Die Folgen für Gottes Rettungswerk

Aus Bibelwissen
Version vom 19. April 2024, 14:57 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Christi Standhaftigkeit)

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"Christi Schrei am Kreuz - Sein herrlichster Lobpreis"
von M. Jaegle (1976)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Inhaltsverzeichnis
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In Bearbeitung

Christi Schrei am Kreuz

2. Die Folgen für Gottes Rettungswerk

Ganz schlimme Schäden würden dadurch entstehen, dass durch einen Notschrei Christi, als dem Retter, Er Selbst mit einem Makel behaftet worden wäre. Einen solchen müssten wir an Ihm entdecken, dem makellosen Opferlamm.

Ein makellose Opferlamm

Sehr oft ließ Gott seinem Volke sagen, dass die zum Opfer bestimmten Lämmer "makellos" und "ohne Fehl" sein mussten. Mit Christi Opfertod wurden die vielen Vorbilder der Opferlämmer erfüllt. In seinem ersten Brief (1Petr 1:19) bezeugt Petrus seinen Stammesgenossen diese Wahrheit mit dem Hinweis, dass sie losgekauft wurden mit dem kostbaren Blute Christi als eines makellosen und fleckenlosen Lammes. In Übereinstimmung mit diesem Ausspruch heißt es im Hebräerbrief (Hebr 9:14), dass Sich der Sohn durch äonischen Geist (zum Unterschied des mit Sünde behafteten Menschengeistes) Gott makellos darbrachte. Zu dieser Makellosigkeit gehörte ein durchgehend ungetrübtes Bewusstsein Seiner großen Aufgabe in der Erfüllung des Willens Gottes zum Heil der ganzen Schöpfung. Dieses Bewusstsein sollte nun dem Sohne in Seinen letzten Leidensstunden verloren gegangen sein!?

Wenn aber der Herr als der große Erfüller der auf Ihn hinweisenden Vorbilder nicht mindestens die Makellosigkeit derselben erreicht hätte, oder gar noch hinter diesen zurückgeblieben wäre, dann wären die Vorbilder hinfällig geworden, da sie durch den Herrn keine vervollständigende und sie übertreffende Erfüllung gefunden hätten. Wenn aber ein zum Opfer geführtes Lamm angefangen hätte, nach links. und rechts zu taumeln, also seine Orientierung zu verlieren, so wäre es für Gott kein fehlerloses uns zum Opfer brauchbares Lamm gewesen. Kein rechtstehender Israelite würde ein mit solchem Fehler behaftetes Lamm zum Opfer dargebracht haben; denn es wäre Gott missfällig gewesen. Noch viel weniger wäre aber der Herr mit Seinem Verzweiflungsschrei ein makelloses Opferlamm gewesen, das Gott zur Aussöhnung des Alls hätte annehmen können!

Christi vollkommener Gehorsam

Und weiter müssen wir fragen: Was würde aus Christi vollkommenem Gehorsam, wenn Ihm in der Durchführung des Ihm von Gott aufgetragenen Rettungswerkes plötzlich der Wille Gottes verdunkelt worden wäre, und Er von dieser Qual gedrungen mit einem Notschrei die Gehorsamslinie des stillen Dulders verlassen oder auch nur unterbrochen hätte?

In Phil 2:8 bezeugt die Schrift dem Sohn Gottes, dass Er gehorsam war bis zum Tode des Kreuzes. Voraussetzung für diesen vollkommenen Gehorsam war des Sohnes unverdunkeltes Wissen. um des Vaters Willen, besonders während der sechs Kreuzesstunden. Würde es nun in des Vaters Willen gelegen haben, Seinen Sohn am Kreuz zu verlassen, weshalb hätte Er Ihn dieses größte. und schwerste aller Leiden nicht vorher wissen lassen? Nur dann hätte Er Sich darauf vorbereiten können, um auch dieses Leiden in willigem Gehorsam zu tragen. Aber nun hätte Gott plötzlich den schwersten Gehorsamsakt von Ihm verlangt, ohne Ihm die Möglichkeit zu geben? Würde es aber stimmen, dass Er, Gott, In doch. unvorbereitet verlassen habe, so hätte Er Seinem geliebten Sohn in der schwersten Stunde Seinen bisher ununterbrochen gewährten Beistand plötzlich versagt! Damit aber, dass Gott dann nicht einmal auf Seinen Frageschrei die verlangte Antwort gegeben hätte, wäre dem Sohn überhaupt die Möglichkeit entzogen worden, auf den Willen des Vaters einzugehen und diesen im Gehorsam zu erfüllen!

Unter diesen Umständen wäre auch Hebr 5:8 hinfällig geworden, wo es heißt, dass der Sohn Gottes den Gehorsam lernte durch das, was Er litt! Sein Notschrei wäre zum Beweis geworden, dass Sein Lernen des Gehorsams unterbrochen worden und mit samt Seinem Gehorsam unvollständig geblieben wäre!

Nun hat aber der Herr in Joh 4:34 bezeugt: "... Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet und vollende Sein Werk." Nach diesem Wort war des Herrn ganzer Gehorsam darauf eingestellt, des Vaters Villen in allem zu erfüllen! Wäre also der Herr plötzlich und unerwartete vom Vater verlassen gewesen, so hätte Er in Seinem vorbildlichen Gehorsam sofort auch das Verlassenwerden als des Vaters Willen erkannt und Sich sogleich darauf eingestellt, d.h. des Vaters Willen erfüllt. Niemals hätte Er Sich aber dann in einer fragwürdigen, ratlosen und deshalb notvollen lage Gesehen und dies außerdem noch öffentlich zum Vater geschrieen!

Das Einssein des Sohnes und des Vaters

Wie sehr Vater und Sohn in allem eins waren, spricht der Sohn mit den kurzen Worten aus: "Ich und der Vater sind eins" (Joh 10:30). Was aber wäre aus diesem Einssein geworden, hätte Sich der Vater von Seinem Sohn jäh, ohne Grundangabe und unerwartet, abgewandt? Dann wäre dieses vom Sohn gerühmte Einssein grausam zerstört worden. Und wie wäre diese Handlungsweise Gottes mit des Herrn Bitte im hohenpriesterlichen Gebet vereinbar, wo Er Seinen himmlischen Vater um das Einssein Seiner Jünger ersucht - so wie Er. und Sein Vater eins sind? Und mit welch eindringlichen Worten stellt Er Seinen Jüngern wiederholt das vorbildliche Einssein mit Seinem Vater die Augen (Joh 17:11, Joh 17:21-23)! Hätte nun Gott Seinen Sohn am Kreuz verlassen, so wäre dieses höchste Vorbild aufgehoben worden und nicht länger nachahmenswert gewesen. d. Auch wäre das in Vers 21 aufgezeigte Ziel: "... auf dass die Welt glaube, dass Du Mich ausschickst", durch das Zeugnis gegenseitigen Uneinsseinshinfällig geworden; denn es wäre für die schwachen Jünger fortan unerreichbar geworden, da ja Got tSelbst dieses vom Sohn geoffenbarte Einssein gebrochen hätte. Des Herrn Bitte um das Einssein wäre eine vergebliche und unerfüllte geblieben. Der Jünger Vertrauen wäre aufs schwerste erschüttert gewesen. Dies umso mehr, als der Herr ihnen vorher verheißen hatte: "... denn was ihr auch bitten solltet den Vater in Meinem Namen, wird Er euch geben" (Joh 15:16; Joh 16:24.26). Inhaltslos und hinfällig wäre auch diese Verheißung des Herrn geworden, hätte Gott. hernach am Kreuz Seinen Sohn verlassen und das Einssein mit Ihm gebrochen.

Anstelle der bisherigen vollkommenen Übereinstimmung zwischen Vater und Sohn wäre ein für den Sohn und für uns unerklärliche Spaltung getreten. Es sind zwar viele Auslegungen verfasst worden, die die Gottverlassenheit des Sohnes mit ansprechenden Argumenten zu deuten suchen. - Sie alle können aber nicht überzeugen, weil sie nicht mit unwiderlegbaren, eindeutigen Schriftworten unterbaut sind und gar den diesbezüglichen buchstäblichen Aussagen Jesu widersprechen. Denn hätte der Vater so am Sohn. gehandelt d.h. Ihn plötzlich im Stich gelassen, so wäre es begreiflich, dass Ihn der Sohn nicht mehr verstanden hätte. Der Beweis dieser Katastrophe wäre Sein lauter Schrei der Gottverlassenheit gewesen. Würde in der Tat Gott als Auftraggeber einen solchen zeitweiligen Bruch zwischen Ihm und dem Sohne als Ausführendem verursacht haben, so hätte sich dieser Zwiespalt schädigend im Erlösungswerk ausgewirkt. Gott aber sei Dank, dass Sein Einssein mit Seinem Sohn ungebrochen in makelloser Harmonie und Vollkommenheit dasteht, wie auch das vollbrachte Erlösungswerk Seines Sohnes!

Eine weitere und wichtige Heilswahrheit aus Christi Leben ist Christi Selbsthingabe.

Christi Selbsthingabe

Diese Selbsthingabe gehört zum Fundament der Erlösung. Wie bedeutend und wertvoll sie in den Augen Gottes ist, beweist ihr öfteres Hervorheben in der Heiligen Schrift.

Jesus Selbst bezeugt sie im Gleichnis vom guten Hirten mit den Worten in Joh 10:11: "Ich bin der edle Hirte. Der edle Hirte legt Seine Seele hin für die Schafe." Noch deutlicher hebt Er hervor: "Deshalb liebt Mich der Vater, da Ich Meine Seele hinlege, auf dass Ich sie wieder nehme. Niemand nimmt sie von Mir, sondern Ich lege sie hin von Mir Selber. Vollmacht habe Ich, sie wieder zu nehmen. Dieses Gebot erhielt Ich auch von Meinem Vater."

Christi Seele-Hinlegen und Wiedernehmen

Um Fehldeutungen auszuschließen, diene uns vorerst der Hinweis, dass der Herr mit dem "Seele-Hinlegen" und "Wiedernehmen Seiner Seele" nicht Sein "Leben" meinte, welches Er in den Tod gab, um es Sich hernach wieder Selbst. zu nehmen; denn damit wäre die vielfach bezeugte Wahrheit von der Auferstehung Christi durch Seinen Gott zunichte gemacht worden. Auch bestünde ein unvereinbarer Widerspruch zwischen den diesbezüglichen Aussagen in der Heiligen Schrift (Joh 10:17-18)

Dieses Thema zeigt uns erneut die dringliche Notwendigkeit einer wortgetreuen Übersetzung. Denn bei Christi Selbsthingabe steht die Leiden empfindende Seele im Vordergrund und nicht das Leben des Herrn! Im griechischen Urtext stehen für beide verschiedene Wörter, und zwar: "zoe" für "Leben" und "psyche" für "Seele".

Dementsprechend haben sie auch unterschiedliche Bestimmungen für den menschlichen Körper. "Leben" entsteht und wird erhalten durch die Wirksamkeit und Betätigung des Geistes. "Seele" bezeichnet dagegen das Lebensbewusstsein und bezieht sich auf die im Leben erfahrenen Empfindungen, die sich u.a. in Wohlbefinden oder Schmerz, Freude und Leid äußern. Diese Unterschiede werden in den landläufigen Übersetzungen nicht beachtet. In ihnen werden durchgängig beide Bezeichnungen vermengt! Bei den infrage kommenden Aussprüchen ist das der Fall. In ihnen wird "Seele" mit "Leben" übersetzt.

Wenn es nun heißt, dass Jesus als der gute Hirte das "Leben" für die Schafe lässt, so denkt der Leser zweifelsohne an Seinen Tod. Diese irrige Übersetzung wird aber dadurch offenbar, dass sie ein. unlösbare Frage aufwirft wegen der angeblichen Vollmacht des: "Sein Leben wieder. zu nehmen: (Joh 10:17-18). Denn der Herr konnte Sich im Todeszustand Sein Leben nicht Selbst wieder nehmen! Vielmehr musste Er bis zum dritten Tage warten, bis Ihn der Vater nach den Heiligen Schriften auferweckte und Ihm ein neues unauflösliches Leben gab!

Wo nun in seltenen Wiedergaben für die betreffenden Aussprüche das Urtextwort richtig übersetzt wurde, entsteht kein solches Problem, weil es dann nicht um den Gegensatz zwischen Leben und Tod, sondern um den mit Seinem Dienen verbundenen und letztlich bis zum Tode führenden Leidensweg des Herrn geht. Darum steht auch hier nicht das geistgewirkte Leben, sondern die Seele im Blickfeld; ebenso wie Jes 53, wo uns mit erschütternden Worten der zum Tod führende Leidensweg des Herrn als Mann der Schmerzen aufgezeichnet ist. Auch da wird die Selbsthingabe des Herrn im Zusammenhang mit der Seele in den Versen Jes 53:4a und Jes 53:11b zweimal herausgestellt.

Es ist die Seele, welche Mühsal empfindet (Jes 53:11), so dass man sagen kann, dass Sein dreijähriger öffentlicher Dienst für Seine "Seele" ein ununterbrochener, schmerzlicher Leidensweg war. Auch Paulus bezeugt mit seiner Aussage in Apg 20:24, dass die Seele solche Leiden durchzukosten hat: "Jedoch von nicht der einem habe ich ein Wort, noch mache ich mir selber die Seele kostbar, bis ich vollende meinen Lauf und den Dienst, den ich erhielt von dem Herrn Jesu, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes." Wenn Paulus sagt, bis zur Vollendung seines Laufs mache er sich "seine Seele" nicht kostbar, so meint er damit das willige Aufnehmen all der ihm vom Herrn in Apg 9:16 angesagten Drangsale und Nöte, die seine Seele zu durchleiden habe.

Mit diesem paulinischen Zeugnis stimmt auch überein, was Gottes Wort von den Überwindern in Offb 12:11 sagt: "... sie lieben ihre Seele nicht bis in den Tod."

So hat auch der Herr mit dem Hinlegen Seiner Seele auf Seine Leiden hingewiesen. Was Er in Mt 10:39; Mt 16:25; Mk 8:35; Lk 9:24; Lk 14:26b; Lk 17:33 und Joh 12:25, vom Umbringen, Hassen und Lieben der Seele sagt, hat Er Selbst mit dem Hinlegen Seiner Seele vollkommen ausgeführt (Mt 26:39.42b; Mk 14:36b; Lk 22:42b).

Christi Vollmacht

Überdies macht der Herr in Beziehung des freiwilligen Hinlegens Seiner Seele noch eine andere Wahrheit mit den Worten kund, Er habe vom Vater die Vollmacht erhalten, Seine hingelegte Seele wieder zu nehmen, d.h. Gott habe es Ihm freigestellt, Sich jederzeit diesen freiwillig Sich aufgebürdeten Leidens zu entziehen! Als Jesus in jene Nacht des schweren Kampfes in Gethsemane geführt wurde, besaß Er noch immer die Vollmacht des Vaters, mit Seinem Einverständnis Seine bereits in den Tod gegebene Seele wieder zu nehmen. Doch der Sohn tat es auch hier wieder nicht! "Nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!" war des Sohnes Gehorsamswort.

Wie sehr der Vater bereit gewesen wäre, Ihm diese Bitte zu erfüllen, bezeugte der Sohn in Mt 26:53. Wir dürfen dazu wohl sagen, dass Er diese Vollmacht bis z um letzten Atemzug besaß. und tatsächlich noch vom Kreuz hätte herabsteigen können - wie es Ihm übrigens die Pharisäer höhnend vorschlugen (Mt 27:40). Diese Vollmacht hatte mit Seinem Tode aufgehört und ihre Gültigkeit verloren; denn nachdem Er Seine Seele in den Tod dahingegeben hatte, konnte Er sie Sich nicht mehr Selbst nehmen. Vo da an nahm der Vater für Seinen Sohn alles in Seine Hand. Er erweckte Dessen Seele am dritten Tage in der Auferstehung (Apg 2:27).

Des Vaters Vertrauen in den Sohn

Die Frage: "Hat Gott Seinem Sohn Vollmacht zum Wiedernehmen Seiner Seele in der Erwartung gegeben, dass Er sie in den schwersten Leidensprüfungen doch noch gebrauche?" können wir nur mit einem entschiedenen "Nein" beantworten. Des Sohnes unverbrüchliches "Ja" (Ps 40:7-8) zu des Vaters Vorherbestimmung (1Petr 1:20) war für den Vater die allersicherste Gewähr, dass Sein Sohn auch ohne jedes Zurückweichen das größte Opfer bringen werde. Vielmehr hat uns Jesus Seine vollmacht zum Wiedernehmen der Seele zur Rechtfertigung Seines Sohnes geoffenbart, um uns zu zeigen, dass Er Ihm Seine schwere Aufgabe nicht unwiderruflich und unabänderlich zudiktiert hat, sondern Ihm während der ganzen Zeit Seines Leidens einen Seine Seele befreienden Ausweg offenhielt!

Aber gerade weil Er diesen Ausweg hatte, ihn jedoch unbenutzt ließ, ersteht die Freiwilligkeit Seines schweren Opfers umso erhabener vor uns. Sein Leidensweg und ganz besonders die am Kreuz ausgestandenen Qualen waren unsagbar schwer. Er erduldete sie alle ohne jedes Zurückweichen. Aber noch qualvoller, ja für Ihn unerträglich wäre es gewesen, die Ihm vom Vater offen gehaltene Wiedernahme der Seele zu benutzen. Es war Ihm vollbewusst, dass Er damit die Versöhnung der Welt nicht vollbracht hätte!

Das "Hinlegen Seiner Seele" ist eine überaus eindrucksvolle Sprachfigur für die Dahingabe Seiner Seele bis in den Tod (Jes 53:12). Sie enthüllt uns Seine Leiden in ihrer ganzen Tiefe. Diese werden noch erhöht auf dem dunklen Hintergrund von Petri Zurückweichen und der Verleugnung seines Herrn, der vordem zu Jesus sagte: "Meine Seele werde ich hinlegen für Dich! (Joh 13:37-38). Nach Jes 53:11 litt Jesu Seele Mühsal, denn während der ganzen sechs Kreuzesstunden war Sein Blut - in welchem die Seele ist (3Mo 17:14) - in Ihm. Erst nach Seinem Sieg und Tod floss es durch den Lanzenstich aus Seinem Körper (Joh 19:34). Ja, nur mit Christi am Kreuz vergossenem Blut hat Gott Frieden gemacht und das All ausgesöhnt (Kol 1:20).

Die Macht der Liebe Gottes im Sohn

Was Ihm aber Gott für diese schwere Aufgabe mitgab, war Seine Liebe zum Sohn (Joh 3:35; Joh 15:9; Joh 17:26), mit der Er dann Seinen Vater und das gesamte All liebte. Kraft dieser Liebe schüttete Er Seine Seele auch freiwillig in den Tod, "ohne sie wiederzunehmen". Und weil Er dies tat, hat Ihn der Vater noch umso mehr geleibt (Joh 10:17).

In dieser Ihn erfüllenden Doppelliebe (der zum Vater und der zu allen Geschöpfen) fand Er die Kraft zum Durchhalten im Gehorsam bis zum schmachvollen Tode des Kreuzes. Dabei war es Sein unverrückbares Ziel, alles zu erdulden, "auf dass die Schriften erfüllt würden"!

Christis Selbsthingabe ist eine einzigartige Offenbarung der Liebe Gottes, welche Ihm noch die hingebende Huldigung all Seiner Geschöpfe einbringen wird. Nicht umsonst schreibt Johannes in seinem ersten brief: "In diesem haben wir erkannt die Liebe, dass Derselbige Seine Seele für uns niederlegte. Und auch wir sollen für die Brüder die Seelen niederlegen." (1Jo 3:16). Dieser Nachsatz heißt mit anderen Worten: Der Erweis der Echtheit unserer Liebe. zu den Geschwistern wird in der Bereitschaft im Ertragen von Leiden für die anderen erbracht, so wie es unser Herr vorbildlich getan hat.

Christi freiwillige Dahingabe - eine Verherrlichung Gottes

Wie wohlgefällig und erquickend für Gott Christi freiwillige Dahingabe Seiner Seele war, hat Er uns mit der oftmals wiederholten Niederschrift dieses Sohnesgehorsams in Seiner Heiligen Schrift kundgemacht. Vernehmen wir im Folgenden diese Aussprüche:

Gal 1:4: "...Der Sich Selbst für unsere Sünden gibt ..."
Gal 2:20: "...der Sich Selbst für mit dahingibt..."
Eph 5:2: "...der Sich Selbst für uns dahingibt..."
Eph 5:25: "...der Sich Selbst dahingibt für sie ..."
Phil 2:7: "... der Sich Selber entäußert..."
Phil 2:8: "...der sich Selber erniedrigt..."
1Tim 2:6: "... der Sich selbst zu einem Ersatz-Lösegeld gibt..."
Tit 2:14: "... der Sich Selbst für uns gegeben..."
Hebr 7:27: "... der sich Selbst darbringt..."
Hebr 9:14: "... der Sich Selber darbringt ..."

Aus der so auffällig wiederholten "Selbsthingabe des Sohnes" und der von Ihm nie gebrauchten Vollmacht, Seine Seele den Leiden zu entziehen, erkennen wir, dass Gott eine besondere Absicht verfolgte. Unverkennbar will Er uns Gläubigen einprägen, dass Sein Sohn völlig freiwillig und ungezwungen alle Seine schweren Leiden. um unserer Errettung willen auf Sich nahm, und wir diese Wahrheit mit der sich darin offenbarenden selbstlosen Liebe umumstösslich und unverlierbar festhalten und in dankbarer Gegenliebe erwidern sollen.

Gott hat den Sohn nicht verlassen

Was wäre geschehen, wenn der Vater Seinen Sohn plötzlich verlassen hätte, und zwar ausgerechnet als Er dort, am Kreuz, die schwersten Leiden aushielt und von der Ihm gegebenen Vollmacht,Sich dieser Pein zu entziehen, keinen Gebrauch machte? Dann hätte Er aber zumindest einen Schrei des notvollen Erstaunens ausgestoßen! Damit wäre offenbar geworden, dass Er Sich wohl für alles andere - aber nicht für dieses letzte, die Gottverlassenheit, hingegeben hätte! Wenn Er Tatsächlich von Gott verlassen worden wäre, so hätte Er Seine Not über Gottes Handeln an Ihm nie mit einem Gott fragenden, lauten Schrei der Öffentlichkeit preisgegeben!

Mit Seiner entschiedenen Selbsthingabe hatte der Herr doch bis dahin Seinen festen und unerschütterlichen Entschluss zum Ausdruck gebracht, auch restlos alle über Ihn kommenden Leiden willig und siegesbewusst zu tragen. Er hätte also als übermenschlicher Überwinder auch die Gottverlassenheit erduldet und nicht einen Notschrei als Zeichen einer untragbaren Last ausgestoßen. Aber dies alles brauchte Er ja gar nicht zu überstehen, denn der Vater hatte Ihn nicht verlassen.

Des Vaters Vertrauen in Seinen Sohn

Wie tief des himmlischen Vaters Vertrauen in Seinen Sohn betreffs Erfüllung Seines Vorsatzes der Rettung aller Seiner Geschöpfe war, tat der Sohn etliche Male kund. So lesen wir in Mt 11:27: "Alles ward Mir übergeben von Meinem Vater..." Dann in Joh 3:35: "Der Vater liebt den Sohn und alles hat Er gegeben in Seine Hand." Und in Joh 13:3: "Da Jesus wusste, dass der Vater alles in Seine Hände gegeben hatte, und dass Er von Gott ausging und zu Gott hingeht..." Mit Joh 6:39 bezeugt der Herr, welchen Abschluss Sein Erlösungswerk nach des Vaters Willen haben muss: "Nicht eins dar Er verlieren!"

Ganz ähnlich hat Paulus den Willen Gottes geoffenbart, wenn er in 1Tim 2:4 schreibt: "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." Auch hier bringt Gott Seinen absolut unbeugsamen Willen zum Ausdruck: Mein Sohn darf keinen Menschen ungerettet lassen!

Wie sehr der Herr darauf bedacht war, des Vaters Willen in allem zu erfüllen, hat Er mit Seinem Ausspruch bekundet (Joh 4:34): "Meine Speise ist die, dass Ich tue den Willen Dessen, der Mich sendet."

Die Erfüllung des Retterwillens Gottes

war demnach Zweck und Ziel des ganzen Lebens des Sohnes!

Noch triumphierender spricht der Herr in Joh 17:4: "Ich verherrliche Dich auf der Erde, das Werk vollendend, das Du Mir gegeben hast, auf dass Ich es tue." Aufgrund des vollkommenen Werkes Seines Sohnes lässt nun Gott den Apostel Paulus in 1Tim 4:10 schreiben, dass Er der Retter aller Menschen ist. Diese Aufforderung, diese Wahrheit zu lehren (V. 11) hört sich an wie ein göttliches Werben und Bitten: Schenkt doch Meinem Sohn dasselbe Vertrauen wie auch Ich; Er (Mein Sohn) wird nicht eines von dem verlieren, das Ich Ihm übergeben habe!

Aufgrund dieser göttlichen Aussprüche vermögen wir noch einen weiteren kostbaren Heilsgedanken in Christi Lobpreis und Seinem Siegesruf: "Es ist vollbracht!" zu erkennen. Er hat Seinem Vater kundgemacht: Ich habe Meine Gehorsamstat so vollkommen ausgeführt, dass auch kein einziges Geschöpf ungerettet bleibt! Alles sind restlos zum Vaterherzen Gottes zurückgebracht!

Gott hat, nach den angeführten Bibelstellen, Seinem Sohn das All übergeben, bevor Dieser die Rettungstat für alle vollbracht hatte. Damit hat Gott vor aller Welt bezeugt, dass Er im voraus in jeder Hinsicht der vollkommenen Erlösungstat Seines Sohnes gewiss war. Und erst recht muss eine ungeschmälerte Glückseligkeit Gottes Vaterherz erfüllt haben, ob des dann vollbrachten Sieges Seines Sohnes!

An dieser unsagbar großen Glückseligkeit lässt Gott heute schon alle die teilnehmen, welche un geschmälert den Verheißungen glauben, dass Gott durch Christi Kreuzestat noch alle Menschen retten, ja sogar das gesamte All mit Sich aussöhnen wird!

Da nun der Sohn. um des Vaters Übergabe des Universums an Ihn wusste und erkannt hatte, dass Er dementsprechend eine vollkommene Erlösungstat für das gesamt All vollbracht hat, ist es doch unmöglich anzunehmen, dass Er über die glorreiche Vollendung in der Allaussöhnung im unklaren geblieben wäre. Vielmehr erfüllte vor allem auch das Größte Sein bis hierher ungetrübtes Wissensgut: Ein ausgesöhntes All am Vaterherzen Gottes durch Sein am Kreuz vergossenes Blut!

Kein Leiden konnte und durfte Ihm das Wissen um das Herrlichkeitsziel Seines Erlösungswerkes verdunkeln oder gar rauben!

Doch nun sagt der Herr in Joh 17:12 von Judas: "Niemand von den Jüngern ging unter außer dem Sohn des Untergangs (Judas)..." Damit spricht der Herr ab er keineswegs ein endloses bzw. endgültiges Gerichtsurteil über ihn aus, und dies auch nicht durch das "Wehe" in Lk 22:22. Einem solchen Gedanken hat der Herr allen Grund und Boden entzogen mit der Aussage in Joh 6:39, dass Er nach dem Willen des Vaters auch nicht eins- also auch nicht Judas endgültig verlieren werde!

Wie sehr dem Herrn die Rettung Seines Verräters am Herzen lag, hat Er dann am Kreuz mit Seiner Bitte zum Vater bezeugt, Er möge Seinen Mördern vergeben. Und. zu diesen gehörte auch Judas. Dies bestätigend, ließ Gott in 1Tim 4:9 niederschreiben, dass Er der Retter aller Menschen ist, also auch des Judas.

Bedenken wir doch auch, dass Gott schon mit Weissagungen im A. T. den Judas für diese Tat vorherbestimmt hatte. Jesus zitiert (Joh 13:18) eine solche in Ps 41:9-10 gegebene Weissagung mit dem Hinweis, dass sich auch diese Schrift erfüllen muss. Darum entspricht die dem Judas nach dem erduldeten Wehe-Grericht werdende endliche Rettung sowohl Gottes Gerechtigkeit als auch Seiner Liebe. Beide würden aber verdunkelt, bliebe Judas für immer im Gericht.

Dieser göttliche, durch Christi Selbsthingabe gesicherte Abschluss Seines Liebesrates wäre aber bis in sein Wurzelgebiet erschüttert und unvollständig erfüllt worden, hätte Gott Seinen Sohn verlassen und Ihn damit in eine hoffnungslose Lage gestürzt. Denn mit einem Rückzug und Abwenden vom Sohn hätte Gott ja auch offensichtlich Sein in Ihn gesetztes Vertrauen zurückgenommen, und dies selbst, wenn es auch nur zeitweilig geschehen wäre.

Aber die verhängnisvollen Folgen eines Notschreies reichen noch weiter. Eine solche wird offenbar im Licht der alles tragenden Liebe.

Die alles tragende Liebe

Von dieser Liebe, die alles trägt, schreibt Paulus in 1Kor 13: "Sie, die nicht das Ihre sucht (1Kor 13:5), alles aushält - alles erduldet (1Kor 13:7)" Das wird gesagt von der Liebe Gottes im Sohn, die da ist in Christi Jesu, unserem Herrn! (Röm 8:39). Diese göttliche Tatsache zu offenbaren war nun Christi Auftrag am Kreuz. Er sollte zur Schau stellen, dass die Liebe Gottes alles zu ertragen und alles zu erdulden vermag. Zu dem Ausruf, dass Er von Seinem Vater verlassen sei, hätte der Sohn demnach bezeugen müssen, dass Er in Seiner Liebe zu Gott und zur ganzen Schöpfung auch dieses Verlassensein in der Kraft dieser Liebe in willigem Gehorsam zu ertragen und zu erdulden vermag. Aber mit einem Notschrei hätte Er das Gegenteil bezeugt, nämlich, dass die Liebe Gottes in Ihm doch nicht alles zu ertragen und zu erdulden vermocht hätte.

Der Vater hätte demnach dem Sohn zu viel zugemutet. Er hätte Ihm eine Aufgabe gestellt, die Dessen innere Kraft überstieg. Der Sohn hätte nicht vermocht, den Kelch, den der Vater nicht an Ihm vorübergehen ließ, bis zur Neige zu trinken (Mk 14:35).

Da Chrsitus durch den Geist Gottes gezeugt war und daher Gottes Geist in Ihm war, so wäre letztlich Christi Notschrei ein Versagen des Geistes Gottes gewesen.

Nun hatte der Sohn zuvor sechsmal bezeugt, dass Gott Ihn liebe (Joh 3:35; Joh 10:17; Joh 15:9; Joh 17:23-24 und 26). Wäre aber Gott angesichts der auf den Sohn gelegten Sündenlast wie ein feind von Seinem Sohn zurückgewichen, Ihn daher in Seiner höchsten Not allein lassend, so wäre Er Seinem Liebesversprechen untreu geworden. Er hätte dadurch auch den Sohn nicht mehr mit der Ihm auferlegten Sündenlast getragen und diese Last wäre wieder auf Gott Selbst zurückgefallen. Denn Er hatte sie ja zuvor nach Röm 3:25 - "um des Hinweggehens willen in Seiner Tragkraft über die vormals geschehen Sünden" - Selbst getragen! Das aber hätte den totalen Zusammenbruch des Sohnes nach sich gezogen, ganz zu schweigen von einer solchen für Gott Selbst ganz unmöglichen Situation!

Christi Standhaftigkeit

In 1Kor 16:13 und Eph 3:16 bittet der Apostel um Standhaftigkeit für alle Heiligen. Wie viel mehr ist diese Standhaftigkeit Dem zu eigen, von Dem die Schrift (Lk 2:40) sagt, dass Er durch Gottes Geist von Jugend auf standhaft gemacht wurde.

Wie unsagbar weit würde nun der Herr Selbst von diesem uns aufgezeigten und vorgestecktem Ziel zurückweichen, wenn Er am Kreuz Seine Standhaftigkeit und damit "das Gehaltenwerden durch Gottes Geist verloren hätte"! Denn Standhaftigkeit heißt im Urtext auch "Gehaltenwerden" (Siehe konkord. Stichwortkonkordanz Seite 579 "standhaft" und Seite 475 "halten und fassen").

Hätte als Gott Seinen Sohn nicht ununterbrochen durch Seinen Geist am Kreuz gehalten, dann wäre Christi Ruf der Gottverlassenheit tatsächlich berechtigt gewesen.

Im Glauben beharren

Eine weitere Folge des Schreies Christi vermögen wir an der Gott uns in Kol 1:23 gegebenen Ermahnung zu erkennen, im Glauben zu beharren, um nicht vom Erwartungsgut des Evangeliums fortbewegt zu werden. Dieses Erwartungsgut: Unser "Beim Herrn-Sein" in des Himmels Herrlichkeit mit unserem dortigen Dienst, hat uns der Herr am Kreuz erworben. Aber auch in diesem Erwerben steht wieder die gähnende Lücke in Seinem Erlösungswerk vor uns. Wieder müssten wir das unfassbare Bild sehen: Mit dem, was Er zu seinem Vater geschrieen hätte, wäre Er Selbst aus dem Beharren im Glauben gefallen und fortbewegt worden von Seinem Erwartungsgut. Sein Erwartungsgut ist aber das gesamt von Ihm erlöste All, welches Ihm Gott nach Hebr 1:2 als Losteil bereithält. Da Er aber am Kreuz in eine Situation geraten wäre, in der er nicht mehr aus noch ein gewusst hätte, so hätte Er dort Sein Erwartungsgut aus den Augen verloren.

Nun heißt es aber in Hebr 10:23:

"Wir sollten nun das Bekenntnis u nserer Erwartung festhalten ohne Wanken; denn glaubwürdig ist Er, der verheißt!" Hier, am Kreuz, müssten wir aber den Herrn Selbst wankend sehen!

Kein Zurückweichen Christi