Herz (Bibellexikon)
Aus dem Bibellexikon „International Standard Bible Encyclopedia“ übersetzt. Der Artikel stammt von J. I. Marais
Herz (lebh, lebhabh; kardia): Die verschiedenen Bedeutungen, in denen das Wort im Alten Testament und im Neuen Testament verwendet wird, können unter den folgenden Überschriften zusammengefasst werden:
Inhaltsverzeichnis
Unterschiedliche Bedeutungen
In erster Linie steht [der Begriff] für das Körperorgan und mit einer einfachen Ableitung für jene Erfahrungen, die den Körper beeinflussen oder vom Körper beeinflusst werden. Angst, Liebe, Mut, Wut, Freude, Trauer, Hass werden immer dem Herzen zugeschrieben - besonders im Alten Testament; also Mut, für den üblicherweise Ruach verwendet wird (Ps 27:14), Freude (Ps 4:7), Wut (5Mo 19:6, "während sein Herz heiß ist" [wutentbrannt], Lebabh), Angst (1Sam 25:37), Trauer (Ps 13:2) etc.
Dadurch wurde [Herz] ganz natürlich für den Menschen selbst angewandt (5Mo 7:17: "sag in deinem Herzen", Jes 14:13).
Herz und Persönlichkeit
Als Repräsentant des Menschen selbst galt es als Sitz der Emotionen und Leidenschaften und Begierden (1Mo 18:5, 1Mo 19:17, Ps 104:15) und umfasste ebenso die intellektuellen wie die moralischen Eigenschaften - obwohl diese zwangsläufig auch der "Seele" zugeschrieben werden. Diese Unterscheidung wird nicht immer berücksichtigt.
Seele und Herz
"Seele" kann im Hebräischen niemals durch "Herz" wiedergegeben werden, noch kann "Herz" als Synonym für "Seele" verwendet werden. Cremer bemerkt richtig: "Das hebräische Nephesh ("Seele") wird nie mit kardia ("Herz") übersetzt... Die Bandbreite des hebräischen Nephesh, dem allein die griechische psuche entspricht, unterscheidet sich so stark von den mit psuche verbundenen Ideen, dass völlige Verwirrung entstanden wäre, wenn psuche in unbegrenztem Umfang für lebh ("Herz") eingesetzt worden wäre. Das biblische lebh bezeichnet nie, wie psuche, das persönliche Subjekt, noch könnte es dies tun. Was im klassischen Griechisch psuche zugeschrieben wird (eine gute Seele, eine gerechte Seele etc.), ist in der Bibel dem Herzen allein zugeordnet, was auch nicht anders möglich ist" (Cremer, Lexikon, Artikel "Kardia", 437 ff, deutsche Ausgabe).
Zentrum für lebenswichtige Funktionen
Im Herzen sind lebenswichtige Vorgänge zentriert (1Kö 21:7). "Herz", außer als Körperorgan, wird nie auf Tiere angewendet, wie es manchmal bei Nephesh und Ruach der Fall ist (3Mo 17:11, Nephesh, 1Mo 2:19, 4Mo 16:22, 1Mo 7:22, Ruach). "Herz" wird daher oft austauschbar mit diesen beiden verwendet (1Mo 41:8, Ps 86:4, Ps 119:20), aber "es bezeichnet nie das persönliche Subjekt, immer das körperliche Organ".
Herz und Geist
Als zentrales Organ im Körper, das einen Schwerpunkt für sein vitales Handeln bildet, ist es zum Zentrum seines moralischen, spirituellen und intellektuellen Lebens geworden. "Insbesondere ist das Herz der Ort, an dem der Selbstbewusstseinsprozess stattfindet, an dem die Seele bei sich zu Hause ist und sich all ihres Tuns und Leidens als ihr eigenes bewusst ist" (Oehler). Deshalb werden Menschen mit "Mut" als "Menschen des Herzens" bezeichnet, der Herr soll "in seinem Herzen" sprechen (1Mo 8:21), die Menschen "erkennen in ihrem eigenen Herzen" (5Mo 8:5), "niemand bedenkt es in seinem Herzen" (Jes 44:19 die King James Version). "Herz" wird in diesem Zusammenhang manchmal mit "Verstand" wiedergegeben, wie in 4Mo 16:28 ("von meinem eigenen Verstand", Vulgata (Jeromes lateinische Bibel, 390-405 n. Chr.) ex proprio corde, Septuaginta ap' emautou), der Törichte "ist ohne Verständnis", d. h. "Herz" (Spr 6:32, wo die Septuaginta Phrenon übersetzt, die Vulgata (Jeromes lateinische Bibel, 390-405 n. Chr.) cordis, Luther "der ist ein Narr"[Luther 1914]). Gott wird dargestellt als "das Herz suchend" und "die Zügel ausprobierend" (Jer 17:10 King James Version). So steht das "Herz" für das "Gewissen", für das es im Hebräischen kein Wort gibt, wie in Hi 27:6: "mein Herz schmäht nicht einen von meinen Tagen" oder in 1Sam 24:6: "da schlug dem David das Herz", vgl. 1Sam 25:31. Von daher scheint es, um mit den Worten von Owen zu sprechen: "Das Herz in der Schrift wird vielfältig benutzt, einmal für den Verstand und das Verstehen, manchmal für den Willen, wiederum für die Zuneigung, dann für das Gewissen oder für die gesamte Seele. Im Allgemeinen bezeichnet es die gesamte Seele des Menschen und alle seine Fähigkeiten, nicht absolut, aber sie sind alle ein Prinzip moralischer Handlungen und wirken alle in unserem Tun von Gut und Böse mit."
Übertragene Bedeutungen
Die radikale Verderbnis der menschlichen Natur wird in der Schrift klar gelehrt und mit dem Herzen in Verbindung gebracht. Es ist "unbeschnitten" (Jer 9:25, Hes 44:7, vgl. Apg 7:51) und "verstockt" (2Mo 4:21), "böse" (Spr 26:23); "verschlagen" (Spr 11:20); "ruchlos" (Hi 36:13), "hinterlistig und verzweifelt" (Jer 17:9 King James Version). Es befleckt den ganzen Menschen (Mt 15:19-20), es widersetzt sich, wie im Falle des Pharao, dem wiederholten Ruf Gottes (2Mo 7:13). Dort steht aber auch das Gesetz Gottes geschrieben (Röm 2:15), dort wird das Werk der Gnade vollbracht (Apg 15:9), denn das "Herz" kann aus Gnade "erneuert" werden (Hes 36:26), weil das "Herz" der Sitz der Sünde ist (1Mo 6:5, 1Mo 8:21).
Prozess einer Erneuerung des Herzens
Dieser Prozess der Herzenserneuerung wird auf verschiedene Weise beschrieben. Das "steinerne Herz" wird entfernt (Hes 11:19). Das Herz wird "rein" (Ps 51:12), "fest" (Ps 112:7) durch "die Furcht" des Herrn (Vers 1), "Mit dem Herzen glaubt der Mensch" (Röm 10:9), die Kraft Gottes wirkt im "Herzen" zur Erneuerung (Jer 31:33). Die hinterbliebenen Apostel beten zu Gott, dem Herzenskenner (Apg 1:24 - ein Wort, das den klassischen Schriftstellern nicht bekannt war und nur hier im Neuen Testament und in Apg 15:8 vorkommt, kardiognostes). Im "Herzen" wohnt Gottes Geist mit Kraft (Eph 3:16, eis ton eso anthropon), im "Herzen" wird die Liebe Gottes ausgegossen (Röm 5:5). Der Geist seines Sohnes ist "ins Herz gesandt" (Gal 4:6), "der uns auch versiegelt und die Anzahlung des Geistes in unsere Herzen gegeben hat" (2Kor 1:22). Im Werk der Gnade nimmt das Herz daher eine fast einzigartige Stellung ein.
Zuerst das Herz
Wir können uns hier auch auf den Befehl beziehen, auf dem sowohl das Alte Testament als auch die neutestamentliche Offenbarung der Liebe beruht: "Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft." (5Mo 6:5), wo das "Herz" immer an erster Stelle steht und es ist der Begriff, der in der neutestamentlichen Wiedergabe unverändert bleibt (vgl. Mt 22:37, Mk 12:30,33; Lk 10:27, wo das "Herz" immer den Vorrang hat).
Ein Begriff für das "Innerste"
Ein knapper Hinweis sei gemacht auf die Verwendung des Begriffs für das, was innerlich, verborgen, am tiefsten von allem ist (2Mo 15:8, Jon 2:3), den Mittelpunkt der Dinge. Dies finden wir in allen Sprachen. Vergleiche Eph 3:16-17, "an dem inneren Menschen", wie oben beschrieben.