Jesu Christi schattenhafte Vorbildung im Alten Testament

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Abschrift des Heftes: Jesus Christus im Alten Testament
Friedrich Malessa

Selbstverlag des Verfassers, 2. Aufl.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Jesus Christus im Alten Testament

9. Jesu Christi schattenhafte Vorbildung im Alten Testament

Dieses Thema ist die Fortsetzung des vorletzten: Jesus Christus im Blickfeld der Erlösung. Schon da sahen wir Christus vorgebildet im Opfer, sowie auch in den verschiedenen Personen wie Abel, Henoch, Noah. Diese Lehre auf Christus in den vorbildlichen Dingen wird nunmehr fortgesetzt. Das letzte Thema aber, das von der Zeit der Glaubensväter handelt, ist ein willkürlicher Einschub. Willkürlich nicht von uns, sondern von der Heiligen Schrift. Wir befleißigen uns nur, die Reihenfolge der Schrift einzuhalten. Im letzten Kapitel haben wir auch festgestellt, warum dieser Einschub nötig war. Es sollten die damaligen Menschen nicht nur den Hinweis auf Christus, sondern auch das Heil des Christus haben. Das war nur durch den Glauben möglich. So ist der biblische Bericht von der Glaubenszeit eine überaus wichtige göttliche Einschaltung, die wir mit höchster Ehrerbietung respektieren und darum auch die Heilsdarstellung in der gegebenen Reihenfolge belassen müssen.

Erwähnt sei nochmals die Frage, warum der Hinweis auf Christus durch so viele vorbildliche Dinge nötig wurde. Es genügte die eine Lehre im Opfer nicht, weil sie von den meisten Menschen völlig verkannt wurde. Das Opfer, das das Heilsbewusstsein wachhalten und vertiefen sollte, ist bald zu einer sinnlosen Tätigkeit herabgesunken, in der schließlich nicht Christus, sondern der Mensch gesucht wurde. Kain suchte im Opfer nur sein „Ich“. Darum hat Gott viele andere Mittel anordnen müssen, um die Lehre auf Christus lebendig zu erhalten.

Der Mensch und sein Unvermögen

Das gehört nun einmal zu den Eigentümlichkeiten des Menschen, dass er zu jeder Fertigkeit und Fähigkeit einer langen Lehre bedarf. Solches ist kein geringer Beweis seines Unvermögens. Er ist nicht imstande, eine Sache anzufassen und sie sofort zu meistern, sondern er muss durch viel Schulung und Übung erst dahin gebracht werden, wenn er überhaupt dahin kommt. Nicht einmal die dringlichste Notwendigkeit seiner Erlösung sieht der Mensch ein, obgleich er an ihr nichts zu tun, sondern sie als Geschenk anzunehmen hat. Es muss Gott die unaussprechliche Erlösungsgabe erst durch viele Lehrmittel klarmachen und nahelegen, und dann noch ist der Mensch so verbohrt und anerkennt sie nicht. Hätte die vielseitige Erlösungslehre im Opfer nicht genügen können? Ganz gewiss! Und doch sah Gott sich genötigt, in anderen Mitteln neue Lehren zu geben, weil er sah, dass die vorbildlichen Übungen durch den Formalismus des Menschen vom eigentlichen Sinn bald ganz entleert würden. Das ist ein bedauerliches Armutszeugnis, das dem Menschen ausgestellt werden muss. Alles göttlich Tiefe und Sinnvolle entleert der Mensch zu einem nackten Schema und zu einer bloßen Form. Wie ist doch der Mensch durch die Sünde eine so oberflächliche und sich wegwerfende Kreatur geworden.

Wenn wir im weiteren Bericht des Alten Testaments die wechselvolle Geschichte Israels dargestellt erhalten, so wollen wir nicht einen Augenblick zögern und in ihr die prophetische Deutung auf Christus suchen. Die Dinge geschichtlich sehen ist wichtig, weil sie der Unterbau für die Heilsgeschichte sind. Doch haben für uns die geschichtlichen Dinge nur dann einen Wert, wenn sie prophetisch gedeutet werden. Die Zeitgeschichte Israels hat für uns nur um der Heilsgeschichte, d. h. um Christi willen eine Bedeutung. Darum sollen wir mit allem Fleiß suchen, das Alte Testament vom heilsgeschichtlichen Standpunkt zu lesen.

Mose als Vorbild auf Christus

Der knappen Darstellung wegen ist es mir nicht möglich, alle Vorbilder auf Christus, wie sie uns vom 2. Mosebuch an gegeben sind, im einzelnen zu besprechen. Wir können bestenfalls nur die anführen, aber auch nur anführen, die im Neuen Testament erwähnt sind.

Fast beiläufig ist im ersten Kapitel das Wachstum und die Bedrängnis der Kinder Israel in Ägypten erwähnt. Aus diesem Bericht leuchtet eine Persönlichkeit hervor (2Mo 2), die mit allen ihren Umständen und Beziehungen ein feiner Hinweis auf Christus ist: Mose. Man denke darüber nach, wie das Leben dieses Mannes Zug um Zug Christus vorbildet und wie auch dessen Berufsleben bis ins Kleinste typisch ist. Auch hat Mose selbst seinen Lebensweg verlängert gesehen bis in Christus, indem er sagte: „Einen Propheten wie mich wird der Herr dein Gott erwecken aus dir und deinen Brüdern, dem sollt ihr gehorchen“ (5Mo 18:15).

Mit der Person Mose ist eine ganze Serie vorbildlicher Dinge verbunden, die wir nur skizzenhaft aufführen möchten.

G e s c h i c h t l i c h e r Vorgang: H e i l s g e s c h i c h t l i c h e r Sinn:
Das Passah sollte eine stete Erinnerung sein an die wunderbare Errettung Israels aus Ägypten (2Mo 12:1-15; 23-27; 43.48.49). Christus ist der ewige Retter seines Volkes aus dem Ägypten dieser Welt (1Kor 5:7.8; Hebr 11:28).
Das Osterlamm war ohne Fehl. Nach Tötung und Röstung überm Feuer durfte das Fleisch gegessen werden. Das Blut wurde auf die Türpfosten gesprengt zur Bewahrung vor dem Würgeengel. Christus sehen wir, wie er wie ein fehlerloses Lamm zur Schlachtbank geführt wird; wir sehen sein vergossenes und gesprengtes Blut; wir sehen ihn im Feuer der Leiden, und im Glauben genießen wir ihn und würzen das Mahl mit bitteren Kräutern zur Buße.
Niemand im Volke durfte vom Essen des Osterlammes fernbleiben. Christus muss von jedermann genossen werden (Joh 6:51-56).
Das Osterlamm musste ganz gegessen werden. Christus muss in seiner Fülle erlebt werden (Kol 2:9).
Das Osterlamm war der Sammelplatz für alle Familienangehörigen Christus auf Golgatha ist die Heilszentrale für alle (1Kor 1:18; Gal 6:14; Eph 2:16; Kol 1:10).
Das Blut war für die Eingeschlossenen ein Gnadenzeichen, für die Ausgeschlossenen dagegen ein Gerichtszeichen. Christus und alles, was des Christus ist, bringt zur Scheidung und Entscheidung, entweder zur Rettung oder zur Verlorenheit (2Kor 2:15-16).
Alle Erstgeburt (Erstlinge) wurden in Ägypten geschlagen. Christus gibt das Erstlingsrecht (Jak 1:18; Röm 8:23; Hebr 12:22ff.).
Alle Passahteilnehmer mussten marschbereit sein. Christus befähigt (Eph 6:13-17).
Die Verwandlung des Wassers von bitter in süß war eine Machtoffenbarung. Israel trank in vollen Zügen am Quell der Offenbarung Gottes. Christus ist der Born des Lebenswassers (Joh 4:13.14).
Die Speisung Israels in der Wüste war eine neue Gnadenoffenbarung Gottes (2Mo 16:23-27). Christus ist das Brot des Himmels (Joh 6:30-35.48.51).
Israel wird auf den Sabbat verpflichtet (2Mo 16:23-27). Christus ist der bleibende Sabbat. Sabbat heißt Ruhe! (Mk 2:27.28; Hebr 4:1-11).
Israel stillt den Durst am Quell (2Mo 17). Christus ist die Quelle des Lebens (1Kor 10:3.4).
Gesetz! Gesetzesforderung. Christus ist des Gesetzes Erfüllung (Mt 5:17).
Gesetzeszweck (2Mo 19.20) Christus ist des Gesetzes Sinn (Gal 3:14).
Stiftshütte! Sie war nicht nur Versammlungsraum, sondern „Wohnung Gottes“ (2Mo 25). Christus ist die Offenbarungsstätte Gottes (Hebr 9:8-11).
Der Altar war die Opferstätte. Christus opferte das Leben der Tugendhaftigkeit und des Gehorsams auf dem Altar seines Lebens göttlichen Ursprungs (Hebr 13:10; Mt 23:9).
Der Altar war viereckig = Gleichmaß, Füllemaß. Christus
An jeder Ecke ein Horn = Sinnbild der Kraft. Christus
Verfertigt aus widerstandsfähigem Holz = Unvergänglichkeit Christus
Schaubrottisch sollte zur Schau tragen: 12 Brote für die 12 Stämme Israels, d. h. das ganze Israel. Christus ist zur Schau gestellt für alle Welt (Kol 2:15).
Der Leuchter sollte die Stiftshütte erhellen. Christus ist das Licht der Welt (Joh 8:12).
Waschbecken zur Reinigung. Christus reinigt uns (1Jo 1:7; Hebr 10:22).
Das Allerheiligste, die Stätte der Gottesoffenbarung. Christus offenbarte Gott (Hebr 8:5; Hebr 9:6.11).
Die Bundeslade, Deckgerät, Sühnegerät (Luther = Gnadenstuhl). Christus, der Gnadenstuhl (Röm 3:25; Hebr 4:16).
Das Priestertum. Christus ist der Hohepriester (Hebr 4:14.15).
Der Tempel. Christus ist der wahre Tempel (Mt 26:61).


Menschliche Schuld und göttliche Huld

Nicht nur die fünf Bücher Moses sind Zug um Zug ein Hinweis auf Christus, sondern genauso auch die weiteren Bücher. Erwähnt sei Jos 1:8. Dieser Vers nimmt das Thema des ganzen Buches an - Gesetz = Christus.

Weiter ist auf das Bestimmteste Christus vorgebildet im Königtum. Er ist der wahre und ewige König.

Nicht geringer ist Christus im Prophetentum vorgeschattet. Christus ist der wahre Hörer und Sprecher.

In diesem Zusammenhang beachte man auch die Lehre von dem Knecht, von dem Leidenden, von dem Lamm, welches der Welt Sünde trägt.

Lieber Leser, nenne mir einen Gegenstand des Alten Testamentes, der nicht Christus vorgeschattet hätte? Nenne mir Handlungen und Geschehnisse, und wenn es die schmutzigsten und hässlichsten sind, und ich werde dir sagen müssen, dass auch solches alles auf Christus hinweist. Denn alle Verlorenheit sucht die Rettung, und alles Verlorene sucht den Retter. Wer ist der Retter? Christus! „Es ist in keinem anderen Heil und ist kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen sie können selig werden.“ Die sehr anstößigen Berichte des Alten Testaments sind doch nichts anderes als die wahrheitsgetreue Darstellung der Schuld. Die Schuld muss in ihrer ganzen Wirklichkeit offenbar werden. Erst dann kann auch der Erlöser offenbar werden. Der Erlöser wartet immer auf den Augenblick: „Als die Zeit erfüllet war.“ Dann ist er auch in der Lage und „macht uns rein von aller Sünde“.

Lass auch von dem Gedanken ab, als ob Gott das Böse, von dem das Alte Testament stellenweise spricht, gewollt hätte. Vergiss und übersieh nicht, dass alle Bosheit im Gericht endet. Was ist Gericht? Das göttliche Nein zur Bosheit der Menschen. Gib dir bitte mal die Mühe und zähle im Alten Testament nach, wieviel mal Gott „Nein“ gesagt hat zu dem Begehren des sündhaften Menschen.

Sieh, auch die sündhaften Dinge, von denen das Alte Testament redet, führen zu Christus, denn „Gott hat sie alle unter die Sünde getan, auf dass er sich aller erbarme“. Es musste ja zuerst „die Sünde mächtig werden, auf dass dann die Gnade noch viel mächtiger würde“.

Zum Schluss sei noch einmal die Tatsache festgestellt: Das Alte Testament spricht von der menschlichen Schuld und von der göttlichen Huld. Beide Darstellungsrichtungen sind unentbehrlich, denn der Erlöser kommt nur dann in Frage, wenn die Schuld ganz herausgestellt ist. Darum ist der Sinn der alttestamentlichen Darstellung: Christus!

Lies weiter:
10. Jesus Christus in der Heilsverwirklichung