Neue Gesichtspunkte in Bezug auf das messianische Reich

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Version vom 13. April 2024, 14:35 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (c) Durch Leiden zur Herrlichkeit)

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Abschrift des des Buches:
Das tausendjährige Königreich Christi auf Erden
von Heinz Schumacher (1964)

Paulus Verlag Karl Geyer, Stuttgart


Inhaltsverzeichnis
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2. Neue Gesichtspunkte in Bezug auf das messianische Reich

Jesus Christus ist nicht ins Fleisch gekommen, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, beiseite zu schieben, ungültig zu machen, sondern um sie ihrem prophetischen Gehalt nach zu erfüllen (Mt 5:17.18). Dennoch sind gewisse Akzentverschiebungen in Seiner Botschaft gegenüber der der Propheten nicht zu übersehen. Auch fügt der Herr dem prophetischen Panorama vom Reich neue, ergänzende Striche bei, bereichert ihre Schau durch neue Gedanken. Hiervon soll im Folgenden die Rede sein.

E i n e grundsätzliche Akzentverschiebung haben wir bereits genannt: Im Zeugnis Jesu vom Reich tritt die Person des Königs noch stärker hervor. Das ist verständlich; ist es doch der König selbst, der in den Evangelien von Seinem Reiche spricht. In Seiner Person ist das Reich genahtM es ist in Seinen Wundertaten und in Seiner Lehre als Anbruch und Vorausdarstellung da; Er bestimmt die Eintrittsbedingungen; und Er wird Sein sichtbares Königreich einmal in Macht und Herrlichkeit heraufführen und zusammen mit Seinen Mitherrschern über Israel und die Völker regieren.

Weitere Akzentverschiebungen, Schwerpunktverlagerungen und neue Gedanken sind diese:

a) Jesus Christus betont noch stärker als die Propheten den Vorrang der i n n e r e n Erneuerung des Volkes vor der ä u ß e r e n Wiederherstellung.
b) Der vollen Verwirklichung des Reiches geht ein Reichs a n b r u c h, eine Probe im Kleinen voraus.
c) Der Messias selbst ist auch der Leidensknecht von Jes 53. Sein Weg - und der Weg Seiner Jünger - führt durch L e i d e n zur H e r r l i c h k e i t.
d)Der Aufrichtung des messianischen Reiches geht eine Zeit des Mischwesens, der Ausreife der Guten und Bösen, der Wirksamkeit Gottes u n d Satans voraus, in welcher sich das Königtum Christi im Kleinen und Verborgenen verwirklicht.
e) Viel Glieder des auserwählten Volkes nehmen am Reiche Christi n i c h t teil, an ihrer Statt werden Heiden bevorzugte Plätze einnehmen.

a) Innere und äußere Wiederherstellung

Jesus Christus betont noch stärker als die Propheten den Vorrang der i n n e r e n Erneuerung des Volkes vor der ä u ß e r e n Wiederherstellung.

Das zeigt sich am klarsten wohl in der sogenannten Bergpredigt (Mt 5-7). Mit welch unüberbietbarer Schärfe fordert doch der Herr eine Gerechtigkeit, die besser ist als die der Pharisäer und Schriftgelehrten, die über dem Buchstaben des Gesetzes seinen Geist, seine Mitte vergaßen! Er schafft Mose nicht ab, löst sein Gesetz nicht auf, aber Er verschärft es ungeheuerlich mit Seinem sechsfachen „Ich aber sage euch“, dem als siebtes Stück gar die Forderung folgt: „Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!“ (Mt 5:21-48). Hiermit führt der Herr das Gesetz ad absurdum, weist Er die Unmöglichkeit der Erfüllung vom Menschen, vom Fleische her nach. Die Erfüllung solcher Forderungen kann nur von Gott her erfolgen, durch eine neue Geburt (Joh 3:3.5) in einem neuen, göttlichen Sein. So bereitet Jesus Christus durch Seine verschärfte Gesetzesverkündigung in der Frühzeit Seines Auftretens den Weg zur späteren Leidens- und Kreuzes- und Versöhnungsverkündigung, wie wir sie im Matthäusevangelium etwa ab Mt 16:21 noch ausgeprägter im Johannesevangelium und in der Apostelgeschichte und in voller Klarheit in den Briefen finden.

Jesu Forderung, dass nur ins göttliche Bild und Wesen Erneuerte ins Reich eingehen, muss ernst genommen werden. Sie entspricht genau der Feststellung von Joh 3:3.5, dass nur von oben Geborene, also Menschen, die zeugungs- und geburtsmäßig Gottes Leben empfingen, das Reich sehen und hineingelangen können. Diese H ö c h s t f o r d e r u n aber gilt nur den H e r r s c h e r n und M i s s i o n a r e n des R e i c h e s Christi, also in erster Linie dem a u s e r w ä h l t e n Volk I s r a e l, das ja zu Beginn der Reiches ein neues Pfingsten erlebt. Für die B ü r g er des Königreiches Christi auf Erden, für die Masse der Völker, die ja in diesem Reich erst noch missioniert werden soll, „genügen“ die bereits früher genannten Eintrittsbedingungen der Demut, Barmherzigkeit, Sanftmut, Armut und Gottesfurcht.

b) Eine Probe im Kleinen

Der vollen Verwirklichung des Reiches geht ein Reichs a n b r u c h , eine Probe im Kleinen voraus.

Das Reich war genaht. In der Person und dem Wirken des Königs war es schon da (Lk 4:21; Lk 11:20; Lk 17:21). In diesem Lichte betrachteten wir bereits die Wunder Jesu und Seine Verklärung. Dieses alles, was der Herr in kleinen Proben Seinem Volke zeigte, soll sich in Seinem Königreich in großem Maßstab wiederholen: Alle Krankheiten werden geheilt; der Herr regiert in großer sichtbarer Herrlichkeit; sogar die Tierwelt nimmt teil an der Erneuerung.

G o t t stellt a l l e s, was E r im G r o ß e n tun w i l l , z u e r s t im K l e i n e n dar. Damit kommt Seine gütige Herablassung unserer Glaubensschwachheit zur Hilfe. Dass es auch vor der vollen Verwirklichung des Reiches des Messias eine Vorausdarstellung im Kleinen gibt, war den Augen der Propheten noch verborgen, so wie sie überhaupt noch keinen zeitlichen Unterschied zwischen dem Leiden und der Herrlichkeit des Messias erkannten und Sein erste und zweites Kommen zusammen schauten.

c) Durch Leiden zur Herrlichkeit

Der Messias selbst ist auch der Leidensknecht von Jes 53. Sein Weg - und der Weg Seiner Jünger - führt durch Leiden zur Herrlichkeit.

Dass der König des Gottesreiches und der leidende Gottesknecht von Jes 53 ein und dieselbe Person sind, ist im AT noch kaum zu erkennen. Jes 52:13-15 ist wohl die klarste Stelle, die einen Hinweis auf diese Wahrheit enthält. Sie wurde aber nicht verstanden, sondern übergangen oder bestenfalls von Israel auf das eigene Volk bezogen. Im übrigen AT ist die Identität (Gleichheit) von Gottes Sohn und König einerseits und Leidensknecht Gottes andererseits wohl nur noch in gleichnishafter und typologischer Verhüllung bezeugt, etwa im Opfergang Abrahams, der Seines eigenen geliebten Sohnes nicht schonte (vgl. Röm 8:32), mit Isaak zu Moria, oder in der Lebensführung Josephs durch Leiden zur Herrlichkeit. - Erst die Ankündigungen Jesu, dass Er leiden und sterben und auferstehen müsse, um hernach in der verheißenen Königsherrlichkeit zu erscheinen (vgl. Mt 16:21 mit Mt 16:27) schufen hier volle Klarheit. Denselben Weg durch Kreuz zur Krone geht auch das Volk Israel - insofern war Israels Deutung von Jes 52 und Jes 53 auf das eigene Volk keine Fehldeutung, nur eben nicht die tiefste und eigentliche! - und geht mehr oder weniger jeder zur Herrschaft mit Christus Berufene (2Tim 2:11.12).

Die Gleichnisse vom Reich der Himmel Mt 13

d) Zeit der Ausreife

Der Aufrichtung des messianischen Reiches geht eine Zeit des Mischwesens, der Ausreife der Guten und Bösen, der Wirksamkeit Gottes u n d Satans voraus, in welcher sich das Königtum Christi im Kleinen und Verborgenen verwirklicht.

Diese Wahrheit wird hauptsächlich in Mt 13 bezeugt, das wir bisher unberücksichtigt gelassen haben. In diesem Kapitel spricht der Herr von „G e h e i m n i s s e n des Königreiches der Himmel“, die Er in sieben Gleichnissen erläutert. Alle diese „Geheimnisse des Königreiches“ stehen im Zeichen der Verwerfung des Messias durch Sein Volk, die sich bereits in Mt 11:20-24 abzuzeichnen beginnt. Es geht in ihnen um die Fragen: Wie ist es möglich, dass der Messias verworfen wird? - Was wird aus dem Reich, wenn das Volk seinen König ablehnt? - Die Gleichnisse antworten:

1. Satan, der Feind Gottes, sucht die rechte und fruchtbare Aufnahme der Botschaft vom reich mit allen Mitteln (Unaufmerksamkeit, Zerstreuung, Ablenkung, mangelnde Ausdauer, Sorgen und Reichtum) zu verhindern (= Gleichnis vom vierfachen Acker oder vom falschen und rechten Hören der Reichsbotschaft, Mt 13:3-9.18-23).

2. Auf dem Acker der Welt, auf dem der Messias die Botschaft vom Reich verkündigen und Menschen für das Reich zubereiten lässt, verkündet heimlich und unerkannt auch Satan seine Lehren und bildet den Menschen der Scheinfrömmigkeit und einer betrügerischen Religiosität heran (= der dem Weizen stark ähnelnde Taumellolch). Da diese beiden Wirkungsgebiete nicht deutlich sichtbar voneinander abgegrenzt sind, vielmehr der Teufel mitten auf dem Saatfeld Christi arbeitet, ist eine Scheidung selbst den heiligen Engeln vorerst nicht möglich. B e i d es soll auf dem A c k e r wachsen und a u s r e i f e n. Wenn die volle Ausreife erreicht ist, wird der Messias das Zeichen zum Ernten geben: Er wird Seine Engel aussenden, die Menschen der Christussaat und die Menschen der Satanssaat voneinander scheiden und erstere ins Reich aufnehmen, letztere dem Gericht überliefern, und so das gegenwärtige böse Zeitalter (oder: Äon, Gal 1:4) zum Abschluss bringen (= Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen oder von der doppelten Saat und Ausreife, Mt 13:24-20.

Dass der Messias einmal mit Seinen Engeln zum Gericht über die lebenden Menschen udn zur Aufrichtung Seines Reiches erscheint, entspricht ganz der alttestamentlich-prophetischen Schau. Neu ist der Gedanke, dass dieses Geschehen erst eintritt, nachdem die Christussaat, die auch nach Seiner Verwerfung noch weiter durch Seine boten ausgestreut wird, und die Satanssaat voll ausgereift sind - nämlich einerseits in Seiner Gemeinde, andererseits im Antichristentum. besonders zu beachten ist auch Mt 13:43, wonach nicht nur Jesus Christus als König, sondern a l l e G e r e c h t e n in dem Königreiche ihres Vaters - das in diesem Zusammenhang kein anderes als das des Sohnes ist - wie die Sonne leuchten sollen. W e l c h eine L i c h t f ü l l e !

3. Das dritte und vierte Gleichnis von Mt 13 (Senfkorn und Sauerteig, Mt 13:31-33) entsprechen einander. Beide stellen auf verschiedene Weise dar, wie sich etwas Kleines, Verborgenes, Unscheinbares aufgrund seiner ungeheuren Keimkraft und Entfaltungs- bzw. Durchdringungsmacht zu etwas äußerst Großem und Umfassendem ausweitet. - Was ist darunter zu verstehen?

N i c h t gemeint ist jedenfalls, dass sich das Königreich Christi auf Erden aus verborgenen Anfängen seit den Tagen Jesu immer mehr ausbreitet, die ganze Welt nach und nach christianisiert bzw. durchsäuert, bis auf diese Weise endlich die ganze Welt Christus als König anerkennt. Diese Deutung widerspricht nicht nur den geschichtlichen Tatsachen, sondern auch dem voraufgehenden zweiten Gleichnis sowie dem gesamten Zeugnis Jesu und der Propheten, die übereinstimmend immer wie bezeugten, dass die Aufrichtung des sichtbare Königreiches Christi p l ö t z l i c h unter gewaltigen Gerichtsschlägen erfolgt und nicht im Verlaufe eines Wachstumsprozesses.

Aber es ist ja auch gar nicht notwendig anzunehmen, diese beiden Gleichnisse wollten etwas über die A r t der A u f r i c h t u n g des messianischen R e i c h e s aussagen. Sie zeigen vielmehr ganz unabhängig davon, welche Kraft der Entfaltung, des Wachstums, der Umprägung das Königreich Christi (und die Botschaft von ihm) besitzt. Schon heute, wo eine weltweite Ausdehnung der Königsherrschaft Christi wegen Satans Wirksamkeit nicht möglich ist (siehe zweites Gleichnis), hat doch das Königtum Christi im Verborgenen von Menschenherzen schon angefangen und besitzt schon heute die Kraft einen Menschen und seine Umwelt zu verwandeln; erst recht wird diese Kraft der Entfaltung udn Umprägung sich nach der Aufrichtung des Reiches zeigen: dann wird sich Christi Königsherrschaft von Jerusalem aus zu den Städten Judas, zu ganz Israel und den übrigen Völkern hin ausdehnen, bis auch die fernsten Inseln sich Christus beugen.

Eine andere Auslegung ist die: Das „Sauerteig“ und „Vögel des Himmels“ in der Schrift mit böser Lehre, Bosheit und dem Bösen in Verbindung gebracht würden (Mt 13:4.19; Mt 16:6.11.12; 1Kor 5:6-8; Gal 5:9), so zeigten diese beiden Gleichnisse, wie sich nach Jesu Verwerfung böse Lehre des Reich-Gottes-Gedankens bemächtigte und daraus ein Gebilde riesenhaften Ausmaßes schuf (die Volks- und Staatskirche), in welchem sogar die Vögel des Himmels (der Unglaube, die Heuchelei, die Unlauterkeit) Platz hätten*39.

*39 „Wir haben also (bei den ‚Vögeln‘) an ungläubige und unbekehrte Menschen zu denken, die in dem großen Baum der verfassten Kirchen aus irgendwelchen, wahrscheinlich meist fragwürdigen Gründen, Unterschlupf suchen und dabei den Baum verunreinigen und verderben.“ - „Das Sauerteiggleichnis schildert, ähnlich wie das Senfkorngleichnis, die üble Entwicklung, in die das Himmelreich in der Geheimnisgestalt des gegenwärtigen Zeitalters gerät, wenn es in die Hände der Menschen gegeben wird ....“ (Hub/123)
„In der Vierergruppe (gemeint sind die ersten vier Gleichnisse in Mt 13) wird das Königreich der Himmel in seiner L e i d e n s g e s t a l t geschildert, was Jesus in Mt 13:24 andeutet durch den Ausdruck: ‚es wurde gleichgemacht‘. Bei diesem Gleichgemachtwerden handelt es sich um den Leidensweg im Werden des Königreichs, der dem Leidensweg des Menschensohnes entspricht.“ (La II/34)’'

4. Das fünfte und sechste Gleichnis gehören wiederum zusammen (Mt 13:44-46). Sie vergleichen das Reich der Himmel einem so kostbaren Schatz im Acker bzw. einer so kostbaren Perle, dass um seinetwillen ein Mensch alle seine Habe verkauft und den ganzen Acker kauft bzw. ein Kaufmann allen Besitz veräußert, um diese Perle zu erwerben.

Ohne Zweifel betonen beide Gleichnisse den hohen Wert der Königsherrschaft Christi. Wer aber ist der Mensch, bzw. der Kaufmann, der um ihretwillen alles darangibt? - Die praktisch-erbauliche Auslegung sagt: Uns Menschen soll die Königsherrschaft Christi im Leben so wichtig und wertvoll sein, dass wir ihretwegen mit F r e u d e n alles andere dahinten lassen können. gegen diese Auslegung ist nichts einzuwenden. Sie entspricht sinngemäß den Worten Jesu wie Mt 6:33; Mt 10:37.38; Lk 14:26.27.33. - Eine andere, mehr heilsgeschichtliche Auslegung sagt: Christus selbst ist es, der um Seines Reiches willen, das erst im verborgenen Anfängen in den Herzen einiger weniger auf Ihn Wartender vorhanden war, alle Himmelsherrlichkeit zurückließ und dafür das Reich eintauschte, etwa in dem Sinn von Phil 2:5-8: W e i l der Herr sich so erniedrigte, d a r u m gab Ihm der Vater den Namen über alle Namen, die Herrschaft über alles.

5. Schließlich zeigt das siebte Gleichnis (Mt 13:47-50), wie das Reich der Himmel einem Fischernetze gleicht, in dem nun aber „Menschen gefangen“ werden (Mt 4:19), und zwar gute und böse. Das bedeutet wohl, dass sich viele nur zum Schein, ohne echte wahre Herzenshingabe, von der Botschaft der Königsherrschaft Christi „fangen“ lassen, später aber bei der „Ernte“ und „Scheidung“ am Ende dieses Äons, von der das zweite Gleichnis sprach, einmal als „faul“ ausgeschieden werden müssen (vgl. Mt 7:21-23).

Was sagen uns also die Gleichnisse von Mt 13? Sie bestätigen, dass Christus einmal in Macht und Herrlichkeit mit Seinen Engeln unter gewaltigen Gerichten Sein Reich aufrichtet; dass dann die Scheidung der Guten und Bösen, der Echten und Unechten erfolgt; und dass dieses Reich eine ungeheure Entfaltungs- und Umwandlungskraft und einen hohen Wert besitzt, um dessetwillen es sich wahrlich lohnt, alles andere daranzugeben. Als neue und ergänzende Gedanken stellten wir fest, dass wegen der geheimen Verderbenssaat Satans diese Welt für eine gewisse Zeit Mischcharakter trägt und Gutes und Böses darinnen ausreift, so dass das Reich erst am „Ende dieses Zeitalters“ erscheinen kann; dass Satan es auch ist, der das rechte Hören der Reichsbotschaft heute bei vielen verhindert; dass aber trotz all dieser satanischen Anstrengungen, trotz der Ablehnung Jesu und Seiner Boten, zur Zeit der „Ernte“ das Reich schließlich doch errichtet wird, in dem nicht nur der König, sondern auch alle Seine Gerechten wie die Sonne leuchten sollen.

e) Heiden im Reiche Christi

Viele Glieder des auserwählten Volkes nehmen am Reiche Christi n i c h t teil; an ihrer Statt werden Heiden bevorzugte Plätze einnehmen.

Diese für Israel und die Heidenvölker so folgenschwere Wahrheit, die noch deutlicher in der Apostelgeschichte und in ihrer vollen Tragweite bei dem Apostel Paulus bezeugt wird, tritt schon in den Evangelien hervor. Nachdem der Messias immer entschiedener von Seinem auserwählten Volk abgelehnt und verworfen wird, verkündigt Er diesem Gericht. Zu den göttlichen Gerichtsmaßnahmen gehört auch diese, dass das zum Reich berufene Volk Israel in seiner großen Masse für eine lange (aber nicht unbegrenzte) Zeit vom Reich ausgeschlossen wird. - Dieser Gedanke ist im AT noch unbekannt. Zwar sehen die Propheten große und schreckliche Gerichte über das Volk der Wahl voraus; auch sie rechnen mit dem Untergang eines großen Teiles Israels (Sacharja nennt zwei Drittel in Sach 13:8.9), aber nirgendwo sprechen sie von einem Zurückgestelltwerden vom Reich oder gar von einem zeitweiligen Übergang des Reiches auf die nichtisraelischen Völker, die Heiden. Nach ihrer Schau bleibt das Reich dem endzeitlichen heiligen Überrest des auserwählten Gottesvolkes vorbehalten. Die Heidenvölker sollen am Reiche teilhaben dürfen, aber immer nur nach und durch Israel, niemals ohne Israel.

Nun sagt Jesus in Mt 8:11.12 das schwerwiegende Wort:

“Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tische liegen werden in dem Reiche der Himmel, aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis: da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen.“

Mit den „Söhnen“ des Reiches sind zweifellos Israeliten gemeint, mit denen „von Osten und Westen“ aber Nichtisraeliten wie jener römische Offizier, von dessen Glauben der Herr im vorangehenden Vers, Mt 8:10 festgestellt hat, dass Er einen solchen in Israel nicht gefunden habe.

Viele Nichtisraeliten haben teil am Reich, und zwar an bevorzugten Plätzen („zusammen mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tische liegend“); diejenigen aber, die ursprünglich von Gott zum Reiche berufen waren, werden (zwar nicht a l l e , dieses Wort gebraucht der Herr nicht, aber doch wohl sehr viele!) von ihm ausgeschlossen und der Finsternis überantwortet! Das war für jüdische Ohren ein neuer, ein erschreckender Gedanke! Doch hat ihn der Herr nicht nur einmal geäußert:

Im Gleichnis von der königlichen Hochzeit (Mt 22:1-14) ist der Hauptgedanke des ersten Teiles (Mt 22:1-10) wiederum der, dass die ursprünglich zur Hochzeit Geladenen die Einladung missachten, ja sogar mit Hass und Mord beantworten, worauf der Gastgeber diese Frevler „umbringt“ und ihre Stadt (ein Hinweis auf Jerusalem?) anzündet und die Einladung auf andere, ehedem für unwürdig Geachtete, überträgt. - Ähnlich spricht Jesus im Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Mt 25:1-13) davon, das nicht alle Jungfrauen, die sich auf den Weg zur Hochzeit machten, auch an ihr teilnahmen. Fünf von ihnen kommen zu spät und werden trotz allen Bittens n i c h t eingelassen. Immerhin geht dieses Gleichnis in seiner Aussage so weit wie Mt 8:11.12 oder Mt 22:1-10. Ein Teil der Geladenen ist wenigstens bereit und geht ein zur Hochzeit; auch ist hier nicht von „Ersatzleuten“ die Rede, die an die Stelle der Zurückgesetzten treten.

Ob der Herr nicht auch in Mt 20:1-16 im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, bei den zuletzt zur Arbeit Gedingten an die Heiden (Nichtisraeliten, Nationen) dachte? Obwohl sie erst später in Seine Arbeit eintraten, ist ihr Lohn nicht geringer als der Israels. Nach Mt 20:16 dieser Rede werden einmal „die Letzten Erste und die Ersten Letzte“ sein; das würde dann heißen: die zuletzt berufenen Heiden kommen noch vor Israel zur Vollendung, während das zuerst berufene Gottesvolk erst nach ihnen wieder an die Reihe kommt.

Das klarste und schärfste Wort Jesu in diesem Zusammenhang ist wohl Mt 21:43: „Das Königreich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation (andere übersetzen: Volk) gegeben werden, welche dessen Früchte bringen wird“. Es steht in der Erläuterung des Gleichnisses von den bösen Weingärtnern (Mt 21:33-44). Die zuerst zu Weingärtnern Berufenen stellen wiederum Israel dar. Sie erweisen sich als „böse“ indem sie ihrem Herrn keine Früchte abgeben, ja Seine Knechte misshandeln und schließlich Seinen Sohn töten. Daraufhin wird ihnen der Weinberg (= in der Deutung das Gottesreich) weggenommen und anderen Weingärtnern anvertraut, was wiederum nur ein Hinweis auf den Übergang der Gottesherrschaft auf Nichtisraeliten sein kann.*40

*40 Heinrich Langenberg sagt zu Mt 21:43 (La II/58-59): „Das Volk Israel sollte seiner theokratischen Vorrangstellung verlustig gehen. Das Volk (ethnos), welches die Früchte der Gottesherrschaft bringt, ist ohne Zweifel die Gemeinde, die hauptsächlich aus den Nationen herausgerufen werden sollte ... Nur Matthäus spricht so klar und deutlich von dem Übergang des Königreiches Gottes zu den Heiden...“

Hier ergeben sich nun allerlei Fragen, die uns im weiteren Verlauf der Betrachtung noch beschäftigen müssen, vor allen die: I s t dieser Ü b e r g a n g endgültig und u n w i d e r r u f l i c h ? Nach Mt 21:43 könnte es immerhin so scheinen, wird doch von einer zur z e i t w e i l i g e n Übertragung oder einer späteren Rückgabe des Weingartens an die ersten bösen Weingärtner nichts gesagt. Doch ist diese Frage allein von dieser Stelle her nicht zu klären. - Ferner ist es wichtig zu erkennen, was unter „Reich Gottes“ in Mt 21:43 zu verstehen ist. Das messianische Reich auf Erden? Oder nur die Anwartschaft darauf, die Berufung dazu, die Vorstufe der verborgenen geistlichen Königsherrschaft Gottes im Herzen? Das letzter muss die richtige Deutung sein; denn das tausendjährige Königreich Christi auf Erden ist ja bis heute noch nicht in Erscheinung getreten; es war nie in seiner sichtbaren Verwirklichung in den Händen Israels. Also ist auch das, was auf die Heiden übergeht, noch nicht das sichtbare messianische Reich, von dem die Propheten reden, wohl aber die A n w a r t s c h a f t , die B e r u f u n g , die v e r b o r g e n e geistliche V o r s t u f e dazu.

Jesu Worte über Jerusalem in Mt 23:37-39 gehen nun noch einen Schritt weiter, indem sie Jerusalem und Israel zwar auch Gericht ankündigen, aber dieses Gericht als zeitlich begrenzt hinstellen und ihm eine Zeit folgen lassen, da sich die Gerichteten in neuer Hingabe und Heilsbegier ihrem Herrn und König zuwenden:

Jerusalem, Jerusalem, das du die Propheten tätest und die zu dir Gesandten steinigst! Wie oft habe ich deine Kinder um mich sammeln wollen, wie eine Henne ihr Küchlein unter ihre Flügel sammelt; doch ihr habt nicht gewollt. Nunmehr wird euer Haus euch verödet überlassen; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht (mehr) sehen, bis ihr (einst bei meiner Wiederkunft) ausruft: Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Men)

So ernst und unheildrohend die Voraussage der Zerstörung des Tempels und des Verlassenwerdens Israels vom Herrn auch ist, - ihr folgt die tröstliche Verheißung einer neuen Heilszeit, da Israel seinem Herrn und König mit den Worten von Ps 118:26 huldigend und preisend entgegenzieht, wie es im kleinen Maßstab als Angeld und Vorbild schon in Mt 21:9 geschah.

Zeiten der Nationen

Lk 21:24 spricht von „Z e i t e n der N a t i o n e n“, die einmal „erfüllt“ sein werden, d. h. ihr volles Maß, ihr Ziel und Ende gefunden haben. Was bedeutet „Zeiten der Nationen“? Es sind die Zeiten, da sich die Nationen zu stolzen Weltreichen entfalten konnten und das auserwählte Gottesvolk gefangen wegführten und Jerusalem zertraten (Lk 21:24). Zugleich sind es aber auch die Zeiten, da infolge der zeitweiligen Verwerfung Israels die Nationen Heil und Reich empfangen (Eph 3; Röm 11). Diese Zeiten sind einmal erfüllt. Wenn Jerusalem einmal ganz frei sein wird (nicht mehr wie heute eine geteilte Stadt) und die zwei Zeugen zu wirken beginnen (Offb 11), dann wenden sich Heil und R eich wieder Israel zu; im Vollmaß aber erst beim Kommen des Königs.

Wir werden in der Apostelgeschichte, bei Paulus im Römerbrief und in der Offenbaren noch weitere Belege dafür finden, dass die Königsherrschaft Gottes zwar für eine Zeit von Israel auf die Heiden übergeht, währenddessen Israel in seiner großen Masse in Blindheit und Verstockung gerät, dass aber schließlich in der Letztzeit dieses Äons Gottes Heil und Reich sich auch wieder dem ursprünglichen Heilsträger zuwenden, so dass sich während der sichtbaren tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden alle Verheißungen der Propheten an diesem Volke - allerdings nicht mehr an ihm a l l e i n - erfüllen werden.

Wir möchten diesen Abschnitt nicht beschließen, ohne noch einen Blick auf den sogenannten „Missionsbefehl“ von [Mt 28:18]-20 zu werfen, welcher lautet:

“Mir ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden verliehen. Darum gehet hin und macht alle Völker z u (meinen) Jüngern (oder: zu Schülern): tauft sie hinein in den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten (= aufgetragen) habe. Und wisset wohl: Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Weltzeit!“ (nach Menge, unter Verwendung der Fußnoten)

Zum besseren Verständnis setzten wir die Fassung des Lukas nach Apg 1:8 daneben:

“Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch kommt, und ihr werdet Zeugen für mich sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis ans Ende der Erde.“ (Men)

Aus der letzteren Stelle ergibt sich, dass der „Missionsbefehl“ durchaus noch Israels Vorrangstellung anerkennt. Erst sollten Jerusalem, Judaä und Samaria, dann erst die übrigen Nationen missioniert werden. Als der Auferstandene diese Worte sprach, war das reich noch nicht (nach Mt 21:43) auf die Heiden übergegangen. Die Apostel taten somit recht, wenn sie sich zuerst weiter um die Rettung ihres Volkes mühten. Erst als Israel beharrlich dem Evangelium widerstrebte, kam es in der Apostelgeschichte zu jenem Übergang des Heiles und der Anwartschaft aufs Reich zu den Nationengläubigen, den wir schon in den Evangelien vom Herrn angedeutet fanden Somit kann der Missionsbefehl, den der scheidende Herr Seinen Jüngern aus Israel gab, im Vollsinn erst im kommenden messianischen Reiche befolgt werden, nachdem Israel zu seinem Messias bekehrt wurde und dann als „Licht der Heiden“ ganze Völker bekehrt. In der Gegenwart geht es ja nicht um die Gewinnung ganzer Völker, sondern einzelner zu Gliedern der Gemeinde *41.

Das Evangelium vom Königreich
*41 Ebensowenig hat es Jesu Wort aus Mt 24:14: „Und dieses Evangelium des Königreiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis, allen Nationen zu einem Zeugnis, und dann wird das Ende kommen“ u. E. mit der Gegenwart, also der Zeit der Gemeinde zu tun. Wir meinen, der Abschnitt Mt 24:1-31 - der dem Kapitel Offb 6 stark ähnelt - habe es wie jenes mit der eigentlichen Endzeit, der 70. Jahrwoche zu tun. In jener Zeit wird nach der Hinwegnahme der Gemeinde von den beiden Endzeitzeugen (Offb 11) und den durch sie Gläubiggewordenen die Frohbotschaft vom nun bald hereinbrechenden Königreich des Messias noch einmal weltweit verkündigt werden. Man beachte den Zusammenhang, besonders den folgenden Vers Mt 24:15, und man wird erkennen, dass die dort geweissagte Reichsverkündigung kurz vor der letzten großen Drangsal, also wohl in der ersten Hälfte der letzten Jahrwoche stattfindet.
In der Gegenwart ist es zwar auch nicht verboten, das Kommen des sichtbaren messianischen Königreiches in der Völkerwelt zu bezeugen; man kann nur wünschen, es geschähe häufiger und vor allem - gesünder; diese Aufgabe sollte wahrlich nicht den „Zeugen Jehovas“ und anderen Gruppen überlassen bleiben; indessen geht es heute in der Zeit der Gemeinde primär um die Aufrichtung der verborgenen geistlichen Königsherrschaft Jesu im Herzen des einzelnen. (nach Kol 1:12.13)

Lies weiter:
3. Welche Schriftworte scheinen der alttestamentl. Schau vom Reich zu widersprechen?