Gottes Gerichte an Israel

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum:
"Die Gerichte Gottes" (1980)
von Mathias Jaegle (siehe Lebensbild)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften:
Inhaltsverzeichnis

Die Gerichte Gottes

1. Die vergangenen Gerichte:

Gottes Gerichte über Israel

Die nun folgende Geschichte Israels bildet eine ununterbrochene Kette von Gerichten; bald sind es solche über Einzelpersonen oder Gruppen, dann wieder solche über das gesamte Volk und auch über andere Nationen. Sie folgen oft so rasch aufeinander, dass man diesen großen Teil der Heiligen Schrift „Das Buch der Gerichte“ betiteln könnte.

Diese Berichte bilden in ihrer Gesamtheit einen eindringlichen Kommentar zu Jesajas Ausspruch“ „Jahwe ist ein Gott des Gerichts“ (Jes 30:18). Wahrlich, Israel hat es zu spüren bekommen, dass Gott Sünde nicht ungestraft lässt. Die Betrachtung dieser Strafen ist selbst für uns, als die unter Gnade lebenden Glieder der Gemeinde Christi, sehr heilsam und erzieherisch; denn sie vertieft unsere Erkenntnis der Heiligkeit Gottes und der Unnachgiebigkeit Seines Gesetzes, unter dem Israel lebte. An dem Beispiel dieses Volkes sehen wir, dass der Gott der Liebe nicht zaudert, auch über Seine Geliebten schwere Gerichte zu verhängen, wenn sie auf Sündenwegen gehen.

Gottes verschiedene Strafarten

Was nun die Durchführung dieser Strafen betrifft, so wendet Gott verschiedene Methoden an, direkte und indirekte. Diese beiden Arten, Gerichte zu vollziehen, sei es durch Ihn Selber, sei es durch von Ihm bestimmte und berufene Menschen, werden uns in Israels Geschichte anschaulich und lehrhaft vor Augen geführt.

Nadab und Abihu, die Söhne Aarons, die fremdes Feuer vor Jahwe brachten, wurden für ihren Ungehorsam von Ihm Selbst durch Feuer vernichtet (3Mo 1-7). Auch die Kundschafter, welche das Volk verzagt machten, starben für ihre Feigheit durch direktes, göttliches Eingreifen (4Mo 14:36.37). Ähnlich strafte Gott den falschen Propheten Hananja, der vorgab, von Ihm gesandt zu sein; er starb noch im selben Jahr (Jer 28:1-17).

In diesem Zusammenhang sei auch das Gericht über Achan erwähnt, der sich an gebanntem Gut vergriffen hatte. Er wurde mit seinen Söhnen, Töchtern samt allem Hab und Gut von ganz Israel gesteinigt und verbrannt (Jos 7:1-26).

Zu anderer Zeit musste Israel das in Ungehorsam gefallene Juda strafen, und umgekehrt. So gab Gott einmal das Zehnstämmereich unter der Regierung des abtrünnigen Jerobeam in die Hand Judas, und diese zerschlugen nicht weniger als eine halbe Million auserlesener Männer in Israel (2Chr 13:15-17). Doch als Ahas in Jerusalem regierte und in den Wegen der Könige Israels wandelte, gab Gott Juda in die Hand des israelitischen Königs Pekach, der an einem Tage in Juda 120 000 Mann erschlug, weil sie Jahwe, den Gott ihrer Väter, verlassen hatten (2Chr 28:1-6).

Die Nationen als Zuchtruten für Israel

Doch noch viel demütigender und schmachvoller war es für Israel, wenn Gott es in die Hand seiner Feinde gab, so dass diese Seine Gerichte an ihm ausübten, und das kam sehr oft vor. Im Buch der Richter folgt Fall auf Fall. Wie es dabei zugehen sollte, wir in Ri 2:13-15 kurz gesagt, und darauf wird die Durchführung berichtet: Ri 3:8.12.13; Ri 4:2; Ri 6:1; Ri 10:7; Ri 13:1. Als die Philister in jener Schlacht 4000 Mann von Israel erschlugen, erklärten die Ältesten diese Niederlage mit den Worten: „Jahwe hat uns heute vor den Philistern geschlagen“ (1Sam 4:1-3).

Die Nationen, welche im Auftrag Gottes die schwersten Gerichte an Israel auszuführen hatten, waren Assur und Babel. Diesen fiel die Aufgabe zu, das Volk Gottes in die Gefangenschaft zu führen. Damit dieses Gerichte nicht als natürliches Ergebnis der Völkerbewegung angesehen würden, hat sie Gott zuvor durch Prophezeiungen bekanntgemacht. So ließ er durch den Propheten Jesaja (Jes 7:17-20) ansagen, dass Er den König von Assyrien über sie bringen werde. Noch öfters hat Er Seinem ungehorsamen Volke mit der babylonischen Gefangenschaft gedroht (Jer 20:4 u.a.m.)

Alles traf ein. Unter dem König Salmanassar wurde Israel, das Zehnstämmereich, nach Assur weggeführt (2Kö 18:9-12). Fast ein Jahrhundert später geschah die erste Wegführung aus Juda nach Babel unter Nebukadnezar (2Chr 36:6-7). Die zweite folgte (2Chr 36:16-21), und beschlossen wurde dieses Gericht mit der Zerstörung Jerusalems (2Chr 36:19). Wenn man bedenkt, was dieses Volk zuvor an göttlichen Segnungen genoss, so lässt dies etwas davon ahnen, was diese Gerichte für sie an Leiden und Drangsalen in sich schlossen. Und warum dies alles? Jer 52:3 gibt die Antwort: „Denn wegen des Zornes Jahwes geschah dies wider Jerusalem und wider Juda, bis Er sie von Seinem Angesicht weggeworfen hatte."

Israels Frevel an Gottes Langmut

Doch damit, dass Israel ungehorsam war und in diese Gerichte hineinkam, est dieses traurige Kapitel noch nicht erschöpft. Gott hat nämlich nicht sofort auf die Sünden Seines Volkes mit Strafen geantwortet, sondern zuvor in sehr großem Maße Langmut walten lassen. Es war ja eine Hauptaufgabe der damaligen Propheten, das irrende Volk im Auftrag Gottes zu warnen. Die Prophetenrollen sind voll der ergreifendsten Mahnungen an Israel. Man möchte meinen, das abtrünnige Volk hätte sich Gottes inbrünstige Rufe zu Herzen nehmen sollen (Joe 2:12-17). Aber nein, zur Sünde des Abfalls fügte es noch eine weitere hinzu, nämlich Gottes wohlgemeinte Warnungen in den Wind zu schlagen. Der von Satan dem Menschenherzen eingegebene böse Same des Überhörens, Übergehens, ja sogar der Leugnung der Gerichte hatte auch im Gottesvolk guten Nährboden gefunden.

Zu den eifrigsten Nachahmern des Widerwirker Gottes in der Gerichtsleugnung gehörten die falschen Propheten in Israel. Fein und grob suchten sie dem Volk die von Gott angedrohten Strafen zu vertuschen. Als Jahwe Seinem ungehorsamen Volk mit dem Gericht drohte, es durch das Schwert und durch den Hunger und die Pest zu vernichten, musste Ihm der Prophet Jeremia klagend sagen: „Ach, mein Herr, Jahwe! Siehe! die Propheten prophezeien und sagen zu ihnen: Nicht werdet ihr sehen das Schwert, und Hunger wird euch nicht werden; denn Frieden in Wahrheit gebe ich euch an diesem Ort“ (Jer 14:12.13). Um das Volk in falsche Sicherheit einzuwiegen, gingen sie aber noch weiter. Gott Selbst wiederholte einen ihrer irreführenden Aussprüche: „Sie sagen stets zu denen, die Mich verachten: Jahwe hat geredet: Friede wird euch werden, und zu jedem, der in den Starrsinn seines Herzens wandelt, sprechen sie: Nicht wird über euch kommen das Böse“ (Jer 23:17). Ja, sie trieben es noch ärger, indem sie sagten: „Jeder, der Böses tut, ist gut in den Augen Jahwes. und an ihnen hat Er Gefallen“ (Mal 2:17).

Genau wie der Widerwirker in Eden, so leugneten auch diese Verführer das angedrohte Gericht völlig ab und versprachen dem sündigenden Volke eine schöne Zukunft. Aber das geschah nicht etwa aus Weichherzigkeit und edlem Beweggrund, um ihm die Strafe zu ersparen; sondern sie tataen es aus dem gleichen Machtgelüste, das Satan bei den ersten Menschen zu seiner Tat trieb. Man lese nur Hes 34:1-22, um zu sehen, wie brutal und rücksichtslos sie das Volk behandelten, oder wie der Herr durch den Propheten Micha diese Menschen beurteilt: „So spricht Jahwe über die Propheten, die Mein Volk irreführen, welche mit ihren Zähnen beißen und Frieden rufen; und wer ihnen nichts ins Maul gibt, wider den heiligen sie einen Krieg“ (Mi 3:5). Das war die Verfassung der Leute, die Gottes Gerichte über Sünde und Ungehorsam ableugneten, dafür aber gerne selbst richteten. Aber das eigentlich Schlimme dabei war, dass das Volk darauf einging, und sich über die angedrohten Gerichte leichtfertig hinwegsetzte. „Mein Volk liebt es so“, musste Gott klagend sagen (Jer 5:31). So ging man mit den göttlichen Gerichtsaussagen in Israel um und dementsprechend auch mit ihren Verkündigern. Man hasste die Propheten, welche ihnen die Wahrheit sagten, und fühlte sich zu den Lügenpropheten hingezogen.

Welche Langmut hatte Gott an Israel gewandt: „Und Jahwe der Gott ihrer Väter, sandte zu ihnen durch Seine Boten, früh sich aufmachend und sendend; denn Er erbarmte Sich Seines Volkes und Seiner Wohnung“ (2Chr 36:15). Aber der folgende Vers zeigt sein tiefes Absinken und auch das unabwendbare göttliche Urteil: „Aber sie verspotteten die Boten Gottes und verachteten Seine Worte, und äfften Seine Propheten nach, bis der Grimm Jahwes gegen Sein Volk stieg, dass keine Heilung mehr war.“

Es waren also zwei schlimme Sünden, welche Israel ins Unheil stürzten. Dass es von Gottes Geboten abwich, war im Grunde noch nicht die tiefste Stufe. Aber, dass es Gottes Warnungen in den Wind schlug und Seinem Erbarmen lästerhaft entgegnete, das war der böseste Schade. So wurde Israel für jeden frivolen Sünder, Spötter und Verhöhner Seiner Gnade der aufgehobene, warnende Finger: „Irret euch nicht, Gott lässt Seiner nicht spotten."

Israels verkehrte Stellung zu den Nationen

Auch nach anderer Seite hin wird Israels Verständnislosigkeit für Gottes Gerichtswesen offenbar. Als es nach Kanaan kam, hatte es bekanntlich den Auftrag, Gottes Gerichtsvollstrecker an den dortigen Nationen zu sein. Diese waren derartig durch Satans Gewalt versklavt und von Sünde verseucht, dass sie sowieso in diesem Sumpf zugrunde gegangen wären. Um zu verhüten, dass sie Gottes Volk auch noch ansteckten und in diesen Ruin mit hineinzögen, befahl Gott ihre schnellste Ausrottung. Jedoch Israel verstand seine Aufgabe nicht, Gottes reinigendes Organ zu sein, wurde darin träge und ließ schließlich diese verdorbenen Nationen zum größten Teil weiter bestehen. Aber später musste es erfahren, wie es ihm Jahwe vorausgesagt hatte, dass diese Völker ihm zu Dornhecken in den Augen und zu Tartschenspitzen in seinen Seiten wurden (4Mo 33:55).

Doch merkwürdig, wenn wir dieser so wichtigen Sache, nämlich der Israeliten Einstellung zu Gottes Gerichten, weiter nachgehen, so zeigt uns Sein Wort, dass sie gelegentlich auch in das andere Extrem verfielen. Sie gönnten den Nationen keine Gnade. Darin veranschaulicht der Prophet Jona sehr trefflich des ganzen Volkes Gesinnung. Zuerst weigerte er sich, die assyrische Hauptstadt Ninive zur Umsinnung aufzufordern. Als ihn Jahwe nach schwerer Züchtigung im Fisch dazu willig machte, und Er Ninive um seiner aufrichtigen Umsinnung willen vom Gericht verschonte, verdross es den Propheten, und er wurde sogar zornig, weil diese Weltstadt nicht vernichtet wurde. Und nochmals gab Gott Seinem schwer irrenden Propheten eine neue Lektion mit der verdorrten Rizinusstaude und rechtfertigte so Sein Erbarmen mit den 120 000 Einwohnern und ihrem vielen Vieh.

Wie sehr Jonas Gesinnung auch die des ganzen Volkes zu den andern Nationen war, zeigt sich an ihrem Verhalten zu den Fremdlingen, welche in ihrer Mitte wohnten. Mit warmer Fürsorge hatte sich Gott auch dieser Menschen angenommen und Seinem Volk dementsprechende Anweisungen gegeben: 2Mo 22:21; 2Mo 23:9; Jer 7:6; Jer 22:3; Sach 7:10. Aber wie hat es dieses befolgt? Hes 22:29 schleudert ihm Jahwe die Anklage entgegen: „Den Fremdling übervorteilen und vergewaltigen sie widerrechtlich.“ Ihr Vorrecht, das auserwählte Gottesvolk und damit Segensträger für andere Nationen zu sein, verkehrten sie ins Gegenteil. Stolz, kalt und mitleidslos schauten sie auf dieses herab und hätten sie am liebsten andauernd im Gericht gesehen, den Segen für sich alleine behaltend, was aber gar nicht im Willen Gottes lag. An dieser Gesinnung krankten sie fortgesetzt; und sie trug schließlich dazu bei, sie in das Gericht der Verstockung zu führen. Wenn wir bedenken, dass Israel mit seiner ganzen Lebenshaltung die Grundzüge des menschlichen Herzens darstellte, so ist daran ersichtlich, wie wenig der Mensch die göttlichen Gerichte zu verstehen und sich recht zu diesen einzustellen vermag.

Die Sünde der Gerichtsvollstrecker

So wie Gott Israel einst beauftragte, das Gericht an den Kanaanitern zu vollziehen, gebraucht er später die um es her liegenden Nationen als Seine Gerichtsvollstrecker an ihm selber, wenn es den Weg des Ungehorsams und Abfalls ging. Aber auch jene erwiesen sich als unfähig, Gottes Gerichte in rechter Weise durchzuführen. Stets muss Er sie schelten, weil sie dabei die von Ihm gezogenen Grenzen weit überschritten. So spricht Er durch den Propheten Sacharaja die schwere Anklage über sie aus: „Mit sehr großem Zorn zürne Ich über die sicheren Nationen; denn Ich habe ein wenig (über Mein Volk) gezürnt, sie aber haben zum Bösen geholfen“ (Sach 1:15).

Hauptsächlich waren es die zwei mächtigen Völker Assur und Babel (Jer 50:17), die in ihrer Gerichtsausführung unter obige Anklage fielen. Hören wir, wie Gott dieses Vergehen bei Assur bloßstellt: „Wehe dir, Assur, Keule Meines Zorns! Und die Rute Meines Drohens ist in seiner Hand. Wider eine befleckte Nation (Israel) werde Ich ihn senden, und gegen das Volk Meines Ingrimms (Israel) ihn entbieten, um Beute zu erbeuten und Plündergut zu plündern und es (Israel) der Zertretung hinzuwerfen wie Lehm da draußen. Es aber (Assur) meint es nicht also, und sein Herz hat es nicht also ersonnen; sondern zu vertilgen hat es im Sinne und abzuschneiden nicht wenig Nationen“ (Jes 10:5-7). Mit diesen Worten macht Gott Assurs verkehrte Gerichtsauffassung offenbar. Es meinte, Gottes Zorn über Sein ungehorsames Volk wäre endgültig, und deshalb dürfte es Israel endgültig vertilgen.

Aus einer anderen über Babel gesprochenen Anklage geht hervor, dass die Nationen auch die Gefangenschaft Israels ins Unendliche ausdehnen wollten: „So spricht Jahwe der Heere: Die Söhne Israels und die Söhne Judas waren Erpresste allzumal; und alle, die sie gefangen weggeführt, haben sie festgehalten, haben sich geweigert, sie zu entlassen“ (Jer 50:33). Eine weitere Verschuldung deckt Gott an Babel auf, wenn Er spricht: „Ich war ergrimmt über Mein Volk, Ich entweihte Mein Losteil, und Ich gab sie in deine Hand. Du hast ihnen kein Mitleid erzeigt, auf den Alten legtest du schwer dein Joch“ (Jes 47:6).

Mit diesem Ausspruch legt Gott dar, wie Er Seine Gerichte von Menschen durchgeführt haben will und wie Seine Gerichtsvollstrecker dabei übertrieben. Sie, deren Gewissen auch genug belastet war, hätten in der Ausübung ihres Strafamtes Erbarmen walten lassen sollen. Wie es zu dieser Verfehlung kam, zeigt Gott in einem Ausspruch im Propheten Amos (Am 1:11): „So spricht Jahwe: Wegen drei Verbrechen von Edom und wegen vier werde Ich es nicht rückgängig machen: Weil es seinen Bruder mit dem Schwert verfolgt und sein Erbarmen erstickt hat, und weil sein Zorn beständig zerreißt, und es an seinem Grimm beständig festhält.“ (Die Edomiter waren laut 1Mo 36:1.9 die Nachkommen Esaus, des Bruders Jakobs). Nach diesem Wort war in den Herzen der Edomiter noch Erbarmen vorhanden, aber anstatt dasselbe walten zu lassen, erstickten sie es und ließen ihrem Zorn und Grimm freien Lauf.

Wenn Gott dies von völlig Ungläubigen sagt, gibt es demnach auch in deren Herzen ein rein gefühlsmäßiges Erbarmen, welches einen übertriebenen Gericht Einhalt gebieten und vor brutalen Auswüchsen bewahren sollte. Hier ist die Erklärung dafür, dass die Nationen stets unbarmherzig mit Israel umgingen, wenn Gott es in ihre Hand gab: Sie hatten das Gefühl des Erbarmens in sich erstickt. Und darin liegt schlechthin die eigentliche Ursache für die Neigung des Menschenherzens zur Gerichtsübertreibung, sei es in der Lehre oder in der Praxis.

David wussste wohl, warum er bei der ihm vorgelegten Wahl von drei Gerichten nach seiner Verfehlung (2Sam 24:10-16) dem Propheten Gad antwortete: „Mögen wir doch in die Hand Jahwes fallen, denn Seine Erbarmungen sind groß; aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen (2Sam 24:14). Er erkannte, dass Gottes Gerichte streng, aber maßvoll sind und nicht des Erbarmens ermangeln. Aber unter Menschenhand muss man maßlos leiden.

Nun wird aber auch in den Propheten von Gott ausgesagt, dass Er Sich Seines Volkes nicht erbarme, so z. B. Jes 9:17; Jes 27:11; Jer 13:14; Hes 5:12. Diese göttliche Handlungsweise unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von der menschlichen Erbarmungslosigkeit. Bei Gott will das heißen, dass Er Seine Gerichte an Israel schonungslos durchführte und dieselben nicht durch eine weichliche Schwäche vor der festgesetzten Zeit abschloss. Israel musste den Gerichtsbecher bis zur Neige leeren, ohne zuvor Heilung und Rettung zu erfahren. Hatte aber das Gericht seine von Gott festgesetzten Grenzen erreicht, so verlängerte Er es nicht, wie Seine menschlichen Gerichtsvollstrecker, sondern wandte Seinem Volke wieder Erbarmen zu. Bei allen Gerichten hat Er ihm das immer wieder durch Seine Propheten als Zuspruch verheißen (Jes 54:8; Jer 12:15; Jer 33:26).

Aus diesen Vorfällen geht deutlich hervor, wie wenig Verständnis die damaligen Menschen für Gottes Gerichte besaßen. Fortgesetzt fielen sie in die beiden Extreme: Gerichtsleugnung oder Gerichtsübertreibung. Und doch sind die Strafen Gottes gerade schwer genug, um den frivolen Sünder zu schrecken, aber auch den unbarmherzigen Gerichtsvollstrecker davon zu überzeugen, dass das göttliche Maß ausreichend ist und keiner Zusatzstrafe bedarf. Die Frühgeschichte Israels, und der mit ihr verbundenen Nationen, liest sich ja wie ein einziges, furchtbares Gerichtssterben. Oft kam es vor, dass Gott mit einem Schlag Tausende und Abertausende gewaltsam hinstreckte. So in einer Nacht 185 000 Assyrer (2Kö 19:35). Wollte man alle zusammenzählen, die während jener Jahrtausende durch göttliche Gerichte dem Leben entrissen wurden, es gäbe eine erschreckend große Zahl. Und was würde diese Zahl Hingerichteter wohl bezeugen, wenn sie reden könnten? „Gott ist ein Gott des Gerichts; Sein Zorn über unsere Sünden und Seine Rache an unserm Ungehorsam haben uns gewaltsam ins Grab gelegt! Es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen; denn Er ist ein verzehrendes Feuer!“ (5Mo 4:24; Hebr 12:29).

Nun ist aber nach dem Gericht der siebzigjährigen Gefangenschaft ein noch viel schwereres über Israel ergangen, dessen Auswirkungen bis in unsere Zeit hineinreichen. Es ist die Strafe für die Verwerfung des Messias.

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Strafe für Verwerfung des Messias