Die Verführung der ersten Menschen

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Abschrift: Wer ist Satan?
Satans Ursprung, Werke und Ziel (Heft 2)
aus der Reihe „Mannigfaltige Weisheit Gottes“
von M. Jaegle 1965

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß
Als Schrift nicht mehr erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Satans Urspung, Werke und Ziel

2. Die Verführung der ersten Menschen

Die Wiederherstellung der Urerde

Gott ließ aber die Erde nicht in dem 1Mo 1:2 beschriebenen, chaotischen Gerichtszustand. Gemäß Seinem Grundsatz: auf Gericht folgt auch immer Gnadenheil, begann Er aufs neue schöpferisch an ihr zu wirken. So zeigt Gott schon auf dem ersten Blatt der Bibel, dass Gericht nie als endgültiger Abschluss, also das Ziel Seiner Ratschlüsse gesehen werden darf. Zunächst bereitete Gott die Erde wieder zu als künftige Wohnstätte des Menschen. Dieses Wiederherstellungswerk (nicht ihre Erschaffung, welche nach 1Mo 1:1 ja viel früher stattgefunden hatte), ist im ersten Kapitel des 1. Buches Mose ab Vers 3 ausführlich beschrieben. Wohl erhob sie Gott nicht zu ihrer ursprünglichen Schönheit. Doch durch die Taten, die nun auf ihr geschehen sollten - von denen Christi Sühnetod am Kreuz auf Golgatha und Seine Auferstehung die Höhepunkte darstellen - wurde sie weit hinaus über ihre vorherige Bedeutung erhoben. Denn, nachdem sie infolge Satans Sünde einem Chaos verfallen war, bereitete sie Gott zum Schauplatz Seiner besonderen Wirksamkeit zu, die dem ganzen Universum zum Heil gereichen wird. Ein solcher Segen war von der Urerde, trotz ihrer Herrlichkeit, nie ausgegangen.

Noch etwas ist an diesem Wiederherstellungswerk zu beachten. Das Gerichtselement, in welches die Erde kam, war Wasser. Wasser dient aber nur zur Reinigung des Äußeren. Es dringt nicht in das beschmutzte Innere ein. Als die Erde von Gott ihrem Wassergrab enthoben wurde, konnte deshalb ihre Wiederherstellung nicht ihr dauernder Zustand bleiben. Dieser erfordert eine gründlichere Durchreinigung, welche nur Feuer vollbringen kann. Erst wenn Gott die Erde durch Feuer auflöst, wird Er die neue und bleibende Erde schaffen (2Petr 3:10-13), die an Herrlichkeit alles Gewesene weit überstrahlen wird.

Die Erde war also nach ihrer Wiederherstellung aus dem Gericht des Wassers erst auf die vorangehende Anfangsstufe einer noch langen Entwicklung gestellt. Doch erfuhr sie bei diesem Neuanfang

Eine besondere Neuschöpfung

den Menschen. Nachdem Pflanzen - und Tierreich erschaffen waren, trat Gott nun mit ihm auf den Plan (1Mo 2:7). Anschließend heißt es (V. 8): "Und es pflanzt Ieue Alueim einen Garten in Eden, gen Osten und setzt dorthin den Menschen, den Er geformt hat." Nach 1Mo 1:26 war die dem Menschen von Gott zugedachte Stellung die eines Verwalters (Luther u. a. - Herrscher) über die Erde, mitsamt allem, was sich auf ihr befand. Doch zuvor sollte er selbst in eine innige Gemeinschaft mit dem Schöpfer eingehen und es lernen, dies auch treu im Gehorsam zu pflegen. Gottes Herzen liebendes Verlangen nach erwiderter Liebe war ein Hauptgrund, weshalb Er nun dieses neuartige, vernunftbegabte Wesen, den Menschen, erschuf. Dieser sollte allen vorher geschaffenen Lebewesen an Gotteserkenntnis weit überlegen werden. Gottes sehnsuchtsvolles Ziel ist es, sie, die Menschen, zu trautem Umgang mit Ihm zu erziehen. Weiter will Er sie als Heilsorgane zum Segen für die übrige Schöpfung gebrauchen. Das ist das unerhört Neue, welches mit dem Menschen ins Dasein trat.

Satan im Paradies

Mit diesem Neuanfang tritt aber auch Satan wieder in Erscheinung. Während uns Gottes Wort nur spärliche Andeutungen über sein erstes Treiben in den Himmeln gibt, werden wir nun über den genauen Vorgang der Verführung der ersten Menschen im Garten Eden ausführlich belehrt. Es geschieht, weil diese Verführung für das ganze Heilswerk grundlegend ist und uns ja außerdem, als Nachkommen Adams, ganz persönlich angeht.

Satans Gegenwart im Paradies und sein Angriff auf die ersten Menschen wird noch verständlicher im Blick auf die Tatsache, dass er schon zum Zutritt auf die Urerde bevollmächtigt gewesen war, und auf ihr bereits seine bösen Werke verübt hatte. Das über sie von Gott verhängte, schwere Gericht ist Beweis dieser Tatsache, denn jedem göttlichen Gericht muss ja Sünde vorausgegangen sein.

Wie wir bereits sahen, beruht die Voraussetzung für Satans neue Anwesenheit auf Erden und sein Eintritt ins Paradies auf Gottes zuvorigem Beschluss. Andernfalls hätte Er dem Widerwirker keine Vollmacht erteilt, wie bei Hiob*, zur Versuchung Seiner neu erschaffenen Menschen, sondern ihm vielmehr eine unübersteigbare Schranke entgegengesetzt. Bestimmt hat Satan, als der stets angriffsbereite Widerwirker, diesen für ihn so wichtigen Auftrag sofort ausgeführt. Und sicherlich kannte er auch Gottes Anordnung, dass die Menschen sich die ganze Erde unterwerfen und über alle lebenden Wesen walten sollten (1Mo 1:28). Satan trachtete aber selbst nach dieser Stellung! In seiner Gier nach Beherrschung der Schöpfungen Gottes musste er doch den Menschen als Hindernis für seine Pläne erkennen, und dass die Erde für ihn als Betätigungsfeld verloren sei, wenn es ihm nicht gelingen würde, den Menschen in seine Gewalt zu bekommen. Wir können uns denken, wie sehr diese Feststellung Satans Herz mit Neid und Hass gegen die ersten Menschen erfüllt und ihn aufs höchste gereizt haben muss, auch dieses Werk Gottes sofort anzugreifen, zunichte zu machen und dadurch seine Macht gegen Gottes Ratschluss durchzusetzen.

*Mit der Geschichte Hiobs gibt uns Gott besonders wertvolle Einblicke in den Vorgang im Paradies, welche in Heft 4 ausdrücklich beschrieben werden.

Satans Verführungs-Methoden

In 1Mo 3:1-4 wird uns Satan erstmalig in Aktion gezeigt, und wir können feststellen, wie genau seine Tätigkeit den ihm von Gott gegebenen Titeln entspricht. Bedenken wir aber wohl, dass ihm Gott diese gab, bevor er handelte. Das bekräftigt wieder die Wahrheit, dass Satan von Anfang an das war, was seine Titel besagten. Satan heißt auf hebräisch Widerwirker. Als solcher widerstrebt er Gottes Willen und Taten. Seine griechische Bezeichnung "Diabolos" bedeutet "Durcheinanderwerfer" und offenbart uns die Art seiner Strategie im Handeln. Sie besteht in der Durcheinandermengung der in Gottes Walten bestehenden, mannigfachen Ordnungen. Die ihnen zugrunde liegenden Gesetze und Gebote sind in Seinen, an die Menschen gerichteten Worten enthalten. Satan weiß aber, dass den Menschen in diesen Aussprüchen und Anordnungen ein wirksamer Schutz gegen seine listigen Anläufe gegeben ist. Wir verstehen jetzt, warum der Widerwirker gerade Gottes Wort als das größte Hindernis für die Ausführung seiner Kriegslisten betrachtet. Deshalb ist seine Strategie dauernd darauf gerichtet, Gottes Aussprüche zu verstellen und zu verachten, also sie damit als etwas Ungewisses und Zweifelhaftes hinzustellen.

Nach dieser List ging er bei der ersten Irreführung vor. Er hat es deshalb vermieden, Gottes Reden mit den Menschen abzuleugnen. Das wäre ein zu plumpes Vorgehen gewesen. Er beginnt deshalb Gottes Aussagen nur in Zweifel zu ziehen. Dies tut er bei Eva mit der listigen und hinterhältigen Frage: "Tatsächlich? Hat denn Alueim gesagt: Nicht essen sollt ihr von jedem Baume des Gartens" (1Mo 3:1)! Beachten wir, dass die Schlange Gottes Verbot anführt, ohne dass es ihr Eva oder Adam zuvor gesagt hatten. Der Feind Gottes muss also mit Wissen Gottes erfahren haben, dass Ieue Alueim dem Adam verboten hatte, von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. So wird bei ersten Reden Satans schon offenbar, was später im Buch Hiob bestätigt wird: dass Satan ohne Wissen der Menschen von Gott ihn orientierende Mitteilungen für seine Aufträge erhält.

So hinterhältig Satan mit seiner Frage gegen Gottes Wort auch vorgeht, er erkennt doch an: Gott hat geredet. Wieviel mehr sollten daher wir diese gewaltige Wahrheit in unseren Herzen bewegen, dass in der Heiligen Schrift Gott redet! Satan nimmt sogar selbst Sein Wort wahrheitsgetreu in den Mund. Was führt er aber damit im Schilde? Bei Eva stellt er Gottes Aussage als fraglich hin mit dem Hintergedanken, ihr Misstrauen gegen Gottes Gebot und Liebe ins Herz zu säen; gleichsam als ob Er ihnen das Beste vorenthalten würde! Doch werden wir gleich sehen, dass er noch weitere listige Anläufe gegen Gottes Aussagen durchführt.

Hier schon wird offenbar, wer der Zuchtmeister der verderblichen Bibelkritik ist, die besonders in unseren Tagen wieder frech ihr Haupt erhebt. Genau wie Satan, ihr Lehrmeister, so lassen auch seine Nachahmer stehen, dass Gott geredet habe. Satan weiß wohl, dass er sich bei den Gläubigen jeden Zugang verschließen würde, käme er mit der plumpen Lüge, Gott habe nicht geredet habe. Doch wenn er dies als selbstverständlich voraussetzt, so hören sogar Kinder Gottes seine "frommen" Reden an. Und so machen es auch seine ihm hörigen Nachahmer. Sie alle treten mit seiner Lehrformel an die Heilige Schrift heran: "Tatsächlich?" oder "Entspricht es wirklich der Tatsache, dass Gott so zu uns geredet hat?" Was dann diese "Theologen" auslegen, wird zum Martyrium des Wortes Gottes!

Das Zwiegespräch der Schlange mit Eva gibt uns weitere aufklärende Einblicke in die List und Verschlagenheit des Widerwirkers. Auch offenbart uns die Antwort unserer Stammmutter auf die Zweifel erweckende Frage des Widerwirkers, wie oberflächlich der seelische Mensch mit Gottes Wort umgeht. Und Eva erwiderte der Schlange: "Von der Frucht der Bäume des Gartens essen wir. Aber von der Frucht des Baumes, der da ist in der Mitte des Gartens, sagt Alueim: "Nicht von ihm essen sollt ihr, und sie nicht anrühren sollt ihr, auf dass ihr nicht sterbet" (1Mo 3:1-3).

Unerschrocken bekennt Eva der Schlange ihren Gehorsam zu Gottes Gebot. Ferner bezeugt sie damit, dass Alueim wirklich geredet habe und Sein Wort die Richtschnur ihres Lebens sei. In diesen zwei Punkten können wir Eva eine gute Note geben. Aber im Wiedergeben und Zitieren des Wortes Gottes wich sie in der kurzen Antwort sogar zweimal ab. Zuerst fügte sie ein Anrührungsverbot hinzu und verschärfte zu Unrecht das Gebot Alueims. Und das von Ieue angedrohte Gericht (1Mo 2:17) stellte sie mit den Worten: "auf dass ihr nicht sterbet" viel strenger hin, als dieses in Wirklichkeit war. Nach Evas Rede wäre sie von Gott nach dem Ungehorsam mit dem sofortigen Tode bestraft worden. Hier, gleich zu Beginn der Menschheitsgeschichte, wird offenkundig, wie sehr das menschliche Herz zur Übertreibung neigt. Diese Veranlagung hat sich bis heute erhalten und vor allem, wie schon damals, in Bezug auf Gottes Gerichtsandrohungen. Der Tiefpunkt, dieser Gott verunehrenden Übertreibung, ist die unbiblische Lehre von der ewigen Verdammnis.

Nachdem Eva zweimal vom genauen Wortlaut der Aussagen Gottes abgewichen war, stand sie nicht mehr auf dem unverrückbaren Felsengrund der reinen Wahrheit; denn verlassen hatte sie das unbezwingbare und sie schützende Bollwerk des lauteren Wortes ihres Alueims. Als Eva, durch ihre Unlauterkeit, das Prinzip der absoluten und alleinigen Abhängigkeit von Gottes Wort durchbrochen hatte, war sie in eine innere Unsicherheit geraten. Ihr Innerstes begehrte fortan nicht länger Ieue Alueims Gebot, über alles folgsam zu sein. Vielmehr bot sie dem Versucher günstige Anknüpfungspunkte, und meisterhaft wusste er diese auszunützen. Trotzdem das Weib von Gottes Wort abgewichen war, musste Satan erkennen, dass im Grunde Gottes Gerichtsandrohung Eva vom Ungehorsam zurückhielt. Deshalb räumte der Widerwirker auch diese letzte, sie hindernde Schranke hinweg.

Und es sagt die Schlange zu dem Weibe: "Nicht werdet ihr zum Sterben sterbend sein.." (1Mo 3:4). Hier machen wir die merkwürdige Feststellung, dass der Versucher die Gerichtsandrohung Gottes, wenn auch verneinend, aber doch nach dem wahren Wortlaut zitiert. Er berichtigt Evas Übertreibungen und erinnert sie an Gottes zeitbedingte Stafandrohung, des "zum Sterben sterbend werden". Hier stellen wir staunend fest, dass der Feind des Wortes Gottes für seine rechte Wiedergabe eintritt. Welche raffinierte List Satans steckt wohl dahinter?

Zweifellos machte der Widerwirker mit dem rechten Zitat großen Eindruck auf Eva, und zwar als einer, der Gottes Wort genau kennt. Mit diesem Wissen verschaffte er sich Eingang beim Weibe. Auch entfernte er von Eva die furchterregende Plötzlichkeit der Todesstrafe.

Und nun geht er planmäßig einen Schritt weiter. Siegesgewiss verkündet die Schlange dem Weibe: "Nicht werdet ihr zum Sterben sterbend sein...". Mit dieser Rede leugnet Satan den wahren Gerichtsspruch und stellt ihn als eine leere Drohung hin, als ob Alueim auch dieses schwächere Gericht gar nicht durchführen würde, selbst wenn sie Sein Gebot übertreten sollten. Satan, als der große Lügner von Anfang an, weiß genau, dass er dem Ungehorsam Gott gegenüber mit jeder Verharmlosung, ja sogar Leugnung der Gerichte Gottes, Vorschub leistet. Damit hat er aber eine weitere böse Quelle eröffnet: Abschwächung des göttlichen Gerichtsernstes! Und so verführt er die Menschen zum leichtfertigen Sündigen.

Mit dieser Methode überlistete Satan schon die ersten Menschen. Eva war vom richtigen Wortlaut der Gerichtsandrohung aus dem Munde der Schlange so beeindruckt, dass sie, ohne weiter zu prüfen, auch der Leugnung des Gerichts Glauben schenkte. Und also getäuscht, geriet das Weib in Übertretung. Denn Eva folgerte in ihrem Herzen: Hat der (getarnte, falsche) Freund das eine gewusst, dann auch das andere.

Hier in Eden wird offenbar, dass Satan die Gerichtsandrohung kannte, obwohl er sie nicht von Eva vernommen hatte. Vielmehr erbringt der Versucher den Beweis, dass er nach göttlichem Willen in die Drohung eingeweiht war. Weiter erkennen wir, dass Satan Gottes Worte aussprechen und vertreten kann, wenn ihm dieses für einen Angriff gegen die Wahrheit vorteilhaft ist.

Noch sind des Widerwirkers Schliche nicht zu Ende. Er stellt jetzt dem von ihm betörten Weibe, anstelle des von ihm zur Seite geschobenen Gerichts, etwas gänzlich Gegenteiliges hin. "Denn Alueim weiß, dass an dem Tage, da ihr von ihm (dem Baum) esset, eure Augen aufgetan werden; und ihr werdet sein wie Alueim..." (1Mo 3:5). Der Versucher wusste eben um die hohe Bestimmung der Menschen; denn ehe Adam erschaffen war, tat Alueim Seinen Willen kund, diese Geschöpfe Ihm gleich zu machen. Und es sagt Alueim: "Wir machen Menschen in Unserem Bilde und nach Unserer Gleichheit..." (1Mo 1:26). Und nachdem Gott Seinen Vorsatz kund getan, "erschafft Alueim den Menschen in Seinem Bilde. Im Bilde Alueims erschafft Er ihn" (1Mo 1:27). Diese Gott-Gleichheit sollte dann durch Seinen Sohn zu höchster Vollkommenheit gebracht werden; denn nur in Ihm und durch Ihn ist sie zu erlangen. Satan will nun gleich zu Beginn der Menschheitsgeschichte Gott um Jahrtausende zuvorkommen. Er verspricht den jungen Menschen diese höchste Vollkommenheit für ...sofort: "...ihr werdet sein wie Alueim..."(1Mo 3:5). Nur noch einmal bietet sich ihm Gelegenheit zu einer so phantastischen Verrückung einer göttlichen Verheißung, nämlich bei der Versuchung des Herrn Selbst (Lk 4:5-7). Satan sucht auch bei dieser Gottes herrliches Werk mit der ganzen Menschheit vorweg zu nehmen. Schon im Paradies hatte er im Sinne, wie bei Jesu Versuchung, den von Gott vorher ausersehenen und für dieses Werk bestimmten Vermittler, Jesus Christus, kurzerhand auszuschalten. Dadurch wäre aber für immer Gottes grenzenlose und unergründliche Liebe zum Werk Seiner Hände verborgen geblieben: die Liebe, die Er uns in den Leiden des Sohnes Seiner Liebe auf Golgatha erweist. Erstaunt, ja erschreckt steht jetzt der Betrachter vor dem Bild, das ihm nun plötzlich der bisher harmlos erschienene Verführer darbietet. Er gleicht einer raubgierigen Bestie, die sich heimlich ihrem Opfer nähert, um, kühn zupackend, seiner Beute grausame, ja tödliche Wunden zu schlagen.

Sehr deutlich und eindrücklich wird uns hier vorgeführt, wie Ungehorsam und Feindschaft gegen Gott in die Menschheit eindringen konnten. Zuerst wurde von den Bewohnern des Paradieses die Dienstanweisung Ieues nicht befolgt. Sie sollten nicht nur den Garten bebauen, sondern ihn auch bewahren (1Mo 2:15). Mit dieser Anordnung war ihnen eine Gefahr vor angezeigt. Diese war Satan, der durch die Schlange ihre Irreführung im Schilde führte. Sie hätten deshalb die Schlange sofort aus dem Garten verweisen sollen, als sie anfing, ihnen Gottes Wort fraglich zu machen. Darauf beging Eva einen zweiten Danebenfall. Sie wich vom genauen Wortlaut des göttlichen Ausspruches ab und fügte eigene Gedanken hinzu. Damit hatte sie selbst der Schlange, also Satan, einen Anknüpfungspunkt geboten, welchen dieser auch sofort ausnützte. Durch beide Verfehlungen wurde aber dem nun folgenden Ungehorsam der Weg gebahnt.

Mit dem griechischen Wort "parakoe", mit Ungehorsam übersetzt, gibt uns Gott einen weiteren Einblick in Evas Verfehlung. Dieses Wort bedeutet nämlich wörtlich "Danebenhören". Demgemäß hat also Eva Gottes Wort noch gehört. Es genügt nicht das Wort mit einem feinen und guten Herzen zu hören, man muss es auch festhalten zum Durchdenken. Erst dann kann es Frucht bringen in Beharrlichkeit. Ähnlich lautet des Herrn Antwort an jenes Weib (Lk 11:28): "Glückselig in der Tat sind, die das Wort Gottes (nicht nur) hören und (sondern auch) bewahren. Eva hatte es demnach am Festhalten und Bewahren des Wortes Gottes fehlen lassen.

Diese vom Herrn gewiesene Stellung zum Worte Gottes hat Seine Mutter vorbildlich vorgelebt. Als ihr die Hirten die himmlische Botschaft mitteilten (Lk 2:17), heißt es (V. 19): "Miriam aber bewahrte alle diese Reden und durchdachte sie in ihrem Herzen". Und nochmals gibt die Schrift dieses Lob der Mutter des Herrn, als sie die Antwort ihres in der Weihestätte gefundenen Sohnes vernommen hatte (Lk 2:49): "Und seine Mutter bewahrte sorgfältig alle diese Reden, dieselben durchdenkend in ihrem Herzen" (V. 51). Dieses schöne Zeugnis hat der Herr auch Seinen Jüngern ausgestellt (Joh 17:6): "Das Wort des Christus lasset euch reichlich innewohnen." Hier ist an alles gedacht: Hören oder Lesen, Festhalten und Durchdenken. Wie notwendig das ist lehrt uns Evas Verhalten. Wo wir das Wort des Christus nicht festhalten, es nicht durchdenken und folglich nicht in die Tat umsetzen, hinterlässt es keinen nachhaltigen, lebensumspannenden Eindruck. Es verliert an Überzeugungskraft und ist der Gefahr von Entstellungen ausgesetzt.

Ach, wie oft wiederholte sich seither die Missachtung des genauen Wortlautes der Aussprüche Gottes und die Vermengung derselben mit eigenen Zusätzen. Mancher Lehrkampf in der Gemeinde ist darauf zurückzuführen und wäre durch treue Befolgung der biblischen Mahnungen vermieden worden. Im Laufe dieser Abhandlung werden solche Fälle noch eingehend vorgeführt.

Wie steht nun die Schrift zu solchem Beginnen? Scharf und deutlich beurteilt sie es im Gesetzeshaushalt folgendermaßen: "Ihr sollt nichts dazutun zu dem, was Ich euch gebiete, und sollt auch nicht davon tun, auf dass ihr bewahren möget die Gebote des Herrn, eures Gottes, die Ich euch gebiete" (5Mo 4:2), und "Alles was Ich euch gebiete, das sollt ihr halten, dass ihr danach tut. Ihr sollt nichts dazutun noch davon tun" (5Mo 12:32), und: "Tue nichts zu Seinen Worten hinzu, damit Er dich nicht überführe und du als Lügner erfunden werdest" (Spr 30:6). In der Enthüllung Jesu Christi (Offb 22:18.19) wird das Hinzutun und Hinwegnehmen unter Strafe gestellt. Im Gnadenhaushalt wird der Gehorsam des Gläubigen auf seine verständnisvolle Erkenntnis des Willen Gottes gegründet (Kol 1:9 ff). Der Glaubende soll nun nicht mehr blind (gesetzlich) gehorchen. Vielmehr soll er im Geiste Gottes Seinen Geboten verständnisvoll beipflichten, nachdem er durch Prüfung den aus ihnen sprechenden Willen Gottes erkannt hat (Röm 12:2 u. Eph 5:10). Jetzt wird Schrifterkenntnis und Reife vorausgesetzt, die die nachsinnenden Gedanken in den in der Schrift geoffenbarten Bahnen Gottes festhalten. Wie sehr ist daher die Mahnung zu beherzigen: "... nicht über das hinaus zu sinnen, was ihr im Sinne haben müsst, sondern darauf zu sinnen, vernünftig zu sein, wie Gott einem jeglichen zuteilt das Maß des Glaubens" (Röm 12:3)

Satan der Antichrist

Aufgrund späterer Offenbarung aus der Heiligen Schrift erkennen wir, dass sich Satan im Paradies mit seinen leeren Versprechen im tiefsten Grunde nicht nur gegen Gottes Geschöpfe richtet, sondern schon damals gegen Christus, wodurch er auch Gott Selbst angreift. In grenzenloser Vermessenheit und Lügenhaftigkeit versucht er die Zügel der Menschheit, die Gott Seinem Sohn übergeben, aus Dessen Hand zu reißen.

Hier fällt wieder eine Hülle, hinter der er sich zu verbergen sucht. Schon im Garten Eden wird er als der Antichrist offenbar. Das ist weit mehr als nur der Gegner Christi, denn "anti!" bedeutet "anstatt". Er ist also der An-Statt-Christus, der sich tatsächlich an Christi Statt zu setzen sucht, um in den Herzen der Geschöpfe Gottes den Platz einzunehmen, der allein dem Sohne Gottes gebührt, als dem Abbild und der Offenbarung des unsichtbaren Gottes, aus Dem, durch Den und zu Dem das All ist. Doch jetzt erkennen wir auch die letzte Stufe, die der Widerwirker noch erklimmen möchte: Er strebt danach "Gott selbst zu sein" (2Thes 2:4).

Wohlweislich hat er diese Absicht bei der Verführung im Paradies verborgen gehalten. Wenn nur erst sein Versprechen, die Menschen zur Gott-Ähnlichkeit zu erheben, in ihren Herzen Fuß gefasst habe, dann würde ihm der Weg offen stehen, ihnen zum Gott zu werden, so mochte er gedacht haben. Tatsächlich wird ihm dieses für eine kurze Zeit auch gelingen beim Abschluss des argen Äons. Dann wird Satan sich enthüllen in seinem Medium, dem Menschen der Gesetzlosigkeit, dem Sohn des Untergangs und sich selbst in den Tempel Gottes setzen, mit seinen lügenhaften Zeichen und Wundern den Beweis aufbringend, er sei Gott (2Thes 2:4). Das ist die öffentliche Kundgebung dessen, was der "Gott dieses Äons" schon immer verborgen in den Herzen der von ihm geblendeten Menschen war (2Kor 4:4). Jene Tage bilden aber auch den Zeitpunkt, an dem Sich der Christus aufmacht und den Menschen der Gesetzlosigkeit abtun wird durch Seine machtvolle Erscheinung in Herrlichkeit (2Thes 2:8).

List anstatt Weisheit

Die Aufklärung über die Verführungskünste des Widerwirkers ist schon im ersten Bericht über den Vorgang in Eden enthalten. Dort wird die Schlange - nachdem Satan in sie gefahren war - als das "listigste" aller Wildgetiere bezeichnet (1Mo 3:1). Satan hat kein eigenes Programm für die Menschen, denn neben List und Schlauheit ist ihm keine schöpferische Wirkungsmöglichkeit gegeben. Eine solche hätte er, wenn er die Sünde gegen Gottes Willen aus sich erzeugt und in das All eingeführt haben würde. Um diese aber vorzuspiegeln, ist Satan unaufhörlich bestrebt, Gedanken des göttlichen Vorsatzes aufzugreifen, um sie auf seine abwegige Art, vor oder nach Gottes Stunde, zur Ausführung zu bringen. In dieser Heuchler-Rolle macht ihm die Schrift als verstellten Boten des Lichts offenbar, der sich der Nachahmung göttlicher Dinge (Vorsätze) und Taten bedient, um sich damit betrügerisch und anmaßend die göttliche Allmachtsstellung zuzulegen. Dieser Betrug ist besonders gefährlich, weil er durch ihn göttliche Gedanken und Taten vortäuscht. Er wendet ihn auch sonderlich in der heutigen Verwaltung an, wie wir dies ausführlich in "Satan als Engel des Lichts" beschrieben haben. Dadurch kann er die Gläubigen viel leichter verführen und in seine Garne und Netze verstricken. Über Satans Machenschafften belehrt uns Paulus ganz vortrefflich. Den Korinthern schreibt er (2Kor 11:3): "Ich fürchte aber, ob nicht etwa, wie die Schlange Eva völlig täuschte in ihrer List, auch eure Gedanken verderbt werden, weg von der Einfalt und Lauterkeit, die gerichtet ist auf Christus". Und (1Tim 2:14), "... das Weib aber, völlig getäuscht, geriet in Übertretung."

Nach dem Hauptgedanken auch dieser zwei Schriftstellen war Satans Verführung "eine Täuschung durch List". Wie niedrig, leer und hohl wird doch damit sein Gebahren! Ja, inhaltslos sind seine Versprechen! Sie sind wie Luftspiegelungen (Fata Morganas) in der Wüste, von denen nichts zurückbleibt, als in versengender Sonnenglut erstarrte, dürre tötende Sandwüste, in der die, welche dem Trugbild nacheilten, elendiglich verdursten. Das ist zunächst der Ausblick, das unschöne Teilziel für alle, die sich durch Satans List täuschen lassen.

Obwohl mit viel raffinierter List und großer Intelligenz ausgerüstet, fehlten Satan doch jedwede Eigenschaften, die ihn in irgend etwas Gott gleichstellen könnten. Dies ist bei aller rechten Einschätzung seiner Möglichkeiten unbedingt im Auge zu behalten. Übrigens ist List immer noch das Letzte, zu dem ein Kämpfer greift, der einem ihm weit überlegenen Gegner gegenübersteht und dem "alles fehlt", diesem mit offenem Visier den Kampf mit Aussicht auf Erfolg anzusagen. Wie können wir nun dem Überlegenheit vortäuschenden Spiel Satans begegnen?

Schutz durch Gottes Wort

Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit gab sich der Widerwirker die größte Mühe, mit seinen so fein ausgedachten Verführungsmethoden die Sache Gottes zu schädigen. Um Ieue Alueim's Reden an Adam wirkungslos zu machen, bemühte er sich zunächst sie durcheinander zu werfen. David bezeugt uns, dass Ieue's Worte makellos und siebenmal geläutert aus Gottes Mund hervorgehen (Ps 12:6). Welch eine überaus herrliche und vollkommene Gabe Gottes haben wir doch in Seinen Heiligen Schriften! Den Beweis für ihre absolute Fehlerlosigkeit bringt selbst Satan. In ununterbrochener Tätigkeit sucht er Gottes Worte fragwürdig zu machen; wenn es ihm nicht gelingt, sie direkt zu verfälschen. Doch fehler- und irrtumslos ist Sein Wort! Gottes Wahrheit ist seiner Lüge überfließend , hinein in und zu Seiner Herrlichkeit (Röm 3:7). Wenn er aber schon den ersten Ausspruch Gottes an die Menschheit verdunkeln konnte, wieviel mehr wird er es mit dem durch Paulus vervollständigten Wort Gottes (Kol 1:25) in der heutigen Verwaltung versuchen. In dieser wirkt ja er, der Widerwirker, "als Bote des Lichts", mit Betrug und großer List, "darauf gerichtet, den Irrtum planmäßig zu machen" (2Kor 11:14; Eph 4:14). Doch ist er mit all diesen Künsten in die Rolle des im voraus geschlagenen Gegners überall da gedrängt, wo ihm das lautere, unverfälschte Wort Gottes entgegen gehalten wird.

Für die Gläubigen aller Zeiten ergibt sich daraus die durch Satans Verführungs-Taktik entstandene wertvolle Lektion, dass man seiner Irreführung entgeht, wenn man glaubensstark an Gottes Wort, in seiner rechten Teilung festhält zum gründlichen Durchdenken und es dann im Glaubensgehorsam im Wandel befolgt. So angewendet erweist sich dasselbe als ein sicher schützendes Bollwerk gegen alle Schliche des Widerwirkers. Da nun die ersten Menschen dieses Gotteswort nur in einigen wenigen Aussprüchen besaßen, so ist es gut verständlich, dass es Satan ohne Mühe gelang, sie, in Ermangelung der vielen heute vorliegenden uns festigenden Aussprüche Gottes, zur Übertretung zu verführen und durch ihren Ungehorsam Gottes Herz zu kränken. Wie viel größer ist aber die Gefahr des Fehlens für alle Gläubigen, die die von Gott geforderte Teilung des Worte (2Kor 2:15) hartnäckig missachten. Sie gelangen dadurch zu sie und andere benachteiligenden Fehlschlüssen und erliegen folglich vielen Kriegslisten des Widerwirkers, der ihnen auf solchem unüberwindlichen Kampfgelände die schlimmsten Fallen stellen kann.

Adams ungenügende Ausrüstung

Würde nun Gott einen Sieg von den ersten Menschen erwartet haben, so hätte Er sie bestimmt besser dazu vorbereitet und ihnen eine Ausrüstung gegeben, mit der sie befähigt gewesen wären, den Angriff Satans siegreich abzuwehren. Oder Er hätte die Erprobung überhaupt bis zu ihrer Befähigung aufgeschoben. Er gab ihnen aber nur ein sehr knapp gehaltenes Verbot (1Mo 2:15-17), das jeder näheren Erklärung bar war. Auch über die ihnen vom Feind drohende Gefahr klärte Gott sie nicht auf, als Er sie nur anwies, den Garten zu bewahren (1Mo 2:15). Und die beiden, die nur Sicherheit und Sorglosigkeit kannten, konnten sich ja Gefahr garnicht vorstellen. Sie standen dieser gegenüber wie kleine Kinder, die sich oft der größten Gefahr nicht bewusst sind und sich dadurch oft leichtfertig in diese begeben. Geistlich gesehen waren Adam und Eva solch unwissende und unbefangene Kinder. Dazu fehlte Adam und Eva jeder Ansporn zur Treue durch eine Verheißung im Falle des Gehorsams. Vor allem aber hatte das nackte Mahnwort noch nicht die durch Kreuz und Auferstehung bewirkte sieghafte Gnade zum Inhalt. Es stand auf der niederen Stufe des Gesetzes, welches auch Israel später gegeben wurde, ohne dessen Verheißungen zu haben. Es konnte wohl gebieten, aber keine Kraft zur Ausführung verleihen (Röm 8:3). Das in Eden befehlende "du sollst nicht" konnte ebenso wenig gehalten werden, wie die vielen "sollen" und "nicht sollen" des mosaischen Gesetzes.

Es erging den ersten Menschen dabei wie Paulus unter dem Gesetz. Von dieser betrüblichen Erfahrung schreibt er (Röm 7:10): "Ich aber starb, und es fand sich, dass mir das Gebot, das zum Leben ist, dieses selbe zum Tode ward." So war den ersten Menschen auch ein Gebot gegeben, das ihnen den Weg zum Baum des Lebens offen halten sollte. Als sie es aber übertraten, wurde ihnen der Zutritt zu demselben verschlossen. Und so wurde auch ihnen das Gebot, das zum Leben war, zum Tode. Tatsächlich kam ja gleich nach der Übertretung der Tod zur Herrschaft in ihnen, gemäß dem ihnen von Gott kundgegebenen Urteilsspruch: Zum Sterben wirst du sterbend sein (1Mo 2:17).

Doch beide, das Gebot an die ersten Menschen und das Gesetz an Israel, waren zum gleichen Zweck von Gott gegeben und verordnet: zur Überführung des Menschen. Sie mussten lernen und erkennen, dass das ihnen von Gott gesteckte Ziel nie mit eigenen, gesetzlichen Leistungen, noch in eigener Kraft, das heißt in der Schwachheit des Fleisches, erreicht werden kann (Röm 8:3).

Die Unmöglichkeit der ersten Menschen, einen Sieg über den Verführer davonzutragen, liegt gewiss auch in der Art ihrer Beschaffenheit begründet. Es gilt zu bedenken, dass Gott den Adam aus Erdreich von Ackerboden bildete (1Mo 2:7). Er war also von der wiederhergestellten Erde genommen, welches selbst keinen bleibenden Bestand hat. Diese unvollkommene Erde kam bald darauf in das Gericht der Sintflut. In der großen Drangsal werden dann nochmals schwere Gerichte über sie ergehen und, am Ende des tausendjährigen Reiches wird sie ganz durch Feuer aufgelöst und verwandelt werden. Erst nach diesem letzten Gericht schafft Gott dann eine neue Erde, die nie mehr vergehen wird.

Darin liegt ein klarer Hinweis dafür, dass der erste Mensch nicht in dem Anfangszustand hat bleiben können, in dem er erschaffen wurde, sondern dass er noch durch eine Entwicklung hindurchgehen muss, bis ihn Gott in einen neuen und bleibenden Zustand umwandelt. Damit wird schon vorbildlich in der stofflichen Sphäre der Weg für die ganze Menschheit abgeschattet, auf dem Gott dieselbe zum Ziel der Neuwerdung bringen wird.

Nachdem nun Ieue Alueim den Adam durch seine Erschaffung so eng mit dem vergänglichen Erdreich verbunden und ihm Seinen Odem in die Nase gehaucht hatte, heißt es: "...und der Mensch wird zu einer lebenden Seele" (1Mo 2:7). Später zitiert Paulus diese Aussage (1Kor 15:45b-45), um den gewaltigen Unterschied zwischen dem ersten Adam und Christus, als dem zweiten und letzten, hervorzuheben. Im Gegensatz zu dem seelischen und sterbenden Adam wurde aber Christus zu einem lebendig machenden Geist. Bei Ihm hatte der nach Gehorsam strebende Geist die Oberhand und dies war die notwendige Vorbedingung Seines Sieges über Satan, die eben Adam noch nicht besaß. Adam wurde vom Erdboden geschaffen und bekam von Gott den Odem der Lebenden in die Nase gehaucht (1Mo 2:7). Der Sohn Gottes wurde aber durch Gottes Geist gezeugt (Mt 1:20).

Im Gegensatz zu Christus besaß Adam einen seelischen Körper, was besagt, dass er seinem Wesen nach nicht geistlich, sondern seelisch irdisch war. Bei ihm standen die irdischen Begierden und Genüsse, welche der Seele entspringen, im Vordergrund. Wir lesen (Offb 18:14): "...deine Obstzeit, die Begierde der Seele...". Weiter ist nach Mt 6:25 und Lk 12:19 das Essen und Trinken ein Bedürfnis und ein Verlangen der Seele.

Die Schrift bezeugt uns, dass der seelische Mensch, wie eben Adam einer war, Dinge des Geistes weder erkennen noch annehmen kann (1Kor 2:14). Also waren die ersten Menschen gar nicht für den Empfang geistlicher Segnungen geschaffen, welche allein die Kraft zum Sieg vermitteln. Alle Segnungen, die Gott den ersten Menschen zuteilen konnte, mussten demnach ihrem seelischen Verlangen und ihren Bedürfnissen angepasst sein. Demgemäß heißt es auch, dass Ieue Alueim vom Erdboden jeden Baum sprossen ließ "nach Aussehen begehrenswert und gut zur Speise" (1Mo 2:9). Die wörtliche Bedeutung von "Eden" = Luxus deutet klar darauf hin, dass zur Stillung seelischer Genüsse im Paradies alles im Überfluss vorhanden war.

In listiger Berechnung knüpfte nun der Widerwirker beim seelischen Verlangen der beiden Bewohner des Gartens Eden an. Es war ihm deshalb ein Leichtes, in ihnen die Begierde nach der verbotenen Frucht zu wecken. Evas Blick auf den Baum ließ sie sofort gelüsten. Lesen wir hierzu noch Jak 3:15, wo "irdisch, seelisch, dämonisch" in einem Zug genannt werden, so sehen wir, wie nahe das seelische Wesen am dämonischen Gebiet liegt, und dass Dämonie besonders dem seelischen Wesen zugänglich sein muss. Dies erklärt, wie sehr Eva und Adam für die Einflüsterungen Satans geöffnet waren, und dass es ihnen, in ihren irdischen Körpern, mit ihren betont seelischen Veranlagungen, unmöglich war, als Sieger aus der Versuchung hervorzugehen. Daran sehen wir auch, dass selbst ein vorhandener Zustand der Sündlosigkeit nie mit einer seelischen Veranlagung erhalten werden kann. In Versuchung gebracht bietet sie für den nur so ausgerüsteten Menschen keine Widerstandskraft. Diese Regel gilt auch dem Gläubigen, der das in ihm vorhandene Seelische nicht andauernd einer geistlichen Kontrolle unterwirft.

Hier wollen wir noch einen Vergleich zwischen Satan und Adam anstellen. Im Blick auf den Zeitpunkt des Anfangs ihres Sündigens erkannten wir, dass Satan nach der Schrift von Anfang an sündigte, während Adam von Anfang an und darauf noch eine gewisse Zeit, ein Seinem Schöpfer gehorsames Geschöpf war. So wenig man deshalb sagen könnte, Adam sündigte von Anfang an, ebenso unmöglich ist es vorzubringen, Satan hätte, ähnlich wie Adam, erst nach einer vorhergehenden Gehorsamsperiode mit dem Sündigen begonnen.

Um aber, wenn nötig, den tragischen Irrtum dieser Auffassung noch deutlicher herauszustellen, wollen wir einmal annehmen, es würde eine Lehre in der Gemeinde verkündigt, nach welcher die ersten Menschen von Anfang an gesündigt hätten! Nicht wahr, das würden sogar Anfänger im Glauben als irrig zurückweisen. Eva hat ja doch der Schlange gesagt, dass sie von der Frucht aller Bäume essen, nur nicht von der verbotenen (1Mo 3:2-3). Auch die Gemeinschaft, die ihnen Gott bis zu ihrem Ungehorsam ohne jeden Vorwurf gewährte, ist ein Beweis, dass sie zuvor nicht gesündigt hatten. Wenn dann später Paulus von der Sünde des ersten Menschen (Röm 5:12) und von dessen Ungehorsam (V. 19) schreibt, so meint er stets die sündige Tat des Essens der verbotenen Frucht, als erste Sünde Adams und nicht eine frühere. Trotzdem lehrten schon frühe Mystiker, dass Adam zwar nicht von Anfang an sündigte, jedoch schon vor dem Essen der verbotenen Frucht. Diese abwegige, unschriftgemäße Lehre konnte jedoch in der Gemeinde nicht Fuß fassen. Aber die ebenso unbiblische Auffassung, dass Satan nicht von Anfang an sündigte, ist weit verbreitet und wir müssen ihr deshalb umso entschiedener überall da entgegentreten, wo sie verkündigt wird. Auch sollten uns diese fast unglaublich vorkommenden Verirrungen eine Mahnung sein, uns nicht von Satan übervorteilen zu lassen und ihm nicht Siege über Gott zuzuschreiben, die des Vaters Allmacht in Frage stellen und damit Seine und Seines Sohnes Herrlichkeit verdüstern.

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3. Eine dreimalige, anschauliche Belehrung