die Toten her, die in ihm sind, und der Tod und das Ungewahrte geben die Toten her, die in ihren sind. Und sie werden verurteilt, ein jeglicher nach seinen Werken. Und der Tod und das Ungewahrte wurden geworfen in den See des Feuers. Dieser Tod ist der zweite - der See des Feuers. Und wenn jemand nicht ward gefunden in der Rolle des Lebens geschrieben, der ward geworfen in den See des Feuers.“ Johannes sieht die große Schar der Auferstandenen vor einem großen weißen Thron stehen. Der darauf sitzt, ist Christus. Jetzt ist die Stunde gekommen, in der Er die, welche das Schlechte verübten, zur Auferstehung zum Gericht aus den Gräbern ruft (Joh 5:28.29).

Ein Zug dieser Offenbarung verdient noch besonders erwähnt zu werden. Es ist die genaue Zeitangabe des Endgerichts im Plane Gottes. Dies ist insofern notwendig, weil die übliche Lehre in der Christenheit dafür den jüngsten, den letzten Tag angibt, was gar kein biblischer Begriff ist. Denn nach Gottes Wort findet das letzte Gericht lange vor der Vollendung statt, nämlich am Ende des Tausendjahreiches. Darauf folgt aber noch ein ganzer Äon, der der neuen Erde, genannt der Tag Gottes (2Petr 3:12). Während desselben ist Gottes Heilsplan noch in vollem Fluss und Werden. So lesen wir Offb 22:2, dass in jener Zeit die Nationen genesen werden durch die Blätter der Bäume des Lebens. Das ist auch der Beweis dafür, dass Gott im Endgericht nicht bleibende, und für die Vollendung am Ende der Äonen, gültige Gerichtszustände festlegen wird.

Die geöffneten Rollen

Gottes Wort redet von dem Endgericht als von einer regelrechten Gerichtssitzung mit Akten, in denen die Vergehen eingetragen sind. Es heißt, dass Rollen geöffnet werden und die Toten gerichtet werden, nach dem was in diesen geschrieben steht. „Tote“ heißen sie, weil sie nur in das frühere sterbliche Leben zurückgerufen werden und tatsächlich auch noch einmal sterben müssen. Es ist dies die Erfüllung von Hes 16:55; denn was dort von den Bewohnern Sodoms und Samarias gesagt ist, dass sie zurückkehren zu ihrem früheren Stande der Sterblichkeit, trifft für alle vor dem weißen Thron Stehenden zu. Hingegen werden diejenigen, die an den früheren Auferstehungen teilhaben, nicht nur auferweckt, sondern auch lebendig gemacht, d. h. sie erhalten Unsterblichkeitsleben in einem Körper, der von dem Tod nicht mehr berührt werden kann.

Zu diesen genannten Rollen wurden aber noch andere geöffnet, die da ist die Rolle des Lebens. Jeder, dessen Name nicht darin steht, wird in den See des Feuers geworfen, welches ist der zweite Tod (Offb 20:14.15). Diese Rolle hat es offenbar mit Israeliten zu tun. Wiederholt wird sie in Israels Geschichte erwähnt. Moses wünschte, aus ihr getilgt zu werden (2Mo 32:32); also wusste er, dass sein Name darin stand. Nach Offb 13:8 stehen diejenigen Israeliten, die den Antichrist anbeten, nicht in der Rolle des Lebens. Aber selbst die in der Rolle des Lebens eingetragenen sind in Gefahr, durch Ungehorsam wieder ausgetilgt zu werden. Schon der Psalmist weiß, dass es seinen ungehorsamen Volksgenossen also ergehen wird; denn er spricht über sie Folgendes aus (Ps 68:28). „Lass sie ausgelöscht werden aus der Rolle der Lebendigen“. Die Verheißung an die Überwinder (Glieder der jüdischen Gemeinden, die in der kommenden Gerichtszeit erstehen werden), dass ihr Name nicht ausgelöscht werde aus der R olle des Lebens, zeigt die Möglichkeit, dass dies durch Ungehorsam geschehen kann.

Nun könnte man folgern, weil die Rolle des Lebens auch zu dieser Gerichtssitzung herangezogen wird, stünden noch Namen solcher darin, die nicht in den zweiten Tod gehen würden. Allein das kann schon deshalb nicht sein, weil ja alle, deren Name in dieser Rolle stand, tausend Jahre zuvor an der ersten Auferstehung teilhatten und dort Unsterblichkeitsleben erhielten. Tatsächlich dient jedoch die Rolle des Lebens als erschütterndes Beweisstück nur dem einen Zweck, nämlich zu zeigen, dass der Name keines der Israeliten, die vor dem weißen Thron stehen, darin verzeichnet ist. Von manchen war er wohl schon einmal eingetragen, wurde aber leider durch Ungehorsam wieder getilgt. Somit werden diese Israeliten mit allen anderen nach ihren Werken gerichtet.

Die hier erwähnte Rolle des Lebens kommt für die Glieder der Gemeinde Christi nicht in Betracht; denn ihre Zugehörigkeit gründet sich auf Gnade allein ohne Werke (2Tim 1:9). Jedes Glied derselben wird gleich beim Glaubensanfang mit dem heiligen Geist versiegelt (Eph 1:13); und weil diese Sicherheit bis auf den Tag der Freilösung Gültigkeit hat (Eph 4:30), wird auch kein Name der dazu Gehörenden aus der Gemeinde gestrichen werden.

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