Die biblische Auserwählung

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Abschrift des Heftes:
Abraham, der erste Auserwählte - Band I
Gottes Vorsatz mit den auserwählten und nichtauserwählten Menschen

aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum“
von M. Jaegle und Mitarbeitern (1985)

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Inhaltsverzeichnis

Abraham, der erste Auserwählte

Band I

Vorwort

In großer Dankbarkeit gegenüber unserem Gott und Vater dürfen wir auch mit dieser vorliegenden Schrift das so überaus wichtige Thema der Auserwählung - aufgezeigt an dem ersten Auserwählten Abraham - fortführen. Da der weitere Lebenslauf Abrahams bis zu seinem Tod, soweit ihn uns die Schrift offenbar macht, noch viele Kostbarkeiten birgt, die wir aus Platzmangel in diese Abhandlung nicht aufgenommen haben, werden wir versuchen, zu einem späteren Zeitpunkt in einer weiteren Schrift diesen Spuren des ersten Auserwählten zu folgen.

Dankbar durften wir auch dem Echo unserer werten Leserschaft entnehmen, wie freudig das Thema „Auserwählung“ angenommen wurde. So möge diese Schrift eine Stärkung und Vertiefung in dieser göttlichen Wahrheit darstellen.

Bewusst haben wir Wiederholungen wichtiger Gedanken in Kauf genommen, werden sie uns doch dadurch nur einprägsamer und wichtiger (siehe auch Paulus in Phil 3:11).

So möge uns auch durch diese Schrift der Geist der Weisheit und Enthüllung in Seiner Erkenntnis führen und unsere Herzen mit Freude füllen.

M. Jaegle und Mitarbeiter

Einführung

Der Segen der früheren Schriftrollen

„Denn all das, was vorher geschrieben wurde, ist gerade uns zur Belehrung geschrieben...“ (Röm 15:4). „Alle Schrift ist gottgehaucht und nützlich zur Belehrung...“ (2Tim 3:16). Mit diesen durch den Apostel Paulus niedergeschriebenen göttlichen Aussprüchen wird uns das ganze „Alte Testament“ (besser, die hebräischen Schriftrollen) als ein Segensbereich eröffnet. Diese Tatsache trifft in Sonderheit auf das erste Buch der Bibel zu.

Schon allein dem historischen Bericht der Geschehnisse in den Familien der Urväter entspringt ein großer Segen. Doch mit der Symbolik und Prophetie, die in diesen Begebenheiten verborgen liegen, erschließt uns Gott noch einen weit größeren Reichtum. Er offenbart uns damit zukünftige, herrliche Heilstaten, sowohl in Führungen einzelner Menschen als auch im Familienleben. Es wird nun die Aufgabe unserer Abhandlung sein, diesen verborgenen Reichtum zu heben und auszulegen.

Ein gemiedenes Gebiet

Vorerst und vorwegnehmend weisen wir darauf hin, dass die Auserwählung in der Heiligen Schrift ein umfangreiches Gebiet einnimmt. Dieses beginnt schon auf den ersten Blättern der Bibel und durchzieht alle Bücher bis zum letzten, der Enthüllung Jesu Christi (Offenbarung Johannes).

Eine erste Folge dieser Tatsache sollte nun darin bestehen, dass sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Wortauslegung „der Erwählung“ ebenfalls ein großer Raum gewährt wurde. Doch wenn wir prüfen, ob sich die Sache auch so verhält, könnten wir ob dem Befund bestürzt sein. Denn in der gesamten Wortverkündigung finden wir Auslegungen über die Auserwählung ganz selten, ja, fast überhaupt nicht. Offensichtlich scheut man sich, dieses Thema anzugehen und weicht ihm aus. Somit ist die Auserwählung zu einem gemiedenen Gebiet geworden.

Suchen wir nach dem Grund der Missachtung dieser biblischen Wahrheit, so finden wir als Ursache:

Ein unbiblisches Dogma

Hier stellt sich nun die Frage: Was lehrt denn dieses Dogma, das für die Entfaltung der herrlichen Heilsgabe der Auserwählung ein Hindernis ist? Nun, dieses lautet: Wer der heutigen Evangeliumsverkündigung aus eigenem Willen und Vermögen glaubt, ist gerettet, wer nicht glaubt, ist ewig verloren und bleibt durch eigene Schuld endlos im Gericht.

Die Befürworter dieser Lehre verteidigen sich nun mit dem Hinweis, dass sie dieselbe ja auf Schriftworte gründen und sie deshalb richtig sein muss.
Doch wie steht es mit dem rechten Sachverhalt?

Wir haben hier einen typischen Fall von falscher Anwendung von Schriftworten und das Nichtbeachten rechter Schriftteilung. Und so kommt es, dass Gerichte angeführt werden, denen man endlose Dauer zuspricht, die aber - bei rechter Schriftteilung - nur Stationen auf dem Weg in die Vollendung sind. Auch wird übersehen, dass Gott seine Gerichte nicht nur als Strafe, sondern auch als heilsame Züchtigung des Sünders zu seiner Zurechtbringung gebraucht. Ein Musterbeispiel für dieses göttliche gerichtsmäßige Heilswirken ist der Apostel Paulus.

Der weitere Irrtum besteht darin, dass dabei die ganze Menschheit nur in Gerettete und ewig Verlorende eingeteilt wird, aber die Auserwählten übergangen werden.

Nach dieser kurzen Prüfung steht klar vor uns, dass in einem solch eng beschnittenen Dogma die Auserwählung keinen Platz findet und damit überflüssig wird. So ist es nicht verwunderlich, dass sie mit der Zeit in völlige Vergessenheit geriet und deshalb auch nicht beachtet wird, dass sie weit mehr bedeutet als nur „gerettet“ zu sein.

Stellen wir dem unbiblischen

Das biblische Dogma

entgegen. Dieses kann mit wenigen Worten bezeugt werden: Wenn Gott einzelne Menschen aus der Menschheit erwählt, so sind diese zu der ihnen widerfahrenen Rettung auch noch als Mitarbeiter Gottes berufen. Durch diesen besonderen Heilsvorsatz Gottes sind aber Nichtauserwählte nicht verloren, sondern im Gegenteil, die Auserwählten werden ihnen zum Segen. Das ist ein Hauptzug der Auserwählung und wird in unserer Abhandlung ausführlich erläutert werden.

Befasst man sich aber mit der Auserwählung ohne diese Erkenntnis, so muss man zwangsläufig zu der irreführenden Auffassung kommen, die Auserwählten seien die einzig Geretteten, die Nichtauserwählten hingegen für ewig verdammt. Doch mit dieser Gott verunehrenden Lehre gerät man ganz nahe an

Das Dogma des Kirchenvaters Augustinus

der lehrte: Gott hat von der Ewigkeit her die einen zur Rettung, die anderen aber zur ewigen Verdammnis bestimmt. Allgemein wird die Ungerechtigkeit dieser Aussage erkannt, doch öffentlich wurde sie bis heute noch nicht widerrufen. Dies wird unterlassen, um nicht in den Verdacht zu geraten, man glaube an die Allaussöhnung.


1. Die biblische Auserwählung

Wann begann die Auserwählung und wer war der erste Auserwählte?

Wenn wir das falsche, Gott verunehrende Dogma über die Auserwählung dahinten lassen, ist der Weg frei, uns von der Schrift die weitere rechte Belehrung über die Auserwählung schenken zu lassen. Als nächste Aufgabe stellt sich uns das Suchen nach dem Anfang der Auserwählung und nach dem ersten Auserwählten. Dieses besondere Heilswirken Gottes finden wir nicht gleich am Anfang der Menschheitsgeschichte, doch Gott benützt diese, um uns schrittweise in Seine Erwählungsgedanken einzuführen und uns mit den Prinzipien der Auserwählung bekannt zu machen.

Wir beginnen mit

Adam und Eva

Unsere Ureltern, Adam und Eva, waren noch keine Auserwählten, da sie nicht aus einer Gruppe von Menschen Herausgerufene sein konnten, wie es das eigentliche Wesen der Erwählung verlangt. Doch die Menschheit vermehrte sich rasch und gab Gott Gelegenheit, aus ihr Auserwählungen vorzunehmen.

Wenn Menschen aus irgendwelchen Dingen auszuwählen haben oder auch Menschen zu einem besonderen Dienst auszuwählen sind, wird dafür immer das Beste ausgesucht. So werden z. B. die fähigsten Männer eines Landes ausgewählt und dem Volk zur Regierung vorgeschlagen. Lassen wir uns vorerst von diesem Prinzip leiten bei der Suche nach Männern der Bibel, die der Auserwählung würdig zu sein scheinen.

Seth

Nachdem Kain den edlen Abel umgebracht hatte, wird von allen folgenden Söhnen Adams nur Seth erwähnt (1Mo 4:25). Dieser hatte den übrigen Söhnen Adams das voraus, dass er von seiner Mutter mit seinem Namen genannt wurde, der ihn als Gabe Gottes bezeichnete. So sagt Eva (1Mo 4:25): „Denn gesetzt hat mir Alueim einen anderen Samen anstatt des Abel ...“. Zudem wurde Seth in den Stammbaum Jesu aufgenommen (Lk 3:38). Seth nahm seinen Brüdern gegenüber eine Sonderstellung ein, doch ist hier noch keine Rede von Auserwählung.

Als nächsten Mann, der über seine Zeigenossen hinausragt, finden wir

Henoch

Gottes Wort stellt ihm das schöne Zeugnis aus (1Mo 5:22+24): „Und es wandelt Henoch mit Gott.“

Um dieses Gott wohlgefällige Leben recht würdigen zu können, müssen wir es der damaligen Verdorbenheit 1Mo 6:1ff.) gegenüberstellen. Wer unter diesen geschilderten Umständen Glauben hält, ist wirklich ein Überwinder. Deshalb wird Henoch auch unter die Glaubenshelden eingereiht mit dem guten Zeugnis (Hebr 11:5): „Im Glauben wurde Henoch hinweggerafft, um den Tod nicht wahrzunehmen; und er wurde nicht gefunden, weil Gott ihn hinwegraffte. Denn vor seiner Hinwegraffung wurde ihm bezeugt, dass er Gott wohlgefallen habe.“

Gemäß Hebr 11:1 war er aufgrund göttlicher Verheißungen von zukünftigen Tatsachen überführt, wenngleich er sie noch nicht erblickte. Wenn wir weiter die Bedeutung des Namen Henoch = „gewidmet“ in Betracht ziehen, und ihn als einen sehen, der tatsächlich sein Leben Gott widmet, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, dann könnten wir meinen, den Mann gefunden zu haben, der durch Auserwählung für einen besonderen Dienst infrage kommen könnte.

Zwar wurde Henoch von Gott aus der verderbten Menschheit herausgenommen, was einem Zug der Auserwählung gleicht, doch handelte es sich dabei nur um dessen persönliche Rettung, ohne dass er anderen zu einem ähnlichen Segen wurde.

Weil dieses „Prinzip des Segens für andere“ ein Hauptzug der Auserwählung ist, darf Henoch nicht als Auserwählter angesehen werden, denn dieser Zug in seinem Leben fehlte.

Doch gehen wir nun weiter und betrachten das Leben von

Noah

Noah war nicht nur ein würdiger Nachfolger Henochs, sondern er erhielt sogar noch ein überragenderes Zeugnis als dieser (1Mo 6:8-9): „Noah aber findet Gnade vor den Augen Jewes Alueims. Noah war ein gerechter Mann. Makellos ward er in seinem Geschlecht. Mit Alueim wandelt Noah.“

In der obigen Aussage begegnen wir erstmalig dem Wort „Gnade“. Wenn ein so wichtiger Heilsbegriff das erstenmal erscheint, ist es gut, seine Bedeutung zu erforschen. Im Griechischen heißt dieses Wort „charis“. Fast ein ähnlichen Wort wird im Urtext für „Freude“ verwandt, denn es heißt „chara“. Aus diesem Vergleich beider Wörter ergibt sich der Gedanke, den wir in der Konkordanten Stichwortkonkordanz S. 468 lesen: „Gnade als etwas, das Freude verursacht.“ So gebrauchten die Griechen das Wort „charis“ für verschiedene Dinge, die Freude machten.

In diesem Sinne gebraucht auch Gottes Wort den Ausdruck „Gnade“. So bezeichnet es „charis“ auch für Liebesgaben (1Kor 16:3; 2Kor 8:4.6.7.19). Wir können also von Gnade in der Mehrzahl reden, denn es wären noch weitere verschiedene Gnaden anzuführen. Zum Beispiel hatte Mose eine andere Gnade gefunden (2Mo 33:12) als Noah; und noch eine andere Gnade hatte die Maria erhalten (Lk 1:30). Und so könnten wir noch andere Gnaden in der Bibel aufzeigen. Doch alle tragen denselben Zug: Sie sind eine göttliche Sache, die Freude macht.

Im Hebärischen hat das mit Gnade übersetzte Wort „chen“ dieselbe Bedeutung, denn es heißt: Wohlwollen oder Gunst, also auch wieder etwas, das Freude macht.

Wenn wir nun fragen, was für eine Gnade Noah fand, so ist diese leicht zu finden. Nachdem ihm Gott das schwere Gericht mitteilte (1Mo 11.-13, bekam aber Noah auch die gute Botschaft von der Verschonung von diesem Gericht zu hören (1Mo 7:1). Ob dies eine Freude für ihn war? Man kann sie ja fast selbst mitfühlen, so muss sein Herz davon erfüllt gewesen sein. Einzig das Los seiner Mitmenschen, die diesem schweren Gericht entgegengingen, mag ihn geschmerzt haben.

Aus dem, was uns die Heilige Schrift über Gnade lehrt, wird zugleich offenbar, dass es Gott beglückt, durch Austeilen von Gnaden den Seinen Freude zu bereiten.

Nun ist noch zu beachten, dass die verschiedenen Gnaden auch verschieden eingestuft sind. Da gibt es Gnaden auf hoher Heilsstufe und andere, die auf einer niederen Stufe stehen. Zum Finden der Stufe von Noahs Gnade haben wir klare Anhaltspunkte. Ein solcher ist das ihm gezollte Doppellob:

  1. dass er ein gerechter (gerecht handelnder) Mann war (1Mo 6:9) und
  2. als er von Jewe zu hören bekam, (1Mo 7:1): „... denn dich sehe Ich gerecht vor Mir... „

Aus dieser Aussage geht klar hervor, dass d i e Gnade, die Noah fand, auf gerechten Werken beruhte und deshalb keine hochstehende sein konnte.

Somit können wir sagen, dass Noahs gute Werke Mitursache waren, dass ihn Gott Gnade finden ließ. Dies muss deshalb stark betont werden, weil wir im Folgenden zu einer Gnade kommen, die strikt von guten Werken getrennt gehalten werden muss, und die Gott nur den Auserwählten bereit hält, von denen Abraham der Erste war, wie wir noch weiter sehen werden.

Noahs Glaube

Als Gott zu ihm sagte (1Mo 6:13), Er werde die verderbte Menschheit richten, da glaubte er Ihm, Noah bezeugte diesen Glauben durch den Bau der Arche, der viele, viele Jahre dauerte. Während dieser langen Zeit wird es an Spott und Hohn nicht gefehlt haben, aber die Schrift bezeugt ihm (1Mo 6:22): „Und es tut Noah nach allem, was Jewe Alueim ihm gebietet. Also tut er.“

Wie groß redet doch Gott in seinem Wort vom Glauben Noahs bei der Aufzählung der Glaubensheld (Hebr 11:7): „Durch Glauben hat Noah, als er betreffs des noch nicht Erblickten Weisung erhielt und Ehrfurcht hatte, eine Arche zur Rettung seines Hauses errichtet, durch den er die Welt verurteilte, und so ein Losteilinhaber der dem Glauben gemäßen Gerechtigkeit wurde.“ Aufgrund dieser Aussage wurde Noah schon ganz nahe zur „Gerechtigkeit durch Glauben“ gebracht. Aber noch war dies nicht Gottes eigene Gerechtigkeit, die als erstem dem Abraham zuteil wurde.

Wie bei Henoch so ist auch bei Noah dieser standhafte Glaube, dem Gutes bezeugt wird, zu bewundern, weil auch er inmitten einer gerichtsreifen Menschheit im gläubigen Gottvertrauen auf Seine Aussage ausharrt.

Noahs Leben wurde zudem unter eine Weissagung seines Vaters Lamech gestellt (1Mo 5:29). Und er nennt seinen Namen Noah und sagt: „Dieser wird uns trösten ob unserer Taten und ob der Trübsal unserer Hände durch den Erdboden, den Jewe Alueim verflucht hat.“ Noah, dessen Name auch mit „lebendig“ übersetzt werden kann, musste durch Gottes Anweisung eine Arche bauen, um die dem Entrinkungstod geweihte Tierwelt (1Mo 6:19) lebendig zu erhalten.

Henoch wurde nur als Einzelner gerettet, aber nach 1Petr 3:20 durfte Noah noch seine sieben Familienmitglieder in die rettende Arche mitnehmen. Damit offenbart uns Gott einen weiteren Zweck der Auserwählung, der darin besteht, Leben zu erhalten für einen Neubeginn.

Doch es fehlt immer noch viel, um ein Auserwählter Gottes zu sein.

Noah nach dem Gericht

Als sich die Wasser der Flut sich verlaufen hatten, gibt Gottes Wort folgenden Bericht (1Mo 9:18-19): „Und die Söhne Noahs, die hervorgehen aus der Arche, sind Sem, Ham und Japhet. (Und Ham, er ist der Vater Kanaans.) Diese drei sind Söhne Noahs, und von diesen hat sich die ganze Erde bevölkert.“

Hier wird erstmals der Name Kanaan genannt, die alte Bezeichnung für das Land Israel. Nach dem Hebräischen bedeutet Kanaan „Unterliegender“. Diese Bezeichnung kann sowohl in politischer Sicht, im Blick auf die Eroberung des Landes, gedeutet werden als auch im Blick auf die völlige Versklavung der Bewohner unter die Sünde... Bemerkenswert ist auch, dass Ham als der Vater Kanaans vorgestellt wird.

Vorerst aber gewahren wir ein betrübliches Bild von Noah: Er ist betrunken! Ja, dieser so hochsehende Fromme ist tief gesunken (1Mo 9:20.21). Doch durch diesen Fall wurde

Die Gesinnung der drei Söhne Noahs

offenbar. Sem und Japhet sind korrekt ihrem Vater gegenüber (1Mo 9:23), Ham hingegen benimmt sich unzüchtig und schamlos (Vers 22). Anstatt still die aufgedeckte Blöße seines Vaters mit abgewandtem Gesicht zu bedecken, wie es seine Brüder taten, geht er nach draußen und tue die Unschicklichkeit seines Vater kund.

Bei dieser abstoßenden Handlungsweise Hams müssen wir bedenken, dass Noah mit seiner Familie vor der Flut in einer überaus verderbten Umwelt lebte (1Mo 6:5.11.12). Und da will es scheinen, dass Ham etwas davon abbekommen hat. Hingegen lässt die edle Stellungnahme der beiden anderen Söhne erkennen, dass sie sich nicht von der ruchlosen Lebensweise der damaligen Menschheit anstecken ließen. Dass Jesus die Zeit vor Seiner Anwesenheit jenen Tagen Noahs gleichstellt (Mt 24:37), haben wir für vieles, was in unseren Tagen geschieht, eine Erklärung.

Ältere Menschen, die noch in früheren Zeiten ihre Jugendjahre verbrachten, lassen sich in der Regel vom heutigen Verderben in der Welt abhalten. Doch die jüngere Generation, die in diese gefährlichen Fristen hineingeboren wird, ist dieser trüben Strömung weitgehende preisgegeben. Unter dieser Jugend finden sich aber immer wieder solche, die sich warnen lassen. Deshalb wollen wir doppelt dankbar der heutigen gläubigen Jugend gedenken. Betreffs der anderen, weitaus größeren Schar, dürfen wir gewiss sein, dass Gott sich auch ihrer zu Seiner Zeit erbarmen wird, wozu aber auch zurechtbringende Gerichte gehören werden.

Lies weiter:
2. Noah als Prophet