Die Apostelgeschichte Kapitel 26

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Abschrift Apostelgeschichte in täglichen Andachten Band I - VI
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

26. Die Apostelgeschichte Kapitel 26

Rede des Paulus vor Festus und Agrippa

Rede des Paulus vor Festus und Agrippa

Apg 26:1

„Agrippa sagte darauf mit Nachdruck zu Paulus: Es ist dir gestattet, über dich selbst auszusagen! Dann streckte Paulus die Hand aus und verteidigte sich:“

Es ist fast schon Ironie: Der in Sünde, Lasterhaftigkeit und Selbstsucht lebende König Agrippa gestattet dem Apostel Christi Jesu, zu reden – und oberflächlich gesehen scheint es wirklich so, als ob der Ton über den Töpfer bestimmt – doch es ist nur der Schein! Ein Blick in Röm 9:18-24 zeigt uns die wahre Dimension: Hat der Töpfer nicht jegliche Vollmacht über den Ton? Kann er nicht Gefäße zur Ehre, wie auch zur Unehre herstellen?

Und dann lesen wir noch in Röm 9:22-23, wie Gott gerade die Gefäße des Zorns mit viel Geduld trägt, um zugleich den Reichtum Seiner Herrlichkeit an den Gefäßen des Erbarmens bekannt zu machen, die Er zur Herrlichkeit vorherbereitet hat – uns, die Er auch beruft…! In diesem Sinn darf Agrippa sich so großzügig erzeigen, Paulus reden zu lassen! An dem Gefäß der Unehre (und so wollen wir den König Agrippa auch sehen), welches Gott mit viel Geduld trägt, macht Gott zugleich den Reichtum Seiner Herrlichkeit bekannt! Zu Recht fragen wir uns hier: Wie denn?

Bedenken wir einmal Folgendes, liebe Geschwister: Wie kam Paulus überhaupt vor Agrippa? In Apg 9:15 war ihm ja verheißen, Seinen Namen vor die Augen der Nationen wie auch der Könige und der Söhne Israels zu tragen; nun stand Paulus vor dem König Agrippa, vor dem römischen Statthalter, sowie vor allen höfischen Standespersonen mit Rang und Namen. Und die Tür zu dieser Möglichkeit öffnete ihm eindeutig das abtrünnige Israel, das unter der Herrschaft eines lasterhaften Königs stand (der wiederum nur unter der starken Hand Roms regieren durfte). Der Reichtum der Herrlichkeit Gottes erzeigte sich aber nicht in äußerem Prunk wie bei Agrippa, sondern in der Enthüllung herrlichster Geheimnisse, die Er Seinem Apostel auf Grund seiner Gebundenheit offenbaren konnte! „Selbst der Grimm des Menschen wird Dir huldigen“ (Psalm 76:11) … wie trefflich vorhergesagt!

Apg 26:2-3

„Ich erachte mich für glücklich, König Agrippa, dass ich mich heute anschicken darf, mich wegen aller Taten, derer ich von den Juden bezichtigt werde, vor dir zu verteidigen, vor allem, weil du ein Kenner aller Sitten unter den Juden bist, wie auch über ihre Streitfragen Bescheid weißt. Darum flehe ich dich an, mich geduldig anzuhören.“

Vielleicht müssen wir uns die damalige Lage einmal ganz realistisch vor Augen führen: Auf der einen Seite alle hochgestellten Persönlichkeiten der Stadt Cäsarea, sicherlich in ihren besten Kleidern, samt einem König in großem Gepränge – auf der anderen Seite ein Häftling, der schon über zwei Jahre in Ketten gebunden war, in armseliger Kleidung, kaum körperlich gepflegt … welch ein Gegensatz und welch eine Situation für Paulus! Vielleicht darf uns schon dieser Blick in die damaligen Gegebenheiten zusprechen: Gottes Herrlichkeit zeigt sich (noch) nicht in sichtbarer Pracht, sondern im Unsichtbaren, im Geist und in unseren Herzen. Es ist das ganz stille „erquickt werden“ in uns durch Sein kraftvolles niedergeschriebenes Wort! Und dazu bedarf es keines Reichtums, keines menschlichen Ansehens, keiner Schulbildung, sondern einzig und allein ein geöffnetes Herz! Es ist Sein Geist, der uns Tag für Tag lenkt und kräftigt!

Paulus spricht in unserem Leitvers Agrippa ganz persönlich an; er weiß, dass nur der König, der mit den jüdischen Gebräuchen vertraut war, ihn verstehen könnte. War das eine letzte Chance für Israel?

Lassen wir uns noch einmal daran erinnern, dass Paulus hier auf jüdischem Boden zum letzten Mal Zeugnis vom Tod und von der Auferstehung Jesu geben konnte – danach erfolgte seine Überfahrt nach Rom.

Für uns ergibt sich somit die spannende Frage: Wie verhält sich der König Agrippa! Doch hören wir zuvor die Verteidigungsrede unseres Apostels!

Apg 26:4

Wie nun meine Lebensführung von Jugend auf in meiner Nation, und zwar in Jerusalem, von Anfang an verlaufen ist, wissen alle Juden, die mich von früher her kennen.“

Paulus spricht zwar in Vers 2b von „verteidigen“, doch war seine Rede, die wir jetzt vor uns haben, alles andere als eine Verteidigung – sie war vielmehr ein wuchtiges Zeugnis für seinen Herrn! Dreimal finden wir in der Apostelgeschichte eine ausführliche Darstellung seiner Berufung, einmal in Apg 9, das zweite Mal in Apg 22, und jetzt, vor dem König Agrippa, hören wir sie zum dritten Mal – und mancher fragt sich: Wird das nicht langweilig? Vielleicht versuchen wir dieses Zeugnis so zu verstehen, dass es an die vorherigen zwei Berichte anknüpft! Dabei wollen wir vorab auf den Kernpunkt seines Berichtes weisen, nämlich die Hoffnung der Verheißung, die den Vätern Israels von Gott gegeben wurde und die in dem Jesus von Nazareth ihre Erfüllung gefunden hat. Damit ist für uns alle klar, dass wir auf „messianischem Boden“ stehen, also auf den Verheißungen des irdischen Königreichs. Etwas anderes hätte König Agrippa ja auch überhaupt nicht verstanden!

Paulus spricht als Erstes von seiner Lebensführung von Jugend an, was auch uns Gelegenheit gibt, einmal Rückblick zu halten, und unsere eigene Lebensführung zu sehen. Tatsache ist, dass jeder Einzelne von uns nach Eph 1:4 vor dem Niederwurf der Welt in Christus auserwählt wurde, also bevor der erste Mensch „Adam“ erschaffen wurde! Das bedeutet nichts anderes, als dass Gott uns ab dem ersten Atemzug geführt hat! Und wie war unsere Lebensführung von Jugend an? Da mag manche Träne fließen (auch bei mir, dem Verfasser dieser Zeilen), weil so viel Schweres, Unverständliches und Belastendes uns auferlegt war! Wege, die wir nie gehen wollten, Lasten, die wir nie tragen wollten, Ereignisse, die wir so schnell wie möglich vergessen wollten … und dennoch: Am Ende bewahrheitet Sich Sein Versprechen in Röm. 8:28, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt! Und Gott können wir deshalb lieben, weil „Seine Liebe“ in unsere Herzen ausgegossen ist durch den uns gegebenen heiligen Geist (Röm 5:5)!

Apg 26:5

„Wenn sie wollten, könnten sie bezeugen, dass ich nach der Sekte, die es mit unserem Ritual am genauesten nimmt, als Pharisäer gelebt habe.“

Paulus hebt hervor, dass er jener Sekte angehörte, die es mit den jüdischen Ritualen am genauesten nahm, den Pharisäern. Doch interessanterweise führte diese moralische Einstellung der Selbstgerechtigkeit den damaligen Saulus nicht zu Christus, im Gegenteil – sie machte ihn zu Seinem erbitterten Feind, so dass er sich später in 1Tim 1:13-15 als der Erste der Sünder bezeichnete (was sich auf den ersten Sünder der Körpergemeinde Christi Jesu bezieht).

Was beinhaltete seine damalige Selbstgerechtigkeit? Werfen wir einen Blick in Phil 3:4-7, dort finden wir die Antwort: Er vertraute auf sein Fleisch! Aber gerade über das Fleisch lesen wir ein vernichtendes göttliches Urteil: „Es wohnt nichts Gutes in ihm“ (Röm 7:18); „Es kann Gott nicht gefallen“ (Röm 8:8); „Es nützt überhaupt nichts“ (Joh 6:63); „Es ist in Feindschaft gegen Gott“ (Röm 8:7). Das Fleisch wird in Gottes Wort auch als „der seelische Mensch“ bezeichnet, und über diesen lesen wir in 1Kor 2:14: „Er vernimmt nichts von der Tiefe des Geistes Gottes“. Eine weitere Bezeichnung lautet: „Die alte Menschheit“. Über sie lesen wir in Eph 4:22: „Sie bringt sich durch verführerische Begierden selbst ins Verderben“. Und noch eine letzte Bezeichnung: „Der äußere Mensch“: Hier heißt es in 2Kor 4:16: „Er verdirbt“!

Dieser kurze Ausschnitt zeigt klar und deutlich, dass das Fleisch nicht verändert, also auch nicht verbessert werden kann, weder bei uns noch bei Paulus noch sonst bei irgendjemand! Sein Ende ist immer der Tod. Bei dem ungläubigen Menschen ist dies der natürliche Tod, bei uns, den Gliedern am Körper Christi Jesu ist es der Tod am Kreuz! In Gal 5:24 lesen wir: „Die aber Christus Jesus angehören, kreuzigen das Fleisch samt den Leidenschaften und Begierden.“ So konnte dann Paulus auch an die Philipper schreiben: „Doch was mir einst (als Pharisäer) Gewinn war, das habe ich um Christi willen als verwirkt erachtet“!

Apg 26:6-7

„Und nun stehe ich hier, um gerichtet zu werden wegen der Erwartung der Verheißung, die an unsere Väter von Gott ergangen ist, zu der unser Zwölfstämmevolk, Ihm Nacht und Tag mit Inbrunst Gottesdienst darbringend, zu gelangen erwartet. Auf Grund dieser Erwartung, o König, werde ich von den Juden bezichtigt.“

Wenn wir bedenken, dass eine Sekte wie die Sadduzäer, die ja jegliches Leben nach dem Tod abstritten, von den Juden durchaus toleriert wurde, Paulus hingegen, der die Erwartung Israels bestätigte, als Todfeind angesehen wurde, so ist dies schon merkwürdig! Warum auf der einen Seite so großzügig, auf der anderen Seite so hasserfüllt? Es ist (damals wie heute) das Reizwort „Jesus“! Um Ihn geht es, Seine Auferstehung ist der Kernpunkt der ganzen Rede Pauli. Doch schauen wir uns heute zuerst jenes an, von dem unser Leitvers spricht: Die Erwartung Israels:

Eigentlich müsste es „Auferstehungs-Erwartung“ heißen, es war die Erwartung der Auferstehung der Gerechten wie der Ungerechten, von der wir schon in Apg 24:14-15 lasen. Die Voraussetzung für diese Auferstehungserwartung war, dass der Eine, „Christus“, starb und auferstand! Ein Teil Israels konnte dies glauben, es waren die Berufenen aus Israel, nämlich die Königreichsgemeinde, die wir an Pfingsten sahen, allen voran die zwölf Apostel; dazu die Proselyten wie z.B. Kornelius. Sie alle werden nach der großen Drangsal zum Beginn des Tausendjahrreiches auferstehen.

Von dem tausendjährigen irdischen Königreich sprechen in herrlichsten Worten die Propheten des AT, doch hinein in dieses Reich kommen, wie oben gesagt, nur wenige aus Israel – die Masse des Volkes erlebt die Auferstehung erst vor dem großen weißen Thron. Nun musste schon Jesaja (Jes 29:10) weissagen, dass die Masse des Volkes betäubt wird, so dass es nicht erkennen kann, Gleiches steht schon zuvor in 5Mo 29:3 (4). Was Israel also sucht und erwartet, hat es (bis auf die Auswahl) bis heute nicht erlangt, so lesen (und sehen) wir es in Röm 11:7 ff.

Apg 26:8

„Warum wird es von euch als unglaublich beurteilt, wenn Gott Tote auferweckt?“

Paulus wusste sich in seiner Hoffnung für die zwölf Stämme eins mit Jakobus, der ja seinen Brief ausschließlich „an die zwölf Stämme“ richtete. Und die Erfüllung der Verheißungen an Israel ist ja der Zweck all der Rituale und des Gottesdienstes. Und nun kommt das eigentlich Paradoxe: Gerade um dieser Hoffnung willen wird Paulus von den Juden angeklagt und mit Hass verfolgt! Ein Beispiel hierzu: Wir alle warten doch sehnsüchtig auf das Kommen unseres Herrn zur Entrückung. Was wäre es nun für ein merkwürdiges Verhalten, wenn wir Brüder, die gerade dieses Kommen Jesu als „ganz nahe“ predigen, als „Irrlehrer“ beschimpfen würden? Und gerade dies war die Situation in Cäsarea!

Die Frage Pauli, die unser Leitvers aufzeichnete, ist im Grund eine Anklage gegen die Juden! „Wie denn? Wird es von euch als unglaublich angesehen, wenn Gott Tote auferweckt, auf was ihr doch hofft?“

Verharren wir hier einen Moment, liebe Geschwister! Es ist sehr bedeutsam, dass wir erkennen, wie unlogisch, unsinnig und geradezu widersprüchlich die Anklage gegen Paulus ist! Sie ist mit dem normalen Verstand nicht nachvollziehbar! Aber gerade deshalb müssen wir die wahre Ursache suchen, den wahren Grund, warum Paulus so hasserfüllt verfolgt wird: Es ist, wie schon mehrfach von uns gesagt, der Name „Jesus“! Die Juden haben sich nicht an dem von Jesus auferweckten Lazarus gestoßen, auch nicht an Tabitha, die Petrus auferweckt hat (Apg 9:36 ff), oder an den anderen aus dem Tod Auferweckten … nur „Jesus“ durfte nicht auferstanden sein!

Der Trend ist heute wie damals: „Jesus“ war ein ganz normaler Mensch, der eben eine besondere prophetische Gabe hatte – aber Er war nicht (Er durfte nicht … sein) der Sohn Gottes! Hier liegt die Wurzel des Hasses!

Wir haben gestern versucht, die paradoxe Haltung der Juden im Hinblick auf die Anklage gegen Paulus aufzuzeigen und haben uns gefragt: Wo bleibt ihr ansonsten ja so kluger Verstand? Gehen wir das Thema heute von einer anderen Seite an: Lange vor Cäsarea schrieb Paulus den Römerbrief und enthüllte in den Kapiteln Apg 9-11 die Verstockung Israels und den Grund hierfür. Das bedeutet: Er wusste in Cäsarea ganz genau, wie der Werdegang mit seinem Volk verlaufen wird. Gott Selbst war es, der den großen Teil Israels verstockt hat, damit sie nicht erkennen können!

In Röm 11:7-8 lesen wir deshalb, dass, abgesehen von der Auswahl (Pfingstgemeinde), das Volk verstockt wurde: „Gott gibt ihnen einen Geist der Betäubung, Augen, die nicht erblicken, und Ohren, die nicht hören, bis auf den heutigen Tag.“ Das Verhalten der Juden, welches wir als paradox beschrieben haben, bekommt damit eine ganz andere Sicht: Gott ist der Wirkende! Und wie einst bei Hiob, darf auch jetzt Satan als Werkzeug Gottes Hass in die Herzen streuen, und dies bis auf den heutigen Tag! Doch es gibt ein „dennoch“ – und dies soll uns heute innerlich bewegen: In Röm 10:21 zitiert Paulus Jes 65:2: „Den ganzen Tag breite Ich Meine Hände aus zu einem widerspenstigen und widersprechenden Volk“! Gott hat Sein Volk, das Er einst aus allen Nationen auserwählt hat, nicht aufgegeben, vielmehr hat Er alle zusammen in Widerspenstigkeit eingeschlossen, damit Er Sich aller erbarme (Röm. 11:32), und dies bezieht sich erst einmal auf das Volk Israel.

Jesus starb und wurde von Gott auferweckt, eigentlich zuerst für Israel! Doch dann enthüllte Gott Seinem Apostel Paulus das Geheimnis der Verstockung Israels (Röm 11:25 ff), worin Er offenbarte, dass Er zuvor eine Auswahl aus den Nationen sammeln würde, die in ganz besonderer Weise Christi Jesu erkennen und Ihm angehören würden: „Die Körpergemeinde“ – das sind wir!

Das Fazit der gestrigen Auslegung wäre: Paulus wusste ganz genau, das Israel, auch seine Ankläger, nicht verstehen, nicht sehen und hören konnten, weil Gott ihnen einen Geist der Betäubung gab! Wozu also lange Erklärungen? Wozu immer wieder lange Reden? Wozu auch hier die intensive Rechtfertigung vor Agrippa?

Ein Blick in Pauli Herz, welchen er uns in Röm 9:1-5 gewährt, gibt uns die Antwort. „Große Betrübnis ist in mir und unablässiger Schmerz in meinem Herzen – denn ich wünschte, selbst von Christus hinweg verbannt zu sein – für meine Brüder, meine Stammverwandten dem Fleische nach, die Israeliten sind …“! Dies bedeutet: Trotz allem Wissen, trotz allem Erkennen gab Paulus nicht resigniert auf! Er setzte sich immer wieder und überall mit aller Kraft für sein Volk ein, um vielleicht doch noch den einen oder anderen mit seinem Evangelium erreichen zu können – niemand weiß, wen Gott vorherbestimmt hat! Beachten wir auch, dass Pauli Mitgefühl für sein Volk so mächtig in ihm war, dass er, wenn es möglich gewesen wäre (was aber nicht möglich ist), lieber selber von Christus hinweg verbannt sein wollte – er hätte sogar seine eigene Berufung für sein Volk geopfert.

Gott hat Seinen Sohn auferweckt, und wir, die aus den Nationen, können dies zusammen mit der Auswahl aus Israel glauben, weil uns der Glaube daran geschenkt wurde. Das soll uns aber gegenüber dem verstockten Israel nicht unbesonnen und hochmütig machen, im Gegenteil! Und deshalb schrieb Paulus in Röm 11:11 ff, dass wir stets vor Augen haben sollen, dass durch ihre Kränkung uns die Rettung zuteil wurde, dass Israels Kränkung unser Reichtum ist, dass Israels Verwerfung der Welt Versöhnung ist … und in Röm 11:15b das Resümee: „… was wird ihre Wiederannahme sein, wenn nicht Leben aus den Toten?“ „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes …“ (lies Röm 11:33-36 weiter.).

Apg 26:9

„Ich habe nun zwar selbst gemeint, in vielem entgegen dem Namen Jesu, des Nazareners, handeln zu müssen.“

Wir haben festgestellt, dass unser Apostel Paulus gemäß Röm 11:13 bis zum Abschluss der Verwaltung des Übergangs seinen Dienst auch an Israel so versteht, dass er sie zur Eifersucht reizt, um doch noch „einige“ aus ihnen retten zu können. Dies ist der Dienst und Wandel eines berufenen Apostels, der sich bis zum Letzten aufopfert! Doch nun wieder zurück zu dem anscheinend gespannt zuhörenden Agrippa:

Nachdem ihm Paulus vor Augen geführt hatte, dass eine Ablehnung der Auferweckung Jesu ja völlig im Widerspruch zum innersten Kern der Erwartung und Hoffnung Israels stehe, bekennt Paulus, dass ihm selbst dieser Widerspruch nicht unbekannt ist, ja dass er aus eigener Erfahrung lange Zeit blind war und Jesus verfolgte. Es war die Zeit vor seinem Erleben vor den Toren von Damaskus! Und von dieser riesengroßen Schuld spricht Paulus in der Apg 26:9-11 auffallend ausführlich.

Wenn wir die vor uns liegenden Verse überfliegen, fällt uns auf, dass Paulus vor Agrippa erst einmal den dunklen Hintergrund seiner eigenen Schuld aufbaut, um danach umso heller das Wirken der Gnade Gottes in seinem Leben aufzuzeigen! „Jesus“, der Auferstandene, der zur Rechten Gottes sitzende Christus, wird zum Mittelpunkt seines zukünftigen Dienstes und Wandels!

In 1Tim 1:15 bezeichnet sich Paulus als „der erste Sünder“ (was natürlich der erste Sünder innerhalb der Körpergemeinde bedeutet), und bezieht sich damit auf jene dunkle Zeit in seinem Leben, wo er Jesus und alle an Ihn Gläubigen mit dem ganzen Hass seines Herzens verfolgte und, wo möglich, töten ließ. Gott hat diesen Lebensabschnitt Seines Apostels nicht verhindert, im Gegenteil: Erst diese dunkle Erfahrung in seinem Leben ließ ihm die Gnade in den schönsten Farben aufleuchten! Was wir Menschen nur zu oft ablehnen und abschütteln wollen, dient letztlich dem Ziel und der Verherrlichung Gottes!

Apg 26:10

„Und das habe ich auch in Jerusalem getan. So ließ ich denn viele der Heiligen in Gefängnisse einschließen, wozu ich von den Hohenpriestern die Vollmacht erhalten hatte. Wenn sie hingerichtet werden sollten, gab ich Wahlkiesel dafür ab.“

Wir wollen heute einmal die zwei Seiten des Paulus betrachten: Die Zeit vor seiner Berufung und die Zeit danach:

In 1Tim 1:13 bezeichnet sich Paulus als Lästerer, Verfolger und Frevler, aber – er tat es unwissend, im Unglauben! In einer anderen Verteidigungsrede in Apg 22:3 bezeichnete er sich als „ein Eiferer für Gott, und in Apg 23:1 bezeugte er ein gutes Gewissen, was bedeutet, dass er meinte, seinem Gott bestens zu dienen, wenn er mit aller Härte gegen die Jünger Jesu vorgehe. Haben wir, liebe Geschwister, schon einmal bedacht, warum Gott nicht eingriff, als Saulus gegen die Gläubigen wütete? Als er selber Wahlkiesel abgab und damit für eine Hinrichtung stimmte? Oder was war mit Stephanus (Apg 7:58-8:1)? Saulus war ja direkt an seiner Steinigung beteiligt, ja er hatte Wohlgefallen an seiner Ermordung – hätte Gott das nicht verhindern müssen? Und Stephanus war ja nicht der Einzige, der hingerichtet wurde! Wir lehnen es ab, hier zu sagen, „Gott habe dies eben zugelassen“; wir sind vielmehr der Ansicht, dass „Gott alles bewirkt …“ und das ist etwas anderes als „zulassen“!!! Gott läuft nichts aus dem Ruder! Das Wüten des Saulus und das Sterben des Stephanus entsprach voll dem göttlichen Willen – und alles diente dem Ziel Gottes!

Es ist also entscheidend wichtig, dass wir das Ziel Gottes erkennen, und mit dem Erkennen wächst auch unser Verständnis, warum alles so abgelaufen ist (und immer noch abläuft). Gott wird einmal all Seine Geschöpfe an Sein Herz ziehen, und alle werden freiwillig und aus tiefster Überzeugung huldigen und bekennen, dass Jesus Christus Herr ist (Phil 2:11), zur Verherrlichung Gottes! „Freiwillig“ heißt „ohne Zwang“, mehr noch, mit liebenden Herzen!

Apg 26:11

„Der Reihe nach durch alle Synagogen gehend, nötigte ich sie oftmals durch Bestrafen zum Lästern; und in übermäßigem Wüten verfolgte ich sie auch bis in die auswärtigen Städte.“

Der Tod hat vor Gott einen anderen Stellenwert als für uns; nur zu verständlich klammern wir uns an dieses Leben und verlieren leicht aus den Augen, dass unser eigentliches Leben ja erst nach dem Tod beginnt! Unsere Erdenjahre sind Schulung und Vorbereitung auf das Zukünftige; und wenn unsere Schulung abgeschlossen ist, werden wir von dieser Erde abgerufen, was für die Hinterbliebenen oft schmerzlich ist.

Wir müssen zurück zu Paulus (so interessant es wäre, das Obige noch fortzusetzen): Was war die Wurzel seines Handelns? Zweifellos wollte er an den überlieferten Lehren seiner Väter, die ihn Gamaliel lehrte, festhalten, und dies in der Überzeugung, damit Gott zu gefallen. Und Gott wollte dies so, damit die spätere Gnade umso wirkungsvoller in das Licht treten kann. Paulus lud also unwissentlich größte Schuld auf sich, und als er vor Damaskus jenem „Jesus“ begegnete, den er verfolgte, wurde ihm diese Schuld bewusst und lastete wie ein riesiger Berg auf ihm. Wir sehen also die eine Seite des Lebens des Saulus, worin Gott den finsteren Hintergrund aufbaute, und wir sehen die andere Seite des Paulus, der vor diesem dunklen Hintergrund seine Schuld begriff und von dem Glanz der göttlichen Liebe, die ihm in der Person Jesu entgegentrat, überwältigt wurde!

Gott baute (und baut) auch in unserem Leben einen dunklen Hintergrund auf, vor dem Er uns das Licht Seiner Liebe erstrahlen lassen will. Sträuben wir uns also nicht, zu erkennen und auch zu bekennen, dass wir nicht besser als Saulus waren; er bezeichnete sich ja als der „erste“ Sünder, was heißt, dass sich nach ihm noch mehr als „Sünder“ bekennen werden. Und so wie Paulus Erbarmen erlangt hatte, dürfen auch wir es erlangen, weil wir in Jesus Christus einen wunderbaren Herrn haben!

Apg 26:12-13

„Als ich bei dieser Verfolgung mit Vollmacht und Erlaubnis der Hohenpriester nach Damaskus ging, gewahrte ich, o König, mitten am Tag auf dem Wege, wie mich und die mit mir gingen, vom Himmel her ein Licht umstrahlte, heller als der Glanz der Sonne.“

„Israels Schuld ist auch meine Schuld“ – das möchte Paulus dem König klar machen; er solidarisierte sich also in der Schuldfrage gewissermaßen mit seinem Volk, und dies in der Zuversicht, dass auch Israel dieselbe Heilserfahrung machen würde, wie sie ihm unverdientermaßen in der Gnade zuteil wurde. So schilderte Paulus dem König, wie er im Einverständnis mit den geistlichen Führern des Volkes gen Damaskus zog und wie ihm der Herr in einem Licht begegnete, das heller als die Sonne war.

Es ist gerade Weihnachtszeit, als ich, der Verfasser dieser Zeilen, diese Auslegung bearbeite. Wenn überhaupt noch etwas von Jesus zu hören und zu lesen war, dann ist es „das Kindlein im Stall“! Mehr nicht, und das tut weh!!! Viele der so genannten Christen haben heute keine Ahnung mehr, wer dieses „Kindlein im Stall“ überhaupt ist, welche auch für uns nicht mehr fassbare Macht Er innehat! Nützen wir diesen Tag, um uns vertieft klar zu werden, wer unser Herr und Haupt ist:

Unsere Sonne mit all ihrer Kraft und Helligkeit ist ein winziges Staubkorn im All. Eine nicht fassbare Zahl an Sonnen, die unfassbar größer als unsere Sonne sind, leuchten in den vielen Galaxien des Alls. In Hebr. 1:3 lesen wir: „…Er trägt das All durch Sein machtvolles Wort“ – dies übersteigt auch unsere Vorstellungskraft, aber wie merken, wie winzig hier der Glanz unserer Sonne ist. In obigem Vers lesen wir auch, dass der Sohn die Ausstrahlung Seiner (des Vaters) Herrlichkeit und das Gepräge Seines Wesens ist … Herrlichkeit reiht sich an Herrlichkeit. Und Hebr 1:3b-4 berichtet uns, dass Er Sich heute zur Rechten der Majestät in den Höhen befindet … und dass Ihm ein vorzüglicherer Name zugelost ist als allen anderen Himmelsbewohnern, der Name „Jesus“!

Apg 26:14

„Als wir alle zur Erde niederfielen, hörte ich eine Stimme in hebräischer Mundart zu mir sagen: Saul, Saul, was verfolgst du Mich? Hart ist es für dich, gegen Stacheln auszuschlagen!“

Die Worte Jesu galten allein Saulus, sie waren für niemand anderes bestimmt. Deshalb hörten seine Begleiter gem. Apg 8:7 auch nur die Stimme, die sie aber nicht verstehen konnten.

Es bewegt uns, wenn wir heute nach rund zweitausend Jahren die Worte miterleben dürfen, mit denen unser Herr Seinen Apostel ansprach! Wir müssen die Worte „liebevoll“ sehen, auch wenn sie wie ein Vorwurf klingen – Er wusste ja nur zu gut, dass Saulus erst einmal gar nicht anders konnte, als Ihn zu verfolgen!

„Hart ist es für dich, gegen Stacheln auszuschlagen“ – wie dürfen wir diese Worte verstehen? Ein „Stachel“ ist schmerzhaft, wenn man ihn im Fleisch hat. In 2Kor 12:7 spricht Paulus von einem Splitter (was ja einem Stachel sehr ähnlich ist) in seinem Fleisch, der ihm unangenehm war, den er loshaben wollte. Jetzt müssen wir in dem unangenehmen Stachel „Jesus“, sehen, den er, Paulus, verfolgte und loshaben wollte, gegen den er ankämpfte und gegen den er buchstäblich ausschlug. Vor Damaskus war der Zeitpunkt gekommen, wo der Herr „das Ausschlagen“ des Saulus beendete, wo Er Sich zu erkennen gab.

Eine andere Seite des Stachels ist die: Er (der Stachel) ist manchmal nötig, um das Schöne zu erkennen! Denken wir an eine Rose; ihre Dornen können uns empfindlich stechen, wenn wir unachtsam sind – aber gerade dadurch achten wir die Schönheit dieser Blume umso mehr. So war der Splitter für das Fleisch Pauli notwendig, um den Wert der Gnade zu erkennen (2Kor 12:7-9). Unser Herr ist natürlich kein Stachel, aber Er kann, wie bei Saulus, zuerst als lästiger Stachel empfunden werden, um hernach in Seiner ganzen Herrlichkeit erkannt zu werden!

Apg 26:15

„Ich fragte nun: Wer bist Du, Herr? Der Herr aber antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst“!

Die Worte Jesu an Seinen niedergebrochenen Verfolger müssen uns tief bewegen! Was muss es unserem Herrn bedeutet haben, Sich erkennen zu geben, und wie muss es für Saulus gewesen sein, als sich sein Stachel, sein Feind, als jener „Jesus“ zu erkennen gab, den er verfolgte.

Schauen wir zuerst in Paulus hinein: Ein unvorstellbar helles Licht mitten am Tag, dann diese Stimme, die sich unsagbar liebevoll als „Jesus“ zu erkennen gab … der Schreck mag kurz gewesen sein, das Gefühl von Wärme, Liebe, plötzlicher Geborgenheit umso intensiver! Der Sohn Gottes, der das ganze All durch Sein machtvolles Wort trägt, ja in welchem das All erschaffen ist, dieser unendlich machtvolle Herr sagt schlicht und einfach: „Ich bin Jesus …!“

Wir dürfen aber auch versuchen, in das Herz unseres Herrn zu schauen, wie tief es Ihn bewegt hat, als Er Saulus endlich rufen konnte, jenen Auserwählten, den Er zum Apostel Seiner Körpergemeinde bestimmt hat. Es war schon überaus bewegend, als Jesus Sich nach Seiner Auferstehung zuerst Maria, dann Seinen Jüngern zu erkennen gab. In Joh 21:7 sagte jener Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: „Es ist der Herr!“ (Es ist unser geliebter Herr!) Es waren die ersten Früchte, die Jesus nach Seinem Tod am Kreuz einfahren konnte!

Und wie wird es sein, wenn uns der Herr buchstäblich begegnet? Wenn wir alle zusammen Ihm in Wolken entgegen gerückt werden? Wenn sich die Worte erfüllen: „ … und werden so allezeit mit dem Herrn zusammen sein“? Hier bedarf es keines „zu erkennen geben“ mehr, hier wird nur noch unbeschreibliche Freude sein, bei unserem Herrn und Haupt, wie auch bei uns, seinen Gliedern!

„Ich bin Jesus …“ was für überwältigende drei Worte!

Apg 26:16

„Doch steh auf und stelle dich auf deine Füße; denn dazu bin Ich dir erschienen, dich zum untergebenen Gehilfen und Zeugen dessen zu bestimmen, was du wahrgenommen hast, wie auch dessen, womit Ich dir noch erscheinen werde.“

Derjenige, der mit einer nicht vorstellbaren Macht ausgestattet ist, in welchem das gesamte All mit seiner unfassbaren Größe erschaffen ist, spricht mit jenem, der Ihn erbittert bekämpft hat – und Er spricht nicht nur mit ihm, sondern verheißt ihm Vergebung und Gnade, anstelle von Gericht! Aber das Große ist, dass der Herr gerade diesen Saulus als Seinen Zeugen und Apostel haben wollte! Wir dürfen immer wieder das göttliche Prinzip erkennen, dass Gott jene erwählt, die im Grunde unwürdig sind, die nichts vor der Welt sind, ja, die den Herrn (wie Saulus) sogar erst einmal bekämpften. Doch all der Hass des Saulus schmolz in jenem Augenblick, als das Licht des erhöhten Herrn ihn umflutete.

Manche unter uns, liebe Geschwister, sind stark! Doch viele sind auch schwach, fühlen sich unwert, ja unwürdig! Diesen möchten wir mit 1Kor 1:30-31 zusprechen. Worum geht es hier? Paulus spricht sehr deutlich, dass all unsere menschlichen Gaben fleischlich sind und vor Gott keinen Bestand haben. Und dann lesen wir: „Aus Ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott her zur Weisheit gemacht worden ist …“. Je weniger wir eigene Weisheit mitbringen, je schneller und freudiger versetzen wir uns in Ihn, bewegen uns in Seiner Weisheit, leben von all dem, was wir „in Ihm“ sind! Und Er ist „alles für uns!“ So kann dann auch der Vers 31 entstehen: „Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn!“

Paulus (hier ja noch Saulus) hatte im Gegensatz zu den Jüngern Jesu den Herrn auf Erden nie ersehen und auch keinen Auftrag von Ihm persönlich (als Er auf Erden war) erhalten. Jetzt spricht der erhöhte Herr zu ihm und bestimmt ihn zu Seinem Zeugen, wobei Er ihm verheißt, durch Erscheinungen, die weitere Enthüllungen enthalten, den ganz besonderen Auftrag weiter zu erklären.

Apg 26:17

„Ich nehme dich heraus aus dem Volk und aus den Nationen, zu denen Ich dich sende, um ihnen die Augen zu öffnen,“

Was Paulus hier dem König Agrippa bezeugt, dürfte dieser kaum verstanden haben, doch für uns ist dieses Zeugnis „wegweisend“! Es geht darum, dass Saulus schon bei seiner Berufung einen völlig andersartigen Dienstauftrag erhielt, als die zwölf Jünger Jesu. Die Zwölf waren dazu bestimmt, vom irdischen Leben, Seinem Tod und Seiner Auferstehung ihres Herrn Zeugnis zu geben und das tausendjährige Königreich auf Erden zu verkündigen, Saulus hingegen musste bezeugen, was er vor Damaskus erlebt hatte, und das war der erhöhte und verherrlichte Christus Jesus.

Doch mit Obigem war der Auftrag Pauli noch nicht vollständig. Sehr klar und deutlich macht der Herr Seinem neuen Apostel verständlich, dass ihm der Inhalt seines Dienstes stufenweise enthüllt werden wird, dass also fortlaufend neue Wahrheiten offenbart werden, die bislang in göttlichen Geheimnissen verborgen waren. Dazu zählen des Herrn überhimmlische Herrlichkeit, die Verstockung Israels und die Hinwendung zu den Nationen, und das Geheimnis der Körpergemeinde Christi Jesu.

Wie oft der erhöhte Herr seinem Apostel erschien, wissen wir nicht, doch in 2Kor 12:1 ff schreibt Paulus von Erscheinungen und Enthüllungen des Herrn, ja sogar von einer Entrückung bis zum dritten (zukünftigen) Himmel und in das Paradies, und dies war so gewaltig, dass Paulus sich sogar scheute, in der „Ich-Form“ zu schreiben!

Es ist fast schon ein Drama zu nennen, wenn ein Großteil der Christenheit bis heute nicht erkannt hat, dass allein Paulus einen Sonderauftrag an die Nationen hatte, und dass dieser Auftrag, im Gegensatz zum Evangelium der Zwölf an Israel, ein ganz anderes Berufungsziel hat, nämlich die Überhimmel! Deshalb betont Paulus so intensiv in Eph 3:8: „Mir … wurde die Gnade gegeben …“!

Wir knüpfen heute an dem an, womit wir gestern aufgehört haben, an Eph 3:8 ff: Dieser Brief an die Epheser entstand ja im Gefängnis in Rom, und gerade in Eph 3:1 ff sowie Eph 3:8 ff hebt Paulus seinen ganz speziell an ihn gerichteten Auftrag an den Nationen hervor. Nicht Petrus, nicht Johannes, Jakobus oder ein anderer der zwölf Apostel hatte den Auftrag, eine Körpergemeinde aus den Nationen ins Leben zu rufen, sondern allein Paulus! Und diese Herausrufung der in Christus Auserwählten aus allen Nationen vollzog sich schrittweise!

In 2Kor 12:4 durfte Paulus über bestimmte Dinge noch nicht sprechen, im Gefängnis in Rom hingegen war die Zeit gekommen, auch das letzte Geheimnis zu enthüllen, damit Gottes Wort auf sein Vollmass kommt und damit vollkommen ist. Und das große Geheimnis war ja „das Geheimnis des Christus“, von dem Eph 3:4 ff berichtet. Eine Großzahl der Gläubigen hat nie bewusst erkannt, was für ein gravierendes Ereignis es war, als das auserwählte Volk Gottes, nämlich „Israel“ seine absolute Vorrangstellung vor allen Nationen verlor, mehr noch, es wurde verstockt, und dies so lange, bis die Vervollständigung der Körpergemeinde aus allen Nationen erreicht sein wird (siehe Röm 11:25).

Worüber sollte nun Paulus den Nationen die Augen öffnen? Die Antwort finden wir wiederum in Eph 3:2 schreibt Paulus von „der Verwaltung der Gnade Gottes“, die ihm für uns durch eine Enthüllung gegeben wurde; diese Verwaltung der Gnade besteht bis heute! Ab Eph 3:8 lesen wir dann, was die Nationen erkennen, worüber also ihre Augen geöffnet werden sollen: es geht um den unausspürbaren Reichtum des Christus, nämlich was die Verwaltung des Geheimnisses betrifft, das von den Äonen an in Gott verborgen gewesen war. Hier, liebe Geschwister, liegt unsere Berufung, hier müssen wir uns hineinvertiefen, „damit ihr wisst, was das Erwartungsgut Seiner Berufung ist …“ (lies Eph 1:17-23).

Wir wollen und können hier nicht den Epheserbrief auslegen, das haben wir ja schon früher getan, jetzt geht es darum, in aller Kürze die Merkmale der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade aufzuzeigen, und dies ist im Grund ganz einfach und für jedermann verstehbar:

Gott nennt zwei Ebenen, einmal unsere Erde, und zum anderen den Raum über der Erde, „die Himmel“. Überall gibt es Geschöpfe Gottes, und alle müssen gemäß Eph 1:10 in Christus aufgehauptet werden, das heißt, das Geschehen am Kreuz auf Golgatha muss dem ganzen All nahe gebracht werden. Um dies zu verkündigen, hat Gott (gemäß den zwei genannten Ebenen) zwei Werkzeuggruppen ausgewählt, die diesen Auftrag ausführen: 1.) das Volk Israel für die Erde, 2.) die Körpergemeinde Christi Jesu, bestehend aus allen Nationen, für die Himmel! Und auch hier war es wiederum Paulus, dem dieses Geheimnis enthüllt wurde (siehe Eph 1:9 ff).

Entsprechend den zwei doch sehr unterschiedlichen Ebenen bestehen zwei unterschiedliche Evangelien, jedes Evangelium ist den Bewohnern angepasst, denen es gilt! So hat das Evangelium an die irdischen Bewohner, die Menschen, „das Gesetz“ zum Merkmal, es wird von Petrus (als Schlüsselfigur) vertreten. Das Evangelium an die himmlischen Bewohner, also an die für uns noch unsichtbare Welt, hat „die überströmende Gnade“ zum Hauptmerkmal, ihr alleiniger Apostel ist Paulus!

Mit obiger Einteilung wird nicht getrennt und zerschnitten, sondern nur sehr sorgfältig jedem das Handwerkszeug in die Hand gegeben, welches er benötigt, um das Ziel der Aufhauptung des Alls in Christus zu erreichen. Verschiedene Handwerker arbeiten am selben Bauwerk unter dem gleichen Herrn; und alles dient dem einen Ziel, das Gebäude fertig zu stellen, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters!

Apg 26:18

„… damit sie sich von der Finsternis zum Licht und von der Obrigkeit Satans zu Gott umwenden, so dass sie Sündenerlass erhalten und ein Losteil unter denen, die durch den Glauben an Mich geheiligt worden sind.“

Wir haben gestern dargestellt, wie einfach und für jedermann leicht verständlich Gott Seine Werkzeuge aufgestellt hat und zubereitet, um das All in Christus aufzuhaupten; und wenn dies vollzogen ist und der Sohn dem Vater dieses untergeordnete All vorführt, dann wird sich auch der Sohn Selbst unterordnen, damit Gott gemäß 1Kor 15:28 alles in allen sei. Aber nun geschieht das Merkwürdige:

Anstatt alle Gläubigen mit Vehemenz und Freude in ihrem zugeordneten Beruf an diesem Bauwerk (der Aufhauptung des Alls in Christus) arbeiten, schauen sie auf die anderen Handwerker (hier auf Israel), lassen ihre eigene Berufung links liegen und versuchen sich an jenen Handwerken, für die sie nicht bestimmt sind. Am Beispiel eines Hausbaues sähe dies so aus: Der Zimmermann, der für das Holz zuständig ist, reißt dem Maurer seine Kelle aus der Hand und versucht selber, eine Steinmauer aufzubauen! Genau dies ist innerhalb der Christenheit der Fall!!! Fast totale Unkenntnis über die eigene Berufung, über Paulus und über die gegenwärtige Verwaltung der Gnade – statt dessen werden einzelne angenehme Verse aus der Bibel herausgepickt. Am Lesen des gesamten Wortes Gottes im Zusammenhang besteht kaum Interesse! Das, liebe Geschwister, ist die Lage der Christenheit und sie bestätigt sich in der Vielzahl an Kirchen und Gemeinschaften, die sich in vielem voneinander abheben und sich zum Teil sogar erbittert bekämpfen! Woran liegt es?

Unser Leitvers bestätigt neben vielen anderen Aussagen der Schrift, dass die gegenwärtige Welt der Obrigkeit Satans unterliegt, er ist gemäß 2Kor 4:4 „der Gott dieses Äons“! Und da auch wir, die Körperglieder Christi Jesu, immer noch von ihm angegriffen werden dürfen, ist uns in Eph 6:10 ff ja die bekannte Waffenrüstung bereitgelegt! Ziehen wir sie Stück für Stück auch an?

Es ist vielfach die Meinung der Gläubigen, sie seien gegen Satan „gefeit“ – das ist ein tragischer Irrtum! Wozu sollten wir sonst eine Waffenrüstung anlegen?

Wahrheit und Tatsache ist, dass jeder berufene Gläubige in der Gnade gerettet ist, was in jedem Fall die Entrückung beinhaltet. Diese Rettung gleicht einer Versiegelung, die auch Satan nicht antasten darf! Lies hierzu Eph 1:13-14. Wir bezeichnen diese Rettung als „unsere Stellung (Stand) in Christus“! Doch neben dieser Stellung spielt auch „unser Wandel“ eine Rolle, und diesen Wandel kann Satan durchaus mit seinen glühenden Pfeilen (siehe Eph 6:16) treffen. Der Wandel kann somit mangelhaft werden, fleischlich, egoistisch, nachlässig … und vieles mehr. Dazu gehört auch ein Desinteresse am Lesen in Gottes Wort! Und wer nicht in diesem herrlichen Buch aller Bücher liest, kann ja schwerlich erkennen, was der Wille Gottes ist! Woher sollte ein solcher denn sonst wissen, dass gemäß 2Kor 11:14-15 Satan nebst seinen Dienern auch zu ihm als verstellter Bote des Lichts kommt und ihn daran hindert, einen würdigen Wandel gemäß unserer Berufung zu führen!

Alles, was solch ein Gläubiger tut, wird einmal gemäß 2Kor 5:10 vor der Preisrichterbühne des Christus offenbar gemacht, damit er das wiederbekomme, was er durch den Körper verübte, sei es gut oder schlecht!

Sündenerlass ist also die eine Seite im Leben eines Gläubigen, daraus ergibt sich unsere Stellung in Christus. Doch das Fleisch kreuzigen ist die andere Seite, hier können wir gut oder schlecht wandeln und werden dann einmal Lob oder Tadel, Gewinn oder Verlust erfahren!

Unser Leitvers spricht von der Obrigkeit Satans, und gemeint ist hier die Obrigkeit über diesen Äon, wir haben vorgestern schon auf 2Kor 4:4 hingewiesen. Noch massiver lesen wir in Eph 6:12 von den Fürstlichkeiten, Obrigkeiten, Weltbeherrscher dieser Finsternis und den geistlichen Mächten der Bosheit inmitten der Überhimmlischen - ein Heer unter der Herrschaft Satans steht uns also hier gegenüber, gegen welches wir stehen sollen, gewappnet mit einer kompletten Waffenrüstung.

Nun lässt unser Leitvers die Annahme zu, dass, wer sich zu Gott „umwendet“, der Herrschaft Satans entronnen ist. Dem widerspricht aber alles, was wir die letzten zwei Tage festgestellt haben. Wir müssen somit die Aussage derart verstehen, dass Satan keinen Machtanspruch mehr über uns hat, wiewohl er weiterhin seine feurigen Pfeile auf uns abschießen darf. Satans Macht endet mit Beginn des irdischen Königreichs, der gegenwärtig dritte böse Äon wird dann vom vierten Äon abgelöst.

Zu Gott „umwenden“ kann sich aber kein Mensch aus eigener Kraft! Es bedarf dazu ein Eingreifen von außen, bzw. von oben! Und hier ist uns ja die Berufung des Saulus das beste Beispiel. Nie hätte Saulus von sich aus den Herrn erkennen oder finden können! Das gilt auch für Israel. Wir haben schon oft auf Joh 6:29 und Joh 6:44 hingewiesen, wo Jesus unmissverständlich klarmacht, dass es Gottes Werk ist, wenn ein Mensch glauben kann und dass niemand zu Ihm kommen kann, es ziehe ihn denn der Vater. Es ist also kindlich und fleischlich, wenn Gläubige behaupten, „sie“ (!) hätten sich bekehrt! Es bedarf einer langen Schule, bis wir wie einst Hiob begreifen, dass Gott alles vermag, dass Er allein der Handelnde ist, dass nur ein Wille im All lenkt und bestimmt: „Gott, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt“ (Eph 1:11b).

Unser Leitvers macht noch weitere Aussagen, die wir nicht übergehen wollen: So ist von unserem Losteil die Rede, und damit können wir nahtlos an Eph 1:11 von gestern anknüpfen, wo wir ja in diesem Vers auch lesen, dass uns „in Ihm“ das Los getroffen hat, nämlich vorherbestimmt zu sein dem Vorsatz dessen gemäß, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt. Und diese Vorherbestimmung beinhaltet auch die Verheißung unseres Losteils, welches aber nicht auf der Erde, sondern in den Überhimmeln zu finden ist. Eph 1:14 sagt uns, dass dieses Losteil aber erst noch freigelöst werden muss, was beinhaltet, dass es heute noch besetzt ist.

In Eph 6:12 lasen wir bereits von den geistlichen Mächten der Bosheit inmitten der Überhimmlischen! Damit wissen wir, wer unser zukünftiges Losteil heute noch in Beschlag hat. Doch wenn unser Herr uns zur Entrückung abholt, wird dieses überhimmlische Losteil für uns freigelöst, wir können es „in Ihm“ übernehmen! Gott hat uns, die Körperglieder Christi Jesu, dazu vorherbestimmt, das All „in den Himmeln“ in Christus aufzuhaupten, auch darüber haben wir die letzten Tage gelesen. Diese „Himmel“ sind unser Losteil, in welchen wir als Werkzeuge wirken sollen. Und wenn unsere Erde mit unserem Verstand umfasst und erkannt werden kann, so sind dies die unendlichen Räume der Himmel nicht mehr! Kein menschlicher Geist ist in der Lage, auch nur im Geringsten zu ahnen, wie unendlich die Ausdehnung des Alls ist! Wir haben also ein Losteil zu erwarten, liebe Geschwister, das wir uns kaum vorstellen können, auf welches wir uns aber freuen können – mehr noch: Wir sollen uns geistlich damit beschäftigen, unsere Sinne und Gedanken darauf richten (Kol 3:1-2). Vielleicht überlegen wir uns einmal ganz real, was wir den Geschöpfen der unsichtbaren Welt einmal bezeugen werden!

Unser Leitvers lässt uns immer noch nicht los, auch die letzte Aussage wollen wir beachten: „Geheiligt durch den Glauben an Ihn“!

„Heiligung“ ist ein umfangreiches Gebiet, das wir hier nicht ausschöpfen können, deshalb konzentrieren wir uns darauf, was unser Leitvers sagen möchte: Im Zusammenhang mit dem zuvor erwähnten „Losteil“ führt uns das „geheiligt sein“ zu unserer Absonderung zu einem besonderen Dienst, nämlich jenem in unserem Losteil in den Überhimmeln. „Heiligung“ bedeutet also hier nicht, dass wir keine Mängel mehr an uns hätten, sondern dass wir in jenem Moment, wo uns der Glaube an Jesus Christus geschenkt wurde, wir eine Absonderung zu einem ganz speziellen Dienst erhalten haben.

Die gläubige Pfingstgemeinde, von der wir ja viel gelesen haben, wurde durch den Glauben an Jesus derart geheiligt, dass ihnen ein Losteil im irdischen Königreich zugelost wurde. Ihr Auftrag lautet, alle Nationen zu Jüngern zu machen (Mt 28:19); sie wurden also geheiligt (abgesondert), die Nationen auf der Erde „in Christus aufzuhaupten“! Hierzu gab ihnen Jesus auf Erden genaue Anweisungen, die in den so genannten vier Evangelien zu finden sind. Wer heute als Glied der Körpergemeinde Christi Jesu sein Evangelium in diesen an Israel gerichteten Anweisungen sucht, findet in einem anderen Handwerk seine Schulung – er geht in die Irre! Es ist also nicht verkehrt, wenn wir von „zwei“ doch sehr unterschiedlichen Evangelien sprechen, a) dem an Israel und b) und jenem an uns, die aus den Nationen. Der Unterschied liegt in den zwei Aufgabenbereichen, das heißt: Die Geschöpfe in den Himmeln benötigen eine andere Art der Hinführung zu Jesus als die Menschen auf der Erde. „Geheiligt“ ist also hier die Absonderung (und Zubereitung) zum Dienst in dem Losteil, das wir erhalten haben.

Apg 26:19

„Deswegen war ich, o König Agrippa, gegen die himmlische Erscheinung nicht widerspenstig,“

Die Worte unseres Leitverses führen uns vor Augen, dass Paulus ja zu dem König Agrippa sprach, dass er seine Unschuld den Anklagen der Juden gegenüber beweisen wollte. Was wir, liebe Geschwister, in den zurückliegenden Tagen behandelt haben, war dem König natürlich verschlossen, denn er gehörte offensichtlich nicht zu jenen, die Gott auserwählt hatte. Für ihn war also nur interessant: War dieser gekreuzigte Jesus wirklich der Sohn Gottes, wie Paulus vorgab, oder war er nur ein normaler Mensch, wie es die aufsässigen Juden behaupteten. Pauli Rechtfertigung konnte vor dem König nur auf dem Boden des Königreichevangeliums geführt werden, wohin uns der nächste Vers dann auch führt. Heute jedoch wollen wir uns noch etwas mit den „Erscheinungen“ beschäftigen, die Paulus nicht nur vor Damaskus, sondern auch später noch hatte:

Bis zur Berufung Pauli gab es nur das Evangelium des Königreichs! Die Körpergemeinde Christi Jesu war völlig unbekannt, sie war ein Geheimnis Gottes! Da dieses Geheimnis aber nur Paulus (!!!) enthüllt wurde, finden wir demzufolge nirgendwo anders in der Schrift etwas darüber. Paulus selbst konnte also seine Erkenntnis in keinem Fall aus den bis dahin vorliegenden Schriften des AT entnehmen, vielmehr stammten sie ausschließlich aus Enthüllungen und Erscheinungen! Und die erste Erscheinung war ja vor Damaskus, gegen die Paulus vor dem König bezeugte, nicht widerspenstig (also ablehnend) gewesen zu sein. Wir dürfen hier anmerken, dass es ihm gar nicht gelungen wäre, widerspenstig zu sein! Der Herr Selbst öffnete dem Saulus die Augen und führte ihn in Sein Licht, und dieses Licht war so überwältigend, dass wir uns dies kaum oder gar nicht vorstellen können!

Lasst uns heute erneut vor Augen stellen, dass es in keiner Weise vom Menschen abhängt, wann und wie er glaubt. Das Volk Israel blieb trotz aller Zeichen und Wunder widerspenstig, weil gem. Röm 11:25-26 seine Rettung erst nach unserer Entrückung geschieht – und dann wird auch Israel als Gesamtheit nicht mehr widerspenstig sein!

Die Erscheinungen beschäftigen uns noch einen Tag lang: Zuerst müssen wir hervorheben, dass Pauli Erkenntnis über den Herrn, über Sein Wirken, über das uns angehende Evangelium der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade, sowie alle uns betreffenden Geheimnisse einzig und allein auf Erscheinungen und Enthüllungen beruhen!!! Deshalb schrieb er in Gal 1:11-12, dass er sein Evangelium von keinem Menschen gelehrt bekam, weder von Petrus, noch von Jakobus oder von sonst einem der Jünger Jesu, vielmehr wurde ihm alles durch Enthüllungen Jesu Christi zuteil, wobei die Erscheinung vor Damaskus den Anfang bzw. den Auftakt darstellte.

Es ist für uns von elementarer Bedeutung, dass wir demzufolge das uns betreffende Evangelium der Gnade nicht dort suchen, wo es gar nicht zu finden ist, weder in den so genannten vier Evangelien noch in den Briefen der Apostel der Beschneidung wie Petrus, Jakobus und Johannes, sondern ausschließlich bei Paulus!

In 2Kor 12:1 spricht Paulus von Erscheinungen und Enthüllungen in der Mehrzahl – und diese Enthüllungen gab der Apostel fortlaufend in seinen Briefen an die Gemeinden, die er gegründet hatte, weiter. In 1Kor 13:9-10 spricht Paulus von „Bruchteilen“, das heißt: Eine Erscheinung und Enthüllung wird der Vorherigen zugefügt, bis das letzte Geheimnis enthüllt wurde und das Wort Gottes damit auf sein Vollmaß gebracht wurde. Paulus kündigte dies so an: „Wenn aber die Reife kommt …“!

Mit dieser Reife, dem vollständig niedergeschriebenen Wort Gottes, hören Prophetenworte, Zungenrede, auch Erscheinungen und Enthüllungen auf, weil diese überflüssig geworden sind! Alle späteren Erscheinungen von Gläubigen müssen daher angezweifelt werden! Satan verstellt sich zu einem Boten des Lichts (2Kor 11:14) und versucht, die Gläubigen weg vom Glauben hin zum Schauen zu verführen!!!

Apg 26:20

„… sondern verkündigte zuerst denen in Damaskus und auch in Jerusalem, dann denen im gesamten Land Judäa und den Nationen, sie sollten umsinnen, sich zu Gott umwenden und Werke verrichten, die der Umsinnung würdig sind.“

Paulus ging es darum, den Grund der Feindschaft der Juden gegen ihn vor dem König Agrippa aufzuhellen, und dies ging am besten vom Boden der praktischen Bewährung aus, also in Verbindung mit Werken, weil dies der König am besten verstehen konnte.

Kann es denn falsch sein, o König, die Juden aufzufordern, umzusinnen, sich zu Gott umzuwenden, Werke zu verrichten, die der Umsinnung würdig sind? Wir sehen, dass Paulus vor Agrippa schwerpunktmäßig Königreichsbotschaft darlegt, die Nationen erwähnt er nur am Rand. Sein Zeugnis war also in Übereinstimmung mit dem jüdischen Gesetz.

Nun lehnten ja die Juden den Gott ihrer Väter nicht ab, sie glaubten durchaus an Ihn, obwohl ihr Verhalten einem störrischen Maultier glich. Wozu also „Umsinnung“? An diesem Punkt kommt die große Wende in der Person „Jesu“: Zu Gott umwenden heißt, den richtigen Weg zu betreten, der zum Vater führt. In Joh 6:28 fragen die Juden, was sie tun müssten, damit sie das Werk Gottes wirken, und Jesus sagt: „Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den derselbe ausgesandt hat!“ Und in Joh 14:6 sagt Er: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch Mich.“ Damit ist auch dem Volk Israel der neue Weg zum Gott ihrer Väter gewiesen, hin zu „Jesus“!

Viele Menschen behaupten heute, sie glaubten an Gott – doch mit Jesus können sie nichts anfangen! Wir sehen, liebe Geschwister, dass es zwei Seiten gibt: Der Glaube an Gott ist die eine Seite (Satan glaubt auch an Gott), doch eine lebendige Beziehung zu Gott aufzubauen ist die andere Seite, und die heißt „Jesus!“ Nur über Ihn gelangt der Mensch zu Gott und nur „in Ihm“ kann er „Abba, Vater“ rufen (lies Röm 8:15-16).

Apg 26:21-22

"Deswegen ergriffen die Juden mich, als ich in der Weihestätte war, und versuchten, die Hand an mich zu legen. Da ich nun von Gott bis auf diesen Tag Beistand erlangt habe, stehe ich da und lege vor klein und groß Zeugnis ab.“

„Deshalb“ … so beginnt unser Leitvers, und zurückblickend fassen wir dies so zusammen: Paulus glaubte den Verheißungen Gottes, vor allem „den Messias“ betreffend. Und genau deswegen verfolgten ihn die verblendeten Juden! Ist dieses Verhalten nicht auch für unsere Zeit typisch?

Es gibt eine große Zahl Christen (die sich zumindest als solche bezeichnen), die all jene beargwöhnen, die von der vorgegebenen religiösen Linie der Staatskirche abweichen, denen es nicht genügt, fromme Tradition auszuüben, sondern die im Wort Gottes forschen, die dieses geschriebene Wort lieb gewonnen und darin ihre tägliche Speise erkannt haben! Und es bleibt nur zu oft nicht beim „Argwohn“: Sobald sich ein forschender Gläubiger den theologischen Dogmen entgegen stellt, sie anzweifelt oder gar als falsch entlarvt, wird er genauso verfolgt, wie Paulus! Und es sind nur zu oft gerade solche, die Gottes Wort noch nie am Stück und im Zusammenhang gelesen haben.

Paulus bezeugte vor dem König, dass er von Gott Beistand erlangt hatte, allerdings Beistand nur im Hinblick auf den Verlauf des Evangeliums. „Körperlich“ musste Paulus unendlich viel erdulden, eine Aufzählung seiner Drangsale finden wir in 2Kor 11:22-28. Dies soll und darf auch uns zusprechen, liebe Geschwister! Gottes Wort soll für uns kein Apothekerschränkchen sein, welches wir nur bei körperlichen Schmerzen öffnen, um ihm ein Schmerzmittel zu entnehmen – es muss unsere tägliche Speise sein, um unseren inwendigen Menschen zu nähren und zum Wachsen zu bringen! Vielleicht können wir mit Paulus bezeugen: „Darum ist mir wohl zumute selbst in Schwachheiten …. „ (lies 2Kor 12:10).

„Nichts sage ich außer dem, wovon die Propheten und auch Mose geredet haben, dass es künftig geschehen werde,“

Merkwürdig: Paulus sagt nur das, was in den alten Schriften niedergeschrieben wurde und was jeder Jude lesen konnte … und trotzdem wurde er verfolgt; wir fragen hier zu Recht „warum“?

Tatsache ist, dass die Juden ihren König, ihren Messias, herbeisehnten, aber er sollte auch „königlich“ kommen! Mit einem armen Kindlein, dass in einem Stall geboren wurde, sah die Masse des Volkes keinen König, und menschlich gesehen ist dies durchaus verständlich. Nun weissagen die Propheten das Kommen Jesu a) sowohl als Mensch, wie auch b) als Sohn Gottes in Herrlichkeit voraus – zwei völlig verschiedene Kommen Christi Jesu; wir sprechen vom Kommen Jesu als Mensch, um die Sünde auf Sich zu nehmen, und wir sprechen von Jesu Kommen in Herrlichkeit auf den Ölberg als der sichtbare Messias Israels. Und nun taten die Juden etwas, was auch bei uns bis heute leider nur zu oft praktiziert wird: Sie suchten sich nur die angenehmen Aussagen in Gottes Wort heraus, in diesem Fall jenes Kommen Jesu, welches ihnen angenehm war: Sein Kommen in Herrlichkeit! Mit anderen Worten: Sie pickten sich jene Aussagen heraus, welche sie hören wollten; die unangenehmen Aussagen übersahen sie einfach!

Obiges ist die menschliche Erklärung für die ablehnende Haltung der Juden gegen all jene, die den Erdenweg Jesu, Seinen Tod am Kreuz und Seine Auferweckung bezeugten. Doch es gibt noch die göttliche Seite, die uns auch allen bekannt ist: Wir finden sie in Röm 11:25 ff. Und da uns die Aussagen über das Geheimnis der Verstockung Israels bekannt sein sollte, dürfen wir auch kein Urteil über das Verhalten der Juden fällen, wie es die ungläubige Welt tat und immer noch tut. Dafür dürfen wir uns an Röm 11:12 erinnern lassen: „Wenn aber schon ihre Kränkung der Welt Reichtum ist und ihr Niedergang (ihre Minderung) der Reichtum der Nationen, wieviel mehr wird es ihre Vervollständigung werden!“

Apg 26:23

„…ob nämlich Christus leiden müsse, ob Er Sich als Erstling aus der Auferstehung Toter anschickt, dem Volk Israel wie auch den Nationen das Licht zu verkündigen.“

Paulus bezeugte also nur, was längst geschrieben stand, dass Jesus, wie es in 1Petr 1:19-20 zu lesen ist, schon vor dem Niederwurf der Welt als Opferlamm bereitstand. Und auf dieses Opfer deutet ja schon ganz zart 1Mo 1:3:21 hin, denn die Röcke von Fellen kamen von getöteten Tieren! Im gleichen Sinn ist 1Mo 4:4 zu sehen, Gott achtete auf das Blutopfer Abels, auf Kains Opfer hingegen nicht. Diese Blutopfer durchziehen das ganze AT, sie weisen alle auf Christus hin. Was nun in all den Opfern des AT vorgeschattet war, erfüllte sich im NT: „Denn so sehr liebt Gott die Welt, dass Er Seinen einziggezeugten Sohn gibt, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht umkomme, sondern äonisches Leben habe. Denn Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt ausgesandt, dass Er die Welt richte, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet werde“ (Joh 3:16-17).

Und wie viel Jesus leiden musste, können wir wahrscheinlich nur ansatzweise erahnen! Aber es spricht für die nicht fassbare Qual der Leiden, dass selbst das Opferlamm kurz vor Seiner Hinrichtung vor dem Berg an Schuld und Sünde zurückwich: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Becher an Mir vorüber … (Mt 26:39)! Und wie völlig anders schildert Sacharja (Sach 14:4 ff) das Kommen Christi Jesu: Seine Füße stehen auf dem Ölberg, der Ölberg wird sich mitten entzwei spalten, und die Menschen werden fliehen … es ist die sichtbare Ankunft Christi als König über alle Lande.

Ein schweres Wort nehmen wir heute mit in den Tag: „Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt. Und so vollkommen gemacht …“ (Hebr 5:8 ff). Gehorsam durch Leiden? Vielleicht entdecken wir hier, liebe Geschwister, einen Zusammenhang zu Phil 1:29-30!

Unser Leitvers beinhaltet noch Aussagen, die wir nicht übergehen möchten: Christus, der Erstling aus den Toten! Etwas anders aber sinngemäß gleich lesen wir in Kol 1:18: „Er ist als Erstgeborener aus den Toten, so dass Er in allem der Erste werde“.

Wenn wir diese klare Aussage ernst nehmen, bedeutet es, dass vor der Auferstehung Jesu kein Geschöpf dies erlebt haben kann! Da erheben sich natürlich Fragen wie: Was war z. B. mit Lazarus, den Jesus ja noch zu Seinen Lebzeiten auf Erden auferweckt hat? Oder viel früher: Was war mit Henoch (1Mo 5:24)? Was war mit Elia? Bei Lazarus ist die Antwort noch relativ einfach: Er wurde von Jesus ins Leben zurückgerufen, musste aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder sterben; seine Auferweckung war also nur zeitlich begrenzt. Schwieriger wird es bei den Fällen im AT. Bei Henoch lesen wir, dass er von Gott hinweg genommen wurde, und danach nie mehr gesehen wurde. In Hebr 11:5 wird er mit den Glaubensvätern angeführt, und Hebr 11:13 gibt dann an, dass diese alle starben! Wir könnten jetzt noch in diesem Thema lange fortfahren, denn es gibt ja noch viele Beispiele wie Elia … doch dies wären Seiten füllende Auslegungen. Wir möchten hier nur feststellen, dass kein Geschöpf dem Sohn Gottes zuvorgekommen ist!!! Es ist die herrliche Tatsache, dass Christus Jesus, unser Herr und Haupt, in allem der absolut Erste war und ist! Dies ist eine Generalaussage der Schrift!

Pauli Verteidigung geht mit diesem Vers zu Ende, und vieles, was wir hier ausgeführt und an dem wir uns erfreut haben, konnte Agrippa natürlich nicht verstehen, weil Paulus den Schwerpunkt auf das Israel verheißene Königreich legte. Noch war das Königreich nicht endgültig beiseite gestellt worden, dies geschah erst am Abschluss der Apostelgeschichte.

Apg 26:24

„Als er sich mit diesen Worten verteidigte, entgegnete Festus mit lauter Stimme: Du bist von Sinnen, Paulus! Die vielen Schriften zerrütten dich bis zur Raserei!"

Im letzten Vers 23 sprach Paulus noch von „dem Licht“, das er den Nationen zu verkündigen hatte, ein Licht, welches das ganze Wort Gottes durchstrahlt. Aber nur geöffnete Augen können es erkennen und werden von ihm erfasst, wie einst Saulus vor Damaskus. Alle anderen Menschen sehen nur den äußeren geschichtlichen Ablauf, ohne „Jesus“ zu erkennen!

Wir dürfen davon ausgehen, dass Paulus sein ganzes Herz, seine ganze liebende Leidenschaft und seine tiefe innere Freude in sein Zeugnis gelegt hat, aber all dies berührte Festus nicht, er war weder auserwählt noch vorherbestimmt, und so musste ihm die Rede Pauli wie „Raserei“ vorgekommen sein! Festus hat nur soviel verstanden, dass er annehmen musste, hier handelte es sich eben um eine Weltanschauung, die von einem Fanatiker vertreten wird, der zuviel in den Schriften studiert. Und er findet kein anderes Wort als „Raserei“ dafür!

Diese Worte berühren mich (den Verfasser dieser Zeilen) seltsam: Vor Jahrzehnten, als ich mich noch in charismatischen Kreisen bewegte, wurde mir Ähnliches vorgeworfen! Ich hatte in der Gemeinde vermehrt auf Paulus hingewiesen und Verse zitiert, die „von Leiden“ sprachen. Darauf warf man mir (von den leitenden Brüdern) vor, „ich würde zuviel in der Bibel lesen – ich solle mich lieber danach ausstrecken, etwas im praktischen Alltag mit Jesus zu erleben!“ Doch genau durch dieses Lesen in Seinem Wort führte mich Gott durch alle Klippen hindurch weiter! Das geschriebene Wort ist die ganz wichtige Speise für unseren inneren Menschen! Nur Sein Wort bringt uns das nötige Wachstum, damit wir aus dem Stadium des Kindleins im Glauben zu Vätern heranreifen dürfen, die, wie 1Jo 2:13 bezeugt, „den erkannt haben, der von Anfang an ist.“

Apg 26:25

„Doch Paulus erklärte: <Ich bin nicht von Sinnen, hochgeehrter Festus, sondern ich spreche Worte der Wahrheit und der gesunden Vernunft aus.“

Wer im Wort der Wahrheit liest, fördert seinen inwendigen Menschen, er gibt diesem die nötige Speise. Das „Wort der Wahrheit“ gipfelt in einer Person, die von Sich sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14:6), es ist unser Herr und Haupt! Wenn wir folglich „Ihn“ im Wort Gottes suchen, wenn wir „Ihn“ anschauen, wenn wir unsere Herzen auf „Ihn“ ausrichten, mögen wir für unsere Umwelt Schwärmer, Dumme, ja sogar Fanatiker sein, und doch sind wir auf dem einzig richtigen Weg , der uns ans Ziel bringt!

Diesen Weg sollen wir aber nicht „blind“ gehen, das heißt, unsere Vernunft, unseren Verstand ausschalten, im Gegenteil: In 2Tim 1:7 spricht Paulus dem wohl verzagenden Timotheus zu, indem er ihm vor Augen hält, dass Gott uns keinen Geist der Verzagtheit, sondern der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft gegeben hat. „Gesunde Vernunft“ – was dürfen wir darunter verstehen? Im Grunde ist es ganz einfach, wir sollen unseren Verstand einsetzen! Am Wort Gottes gemessen sieht dies so aus: Wir sollen unsere gesunde Vernunft beim Lesen einsetzen, wir sollen über Gottes Wort nachdenken, es im Herzen bewegen. Und wenn wir dies tun, spüren wir, wie dieser Geist, von dem Paulus an Timotheus schrieb, auch uns leitet. Doch die obigen Worte an Timotheus gehen noch weiter: In den Versen 8 ff soll er sich nicht des Zeugnisses unseres Herrn schämen, noch der Gebundenheit Pauli, sondern Timotheus soll vielmehr für das Evangelium Übles leiden – und dies tut Paulus hier offensichtlich vor Festus! Er leidet, weil die Wahrheit als „Raserei“ bezeichnet wird, weil das Forschen in den Schriften für „unsinnig“ gehalten wird!

Auch wir, liebe Geschwister, dürfen diesen Geist der Kraft, der Liebe und der gesunden Vernunft in Anspruch nehmen, er ist uns gegeben! Entfachen wir diese Gnadengabe Gottes in uns immer wieder!

Apg 26:26-27

„Der König weiß doch in diesen Dingen Bescheid, zu ihm spreche ich auch freimütig; ich bin nämlich nicht überzeugt, dass ihm etwas von alldem entgangen ist; denn dies ist ja nicht in einem Winkel betrieben worden. Glaubst du, König Agrippa, den Propheten? Ich weiß, dass du ihnen glaubst!“

Wirkte die Rede Pauli für Festus wie Raserei, so erhoffte sich der Apostel von dem König eine andere Reaktion und wendet sich jetzt auch ganz persönlich an diesen:

„Gesunde Vernunft“ soll der König einsetzen, also seinen Verstand gebrauchen! Schon in Apg 11:26 lasen wir, dass die Jünger Jesu als „Christen“ bezeichnet wurden, und der König wusste sehr wohl, was diese Bezeichnung bedeutete. Aber das alleinige Wissen genügte hier nicht, es ist vielmehr abhängig vom Verständnis der prophetischen Schriften. Menschlich gesehen müsste es also dem König möglich sein, auf Grund der gegebenen Tatsachen über das Leben, Sterben und die Auferstehung Jesu in Verbindung mit den prophetischen Voraussagen zu erkennen, dass Pauli Zeugnis wahr ist!

Pauli Worte zwingen den König zu einer Antwort, ja mehr noch, zu einer Entscheidung: Für oder gegen Jesus!

Bevor wir die Antwort des Königs hören, wollen wir uns selber fragen lassen: Kann man allein mit der Vernunft und dem Wissen um Gottes Wort zu Jesus finden? Normalerweise „Ja“! Aber da ist ein Geschöpf Gottes, welches die Gedanken der (noch) Ungläubigen blendet, wir lesen von ihm in 2Kor 4:4. Der Gott dieses Äons ist „Satan“, und es ist seine Aufgabe, all jenen, die nicht vorherbestimmt sind, die Gedanken zu blenden; es ist also diesen Menschen gar nicht möglich zu Jesus zu finden, weil Gott sie nicht zieht (Joh 6:44)! Das Evangelium ist ihnen (noch) verhüllt! Doch auch all jenen, die heute noch nicht glauben können, wird einmal dieser Lichtglanz erstrahlen; in 1Kor 15:20-24 wird uns gezeigt, dass auch der Letzte einmal bei der Vollendung in dem Namen „Jesus“ lebendig gemacht werden wird, damit „Gott alles in allen sei“.

Apg 26:28

„Da sagte Agrippa zu Paulus: Mit so wenigen Worten könntest du mich fast überreden, um aus mir einen Christen zu machen.“

Wir sind der Ansicht, dass Agrippa sehr wohl von den Worten des Apostels Paulus ergriffen war, er spürte sicherlich tief in sich den Wahrheitsgehalt des Zeugnisses. Und dennoch – er konnte den letzten Schritt nicht tun, weil der Vater ihn nicht zu Jesus zog, wie wir es schon öfters in Joh 6:44 aufgezeigt haben.

Es herrscht allgemein sehr viel Unkenntnis über unsere Auswahl und Vorherbestimmung in Christus, und die gleiche Unkenntnis besteht über unsere Zukunft in der Herrlichkeit! Aus dieser Unkenntnis heraus versuchen auch so viele Gläubige, wenigstens ihre nächsten Verwandten zum Glauben zu bewegen, ja fast schon zu zwingen. Es ist die tragische Lehre des „entweder / oder“, was heißen soll: Entweder ewig gerettet oder ewig verloren! Wäre es so, dann wäre auch der Eifer verständlich, mit dem man liebe Menschen retten möchte.

Aber wie schwer es ist, Gläubige aus dieser irrigen Tradition herauszuführen, haben wir sicher alle schon erlebt. Dabei ist alles doch so einfach: Gott ist der Retter aller Menschen (1Tim 4:10), Er schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme (Röm 11:32). Doch um alle zu retten, beruft Gott zuerst eine Auswahl aus der Menschheit, die Ihm als Werkzeuge dienen, um dieses Ziel zu erreichen. Mit anderen Worten: Die von Gott vorherbestimmten und berufenen Gläubigen haben die Aufgabe, die gesamte Schöpfung Gottes zu „Jesus“ zu führen.

So war es auch bei Agrippa! Er hörte wohl das Zeugnis, konnte aber (noch) nicht glauben! Der Zugang zu Jesus war ihm noch verschlossen! Wie reagierte nun Paulus auf diese Ablehnung? Wie reagieren wir, wenn unser Zeugnis nicht angenommen wird?

Apg 26:29

„Paulus antwortete: Ich wünschte wohl vor Gott, ob mit wenigem oder mit großem Aufwand, dass nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen diese Fesseln.“

Wir hören heute die Antwort unseres Apostels; er ist nicht enttäuscht über die Ablehnung seines Evangeliums auch nicht darüber, wie sich Agrippa um eine klare Antwort drückt. Keiner weiß ja besser wie Paulus, dass wir vorherbestimmt sein müssen, um ein „Ja“ zu finden! Was wir aus Pauli Worten heraushören, ist „Liebe“! Und „Liebe“ - wir reden hier von der Liebe Gottes, die in unsere Herzen ausgegossen ist (Röm 5:5) - verträgt alles, ja sie erwartet alles und erduldet alles, wie es in 1Kor 13:4-7 aufgezählt ist.

Die Reaktion des Apostels können wir mit Röm 9:1 ff vergleichen! Hier blickt Paulus auf seine Stammesverwandten, auf das Volk Israel. Und mit tiefem Schmerz erkennt er den Weg Gottes, der dieses Volk erst einmal in die Widerspenstigkeit und Ablehnung führt, weil Gott ihre Herzen verstockt hat. „Liebe“ kann Schmerzen bereiten, weil man dem anderen ja auch die Vorherbestimmung wünscht! Wie schön wäre es menschlich gesehen, wir könnten Hand in Hand mit unseren Ehepartnern, Kindern, Verwandten und lieben Freunden in die Herrlichkeit eingehen … ein Wunsch aus Liebe, nur: Die unangenehme Seite der Berufung möchte Paulus nicht weitergeben: Die Leiden seiner Berufung, hier seine Fesseln (siehe Apg 9:16)!

Die von Gott auserwählten Geräte, die Seinen Namen weiter tragen, müssen um Seines Namens Willen auch Leiden ertragen, das gehört mit hinein in die göttliche Schule der Zubereitung – bei Paulus wie auch bei uns! Denken wir hierbei an Joseph: Aus 12 Brüdern von Gott auserwählt musste er zuerst tiefste (!!!) Wege gehen, die einen normalen Menschen zur Verzweiflung gebracht hätten. Erst ganz am Ende setzte ihn Gott neben den Pharao, so dass er das göttliche Werkzeug für seine Familie werden konnte. Joseph wird damit auch für uns ein nachdenkenswertes Vorbild!

„…ausgenommen diese Fesseln.“

Wir haben gestern „Josef“ erwähnt, den Lieblingssohn von Jakob, wir wollen ihn heute noch etwas vertieft ansehen, weil wir aus seinem Weg viel Zuspruch erhalten können:

Wir finden die Geschichte des Joseph in 1Mo 37:1 ff, und es geht uns darum, aufzuzeigen, wie Joseph als Auserwählter Gottes leiden musste. Sein Verhängnis fing ja an, dass er von seinem Vater Jakob mehr geliebt wurde, als die anderen Brüder; dazu kamen die seltsamen Träume – das erweckte „Eifersucht“! Was mag in ihm vorgegangen sein, als er in eine tiefe Zisterne geworfen wurde, um darin zu sterben. Joseph war zu diesem Zeitpunkt erst 17 Jahre alt. Von seinem Glauben an Gott lesen wir hier noch nichts, dieser tritt erst in Ägypten zum Vorschein, und hier wird es richtig dramatisch:

In 1Mo 39 wird Joseph von der Frau seines Dienstherrn Potiphar in Bedrängnis gebracht, doch im Vertrauen auf seinen Gott widersteht er! Und jetzt, liebe Geschwister, folgt das Bemerkenswerte: Anstatt dass Gott den Joseph für seine Treue belohnt, wird dieser angeklagt und ins Gefängnis geworfen, wo Jahre vergingen! Menschlich gesehen hätte Joseph doch an seinem Gott verzagen müssen! Um vor Ihm sündlos zu bleiben, widersteht er dieser verlockenden Frau und wird dafür mit langjährigem Gefängnis bestraft. Schnell ertönt da der Ruf: Wo ist Gott? Warum greift Er nicht ein? Kennen wir solche Gedanken?

Lange musste Joseph warten, er war inzwischen wohl schon über 30 Jahre alt, als seine Erhöhung folgte. Joseph ist ein Bild für Jesus, und er ist ein Vorbild für uns. Paulus wünscht denen, die ihm nachfolgen, keine Fesseln, doch sie gehören einfach zur göttlichen Schule. Und die Fesseln können ein vielfältiges Gesicht in unser aller Leben haben. Joseph verwarf seinen Gott nicht, auch nicht in schlimmster Lage. Paulus wurde von Gott gesagt: „Dir genügt meine Gnade …“ (2Kor 12:9) – lassen auch wir uns daran Genüge haben, unser Lohn kommt in der Gestalt unseres Herrn, der uns in Wolken abholt!

Apg 26:30-31

„Dann stand der König auf, ebenso der Statthalter sowie Bernice und die bei ihnen saßen. Als sie sich zurückgezogen hatten, sprachen sie noch miteinander und sagten: Dieser Mann hat nichts verübt, was den Tod oder Fesseln verdient.“

Paulus hat seine Rede beendet, und trotz seiner Erkenntnis um die Verstockung Israels wünscht er sich in seinem Herzen, dass all seine Zuhörer solche würden, wie er ist, ausgenommen der Fesseln. So kann nur ein Mensch reden, der die göttliche Liebe in sich spürt. Für uns darf dies ein Zeichen sein, mit unserer Fürbitte und unseren Gebeten nie aufzuhören, auch wenn sie aussichtslos erscheinen!

Die Entscheidung des Festus unter Einbeziehung des Königs war gefallen, und sie war heilsgeschichtlich von großer Bedeutung. Aus diesem Grund räumte Lukas diesem Geschehen auch so viel Raum in diesem Kapitel ein. Vordergründig war, dass alle die Unschuld des Apostels feststellten, doch tiefer gesehen wusste der Apostel Paulus nur zu gut, dass mit der Berufung auf den Kaiser und seiner Reise nach Rom sein Wirken für sein Volk auf dem Boden Israels beendet war – es war ein Abschied von seinem jüdischen Land, das er von Herzen liebte! Und er wusste auch, dass mit dem Abschied von Cäsarea ein ganz neuer Abschnitt seines Wirkens auf ihn zukam.

Was wir in unserem Leitvers lesen, ist der Freispruch Pauli unter der römischen Hoheit; seine Schuldlosigkeit wird hier „dokumentiert“! Doch obwohl er freigesprochen wurde, war er dennoch nicht freigelassen, er musste zum Kaiser nach Rom, und dies, weil Gott alles längst bewirkt hatte.

Schauen wir noch einmal auf Paulus: Wie innig hätte er sich gewünscht, seine Worte hätten Gehör erlangt! Mit großer Betrübnis und unablässigem Schmerz in seinem Herzen (Röm 9:2) geht er den ihm vorherbestimmten Weg! Und auch wir, liebe Geschwister, dürfen manchmal traurig sein, wenn Gottes Wege anders verlaufen als unsere Vorstellungen! Aber dennoch: Gottes Wege führen alle ans Ziel!

Apg 26:32

„Und Agrippa erklärte dem Festus: Dieser Mann könnte freigelassen werden, wenn er nicht Berufung an den Kaiser eingelegt hätte.“

Stellen wir heute wegen der großen Bedeutsamkeit noch einmal fest: Hier in Cäsarea endet im Grund vorläufig der heilsgeschichtliche Weg des Evangeliums; was noch folgt, ist die Reise bzw. Überführung per Schiff nach Rom, die aber trotzdem für uns viel Interessantes enthält. Vor allem aber erleben wir noch die endgültige Verstockung Israels mit!

Wichtig ist aber auch, dass sämtliche Vertreter der römischen Obrigkeit, also Lysias, Felix wie auch Festus, die Unschuld des Apostels Paulus beteuert haben, und dennoch nichts für seine Freilassung unternommen hatten! Im Grunde kam erst durch das Zeugnis vor dem König Agrippa die jahrelang hinausgeschobene Entscheidung zustande, Paulus nach Rom zu schicken. Menschlich gesehen müssten wir fragen: Warum lag Paulus so lange untätig im Gefängnis in Cäsarea? Hätte ihm Gott nicht schon hier enthüllen können, was Er seinem Apostel in Rom enthüllte? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Enthüllungen in Rom betrafen nur noch die Nationen, nicht mehr das Volk Israel! Deshalb musste Paulus den Boden Israels verlassen und sich mitten unter die Nationen begeben; und Rom war damals das Zentrum der Welt!

Aber schauen wir heute auf einen anderen Mann, der ebenfalls von der römischen Obrigkeit das Siegel der Unschuld bekam: „Als Pilatus gewahrte, dass er nichts ausrichten konnte, sondern nur noch mehr Tumult entstand, nahm er Wasser, wusch sich vor der Volksmenge die Hände und sagte: Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten“ (Mt 27:24). Und dieser „Gerechte“ ist unser Herr! Aber mehr noch: Seine Gerechtigkeit wurde „die unsere“! So konnte Paulus schon in 1Kor 1:30 feststellen: „Christus Jesus … der uns von Gott her zur Weisheit gemacht worden ist, wie auch zur Gerechtigkeit …“!

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27. Die Apostelgeschichte Kapitel 27