1. Mose - Kapitel 42: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 15. April 2024, 13:41 Uhr

Abschrift: 1. Buch Mose (Band I -X) (2017/21)
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Die Bände I-VIII sind als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

1. Buch Mose - Kapitel 42

Josephs Brüder reisen nach Ägypten
Rückkehr der Brüder

Josephs Brüder reisen nach Ägypten

1 Mo 42:1-2

„Und es sieht Jakob, dass fürwahr Proviant ist in Ägypten. Und es sagt Jakob zu seinen Söhnen: 'Was starrt ihr einander an?' Und er sagt: 'Siehe, ich höre, dass fürwahr Proviant ist in Ägypten. Ziehet hinab dorthin und kaufet für uns von dort ein wenig Speise, damit wir leben und nicht sterben.'“

Natürlich hörten auch die Söhne Jakobs, dass es in Ägypten Korn im Überfluss gibt, doch etwas hielt sie ab, selber den Vorschlag zu machen, nach Ägypten zu ziehen – und dieses „etwas“ war ihr Gewissen! Lebensnah stand immer noch ihr Bruder Joseph vor ihnen, den sie Händlern verkauft hatten, die gerade nach Ägypten zogen, um dort mit Joseph Gewinn zu machen. Nun fällt sogar Jakob auf, dass sich seine Söhne merkwürdig verhalten, sie starren sich an, und alle denken bei dem Wort Ägypten an das gleiche ... dort ist unser Bruder Joseph!

Mit dem Gewissen ist das so eine Sache; schon ein weltliches Sprichwort sagt: „Ein gutes Gewissen ist das beste Ruhekissen!“ Und Gottes Wort lehrt uns ja vielfältig, wie wichtig es ist, ein gutes Gewissen zu haben. Selbst die ungläubigen Nationen haben gemäß Röm 2:15 ein Gewissen, welches ihnen bezeugt, was gut oder böse ist. Neben einem schwachen Gewissen, wovon 1Kor 8:7 spricht, kann dieses auch ganz unterdrückt werden, Paulus beschreibt dies in 1Tim 4:2 bildlich so: „Solche haben durch Heuchelei in Lügenworten das eigene Gewissen wie mit einem Brenneisen verschorft“ – was auf die nachmaligen Fristen gerichtet ist, in denen wir heute durchaus leben. Für uns ist jedoch interessant und wichtig, dass die Söhne Jakobs trotz ihres Verhaltens offensichtlich ihr Gewissen noch intakt gehalten haben!

1Mo 42:3-4

„Und hinab ziehen die zehn Brüder Josephs, Getreide zu kaufen aus Ägypten. Aber Benjamin, Josephs Bruder, sendet Jakob nicht mit seinen Brüdern, denn, so sagt er: 'Damit ihm nicht ein Unfall begegne.'“

Nach dem, was wir gestern dargelegt haben, dürfen wir uns zu Recht fragen, mit was für Gefühlen die Brüder unter dem Zwang des Vaters wohl losgezogen sind? Sie kannten ja alle den Glauben ihres Vaters Jakob, wiewohl ihr eigener Glaube, wenn überhaupt, dann noch sehr gering war. Kam jetzt die Strafe für den Verkauf ihres Bruders auf sie zu? Wir alle können hier auch im Nachhinein noch gut mit den zehn Männern mitfühlen!

Einer aber zog nicht mit, Benjamin, der einzige Bruder Josephs von derselben Mutter (Rahel), und der auch keinen Anteil an dem geplanten Brudermord bzw. am Verkauf an die Händler hatte. So gesehen brauchte er auch keine Züchtigung, um zur Reue und Einsicht zu kommen.

Mit unserem neuen Kapitel 42 und dem Hinabzug der zehn Brüder nach Ägypten ändert sich unsere Sicht: In den letzten zwei Kapiteln war Joseph die Hauptperson, nun rücken die zehn Brüder, und hier vor allen Juda in unser Blickfeld. Wir pendeln mit ihnen zwischen Ägypten und Kanaan, bis schließlich das ganze Haus Jakobs, bestehend aus 70 Personen, sich in Ägypten niederließ, wo es in der göttlichen Hand zu dem zubereitet wurde, was Gottes Wille war: Ein Volk, bestehend aus 12 Stämmen, allerdings das schwächste und geringste Volk unter allen Völkern, weil Gottes Auswahl immer die Schwächsten trifft, was 5Mo 7:7 bezeugt.

Die letzte Aussage in unserem Leitvers zeigt uns die Furcht Jakobs, auch Benjamin durch einen Unfall zu verlieren – er hat den vermeintlichen Tod Josephs noch nicht verkraftet. Doch was vor Menschen ein Unfall oder Unglück zu sein scheint, ist vor dem, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt, bis ins Detail geplant und berechnet – auch das Unglück! Denn: Wäre Joseph nicht nach Ägypten verkauft worden, wo ihn Gott bis in den zweithöchsten Rang nach Pharao erhob, hätte es kein Getreide in der Hungersnot gegeben, wäre Jakob nicht mit seinem ganzen Haus nach Ägypten gezogen, wo er Jahrhunderte später als großes Volk wieder auszog.

Wir sehen hieraus, dass für jene, die Gott für Seinen Vorsatz berufen hat, alles zum Guten zusammenwirkt, so schreibt es Paulus in Röm 8:28-29 im Blick auf uns, die wir Gott lieben. Doch auch Israel ist als Volk auserwählt und berufen, und auch ihm dient alles, auch Unfälle wie bei Joseph, nur zum Guten, was aber erst viel später sichtbar wird.

Uns soll das Obige, auch die Furcht Jakobs, dazu dienen, gerade in schweren Zeiten Gott bedingungslos zu vertrauen. Er fing mit unserer Berufung Sein Werk und Seine Zubereitung in uns an, und Er wird es bzw. sie auch sicher ans Ziel führen. So gilt uns gerade in schweren Zeiten das Wort in Röm 8:35: „Was wird uns von der Liebe Gottes scheiden, die in Christus Jesus ist? Drangsal oder Druck und Verfolgung, Hunger oder Blöße, Gefahr oder Schwert?“

1Mo 42:5-6

„Und es kommen die Söhne Israels, zu kaufen inmitten der Kommenden; denn es wird Hungersnot im Lande Kanaan. Und Joseph, er ist der Gewaltige über das Land. Er verkauft allem Volk des Landes. Und es kommen die Brüder Josephs, und sie werfen sich nieder vor ihm mit dem Gesicht zur Erde.“

Zu allen Zeiten bewirkte Gott Not bzw. Nöte unter Seinen Geschöpfen, weil die Menschen in der Not nach Rettung Ausschau halten – erst einmal mit menschlichen Mitteln, und wenn diese nicht mehr ausreichen, geht der Hilferuf auch zu Gott. Aber noch ein Weiteres bewirkt die Not: Sie macht den Menschen gefügig, die Wege Gottes zu gehen; deutlich sehen wir dies in unserem Leitvers. Hier ist es die Hungersnot, die Jakob dahin führte, seine Söhne nach Ägypten zu senden, wo schon lange Joseph, auch wiederum durch Not, zum Gewaltigen in Ägypten aufsteigen musste. Es war der Wille Gottes, Sein zukünftiges Volk in dem Ofen Ägyptens zu formen und zu schmieden, um in ferner Zukunft einmal Seinen Willen auf der Erde auszuführen. Und dieser Wille besteht in dem uns altbekannten Wort in Eph 1:10, „um in Christus das All aufzuhaupten ... das auf der Erde.“ Den Teil in der Mitte dieser Aussage haben wir hier bewusst übersprungen, denn er gilt nicht Israel, sondern uns, der herausgerufenen Körpergemeinde Christi Jesu! Wir haben nämlich eine überhimmlische Berufung, die beinhaltet, „das in den Himmeln in Christus aufzuhaupten“.

„Ihn“ in allen unseren Wegen zu erkennen (wozu Spr 3:6 auffordert), gerade auch in Nöten, ist also immer segensreich für uns, weil ja auch wir uns in der Ausbildung und Zubereitung wissen.

1Mo 42:7a

„Und es sieht Joseph seine Brüder und erkennt sie; aber er stellt sich ihnen fremd, spricht hartnäckig mit ihnen und sagt zu ihnen: 'Woher kommt ihr?'“

Einst hatte Joseph einen Traum (1Mo 37:5 ff), worin sich die Getreidebündel seiner Brüder vor den seinen niederwarfen, und die Brüder, nachdem er ihnen diesen Traum kund tat, ihn hasserfüllt fragten, ob der damit andeuten wolle, dass er, Joseph, einmal über sie regieren wolle – nun findet der Traum seine Erfüllung!

Was mag in Joseph vorgegangen sein, als er seine Brüder, vor ihm niedergeworfen, erkannte? Fiel ihm sein damaliger Traum ein? Stieg Rache für das verbrecherische Verhalten seiner Brüder ihm gegenüber in ihm auf?

Der Wortlauf unseres Leitverses könnte dies erst einmal vermuten lassen! Doch aus dem weiteren Verlauf der Geschichte wissen wir, dass dem nicht so war, im Gegenteil! Es muss Joseph viel Beherrschung abverlangt haben, sich seinen Brüdern erst einmal nicht erkennen zu geben und sich nicht von seinen Gefühlen fortreißen zu lassen. In den langen Jahren der Gefängnisse hatte er gelernt, den Gott seiner Väter wirken zu lassen, und er hatte gelernt, wie wunderbar auch die schwersten Wege Gottes sind. Zuerst mussten seine Brüder, die das zukünftige Volk Israel darstellen, sich ihres Unrechts bewusst werden und mussten sich bewähren, so wie sich der Sohn Gottes, als Er als Mensch auf die Erde kam, auch noch nicht Seinem Volk zu erkennen gab. Israel befindet sich bis heute in der Schule des Schuldbewusstseins, und erst wenn Er gemäß Sach 14:4 auf den Ölberg wiederkommt, werden sie (das Volk) erkennen, in wen sie gestochen haben.

1Mo 42:7b-9

„Und sie sagen: 'Vom Lande Kanaan, Speise zu kaufen.' Und es erkennt Joseph seine Brüder, aber sie erkennen ihn nicht. Und es gedenkt Joseph der Träume, die er träumte von ihnen. Und er sagt zu ihnen: 'Späher seid ihr. Zu sehen die Blöße des Landes kommt ihr.'“

Wir können die vor uns liegenden Verse so überschreiben: „Joseph setzt seine Brüder unter Druck!“ Als 17-Jähriger wurde er von ihnen verraten und verkauft, als 38-Jähriger steht er ihnen nun als mächtiger Ägypter gegenüber, unerkannt von ihnen, aber er seine Brüder, wohl erkennend! Und Joseph ist in der Schule Gottes weise geworden! So weiß er nur zu gut, dass er sich nicht sofort zu erkennen geben darf, weil dies unter den Brüdern zu keiner Sinnesänderung geführt hätte – und eben diese war notwendig!

Schauen wir hier wieder einmal auf uns bzw. erst einmal auf Paulus, den für uns zuständigen Apostel: Auch er wurde gewaltig unter Druck gesetzt, bevor er eine Sinnesänderung erfuhr: Als Christenverfolger wurde er vor den Toren von Damaskus von dem, den er verfolgte, niedergeworfen, und musste eine Umwandlung seines Denksinnes erleben. So konnte er auch später in Röm 12:2 aussagen, dass wir uns umgestalten lassen müssen durch die Erneuerung unseres Denksinnes, und warum? Damit wir in die Lage versetzt werden zu prüfen, was der Wille Gottes sei, der gute, wohlgefällige und vollkommene.

Für uns gilt, uns nicht auf diesen (bösen) Äon einzustellen, uns gerade heute nicht von unserem Ziel, „das Erscheinen unseres Herrn zur Entrückung“ abbringen zu lassen, sondern Sein Erscheinen lieb zu haben!

1Mo 42:10-12

„Und sie sagen zu ihm: 'Nein, mein Herr! Deine Knechte kommen, Speise zu kaufen. Wir alle, Söhne Eines Mannes sind wir. Angesiedelt sind wir. Nicht Späher sind deine Knechte.' Und er sagt zu ihnen: 'Nein, denn die Blöße des Landes kommt ihr zu sehen!'“

Joseph erhöht den Druck auf seine Brüder und wiederholt seinen Vorwurf, wissend, dass Spähern die Todesstrafe drohte; die Angst wuchs also in den Brüdern. In Vers 9 lasen wir, dass Joseph seiner Träume gedenkt, die er träumte von ihnen, und diese beinhalteten ja die Beugung vor ihrem Bruder Joseph. Zwar hatten sich die Brüder ja schon vor ihm niedergeworfen, wie wir in Vers 6 lasen, doch dieses Niederwerfen war noch nicht jene Beugung der Getreidebündel, die sich in Josephs Traum vollzog. Es geht hier um wahre Reue und um einen echten Sinneswandel – und hier fehlte es den Brüdern noch offensichtlich.

Auch vor dem Sohn Gottes werden sich einmal alle beugen müssen, Phil 2:10-11 nennt hierbei die Überhimmlischen, Irdischen und Unterirdischen, und dies mit dem Ziel des Bekenntnisses: „Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ Bedenken wir hier einmal, wie viel Zeit Gott investiert, und wie viel Drangsal und Not, ja Gerichte Er Seiner Schöpfung zukommen lassen muss, bis Er dieses Ziel erreicht! Und so wie dann die ganze Schöpfung einmal voller Freude den Vater verherrlichen wird, so müssen auch die Brüder dahin geführt werden, ihre böse Tat an Joseph nicht nur zu bereuen, sondern ihm mit freudigem Herzen zu begegnen, und in ihm ihren Retter zu erkennen.

1Mo 42:13

„Und sie sagen: 'Deine Knechte, zwölf Brüder sind wir, Söhne Eines Mannes im Lande Kanaan; und siehe, der Kleinste ist bei unserem Vater dieses Tages, und einer ist nicht mehr.'“

Die Brüder werden durch Josephs Anklage, sie seien Späher, dahin getrieben, ihr Familienverhältnis aufzudecken. Unser Leitvers gibt den Raum, uns selber Gedanken darüber zu machen, wie es in den Herzen der Brüder ausgesehen haben mag, als sie zum einen ihren jüngsten Bruder nennen mussten, der beim Vater zurückgeblieben war, weil dieser von der Angst erfüllt war, auch diesen Sohn noch zu verlieren, und zum anderen, als sie von einem weiteren Bruder sprechen mussten, der in ihren Augen nicht mehr war! Jetzt und hier, nach nahezu zwanzig Jahren, bricht eine Wunde von Schuld in ihren Herzen auf! Vielleicht erlebten sie nach langer Zeit erneut das Bild des um Gnade flehenden Bruders, das sie so lange mit sich herum schleppten, hörten in ihren Herzen die eindringlichen Rufe Josephs, ihn nicht zu töten, ihn nicht zu verkaufen!

Erst jetzt, als die Brüder selber in Not kamen, als ihnen plötzlich selber die Todesstrafe vor Augen gestellt wurde, erst hier begann, sich etwas in ihren Herzen zu bewegen! Bedenken wir, liebe Geschwister, dass nicht Josephs Flehen um Gnade in den Brüdern den Sinn für Strafe weckte, sondern erst die eigene ähnliche Lage wie die, in der sich ihr Bruder Joseph befand.

Gottes Wege kommen uns nur zu oft schwer verständlich, ja verworren vor, doch gerade hier, in unserem Leitvers, lässt uns Gott erkennen, dass gerade aus solch schwierigen Wegen die Sehnsucht nach Heil in den Herzen der Menschen erwacht.

1Mo 42:14-15

„Und es sagt Joseph zu ihnen: 'Es ist, wie ich zu euch sage, also, Späher seid ihr. In diesem sollt ihr geprüft werden: Beim Leben Pharaos! Ob ihr hervorkommt von hier --- es sei denn, euer kleinster Bruder komme hierher.“

Joseph packt seine Brüder nun dort, wo ihr wunder Punkt ist: Benjamin, ihr jüngster Bruder! Die Drohung, die sogar beim Leben des Pharao ausgesprochen wird, gibt ihnen einen neuen Stich ins Herz: Sie bleiben so lange als Gefangene in Ägypten, bis ihr jüngster Bruder zu Joseph gebracht wird! Wie in einem Spiegel starren sich die Brüder gegenseitig entsetzt an und erkennen mehr und mehr das hässliche Gesicht ihres bisherigen Lebens.

Wir, liebe Geschwister, gehen heute die Sache einmal anders an, wir versuchen, das bisherige Geschehen aus der Sicht unserer überhimmlischen Berufung zu betrachten, und was dürfen wir nachträglich miterleben? Wir sehen, wie Gott unseren Partner (wenn wir das spätere Volk Israel einmal so bezeichnen dürfen) langsam aus der Völkerwelt herauskristallisiert und zu formen beginnt. „Unser Partner“ deshalb, weil wir, die herausgerufene Körpergemeinde Christi Jesu und das aus allen Völkern erwählte Volk Israel gemeinsam an der großen Aufgabe arbeiten, das All in Christus aufzuhaupten! Immer wieder haben wir in unseren Schriften auf diese gewaltige Aufgabe, die uns Paulus in Eph 1:10 erläutert und nahe bringt, hingewiesen. Ausdrücklich wird in diesem Vers dargelegt, dass diese Aufhauptung auf zwei Ebenen vollzogen wird, „beides, das in den Himmeln und das auf der Erde.“ Und wo es zwei Arbeitsbereiche gibt, braucht es auch zwei Partner!

Wir setzen das gestern begonnene Thema fort, „zwei Partner für zwei sehr unterschiedliche Bereiche“, wobei wir als Glieder am Körper des Christus für „das in den Himmeln“ zuständig sind, weshalb uns Paulus auch eindringlich auffordert, das zu suchen, was droben ist, wo Christus ist, zur Rechten Gottes sitzend“ (Kol 3:1)! Und weil diese Aussage so ungemein wichtig ist, wiederholt Paulus die Aussage im nächsten Vers 2: „Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!“

Hier müssen wir leider einfügen, dass diese Botschaft, die Paulus vom erhöhten Herrn empfangen hat, leider nur von Wenigen beachtet wird; ein Großteil der Gläubigen befasst sich fast ausschließlich mit dem, was auf der Erde ist, also mit dem Gebiet, was Gott Seinem Volk Israel zugeordnet hat. Die Folge: Dieser Großteil der Gläubigen geht an ihrer wahren überhimmlischen Berufung vorbei und eignet sich ein Können an, das rein irdisch und damit für ihren wahren Beruf untauglich ist. Vielleicht hilft uns hierzu ein praktisches Beispiel: Wenn ein Haus gebaut wird, bauen daran verschiedene Handwerker, und jeder hat sein Handwerk in einer spezifischen Ausbildung gelernt. So legt zum Beispiel der Maurer unten das Fundament und Mauern des Hauses, während der Zimmermann oben das Dachgebälk aufbaut – keiner kann den anderen ersetzen!!!

Versuchen wir heute einmal, dieses Bild auf Israel und auf uns zu übertragen!

Wir kommen wieder zurück zu dem Begriff „Partner“ und erkennen darin die gestern bildlich dargestellten zwei Berufsgruppen, die unter dem selben Bauherrn an der selben Aufgabe arbeiten, nämlich ein Haus zu bauen, aber in gänzlich verschiedenen Handwerksberufen. Die Frage erübrigt sich hier, was wohl passieren würde, wenn sich der Zimmermann plötzlich mit Fundament und Steinwänden beschäftigen, und der Maurer auf das Dach steigen würde, um den Dachstuhl aufzubauen!

Vielleicht muss hier auch die schnell aufkommende Frage kurz angeführt werden, worin die zukünftigen Berufe von uns in den Himmeln und von Israel auf der Erde bestehen: Israel hat mit Menschen zu tun, die auf das Gesetz achten müssen, ihre spätere Aufhauptung in Christus vollzieht sich damit zwangsläufig durch Gerichte! Wir hingegen haben es mit den überhimmlischen Bewohnern zu tun, denen wir keine Gerichte vor Augen stellen, sondern die „überströmende Gnade“! Diese (unsere) Aufgabe lesen wir in Eph 2:7, wo uns Paulus mit anderen Worten als „Schaugefäße Seiner Gnade“ beschreibt.

Gesetz und Gnade werden nicht umsonst als wie „Feuer und Wasser“ bezeichnet, weil sie auf zwei total unterschiedlichen Ebenen (Himmel und Erde) von zwei unterschiedlichen Berufsgruppen angewandt werden!

Wir sind jetzt zwar weit abgeschweift, aber noch nicht am Ende, der schwere Teil kommt jetzt: Inwieweit sehe bzw. erkenne ich als Körperglied Christi Jesu in dem Volk Israel meinen ebenbürtigen Partner, der mit mir unter dem selben Herrn am selben Ziel arbeitet und für seine spezielle Aufgabe von Gott zubereitet wird? Inwieweit sehe bzw. erkenne ich, dass Israel zwangsläufig einen anderen Lehrstoff haben muss als ich? Und dieser Lehrstoff kann nur Gottes geschriebenes Wort sein, nichts anderes! Es ist unsere ganz wichtige, ja zukunftsbestimmende Aufgabe, in diesem geschriebenen Wort, unserer Bibel, das zu trennen bzw. auseinander zu halten, was Gott an Israel gerichtet hat, und was an uns. Die klare Aufforderung finden wir hierzu in 2Tim 2:15.

Die Berufung und Zubereitung Israels ist also nicht weniger Wert als unsere (wiewohl man solches manchmal zu hören bekommt), sie ist nur anders! Und ... sie ist momentan ausgesetzt (was Röm 9 – 11 belegt), wird aber von Gott wieder aktiviert, sobald gemäß Röm 11:26 die Vervollständigung der Nationen eingehe, was unsere Entrückung bedeutet.

Israel, kein Feind Gottes, das Er verworfen hat; und vor allem: Wir sind niemals an die Stelle Israels gerückt!

Wir kommen jetzt wieder auf unser Hauptthema zu sprechen, nachdem wir einen langen Abschwenker in die Berufung des Volkes Israels gemacht haben, wobei uns wichtig war, zu erkennen, wie eng wir einerseits mit Israel verbunden sind, aber auch, wie verschieden andererseits unser Aufgabengebiet und damit unsere Zubereitung ist. Und jetzt kommt der Grund unserer langen Ausführung:

Auch wir, die Körpergemeinde Christi Jesu steht in der Zubereitung, wiewohl wir heute mehr denn je ahnen dürfen, dass diese Zubereitung vor dem Abschluss und die Vollzahl der Nationen kurz vor der Erfüllung steht. Und jetzt schenkt uns Gott die Möglichkeit, in Seinem geschriebenen Wort, das wir gerade lesen, mitzuerleben, wie Er unseren Partner (um bei diesem Wort zu bleiben) beginnt, zuzubereiten, was im Grunde ja schon mit Noahs Sohn „Sem“ begann, über Abraham und Isaak führte, und nun massiv Gestalt anzunehmen beginnt, indem wir von Jakob und seinen zwölf Söhnen lesen.

Kann es uns also gleichgültig sein, wie Gott unseren Partner zubereitet? Formt? Ja wie Er sogar an Joseph die spätere überaus hohe Erhöhung Seines Sohnes zur Schau stellt? Und dies, indem Er ihn zum zweiten Mann über Ägypten und damit auch zum Retter des ganzen Erdkreises setzt?

Joseph setzte seine Brüder in eine gefühlsmäßig schwere Situation, und dann lasen wir in unserem Leitvers, dass er sie prüfen will! Ist diese Situation nicht symptomatisch für das spätere Volk Israel? Es erfolgt eine schwere Aufgabe (Situation), und dann wird geprüft, inwieweit der göttliche Lehrstoff angenommen wurde.

Beachten wir vielleicht auch schon hier, dass es durchaus stärkere und höherwertige Völker gab, die Gott als Auswahl zur Verfügung standen, aber – Er erwählte gerade das schwächste und geringste Volk unter allen Völkern, wie es 5Mo 7:7 bestätigt. Und warum wohl? Dass auch hier nicht der Mensch sich rühmen kann, sondern dass aller Ruhm, Ehre und Herrlichkeit allein Gott zukommen muss. Übrigens: Dieses göttliche Erwählungsprinzip trifft auch auf uns zu: „Seht doch nur eure Berufung an, Brüder;“ – so beginnt Paulus in 1Kor 1:26 und setzt die Reihe in den darauf folgenden Versen fort – auch wir sind also nicht die Starken und Hochstehenden, wobei Paulus seine Aufzählung in Vers 31b so endet: „Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn!“

Wieweit gehen den Brüdern Josephs ihre eigenen Bedürfnisse vor ihrem jüngsten Bruder Benjamin? Haben sie schon irgendetwas gelernt? Schlägt ihr Gewissen? Das stellt jetzt Joseph auf die Probe.

1Mo 42:16a

„Sendet Einen von euch, und er nehme euren Bruder; und ihr seid gebunden! Und eure Worte sollen geprüft werden, ob Wahrheit bei euch sei. Und sollte es nicht sein, beim Leben Pharaos –denn Späher seid ihr.“

Unser Stichwort heißt heute „Liebe“. Dass Joseph seine Brüder liebt, bleibt außer Frage, die kommenden Verse bezeugen dies ja deutlich. Und obwohl sein Herz von Liebe erfüllt ist, spricht er hart mit seinen Brüdern, ja schüchtert sie völlig ein, droht ihnen mit Gefängnis, so dass sie ihm schließlich ihre ganzen Familienverhältnisse offen legen.

Und so wie Joseph ein Ziel vor Augen hat, nämlich seine ganze Familie nicht nur zu retten, sondern sie auch zu sich zu holen und an sein Herz zu ziehen, so liebt unser Gott und Vater in noch viel höherer Art und Weise Seine Familie, die ja Seine Geschöpfe sind. Und jetzt dürfen wir lernen, wie Gott uns durch Joseph zeigt, dass, um ein Ziel zu erreichen, es auch Strenge, ja Härte bedarf ... und dennoch ist es Liebe!

Wie oft hören wir in der Welt von ernsthaft denkenden, aber leidgeprüften Menschen die Worte: „Kann das ein Gott der Liebe sein? Wenn Gott doch Liebe ist, warum lässt Er so viel Elend und Chaos auf dieser Welt zu?“ Wir kennen sicher zur Genüge solche Fragen, aber – haben wir auch immer eine Antwort darauf?

Um Gott, der ja „Liebe“ ist, zu verstehen, müssen wir das Wesen der Liebe verstehen, und dieses besteht auf „Verstehen“, doch um zu verstehen, bedarf es „Wege der Erfahrung“, wie wir sie wohl alle mehr oder weniger schmerzhaft kennen gelernt haben.

Ist „das Verstehen“ zweier Menschen, die sich lieben, von beiden Seiten wichtig, um überhaupt eine echte und tiefe Liebe erblühen zu lassen, so ist dies im Verhältnis Gottes zu uns Menschen nur von der einen, nämlich der menschlichen Seite aus notwendig - wir Menschen müssen lernen, Gott zu verstehen! Dazu hat Gott die Menschen so erschaffen, dass sie aus ihrer Erfahrung lernen, zu verstehen. Geben wir uns an diesem Punkt ruhig etwas Raum, liebe Geschwister, um darüber etwas länger als einen Atemzug nachzudenken! Denn ... damit kommen wir an den wohl umstrittensten Punkt im Wort Gottes unter den Gläubigen, nämlich der Erschaffung des Bösen:

Viele ernsthafte Gläubige lehnen es ab, dass Gott das Böse erschaffen haben könnte, weil es ihrer Ansicht nach nicht mit der Liebe vereinbar ist. Das ist erst einmal edel gedacht. Doch sie vertrauen hier mehr auf ihr Gefühl als auf Gottes Aussage, die in Jes 45:7 klar bekennt, wer das Finstere und Böse erschaffen hat! Und wozu?

Eine praktische Antwort kann uns ein Besuch oder Einkauf bei einem Juwelier bringen; wenn wir nämlich dort nach einem kostbaren Juwel fragen, wird er uns diesen stets auf einem schwarzen Samtkissen präsentieren, weil er weiß, dass gerade auf diesem dunklen Hintergrund das Leuchtfeuer eines Smaragdes am schönsten zur Geltung kommt.

Es geht immer noch um Liebe und dazu um „Verstehen“, und an dem gestrigen Beispiel eines Juweliers konnten wir erkennen, dass auch unser Gott und Vater uns Seine Liebe auf einem dunklen Hintergrund präsentiert, womit wir im Grunde in wenigen Worten das große Problem der Erschaffung des Bösen gelöst haben!

Wir Menschen sollen durch unsere Erfahrung verstehen lernen, wie unfassbar groß die Liebe Gottes ist! Und dazu war es nach der göttlichen Weisheit notwendig, den Menschen erst einmal mit einem dunklen Hintergrund zu konfrontieren ... und langsam, ganz langsam beginnt der Mensch dann zu erkennen und zu verstehen, wie die Wege Gottes verlaufen, die an Sein Herz führen! Gott führt Seine Schöpfung also nicht direkt auf dem ersten Weg ans Ziel, sondern erst auf dem zweiten, wozu uns einige Beispiele dienen mögen:

Nicht die erste Erde, sondern die neue (zweite) Erde ist die Bleibende (Offb 21:1); nicht der erste Mensch Adam, sondern der letzte (zweite) Mensch Christus führt ans Ziel; nicht der erste Baum des Lebens, sondern die in Offb 22:2 genannte (zweite) Art von Bäumen dienen dem Leben; nicht beim ersten Kommen Jesu, sondern erst beim zweiten Kommen auf den Ölberg wird Israel seinen Messias erkennen (wobei hier Sein Erscheinen zu uns dazwischen liegt); und ... nicht bei der ersten Begegnung, sondern bei der zweiten erkannten die Brüder Josephs ihren verkauften Bruder!

Wir haben gestern anhand einiger Beispiele gezeigt, dass Gott nie den ersten und direkten Weg gewählt hat, um ans Ziel zu kommen, vielmehr gibt es immer einen zweiten Weg, dazwischen viele Hindernisse aufgetürmt sind, doch gerade diese Hindernisse sind die unverbrüchliche Garantie, dass Gott mit Seinem zweiten Weg Seinen vorgefassten Heilsvorsatz mit all Seinen Geschöpfen sicher zum Abschluss bringen wird, wobei der Höhepunkt sein wird, wenn jedes Geschöpf Seine Wege „verstehen“ gelernt hat, und mit dem „Verstehen“ dann auch das Erkennen folgt, was die göttliche Liebe, die wir ja unter dem Wort „agape“ kennen, vermag.

Der Mensch im Paradiesgarten hatte doch alles, was man sich wünschen kann, doch es war ihm auch alles offenbar selbstverständlich. Dieser Zustand gab wenig Raum für Freude oder Glücksgefühle. Aber schauen wir doch einmal unser eigenes Leben an: Waren es nicht Momente größter Freude, als wir aus tiefen und dunklen Wegen, nach Leid, Krankheit oder Enttäuschung ans Licht emporgetragen wurden, als sich alle Probleme lösten und weg waren?

Was wir heute schon verstehen können, wird einmal die gesamte Menschheit verstehen lernen, wenn sie feststellen müssen, wie sie in dem Namen „Jesus“ emporgetragen werden ans Licht der Liebe Gottes und Gottes Liebe von tiefstem Herzen erwidern können.

1Mo 42:16b-17

„Und sie sagen: 'Der Knabe kann seinen Vater nicht verlassen, wenn er seinen Vater verlässt, stirbt auch er.' Und er sammelt sie in Haft für drei Tage.“

Schauen wir heute erst noch einmal auf den Zusammenhang unseres Leitverses, der darin besteht, dass Joseph seine Brüder darin prüfen wollte, wie ihre Gesinnung zu ihrem jüngsten Bruder Benjamin und zu ihrem Vater war; schauten sie immer noch auf ihren eigenen Vorteil und gingen kalt über die Gefühle, die Joseph hatte, als er verkauft wurde, oder sein Vater, als sie Joseph vor ihm für tot erklärten, hinweg?

Doch siehe da, es hat sich etwas im Inneren der Brüder bewegt, sie erkannten, dass sie ihrem Vater nicht auch noch den Schmerz über das Wegnehmen Benjamins zumuten konnten, sie rechneten in diesem Fall sogar mit seinem Tod – die Brüder waren gefühlvoller geworden, sie hatten etwas gelernt.

Für uns, die Körperglieder Christi Jesu, vollzieht sich dieser Lernprozess auf einer anderen Ebene: Auch wir sollen unser altes übles Verhalten ablegen, was Paulus in Eph 4:22 ff als „die alte Menschheit“ bezeichnet und uns lehrt, diese im Glauben als mitgekreuzigt zu betrachten. Dies hat dann zur Folge, dass wir im Geist unseres Denksinns verjüngt werden und eine neue Menschheit anziehen dürfen, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit. Wir sind folglich hier unten auf Erden zweigeteilt: In eine alte Menschheit, die wir im Glauben „mit Ihm gekreuzigt“ sehen dürfen, und unsere neue Menschheit, die in Christus Jesus ist und die uns schon auf Erden (zumindest etwas) befähigt, etwas von der Herrlichkeit unseres Herrn widerzuspiegeln, wie es in 2Kor 3:18 beschrieben ist.

1Mo 42:18-20

„Und es sagt Joseph zu ihnen am dritten Tage: 'Dies tut und lebet! Alueim fürchte ich! Solltet ihr angesiedelt sein – einer eurer Brüder bleibe gebunden im Hause eurer Haft; und ihr, gehet und bringet den Proviant, den ihr gekauft habt für den Hunger eurer Häuser! Und euren kleinsten Bruder bringet zu mir! Und werden eure Worte treu erfunden, dann sollt ihr nicht sterben.' Und sie tun also.“

Der für Joseph erkennbare Gesinnungswandel seiner Brüder bringt erste Früchte: Nicht mehr alle bis auf einen sollten in Haft gehen, sondern nur noch einer muss in Ägypten zurückbleiben, bis die übrigen Brüder mit dem jüngsten Sohn Benjamin zurückkommen. Drei Tage Haft unterstrichen Josephs Befehl. Wir dürfen uns hier daran erinnern, dass Joseph durch die Schuld der Brüder über zehn Jahre Gefängnis erdulden musste, jetzt lässt er sie für drei Tage spüren, wie sich das Gefängnis anfühlt! Doch bevor er ihnen nach diesen drei Tagen Haft die mildere Variante anbietet, nämlich dass nur noch einer der Brüder als Geisel zurückbleiben musste, gibt er vor seinen Brüdern ein bemerkenswertes Zeugnis ab: „Alueim fürchte ich!“

Auf die Brüder muss Josephs Zeugnis in ganz besonderer Weise gewirkt haben: Ein Ägypter, dazu noch in höchstem Rang nach dem Pharao, der ja ihrer Ansicht nach ein Götzendiener sein müsste, bezeugt plötzlich Alueim, den Gott ihres Vaters Jakob? Hier darf uns aufleuchten, was Salomo in Spr 15:33 schreiben musste:

„Die Furcht des Herrn ist Zucht zur Weisheit; und ehe man zu Ehren kommt, muss man zuvor leiden.“

1Mo 42:21

„Und sie sagen, jeder Mann zu seinem Bruder: 'Dennoch sind wir schuldig an unserem Bruder, wie wir sahen die Drangsal seiner Seele, als er zu uns flehte, und wir hörten nicht. Deshalb kommt über uns alle diese Drangsal!'“

Wir werfen heute durch unseren Leitvers einen Blick in die Herzen der Brüder und sehen Erstaunliches:

Das gestrige Schlusswort dürfen wir erst einmal auf Joseph selbst anwenden, denn es trifft voll auf ihn zu. Doch wenn wir den Spruch Salomos mit den Worten der Brüder in unserem Leitvers vergleichen, merken wir schnell, was Josephs Worte, „dass er Alueim fürchtet“ bewirkt haben. Erst müssen auch die Brüder in die Zucht, bevor sie zur Weisheit bzw. Einsicht kommen, verwerflich gehandelt zu haben – Gottes Wort, in diesem Fall das Zeugnis Josephs, ist auch schon hier lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringender bis zur Teilung von Seele und Geist ..., wie es Hebr 4:12 bezeugt.

Die Brüder sehen ihre momentane Lage als Strafe für ihr früheres Verhalten ihrem Bruder Joseph gegenüber und in gleicher Weise gegenüber ihrem Vater Jakob - und auf dem Boden Israels ist dieser Weg auch von Gott gewirkt. Vergleichen wir dies mit unseren Wegen, so sehen wir einen riesigen Unterschied: Unser Fehlverhalten wird nicht mit Strafe belegt, sondern unterliegt der „überströmenden Gnade“, von der wir in Röm 5:20 lesen. Unser Glaubensweg auf Erden wird folglich nicht von der Furcht bestimmt, dass Drangsale als Strafe für uns folgen, sondern vielmehr gemäß Eph 2:8 von der Freude, bedingungslos in der Gnade gerettet zu sein.

1Mo 42:22-23

„Und es antwortet ihnen Ruben und sagt: 'Sagte ich nicht zu euch also: ‚Sündiget doch nicht an dem Knaben!’ Und ihr höret nicht. Und überdies siehe, sein Blut wird gefordert.' Und sie wissen nicht, dass Joseph es hört; denn der Dolmetscher war zwischen ihnen.“

Joseph tritt nun etwas zurück aber nur soweit, dass er hören konnte, was seine Brüder beratschlagten, wobei sich diese unbelauscht fühlten, da der Dolmetscher zwischen ihnen war und ihr Reden offensichtlich nicht übersetzte. Was Joseph nun zu hören bekam, muss ihn tief bewegt haben:

Nach dem an sich schon bewegenden Schuldeingeständnis der Brüder tritt Rubens hervor (der ja in 1Mo 37:21, seinen Brüdern widersprach, und Joseph vor dem Erschlagen bewahrte, nicht aber vor dem Sturz in die Zisterne), und beginnt, sich zu rechtfertigen, indem er darauf hinwies, dass er seine Brüder warnte, sich an Joseph zu versündigen. Er hatte damit zwar tatsächlich eine geringere Schuld auf sich geladen, aber trotzdem in seiner Führungsrolle als Ältester der Brüder versagt. Sein späteres Hinzukommen in Vers 29 und seine Klage rechtfertigt ihn also nur zum Teil.

Als Ältesten der Brüder hatte Joseph seinen Bruder Ruben wahrscheinlich als Hauptverantwortlichen an seinem schweren Weg angesehen ... nun erfährt er, dass Ruben sich doch derart für ihn eingesetzt hatte, der er zumindest weiterleben konnte. Damit werden die Ereignisse von 1Mo 37 immer lebendiger vor Josephs Augen, was eigentlich Anlass gewesen wäre, dass sein Groll auf seine Brüder wächst und wächst – doch das Gegenteil lesen wir ...

1Mo 42:24a

„Und Joseph wendet sich von ihnen und weint.“

Nach rund zwanzig Jahren steht das damalige Geschehen von 1Mo 37, als Joseph zuerst getötet werden sollte, dann aber doch nur verkauft wurde, wieder lebendig vor Josephs Augen – all die Qualen und Ängste, die er in der Tiefe der Zisterne, in die er wie ein Tier geworfen wurde, durchleben musste, wurden noch einmal vor ihm lebendig. Dazu der Verkauf an nicht gerade zimperliche Sklavenhändler, sein Leben am Hof des Pharaos, davon viele Jahre im Gefängnis ... und nun stehen sie vor ihm, die Übeltäter, und Josephs Gesinnung seines Herzens offenbart sich – er weint.

Man muss an diesem Punkt unserer Geschichte um Joseph eigentlich etwas verweilen, denn es darf auch uns bewegen, dass kein Groll oder Hass Josephs Herz erfüllte, sondern Liebe zu seinen reuigen Brüdern. Paulus schreibt in Phil 2:1 von „innerste Regung und Mitleid“, und dies in Verbindung mit „ein und derselben Liebe“, die in den Philippern sein soll, nämlich nichts aus Ränkesucht noch aus Anmaßung zu tun; und dann in Vers 5 die Aufforderung: „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus ist“!

Diese „innerste Regung und Mitleid“, sehen wir in den Tränen Josephs über seine Brüder! Er sah ihre üblen Charakter, ihre herzlosen Handlungen, aber er sah auch ihre Reue, ihre Angst vor der Strafe Alueims – und er sah darüber hinaus auch, dass alles so kommen musste, weil, wie später Paulus in Eph 1:11 bezeugte, Gott alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt.

Wir verweilen noch bei den Tränen Josephs und schauen heute zuerst auf unseren Herrn, der in Lk 19:41 ff auch weinte (unsere konkordante Übersetzung schreibt hier sogar von „schluchzen“), und dies über die herrliche Stadt Jerusalem, der noch verborgen war, was nach dem Ratschluss des göttlichen Willens noch alles geschehen musste. „Mitleiden“, was ja von „Mitleid“ kommt, ist der Ausdruck innerster Gefühle und stellt einen Teil der göttlichen Liebe dar. Darum ist Gott, unser himmlischer Vater, der ja gemäß 1Jo 4:8 „Liebe“ ist, nach 2Kor 1:3 auch „der Vater des Mitleids“, das heißt, der Urgrund des Mitleids liegt in Gott!

In dem Wort „Mitleid“ liegt ja das wörtliche „mitleiden“ begründet, was in seiner Tiefe bedeutet, dass Gott nicht gefühllos Seinen Heilsplan durchzieht, sondern durchaus auch mitleidet, wenn Er Seine Schöpfung schwere Wege gehen lässt, um das göttliche Ziel zu erreichen! Einen sehr tiefen, wenn auch schwer zu erforschenden Blick gibt uns eine Aussage in Hi 26:13-14, die in den herkömmlichen Übersetzungen erst einmal einfach verständlich zu sein scheint, in der DaBhaR-Übersetzung aber schon mehr erkennen lässt, worum es geht, nämlich dass Hiob uns unter der Inspiration des Geistes Gottes berichtet, dass „Seine (Gottes) Hand Geburtswehen litt um die flüchtige Schlange“ (dies ist die wortgetreue Übersetzung des Urtextes). Diese hehren Worte zeigen uns das liebende Herz Gottes, das nach Jes 45:7 ein dunkles Geschöpf schaffen musste, um vor dessen düsterem Hintergrund die zukünftige strahlende Wirklichkeit umso deutlicher aufleuchten zu lassen..

Wir müssen doch noch das gestern nur kurz angedeutete Wort aus Hi 26:13-14 etwas näher betrachten, weil es uns in seiner wortgetreuen Übersetzung tief in das Herz unseres himmlischen Vaters schauen lässt, wobei wir noch einmal betonen, dass uns die herkömmlichen Übersetzungen eher in die Irre führen. Doch immer, wenn wir gedrängt werden, einer Aussage Gottes nachzuforschen, ist dies Sein Geist, der uns etwas aufschließen möchte! Lassen wir uns also führen!

Wir sind ja im Grunde bei Josephs Mitleiden mit seinen Brüdern, was uns zeigt, dass Josephs Herz trotz seines scheinbar harten Umgehens mit seinen Brüdern litt. Dies führt uns zu Gott: Auch Er leidet mit Seiner Schöpfung, ganz besonders darin, dass Er Seine Geschöpfe in die Gefangenschaft der Sünde geben musste, um diese durch die Leiden unter der Sünde letztlich dahin zu führen, Ihn zu suchen, Ihn zu erkennen, und Ihn zu lieben! Doch dieser Heilsweg bedurfte eines besonderen Werkzeuges Gottes, „Satans“. Es ist auffällig, dass Gott nur über die Erschaffung eines einzigen himmlischen Wesens ausführlich Bescheid gibt, und dies ganz besonders im Buch Hiob. Und gerade hier in den Worten des Urtextes vernehmen wir, dass Seine Hand Geburtswehen litt um die flüchtige Schlange, was anders ausgedrückt bedeutet, dass Gott dieses Werkzeug „Schlange“ zwar erschaffen musste, aber dabei „Geburtswehen“ (Schmerzen bzw. Leiden) litt.

Wir nehmen heute mit, dass uns das Buch Hiob tatsächlich vermittelt, dass es sich hier um die mit Leiden verbundene Erschaffung Satans als Gottes Widerwirker handelt!

Wir geben unserem momentanen Thema noch einen Tag Raum: Wen die Schlange in Hi 26 darstellt, ist leicht zu erkennen; in dem Reptil im Garten Eden sehen wir alle klar Satan. Was uns Johannes in Offb 12:9 und Offb 20:2 ja deutlich erklärt. Und Jes 27:1 redet klar und deutlich von dem Drachen, „die flüchtige Schlange“, „flüchtig“ deshalb, da der Sohn Gottes am „Tag des Herrn“ Seine königliche Herrschaft auf Erden aufrichten wird, und Satan gleich beim Anbruch dieses Reiches gebunden wird, wovon Offb 20:2 berichtet. Im Hinblick auf diese siegreiche Aufrichtung des irdischen Königreiches ist es gerechtfertigt, von Satan als „flüchtig“ bzw. als „auf der Flucht befindend“ zu sprechen. Mehr noch: Als flüchtige Schlange ging sie von Anfang an aus Gottes Schöpferhand hervor und – flüchtig sind vor Gott ausnahmslos alle, die seinen Einflüsterungen und Lügen Gehör schenken. Damit ist klar erwiesen, wovon Hiob in seinem Bericht redet.

Damit kommen wir noch einmal zum Mittelpunkt dieser Aussage:

Gottes schöpferische Hand litt Geburtswehen, als Er gemäß Jes 45:7 die flüchtige Schlange erschuf, Er litt also schon vor dem Niederwurf der Welt mit Seiner Schöpfung mit, die Er nach Seinem Heilsplan unter die Herrschaft Satans zu stellen beschloss! Und Joseph ... auch er litt in seinem Herzen mit seinen Brüdern mit, die er erst einmal hart angehen, ihnen Leiden und Schmerz verursachen musste, bevor sich das Leid in Freude und Herrlichkeit umwandelte!

Wir gehen zuerst noch einmal zurück zu dem Anfang unseres Leitverses, wo wir Ruben, den ältesten der Brüder, sich rechtfertigen hörten, was zum Teil auch stimmte, wiewohl er letztlich den Verkauf Josephs an die Sklavenhändler nicht verhinderte. Seine Worte müssen Joseph beeindruckt haben, hielt er doch gerade Ruben als den Ältesten der Brüder für den Hauptverantwortlichen. Nun erfuhr er aus dessen eigenem Mund, dass sich Ruben, wo es um seine Tötung ging, massiv für ihn eingesetzt hatte, was Ruben derart zugute kam, dass Joseph beschloss, ihn nicht mehr als Geisel zurück zu behalten, sondern den Zweitältesten, „Simeon“.

Wenn wir jetzt nachträglich noch einmal das Verhalten Rubens bewerten, werden wir an Röm 2:5-10 erinnert, wo Gottes Wort von zwei Gruppen von Menschen spricht, von „Guttätern“ und von „Übeltätern“. Wir sehen in diesen Versen (worüber Bruder Jaegle schon früher eine so betitelte Schrift herausbrachte, die noch heute bei uns erhältlich ist), dass gute Taten bei Gott nicht unbelohnt bleiben, das Böse hingegen mit Zorn und Grimm – Drangsal und Druck über jedes Menschen Seele bedacht wird.

Ruben, der Guttäter, wird in diesem Fall vom Aufenthalt im Gefängnis befreit, an seine Stelle tritt stellvertretend für die übrigen Brüder Simeon.

Wir möchten an dieser Stelle doch noch darauf hinweisen, dass die Gut- und Übeltäter in Röm 2 nicht mit uns, der Körpergemeinde Christi Jesu gleichgestellt werden dürfen – wir stehen unter der Gnade, nicht unter dem Gesetz!

Rückkehr der Brüder

1Mo 42:25-26

„Und es gebietet Joseph, als sie ihre Gefäße mit Getreide füllen, wiederzuerstatten ihr Geld, jedem Mann in seinen Sack, und ihnen Zehrung zu geben für den Weg. Und so wird ihnen getan. Und sie heben ihren Proviant auf ihre Esel und gehen davon.“

Wir möchten heute die Haltung Josefs betrachten, in welcher er seinen Brüdern nicht böse oder gar zornig war, sondern ihr Bestes suchte! Dies setzte aber voraus, dass er sie nicht gleich voll Freude in die Arme schloss, sondern sie erst hart behandeln musste, was ihm in seinem Herzen schwer fiel. Im Grunde sind dies genau Gottes Wege, erst einmal mit Seinem auserwählten Volk Israel, später mit Seiner ganzen Schöpfung, wobei es eine einzige Ausnahme gibt: Seine herausgerufene Körpergemeinde Christi Jesu, die bis zum Wirken des Apostels Paulus ein Geheimnis Gottes war und dann von Gott einen ganz besonderen Weg geführt wurde, der nur Paulus offenbart wurde, damit er diese einzeln Herausgerufenen aus allen Nationen eben darin belehrt, worin das Geheimnis besteht.

Wenn wir das Verhalten Josephs verfolgen, könnte sein Handeln leicht missverstanden werden, so wie bis heute auch Gottes Wege missverstanden werden, und dies im Blick auf Israel, welches sich ja bis heute noch in der Verstockung befindet, von der uns Röm 11:25 berichtet. Das Missverständnis geht heute sogar so weit, dass sich weite Teile der Gläubigen an die Stelle Israels gerückt sehen, was zur Folge hat, dass sie auch fast ausschließlich jenes Evangelium als ihren Lehrstoff sehen, das von Gott aus dem Volk Israel zugeordnet ist. Anstatt sich von Paulus auf unsere überhimmlische Berufung vorbereiten zu lassen, blicken sie auf das, was auf der Erde ist und Israels Berufungsgebiet darstellt!

Sehen wir uns heute noch einmal Josephs Verhalten an: Drei Tage hielt er die Brüder in Haft, um sie darüber nachdenken zu lassen, was mit ihrem jüngsten Bruder Benjamin geschehen soll. Dabei gibt er ihnen noch ins Gefängnis den bemerkenswerten Hinweis mit, dass er Alueim fürchtet. Stellvertretend hielt er dann Simeon als Pfand zurück und schickte sie auf den Weg zurück zu ihrem gemeinsamen Vater Jakob, wobei er ihr Gewissen noch einmal in besonderer Weise prüfte und belastete: Er gab ihnen ihr ganzes Geld zurück, mit welchem sie das Getreide bezahlt hatten – wie werden sich die Brüder beim Entdecken des Geldes, das Joseph ja in ihren Vorratssäcken verstecken ließ, verhalten?

Wir möchten hier noch daran erinnern, dass sich die Brüder ja erst einmal weigerten, nach Ägypten zu ziehen, und dies so lange, bis der Hunger sie dazu zwang. Ähnlich wird es vor der Wiederkunft des Messias auf Erden sein, was heute ja noch in der Zukunft liegt. Auch dort werden schlimmste Nöte das Volk Israel zwingen, Zuflucht und Heil bei ihrem Retter zu suchen, so wie Jakob und seine Söhne bei Joseph Hilfe suchten, und dies, ob sie wollten oder nicht!

Wir selbst aber, die Glieder am Körper Christi Jesu, werden dieses Geschehen als Entrückte mit und bei unserem Herrn miterleben, denn, so ist uns in 1Thes 4:17 verheißen, wir werden nach der Entrückung „allezeit mit dem Herrn zusammen sein“!

1Mo 42:27-28

„Und es öffnet einer seinen Sack, seinem Esel Futter zu geben in der Herberge, und er sieht seinen Geldbeutel, und siehe, er ist in der Öffnung seines Packens. Und er sagt zu seinen Brüdern: 'Wiedererstattet ist mein Geld, und überdies, es ist in meinem Packen!' Und hervorkommt ihr Herz, und sie zittern, jeder Mann sagt zu seinem Bruder: 'Was ist dies, das Alueim uns antut!'“

Man könnte meinen, dass, nachdem ein Bruder seinen Sack öffnete und sein Geld darin liegen sah und dies auch gleich seinen anderen Brüdern erzählte, sich alle über den unerhofften Gewinn freuen würden – nach ihrem bisherigen bösen Verhalten wäre das zu erwarten gewesen.. Doch in den Herzen der Brüder hat sich offensichtlich etwas verändert! Vor den inneren Augen der Herzen der Brüder stand die Aussage Josephs: „Alueim fürchte ich!“ Und plötzlich steht nicht mehr ihr böses Fleisch im Vordergrund, sondern die eigene Furcht vor Alueim, verbunden mit der Frage: „Was tut Alueim uns hier an?“

Viel später nach diesem Geschehen konnte Hiob (Hi 28:28) auf der Suche nach Weisheit niederschreiben: „Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und meiden das Böse, das ist Verstand.“ Und Salomo musste in Spr 1:7 bekennen: „Des Herrn Furcht ist Anfang der Erkenntnis.“ Ähnlich lesen wir in Ps 111:10: „Die Furcht Jewes ist der Anfang der Weisheit; eine gute Klugheit für alle, die sie tun. Sein Lobpreis besteht für alle Zukunft.“

Das Herz der Brüder kommt hervor, sie jubelten nicht über das Geld, sondern zitterten vor Furcht – Gottes Wirken zeigt Früchte!

Gestern stand „die Furcht“ im Vordergrund, die erzieherisch auf die Brüder einwirkte, so dass sie sich zuletzt mit zitternden Herzen fragten, was ihnen Alueim mit diesem unrechten Geld wohl antue? Da wir in unseren Betrachtungen auch immer wieder vergleichend auf uns und unseren heutigen Stand schauen, wollen wir dies auch heute mit der Frage tun: Müssen auch wir uns in irgendeiner Form fürchten? Hierzu gleich ein Wort aus 1Jo 4:18: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht hinaus, weil die Furcht es mit Strafe zu tun hat. Wer sich aber fürchtet, ist in der Liebe noch nicht vollkommen geworden.“ Diese Worte klingen ganz anders als die gestern zitierten Aussagen von Hiob und Salomo, weil wir bei Joseph am Anfang der Geschichte Israels stehen, bei Johannes hingegen geht es um die Reife, wovon er in 1Jo 2:12-13 schreibt. Israel soll durch die Wege Gottes vom Stadium eines Kindleins im Glauben über die Jünglinge zu Vätern geführt werden, die den erkannt haben, der von Anfang an ist.

Johannes schreibt diese Worte in seinem 1. Brief zwar an Israel, nicht an uns (er wusste von dem Geheimnis, das uns betrifft, ja nichts), obwohl auch uns diese göttliche Aussage nach 2Tim 3:16 dienen darf, doch wir wollen ja auch den für uns zuständigen Apostel, Paulus hören, was er uns zu sagen hat:

Es mag manchem von uns überflüssig erscheinen, ob uns in irgendeiner Form Furcht befallen müsste, wie wir dies gerade bei den Brüdern Josephs miterleben ... sind wir doch alle gemäß Eph 2:8 in der Gnade Gerettete, und es ist allein die Nahegabe Gottes, der wir nichts hinzufügen können. Dennoch lesen wir in Phil 2:12 die Worte: „... mit Furcht und Zittern wirket eure Rettung aus!“ Wer nun diese Worte aus ihrem Zusammenhang im Philipperbrief herausreißt (was leider Gang und Gebe ist), dem kann gleich den Brüdern Josephs ihr Herz hervorkommen und er mag zu zittern anfangen – wer aber in Pauli Briefen gereift ist, weiß was Paulus hier meint: Es geht darum, unsere Rettung, die wir alle in der Gnade in Christus Jesus sicher besitzen, mit Leben auszufüllen, und dies durch unseren Dienst und Wandel!

Wenn wir jetzt hierzu auch noch bedenken, dass von unserem Dienst und Wandel in der Herrlichkeit viel abhängen kann, was mit der Preisrichterbühne in 2Kor 5:10 zu tun hat (z. B. unsere späteren Aufgaben), dann darf auch uns ruhig etwas Furcht und Zittern überkommen. Gleichwohl stehen die fundamentalen Worte in Röm 8:15 vor uns: „Denn ihr erhieltet nicht den Geist der Sklaverei, wiederum zur Furcht; sondern ihr erhieltet den Geist des Sohnesstandes ...“; beide Aussagen, in ihrem Umfeld, haben somit ihre Berechtigung für Gereifte!

1Mo 42:29-34

„Und sie kommen zu Jakob, ihrem Vater, zum Lande Kanaan, und sie berichten ihm alles, was ihnen begegnet war, und sagen: Der Mann, der Herr des Landes, sprach zu uns hartnäckig. Und er übergab uns in Haft als Späher des Landes. Und wir sagten zu ihm: 'Angesiedelt sind wir, nicht Späher sind wir. Zwölf sind wir, Brüder, Söhne unseres Vaters. Der Eine ist nicht mehr, und der Kleinste ist dieses Tages mit unserem Vater im Lande Kanaan.’ Und es sagte zu uns der Mann, der Herr des Landes: ‚An diesem werde ich erkennen, dass ihr angesiedelt seid. Einen eurer Brüder lasset bei mir und nehmet den Proviant, den ihr gekauft habt, für den Hunger eurer Häuser und gehet Und bringet euren kleinsten Bruder zu mir, und ich werde erkennen, dass ihr nicht Späher, dass ihr angesiedelt seid. Euren Bruder werde ich euch wiedergeben, und ihr könnt handeln im Lande.’“

Wir sind bei dem uns ja bekannten Bericht der Brüder vor ihrem Vater Jakob, und unser Leitvers sagt aus, dass sie ihm „alles“ berichteten, was sich zugetragen hatte. „Alles“, bis auf die Kleinigkeit, dass einer der Brüder unterwegs seinen Geldbeutel in seinem Futtersack fand, was er allen Brüdern mitteilte. Dieses doch recht merkwürdige Geschehen unterschlugen sie bei ihrem Bericht erst einmal ihrem Vater – warum? Kam da eine Versuchung an sie heran, einen kleinen Gewinn für sich zu unterschlagen? In der Hoffnung, dass dies Alueim nicht sieht?

Und ist es auch nicht unser Fleisch, welches uns immer wieder in Versuchung führt, Kleinigkeiten für uns zu unterschlagen, in dem irrigen Glauben, Gott würde es nicht sehen?

1Mo 42:35

„Und es geschieht, als sie ihre Säcke leeren, siehe, eines jeden Mannes Geldbeutel ist in seinem Sack. Und sie und ihr Vater sehen die Beutel mit ihrem Geld, und sie fürchten sich.“

Gestern haben wir in einer kurzen Auslegung auf die wenig beachtete Begebenheit hingewiesen, dass die Brüder erst einmal den Fund eines Geldbeutels vor ihrem Vater verschwiegen. Kam hier wieder die alte Gesinnung auf Gewinn, geteilt durch 10 Brüder, zum Vorschein? Schon einmal teilten sie sich ja den Erlös, den Josephs Verkauf an die Händler einbrachte. Doch die Beschämung folgte auf den Fuß:

Plötzlich finden auch die übrigen Brüder ihre Geldbeutel in ihren Säcken und können dies nun nicht mehr übergehen, mit der Folge, dass über alle Furcht kommt. Wir bleiben hier kurz stehen, denn auch diese kurze Episode weist uns auf Gottes Wirken hin: Wer meint, mit Wenigem Gewinn machen zu können, und dabei das Große außer Acht lässt, wird beschämt werden, wie es hier die Brüder vor ihrem Vater erfahren müssen.

Auch Paulus musste die Erfahrung machen, dass all sein scheinbarer Gewinn, den er fleischlich erworben hatte, bei weitem von dem Gewinn überragt wurde, den er geistlich geschenkt bekommen hatte, „Christus“! In Phil 3:7 ff schreibt er diese Erfahrung für uns nieder, mit dem Fazit, dass wir uns bildlich nicht mit nur einem Geldbeutel zufrieden zu geben brauchen, wenn wir alles bekommen, was in Christus zusammengefasst ist, und dies beinhalten „jeden geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus“, wie es uns Eph 1:3-14 aufzählt.

Gestern haben wir auf die Fülle des Reichtums hingewiesen, die uns von Gott in der Gnade dargereicht wurde, und dies in Verbindung damit, dass auch Joseph als Darsteller des Christus seine Brüder, vorschattend das Volk Israel, nicht nur mit einem Geldbeutel, sondern mit dem gesamten Geld beschenkte. Und so wenig sich Joseph von seiner Familie etwas bezahlen lassen musste, weil er ja Vermögen im Überfluss besaß, so wenig lässt Gott Sich von uns etwas bezahlen, was Er im Überfluss hat.

Es muss uns klar sein, dass sich unser Fleisch immer wieder meldet, und uns drängt, zu unserem Geschenk der Gnade auch Werke hinzuzufügen, zumal dies ja in Jak 2:24 biblisch gefordert wird; nur ... die Briefe des Jakobus sind nicht an uns, sondern an die zwölf Stämme Israels gerichtet und haben dort auch ihre Berechtigung. Von wem aber, wie Jakobus schreibt, Werke gefordert werden, um gerechtfertigt zu sein, der muss auch ständig in der Furcht leben, nicht genug Werke zu bringen, womit wir wieder bei „der Furcht“ sind!

Jakob und seine Söhne überkommt Furcht, als sie das viele Geld sehen, mit dem sie ihr Getreide bezahlt hatten, es fehlt das Vertrauen zu dem, der die Macht hat, tun und lassen zu können, was er (hier Joseph) will; und dieses mangelnde Vertrauen wird Israel so lange fehlen, bis es seinen Messias endlich sichtbar vor Augen hat, wenn Er gemäß Sach 14:4 ff auf den Ölberg kommend, Sein irdisches Königreich aufrichten wird.

1Mo 42:36

„Und es sagt zu ihnen Jakob, ihr Vater: 'Mich beraubt ihr! Joseph ist nicht mehr, und Simeon ist nicht mehr, und Benjamin wollt ihr nehmen! Über mich kommt all dies.'“

Jakob rückt heute mit seiner Klage wieder in unser Blickfeld, dass aber all sein Klagen umsonst ist, weiß er noch nicht, Gott geht Schritt für Schritt, und jeder Abschnitt hat seine Bedeutung (was letztlich auch für unsere Wege gilt).

Gottes großes Ziel ist „Versöhnung“, und zwar mit Seiner ganzen in Sünde gefallenen Schöpfung! Dass Gott dieses hehre Ziel erreichen wird, wissen bis heute nur wir, die herausgerufenen Glieder am Körper Christi Jesu, und wir wissen es durch die Enthüllung des erhöhten Herrn, welche dieser Seinem für die Nationen bestimmten Apostel Paulus eingab (siehe Eph 3:8 ff). „Versöhnung“ ist ein hartes Stück Arbeit, und derjenige, der sie bewirkt, ist Gott! Ein Stück von dieser Arbeit zeigt uns die Geschichte um Joseph, der auf dem schweren Weg ist, sich mit seinen Brüdern zu versöhnen, dies aber Schritt für Schritt. So wurden die Brüder erst einmal in die Lage geführt auf den bevorzugten Bruder Joseph eifersüchtig zu sein, es entstand der böse Plan in ihren Herzen, Joseph zu töten. Salomo sagte hierzu später in Spr 16:1: „Die Entwürfe des Herzens sind des Menschen, aber die Antwort der Zunge kommt von Jewe (Elberfelder). Aus der Tötungsabsicht wurde der Verkauf Josephs nach Ägypten, es folgte Josephs Aufstieg zum zweiten Mann im Lande, womit er die Macht bekam, seine ganze Familie vor dem Hungertod zu retten. Aus der Tötungsabsicht der Brüder bewirkte Gott Leben der ganzen Familie Jakobs – was für leidvolle, aber machtvolle und letztlich herrliche Schritte Gottes hin zur Versöhnung!

Wir sind mit dem gestern angesprochenen Thema „Versöhnung“ natürlich bei Joseph noch ganz am Anfang, es geht ja hier erst einmal um die Familie Jakobs, die das spätere Volk Israel darstellt. Und in dieser Familie war es ja gerade Jakob, der am meisten leiden musste, und so müssen wir dann auch die letzten Worte unseres Leitverses verstehen, worin Jakob dieses Leid in seinem Leben beklagt: „Über mich kommt all dies!“

Und wieder sind wir bei der „Versöhnung“, denn bevor Jakob diese erleben und in Frieden sterben konnte, musste er viele Leidensschritte durchlaufen, einer davon war der vermeintliche Verlust seines Lieblingssohnes Joseph, der ihm von seiner geliebten Ehefrau Rahel geschenkt wurde. Für uns ist es hier besonders bewegend, dass dieser Sohn seiner Liebe zum Darsteller „des göttlichen Sohnes Seiner Liebe“ wurde und in tief beeindruckender Art und Weise die Leiden des Christus darstellen durfte.

Und so wie Jakob leiden musste, dass Joseph tot sein sollte, und ihm womöglich noch weitere Söhne genommen werden sollten, so litt auf eine andere Art unser Gott und Vater, als Er Seinen Sohn gemäß Seinem Heilsplan dahingab, aber nicht, um Ihn zu verlassen, sondern um Sich in dem am Kreuz sterbenden Sohn mit der Welt Selbst zu versöhnen, wie es 2Kor 5:19 in bewegenden Worten zum Ausdruck bringt.

1Mo 42:37

„Und es sagt Ruben zu seinem Vater also: 'Zwei meiner Söhne magst du töten, sollte ich ihn nicht dir wiederbringen. Gib ihn in meine Hand, und ich werde ihn dir wiedererstatten.'“

Es geht um Benjamin, den Joseph angefordert hatte, und deswegen Simeon als Pfand in Ägypten zurückhielt. Vor Jakobs Augen entstand die verständliche Angst, auch Benjamin zu verlieren, wenn er sich auf seine Söhne verlassen würde – doch dann tritt der erstgeborene Sohn Jakobs, Ruben erneut positiv in den Vordergrund, um mit dem Tod zwei seiner Söhne zu bürgen, wenn er Benjamin (und damit auch Simeon) nicht heil zurück zum Vater bringen würde. Mit diesem Versprechen wird erneut Rubens Gesinnung offenbar, denn er war ja mit seinem Einspruch gegen die Tötung Josephs einst der Grund, warum Joseph (nur) verkauft, aber nicht getötet wurde. Diese Gesinnung wurde ja auch Joseph in einem belauschten Gespräch zu Ohren gebracht, so dass er nicht Ruben, sondern den zweitältesten Bruder, Simeon, als Pfand zurück behielt.

Dass Ruben nun seine Söhne als Pfand in die Hand seines Vaters gab, zeugt von dessen innerem Wachstum. Was kann ein Vater mehr hergeben als die geliebten Söhne? Diese hehre Frage führt uns fast schon zwangsläufig zum Herzen unseres himmlischen Vaters, der laut Joh 3:16 die Welt so liebt, „dass Er Seinen einziggezeugten Sohn gibt, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht umkomme, sondern äonisches Leben habe.“

„Liebe zu Seiner Schöpfung“ war der Beweggrund, warum Gott Seinen Sohn dahingab, und diese Liebe wird in der Versöhnung des Alls zurückfließen und das Herz des Vaters zutiefst beglücken.

1Mo 42:38

„Und er sagte: 'Nicht hinabziehen mit euch soll mein Sohn; denn sein Bruder ist tot, und er allein bleibt übrig. Und begegnete ihm ein Unfall auf dem Wege, auf dem ihr gehet, dann würdet ihr mein graues Haar mit Pein hinabbringen ins Ungewahrte.'

So edel und hochherzig das Angebot von Ruben auch war, seine Söhne als Bürgen zu hinterlassen, Jakob verweigerte seine Zustimmung, zu groß war die Angst in ihm, nach Joseph auch Benjamin zu verlieren. Würde dieser Fall eintreten, macht Jakob noch eine erstaunliche Aussage: Mit Pein würde er sterben und dabei ins „Ungewahrte“ gebracht werden. Was versteht Jakob hierunter?

Luther übersetzt hier mit „Grube“ und als Anmerkung „Scheol“, die Elberfelder übersetzt gleich mit dem hebräischen Wort „Scheol“, was dem griechischen Wort „Hades“ gleichzusetzen ist. Beide Worte fasst unsere konkordante Übersetzung mit „Ungewahrtem“ zusammen, was den Sinn von „unwahrnehmbar“ hat. Im Klartext heißt dies: Wenn ein Mensch stirbt, wird sein Körper ins Erdreich gelegt, wovon er bei der Erschaffung des Menschen genommen wurde, sein Geist geht zurück zu Gott, woher er kam, und seine Seele geht in das Unwahrnehmbare, weil sie nach der Auflösung von Körper und Geist nicht mehr wahrnehmbar ist; wozu gesagt werden muss, dass die Seele auch schon vorher im Ungewahrten war – sie kehrt dahin zurück woher sie kam. Die Seele trat somit erst mit dem Einhauchen des göttlichen Lebensodem in Erscheinung, der Mensch wurde damit gemäß 1Mo 2:7 „zu einer lebenden Seele“. „Seele“ ist also das Ergebnis der Vereinigung von Körper und Geist, sie war vorher nicht wahrnehmbar, und ist es nach dem Tod auch nicht mehr!

Das gestrige Thema „Ungewahrtes“ ist ein weites Gebiet und konnte von uns nur kurz angerissen werden, wobei wir hingewiesen hatten, dass Jakob mit diesem Wort eine erstaunliche Erkenntnis zeigte, die bis heute leider vielen Gläubigen fehlt! Etwas anderes aber soll uns heute noch bewegen:

Jakob verweigerte die Mitgabe seines letzten Sohnes von Rahel, weil er den mitgebrachten Worten des ihm ja noch unbekannten Josephs nicht glauben konnte. Mit anderen Worten: Jakob fehlte das Wissen um Joseph und dessen hohen Rang und Stellung in Ägypten! Auf uns übertragen kann man somit sagen: Auch der Alltag von vielen Gläubigen wird von falschem Handeln bestimmt, weil sie zu wenig von dem Rang und der Stellung Christi Jesu wissen – das Grundwissen, „ich bin durch Jesu Tod am Kreuz erlöst“, genügt ihnen. So wird zum Beispiel mit großer Inbrunst das Lied gesungen, „Welch ein Freund ist unser Jesus ...“, und man weiß nicht, dass der Sohn Gottes uns nicht zum „Freund“ gegeben ist, sondern zum Haupt eines Körpers, an welchem wir die Glieder sind (lies 1Kor 12:27). Es gibt keine engere Verbindung, als wir sie mit unserem Haupt haben, und wenn wir dies wissen, dürfen wir Ihm auch alles zutrauen, vor allem aber alles glauben! Wenig Wissen ruft bei Jakob (und auch bei uns) Ängste und Befürchtungen hervor ... viel Wissen führt zum Vertrauen und inneren Frieden zu und mit Gott!

Lies weiter:
1. Mose - Kapitel 43