Jesus Christus in der Heilsverwirklichung

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Abschrift des Heftes: Jesus Christus im Alten Testament
Friedrich Malessa

Selbstverlag des Verfassers, 2. Aufl.

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Inhaltsverzeichnis

Jesus Christus im Alten Testament

10. Jesus Christus in der Heilsverwirklichung

Ich komme nicht umhin und muss mit einigen Worten die verlängerte Linie des Alten Testamentes zeigen. Das Alte Testament kennt keinen Abschluss, sondern geht mit voller Kraft über ins Neue Testament. Altes und Neues Testament sind zu vergleichen mit einem Halm und der darauf wachsenden Ähre, die nach einer genügenden Ausreife die volle Frucht bringt. Trenne die Ähre vom Halm und du hast von beiden Teilen nichts. Altes und Neues Testament bilden zusammen einen ganzen Satz, der, auseinandergerissen in zwei Teile, beide unverständlich macht.

Das Alte Testament ist der Hinweis auf Christus, und das Neue Testament ist das Zeugnis von Christus. Beide Testamente haben nur einen Inhalt: Christus! In Christus ist sowohl das Alte, wie auch das Neue Testament verankert.

Wenn nun das Alte Testament die Anbahnung des Heils in Christus ist, dann sollte das Neue Testament die Vollendung sein. Dem ist aber nicht so. Das Neue Testament bezeugt zur Hauptsache die Verwirklichung des Heils und nicht die Vollendung. Wir dürfen nicht übersehen, dass die ganze Heilige Schrift von vier Heilszeiten redet:

Die vier Heilszeiten

  1. Die Heilsanbahnung. Sie umfasst die Zeit der ursprünglichen Heilsvorbereitung bis zur Menschwerdung Jesu.
  2. Heilsaufrichtung. Das heißt das Zustandebringen des Heils. Es ist die Zeit von Bethlehem bis Golgatha und Ostern. „Jesus Christus im Fleisch“.
  3. Heilsvollführung, d. h. Durchführung des Heils. Das ist die Zeit von Himmelfahrt bis zur Wiederkunft Christi. Das ist die Gegenwartszeit; wir können sie auch nennen: Zeit des Heiligen Geistes oder Zeit der Gemeinde.
  4. Heilsvollendung, d. h. Abschluss des Heils. Die Abschlusszeit umfasst die für uns noch geheimnisvollen Gotteszeiten nach der Aufrichtung des Königreiches des Himmels. Hierüber haben wir nur Andeutungen im prophetischen Wort. Johannes, der das Vorrecht hatte, am weitesten zurückzuschauen, beschließt seine Zukunftsschau mit den Worten: „Komme bald, Herr Jesu.“ Nach dem Wiederkommen Jesu beginnt die Heilsvollendung. Paulus, der nicht ganz soweit zurückschauen, dafür aber weiter in die Zukunft vordringen durfte, beschließt seine Zukunftsschau mit den Worten: „Wenn aber alles ihm untertan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles gegeben hat, auf dass dann Gott sei alles in allem“ (1Kor 15:28).

Was uns gegenwärtig ist und darum uns erstlich angeht, ist die Verwirklichung des Heils. Wer das Gepräge der Heilsverwirklichung nicht begriffen hat, der weiß nichts von der Eigenart der Zeit. Was die Heilsverwirklichungszeit deutlich kennzeichnet, ist das durch Paulus geoffenbarte Geheimnis nach Eph 3. „Das Geheimnis ist groß, ich sage aber von Christus und der Gemeinde“ (Eph 5:32). Für diese biblische Wahrheit muss der Herr den Christen der Gegenwart noch viel Licht geben.

Christus und die Gemeinde

Hier ist die unterbrochene Linie der Erlösung, wie wir sie in den Kapiteln „Jesus Christus im Erlösungsanbruch“ und Jesus Christus in der Erlösungsvollendung“ festgestellt haben, fortzusetzen. Was der erste Adam versäumt und verdorben hat, das führt der zweite Adam = Christus im erlösungsmäßigen Sinn zu Ende. Der zweite Adam führt aber alles in seinem Leibe durch. Sein Leib ist die Gemeinde. Die Gemeindelinie ist darum die Verlängerung der Erlösungslinie, die beim ersten Adam unterbrochen wurde. Darum ist die Gemeinde keine Zeiterscheinung, keine Augenblickssache, sondern sie ist: vor Grundlegung dieser Welt im Heilsratschluss Gottes verborgen gewesen und jetzt geoffenbart. Oh, was für ein „Reichtum der Erkenntnis Gottes“ in der Gemeinde! Hier versteht man Paulus, wenn er im Blick auf den Gegenwartsdienst der Gemeinde sagt: „Nun freue ich mich in meinen Leiden, dass ich für euch leide, und erstatte an meinem Fleisch, was noch mangelt an Trübsalen in Christo, für seinen Leib, welcher ist die Gemeinde“ (Kol 1:24). Hier begreift man auch Paulus, wenn er im Blick auf den Zukunftsdienst der Gemeinde sagt: „Wisset ihr nicht, dass ihr die Welt und die Engel richten werdet?“ (1Kor 6:2.3). Wahrlich, solch ein Rat Gottes in der Gemeinde muss auch „die Engel gelüsten zu schauen“.

Ich kann von diesem wunderbaren Rat Gottes in der Gemeinde nicht loskommen und bin versucht, trotz des Raummangels noch einige Gedanken über die Gemeinde anzustellen. Mich beschäftigt so sehr die Frage: Welche Umstände sind in dem geoffenbarten Geheimnis (= die Gemeinde) zu erkennen?

Das geoffenbarte Geheimnis

1. Die Gemeinde ist Christi Fülle, d. h. sie ist seine Vervollständigung (Eph 1:23). Hat Christus die Fülle nötig? Ja, er hat sie nötig seit dem Ursündenfall. Da ist ihm die Schöpfer-Herrlichkeitsfülle verlorengegangen. Die muss er erlösungsmäßig wiedergewinnen. Der erste Adam sollte die Fülle wiederherstellen. Er hat das nicht getan, im Gegenteil, er hat die Fülle des Christus noch mehr verringert. Der zweite Adam hat die Vervollständigung suchen müssen; sie findet er in der Gemeinde! „Die Gemeinde ist sein Leib, nämlich die Fülle des Christus.“ Sie ist darum vor Grundlegung dieser Welt, d. h. nach dem Sündenfall dafür ersehen. Wenn in diesem Zeitalter nicht die ganze Welt sich zu Christus bekehrt, so liegt das im Ratschluss Gottes begründet. Es geht eben im Zeitalter der Gemeinde nicht um die Fülle des Heils, sondern um die Fülle des Christus! Darum spricht Paulus für diese Zeit nie von der Gewinnung der ganzen Welt, sondern „auf dass etliche gewonnen werden“. Die Herauswahl aus allen Nationen geht jetzt vor sich.
Diese Erkenntnis klärt die Begriffe zwischen Gemeinde und Reich Gottes. Reich Gottes kommt, wenn der Fülle-Christus kommen kann. Das Kommen des Reiches Gottes hängt darum von der Fülle des Christus ab. Erst muss Christus zur Fülle durch seine Gemeinde gelangen, dann kommt er, um sein Reich aufzurichten. Darum geht es in dieser Zeit in erster Linie um die „Auferbauung der Gemeinde“ und dann um das Kommen des Reiches.
2. Wenn dann die „Fülle Christi“ da ist, d. h. wenn die Gemeinde durch die Erstlingsauferstehung und Entrückung mit ihm vereinigt sein wird, dann tritt das Reichsvollendungsgeschehen ein, angedeutet mit den Worten: „der alles in allen erfüllen wird“ (Eph 1:23b). Der „vollendete“ Christus kann dann das Heilswerk vollenden. Das, was noch für Israel aussteht, auch für die „Nationen“ aussteht, kommt dann durch den „Fülle-Christus“ zur Vollendung. Paulus sieht darum die Gemeinde immer in einem besonderen Wirkerstand (1Kor 6:2.3).

Das soll unser Bestreben bleiben, die zwei Tatsachen der Bibel immer klarer herauszustellen:

a) Fülle des Christus durch die Gemeinde;
b) Heilsvollendung durch den Fülle-Christus, d. h. durch Christus und die Gemeinde.

Der Reichsanbruch, wie er im Alten Testament erwartet und am Anfang des Neuen Testamentes dargestellt wird, findet am Ende unserer Tage den Eingang in die Vollendung. Inzwischen ist die Heilsverwirklichung des Christus in der Gemeinde.

“Oh, welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und Erkenntnis Gottes. Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege. Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.
Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ Amen.

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11. Nachtrag zu 1Mo 1:27