Der verhängnisvolle Umzug

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Abschrift des Heftes:
Abraham, der erste Auserwählte - Band III
Abrahams Weg zur Glaubenshöhe

aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum“
von M. Jaegle und Mitarbeitern (1987)

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Inhaltsverzeichnis

Abraham, der erste Auserwählte

Band III

4. Der verhängnisvolle Umzug

Ein erneuter Danebenfall

Nachdem uns wieder eine ganz Anzahl lobenswerter Taten über Abraham von der Schrift mitgeteilt wurde, wird als nächstes ein Wohnungwechsel von ihm berichtet. „Und es zieht Abraham von dort nach dem Lande des Südgaus“ (1Mo 2:1).

Schon zuvor zog er einmal nach diesem Ort (1Mo 13:1), aber nach Vers 2 ging er wieder weiter bis Bethel und Ai. Anschließend geschah dann die ungute Sache durch den Hader der Hirten (1Mo 13:7).

Aber auch dieser Umzug nach dem Südgau verlief tragisch, indem Abraham erneut von einem Fehltritt übereilt wurde, und dies kam so:

Im Lande des Südgaus verweilte er in Gerar, im Gebiet des dortigen Königs. Dadurch kam er unter eine neue fremde Bevölkerung. Nach Vers 11 nahm er an, unter diesen Menschen herrschte keine Gottesfurcht, und er befürchtete, von ihnen erschlagen zu werden, damit sie sich seiner Gattin bemächtigen konnten. Da er sich in Todesgefahr sah, griff er wieder zum Selbstschutz, und wie schon einmal gab er auch diesem König gegenüber seine Frau als seine Schwester aus.

Da er nun um die Beschämung wusste, die ihm die vorige Lüge eingebracht hatte (1Mo 12:10ff.), ist es schon eine wichtige Frage, warum er nun schon wieder die gleiche Verfehlung beging. Wir können die Antwort finden, wenn wir dem Verlauf seines Lebens bis dahin nachgehen.

Diese Untersuchung bringt

eine kampflose Periode

in Abrahams Leben ans Licht. Die Rettung Lots und sein Zurücktreten in der Wahl der Weideplätze verlangte zwar noch seinen Einsatz. Aber nach diesem ging für Abraham alles leicht und kampflos vor sich. So wurde er seinem Neffen Lot ein zweites Mal, aber hier ohne viel Mühe, zum Retter (1Mo 19:27-29). Auch auf sein Gesuch zur Abwendung des Gerichtes von Sodom und Gomorra ging Jewe anstandslos ein (1Mo 18:23ff.) Und ohne jeden Verdienst hat ihm Jewe die herrlichsten Verheißungen gegeben und sogar zwei Bündnisse mit ihm geschlossen. Und was ihm gerade nur so in den Schoß fiel, das war die große Zukunft seiner beiden Söhne Isaak und Ismael. Vater von zwei so hoffnungsvollen Söhnen zu sein und durch diese zum Stammvater ganzer Völker zu werden, das vermag ein Vaterherz schon zu erheben, ja sogar mit Stolz zu erfüllen.

Dies alles war keine Vorbereitung, um eine Glaubensprüfung zu bestehen, denn an ein so kampfloses Ablaufen von Gelegenheiten gewöhnt man sich sehr schnell. Tritt dann aber eine Störung auf, die zu einer Glaubensprüfung wird, so ist man derart an ein Leben ohne Kampf gewöhnt, dass die Gefahr besteht, sich dieser Prüfung zu entziehen oder sie zu umgehen, nur um weiterhin in Behaglichkeit leben zu können.

Für das nun bedauerliche Geschehen, mit dem Abraham seine ihm ungünstig erscheinende Situation retten wollte, können wir als Erklärung Jesu Worte anwenden (Mt 16:25): "Denn wer seine Seele retten will, wird sie verlieren....“

Ein warnendes Beispiel, wie gefährlich es ist, nur auf seelische Genüsse eingestellt zu sein und dem Kampf aus dem Wege zu gehen, ist David mit seinem Fall (2Sam 11).

Auf ein wenig andere Art könnte es bei Abraham gewesen sein. Wenn er sich schon in Gefahr sah, so hätte er dem Herrn vertrauen müssen. Aber er war so auf den Schutz seiner Behaglichkeit eingestellt, das er sich nicht die Zeit nahm, den vorigen Fall zu überdenken und sich ihn als Warnung vor Augen zu halten und daraus zu lernen.

Kampflose Behaglichkeit gewöhnt, griff er zum für ihn einfachsten und bequemsten Mittel - der Lüge!

Aber zu diesem Fehltritt fiel er in dieser Sache noch einem anderen Irrtum anheim, und dies war seine falsche Beurteilung des Königs und seines Volkes. Auf des Königs Vorhaltung, weshalb er ihn belogen habe, erwiderte Abraham (1Mo 20:10-11): „Denn ich fürchtete mich, da ich mir sagte: Es ist keine Furcht Alueims an diesem Ort, und sie werden mich erschlagen wegen der Sache meines Weibes.“ Darin hatte sich aber nun Abraham gründlich geirrt, denn in Wirklichkeit bildeten jene Menschen

eine Gott wohlgefällige Menschengruppe

Dieses gute Zeugnis ergibt sich aus dem Dialog zwischen Gott und dem König Abimelech (1Mo 20:4-7) und darauf zwischen Abimelech und Abraham (Verse 9-13). Als Gott dem König die Todesstrafe ankündigt, wenn er Sara zu sich nimmt, hält ihm dieser vor, dass Er (Gott) ja dann eine unwissende und gerechte Nation erschlagen würde. Und weiter hält Abimelech Gott vor: In der Redlichkeit und Unschuld meines Herzens tat ich dies!

Und nun vernehmen wir von Gott, dass Er dem König diesen vorbildlichen Stand seines Herzens als richtig bestätigt (1Mo 20:6). Und nochmals wird diese gottesfürchtige Gesinnung Abimelechs offenbar, als er Abraham die Vorhaltung macht: „Was habe ich gesündigt gegen dich, dass du auf mich und mein Königreich solch große Sünde bringst? Taten, die man nicht tut, tust du an mir!“

Welch eine Sündenerkenntnis wird doch bei diesem König offenbar! Doch im Blick auf Abraham bietet sich uns das betrübende Bild: Der Nichtauserwählte steht sittlich höher als der Auserwählte. Das muss für Abraham, wie schon zuvor (1Mo 12:18), eine bittere Lektion gewesen sein!

Mit der vorbildlichen Gesinnung dieses Königs und seines Volkes lernen wir eine Menschengruppe kennen, die sich durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurchzieht: Es sind dies Nichtauserwählte mit edlen Zügen und Gott wohlgefälliger Einstellung. Auch Röm 2:7+10 zeigt uns solche Menschen; es sind jene, die mit Ausdauer in guten Werken Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen und dafür dann auch äonisches Leben erhalten werden.* Leider kommt solches immer wieder vor, dass nichtauserwählte Menschen in ihrem Wandel höher stehen als manche Auserwählten.

*Ausführliche Schilderung dieser Menschen in unserer Schrift: Übeltäter und Guttäter in Gottes Heilsvorsatz

Nun darf das von diesen gottesfürchtigen Menschen gesagt werden, dass sie unter

ein besonderer Segen Gottes

stehen. In der Rede Gottes mit Abimelech kommt dieser Segen klar zum Ausdruck, denn Abimelech bekommt von Ihm zu hören, dass Er ihn wegen der Redlichkeit seines Herzens von diesem Sündigen gegen Ihn zurückgehalten habe und zwar derart, dass Er ihm nicht erlaubt habe, Abrahams Frau anzurühren.

Dies ist wahrlich kein kleiner Segen für gottesfürchtige Menschen, eine solche Bewahrung von Gott zu erfahren.

Doch Gott sagt noch etwas Großes:

Gottes bewahrendes Eingreifen

Dieses Wirken der Gnade Gottes hatte Abraham nun bereits zweimal erfahren. Der Sünde, die Abraham zuvor bei Pharao (1Mo 12:10ff.) und dann hier bei Abimelech beging, ließ Gott nicht freien Lauf. Durch Sein Eingreifen sehen wir dieser betrübenden Szene ein wunderbares Heilsbild entsteigen: In Seiner Weisheit hat Gott das Ganze so gelenkt, dass es für Abraham, den König und sein Volk, zum Segen wurde.

In dem allen wird Abraham noch in eine besonders hohe Stellung erhoben durch Gottes Ausspruch an Abimelech: „denn ein Prophet ist Abraham!“

Abraham, ein Prophet

Gott geht auf die Anklage Abimelechs gegenüber Abraham nicht ein. Vielmehr verwendet Er Sich für ihn, indem Er Abraham einen Propheten nennt, von dessen Fürbitte des Königs Leben abhängt (1Mo 20:7).

Die Begleitumstände, unter denen Abraham ein Prophet genannt wird, beweisen, dass die hohe Gnadenstellung des Patriarchen von dessen Fall unberührt bleibt. Auch seine Berufung als Auserwählter zum Segen für die Nichtauserwählten läuft ohne Unterbrechung weiter, indem er für Abimelech betet. Dadurch ist Abraham zum dritten Mal Nichterwählten zum Segen geworfen: Zuerst Lot, dann Ismael und hier dem König.

Diese Erfahrung Abrahams ist ein weiteres Zeugnis für die Wahrheit der Unbereubarkeit von Gottes Gnadengaben und Berufung! Ferner lehrt uns der Ausgang dieses Geschehens, dass Gott alle Glaubensschwächen und alles Versagen der Seinen rechtfertigt und letztlich in lauter Segen hinausführt, sowohl für Erwählte als auch für Nichterwählte.

Noch eine Begebenheit ist zu berichten, die sich zwischen Abimelech und Abraham zutrug. Es ist dies ein Bündnis, das beide schlossen:

Der Bund Abimelechs mit Abraham

Mit dieser Begebenheit dürfen wir einem Treffen zweier bedeutender Männer beiwohnen und deren Dialog mit verfolgen.

Abraham erhält Königsbesuch, denn so, wie wir Abimelech kennenlernten (1Mo 20:2), ist er der König von Gerar im Lande der Philister. Da er nicht alleine kommt, sondern seinen Heerobersten mitbringt, muss schon ein besonderer Grund für diesen Besuch vorliegen.

Was führt nun Abimelech zu Abraham?

Er leitet sein Anliegen ein mit einer Beobachtung, die er in Abrahams Leben machte, und gibt diese mit den Worten kund: „Alueim ist mit dir in allem, was du tust“ (1Mo 21:22).

Dieser König hat also gesehen, dass für ihn Abraham ein Nachbar ist, der Gott auf seiner Seite hat. Abimelech glaubte ja auch an Gott, aber dem Abraham half Gott in so reichem Maße, dass Abimelech zusehen musst, wie sein Nachbar neben ihm höher und höher stieg.

Zu diesem Emporsteigen Abrahams gehörte wohl auch das rasche Anwachsen seines Hausstandes. Diese Feststellung erfüllte Abimelech mit Bedenken. Gewiss war ihm auch jener Einsatz Abrahams bekannt, als er mit seinen Leuten die zuerst siegreichen Könige schlug und Lot errettete, wie dies in 1Mo 14:14 berichtet ist.

Und nun, als König, der für sein Land das Beste im Auge hatte, muss ihm der Gedanke gekommen sein, wenn dieser Nachbar, der sich auch mit Erfolg als Kriegsmann schlagen kann, sich gegen uns erhöbe, wäre es um unsere Existenz geschehen.

So kam er nun zu Abraham und gab ihm deutlich zu verstehen, er befürchte, dass er solche Absichten gegen ihn, seinen Stammhalter und seine Enkel im Schilde führen könnte. Um dieser Gefahr vorzubeugen, machte er Abraham den Vorschlag, einen gemeinsamen Bund zu schließen. Heute würde man ein solches Abkommen als Friedenspakt oder Nichtangriffspakt bezeichnen.

Abimelech weiß darauf nun sehr klug diesen Bund einzufädeln. Er erinnert Abraham an jenes Geschehen (1Mo 20:2ff), als er ihn betreffs Sara belog. Jetzt kommt dem Abimelech sein damaliges vorbildliches Handeln an Abraham zugute. Dieses nützt er geschickt zu seinem Vorteil aus. Klug legt er dem Abraham nahe. (1Mo 21:23)“ „Nach der Huld, die ich an dir tue, sollst du tun an mir...“

Wirklich, er hatte damals edelherzig an Abraham gehandelt, ganz nach Gottes Anweisungen (1Mo 20). Wohl musste er Abraham zurechtweisen, doch gab er ihm Sarah zurück und beschenkte ihn reichlich. Darauf machte er ihm das großzügige Angebot (1Mo 20:15): „Siehe, mein Land ist vor dir, in dem, was gut ist in deinen Augen, wohne“.

Und nun legte er Abraham sein Anliegen vor: Nach der Friedfertigkeit und Nachsicht, die ich dir bei jenem Sonderfall bewies, wirst du doch auch ebenso in dieser Gesinnung zu mir und meinem Lande stehen und zu einem gemeinsamen Bundesbeschluss deine Zustimmung geben.

Dieser König hatte wirklich seine Sache so gut vorgebracht, dass Abraham darauf einging.

Doch nun hatte auch Abraham etwas auf dem Herzen. Es handelte sich um einen Wasserbrunnen, den Abimelches Knechte gewaltsam an sich rissen (1Mo 21:25). Dies hielt Abraham nun dem Abimelech vor, als eine von ihm erfahrene ungerechte Tat. Doch Abimelech konnte sich mit Recht damit verteidigen, dass er gar nichts von der Angelegenheit wusste (V. 26). Nun stand die Sache wieder zugunsten Abimelechs, und Abrahams Vorwurf erwies sich als ungerecht. Das brachte Abraham wieder eine Zurechtweisung von Seiten Abimelechs ein. Mit Recht hielt er ihm vor: „Das hättest du mir melden sollen, dann hätte ich die Sache in Ordnung gebracht.“

Hier hatte Abimelech die auch für uns heute nachahmenswerte gute Regel zur Sprache gebracht, dass man nicht etwas gegen den anderen mit sich herumtragen soll, ohne zu reden. Als erstes ist zu fragen, ob sich die Sache auch so verhält (Apg 7:1), wie man meint. Wenn mit einer fraglichen Sache so angefangen wird, kann sie mit weiterer aufrichtiger Behandlung beiderseitig befriedigend geschlichtet und beigelegt werden. Und so geschah es auch bei Abimelech und Abraham, denn der Bund kam zustande, wie die Schrift bezeugt (1Mo 21:27). „Und die zwei schließen einen Bund.“ Gemäß Vers 30 nannte Abraham „den Namen jenes Ortes B e r s c h e b a; denn dort schworen sie, die zwei“.

Dieser Bund ist nun in keiner Weise den Bündnissen gleichzustellen, die später die Nachkommen Abrahams mit götzendienerischen Nationen schloss. Im Gegenteil, da Abraham diesen Bund mit einem Edelmann schloss, hat er sogar prophetische Bedeutung. Dieses Eingehen Abrahams auf Abimelechs Antrag ist ein kleines Abbild von der großen Verheißung für Christi Königreich in Jes 19:24: „An jenem Tage wird Israel sein das Dritte (im Bunde) mit Ägypten und Assur, ein Segen inmitten der Erde. „Dass nun einen solchen Segen im Kleinen auch der Bund Abimelech/Abraham bewirkte, geht aus dem kurzen Satz hervor (v. 34): „Und es verweilte Abraham im Lande der Philister viele Tage.“ Dass sich Abrahams Wohnen im Philisterland auffällig in die Länge zog, dürfen wir als eine Frucht des friedlichen Zusammenlebens mit dem Volk Abimelechs sehen.

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5. Das große Ereignis