Der Hebräerbrief - Kapitel 8

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Abschrift: Der Hebräerbrief I - IV (2014/15)
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Der Hebräerbrief ist als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der Hebräerbrief - Kapitel 8

Der Amtssitz des Anfangspriesters
Die unterschiedliche Darbringung
Das Unvollkommene des vorherigen Bundes
Der neue Bund und seine Folgen

Der Amtssitz des Anfangspriesters

Hebr 8:1

"Die Summe aber des Gesagten ist: wir haben einen solchen Hohenpriester, der zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln sitzt,"

Das neue Kapitel 8 zieht sozusagen eine Bilanz über das bisher Gesagte, und diese Bilanz bzw. _Summe aus dem Gesagten weist auf den Hohenpriester hin der nicht auf Erden residiert, sondern seinen Platz zur Rechten Gottes hat. Für uns heute, die Körperglieder aus allen Nationen, ist an unserem Leitvers wichtig, dass der Schreiber des Hebräerbriefes beginnt. "wir" haben einen solchen Hohenpriester ..." und mit dem "wir" meint er sich und die Hebräer - aber nicht uns!

Wenn wir Obiges nicht klar erkennen, verlieren wir uns in langatmigen israelischen Vorschriften und Geboten, und verlieren das für uns Wesentliche aus den Augen! Das Betrachten des von Gott auserwählten Volkes, sein Werdegang unter dem Gesetz bis zur heutigen Verstockung ist die eine Sache, wozu der Sonderstatus der Hebräer gehört, die aus der Masse des Volkes Israel herausgerufen wurden, weil sie zu einer überhimmlischen Berufung auserwählt wurden.

Die andere Sache ist aber die, dass wir aus den Nationen keinen Hohenpriester haben oder brauchen, weil wir nie unter dem mosaischen Gesetz standen, vielmehr haben wir ein Haupt, dessen Glieder wir sind! Und alle Glieder sind in der Gnade Gerettete! Und als solche dürfen wir auf Röm 8:15-17 verweisen, wo uns versichert wird: "Denn ihr erhieltet nicht den Geist der Sklaverei (unter dem Gesetz), wiederum zur Furcht; sondern ihr erhielten den Geist des Sohnesstandes, in welchem wir laut rufen: Abba - Vater!" Und dieser Geist bezeugt uns ... und verwendet sich für uns (Röm 8:26) - das ist Herrlichkeit!

Wenn wir die Verheißungen an die Hebräer mit den unseren durch Paulus vergleichen, so sehen wir sehr wohl Unterschiede in der Wortwahl, doch das Ziel ist übereinstimmend: "In den Himmeln ..."! Die berufenen Hebräer mussten erst einmal aus ihrer langen Tradition herausgeführt werden, indem ihnen immer wieder Besseres vorgelegt wurde - wir hingegen haben keine israelische Tradition, sondern werden, je nach Gottes Führung, direkt mit "Jesus" konfrontiert, indem uns der Glaube an Ihn geschenkt wird.

Hat also der Hohepriester für die Hebräer eine tiefe Bedeutung, so ist uns dieser Stand eher fremd, weswegen ihn auch Paulus kaum gebraucht. Statt dessen bringt uns Paulus nahe, dass der erhöhte Sohn Gottes nicht nur unser Herr, sondern unser "Haupt" ist, was sich so anhört: "Alles ordnet Er (Gott) Ihm (dem Christus) unter, Ihm zu Füßen; und Ihn gibt Er als Haupt über alles der he rausgerufenen Gemeinde, die Seine Körperschaft ist, die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt" (Eph 1:22-23).

Christus ist das Haupt über alles, aber insbesondere über Seine Körpergemeinde, die mit der Berufung des Saulus (Paulus) ihren Anfang nahm. Seither werden jene, die Gott schon vor dem Niederwurf der Welt auserwählt hat, berufen, und ... "Er setzt uns zusammen nieder inmitten der Überhimmlischen in Christus Jesus" (Eph 2:6)! Im Geist sind wir also bereits heute droben bei Ihm, der hocherhaben über jedem Namen steht - das ist schon auf Erden Herrlichkeit!

"Die Summe des Gesagten" weist die Hebräer auf den Christus, der über jeglichen menschlichen Priesterdienst hoch erhaben ist. Sein Mittlerdienst unterscheidet sich grundsätzlich von jenem, den Gott Seinem Volk Israel gab. So lesen wir in Röm 8:26 (bitte lesen), dass sich der Geist selbst für uns verwendet , nämlich vor dem Thron Gottes. Bei diesem "Geist" kann es sich nur um "den Geist. Christi" handeln, der in Röm 8:9 die Voraussetzung dafür ist, dass jemand "Sein" ist!

Dieser Geist Christi verwendet sich für uns mit unausgesprochenem Ächzen, weil unsere eigenen Gebete nur zu oft fleischlicher Natur sind und auf das Irdische gerichtet sind. Und da unsere Blickrichtung eben doch nur zu oft auf die Erde geht, wissen wir gar nicht, was von Gott her sein muss und worum wir beten sollen - da greift Christi Geist ein und hilft unserer Schwachheit auf.

Wenn wir von "Ächzen" des Geistes lesen, der sich für uns vor Gott verwendet, so deutet dies an, dass das leibende Herz Gottes oft unsere kindlichen, das körperliche Wohl betreffenden Wünsche nicht er füllen kann, weil Seine Wege anders sind als die unseren. Für uns ist aber entscheidend zu wissen, dass wir "durch Seinen Geist" bestens vor dem Vater vertreten sind, so wie es Röm 8:27 herrlich betont:

"Der aber die Herzen erforscht, weiß, was die Gesinnung des Geistes ist, weil er sich gottgemäß für Heilige verwendet."

Ein Wort in unserem Leitvers möchten wir nicht unbeachtet lassen: "Majestät". Es umschreibt ja die Herrlichkeit und Erhabenheit eines Herrschers, hier unseres Gottes und Vaters. Eine der wenigen Vorkommen dieses Wortes in der Schrift finden wir in dem weitgehend unbekannten Brief "Judas an die bewahrten Berufenen". In Jud 1:24-25 (bitte lesen) wird die Majestät Gottes derart verherrlicht, dass wir uns durch sie gerne einen Tag zusprechen lassen wollen.

Wohlgemerkt, dieser Brief richtet sich an zum Königreich berufene Israeliten, die schwere Wege gehen mussten und dringend Zuspruch benötigten. Das hindert aber nicht, uns ebenfalls an diesen Worten aufzurichten und zu erfreuen, denn es geht ja um die Verherrlichung des Vaters: So werden auch wir, die Körperglieder Christi Jesu, sicher und bewahrt an das göttliche Ziel gebracht, allerdings nicht immer auf jenen Wegen, die wir uns wünschen. Auch wir werden einmal makellos vor dem Angesicht Seiner Herrlichkeit dargestellt, und zwar dann, wenn wir die Preisrichterbühne des Christus, von der 2Kor 5:10 spricht, hinter uns gelassen haben und gemäß Röm 14:10 vor der Bühne Gottes stehen werden. Ahnen wir, was jener Moment für den Vater, aber auch für uns bedeutet? Judas benutzt das Wort "Frohlocken",m was aber nur ein schwacher Ausdruck sein dürfte. Für den Vater ist es das Schönste, wenn Seine Kinder zu Ihm gefunden haben, dazu noch makellos durch das Blut Jesu Christi. Gerne stimmen wir hier in die Verherrlichung; Majestät Gewalt und Vollmacht ein, die dem alleinigen Gott gebührt.

Hebr 8:2

"... ein Amtsträger der heiligen Stätten, des wahrhaften Stiftszeltes, das der Herr und nicht ein Mensch aufgeschlagen hat."

Wir werden mit unserem neuen Leitvers wieder zu der Hauptfigur in diesem Brie geführt, zu dem Hohenpriester Christus Jesus, wiewohl wir durch Ihn ja immer wieder zum Vater gewiesen werden, wie wir es gestern gerne taten. Und dieser wahre Hohepriester steht nicht über dem vom Händen gemachten Stiftszelt, das wir von der Wüstenwanderung her kennen, sondern ist Herr über die heiligen Stätten des wahrhaftigen Stiftszeltes in den Himmeln.

Obiges sagt uns, dass es in den Himmeln heilige Stätten gibt, die sich schattenhaft in den entsprechenden Stätten des Volkes Israel abbilden (siehe Vers 5) - "Schatten" sind dunkle Umrisse des Originals, wir bekommen also nur eine dunkle Ahnung von dem, was sich in den Himmeln befindet. Lasst uns heute einmal einen Schatten herausgreifen, die "Dreiteilung" des Stiftszeltes in Vorhof, Heiliges und Allerheiligstes, wobei die Wolke der Herrlichkeit Gottes (Schechina) = nur den dritten Teil in Besitz nahm, wo absolute Ruhe herrschte. Das eventuelle Original können wir in Offb 15:8 finden: Sieben Plagen ergießen sich über die Erde und bringen die Menschheit zur Verzweiflung. Menschlich gesehen (auf der unteren Offenbarungsstufe) ist es der Grimm Gottes, doch tiefer gesehen dürfen wir an dieser Stelle einen Blick in das Herz des Vaters werfen: Er zieht Sich in dieser. Zeit in den himmlischen Tempel des Allerheiligsten zurück , und niemand konnte hineingehen, bis die Plagen vollendet waren - Gott leidet in der Stille des allerheiligsten mit Seinen Geschöpfen ... das ist für wirklich heiligster Boden, den wir im Geist betreten dürfen!

Die unterschiedliche Darbringung

Hebr 8:3

"Denn jeder Hohepriester wird eingesetzt, um Nahegaben wie auch Opfer darzubringen, deswegen ist es nötig, dass auch dieser etwas habe, was Er darbringen kann."

In 2Mo 24:5-8 sehen wir, dass dort, wo Gott einen Bund macht, dieser durch Opfer besiegelt wird. Mose musste das Opferblut auf die Schriftrollen und auf das Volk sprengen und sagte: "Siehe, dies ist das Blut des Bundes, den Jewe mit euch über all diese Worte geschlossen hat." Reinigung von Sünden und Ungerechtigkeit kann nach dem Gesetz nur durch Blut erfolgen, ohne Blutvergießen erfolgt keine Vergebung, so lesen wir noch später in Hebr 9:22. Doch diese Vergebung war, wie wir wissen, zeitlich begrenzt und musste durch jährliche Opfer erneuert werden. Der Schreiber des Hebräerbriefes weist nun auf den Sohn Gottes als Hoherpriester auch etwas darbringen musste - womit wir eigentlich zu Hebr 10:5 kommen, wo wir lesen: "Opfer und Darbringung willst Du nicht, einen Körper aber passt Du Mir an."

Wir möchten ungern etwas vorweg nehmen, aber der obige Vers ist so wunderbar, dass wir ihn später auch n och einmal betrachten und vertiefen können.

Es war der Wille Gottes, dass der Sohn, als Er Sich erniedrigte einen Körper aus Fleisch und Blut bekam, der einzig dazu diente, dem Vater dargebracht zu werden, und dies am Kreuz. Kein fremdes Blut von Opfertieren, sondern Sein eigenes Blut gab Christus, der Sohn Gottes dahin, und dies nicht nur für das Volk Israel, sondern für uns, "für alle. Welche Gefühle lagen wohl in dem Sohn, als Er die Worte aussprach: "Einen Körper aber passt Du Mir an!"

Hebr 8:4

"Wenn Er nun auf Erden wäre, würde Er nicht einmal Priester sein, weil hier schon Priester sind, die gemäß0 dem Gesetz die Nahegaben darbringen;"

Könnte Christus "nun" Priester auf Erden sein - unser Leitvers verneint diese Frage klar, und warum? Gemäß dem Gesetz konnte nur Priester werden, wer dem Stamm Levi angehörte; Jesu Stammbaum wies aber auf "Juda" hin. Damit erfüllte Er nicht die Forderung des Gesetzes zum Priestertum.

Das "nun", welches wir schon oben in Anführungszeichen gesetzt haben, weist nach droben, wo Christus "nun" ist, zur Rechten Gottes sitzend. Kol 3:2-4 führt diese Worte weiter: "Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden! Denn ihr starbet, und euer Leben ist zusammen mit Christus in Gott verborgen. Wenn aber Christus, unser Leben, geoffenbart wird, dann werdet auch ihr. zusammen mit Ihm in Herrlichkeit geoffenbart werden."

Es ist für uns schon interessant, dass die eigentlichen Empfänger dieses Briefes, die Hebräer, sich intensiv mit dem irdischen Priestertum auseinandersetzen müssen, und dies im Blick auf das bessere Opfer, wie es uns Hebr 9:23 noch zeigen wird. Uns, die Nationen, weist Paulus eindringlich an, nicht auf das Irdische zu sinnen, sondern das droben zu suchen, wo Christus "nun" ist! Als "Nichthebräer" sollten wir uns demnach nicht im aaronitischen Priestertum verstricken und hängen bleiben (wiewohl dies unserem Fleisch näher läge), sondern uns mit dem beschäftigen, was (vielleicht sehr schnell) auf uns zukommt ... unsere Entrückung und Offenbarwerden mit Ihm, unserem Herrn und Haupt, in Herrlichkeit!

Hebr 8:5

"diese verrichteten Gottesdienst am Beispiel und Schatten der Überhimmlischen, so wie Mose Weisung erhielt, als er im Begriff war, das Stiftszelt zu vollenden. Denn siehe zu, erklärte Er ihm, alles wirst du nach dem Vorbild machen, das dir auf dem Berg gezeigt wurde."

Wir wiesen schon in den letzten Tagen auf die Schattenbilder hin, heute wird es konkret: Die Hebräer werden unterrichtet, dass der gesamte aaronitische Gottesdienst, angefangen beim Stiftszelt, seine Originale in den Überhimmeln hat! Damit gewinnt das Schattenbild natürlich auch für uns einen gewissen Reiz! Sollten wir uns also doch mit dem Irdischen beschäftigen?

Halten wir uns bei einer Antwort auf obige Frage an Paulus, der in 2Tim 3:16-17 klarstellt, dass alle gottgehauchte Schrift nützlich ist; und zählt der Apostel in den beiden Versen verschiedene Punkte auf. Doch wenige Verse vorher, in 2Tim 2:15 fordert er uns auf, das Wort der Wahrheit richtig zu schneiden! Das bedeutet, dass wir uns sehr wohl z.B. mit dem Königreichsevangelium, welches Israel gehört, beschäftigen sollen, aber wir dürfen es nicht auf uns beziehen, sonst kann uns dasselbe passieren, was den Galatern vorgeworfen wird (siehe Gal 1:6ff). Wir dürfen uns also auch mit der Stiftshütte beschäftigen, mit ihren wunderbaren Bauteilen, die Gott ja Mose gezeigt hatte - aber wir dürfen darüber nicht unsere überhimmlische Berufung aus den Augen verlieren, ja sie muss absolute Priorität haben! "Schattenbilder" sind nicht die Wirklichkeit, sondern weisen uns lediglich darauf hin, und dies lenkt unsere Blickrichtung wieder nach droben!

Wir werfen heute einen Blick auf den Originaltempel, von dem uns Offb 11:19-20 und Offb 15:8 in knappen Worten berichten. Die erste Aussage steht in Beziehung zu Gottes Zorn, das zweite Vorkommen lässt zu, dass wir einen Blick in das Herz unseres Gottes und Vaters werfen dürfen, der sich während der sieben Plagen in die Einsamkeit des Allerheiligsten zurückzieht, wo niemand hineingehen konnte. Wir haben schon kürzlich auf dieses Geschehen hingewiesen und tun es heute erneut, denn es ist tief ergreifend, wenn wir schon im Voraus miterleben dürfen, wie es das Herz Gottes berührt, wenn jenes ausgeführt wird, was sein muss!

Es wird von Ungläubigen immer wieder vorgehalten, unser Gott sei blutrünstig, weil besonders das AT voll grausamer Kriegsberichte ist, wo jede Menge Blut fließt. Aber lassen wir uns sagen, dass gerade das Blut in Gottes Heilsplan eine ganz andere, heilbringende Bedeutung hat. Was uns das AT berichtet, sind die Auswirkungen der Sünde mit all den abstoßenden Folgen. Doch es gibt auch hier ein Original, welches uns vielleicht das bekannte Wort "Herzblut" veranschaulicht. ES ist menschlicherseits der tiefste Ausdruck von Liebe, wenn jemand sein Herzblut gibt, -ö und genau dies tat der Vater, als ER seinen Sohn dahingab, und Sein Herz wird bluten, wenn Er Seine Geschöpfe mit Plagen überziehen muss - doch das Ziel wird für alle Herrlichkeit sein!

Hebr 8:6

"Nun aber hat Er ein um so vorzüglicheres Priesteramt erlangt, insofern, als Er auch Mittler eines besseren Bundes ist, der auf Grund besserer Verheißungen eingesetzt ist."

Erneut stoßen wir in unserem heutigen Leitvers auf das Wort "besser", was ja zurückblickend den Hebärern sagen sollte, dass ihr Los als Glieder am Körper Christi Jesu besser ist als jene der übrigen Gläubigen aus Israel, die dem irdischen Königreich zuzurechnen sind. Wir weisen aber erneut darauf hin, dass in diesem Fall das Wort "besser" nicht derart verstanden werden darf, dass wir uns über Israel stellen! Den Gläubigen aus Israel, welche eine Königreichserwartung haben, sind hohe materielle Segnungen auf Erden verheißen; die zur Körpergemeinde gehörenden Hebräer sind hingegen mit geistlichen Segnungen inmitten der Überhimmlischen gesegnet, wie es Eph 1:3 ff aufgezählt ist. Halten wir heute ruhig einmal einen Rückblick auf das bisher ausgesagte "Bessere":

Hebr 1:4 bezeugt, dass der Sohn um soviel besser ist als die Boten (was wir hier gerne als "besser" sehen dürfen), Hebr 6:9 spricht von der Rettung; Hebr 7:7 zeigt, wie Abraham von dem besseren Melchisedek gesegnet wurde; Hebr 7:19 spricht von einer besseren Erwartung; Hebr 7:22 von einem besseren Bund, worauf auch unser heutiger Leitvers Bezug nimmt. Allerdings ist dieser letzte bessere Bund auf bessere Verheißungen gegründet bzw. eingesetzt. Bedenken wir: Der alte Bund war zum großen Teil vom Verhalten des Volkes Israel abhängig! Und da das Volk ständig in Sünde fiel, folgten schwere Gerichte, was zuletzt in die Zerstreuung unter die Nationen mündete. Ist uns schon einmal klar geworden, was dieser alte Bund für uns bedeuten würde?

Vorzüglicheres Priesteramt, besserer Bund, bessere Verheißung ... wenn der alte Bund vom Sinai ein Erfolg gewesen wäre, wären diese Worte überflüssig - dies mussten die Hebräer lernen! Allerdings muss hier eingeräumt werden, dass Gott Seinem Volk nichts Nutzloses gab! Letztlich war des Gottes verborgene Absicht, das Volk von seiner Unfähigkeit zu überführen und zu überzeugen, was ja Paulus in Röm 7:7ff anschaulich darlegt. Zu Pauli Worten muss hier noch angefügt werden, dass "Sünde" dasselbe ist wie "Zielverfehlung". Israel sollte, ja musste das göttliche Ziel verfehlen - nur auf diesem Weg erkannte (erkennt) es seine Sünden und beginnt ernsthaft Seinen Gott zu suchen und Ihn in dem Messias auch zu finden.

Der Schreiber des Hebräerbriefes zeigte also seinen Lesern die unüberbrückbare Kluft zwischen dem Volk und Gott auf und spornt sie damit an, nach einer besseren Verheißung zu suchen, wobei die Hebräer damals zwei Möglichkeit vor Augen hatte: Das Evangelium der Beschneidung, an dessen Spitze Petrus stand, und das Evangelium an die Nationen, welches Paulus enthüllt und von diesem verkündigt wurde. Allerdings hatten die berufenen Hebräer nicht von sich aus die Entscheidungsmöglichkeit, weil sie ja längst (vor dem Niederwurf der Welt) von Gott zur Körpergemeinde vorherbestimmt und in Christus auserwählt waren; aber: sie mussten gleich Schülern in der göttlichen Schule lernen, was ihre überhimmlische Berufung beinhaltete und sie mussten lernen, diese Berufung zu schätzen und zu lieben!

Das Unvollkommene des vorherigen Bundes

Hebr 8:7

"Denn wenn jener erste B und untadelig wäre, so würde keine Stätte für einen zweiten gesucht worden sein."

Wir haben vorgestern angeführt, dass ein Bund bzw. Bündnis mindestens zwei Partner voraussetzt, in unserem Fall sind die Gott und Sein Volk Israel. Dieser Bund hatte von Seiten Gotte Bedingungen, und wenn diese eingehalten wurden, gab es Segen, im umgekehrten Fall erfolgte Strafe in Form von Fluch (siehe z.B. 5Mo 28:1 und 15 ff). Dass Israel diesen Bund nie halten konnte, wusste Gott von Anfang an, was Er auch Seinem Knecht Mose kundtat (5Mo 31:16). Was bezweckte nun Gott mit jenem Bund, der aus menschlicher Sicht nie an Ziel führen konnte? Die Antwort ist klar:

Das Voll musste lernen zu erkennen, dass es aus eigener Kraft nichts vermag und aufgrund der Bedingungen dieses Bundes verloren geht. Aber erst im Stadium der völligen Hilflosigkeit und dem Bewusstsein der absoluten Verlorenheit konnte Gott mit einem zweiten Bund eingreifen und Seine unsagbare Liebe und Barmherzigkeit erweisen. Dieses göttliche Prinzip der abgestuften Offenbarungen sehen wir schon im Anfang der Menschheit. In 1Kor 15:45-46 ist vom ersten Menschen (Adam) und vom letzten Adam (Christus) die Rede; der erste Adam wurde gemäß 1Mo 2:7 zu einer lebenden Seele, doch erst Christus wurde zu einem lebendig machenden Geist - und die Reihenfolge war klar: Zuerst das Seelische ... und weil dies zu tadeln war, erfolgte zuletzt das Geistliche. Man könnte jetzt im Blick auf unseren Leitvers sagen:

Wäre Adam untadelig gewesen, so würde keine Stätte für einen zweiten (für Christus) gesucht worden sein!

Wir führen heute unsere Gedanken fort, nämlich wie Gott durch (aus menschlicher Sicht) ein zu tadelndes Bündnis dennoch an Sein Ziel kommt, indem Er einen zweiten Bund macht, der letztlich Seine Liebe offenbart. Ein weiteres Wort aus dem Korintherbrief (1Kor 15:22) zeigt uns, wie Gott stufenweise handelt: Im ersten Menschen Adam sind alle folgenden Menschen z um Sterben verurteilt - doch im letzten Adam, Christus, werden alle lebendig gemacht werden.

Adam, als erster Mensch, war zwar eine wunderbare Schöpfung Gottes, doch sie konnte in dieser ersten Form Gottes Sehnsucht nach Gegenliebe nicht erfüllen! Es kam zum Fall, und den weiteren Verlauf der Menschheit bis heute kennen wir ... bis auf einzelne Berufene ein einziges Fiasko! Doch gerade dies war der Wille Gottes. Am tiefsten Punkt im Leben eines jeden Menschen leuchtet der lebendig machende Christus auf und beweist durch Sein Blut am Kreuz, wie sehr der Vater die Welt liebt - dieser neue Bund führt ans Ziel, wenn auch gemäß 1Kor 15:23 in Abteilungen (Etappen).

Was sollten die Hebräer, was sollen wir lernen? Gott benutzt Offenbarungsstufen, die immer höher führen, nämlich dahin, Gott in Seiner Liebe zu erkennen. Erst wenn ein Mensch an diesem Punkt angelangt ist, beginnt er, sein Herz für Gott zu öffnen, und die gemäß Röm 5:5 schon lange samenkornartig in das menschliche Herz ausgegossene Liebe Gottes bringt herrlichste Frucht. Es ist Pauli inständiges Gebet in Eph 1:15 ff, Ihn den Vater zu erkennen, wozu geistliche Weisheit und geistliche Enthüllung Seiner Selbst nötig ist.

Ein schöner Beweis für unsere bisherigen Ausführungen ist Hiob. Sein Lebensweg von den Höhen hinab in die Tiefe brachte ihn am Ende (Hi 42:2) zu dem Zeugnis: "Ich weiß, dass Du alles vermagst, und kein Vorhaben Dir verwehrt werden kann." Dieses Zeugnis war vor Hiobs Abstieg nicht möglich!

Wir führten gestern an, dass, erst wenn der Mensch die oberen Stufen der göttlichen Offenbarungsleiter erreicht hat, er Gott Selbst erkennen kann - doch ist hierzu erst der tiefe Fall in die Verlorenheit der Sünde eine Voraussetzung. Gott geht also - und dies ist die Erkenntnis aus unserem Leitvers - Schritt für Schritt erst einmal mit Seinem auserwählten Volk Israel, dann mit den berufenen Heiligen der Körpergemeinde, und zuletzt mit allen Geschöpfen Seinen Weg ans Ziel, nämlich "alles in allen zu sein"!

Ein erster Mensch "Adam" war zu tadeln, deshalb bedurfte es eines zweite Adam, "Christus"! Der erste Bund mit Israel war ebenfalls zu tadeln, deshalb gab es einen zweiten Bund, in welchem wiederum "Christus" der Mittelpunkt ist - Er ist der lebendig machende Geist. Doch Christus wurde, wie wir in Hebr 2:10 sahen, durch Leiden vollkommen gemacht ... der Vater lud dem Sohn am Kreuz die gesamte Bürde der Sünden auf, das vergossene Blut offenbarte vor der ganzen Schöpfung Gottes Liebe! Die Leiden des Sohnes sind der Beweis, das Gott bereit war, Sein Liebstes zu geben, "den Sohn Seiner Liebe"! Dieses herrliche Wissen darf uns immer wieder zutiefst ergreifen.

Hebr 8:8-9

"Denn tadelnd sagt Er zu ihnen: Siehe, es kommen Tage, sagt der Herr, da werde Ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund abschließen, nicht wie der Bund, den Ich mit ihren Vätern geschlossen habe an dem Tag, als Ich ihre Hand ergriff, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen; denn sie blieben nicht in Meinem Bund, und Ich habe Mich nicht mehr um sie gekümmert, sagt der Herr."

In den zurückliegenden Tagen hatten wir schwere Kost, von welcher viele Gläubige leider keine Ahnung haben. Wir, liebe Leser, müssen nun wieder hinab auf die Ebene der Hebräer. Doch auch hier finden wir mit Sicherheit Kostbares, was uns unseren Gott verherrlichen lässt. Da unser Leitvers den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten anführt, nehmen wir dies heute zum Anlass, noch einmal jene Offenbarungsstufen (die wir in den letzten Tagen immer wieder nannten) zu betrachten; Bruder Jaegle brachte sie uns ja bei Abraham so trefflich nahe:

Auf der untersten Stufe wird dieser Auszug in 4Mo 22:5 als eine neutrale Tat beschrieben; die zweite Stufe nennt Pharao und sein Volk, welche Israel austrieben (2Mo 12:39); auf der dritten Stufe ist es Mose, der Israel aus Ägypten führte (Apg 7:36): Stufe vier nennt Mose und Aaron als Führer (2Mo 6:27); auf Stufe fünf ist es der Bote Jewe (Ri 2:1); die Stufe sechs besagt, das Jewe Israel durch einen Propheten aus Ägypten führte (Hos 12:14); und auf der obersten siebten Stufe ist es klar Jewe Selbst (2Mo 20:2), der Sein Volk aus Ägypten herausführte.

Was oft als Widerspruch empfunden wird, darf aus der höchsten Stufe Gott all allein Wirkender verherrlichen!

Der neue Bund und seine Folgen

Hebr 8:10

"Dies aber ist der Bund, den Ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, sagt der Herr: Ich werde Meine Gesetze in ihre Denkart geben und sie auf ihre Herzen schreiben, und Ich werde ihnen zum Gott sein, und sie werden Mir zum Volk sein."

Wir haben gestern die zurückliegenden Verse 8 und 9 wenig oder nicht ausgelegt, deshalb hier noch ein kurzer Absatz dazu: In diesen zwei Versen wird zuerst auf einen neuen Bund hingewiesen, dann erfolgt der Rückblick auf den alten Bund, den Israel nicht halten konnte, worauf sich Gott von Seinem Volk abgewandt hat. Der Höhepunkt dieses göttlichen "Abwendens" ist in Röm 11:25 ff beschrieben - und auch hier erkennen wir, dass nicht Gottes Enttäuschung über Israels versagen der tiefere Grund war, sondern das Geheimnis der Vervollständigung der Nationen, die den Körper Christi darstellen. Wiederum sehen wir in einer Offenbarungsstufe, dass ganz unten Gott Sein Volk tadeln musste und Sich letztlich nicht mehr um sie kümmerte - doch ganz oben dürfen wir erkennen, dass alles nach dem wunderbaren Heilsplan Gottes abläuft, und darin ist als Geheimnis die Körpergemeinde Christi enthalten. Israels vordergründiges Versagen (ihre Kränkung) wurde, wie es Röm 11:11b-12 aussagt, der Reichtum der Nationen, womit wir an Apg 28:26-28 erinner, wo Gott sich den Nationen zuwandte.

Israel musste (!!!) versagen; ansonsten hätte das Volk den ins Fleisch gekommenen Sohn. Gottes nicht ans Kreuz gebracht, es hätte kein Golgatha und keine endgültige Sünden Tilgung gegeben, und ... keine Körpergemeinde Christi Jesu! Sie hätten dann in Jesus ihren Messias erkannt und das Tausendjahrreich hätte damals aufgerichtet werden können.

Der alte Bund, der mit den Vätern Israels geschlossen wurde, liegt zurück und das Volk befindet sich bis zum heutigen Tag in der göttlich verordneten Verstockung, deren Grund wir ja gestern in Röm 11:25 ff sehen dürften. Nun weist der Schreiber dieses Briefes die Hebräer auf einen neuen Bund hin, den Gott nach jenen Tagen mit dem Haus Israel schließen wird. Schauen wir uns diese Aussage einmal näher an:

Da wird:

  1. sehr klar gesagt, dass dieser neue Bund mit dem Haus Israel geschlossen wird, nicht. mit den Nationen! Dann sagt
  2. unser Leitvers, dass dies "nach jenen Tagen" beschlossen wird, also nach jenen Tagen von Vers 9, in denen Sich Gott nicht mehr um Sein Volk gekümmert hat, Einfacher ausgedrückt heißt dies: Erst wenn die Tage der Verstockung Israels vorüber sind, wird der neue Bund gemacht. Und gemäß Röm 11:25-27 sind diese Tage für Israel vorüber, wenn die Vervollständigung der Nationen eingeht, bzw. wenn der Letzte aus den Nationen zur Körpergemeinde Christi Jesu berufen wird und sich die Entrückung vollziehen kann. Dann ... und erst dann wendet Sich Gott wieder Seinem Volk zu, was allerdings erst einmal mit der Offenbarung Seines Zornes beginnt.

Wir sehen also heute erst einmal, dass unser Text ein noch in der Zukunft liegendes Eeignis beschreibt!

Wir haben gestern gesehen, dass der in unserem Leitvers angesprochenen Bund zukünftig sein wird, genauer gesagt: Er wird in Kraft treten, wenn Christus als Messias in Jerusalem auf den Ölberg wiederkommt, um Sein Königreich auf Erden aufzurichten (Sach 14:4 ff). Die Körpergemeinde Christi Jesu, also wir, sind dann längst entrückt. Dieser neue Bund wird, im Gegensatz zum alten Bund, ohne Bedingungen sein und wirf von Gott wortwörtlich erfüllt werden. Bleiben wir hier noch bei Sacharja (Sach 12:10), und lesen heute einmal die wunderbare Vorhersage für diesen Bund:

"Und Ich werden über das Haus Davids und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen; und sie werden auf Mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über Ihn wehklagen gleich der Wehklage über den Eingeborenen und bitterlich über Ihn Leid tragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen Leid trägt."

Es darf uns heute schon im Voraus bewegen, wie das Volk Israel empfinden wird, wenn ihm die Augen und Herzen geöffnet werden Es muss ein ganz schlimmer Schmerz sein, zu erkennen, dass es der Sohn Gottes war, ihr Messias, den sie ans Kreuz brachten! Der Blick hin zum Ölberg, wo dann ihr Messias erscheint, bewirkt ein totales Umdenken - es ist die Gott wohlgefällige Frucht nach den tiefen Wegen Seines Volkes.

Hebr 8:11

"Dann wird keinesfalls ein jeder seinen Mitbürger und ein jeder seinen Bruder belehren wollen und sagen: Erkenne den Herrn! Denn alle werden mit Mir vertraut sein, vom Kleinen bis zum Großen unter ihnen."

Wir sind trotz des neuen Leitverses immer noch bei dem gestrigen Thema, dem Inhalt des zukünftigen neuen Bundes. Mancher von uns könnte diese Seiten jetzt schnell überfliegen wollen, in der Annahme, dass uns dies ja nicht berühren wird ... ist es so?

Natürlich haben wir eine überhimmlische Erwartung und unsere Aufgaben liegen auch ohne Zweifel droben; doch übersehen wir dabei nicht, was Paulus in 1Thes 4:17b schreibt: Wir werden entrückt und "werden so allezeit (!) mit dem Herrn zusammen sein". Und jetzt muss sich jeder von uns einmal fragen, inwieweit diese Aussage für uns Bedeutung hat, wenn unser Herr auf den Ölberg kommt, um das tausendjährige Königreich aufzurichten - sind wir dann nicht mehr bei Ihm? Wird es uns, Seine Körperglieder, nicht berühren, wenn Ihn Sein Volk mit größter Freude annimmt? Wenn es Ihm mit ganzem Herzen zujubelt?

Herrliche Worte lesen wir in Ps 110:3: "Dein Volk ist willig am Tage Deiner Streitmacht. In heiliger Pracht, aus dem Mutterleib des Frührots ist der Nachttau Deiner Kindheit Dein." David schrieb diese Worte vollen Anmut, kann man dieses Zukünftige schöner beschreiben? Alles Jagen nach eigener Gerechtigkeit hat dort aufgehört, Gott ist es, der wirkt und bewirkt, auch ihre Rettung. Und noch einmal: Lässt uns dies dann alles unberührt?

Wir lesen heute noch einen Vers aus dem gestern schon zitierten Psalm: "Jewe hat geschworen, und Er wird es nicht bereuen; Du bist Priester für den Äon nach der Weise Melchisedeks" (Ps 110:4a). Gottes Gnadengaben und die Berufung Israels sind für Ihn unbereubar, so sagt es klar Paulus in Röm 11:29, und diese Aussage gilt ja erst einmal Israel. Alles, was Gott Seinem geliebten Volk an Heil und zukünftiger Herrlichkeit verheißen hat, gründet sich auf Seinen bedingungslosen Gnadenbund, bei dessen Abschluss Er der allein Wirkende ist.

Wenn dann der Sohn Gottes auf dem Ölberg erscheint, bedarf es keinerlei Hinweis mehr, "wer" Er ist! Jeder wird Ihn sofort erkennen, nehr noch, alle werden sofort mit Ihm vertraut sein! An dieser Stelle dürfen auch wir uns einmal fragen: Wie weit sind wir vertraut mit Ihm?

"Vertrauen" setzt "Glaube" voraus, denn der Glaube bringt die direkte und lebendige Beziehung zu Ihm . In Röm 10:17 bezeugt Paulis im Blick auf Israel, dass der Glaube aus der Kunde kommt, die Kunde aber durch einen Ausspruch Christi - es geht also um Sein Wort, mehr noch, Christus ist das Wort! Je mehr wir Ihn in uns aufnehmen, Ihm Raum in uns geben, desto tiefer dürfen wir wachsen und reifen, unser Vertrauen darf alles überragen. In Röm 12:1-2 spricht Paulus uns zu, unter anderem, dass wir uns umgestalten lassen durch die Erneuerung unseres Denksinns, damit wir zu prüfen vermögen, was der Wille Gottes sei ...!

Hebr 8:12

"Denn Ich werde ihrer Ungerechtigkeit versühnt sein und ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten keinesfalls noch länger gedenken."

Wenn wir, wie jetzt auch in unserem Leitvers, lesen, wie wunderbar dieser neue Bund sein wird, so darf man ruhig fragen, warum der Schreiber dieses Briefes den Hebräern diesen zukünftigen Bund in den schönsten Farben schildert? Er macht ihnen ja, wie man so schön sagt, "den Mund wässrig"! Dabei sollten die Hebräer doch nach droben sinnen, und nicht auf das, was auf Erden ist, wie es Kol 3:1-2 zum Ausdruck bringt.

Eine Antwort auf obige Frage ist wiederum nur in der Denkweise der Hebräer möglich, weil es ja ihre Väter waren, mit denen Gott ein erstes Bündnis machte und weil es ihr Volk ist, dem der. zukünftige neue Bund verheißen ist. Es machte den Hebräern mit Sicherheit zu schaffen, dass sie mit ansehen mussten, wie sich ihr Volk in der Verstockung befand und nur sie als Herausgerufene gerettet sein sollten, dazu noch mit einer überhimmlischen Berufung! Kann man sich wirklich freuen, wenn die Stammesverwandten dem Fleische nach leiden?

In Röm 9:1-5 zeigt uns Paulus, wie er um das Volk Israel, dem er ja angehörte, litt! Große Betrübnis, ja unablässiger Schmerz erfüllte sein Herz, und wir lesen sogar, dass er bereit gewesen wäre, von Christus hinweg verbannt zu sein - für seine Brüder dem Fleisch nach! Man kann also nicht glücklich sein, wenn der Nächste leidet (es sei denn, man ist ein totaler Egoist)!

Verstehen wir also die wunderbare Beschreibung dessen, was auf Israel zukommt, als "Zuspruch für die berufenen Hebräer", dass auch für Israel Gottes Verheißungen wahr werden.

Hebr 8:13

"Indem Er sagt: einen neuen, - hat Er den ersten für veraltert erklärt, was aber veraltert und greisenhaft wird, ist dem Verschwinden nahe."

Wenn wir gestern mit den Worten "nur im Glauben" schlossen, dann ist dieses "nur" so zu verstehen, dass wir unsere alte Menschheit nicht buchstäblich täten können (dies geschieht erst mit dem buchstäblichen Tod), sondern etwas im Glauben erfassen müssen, was wir nicht erblicken, womit wir uns ja in Hebr 11:1 noch beschäftigen werden.

Unser ganzes irdisches Leben wird mit dem gestrigen "erkennen" ein Glaubenskampf zwischen "Alt und neu"! Dieser Kampf wird leider nur allzu oft völlig falsch geführt, indem man jenes Ehemalige, das verging, nicht als "gestorben" betrachtet, sondern es ständig verbessern möchte. Das heißt, man möchte seine alte Menschheit, das Fleisch, verändern - und das gelingt nicht! Deshalb sagt Paulus trefflich: "Wer in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben ernten" (Gal 6:8).

Im Glauben halten wir täglich fest, dass unser Fleisch mit Christus gekreuzigt wurde, und wiewohl sich dieses Fleisch täglich regt, glauben wir Gottes Aussage, dass es für Ihn mitgekreuzigt wurde. Beachten wir heute noch die bemerkenswerte Aussage in Röm 6:8: "Wenn wir aber zusammen mit Christus starben, glauben wir, dass wir auch zusammen mit Ihm leben werden ...". Merken wir, dass hier "eines" das "andere" voraussetzt? Das "Leben mit Ihm " glauben wir alle gerne - das "Sterben mit Ihm " fällt uns schwerer; aber es ist das "Wenn" zum "Leben"!

Wir haben zurückliegend gesehen, wie Gott wirkt, indem Er zuerst einmal etwas gibt, was Er später durch Neues ersetzt, einmal ist es der Bund mit Israel, zum anderen ist es die alten menschliche Schöpfung. Wer sich nun immer nur mit dem Ersteren beschäftigt, kommt leicht zu einer Fehleinschätzung über Gott! Nur wer alles, das Alte und das Neue, im Blickfeld hat, kann Gottes Wirken verstehen und Ihn darüber verherrlichen.

Nun finden wir in unserem Leitvers noch ein Wort, das uns beschäftigen darf: "... dem Verschwinden nahe"! Gemeint ist der alte Bund, der dann verschwindet, wenn der neue folgt, und dies geschieht ja mit der Aufrichtung des irdischen Königreiches. Wir fragen uns heute: Wie nahe ist dieses Verschwinden?

Obige Frage ist desahlb für uns hoch interessant, weil vor dem Verschwinden des alten Bundes unsere Entrückung stattfindet - und hier stehen die Vorzeichen für uns, die wir leben, sehr gut, das heißt: Die Weltlage hat sich derart zugespitzt, wie es die Menschheit zuvor noch nie erlebt hat. Unsere Erde ist durch den Menschen praktisch ruiniert und wäre, wenn Gott nicht eingreifen würde, nicht mehr reparabel! Die Gesetzlosigkeit, die mit dem Sohn des Untergang (2Thes 2:4) Hand in Hand geht, hat ein kaum mehr tragbares Ausmaß erreicht. Das soll uns aber nicht erschrecken, sondern vielmehr "aufwecken" - der Herr ist nahe, mehr noch, Er ist für uns noch näher als das Verschwinden des alten Bundes!

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Der Hebräerbrief - Kapitel 9