Die Apostelgeschichte Kapitel 28

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Abschrift Apostelgeschichte in täglichen Andachten Band I - VI
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

In Bearbeitung

28. Die Apostelgeschichte Kapitel 28

Auf der Insel Malta
Weiterreise nach Rom
Gefangenschaft und Wirken des Paulus in Rom

Auf der Insel Malta

Apg 28:1

„Nachdem wir durch alles hindurchgerettet waren, erfuhren wir dann, dass die Insel Melita hieß.“

Die Insel, die Lukas „Melita“ nennt, kennen wir als „Malta“; sie liegt südlich von Sizilien, und verglichen mit dem langen Seeweg von Kreta nach Malta war die Strecke von hier an das Festland nur noch gering. Paulus war somit seinem Ziel „Rom“ ziemlich nahe gekommen. Uns interessiert heute in unserem Leitvers das Wort „hindurchgerettet“, was Paulus hier zwar nur auf die letzten Ereignisse münzt, was sich aber im Grunde auf seinen gesamten Dienstweg bezieht:

Erinnern wir uns: Noch bevor Paulus richtig wusste, was ihm geschah, musste bereits Ananias seine Leiden voraussagen (Apg 9:16). Bei seinem ersten Auftritt in der Synagoge von Damaskus wurde bereits ein Mordanschlag auf ihn geplant, Paulus musste in einem Korb an der Stadtmauer hinab fliehen (Apg 9:20-25). Nachdem er sich für längere Zeit nach Tarsus begab, fing in Apg 13 sein Dienst erst richtig an; in Kap. 13:45 wird ihm heftig widersprochen und gelästert, in Vers 50 wird er verfolgt und aus der Stadt getrieben. Es folgt in Apg 14:5-6 die Flucht vor Misshandlung und Steinigung, und wenig später, in Kap. 14:19 wurde die Steinigung Wirklichkeit – Paulus blieb wie tot liegen, man schleifte ihn zur Stadt hinaus … in diesem Sinn setzt sich der gesamte Weg Pauli weiter, bis hier auf die Insel Melita.

„Hindurchgerettet“ wurde Paulus also nicht nur hier auf dem Schiff, sein ganzer Glaubensweg war ein einziges „hindurchgerettet werden“! Könnte man dies auch bei uns so sagen, liebe Geschwister? Es ist doch zumeist so: Kommt etwas Unangenehmes auf uns zu, muss dies sofort „weggebetet“ werden! Aber erst mit unserer Entrückung beginnt für uns die Herrlichkeit, hier auf Erden ruft uns Paulus zu: „… denn in Gnaden ist (auch) euch für Christus gewährt: nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden (Phil 1:29) – damit auch wir schätzen lernen, was es heißt, „hindurchgerettet“ zu werden!

Apg 28:2

„Die Eingeborenen gewährten uns ungewöhnliche Menschenfreundlichkeit; denn sie zündeten ein Feuer an und nahmen uns alle des eingetretenen Regens und der Kälte wegen zu sich.“

Das „Hindurchretten Gottes“ setzte sich auf der Insel Malta fort: Zweihundertsechsundsiebzig Menschen kamen nass und durchgefroren am Festland an, ihre einzige Habe waren ihre nassen Kleider, es regnete und war kalt (es wurde ja Winter). Ohne Hilfe von außen drohte erneut der Tod!

Nach der „DaBhaR-Übersetzung“ waren es „Barbaren“, die ins Bild treten. Als „Barbaren“ werden Menschen bezeichnet, die über das normale Maß hinaus roh, ungesittet, ungebildet, ja grausam sind. Was für einen Grund hätte dieser Menschenschlag gehabt, hier helfend einzugreifen? Im Gegenteil, ein Schiffbruch ist immer eine willkommene Gelegenheit, Beute zu machen! Doch merkwürdig: Gerade diese Menschen gewährten den Schiffbrüchigen ungewöhnliche Menschenfreundlichkeit, was einzig auf Gottes Wirken zurückzuführen ist!

In Röm. 8:28 lesen wir die wunderbaren Worte: „Wir aber wissen, dass Gott denen, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt – denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind.“ Schon zuvor war es ein edel gesinnter römischer Hauptmann (Julius), der Paulus wohlgesonnen war und seine Hand über ihm hielt, jetzt waren es Barbaren, die sich abnormal freundlich verhielten – wir erkennen deutlich die Hand Gottes! Übersehen wir aber nicht, liebe Geschwister, „wie“ Gottes Wirken aussieht: Zuvor mussten schwerste Gefahren überwunden, härtester Kampf geführt werden, bis das Eingreifen Gottes sichtbar wurde. Es war allein der Glaube des Paulus, das sichere Vertrauen auf Seine Verheißung, was Paulus in all den schweren Anfechtungen übrig blieb. Aber nur auf diesem Weg kann sich der Glaube (auch der unsere) bewähren!

Apg 28:3

„Als Paulus eine Menge Reisig zusammenraffte und auf das Feuer legte, kam durch die Wärme eine Otter heraus und verbiss sich in seine Hand.“

„Alles wirkt denen zum Guten zusammen, die Gott lieben“, so lasen wir gestern. Nach all den Todesängsten auf dem Meer sind alle glücklich gerettet, treffen freundliche und hilfsbereite Menschen, doch was passiert: Eine Giftschlange verbiss sich in Pauli Hand – soll dies auch zum Guten zusammenwirken?

Um eine befriedigende Antwort zu bekommen, müssen wir einen weiten Bogen schlagen, der uns bis in die Anfänge der Menschheit führt, denn hier tritt ja schon die Schlange auf. Adam und Eva haben Gott mit Sicherheit auf ihre Art geliebt (eine Liebe, die noch nicht so war, wie sie Sich Gott ersehnte), so musste schon ihnen alles zum Guten zusammenwirken. Und „das Gute“ kam in der Gestalt der Schlange!

Wir hören hier bereits die ersten Einsprüche: Das kann doch nicht sein! Die Schlange hat doch gegen Gott gewirkt, hat die ersten Menschen zum Ungehorsam verführt – wie kann das „zum Guten“ zusammenwirken? Erst wenn wir begreifen, dass die Schlange (und dahinter steht Satan) lediglich ein Werkzeug Gottes ist und genau das ausführt, was dem Willen Gottes entspricht, finden wir die Lösung. Gott spricht in Jesaia 45:7 auch zu uns: „Der Ich bilde das Licht und erschaffe das Finstere, bewirke das Gute und erschaffe das Böse, Ich, Ieue Alueim mache all dieses“! Die erste Lektion, die wir lernen müssen, ist die Erkenntnis, dass alles Finstere und Böse, angefangen mit der Schlange im Paradiesgarten, letztendlich zum Guten wirken muss, weil Gott nichts ohne Absicht erschafft, auch nicht das Finstere und Böse! Wohl hat bei Gott alles seine Zeit, auch die Ausreife des Finsteren und Bösen, doch nach der Ausreife kommt die Ernte, und spätestens in der Vollendung werden gem. Offb 22:2-3 alle Geschöpfe feststellen müssen, dass ihnen alles zum Guten zusammengewirkt hat, auch (gerade) ein Leben in totaler Finsternis!

Die Schlange beschäftigt uns noch etwas, wir setzen das gestrige Thema fort: Der Kontakt mit dem Finsteren und Bösen und das Verstricktwerden in die Sünde erweckt im Menschen die Sehnsucht nach Befreiung und Rettung – das ist der Sinn und Zweck des Bösen! Wir kennen alle das Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn (Lk 15:11-30). Im Gegensatz zu seinem braven Bruder verprasste er sein Erbe, fiel ganz nach unten, und als er sich nicht mehr zu helfen wusste, blieb ihm nur noch der Weg zurück zum Vater. Und was tat der Vater, als er den verlorenen Sohn kommen sah? Er fiel ihm um den Hals und küsste ihn zärtlich! Doch auch der Sohn tat etwas: Er bekannte und bereute seine Sünde, er hielt sich nicht mehr würdig, „sein Sohn“ zu heißen! „Sünde – Reue – Zurückfinden“, dies war der Weg des verlorenen Sohnes. Das Böse, in welches er sich verstrickt hatte, wirkte ihm letztendlich zum Guten, dies lehrt uns das Gleichnis Jesu!

Machen wir nochmals einen großen Sprung zurück in die Anfänge, zu dem Geschwisterpaar Kain und Abel: Wir sind so schnell zur Hand, den Kain für seine Tat zu verurteilen – aber haben wir schon einmal länger über dieses ganze Geschehen nachgedacht? Haben wir einmal bedacht, dass dieser Mord auch von Gott bewirkt wurde?

Wie schon bei Adam muss auch bei Kain gesagt werden, dass er durchaus Gott auf seine Art liebte, er brachte Ihm, wie sein Bruder Abel, ein Nahungsgeschenk, und wird in 1Mo 4:3 hierbei sogar vor Abel angeführt. Abgesehen davon, dass Kain gar nicht wissen konnte, was „der Tod war“ (vor Abel war noch kein Mensch gestorben), führte der Brudermord dazu, das Kain zwar der erste Mörder war, aber auch der erste Mensch, der nach seiner bösen Tat zu Gott schrie!!! Und wie tief, liebe Geschwister, müssen uns die Schreie Kains berühren: „Zu groß ist meine Verworfenheit, um sie zu tragen … (1Mo 4:13 ff). Haben wir schon einmal bedacht, dass hier der erste Mensch (noch im Herzen versteckt) Gott um Vergebung bittet?

Es ist mehr als bemerkenswert, wie tief uns dieser Schlangenbiss führt; zuerst müssen wir noch ein Wort zu „Kain“ sagen: Es wäre für Gott ein Leichtes gewesen, den Brudermord zu verhindern! Doch Er ließ diese Tat nicht nur zu, Er bewirkte sie!!! Und dies ganz einfach deshalb, weil Sein Wort uns sagt, dass Er alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph 1:11b), auch diesen ersten Mord!

Kam nun bei Kain etwas Gutes dabei heraus? Wir haben gestern schon auf Kains Worte hingewiesen, ein jüdische Wissenschaftlerin (Ruth Lapide) übersetzt den Urtext als ein Bittruf an Gott: „Ist meine Tat zu groß, dass Du sie nicht vergeben könntest?“ Und wie antwortete Gott auf diese erste Bitte eines Menschen um Vergebung? Er spricht mit ihm! Ist das nicht wunderbar? Gott zieht Sich nicht von Kain zurück, sondern antwortet auf seinen Hilferuf! Mehr noch: Er setzt ein Zeichen an Kain! Und dieses Zeichen Gottes ist kein Schuldzeichen, wie so oft gesagt wird, sondern ein „Bewährungszeichen“! Das Böse, was Kain verübte, führte ihn über das Bekennen und Bereuen seiner Tat zu Gott und dann in die Bewährung – das sind die Wege Gottes schon in den Anfängen der Menschheit!

Wir haben diese Abstecher gemacht, um zu zeigen, dass auch dieser Biss einer giftigen Otter dem Paulus letztendlich zum Guten zusammenwirken muss, wobei wir in der Aussage von Eph 1:11 im nachfolgenden Vers 12 nicht übersehen wollen: „… zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit“! Es wird „Herrlichkeit“ sein, wenn wir als Körperglieder Christi Jesu über das Finstere und Böse in unserem Herrn und Haupt zurück zum Vater kommen dürfen, dann die Königreichsgemeinde, und danach die ganze Schöpfung! „Alles“ dient Gott zum Guten; in der Vollendung werden diese hehre Tatsache alle Geschöpfe erkennen und würdigen, zu Seiner Verherrlichung!

Apg 28:4

„Als die Eingeborenen das an seiner Hand hängende Wildtier gewahrten, sagten sie zueinander: Zweifellos ist dieser Mensch ein Mörder, den die gerechte Vergeltung nicht leben lässt, wiewohl er aus dem Meer gerettet ist.“

Die vorherigen Verse zeigten uns, wie die Barbaren den erschöpften Schiffsbrüchigen wegen dem Regen und der Kälte in ungewöhnlicher Weise halfen und ein wärmendes Feuer anzündeten. Vers 3 lässt den Schluss zu, dass es allein Paulus war, der sich für diese Wohltat revanchierte, und Reisig zur Unterhaltung des Feuers suchte. Er zeigte mit dieser Hilfe, dass es für Gläubige eigentlich selbstverständlich ist, empfangene Hilfe zu vergelten, zumindest in dem Maß, wie es jedem möglich ist!

In Gal 6:9 wird unser Wandel angesprochen: „Wenn wir nun das Edle tun, so lasst uns nicht entmutigt werden; denn zu seiner gebührenden Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht ermatten“ – das ist ein Bild auf die Preisrichterbühne, die auf uns zukommt. Die Barbaren zeigten entgegen ihrem Charakter Edelmut, und Paulus vergalt dies sofort mit tätiger Mithilfe – und gerade hier schlug der Widerwirker zu! Wir können es auch so ausdrücken: Gerade als sich der Glaube des Paulus als „wahr“ gezeigt hatte, als sich Gottes Verheißung wunderbar erfüllt hatte, schlug die Macht der Finsternis in Gestalt einer Otter zu (wir müssen in dieser Otter den Widerwirker sehen, der, wo er nur kann, Schaden verursachen muss). Es war also im Grund eine Herausforderung zwischen Licht und Finsternis, zwischen Glaube und dämonischen Mächten! Und der erste Schlag der Finsternis wurde sofort sichtbar: Jene Hand, die so tätig das Entgegenkommen der Barbaren vergelten wollte, wurde von der Otter gebissen! Mit einem einzigen Biss sollte der Träger des Evangeliums getroffen, seine Glaubwürdigkeit erschüttert werden; und die Barbaren reagierten entsprechend!

Für Paulus folgte eine weitere harte Glaubensprobe: Wie wird er sich in dieser neuen Situation verhalten? Was kam hier auf ihn zu?

Apg 28:5

„Dann schüttelte er jedoch das Wildtier ab – ins Feuer hinein – und erlitt kein Übel.“

Paulus wurde von einer Giftotter gebissen – das war niemals ein Zufall! Die Finsternis wollte Schaden anrichten und tat doch nur genau das, was dem Willen Gottes entsprach. Die erste Reaktion war verständlich: Für die Barbaren war dieses Ereignis ein Zeichen der Götter: Der Gebissene musste ein Mörder sein und bekam hier seine gerechte Strafe!

Wir lesen nicht viel über die Reaktion Pauli, unser Leitvers berichtet nur knapp, wie der Apostel die Schlange in das Feuer abschüttelte, ohne für alle sichtbar ein Übel zu erleiden (Schlangengift reagiert normal sehr schnell). Wusste er was Jesus zu Seinen Jüngern sagte? Gerade sein Begleiter Lukas schrieb ja in seinem Evangelium (Lk 10:19): „Siehe, Ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten …“! In Mk 16:18 lesen wir Ähnliches. Aber: Diese Worte galten den Jüngern Jesu und sollten die zukünftige Macht des Königreichs vorschatten. Wunder dieser Art (auch der Biss einer giftigen Schlange, der ohne Wirkung blieb) gehören auf den Boden Israels! Hier bei Paulus ging es aber nicht um eine Machtdemonstration, sondern um den Angriff der Finsternis gegen sein Evangelium, das nach Rom getragen werden sollte.

Das Wunder (der giftige Schlangenbiss blieb ohne sichtbare Wirkung) geschah also deshalb, um den Weg des paulinischen Evangeliums an die Nationen nicht aufzuhalten, aber auch, um Paulus in seinem Glauben zu prüfen und zu stärken. Wir entnehmen dem Leitvers, dass Paulus ohne sichtbare Angst, aber in festem Vertrauen auf seinen Herrn, die Schlange einfach abschüttelte. Sein Ziel (Rom) war ihm von Gott verheißen, und er wusste, dass er es erreichen würde, trotz aller Attacken der Finsternis! Unser Ziel ist das Kommen Jesu, und auch wir werden es trotz aller Behinderungen durch die Finsternis erreichen, denn: „Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens wert …“ (1Tim 1:15).

Apg 28:6

„Sie aber vermuteten, ihm stehe bevor, seine Hand werde sich entzünden und er plötzlich tot niederfallen. Als sie längere Zeit so warteten und schauten, dass an ihm nichts Absonderliches vorging, schlug ihre Meinung um, und sie sagten, er sei ein Gott.“

Für Paulus persönlich war der Vorfall offensichtlich klar: Der gestrige Vers zeigte seine Reaktion und die Aussage: „… und erlitt kein Übel.“ Doch wie reagierten jene, die zugeschaut hatten? Die in ihm gleich einen „Mörder“ sahen, der seine gerechte Vergeltung bekommt?

Von den Schiffsleuten lesen wir nicht, dass sie bei dem Schlangenbiss dabei waren, es werden nur die Eingeborenen genannt. Und diese Eingeborenen sehen wir in unserem Leitvers, wie sie gebannt auf Paulus starren und kaum begreifen, dass dieser Mann noch so lange stehen kann – er müsste jeden Augenblick tot umfallen! Als dies nicht geschah, schlug ihre Meinung um, Paulus musste ein Gott sein! Dieses menschliche Verhalten dürfte uns nicht unbekannt sein! In Apg 14:11 ff lasen wir Ähnliches: Nach der Heilung eines Gelähmten in Lystra wurden Paulus und Barnabas zu Göttern erhoben, denen geopfert werden sollte. Interessanterweise beendet Lukas in unserem Leitvers den Vorfall, ohne dass wir hören, was danach geschah. Gab Paulus anschließend, wie in Lystra, Zeugnis von Gott? Rief er, wie in Apg 14:15, die Eingeborenen zur Umwendung zu Gott auf? Wir wissen es nicht! Tatsache ist, dass die Eingeborenen hin- und hergeworfen waren, von einem Extrem ins andere taumelten – erst ein Mörder, dann ein Gott!

Dieses „hin- und herwerfen“ der Gemüter ist bis heute die Taktik des Widerwirkers! Meisterhaft versteht er, selbst die Sinne der Gläubigen zu erschüttern, vor allem in diesen letzten Tagen dieser Verwaltung der Gnade. Falsche Geister, falsche Worte, falsche Briefe nennt Paulus in 2Thes 2:2, die in die Irre führen! Timotheus folgte der Lehre Pauli (2Tim 3:10), und uns bewahrt vor solchen Schwankungen, wenn auch wir in Pauli Lehre bleiben (2Tim 3:14).

Apg 28:7

„In den Gebieten um jene Stätte gehörten die Ländereien dem ersten Beamten der Insel namens Publius. Dieser empfing uns und bewirtete uns drei Tage freundlich.“

Mit unserem Leitvers verändert sich der Schauplatz auf der Insel Melita, wir werden zu dem römischen Gouverneur geführt, der, wahrscheinlich durch Julius vorausinformiert, sehr gastfreundlich war. Da es erst im nächsten Vers wieder spannend wird, wollen wir uns heute ins Gedächtnis rufen, worum es eigentlich geht: Um das Angebot des irdischen Königreiches an Israel und seine Verwerfung.

Ab Apg 27:26 wird dieses dramatische Ereignis dokumentiert. Wir sahen deshalb in der Apostelgeschichte zwei Hauptfiguren, einmal Petrus, der für das irdische Königreich stand, und zum anderen Paulus, der, wie Petrus, zuerst einmal Königreichsbotschaft predigte, dann aber vom erhöhten Herrn langsam in das Geheimnis der Körpergemeinde eingeführt wurde, und in Apg 13 mit dem Römer Sergius Paulus offensichtlich den Erstling aus den Nationen zu dieser Körpergemeinde rufen konnte. Doch überall sehen wir, wie der Apostel zuerst die Synagogen aufsuchte, denn durch die ganze Apostelgeschichte hindurch galt das Wort: „Den Juden zuerst!“ Gottes Volk Israel hatte immer noch den Vorrang! Die Apostelgeschichte ist deshalb auch nicht, wie die Briefe des Paulus, direkt an uns, die Gläubigen der Körpergemeinde gerichtet, es werden nur der Anfang und die Entwicklung der Körpergemeinde gezeigt, und dies in dem Maß zunehmend, wie Israel mehr und mehr in die Verstockung gerät.

In Anbetracht des Obigen wollen wir auch den so ungewöhnlich genau beschriebenen Schiffbruch sehen: Der Untergang des Schiffes samt seiner Ladung ist ein Bild auf das abgelehnte Königreich samt seiner Ladung in Form der damit verbundenen irdischen Segnungen. Das Schiff samt Ladung war also verloren, doch die Menschen auf dem Schiff wurden Paulus gemäß Apg 27:24 in Gnaden gewährt, und dies in der Form: Sie sollten in Apg 27:34 Nahrung (= das Evangelium der Gnade) zu sich nehmen, die für sie den Weg zur Rettung darstellt.

Apg 28:8

„Der Vater des Publius war gerade von Fieber und Ruhr befallen und lag krank danieder. Zu dem ging Paulus hinein, betete, legte ihm die Hände auf und heilte ihn.“

Die Spannung in diesem Vers ist die, dass der Apostel Paulus ein Wunder vollbringt, ohne den geringsten Hinweis auf ein Zeugnis bzw. eine Verbindung mit Gott! Warum tut er dies hier? Und dies auch unter dem Aspekt, dass Zeichen und Wunder zum irdischen Königreich gehören, und dieses Königreich ist ja praktisch abgelehnt!

Wir können hier nur einen Beweggrund Gottes sehen, und der heißt „Erbarmen“! In Eph 2:4 lesen wir: „Gott aber, der so reich an Erbarmen ist – um Seiner vielen Liebe willen …“; in Röm 11:30-32 wird uns unser Gott und Vater gezeigt, der Sein Volk Israel in die Widerspenstigkeit einschließt, Sich aber am Ende aller erbarmt, so wie Er Sich auch uns erbarmt hat! In Röm 15:9 lesen wir: „Die Nationen aber werden Gott für Sein Erbarmen verherrlichen“ … Gottes geschriebenes Wort ist voll von Zeugnissen der göttlichen Barmherzigkeit. Die Frage bleibt für uns: Warum gerade hier dieses Wunder?

Wir haben in der Apostelgeschichte den Weg Pauli ziemlich genau verfolgen können und haben gesehen, dass es ein schwerer Weg war, ein Weg voller Leiden! Hier auf der Insel Melita passiert Paulus, was er selten erlebt hat: Fremde Menschen aus den Nationen begegnen ihm mit außergewöhnlich liebevoller Gastfreundschaft! Und Gott vergilt diese Freundlichkeit an Seinem Apostel mit ungewöhnlicher Barmherzigkeit!

Gottes Barmherzigkeit ist unermesslich! In Tit 3:5 werden wir daran erinnert, dass Gott uns aus unseren Begierden und Genüssen, sowie unserem ganzen üblen Wesen, nicht auf Grund unserer vermeintlich guten Werke, sondern nach Seiner Barmherzigkeit gerettet hat, und diese Barmherzigkeit wurde in unserem Retter Jesus Christus sichtbar (lies Tit 3:7).

Apg 28:9

„Als das geschah, kamen auch die übrigen auf der Insel, die Gebrechen hatten, herzu und wurden geheilt.“

Unser gestriges Thema setzt sich heute fort, und das ist gut so, denn es gibt noch manche Fragen, vor allem mit dem heutigen Leitvers, wo offensichtlich eine Massenheilung geschah:

Wir alle fragen uns bei solchen Berichten ja erst einmal, warum Gott diese sichtbare Barmherzigkeit auf der Insel Melita nicht bei unseren eigenen möglichen Leiden erzeigt? Schauen wir zuerst einmal auf Pauli Mitarbeiter Epaphroditus (Phil 2:27): Er war sehr krank, ja in nächster Todesnähe, jedoch Gott hat Sich seiner erbarmt. Dieser Fall soll uns als Erstes zeigen, dass Gott heute nicht jegliche Heilung ausschließt! Wir dürfen also jederzeit unseren Gott und Vater bitten, nur sollte dies, wie bei unserem Herrn vor Seiner Kreuzigung, mit dem Zusatz geschehen: „Dein Wille geschehe!“ Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass unser irdisches Leben „Zubereitung“, also „Schule“ ist! Dabei mögen wir, gleich einem Kind, noch nicht alles verstehen, was wir zu lernen haben, vor allem, wenn es uns Leiden verursacht. Es ist für einen großen Teil der Gläubigen unverständlich, wenn Paulus im zweiten Korintherbrief von „der zweiten Gnade“ schreibt (2Kor 1:15), und damit „Leiden und den damit verbundenen Zuspruch“ meint (siehe unsere Auslegung in den „Täglichen Andachten“ über den 2. Korintherbrief). Aber halten wir uns ebenso vor Augen, dass nach der Lehrzeit die Herrlichkeit kommt, wo wir all das Gelernte zur Verherrlichung des Vaters einsetzen dürfen!

Paulus demonstriert an allen kranken Inselbewohnern, wie wunderbar Gott einmal all jene heilt, die Ihm und den Seinen (vor allem Seinem Volk Israel) freundlich begegnen. Es ist noch nicht die Vollendung, die Johannes in Offb 22:2 schauen darf, laut Offb 22:11 gibt es durchaus noch Unrecht und Unsauberkeit, aber es ist ein Anfang der Heilung aller Nationen durch die Blätter des Holzes des Lebens! Sehen wir also diese Massenheilung auf der Insel Melita auch als eine Vorschattung der kommenden Ereignisse im neuen Jerusalem auf Erden.

Apg 28:10

„Sie achteten uns vieler Ehren wert und gaben uns, als wir ausfuhren, das für unseren Bedarf Nötige mit.“

Der letzte Abschnitt, die Überführung des Paulus nach Rom, steht bevor, und zurückschauend sehen wir eine schauerliche Schiffsreise in der von den Winterstürmen aufgepeitschten Adria, einen totalen Schiffsbruch, aber auch die Rettung aller Menschen auf dem Schiff; wir sehen weiter, wie die Schiffsbrüchigen äußerst gastfreundlich aufgenommen wurden und wie Paulus zuletzt als Wunderwirker tätig war und, wie es den Anschein hat, alle Kranken der Insel geheilt hat. Allerdings lesen wir kein Wort darüber, ob Paulus Zeugnis von seinem Glauben gegeben hat, ob er gepredigt hat, oder ob wenigstens ein Bewohner dieser Insel zum Glauben kam! Ist das nicht seltsam?

Wir haben für diese Zurückhaltung des Apostels Paulus nur eine Erklärung: Die Menschen auf dem Schiff sowie alle Inselbewohner waren keine in Christus Jesus zur Körpergemeinde Vorherbestimmte (Eph. 1:5), vielmehr war ihre Erwartung mit dem irdischen Königreich verknüpft! Da aber dieses Königreich kurz vor seiner endgültigen Beiseitestellung stand, konnte auch den Nationen keine sofortige Rettung und Segnung durch Paulus verkündigt werden. Dass trotzdem alle Schiffsleute dem Paulus in Gnaden gewährt waren, zeigt uns, dass sie zwar all ihr Hab und Gut verloren hatten, dass Sich aber letztlich Gott aller erbarmte und alle hindurchrettete! Die Blätter von dem Holz des Lebens, welches wir gestern angeschnitten haben, veranschaulichen die Heilung der Inselbewohner.

Unser Leitvers zeigt uns, wie die Inselbewohner die Reisenden mit allem Notwendigen versorgten, und dies soll auch uns zusprechen, im festen Glauben unserem Gott und Vater zu vertrauen: Er versorgt uns mit allem, was wir auf unserer Reise brauchen, um das überhimmlische Ziel zu erreichen. Und nur zu oft wissen wir nicht, was nötig ist und bitten um „unnötige“ Dinge! Oft ächzen und stöhnen wir auf dem Weg, doch gemäß Röm. 8:26-27 dürfen wir wissen, dass der Geist unserer Schwachheit hilft und sich mit unausgesprochenem Ächzen für uns verwendet!

Weiterreise nach Rom

Apg 28:11

„So gingen wir nach drei Monaten wieder in See, und zwar auf einem alexandrinischen Schiff mit dem Abzeichen der Dioskuren, das auf der Insel überwintert hatte.“

Nachdem die Wintermonate vorbei waren und das Wetter auf dem Meer beständiger wurde, gingen die römischen Soldaten mit ihren Gefangenen, darunter auch Paulus, Lukas und Aristarchus, wiederum auf ein „alexandrinisches“ Schiff, dessen Besatzung aber offensichtlich klüger war als die vorherigen Schiffsleute, wo die Schiffsbesatzung ja mit dem ersten trefflichen Hafen auf der Insel Kreta nicht zufrieden war. Der Schreiber Lukas führt in unserem Leitvers sogar das Abzeichen des Schiffes an und wir fragen uns, warum er dies erwähnt?

Das Abzeichen der Dioskuren war „ein Panier der Zwillinge Kastor und Pollux“, die im Altertum als göttlicher Schutz angesehen wurden, also ein Zeichen heidnischen Aberglaubens. Die Führung dieses Schiffes hatte klug gehandelt und zur rechten Zeit den schützenden Hafen auf der Insel Melita zum Überwintern aufgesucht, und dies unter dem Schutz dieser Zwillinge auf ihrem Panier, also einer übermenschlichen Macht! Vom Standpunkt der heidnischen Welt, die nichts von dem wahren Gott wusste, war nicht mehr zu erwarten. Tatsache war, dass das erste Schiff unterging, während dieses zweite Schiff sein Ziel sicher erreichte.

Wir stellen das überwältigend Große fest, dass Gott offenbar nicht nur das menschlich Edle belohnt, wie wir es in Röm. 2:6-7 bei den „Guttätern“ finden, sondern beim heidnischen Aberglauben auch den winzigen Rest von Vertrauen auf eine höhere Macht! In gewissem Sinn stellt dieser Aberglaube ja auch ein Suchen nach übermenschlicher Größe und Unvergänglichkeit dar. Damit wollen wir aber nicht den Götzenkult entschuldigen, sondern darauf verweisen, dass Gott auch Ungläubigen, sofern sie mit aufrichtigem Herzen suchen, „äonisches Leben“ verheißt (siehe unsere Schrift „Übeltäter und Guttäter in Gottes Heilsvorsatz“, die noch bei uns zu beziehen ist).

Apg 28:12-13

„Wir landeten dann in Syrakus und blieben hier drei Tage. Von dort gelangten wir, im Bogen herumfahrend, nach Regium. Da nach einem Tag Südwind aufkam, erreichten wir am zweiten Tag Puteoli, “

Es war Frühling und die Seereise ging flott voran; zuerst wurde Syrakus auf Sizilien angelaufen, dann Regium, die erste Hafenstadt auf dem Festland Italiens, und zuletzt Puteoli, einem Hafen im Golf von Neapel, wo die Seefahrt zu Ende war und von wo aus es zu Fuß weiter ging. Was ging wohl im Herzen unseres Apostels vor, als er endlich das ihm verheißene Festland Italien unter den Füßen hatte? Ließ er nicht noch einmal alles im Geist an sich vorbeiziehen, was hinter ihm lag?

Seine Kindheit hatte er in Tarsus, einer glänzenden kulturell hoch stehenden Stadt; er trug den Namen „Saulus“ – der Erbetene! Seine Familie war geachtet und im Stand der Pharisäer, sie hatte zugleich das römische Bürgerrecht. Schon als Kind wurde er im Gesetz unterwiesen und galt als klug. Er sollte Rabbiner werden und so schickte ihn seine Familie zum Studium nach Jerusalem. Sein Streben war darauf gerichtet, die Ideale der vom Gesetz vorgeschriebenen Heiligkeit zu erreichen und den Titel eines Gerechten zu erreichen. Sein Eifer war groß, wenn es galt, für den Glauben und die Überlieferung der Väter einzustehen. Hierbei war er auch bereit, mit brutaler Rücksichtslosigkeit vorzugehen, wenn es ihm notwendig erschien. Doch wie schmerzlich musste das Bild jenes knienden Mannes mit Namen Stephanus vor ihm stehen, der noch im Sterben ausrief: „Herr, stelle diese Sünde nicht gegen sie“ (Apg 7:60)! Und gerade dieser Mensch Saulus war von Gott berufen, und all seine Wege (von Mutterleib an) wirkten ihm, wie in Röm. 8: 28 zu lesen ist, „zum Guten“ zusammen. Hart und voll Leiden war die Schule Gottes, und so schmerzlich viele seiner Erinnerungen gewesen sein mögen, so musste hier auf italienischem Boden sein Herz voll Dankbarkeit gewesen sein! Unter der Obhut des gütigen Hauptmannes Julius durfte er die letzte Etappe zu Fuß antreten, die verheißene Stadt Rom war ganz nahe gerückt.

Apg 28:14

„… wo wir Brüder fanden, die uns zusprachen, sieben Tage bei ihnen zu bleiben. Und so kamen wir nach Rom.“

Als die Gruppe der Gefangenen das Schiff in Puteoli verließen, kamen „Brüder“ auf sie zu! Beachten wir hier zuerst einmal, wie großzügig der römische Hauptmann Julius dem Paulus gegenüber war! Sieben Tage lang gewährte er ihm einen Aufenthalt bei den Brüdern, das war auch von Gott gewirkt!

Über das Geschehen während dieser sieben Tage schweigt Lukas seltsamerweise - hat Paulus sein Evangelium gelehrt? Und was waren dies überhaupt für Brüder? Wenn wir auf den Dienst Pauli zurückblicken, fällt auf, dass er auf seiner Reise zum Pfingstfest nach Jerusalem dreimal einen Aufenthalt von sieben Tagen einlegte, wo jedes Mal genau berichtet wurde (Apg 20:6, Apg 21:4 und Apg 21:27). Hier in Puteoli schweigt Lukas, und „Schweigen“ ist ja „Stille“! Gehen wir also falsch, wenn wir jetzt davon ausgehen, dass Paulus diese sieben Tage als eine Zeit der stillen Sammlung benutzte, um sich auf das vorzubereiten, was vor ihm lag?

Wenn wir jetzt ganz kurz auf Vers 16 vorgreifen, sehen wir, dass Paulus erst in Rom durch die Brüder „neuen Mut“ bekam – in Puteoli fehlte dieser Zuspruch offenbar! Pauli stilles Verhalten war somit eine stille Vorbereitung, ein inneres Sammeln auf das Kommende und was kam auf ihn zu? Nur zu gut wusste Paulus um das Geheimnis der Verstockung Israels, das er in Röm 11:25 ff niederschrieb. Jetzt stand die endgültige Verstockung seines Volkes kurz bevor, das war für ihn eine ungeheure innere Belastung (lesen wir hierzu Röm 9:1-5).

Es fällt uns heute schwer, liebe Geschwister, diese Belastung im Inneren unseres Apostels nachzuempfinden, und nur zu oft ist es für uns ganz normal, dass wir als Körpergemeinde Christi Jesu existieren! Wir dürfen nie vergessen, dass es das Volk Israel war, welches für uns den Weg in die Verstockung gehen musste, was unser Reichtum wurde. Hätte Israel auf Petrus gehört und Jesus als ihren Messias angenommen, hätte es keine Körpergemeinde geben können!

Apg 28:15

„Von dort kamen uns die Brüder, die von uns gehört hatten, bis Forum Appii und Tres Tabernä entgegen. Sobald Paulus sie gewahrte, dankte er Gott und bekam neuen Mut.“

Nachrichten verbreiteten sich damals noch nicht so schnell wie heute per Funk, aber doch so schnell, dass Brüder in Rom von Pauli Kommen erfuhren und ihm entgegeneilen konnten. Sieben Tage stiller Einkehr und innerer Sammlung lagen hinter dem Apostel, aber immer noch lastete eine gewisse Mutlosigkeit auf ihm – trotz der Freude, in Rom angekommen zu sein! Den Grund haben wir gestern schon angeschnitten.

Beachten wir, dass Paulus den Brief an eben diese Römer bereits von Korinth aus im Jahre 56 v. Chr. während seines dritten Besuchs in dieser Stadt schrieb; die ihm entgegenkommenden Brüder waren folglich auch sehr gut über das Geheimnis der Verstockung Israels informiert und belehrt. Wenn wir jetzt noch einen Blick in Röm 16 werfen, sehen wir, dass Paulus viele Geschwister in der römischen Gemeinde kannte – sein Wunsch in Röm 1:10-12 hatte sich erfüllt. Interessant ist hier Vers 12, wo Paulus diese ersehnte Begegnung mit den Römern beschreibt: „Dies geschieht aber, damit mir mit zugesprochen werde unter euch durch den beiderseitigen Glauben, den euren wie auch den meinen.“ Dieser Wunsch im Römerbrief wird jetzt in unserem Leitvers aktuell: Schon allein der Anblick der Brüder als er sie in der Ferne auf sich zukommen sah, machten Paulus Mut!

Es ist ja gerade jener Brief an die Römer, wo Paulus in den langen Röm 9-11 intensiv auf das Volk Israel einging, wo er den Römern bekannte, dass seines Herzens Wunsch und sein Flehen zu Gott für sie um Rettung ist (Röm 10:1); wo er aber auch ermahnt, nicht hochmütig zu werden ([Röm 11:20]b), das heißt, immer eingedenk zu sein, dass erst Israels Ablehnung die Entstehung der Körpergemeinde möglich machte. Und über Israels Widerspenstigkeit wird Sich Gott wunderbar erbarmen, wie es in Röm 11:32 verheißen ist – wir haben allen Grund, dieses Volk lieb zu haben!

Apg 28:16

„Als wir dann in Rom angekommen waren, wurde es Paulus gestattet, mit dem ihn bewachenden Krieger für sich zu bleiben.“

Es muss ein ganz wunderbarer Moment gewesen sein, als die römischen Brüder ihren Apostel empfangen und in den Arm nehmen konnten, und dies, obwohl er an einen Krieger gekettet war.

Bei den Römern gab es neben der sehr strengen Haft noch eine mildere Form, die auf eine einfache Bewachung beschränkt war und nur bei bestimmten Häftlingen angewandt wurde, darunter fielen auch die Haft in Form a) von Hausarrest in der Wohnung bekannter Persönlichkeiten, die für den Häftling mithafteten, oder b) jene Art von Haft, wo der Häftling von einem Soldaten in einem bestimmten Haus wohnen konnte, die Freunden gehörte oder angemietet wurde. Letztere Form wurde Paulus zuteil. Es war ihm gestattet, jederzeit Besuch zu empfangen, zu lesen, zu schreiben, ja zu arbeiten, soweit sich dies mit der Situation vereinbaren ließ. Das einzig Üble war, dass der Gefangene, in unserem Fall Paulus, ständig durch eine Kette mit dem Soldaten verbunden war. Paulus dürfte unter diesen Ketten ziemlich gelitten haben, denn allzu oft erwähnte er sie. In Eph 3:1 bezeichnet sich Paulus als „der Gebundene Christi Jesu für euch, die aus den Nationen“, in Apg 28:20 jedoch umgibt ihn diese Kette wegen der Erwartung Israels (wir kommen darauf noch zu sprechen). Heute soll uns bewegen, warum Paulus für uns, die aus den Nationen, gebunden ist: Eine Antwort finden wir in Kol 1:24 (bitte lesen)!

In dem Wort an die Kolosser sagt Paulus nicht, dass Christi Opfer noch menschlicher Zusätze bedurfte, sondern dass der Apostel in den Spuren seines Herrn wandelte, was ihm Leiden einbringen musste, die aber keine Sühneleiden für die gesamte Schöpfung darstellten, sondern Leiden um des Evangeliums willen. Und es ist das für uns bestimmte Evangelium, für welches Paulus litt und womit er an Seiner statt jenes ergänzte und erduldete, was ihm verordnet war (lies hierzu auch 2Tim 2:10).

Gefangenschaft und Wirken des Paulus in Rom

Apg 28:17

„Nach drei Tagen ließ er dann die Ersten der Juden zusammenrufen. Als sie zusammengekommen waren, sagte er zu ihnen: <Männer, Brüder, ich, der ich nichts getan habe, was gegen das Volk oder die väterlichen Sitten verstößt, wurde als Häftling aus Jerusalem in die Hände der Römer überantwortet.“

Wir stehen ziemlich am Abschluss der Apostelgeschichte und es wird uns in diesen letzten Versen noch merkwürdig vorkommen, dass Lukas kein einziges Wort über den Prozessverlauf und den Ausgang berichtete, genauso wenig erfahren wir etwas über die Verkündigung des Evangeliums in der römischen Körpergemeinde; die ganzen Verse drehen sich nur noch um die Auseinandersetzung mit den Juden in Jerusalem bzw. in Israel – wir stehen damit wieder massiv auf dem Boden des Königreichs! Allerdings beinhalten diese Verse auch das wirklich letzte Angebot Gottes an Israel, das Königreich doch noch aufzurichten – der Ausgang stand aber schon vorher fest! Es sind die Juden in der entferntesten Diaspora, die aber auch noch die Möglichkeit haben sollten, sich zu entscheiden. Was jetzt folgt, haben wir zurückliegend immer wieder miterleben können: Pauli Zeugnis und die darauf folgende Ablehnung! Aber schauen wir uns die Verse noch einmal an:

Paulus hielt sich nicht lange bei den Brüdern der römischen Körpergemeinde auf, schon nach drei Tagen zog es ihn zu seinen Stammesgenossen, den Juden. Diese Eile erweckt den wohl berechtigten Eindruck, dass auch Paulus dieses Kapitel (das irdische Königreich) jetzt endgültig abhaken wollte. Seine große Aufgabe in Rom war eine ganz andere: Er musste Gottes Wort vervollständigen. In 1Kor 13:10 drückt er dies so aus: „Wenn aber die Reife (des Wortes Gottes) kommt“; und gerade in Rom wurden ihm dann die letzten Geheimnisse Gottes enthüllt, die er in den so genannten „Gefängnisbriefen“ an die Epheser, Philipper und Kolosser niederschrieb. Und die Wirkung dieser Vervollständigung des Wortes Gottes auf uns lesen wir in Eph 4:12-14. Hier ist der Mittelpunkt in Vers 13 „die Vervollständigung des Christus“!

Apg 28:18

„Diese forschten mich aus und beschlossen, mich freizulassen, weil man an mir keine Schuld fand, die den Tod verdient.“

Noch steht Paulus vor den ausgewanderten Juden in Rom und erklärt ihnen, warum er als Gefangener in Rom eingetroffen ist. Noch einmal wird auch uns ins Bewusstsein gerufen, dass ein Unschuldiger über Jahre seiner Freiheit beraubt wurde, nur weil er „Jesus“ bezeugte! Dabei glaubte ihm gerade das auserwählte Volk Gottes nicht und wollte ihn töten, doch jene aus den Nationen (die Römer), die überhaupt nicht an Gott glaubten, hielten ihn für unschuldig! Dies führt uns zu unserem Herrn und Haupt, wo die Situation ähnlich, aber nicht gleich war:

Auch Jesus stand vor einem römischen Richter (Pilatus), der Ihn für unschuldig hielt, wogegen die Juden Ihn gekreuzigt sehen wollten. Pilatus allerdings gab den Juden nach, weil es dem göttlichen Willen entsprach, dass Er sterben musste. Paulus hingegen hatte einen wichtigen Teil seines Dienstes noch vor sich, niemand konnte ihn vorher töten, was wir ja im Verlauf der Apostelgeschichte miterlebt haben. Es war die schlimmste Aufgabe des auserwählten Volkes Gottes, Jesus ans Kreuz zu bringen! Und es sind fast schon zärtliche Worte, die wir von dem sterbenden Herrn für Sein Volk hören: „Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23:34).

Lasst uns heute einmal wieder so richtig von Herzen auf unseren Herrn schauen, den Einzigen, der ohne Sünde war, und von dem Johannes der Täufer sagte: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf Sich nimmt“ (Joh 1:29)! Keiner von uns kann sich vorstellen, was dieser Sündenberg für eine Traglast darstellte – der Unrat einer gesamten Menschheit! Paulus bezeugte, dass an ihm keine Schuld war, die den Tod verdiente – Jesus, unser Herr und Haupt nahm alle Schuld auf Sich. Und da das Gesetz für jede begangene Sünde den Tod verlangte, stand unser Herr unter einem milliardenfachen Todesurteil! „Für uns!“

Apg 28:19

„Da aber die Juden Widerspruch erhoben, war ich genötigt, mich auf den Kaiser zu berufen, nicht als ob ich meine Nation irgendwie anzuklagen hätte.“

Paulus bezeugt in Rom vor den jüdischen Auswanderern, dass er mit seiner Berufung auf den Kaiser sein Volk nicht anklagen wollte, obwohl ja gerade sie (die Juden) die Ursache seiner Ketten waren. Die Berufung auf den Kaiser geschah nur aus dem Grund, damit Paulus überhaupt nach Rom kam. Wie schon erwähnt, erfahren wir über den Prozess nichts, ja wir wissen nicht einmal, ob Paulus jemals dem Kaiser vorgeführt wurde – dies scheint völlig unwichtig geworden zu sein! Dafür ist der Apostel Paulus nun in Rom und kann seinen großen Auftrag, das Wort Gottes „zur Reife“ (auf sein Vollmaß) bringen, ausführen!

Gott geht Wege, die wir nur zu oft nicht verstehen. Warum diese umständliche schwere Seereise? Warum das viele Leid? Aus seiner Gefangenschaft in Rom schrieb Paulus auch einen kaum beachteten Brief an Philemon; es ging ihm darum, dass Philemon, ein wohlhabender Bürger in Kolossä, einen gewissen „Onesimus“ (der Name bedeutet „nützlich“) aufnahm – und diesen Mann schauen wir heute an: Er war ein Sklave dieses Philemon, ließ sich aber etwas zu Schulden kommen (vielleicht ein Diebstahl) und wurde damit „unnützlich“ - er floh nach Rom, wo er Paulus kennen lernte und zum Glauben berufen wurde. Der ebenfalls gläubige Philemon soll ihn jetzt wieder aufnehmen – aber nicht mehr als Sklave, sondern als „Bruder“!

Was lehrt uns nun Onesimus? Ein furchtbar langer Umweg über die Sklaverei, über Schuld und über die Flucht nach Rom führte ihn schließlich zu Paulus! Und erst hier rief ihn der Herr (er hätte ja schon im Haus des Philemons zum Glauben kommen können)! Doch gerade dieser schwer verständliche Weg Gottes (wir würden ihn einen „Umweg“ bezeichnen) gab den Anlass zu diesem Brief, den wir als einen „Leuchtturm der Liebe“ bezeichnen möchten und der uns viel sagen kann! Umwege Gottes werden damit „Segenswege“!

Apg 28:20

„Aus diesem Grund nun habe ich euch herbeigerufen, um euch zu sehen und zu euch zu sprechen; denn wegen der Erwartung Israels umgibt mich diese Kette.“

In der Kürze seiner Rede an die Juden erkennen wir, dass sich Paulus beeilt, zum Kernpunkt zu kommen: Er möchte die Juden zu der entscheidenden Stellungnahme bringen: Annahme oder Ablehnung! Deshalb kommt er jetzt zur Hauptsache, der „Erwartung Israels“! Unmissverständlich für jeden seiner Zuhörer gibt Paulus den Juden die Schuld für seine Ketten. Sie haben seine Botschaft abgelehnt, trachteten nach seinem Leben und haben ihn vor den Römern verklagt, so dass er sich letztlich auf den Kaiser berufen musste. Israel hat also seine Erwartung abgelehnt, und diese Erwartung beinhaltete das messianische Königreich. Pauli Einsatz für dieses Königreich war der Grund seiner Ketten!

Die Eile, die wir bei Paulus sehen (schon nach drei Tagen rief er die Juden zusammen) hat seinen Grund darin, dass die Zeit der Entscheidung nahe war. Dieses Wissen wurde ihm geschenkt, als er die Brüder sah, die ihm entgegeneilten – er bekam neuen Mut (Vers 15 b). Und „Mut“ machte ihm das Erkennen, dass hier in Rom eine so lebendige Gemeinde bestand, ohne dass er als „Apostel der Nationen“ bisher persönlich in Rom war; es war allein das Wirken des Geistes Gottes! Und bedenken wir jetzt, liebe Geschwister: Dieser römischen Gemeinde hatte Paulus im Römerbrief das Geheimnis Israels anvertraut (Röm 9-11)! Die ihm bei seiner Ankunft entgegen eilenden Brüder vermittelten ihm die Erkenntnis, dass sie seinen Brief (den Römerbrief) verstanden hatten und wussten worum es ging – das gab ihm Mut, die Juden zum letzten Mal zur Entscheidung herauszufordern. Vorausschauend fügen wir hier an: Als die Juden endgültig abgelehnt hatten und die Erwartung Israels weit nach hinten verschoben wurde, sah Paulus in seinen Ketten einen ganz neuen Grund: Nicht mehr um der Erwartung Israels sah er sich in Ketten, sondern bezeichnete sich fortan als „Gebundener Christi Jesu für euch, die aus den Nationen“ (Eph 3:1)!

Apg 28:21

„Da sagten sie zu ihm: Wir haben weder Zuschriften über dich aus Judäa empfangen, noch hat irgendeiner der Brüder, die hergekommen sind, etwas Böses über dich berichtet oder gesprochen.“

Wir möchten dem Gestrigen noch einen Absatz anfügen weil sich hier in Rom Ereignisse vollziehen, die kaum beachtet werden: 1.) das messianische Königreich wird von den letzten Juden in Rom abgelehnt; 2.) in Rom vollzieht sich die Wende von der bis hier bestehenden „Verwaltung des Übergangs“ hin zur „Verwaltung der Gnade“; 3.) hier in Rom kommt der Wendepunkt von der Unmündigkeit zum gereiften Mann, zum Maß des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus … (Eph 4:13); und damit ist Paulus 4.) nicht länger in Ketten für die Erwartung Israels, sondern ist der Gebundene Christi Jesu für uns! In Eph 3:2 lesen wir aber noch einen Nachsatz: „… wenn ihr nämlich von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört habt, die mir für euch gegeben ist …“! Die ältere 4. Auflage unserer Konkordanten Wiedergabe übersetzt hier: „… wenn ihr überhaupt hört …“. Hier geht noch klarer hervor, worum es geht: Ein großer Teil der Gläubigen hören gar nicht, was Paulus zu sagen hat, wissen kaum etwas oder nichts von der gegenwärtigen „Verwaltung der Gnade“ , sehen in Paulus auch nicht den von Gott abgesonderten Lehrer der Nationen und erkennen damit auch nicht ihre überhimmlische Berufung! Doch seltsam: Genau diese Gruppe von Gläubigen feinden uns, die wir das Evangelium des Paulus erkannt haben, am meisten an!

Die entscheidende Frage lautet: „Hören wir auf Paulus?“

Zurück zum Geschehen in Rom: Hier verhalten sich die Juden zunächst einmal neutral und abwartend, indem sie Unkenntnis über die Ereignisse in Jerusalem vorgeben. War das glaubhaft? Zwischen allen Synagogen in der ganzen Welt bestand ein reger Nachrichtendienst durch Reisende; und die Ereignisse um Paulus waren ja wirklich gravierend – sollte da nichts bis nach Rom durchgedrungen sein?

Apg 28:22

„Wir wissen es aber zu würdigen, wenn wir von dir hören, wie du gesonnen bist; denn von dieser Sekte ist uns schon bekannt, dass sie überall Widerspruch erfährt.“

Die Juden in Rom hatten offenbar doch schon etwas gehört, ganz so ahnungslos, wie sie vorgaben, waren sie nicht! Zumindest wussten sie, dass diese Sekte, für die Paulus eintrat, überall Widerspruch erfährt! Es ist interessant, warum diese Juden trotz der negativen Information über diese Sekte etwas von Paulus hören wollten! War es nur die Person „Paulus“, die sie interessierte?

„Widerspruch“ ist Widerspenstigkeit, und dazu schrieb Paulus in Bezug auf das Volk Israel an die römische Gemeinde (die aber nicht mit den Juden identisch ist, die Paulus hier traf)): „Denn Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme“ (Röm 11:32). Und die römische Körpergemeinde Christi Jesu schien Paulus verstanden zu haben! Es gibt zu Röm 11:32 zwei Sichtweisen: Einmal die menschliche, und dann die göttliche Seite. Die menschliche Sicht bringt viele Fragen auf, hat viele „Warum“, und kommt letztlich doch nicht ans Ziel. Die göttliche Sicht hingegen ist eindeutig und führt an das Ziel: „Gott alles in allen“ (1Kor 15:28).

Eine absolute Grundwahrheit in Gottes Wort ist die: „Gott, welcher der Retter aller Menschen ist“ (1Tim 4:10). Wer diese Wahrheit ablehnt, hat Gott nicht verstanden, will Ihn auch nicht verstehen! Wer jedoch dieser Tatsache mit ganzen Herzen zustimmen kann, erkennt auch mehr und mehr den Heilsweg Gottes – und ein „Weg“ kann durchaus lang und voller Kurven, Steigungen und Gefälle sein! Das Volk Israel wurde von Gott auserwählt, ein ganz besonderes Werkzeug zu sein: Gott schloss das ganze Volk in Widerspenstigkeit ein, damit es all das tat, was getan werden musste: 1.) Den Sohn Gottes an das Kreuz bringen und 2.) das mögliche messianische Königreich ablehnen! Doch so schwer der Weg Israels auch war und noch ist, am Ende steht die Verheißung Gottes, dass Er Sich aller erbarme! Dieses Wort gilt erst einmal Israel, doch gilt diese Verheißung letztlich allen Menschen.

Apg 28:23

„An dem mit ihm vereinbarten Tag kamen noch mehr zu ihm in die Unterkunft, denen er vom Morgen bis zur Abenddämmerung das Königreich Gottes auseinandersetzte und bezeugte, indem er sie in Bezug auf Jesus vom Gesetz des Mose wie auch von den Propheten her zu überzeugen suchte.“

Paulus wusste um die Widerspenstigkeit der Juden, er wusste um das Geheimnis der Verstockung Israels, schließlich hat er es ja schon lange vorher in Röm 11:25 ff niedergeschrieben. In unserem Leitvers sehen wir einen sich abmühenden Apostel, der doch ganz genau weiß, wie alles kommen muss! Wozu also die Mühe, die versammelten Juden zu überzeugen?

Es gehört zum Heilsprinzip Gottes, Sich immer eine Auswahl abzusondern. Dieses Prinzip durchzieht die gesamte Bibel. Wir konzentrieren uns aber hier zuerst auf diese Juden, die durch Paulus mit dem Königreich Gottes konfrontiert werden – wäre es möglich, dass doch der eine oder andere zum Glauben findet? Der nächste Vers gibt uns eine Antwort!

Wir haben heute noch Raum, uns mit einer anderen Auswahl zu beschäftigen, mit „uns“! Auch wir sind im Vergleich zur gesamten Menschheit eine winzige Zahl, die Gott vor dem Niederwurf der Welt (also noch vor Adam und Eva) in Christus auserwählt hat (Eph 1:4). In Eph 1:5-6a lesen wir weiter: „ In Liebe hat Er uns für Sich zum Sohnesstand durch Christus Jesus vorherbestimmt, nach dem Wohlgefallen Seines Willens, zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade, die uns in dem Geliebten begnadet.“ In diesen Worten, liebe Geschwister, ist der komplette Sinn unserer Auswahl und unserer Berufung enthalten: „… zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade!“ Wir sind vorherbestimmt, die Gnade Gottes zu verherrlichen, und dies in den herankommenden Äonen in den überhimmlischen Regionen! Durch das Zurschaustellen, was Gottes Gnade an uns bewirkt hat, werden wir zum Segen für die überhimmlischen Bewohner – das ist der Sinn unserer Auswahl.

Apg 28:24

„Die einen wurden von dem Gesagten überzeugt, während die anderen nicht glaubten.“

Dem gestrigen Schlussabsatz möchten wir noch anfügen: Die Auswahl Gottes ist nie Selbstzweck, sondern dient stets der gesamten Schöpfung Gottes, und dies mit dem Ziel, alle zu retten, damit Gott in der Vollendung „alles in allen sei“! Wenn Gott gerade uns in die Körpergemeinde Christi Jesu beruft, dann ganz bestimmt nicht deshalb, weil wir besser als die anderen sind, im Gegenteil: An uns Törichten, Schwachen, Verschmähten möchte Gott Seine Kraft aufzeigen und der ganzen Schöpfung vorführen, was die Herrlichkeit Seiner Gnade an elenden Sündern bewirkt!

Zurück zu dem Geschehen in Rom: Wir warfen gestern die Frage auf, warum Paulus sich überhaupt vom Morgen bis zur Abenddämmerung (was ja einer Marathonsitzung gleichkommt) abmühte, wenn er von vornherein wusste, wie es kommen muss: Keiner, auch nicht Paulus, wusste und weiß, wen Gott ruft, ob zum Königreich oder zur Körpergemeinde! Es ist also nie vergeblich, Zeugnis von Jesus Christus abzugeben. Wir haben wiederholt auf Röm 9:1 ff hingewiesen, wo wir in Pauli Herz schauen können, was er für sein Volk fühlt. Das Bewegende ist, dass er sogar bereit wäre, für sein Volk von Christus hinweg verbannt zu sein – das ist die Gesinnung Christi in ihm!

Trotz allem Wissen um das Geheimnis der Verstockung Israels mühte er sich also in Rom, wissend, dass er dieses Gericht nicht mehr aufhalten konnte, aber – vielleicht doch noch etliche von den Juden für Christus gewinnen kann! Und jeder von diesen Juden in Rom, der diesem letzten Zeugnis glaubte, wird im Königreich (das aber weit hinausgeschoben wird) äonisches Leben haben.

Wir sehen die Uneinigkeit unter den Juden, was „Unglauben“ bedeutet, es war das letzte öffentliche Angebot des Königreichs an Israel!

Apg 28:25

„Da sie aber miteinander Unstimmigkeiten hatten, entfernten sie sich, nachdem Paulus noch den einen Ausspruch getan hatte: <Trefflich spricht der Geist, der heilige, durch den Propheten Jesaia zu euren Vätern:“

Die schwere Bedeutung dieser letzten Verse 25-28 muss uns bewusst werden: Wir stehen jetzt unmittelbar vor der „Urteilsverkündigung“ durch Paulus! Und dieser Urteilsspruch ist endgültig! Da es um das messianische Königreich geht, also allein das Volk Israel betrifft, zitiert Paulus diese letzten Worte den Propheten Jesaia.

Jesaia musste schon zu seiner Zeit das Gericht über Israel verkündigen (Jes 6:9-10), dass dieses Volk mit Blindheit geschlagen wird, weil es seinen Gott zurückwies. In Mt 13:14-15 wiederholt Jesus Selbst die Worte des Jesaia, und in Röm 11:25 wird das Urteil von Paulus zum dritten Mal wiederholt, allerdings mit dem Zusatz, dass es sich um ein Geheimnis Gottes handelte, dass jetzt durch ihn (Paulus) enthüllt wurde. Und „enthüllt“ wurden die Gründe, warum Gott Sein Volk diesen schweren Weg führt: Ihre Kränkung (ihr Unglaube) ist der Reichtum der Nationen (Röm 11:12)!

Lassen wir heute noch Röm 11:28 zu uns sprechen: „Nach dem Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen, nach der Auserwählung aber Geliebte um der Väter willen.“ Diese Worte dürfen wir nie aus den Herzen verlieren. „Feinde um euretwillen“ bedeutet klipp und klar, dass ihre Widerspenstigkeit um unsertwillen ist. Erst die völlige Ablehnung des messianischen Königreichs führte dahin, dass das Evangelium an uns, die aus den Nationen, weitergeleitet werden konnte, womit Paulus beauftragt wurde. Allerdings war es nicht mehr das Evangelium des Königreichs, sondern das bis dahin in einem Geheimnis verborgene „Evangelium der Gnade“. „Feinde um euretwillen“ … aber Geliebte um der Väter willen“! Israel wird von Gott geliebt, damals wie heute! Und wir sollten uns hüten, hochmütig zu werden oder zu vergessen, sondern sollen dieses Volk, wie Gott, ganz einfach auch lieb haben!

Apg 28:26

„Geh zu diesem Volk und sage: Mit dem Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen. Blickend werdet ihr erblicken und doch nicht wahrnehmen;“

In unserem heutigen und im nächsten Vers 27 zitiert Paulus den Propheten Jesaia, bevor dann der endgültige „Urteilspruch“ bekannt gemacht wird. Dieses Urteil verhindert während der „Verwaltung der Gnade“, dass dem Volk die Augen geöffnet werden, das heißt: Es kann „Jesus“ als Sohn Gottes nicht erkennen und es erfolgt in dieser Zeit auch kein neues Angebot zur Aufrichtung des Königreichs! Erst wenn die Körpergemeinde Christi Jesu entrückt wird, rückt das Volk Israel wieder in den Mittelpunkt. So lesen wir in Röm 11:25: „Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vervollständigung der Nationen eingehe.“

Zwei Punkte sollen uns heute beschäftigen: 1.) Die Verstockung betrifft nur „einen Teil“ des 12-Stämme-Vokes Israels. Wir sehen die Ursache dieser Aussage in der Teilung Israels in ein Nord- und Südreich. Diese Teilung führte zehn Stämme in die assyrische Gefangenschaft, wo sie in der Geschichte nicht mehr auftauchten. Es gibt nur Spekulationen, wo sie sein könnten! Tatsache ist, dass nur Juda und Benjamin das heutige Israel darstellen, die Verstockung folglich auch nur diese zwei Stämme getroffen hat. Deshalb ist Verstockung Israels nur „zum Teil“ widerfahren!

2.) Seit etlichen Jahren sehen wir in Israel wieder messianische Gemeinden. Es wird behauptet, auch diese Gemeinden müssen (!) zur Körpergemeinde gehören, was diese gläubigen Juden jedoch strikt ablehnen. Ihre Erwartung ist einzig das irdische Königreich. Wir sind hier den Meinung, dass man keine Zwangseingliederung in die Körpergemeinde vornehmen kann, vielmehr ist ihre Existenz ganz einfach zu erklären: Wir sehen alle, dass „die Verwaltung der Gnade“ bald beendet ist. Verbunden damit weckt Gott Sein Volk langsam auf und wir nehmen dieses „Aufwecken“ Gottes heute wahr! Dieses Thema soll also kein Streitpunkt, sondern für uns ein zusätzliches Zeichen sein: Der Herr ist nahe!

Apg 28:27

„… denn das Herz dieses Volkes ist verdickt, mit ihren Ohren hören sie schwer, und sie schließen ihre Augen, damit sie nicht etwa mit den Augen wahrnehmen, mit den Ohren hören, mit den Herzen verstehen und sich umwenden, damit Ich sie heilen würde.“

Zu unseren gestrigen Aussagen sei noch angemerkt: Es gibt natürlich bis heute Juden, die zur Körpergemeinde Christi Jesu berufen sind (gleich Paulus) und damit dem Gericht der Verstockung nicht unterliegen. Sie sind gemäß Eph. 3:6 gemeinsame Losteilinhaber, gemeinsame Glieder am Körper Christi Jesu und gemeinsame Teilhaber der Verheißung in Christus Jesus.

Zu unserem Textwort, welches der Prophet Jesaia im 8. Jahrhundert vor Christus niederschreiben musste, also vor über zweitausendachthundert Jahren: Wenn wir von den ganz wenig gläubigen Juden absehen, sehen wir heute tatsächlich ein blindes und taubes Israel. Sie anerkennen zwar die Person Jesu, lehnen aber Seine göttliche Sohnschaft ab. Dies war der ständige Schmerz, den Paulus in seinem Herzen trug, es war das „Mitleiden“ mit seinen Brüdern, seinen Stammverwandten dem Fleische nach. In den Kapiteln 9-11 des Römerbriefes werden gerade wir, die Körperglieder Christi Jesu, immer wieder angemahnt, das Verstockungsgericht Gottes über Sein Volk nicht als Strafe zu verstehen, sondern als ein Bestandteil des Heilsplanes Gottes mit der Schöpfung. Wir haben gerade hier in der Apostelgeschichte immer wieder für das rechte Verständnis im Blick auf Israel geworben, und wir tun es auch jetzt wieder, wo wir fast am Ende sind.

In Röm 11:15 lesen wir die wunderbaren Worte: „Denn wenn ihre jetzige Verwerfung der Welt Versöhnung ist, was wird ihre Wiederannahme sein, wenn nicht Leben aus den Toten?“ Bei all dem Schmerz in Pauli Herz ist dies ein Vers voller Zuversicht und Freude: Es kommt der Zeitpunkt, wo Gott Sich Seinem Volk wieder zuwendet, und es aus seinem toten Glaubenszustand heraus zum lebendigen Glauben an den Namen „Jesus“ führt – „zum Leben aus den Toten!“

Apg 28:28

„Es sei euch daher bekannt gemacht, dass diese Rettung Gottes den Nationen gesandt worden ist; sie werden auch hören!“

Unter der Leitung des Geistes Gottes spricht Paulus in unserem heutigen Leitvers die endgültige Verstockung Israels aus! Ab hier ergeht kein Angebot mehr an Israel, bis die neue Körpergemeinde Christi Jesu ihre Vollzahl erreicht haben wird, das heißt, bis gemäß Röm 11:25b „die Vervollständigung der Nationen eingehe“. Wir stehen damit rückblickend vor einem gewaltigen göttlichen Ereignis und Zeitabschnitt! Die Zeit der „Verwaltung des Übergangs“ endet hier und die „Verwaltung der Gnade“ beginnt mit den Briefen des Apostel Paulus, die wir „die Gefängnisbriefe“ bezeichnen. Es sind die Briefe an die Epheser, Philipper und Kolosser, später folgten die Briefe an Philemon und Titus, sowie die beiden Briefe an Timotheus. Die zuletzt genannten Briefe sind nicht genau zu datieren, es scheint, dass Paulus nach einer zweijährigen Gefangenschaft freigelassen wurde, eine gewisse Zeit frei wirken konnte, und dann erneut in Gefangenschaft kam.

Für uns ist die Wende entscheidend: In 1Kor 13:9 schrieb Paulus: „Denn bis jetzt erkennen wir nur aus einem Bruchteil ….“ - jetzt kam die Reife, und Gott offenbarte gerade in diesen Gefängnisbriefen die letzten uns betreffenden Geheimnisse.

Unser Leitvers gilt der kleinen Schar von Juden in Rom, aber sie sind die Letzten, die entscheiden mussten. In Eph. 1:9-10 enthüllt uns Paulus das Geheimnis Seines Willens, „die Aufhauptung des Alls in Christus“! Und gerade dieses Volk Israel, welches hier endgültig in die Verstockung geht, wird an dieser Aufhauptung entscheidend mitwirken: Israels Teil ist die Aufhauptung in Christus „auf der Erde“! Und da „Gerichte Gottes“ ja nicht nur Zurechtbringung darstellen, sondern auch Zubereitung, hat unser heutiger Leitvers trotz all seiner Schwere auch eine lichte Seite. Hand in Hand mit Israel werden wir das All aufhaupten, beides, das in den Himmeln und das auf der Erde!

Apg 28:30-31

„Er blieb dann zwei ganze Jahre in eigener Mietswohnung und hieß alle willkommen, die zu ihm kamen; er heroldete das Königreich Gottes und lehrte mit aller Freimut und ungehindert, was den Herrn Jesus Christus betrifft.“

Die Apostelgeschichte ist, wie wir alle gemerkt haben, keine geschichtliche Aufzeichnung der Körpergemeinde Christi Jesu, sondern betrifft in der Hauptsache das irdische Königreich Gottes. Wenn von uns die Rede ist, dann nur in dem Umfang wie es im Blick auf das Königreich notwendig ist. Die Grundlagen und lebenswichtigen Wahrheiten der Körpergemeinde Christi Jesu finden wir nur in den Briefen des Paulus, nicht in der Apostelgeschichte des Lukas. In diesem Sinn müssen wir auch die letzten zwei Verse verstehen: Paulus hieß alle willkommen, die ihn hören wollten, Juden wie auch solche aus den Nationen!

Mit der endgültigen Ablehnung des Königreichangebotes war ja die Hoffnung vieler noch nicht erloschen, noch gab es eine ansehnliche Zahl von Juden, die glaubten! Nur – es wurden dieser Schar keine Neuen zugefügt, die Königreichslinie starb praktisch aus!

Lukas berichtet uns nur noch, dass viele zu Paulus kamen, und er das Königreich Gottes lehrte – darunter dürfen wir zum einen jene Juden sehen, die gemäß Vers 24 von Paulus noch überzeugt wurden und jetzt mehr hören wollten, zum anderen aber auch Glieder der römischen Körpergemeinde, die sich freudig von ihrem Apostel belehren ließen.

Der Bericht des Lukas endet mit dem Namen unseres Herrn „Jesus Christus“, und das darf uns zutiefst erfreuen und zusprechen. In Hebr 1:2 -3 lesen wir: „… spricht Er (Gott) an dem letzten dieser Tage zu uns in dem Sohn, den Er zum Losteilinhaber von allem gesetzt und durch den Er auch die Äonen gemacht hat. Er ist die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit und das Gepräge Seines Wesens und trägt das All durch Sein machtvolles Wort.“

Der Anfang und der Schluss der Apostelgeschichte haben eine ganz besondere Verbindung: Lukas beginnt seinen Bericht mit dem 40-tägigen Dienst des auferstandenen Jesus und der sehnsüchtigen Frage der Jünger an ihren Herrn: „Herr, stellst Du in dieser Zeit das Königreich für Israel wieder her?“ Und Jesus weicht dieser Frage spürbar aus (Apg 1:6-7). Danach berichtet Lukas über Jesu Himmelfahrt – das war der Anfang!

Am Ende hören wir das endgültige Urteil über Israel, doch es ist nicht der Schlusssatz! Gottes Wort, und dies ist ja auch die Apostelgeschichte, endet nicht mit Gericht, sondern mit dem Namen „Jesus Christus“, und das bedeutet „Sieg“!

Es bleibt uns verborgen, warum wir praktisch nichts vom Wirken Pauli in der lebendigen römischen Gemeinde hören, wir erfahren nichts über den Ausgang des Prozesses am kaiserlichen Gerichtshof, wir erfahren auch nichts vom weiteren Weg des Apostels Paulus, auch nichts über sein Lebensende – über noch so manche Frage bewahrt Lukas Stillschweigen. Aber eines ist in dem Namen „Jesus Christus“ enthalten, und das ist „der Sieg“! Und dieser Sieg sieht so aus:

„Wenn aber dieses Vergängliche Unvergänglichkeit anzieht und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anzieht, dann wird sich das Wort erfüllen, das geschrieben steht: Verschlungen wurde der Tod im Sieg! Tod, wo ist dein Stachel? Der Stachel des Todes ist aber die Sünde, und die Kraft der Sünde liegt im Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (1Kor 15:54-57)! Und ganz besonders über Israel steht das Wort von Röm 11:32: „Denn Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme“ - auch das wird ein wunderbarer Sieg Jesu Christi sein!

Gedicht

Wann kommt die Stunde,
die alles einst krönt,
wenn Du uns hier heimholst zu Dir?
Wenn, Herr, Dein Ruf
aus den Wolken ertönt,
dann dürfen wir endlich zu Dir
und sind aus allem Verderben heraus.
Unsere Sehnsucht tagein und tagaus
wartet auf Dich,
komm, ach, hol uns nach Haus,
hol uns von hier, Herr, zu Dir.

Wann kommt die Stunde
von der niemand weiß,
wann sich erfüllt was schon enthüllt?
Vorahnend wartet
auch Dein Erdenkreis,
dass sich erfüllt
was noch verhüllt.
Herr, Deine Heiligen flehen’s herbei,
dass bald der Tag unsrer Heimholung sei.
All unser Sehnen
wird herrlich und frei in Deinem Bild ganz gestillt.

Wenn unsres Gottes Posaune erschallt
werden wir auffahr’n in neuer Gestalt.
Nah ist der Tag, Herr,
ach komme doch bald!
Wann bricht er an, ja Herr, wann?
(E.U.A.)

Mel.: Wann schlägt die Stunde