Das gerechte Gericht Gottes

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Von Daniel Muhl

Wer gerechtfertigt wird

Die nachfolgenden Verse, sind theologisch eine sehr große Herausforderung:

  • Röm 2:6-13 - 6 der einem jeden vergelten wird nach seinen Werken: 7 denen, die mit Ausdauer in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen, ewiges (gr. äonisches) Leben; 8 denen jedoch, die von Selbstsucht bestimmt und der Wahrheit ungehorsam sind, der Ungerechtigkeit aber gehorsam, Zorn und Grimm. 9 Bedrängnis und Angst über die Seele jedes Menschen, der das Böse vollbringt, sowohl des Juden zuerst als auch des Griechen; 10 Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. 11 Denn es ist kein Ansehen der Person bei Gott. 12 Denn so viele ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verlorengehen; und so viele unter Gesetz gesündigt haben, werden durch Gesetz gerichtet werden 13 - es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden.

Würden diese Verse im Jakobusbrief stehen, könnte man sie sehr einfach dem "Evangelium der Beschneidung" zuordnen und sagen: "Diese Aussage gilt für die Beschnittenen und hat für die Gläubigen aus den Nationen keine Bedeutung!" Mit diesen Aussagen des Apostels Paulus tun wir uns deshalb so schwer, weil sie mit anderen Aussagen des Apostels scheinbar schlecht vereinbar sind. Denken wir nur an:

  • Röm 3:24 ... und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.
  • Röm 3:28-30 - Denn wir urteilen, dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke. 29 Oder ist Gott der Gott der Juden allein? Nicht auch der Nationen? Ja, auch der Nationen. 30 Denn Gott ist einer. Er wird die Beschneidung aus Glauben und das Unbeschnittensein durch den Glauben rechtfertigen.
  • Röm 4:9 - Denn wir sagen, dass der Glaube dem Abraham zur Gerechtigkeit gerechnet worden ist.
  • Gal 2:16 - aber da wir wissen, dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Christus Jesus (w. durch den Glauben oder die Treue Jesu Christi), haben wir auch an Christus Jesus geglaubt, damit wir aus Glauben an Christus (w. Glauben Christi) gerechtfertigt werden und nicht aus Gesetzeswerken, weil aus Gesetzeswerken kein Fleisch gerechtfertigt wird.

Und auch Jesus sagt:

  • Joh 5:24 - Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.

Der Glaube allein führt zur Rechtfertigung! Das ist der Grund des Evangeliums, der uns immer wieder beglückt. Wenn dann Paulus schreibt, dass diejenigen äonisches Leben erhalten, die mit Ausdauer in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen, dann kann man leicht ins Wanken kommen. Auch die Aussage, dass die die Täter des Gesetzes gerechtfertigt werden, macht so manchem Theologen "Bauchweh". Gemäß Paulus wird Gott einem jeden vergelten nach seinen Werken! Sind hier die Glieder des Leibes Jesu ausgeschlossen? Gilt dies nur allen anderen Menschen, weil die Glieder Jesu nicht nach Werken gerichtet werden? Paulus sagt uns doch auch:

  • Röm 4:6 - wie auch David die Seligpreisung des Menschen ausspricht, dem Gott Gerechtigkeit ohne Werke zurechnet.

Das Rechtsprinzip: Vergeltung nach den Werken

Die Aussagen, wo Gott nach Werken vergilt, finden wir überall in der Schrift:

  • Ps 62:13 - und dein, o Herr, die Gnade; denn du, du vergiltst jedem nach seinem Werk.
  • Spr 24:12 - Wenn du sagst: Siehe, wir wussten nichts davon! - ist es nicht so: der die Herzen prüft, er merkt es, und der auf deine Seele achthat, er weiß es? Er vergilt dem Menschen nach seinem Tun.
  • ELB 2Kor 5:10 - Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder empfange, was er durch den Leib vollbracht, dementsprechend, was er getan hat, es sei Gutes oder Böses.
  • DBR 2Kor 5:10 Denn den allen ist bindend, zu uns hin offenbart zu werden vorne vor dem Podium des ChRISTOS, auf dass sich ein jeglicher das durch den Leib Gewordene hole, zu denen hin er es praktizierte, sei es Gutes, sei es Schlechtes.
  • Eph 6:8 - Ihr wisst doch, dass jeder, der Gutes tut, dies vom Herrn empfangen wird, er sei Sklave oder Freier.
  • Kol 3:24-25 - da ihr wisst, dass ihr vom Herrn als Vergeltung das Erbe empfangen werdet; ihr dient dem Herrn Christus. 25 Denn wer unrecht tut, wird das Unrecht empfangen, das er getan hat; und da ist kein Ansehen der Person.
  • 1Petr 1:17 - Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person nach eines jeden Werk richtet, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht!
  • Offb 2:23 - Und ihre Kinder werde ich mit dem Tod töten, und alle Gemeinden werden erkennen, dass ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht; und ich werde euch einem jeden nach euren Werken geben.

Gelten diese Aussagen auch für Glieder des Leibes Jesu?

Die Auslegungsvarianten

Römer 2:6 redet von allen, die nicht zum Leib Jesu gehören

Die Aussage in Röm 2:6, dass einem jeden nach seinen Werken vergolten wird, legt den Schluss nahe, dass hier Paulus nicht von den Gliedern des Leibes Jesu spricht, da diesen ohne Werke die Gerechtigkeit zugerechnet wird (Röm 4:6). Paulus spricht in Römer 2 folgende Menschen an:

  1. Solche, die andere richten (wir sollten nicht vor der Zeit richten und tun es teilweise leider immer noch; Röm 2:1).
  2. Menschen, die Dinge praktizieren, die sie bei anderen verurteilen (auch hier haben wir Christen keine "reine Weste"; Röm 2:3).
  3. Diejenigen, welche den Reichtum der Milde, Güte und Langmut Gottes verachten (Röm 2:4).
  4. Menschen, mit einem harten, unbußfertigem Herzen (Röm 2:5) und solche, die der Wahrheit gegenüber ungehorsam und gegenüber der Ungerechtigkeit gehorsam sind (Röm 2:8).
  5. Solche, die das Böse vollbringen (Das Böse vollbringen, beinhaltet meines Erachtens nicht ein unbeabsichtigtes Fehlverhalten, sondern die bewusste Entscheidung, dem Nächsten zu schaden; Röm 2:9).
  6. Menschen, die unter Gesetz sind (die Juden; vielleicht auch die "Papierchristen"; Röm 2:12).
  7. Hörer des Gesetzes (Röm 2:13).
  8. Solche, die sich selbst Gesetz sind (alle Nationen, die ohne das Gesetz vom Sinai leben; Röm 2:14).
  9. Menschen, die mit Ausdauer durch gute Werke nach Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit suchen (Röm 2:7).
  10. Solche, die das Gute wirken (Röm 2:10).
  11. Täter des Gesetzes (Röm 2:13).

Hier haben wir also die ganze "Bandbreite". Vom "Guten" bis zum "Bösen". Die entscheidende Frage ist hier Folgende:

"Geht es hier nur um Menschen, die nicht 'Glieder am Leib Jesu' sind? Ist hier nur von Solchen die Rede, die nicht aus der Gnade leben?"

Wer diese Auslegung befürwortet, tut dies vmtl. aus folgenden Gründen:

  1. Menschen, die in Christus leben und sich vom Geiste Gottes führen lassen richten nicht vor der Zeit (wenn sie es zwischendurch trotzdem machen, dann haben sie zu diesem Zeitpunkt aus sich selbst gehandelt und den Geist Gottes betrübt. Die große Herausforderung ist natürlich immer, die Sünde aber nicht den Sünder zu verurteilen!)
  2. Der neue innwendige Mensch, der aus Gott geboren ist, kann nicht sündigen (1Jo 3:9). Wenn ein Gläubiger trotzdem sündigt, dann war das nicht der neue Mensch, sondern seine Seele, die sich in diesem Fall nicht dem Geist untergeordnet hat. "Nicht ich habe es getan, sondern die in mir wohnende Sünde (Röm 7:17)!"
  3. Wer "In-Christus" ist, verachtet weder die Güte Gottes, noch hat er ein unbußfertiges (unmitdenkendes) Herz und auch das absichtlich Böse praktiziert er nicht.
  4. Wer vom Geiste Gottes geleitet ist, ist nicht unter Gesetz (Gal 5:18).
  5. Wir hören zwar das Gesetz, aber wir haben das Gesetz in Christus erfüllt, weil er die Gesetzeserfüllung ist (Mt 5:17) und wir in ihm sind (Röm 8:1).
  6. Christen sind nicht sich selbst Gesetz, denn sie leben unter dem Gesetz des Geistes des Lebens (Röm 7:6 & Röm 8:2).
  7. Glieder am Leibe Jesu suchen die Unvergänglichkeit nicht durch gute Werke, sondern sie haben sie in Christus Jesus, der das Leben ist (Joh 11:25).
  8. Röm 2:10 gilt grundsätzlich für alle, die das Gute wirken. Sowohl für diejenigen, die durch gute Werke Unvergänglichkeit suchen, also auch für Glieder des Leibes Jesu, die in den Werken wandeln, die Gott zuvor bereitet hat (Eph 2:10). Denn auch uns ist Ehre (o. Wertschätzung), Herrlichkeit und Frieden verheißen.
  9. Die Täter des Gesetzes werden bei Gott gerechtfertigt. Hier handelt es sich vermutlich um Solche, die wie Paulus, der Gerechtigkeit nach, die im Gesetz ist, untadelig geworden sind (Phil 3:6). Allerdings verunsichert in Röm 2:13 der Ausdruck "vor Gott", bzw. "bei Gott".

Römer 2:6 betrifft alle Menschen

In Röm 2:6 werden alle Menschen angesprochen. Auch hier stellen sich Fragen wie:

Kann es sein, dass den Gläubigen nach ihren Werken vergolten wird? Wenn wir nicht aufgrund unserer Werke berufen und gerettet wurden (2Tim 1:9), wie sollte uns, den Gliedern des Leibes Jesu, dann nach Werken vergolten werden?

Scheinbare Widersprüche in der Bibel, bedeuten nicht unbedingt, dass die eine Aussage nur für eine bestimmte Gruppe gelten würde, währenddem die andere Aussage zu einer anderen Gruppe gesagt wird. Beispiel:

  • Spr 26:4-5 - Antworte dem Toren nicht nach seiner Narrheit, damit nicht auch du ihm gleich wirst! 5 Antworte dem Toren nach seiner Narrheit, damit er nicht weise bleibt in seinen Augen!

Der scheinbare Widerspruch kann man hier nicht mit dem Argument einer "Schriftteilung" lösen, indem man sagt, Vers 4 gilt nur für die Gruppe A und Vers 5 für die Gruppe B. Der scheinbare Widerspruch ist dann kein Widerspruch, wenn man den Vers 4 in ganz bestimmten Situationen anwendet und den Vers 5 in anderen Situationen. Der Lebenskontext - letztlich die Führung durch den Heiligen Geist - entscheidet, ob ich Vers 4 oder 5 anwenden muss! Wenn ich an einem Essen mit Geschäftspartnern, mit blöden Witzen über die Regierung oder über die Frauen konfrontiert werde, dann muss ich nicht in das gleiche Horn blasen, dann gilt es Vers 4 zu beachten! Wenn ein Psychologe sagt, man müsse es nicht so tragisch nehmen, wenn einmal da oder dort ein Seitensprung passiert, dann kann die Antwort "ok, dann komme ich Morgen mal zu ihrer Frau und gehe mit ihr ins Bett" unter Umständen genau die Antwort sein, die der Psychologe braucht (In diesem Fall hätte man Vers 5 angewandt). Vers 4 zeigt uns auch unsere innere Haltung auf, währenddem es in Vers 5 um eine äußere Verhaltensweise geht, die in gewissen Fällen notwendig und passend ist.

Die unterschiedlichen Äußerungen des Apostels Paulus im Römerbrief, wie z. B. Röm 2:13 und Röm 3:28 müssen nicht zwangsläufig unterschiedliche Gruppen ansprechen. Unter den Tätern des Gesetzes, die vor Gott gerecht sind, kann man durchaus auch die Glieder des Leibes Jesu sehen. Dies aber nicht deshalb, weil sie aus eigener Kraft das Gesetz gehalten hätten, so dass sie vor Gott dadurch gerecht wären, sondern deshalb, weil sie ein Glied dessen sind, der das ganze Gesetz erfüllt hat. Und immer dann, wenn wir uns vom Geist Gottes führen lassen und dadurch in Christus und aus der Gnade leben erfüllen wir das Gesetz und sind Täter des Gesetzes weil wir aus der Liebe leben. Wer aus der Liebe lebt, erfüllt das Gesetz, denn das Gesetz und die Propheten sind an den zwei Hauptgeboten "liebe Gott und deinen Nächsten" aufgehängt (Mt 22:40). Wer glaubt, lebt in einer lebendigen Beziehung zu Gott und lernt dadurch in den Werken zu wandeln, die Gott zuvor bereitet hat (Eph 2:10). Diese Werke sind auf keinen Fall mit den Gesetzeswerken identisch. Gesetzeswerke sind Werke, die aus einer Beachtung des Gesetzes und aus eigenem Vermögen erfolgen und nicht aus einer lebendigen Beziehung zu Gott. Die Werke aus Eph 2:10 sind keine Gesetzeswerke, sondern "Glaubenswerke" und weil Gott in uns das Wollen und Wirken bewirkt (Phil 2:13), sind es letztlich Gotteswerke! Echter Glaube hat auch Werke aus Eph 2:10 zur Folge, weil echter Glaube liebt!

Wenn Röm 2:6 auch für die Gläubigen gilt, dann kann man das nur so sehen, dass die von Gott gewirkten Werke in uns, ebenfalls eine Vergeltung, resp. Belohnung zur Folge hat. Es bedeutet auf keinen Fall, dass wir durch unsere Werke berufen und gerettet wurden. Die Rettung geschah ausschließlich durch das Heilswirken Gottes auf Golgatha!

Röm 2:6 und Röm 2:13 bedeuten nicht, ...

  • dass wir aus Werken vor Gott gerechtfertigt würden. Eine Rechtfertigung durch Werke gibt es lediglich vor Engeln und Menschen, wenn sich durch Glaubenswerke ein echter Glaube geoffenbart hat. Jakobus beschreibt in Jak 2 einen unechten Glauben (dieser wird erkannt, weil die Liebe zum notleidenden Bruder fehlt). Dieser unechte Glaube kann nicht retten! Der echte Glaube hingegen schon. Wenn jemand einen echten Glauben hat, dann lebt er aus der Liebe und dann ist ihm der notleidende Bruder auch nicht egal (Jak 2:15-16).
  • dass die Vergeltung nach Werken für die Gläubigen, ein Hineinkommen in das Gericht aus Joh 5:24 zur Folge hätte. Jeder der glaubt kommt nicht in dieses Gericht.
  • dass man die Erlösung und Rettung durch Werke herbeiführen könnte (2Tim 1:9).
  • dass man nicht umsonst gerechtfertigt worden ist (Röm 3:24).
  • dass man durch den "eigenen Glauben" vor Gott gerechtfertigt würde (Gal 2:16).
  • dass man durch gute Werke äonisches Leben verdienen könnte, indem Sinne, dass man darauf einen Anspruch hätte.

Es bedeutet lediglich, dass der Herr nach Werken vergilt und dass die Täter des Gesetzes (letztlich nur Solche, die in den Werken Gottes und in der Liebe wandeln) vor Gott gerecht sind.

Auch wenn Gott die Menschen, die durch gute Werke Unvergänglichkeit suchen, mit dem äonischen Leben belohnen wird (Röm 2:7), so bedeutet das nicht, dass sie Anspruch darauf hätten. Nur weil Jesus Christus auf Golgatha alle von der Schuld befreit hat (Joh 1:29), kann er auch alle belohnen, die er belohnen will. Die Belohnung aus Röm 2:7 ist ebenfalls ein Gnadengeschenk, das der Herr allen denen gibt, die sich in Fürsorge und Liebe um ihre Nächsten gekümmert haben (hier spielt meines Erachtens die Religionszugehörigkeit keine Rolle). Die Menschen aus Röm 2:7 dürften mit den Schafen aus Mt 25:33-40 identisch sein. Hier handelt es sich nicht um Gläubige, weil sie Unvergänglichkeit nicht durch gute Werke suchen, sondern nur in Christus allein und weil die Gläubigen die Welt richten werden (1Kor 6:2), d. h. sie werden in Mt 25:31 mit Christus auf dem Thron sitzen.

Wenn mit den Tätern des Gesetzes aus Röm 2:13 gesetzestreue Juden oder andere Gesetzes-Erfüller gemeint wären, dann gäbe es eine Gerechtigkeit vor Gott durch eigene Werke, durch Gesetzeswerke sowie durch eigenes Vermögen und das ist aus dem Gesamtzeugnis der Bibel nicht möglich. Ich kann in Röm 2:13 kaum jemand anders sehen, als Solche, die durch den innewohnenden Christus Täter des Gesetzes sind und niemals Solche, die durch eigene Kraft Täter des Gesetzes geworden sind!