Jona - ein widerspenstiger Prophet

Aus Bibelwissen
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Von Daniel Muhl

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Die Berufung Gottes

Erste Gedanken

Wenn man das Büchlein Jona liest, könnte man den Eindruck bekommen, dass Gott eine etwas seltsame "Personalpolitik" verfolgt. Gott beauftragte einen Propheten, der absolut nicht im Einklang mit dem Willen Gottes stand, sondern genau das Gegenteil von dem machte, was Gott von ihm wollte! Doch die Widerspenstigkeit des Propheten brachte den allmächtigen Gott nicht in Verlegenheit. Gott kennt immer Mittel und Wege, um einen Menschen zum Gehorsam Ihm gegenüber zu bringen! Durch Gottes Führungen kommen wir irgendwann einmal so weit, dass wir das wollen, was Er will, weil wir mit zunehmender Erkenntnis auch zu dem Schluss kommen, dass Sein Wille in allen Bereichen das absolut Beste ist!

Eigentlich hätte Gott, nachdem Jona seinem Eigenwillen gefolgt ist, sagen können: "Wenn der nicht will, dann schicke ich einen anderen!" Doch Gott hält an Seiner Berufung fest, Er will keinen anderen Propheten! Gott will Jona und niemand anderen!

Das Buch Jona macht die Souveränität Gottes in besonderer Weise deutlich. Es wird klar ersichtlich: "Allein der Wille Gottes ist das Entscheidende!" Dies bestätigt auch der Apostel Paulus, wenn er schreibt:

  • Röm 9:16 - So liegt es nun nicht an dem Wollenden, auch nicht an dem Laufenden, sondern an dem sich erbarmenden Gott.

Ein Vergleich

Die Geschichte Jonas ist in mehrerer Hinsicht absolut einmalig! Kaum ein anderer "Mann Gottes" hat sich so offensichtlich gegen den Auftrag Gottes gestellt wie Jona.

Die Situation bei Jona Die Umstände bei anderen Propheten
Jona wollte den Auftrag Gottes nicht tätigen; er machte genau das Gegenteil von dem, was Gott wollte. Die meisten anderen Propheten gehorchten der Stimme Gottes.
Jona sollte zu den Feinden Israels gehen und sie zur Umkehr rufen. Die meisten anderen Propheten bekamen einen Auftrag an Israel.
Jona hoffte, dass die Stadt Ninive nicht umkehren würde. Die anderen Propheten sehnten sich nach Umkehr; sie hofften, dass ihr Dienst eine Veränderung bewirken würde.
Jona flüchtete vor dem Angesicht Gottes, um den Auftrag zu umgehen. Die anderen Propheten machten sich auf und folgten dem Ruf Gottes.
Jona hoffte auf die "Erfolglosigkeit" seines Auftrages. Die anderen Propheten sehnten sich danach, dass ihr Auftrag auch Früchte bringen würde.
Jona hatte aus geistlicher Sicht durchschlagenden "Erfolg". Eine Stadt mit 120.000 Menschen kehrte um. Die anderen Propheten erlebten z. T. kaum sichtbare Veränderungen. Die Arbeit und die Prophezeiungen des Jeremia bewirkten im Volk Israel kaum nennenswerte Veränderungen, im Gegenteil, beinahe jeder Aufruf zur Umkehr hatte noch mehr Ablehnung zur Folge.

Die Stationen einer einmaligen Geschichte

Der Auftrag

Jon 1:1-2 - Das Wort Gottes "geschah" zu Jona. Er sollte Gericht gegen die Stadt Ninive verkündigen, weil ihre Bosheit vor Gott aufgestiegen ist. Dies klingt ähnlich wie bei Sodom und Gomorra, wo das Geschrei und die grosse Sünde vor Gott gekommen sind(1Mo 18:20-21).

Die Flucht

Jon 1:3 - Jona buchte eine Schiffsreise, um weg vom Angesicht des HERRN zu fliehen.
Was waren seine Motive?

  • Angst?
  • Abneigung gegen die Feinde Israels?
  • Die Vermutung, Gott könnte bei den Feinden Israels Gnade und Erbarmen walten lassen (Jon 4:1)? Wenn Gott sich über Ninive erbarmen würde und gleichzeitig der geistliche Zustand des Volkes Israel immer schlimmer würde, war das für einen Propheten in Israel sehr bitter. In 2Kö 14 lesen wir ab Vers 24: "Und er (Joasch) tat, was böse war in den Augen des HERRN; er wich nicht ab von allen Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, der Israel zur Sünde verführt hatte. 25 Er stellte das Gebiet Israels wieder her, vom Zugang nach Hamat bis an das Meer der Ebene, nach dem Wort des HERRN, des Gottes Israels, das er geredet hatte durch seinen Knecht Jona, den Sohn des Amittai, den Propheten, der von Gat-Hefer war. 26 Denn der HERR sah das überaus bittere Elend Israels, und dass dahin war der Unmündige und dahin der Mündige und dass kein Helfer da war für Israel."

Wie dem auch sei, der Auftrag Gottes passte überhaupt nicht in das Denken und den Willen des Propheten. Jona wollte nicht mehr mit dem HERRN konfrontiert werden. Er wollte Gott und den Auftrag aus seinem Leben streichen, indem er versuchte, diese Dinge in seinem Bewusstsein zu verdrängen. Der Prophet dachte vielleicht, dass dies am besten gelänge, wenn er die gewohnte Umgebung verlassen würde: "Vielleicht redet der HERR ja nur in Israel".

Der Sturm und die Massnahmen der Seeleute

Jon 1:4-7 - Gott war der Verursacher des Sturmes!

Gott inszeniert auch die Stürme unseres Lebens, weil Er damit ganz bestimmte Dinge beabsichtigt, weil Er uns in ganz bestimmte Prozesse hineinführen will und gleichzeitig auch andere Ziele damit erreicht (In diesem Fall war es eine Gotteserfahrung für die Seeleute).

Währenddem jeder Seemann zu seinem Gott schrie und alles unternommen wurde, um den Sturm zu überleben, schlief der Prophet.

Wer Gott aus seinem Leben verdrängt, fällt früher oder später in einen geistlichen Schlaf. Im Epheserbrief lesen wir: "Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, und der Christus wird dir aufleuchten!" (Eph 5:14). Diese Aufforderung geht an solche, die das Reden Gottes vernehmen und sich ins Licht stellen wollen.

Die Fragen der Seeleute

Jon 1:8 - Wer ist schuld an diesem Unglück? Die Seeleute waren so religiös, dass sie selbstverständlich davon ausgingen, dass dieses Unglück mit einer Schuld zusammenhängen musste. Diesen Schluss zogen sie vmtl. auch deshalb, weil sie erfahren haben, dass Jona vor dem Angesicht des HERRN auf der Flucht war (Jon 1:10).

Die Frage nach der Schuld beschäftigt die Menschen seit jeher. Für jedes Unglück muss es doch einen Schuldigen geben. Auch zur Zeit Jesu war dieses Denken verbreitet. Ab Lk 13:1 lesen wir: "Zu dieser Zeit waren aber einige zugegen, die ihm von den Galiläern berichteten, deren Blut Pilatus mit ihren Schlachtopfern vermischt hatte. Und er (Jesus) antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder waren, weil sie dies erlitten haben? 3 Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen. 4 Oder jene achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und sie tötete; meint ihr, dass sie vor allen Menschen, die in Jerusalem wohnen, Schuldner waren?5 Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen (Lk 13:2-5)."

Etliches Unglück geschieht nicht deshalb, weil die Betroffenen grössere Sünder sind als die anderen, sondern weil die Menschen ins Nachdenken und somit auch ins Mitdenken hinein kommen sollen. In dieser Geschichte ging die Ursache des Unglücks aber tatsächlich auf das Fehlverhalten des Jona zurück! Durch das Los, dass die Seeleute warfen, wurde ihnen klar, dass Jona der Schuldige sein musste.

Jona stellt sich vor und löst Furcht aus

Jon 1:9-10 - Ich bin ein Hebräer, und ich fürchte den HERRN, den Gott des Himmels, der das Meer und das trockene Land gemacht hat. 10 Da fürchteten sich die Männer mit großer Furcht und sagten zu ihm: Was hast du da getan! Die Männer hatten nämlich erfahren, dass er vor dem Angesicht des HERRN auf der Flucht war, denn er hatte es ihnen mitgeteilt.

Auch wenn Jona widerspenstig war, so hatte er doch Grösse! Er sagte ehrlich, wer er war und was er getan hatte!

Der Rat des Jona

Jon 1:12 - Werft mich ins Meer!

Jona war hier bereit, sich ins Meer werfen zu lassen, damit wenigstens die übrigen Menschen überleben würden! Jona sagte offen, wie das "Problem" gelöst werden konnte, obwohl dies auch gleichzeitig seinen persönlichen "Untergang" bedeutete. Hier machen sich Anzeichen der göttlichen Liebe bemerkbar.

Die Reaktion der Seeleute

Jon 1:13-14 - Die Seeleute fürchteten sich, den Mann Gottes ins Meer zu werfen, weil sie dadurch vielleicht grosse Schuld auf sich laden könnten.

Hier wird eine grosse Gottesfurcht sichtbar.

Jon 1:15-16 - In ihrer Not setzten sie den Ratschlag des Propheten um und warfen ihn ins Meer. Das Meer beruhigte sich und die Männer fürchteten den HERRN. Sie brachten Ihm Schlachtopfer dar und sprachen Gelübde aus.

Jona landet im Bauch des Fisches

Jon 2:1 - Gott "bestellt" einen grossen Fisch und Jona wird verschlungen. Es folgen drei entsetzliche Tage und Nächte!

Jesus nimmt auf dieses Geschehen Bezug und erklärt uns dessen geistliche Bedeutung: "Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte in dem Bauch des großen Fisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein (Mt 12:40)."

Die Nöte, die Jona im 2. Kapitel beschreibt, könnten durchaus auch mit den Nöten Jesu im "Herzen der Erde" verglichen werden.

Jona betet zu Gott

Jon 2:3-10 - Jona schreit aus dem "Schoß des Scheols" um Hilfe. Hier beschreibt er seine ganz grosse Not, doch am Ende geht er trotz allem in den Lobpreis Gottes über!

Wer Gott trotz grösster Not loben kann, verherrlicht Ihn und bringt dadurch einen ganz grossen Glauben zum Ausdruck! Ähnliches steht in Ps 50:23: "Wer Dank opfert, verherrlicht mich und bahnt einen Weg; ihn werde ich das Heil Gottes sehen lassen."

Jonas Errettung

Jon 2:11 - Der Herr "befiehlt" dem Fisch und er führt das Gebotene aus.

Alles dient dem HERRN! Sei es der Sturm, der grosse Fisch (vmtl. ein Wal) oder der kleine, unbedeutsame Wurm! Ihm muss alles gehorchen!

Wiederholung des Auftrages Gottes

Jon 3:1 - Noch einmal erhält der Prophet seinen Auftrag.

Beim zweiten Mal war Jona innerlich so weit, dass er Gott gehorsam sein konnte. Wäre er beim ersten Mal schon bereit gewesen, wäre ihm ein Umweg erspart geblieben. Jedoch ohne diesen Umweg hätten die Seeleute den allmächtigen Gott nicht in der Weise kennengelernt. Umwege, die durch Ungehorsam entstanden sind, beinhalten oft viele Schmerzen! Aber Gott ist so gross, dass selbst Umwege uns und anderen zum Segen werden können.

Jona gehorcht und predigt

Jon 3:3-4 - Jona wandert eine Tagesreise in die Stadt hinein und hält eine Bußpredigt. Wieviel er genau gesagt hat, wissen wir nicht; in der Bibel steht nur ein Satz: "Noch 40 Tage und Ninive ist umgewendet!"

Wer würde sich heute aufgrund einer solchen Bußpredigt bekehren? Menschlich gesehen wohl kaum jemand! Man hat fast ein wenig den Eindruck, dass die Bußpredigt des Jona ohne viel Ambitionen stattgefunden hat. Er hatte ja auch kein grosses Interesse daran, dass die Stadt Buße tut und umkehrt. Hier wird deutlich: Der Predigttext allein ist nicht das Entscheidende! Das Entscheidende ist, wenn Gott die Herzen der Menschen vorbereitet und der Geist Gottes die Herzen anspricht und erneuert! Auch David erkannte dies und sagte: "Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und erneuere in mir einen festen Geist!" (Ps 51:12)

Die Umkehr der Stadt

Jon 3:5-9 - Das Wirken des Geistes Gottes war so umfassend, dass 120.000 Menschen umkehrten. Es fand ein geistliches Erdbeben statt. Die Stadt war nach 40 Tagen tatsächlich umgewendet, weil die Bewohner umgekehrt sind. Diese Umkehr beinhaltet ein Umdenken und ein Mitdenken mit den Gedanken Gottes.

Wahrscheinlich hätte sich jeder Missionar und jeder Evangelist von Gott einen Auftrag gewünscht, bei dem sich 120.000 Leute bekehren würden, aber Gott wählt ausgerechnet den aus, der an diesem Geschehen vorerst überhaupt keine Freude hatte. Dadurch bestand vmtl. auch nicht die Gefahr, dass Jona sich überhob.

Gott lässt sich umstimmen und Jona wird zornig

Jon 3:10 - Die Umkehr der Menschen äusserte sich unter anderem darin, dass sie von ihrem bösen Weg umkehrten. Das führte dazu, dass sich Gott das Unheil gereuen liess und es zu keinem Gericht kam. Die Stadt Ninive existierte darum noch weitere ca. 140 - 160 Jahre.

Jon 4:1-4 - Die Umkehr der Stadt und die Umstimmung Gottes missfiel Jona sehr! Als Jona das erste Mal seinen Auftrag erhielt, hatte er eine Ahnung von dem, was Gott plant und diese Vermutung ärgerte Jona so sehr, dass er sich völlig quer stellte. Jona dachte vielleicht: "In Ninive könnte sich alles zum Guten verändern und in meiner Heimat wird es immer schlimmer!" Das alles war so frustrierend, dass Jona am liebsten sterben wollte.

Könnten wir uns freuen, wenn sich bei unseren Feinden alles zum Guten wenden würde, während es in unserer Familie immer schlimmer wird?

Jona wartet und Gott befreit ihn von seinem Missmut

Jon 4:5-6 - Jona wartet und ist missmutig! Hoffte er vielleicht, die Umkehr der Stadtbewohner wäre nur von kurzer Dauer und es käme doch noch zu einer Vernichtung der Stadt? Es kann doch einfach nicht sein, dass hier alle umkehren, während in Israel gar nichts mehr geht! Gott schenkt Jona an diesem Tag eine Freude und lässt für ihn einen Rizinus wachsen, der ihm einen angenehmen Schatten vermittelt. Diese Annehmlichkeit erfreut Jona ausserordentlich!

Gott erteilt Jona Seine letzte Lektion

Jon 4:7-11 - Doch die Freude ist von sehr kurzer Dauer! Bereits am nächsten Tag "bestellt" Gott einen Wurm, der den Rizinus sticht, so dass dieser verdorrt. Schon wieder etwas Ärgerliches! Warum nur mag Gott dem Jona "nichts gönnen"? Jona hat vom Leben endgültig genug! Er will einfach nur noch sterben! Doch auch diese letzte, schmerzliche Lektion ist ganz wichtig! Jona ärgert sich über den Verlust einer Annehmlichkeit, während ihm der Untergang einer Stadt mit 120.000 Einwohnern ziemlich egal ist.

Und wie ist das bei uns? Ist uns unser Wohlbefinden wichtiger als die Errettung verlorener Menschen? Ist es uns recht, wenn unsere Feinde ins Verderben laufen? Lässt es uns "kalt", wenn andere verloren gehen? Ärgern wir uns auch zu Tode, wenn uns Gott Angenehmes einfach wegnimmt? Ist uns unsere Annehmlichkeit auch wichtiger als die Errettung anderer?

Aber für Gott sind nicht nur die verlorenen Menschen sehr wichtig, sondern sogar auch das Vieh, das als letzte Aussage in diesem Büchlein angesprochen wird!