Die Weissagung von den 70 Jahrwochen!

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Auszüge aus dem Buch: "Das feste prophetische Wort" von Pastor A. Fünning
erschienen 1947 im Christlichen Allianzverlag, Fellbach

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Kapitel davor:
8. Nebukadnezars Monarchienbild, ein Abriss der Weltgeschichte

9. Die Weissagung von den 70 Jahrwochen!

In Dan 9:24-27 haben wir eine der schwersten, aber auch der gewaltigsten und inhaltsreichsten Weissagungen des ganzen prophetischen Wortes. Es ist auch die einzigste Stelle im Buch Daniel, welche die Erscheinung des Messias ins Fleisch und seiner Verwerfung behandelt. Diese Verse sind geschrieben im Stil des oberen Heiligtums, sind sehr kurz, prägnant abgefasst, aber sie enthalten ungeheuer viel.

"Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, so wird dem Übertreten gewehrt (genauer: so wird die Übertretung zum Abschluss gebracht) und die Sünde abgetan und die Missetat versöhnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht und die Gesichte und Weissagung versiegelt und ein Hochheiliges gesalbt werden" (Dan 9:24).

Was bedeuten die 70 Jahrwochen?

Der Hebräer kennt das Wort "Woche" nicht, statt dessen sagt er "Siebenheit", d.h. eine Einheit von sieben, hier eine Einheit von sieben tagen. Da "Siebenheit für uns nicht deutsch ist, so gebrauchen auch wir das bei uns so viel gebräuchliche Wort "Woche". In Dan 9:24 heißt es nun: "Siebzig Wochen (Siebenheiten) sind bestimmt über dein Volk und deine heilige Stadt." Entweder ist nun hier gemeint 70 Wochen von Tagen = 490 Tage, oder 70 Wochen von Jahren = 490 Jahre. Da Daniel sich mit der durch Jeremia festgelegten Zahl von 70 Jahren der babylonischen Gefangenschaft ernstlich beschäftigt hatte (Dan 9:2), so ist es sehr natürlich, dass wir bei den 70 Siebenheiten oder Wochen auch nur an Jahre zu denken haben, was hier auch tatsächlich der Fall ist, also 70 mal sieben Jahre, gleich 490 Jahre. Der Prophet hatte sich in die Erlösung seines Volkes vertieft und nahm an, eben infolge des Studiums des Propheten Jeremia, dass nach der 70jährigen Gefangenschaft die messianische Erlösung für sein Volk anbrechen werde. Doch er wird vom Engel Gabriel korrigiert, der ihm zeigt, dass nicht 70 Jahre, sondern 70 mal sieben Jahre, gleich 490 Jahre dazwischen liegen, bis die volle messianische Erlösung anbreche. Die seitherige Erfüllung dieser Weissagung hat ihre Genauigkeit bestätigt.

Was soll in diesen 70 Jahrwochen geschehen?

Sechs große Dinge oder Tatsachen erwähnt der Engel (Dan 9:24) die wie folgt heißen:

1. die Übertretung kommt zu Ende.
2. Die Sünde wird abgetan.
3. Die Missetat wird versöhnt. Hier führt der Engel den Daniel schon nach Golgatha, wo die Übertretung zu Ende kam, die Sünde abgetan und die Missetat versöhnt wurde. Doch noch weitere, herrliche Tatsachen erwähnt Gabriel.
4. Die ewige Gerechtigkeit (genauer: die Gerechtigkeit der Ewigkeiten) wird gebracht.
5. Gesichte und Weissagung werden versiegelt und
6. ein Allerheiligstes soll gesalbt werden.

Auch diese Worte sind nur von dem zu verstehen, der durch sein Blutvergießen und durch seine Auferstehung unsere Gerechtigkeit geworden ist, von dem einst auch Israel bekennen wird: "Im Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke" (Jes 45:24). Hier ist zu betonen, dass die Weissagung (Dan 9:24-27) nicht die Heiden, sondern nur Daniels Volk und die heilige Stadt Jerusalem betreffen, wie der Engel sehr klar im Anfang des 24. Verses lehrt. Dieses Weissagungen haben also mit der Kirche nichts zu tun. Ferner gehen diese Worte auf Israels Zukunft, haben sich also für Israel noch nicht erfüllt, denn Israels Abfall ist noch nicht zu Ende, auch seine Sünden sind noch nicht abgetan. Wenn aber die Zeit der Heiden erfüllt sein und der verworfene Menschensohn zum zweiten Mal kommen wird und sie den ansehen, den sie durchstochen haben, dann wird dieses alles geschehen. Denn also steht geschrieben:

"Es wird aus Zion der Erlöser kommen, der wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden. Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde" (Röm 11:26-27). Vgl. Mi 7:18ff. -

In jener Zeit, wenn der Herr seinem Volk gnädig sein und auch die Gerechtigkeit der Ewigkeiten einführen wird, das ist dann "die Fülle der Zeiten" (Eph 1:10), in welcher der König regieren wird in Gerechtigkeit (Jes 32:1-20). Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden und Treue der Gurt seiner Hüften sein (Jes 11:5). Dann wird Gerechtigkeit auf Erden aufgerichtet sein und herrschen und Jerusalem wird die Stadt der Gerechtigkeit genannt werden (Jes 1:26; Jer 33:14-16). Gesicht und Prophetie wird dann versiegelt werden, weil dann die herrliche Erfüllung da ist. Auch ein Allerheiligstes wird gesalbt werden. Dieses Allerheiligste bezieht sich nicht auf den Herrn Jesus, wie manche meinen, sondern ist ein neuerbauter Tempel inmitten Jerusalems, wie der Prophet Hesekiel (Hes 40.-48) sehr klar beschrieben und geweissagt hat. Wir müssen immer wieder daran erinnern, dass diese Weissagungen sich nicht auf die Heiden, auch nicht auf die Kirche, sondern, wie schon oben erwähnt, nur auf Daniels Volk, Israel und Jerusalem beziehen. Halten wir uns dies stets vor Augen, das bewahrt uns von Irr- und Abwegen.

Die Einteilung der 70 Jahrwochen

"So wisse nun und merke: Von der Zeit an, ausgeht der Befehl, dass Jerusalem soll wieder gebaut werden, bis auf den Gesalbten (Messias), den Fürsten sind sieben Wochen und 62 Wochen, so werden die Gassen und Mauern wieder gebaut werden, wiewohl in kümmerlicher Zeit" (Dan 9:25).

Nach einer allgemeinen übersichtlichen Angabe dessen, was die 70 Jahrwochen für Daniels Volk und Jerusalem enthalten (Dan 9:24), erteilt Gabriel dem Daniel nun noch nähere Aufschlüsse über dieselben. Diese Aufschlüsse werden eingeführt mit der Ermahnung: zu wissen und zu verstehen. Dann teilt Gabriel die 70 Jahrwochen ein in drei Teile, und zwar wie folgt: Der erste Teil besteht aus sieben Jahrwochen, gleich 49 Jahren; der zweite Teil besteht aus 62 Jahrwochen, gleich 434 Jahre; der dritte Teil dann besteht aus einer Woche, die letzen sieben Jahre. - Auch der genaue Ausgangspunkt der Berechnung der 70 Jahrwochen wird dem Propheten mitgeteilt.

"Von der Zeit an, da ausgeht der Befehl, dass Jerusalem soll wieder gebaut werden."

Wir finden in der Geschichte des aus Babel zurückgekehrten Volkes einen vierfachen königlichen Befehl: 1. Der Befehl des Kores zur Rückkehr Israels in sein Land und zum Wiederaufbau des Tempels im Jahr 536 (2Chr 36:22; Esr 1:1-3).

2. Der Befehl des Darius (Esr 6:3-15), zur Fertigstellung des Tempels. Diese beiden ersten Befehle umfassen die Zeit des Tempelbaus unter dem Fürsten Serubabel und dem Hohenpriester Josua und den beiden Propheten Haggai und Sacharja. Diese Periode umfasst die beiden ersten Jahrzehnte nach ihrer Rückkehr aus Babel 536-516, bis zur Vollendung des Tempels. Diese beiden ersten Befehle sind hier (Dan 9:25) nicht gemeint.

3. Der Befehl des Königs Artaxerxes des Ersten oder Artasata, im siebten Jahr seiner Regierung, gegeben zur Befestigung des Kultes und des Rechtsverfahrens in Jerusalem (Esr 7:8ff). Da Artaxeerxes von 464-424 regierte, so war das siebte Jahr seiner Regierung das Jahr 457. Viele rechnen nun von diesem Jahr an die 70 Jahrwochen. In Dan 9:25 heißt es nun: "Von der Zeit an, da ausgeht der Befehl, dass Jerusalem soll wiederum gebaut werden, bis auf den Gesalbten, den Fürsten", das ist niemand anders als der Messias Jesus Christus - sind sieben Wochen und 62 Wochen, gleich 483 Wochen, bzw. Jahre. Rechnen wir nun vom Jahr 457 vor Christus 483 Jahre ab, so kommen wir auf das Jahr 26 unserer Zeitrechnung. Da unsere Zeitrechnung vom Ab Dionysius im siebten Jahrhundert aufgestellt, nicht richtig, sondern um vier Jahre zurück ist, so finden wir hier die überraschende Wahrnehmung, dass die 69 Wochen Daniels im Jahr 30 zu Ende gingen, das entspricht dem 26. Jahr unserer Zeitrechnung. In diesem Jahr wurde Jesus im Jordan von Johannes getauft, mit dem heiligen Geist erfüllt und trat sein Lehramt an (Lk 3:23). Die einzigste Schwierigkeit der Annahme dieses Datums ist die, dass in dem Geleitbrief, welche Artaxerxes im Jahr 457 dem Esra mitgab, nichts vom Wiederaufbau Jerusalems verzeichnet steht, sondern nur davon, dass er den Kultus und die Rechtspflege befestigen und ausbauen soll.

4. Endlich wird noch ein Befehl (Neh 2.) mitgeteilt. Im 20. Jahr des vorhin erwähnten Artaxerxes, das ist das Jahr 444, also 13 Jahre später, nachdem derselbe König dem Esra den Geleitbrief gegeben hat, erhielt Nehemia auf seine Bitte hin Erlaubnis, Jerusalem aufzubauen. Diese Erlaubnis und der königliche Befehl an die Landpfleger führten dann tatsächlich zum Wiederaufbau der Mauern und der Stadt Jerusalem. In dieser Zeit wirkte der Prophet Maleachi. Von dem Schicksal der Juden, die nicht heimkehrten, erzählt das Buch Ester. Doch welche Zahl wir auch immer als Ausgangspunkt der 69 Jahrwochen nehmen, 457 oder 444 vor Christus, in beiden Fällen werden wir nach Verlauf der 69 Jahrwochen in die Zeit des Messias geführt, wie Dan 9:25 sagt: "Bis auf den Gesalbten". Da ist ein ziemlicher Spielraum gelassen, es heißt nicht nicht: Bis zur Geburt oder Taufe oder Kreuzigung usw. sondern einfach: "Bis auf den Gesalbten".

"So werden die Gassen und Mauern wieder gebaut werden, wiewohl in kümmerlicher Zeit."

Waren die ersten sieben Wochen bzw. Jahrwochen, die Zeit der Wiederherstellung der Stadt, so sind die letzten 62 Jahrwochen die Zeit des kümmerlichen Aufbaus, nur eben ausreichend, damit in diesem so notdürftig wieder hergestellten Volkswesen Gottes Sohn im Fleisch erscheinen konnte.

Die Weissagung vom Gesalbten (Messias)

"Und nach den 62 Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden" (Dan 9:26)-

Hier haben wir die erste genaue Zeitangabe des ersten Kommens Christi, die Hoffnung Israels..Nur eine Begebenheit von ihm wird hier mitgeteilt. Doch nicht etwa seine Geburt oder eine seiner herrlichen Taten, sondern sein Tod am Kreuz wird hier vorher verkündigt. Ja, nach 69 Jahrwochen erschien wirklich der Gesalbte, der lang Verheißene und Ersehnte. Doch wie erging es ihm? Sein Volk huldigte ihm nicht nur, sonder er wird von demselben ermordet und ausgerottet. Das Wort im Hebräischen für "ausgerottet" ist dasselbe, das man für die Schlachtung der Opfertiere gebrauchte. Also nicht in Herrlichkeit werde der Messias erscheinen, wie Daniel angenommen hatte, sondern er wird, wenn er erschienen, von seinem Volk geschlachtet, geopfert werden. Das war die schauerliche Weissagung, die der Engel dem Daniel, wo er vom Messias zum ersten Mal in diesem Buch redet, eröffnet. Wie mag Daniel sich entsetzt haben ob dieer schauerlichen Weissagung!? "Und wird nichts mehr sein." Das sieht nicht danach aus, als hätte Christus bei seiner Himmelfahrt den ihm in Aussicht gestellten Thron seines Vaters David (Lk 1:32), erhalten! Nein, das Ihm gebührende und nur Ihm gehörende Königreich wird Er erst bei seiner Wiederkunft erhalten.

Weissagung über die Zerstörung der Stadt und des Tempels

"Und das Volk eines Fürsten (oder kommenden Fürsten) wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören, dass es ein Ende nehmen wird wie durch eine Flut" (Dan 9:26).

Das ist die Antwort auf die Ausrottung des Messias. Die Römer unter Vespasian und Titus erfüllten im Jahr 70 nach Christus diese Weissagung, genau wie der Engel und auch Jesus vorher verkündigt hatten (Lk 19:41-44). Ja, Jerusalem, Volk und Land nahm ein Ende mit Schrecken: es wurde hinweg geschwemmt wie durch eine oder von einer daher rollenden, brausenden Flut, wie unser Text sagt, weil es sie die wunderbare Gnadenzeit nicht erkannt hatten, was zu ihrem Frieden diente.

Schicksal der Juden bis zum Ende der 70. Jahrwoche

"Und bis zum Ende wird Krieg stattfinden, festbeschlossene Verwüstungen" (Dan 9:26c).

Hier haben wir einen genauen Abriss der jüdischen Geschichte, ihres Volkes, Landes und ihrer Stadt seit der Ausrottung des Messias. Es ist das gleiche, was Jesus sagt in Lk 21:24:

"Und sie werden fallen durch des Schwertes Schärfe und gefangen weggeführt werden unter alle Völker; und Jerusalem wird getreten werden von den Heiden, bis dass der Heiden Zeit erfüllet wird."

Beide Weissagungen, die dem Daniel durch Gabriel gegeben, und die des Herrn Jesus selbst zeigen, uns Israels trauriges Los in diesem Zeitalter, das heute noch andauert, ja dauern wird bis zum Ende der Zeiten der Heiden, ja bis zum Schluss der 70. Jahrwoche.-

Wir haben gesehen, dass mit dem Ausrotten des Messias die 69 Jahrwochen vorüber waren. Stadt und Heiligtum sollten zerstört werden. Aus der Geschichte wissen wir, dass das mehrere Jahrzehnte nach dem Ausrotten des Messias tatsächlich stattfand, und zwar im Jahr 70 nach Christus. Dann lesen wir Dan 9:26: "Bis zum Ende wird Krieg stattfinden, festbeschlossene Verwüstungen." Wann aber dieses Ende sein wird, ist nicht gesagt. Die unbestimmte Zwischenzeit dauert jetzt schon über 1900 Jahre. Wir haben demnach zwischen der 69. und 70. Jahrwoche (die heute noch nicht angebrochen ist) eine große Lücke, einen Zwischenraum von unbestimmter Dauer. Solche Zwischenräume finden wir mehrere in der Schrift (z. B. Jes 9:5-6). Im 5. Vers heißt es: "Uns ist ein Kind geboren..." und im 6. Vers ist ein Zwischenraum von beinahe 2000 Jahren. Ferner Jes 11:1 lesen wir: "Und es wird eine Rute aufgehen...", das fand von über 1900 Jahren statt. Dann fährt der Prophet fort und beschreibt in den nächsten Versen sein herrliches Regiment im tausendjährigen Königreich, welches er heute noch nicht angetreten hat. Wiederum eine Lücke von beinahe 2000 Jahren. Siehe ferner Jes 61:1-2 und Lk 4:18-19, ferner Mt 3:11 und andere.

Während dieser großen Zwischenzeit ist Israel unter alle Völker zerstreut worden, genau wie Jesus geweissagt hatte, und die im Gesetz und in den Propheten angedrohten Leiden und Strafen sind in jeder Generation buchstäblich in Erfüllung gegangen bis auf den heutigen Tag. Doch Israel ist nicht untergegangen. Nein, nein, es lebt immer noch, genau wie der Herr Jesus auf dem Ölberg, auf die 70. Jahrwoche bezugnehmend, sagte: "Dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles dies geschehen ist" (Mt 24:34).

Doch nach Israels zeitweiliger Beiseitesetzung hat der Herr noch etwas Wundervolles getan. In diesem langen Zwischenraum nämlich hat der Herr in seiner Gnade das selige Geheimnis der Ewigkeiten geoffenbart, nach welchem, wie Jakobus auf dem Apostelkonzil zu Jerusalem (Apg 15.) ausführt, der Herr die Heiden heimgesucht hat, um aus ihnen ein Volk für seinen Namen zu gewinnen; oder wie Paulus dies Geheimnis erklärt, Eph 3:6: "nämlich, dass die Heiden Miterben seien und mit eingeleibt und Mitgenossen seiner Verheißung in Christo durch das Evangelium." Dies selige Geheimnis war seinen Propheten, auch dem Daniel nicht geoffenbart worden, sondern verschwiegen von Ewigkeit her Eph 3:3-5; Gal 1:11-12; Röm 16:25-26). Ja, Israels Fall war die Versöhnung und der Reichtum der Welt (Röm 11:11-12), und die Folge war und ist: eine Gemeinde, gebildet durch Christi Blut und Geist und gesammelt aus allen Völkern der Erde, einschließlich Israel. Angesichts dieser wunderbaren Wege ruft Paulus anbetend aus:

"O, welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes. Wir gar unbeschreiblich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege" (Röm 11:33).

Gehörst du zu dieser wunderbaren, blutgewaschenen Gemeinde Jesu Christi, welche ist sein Leib, die Fülle des, der alles in allem erfüllt? (Eph 1:23). -

Der Inhalt der 70. Jahrwoche

"Und er wird aber mit den vielen einen festen Bund schließen, für eine Woche. Und mitten in der Woche wird er das Opfer und Speiseopfer aufhören lassen. Und bei den Flügeln werden Gräuel des Verwüsters stehen, bis das Verderben, welches beschlossen ist, sich über den Verwüster ergießen wird" (Dan 9:27).

Diese 70. Jahrwoche wird selbstverständlich von gleicher Zeitdauer sein wie die übrigen 69, nämlich 7 Jahre. Doch jeder Versuch, auf die 69. Jahrwoche sogleich die 70. folgen zu lassen, stößt auf unüberwindbare Schwierigkeiten, die nicht zu beseitigen sind. So wird zum Beispiel vom Engel Gabriel in Dan 9:24 mit großer Bestimmtheit betont, dass die 70 Wochen der genaue Rahmen seien, innerhalb dessen das Gericht über Israel als Volk und dessen heilige Stadt Jerusalem sich erschöpfen werde, mit anderen Worten: nach den 70 Jahrwochen breche Israels Herrlichkeit herein. Folgt aber auf die 69. Woche sofort die 70., dann hätte diese mehrere Jahrzehnte vor der Zerstörung Jerusalem ihren Abschluss gefunden. Was würde aber in diesem Fall mit der Weissagung des 26. Verses, Zerstörung der Stadt und des Heiligtums durch die Römer im Jahr 70 nach Christus, viele Jahre nach Ablauf der sogenannten 70. Jahrwoche? Ferner:

"Bis ans Ende wird Krieg sein, festbeschlossene Verwüstungen?"

Das sieht nicht danach aus, als wenn die Messiasherrlichkeit dem Israel schon aufgegangen wäre; das gerade Gegenteil ist der Fall. Nein, Israels lange Nacht ist noch nicht zu Ende, es geht noch in der Irre; folglich steht auch die 70. Jahrwoche noch aus.

"Er wird aber mit vielen einen festen Bund schließen für eine Woche" (Dan 9:27). "Mit vielen", d. h. mit der Masse des jüdischen Volkes. Wer ist nun der, der mit vielen des jüdischen Volkes einen festen Bund schließt für eine Woche? Ist es Christus, wie manche irrtümlicherweise lehren? Nein! Christus hat einen ewigen Bund geschlossen aber nicht einen solchen für sieben Jahre. Wir müssen uns immer wieder vorhalten, dass alles, was von den 70 Jahrwochen geweissagt wird, nicht die Heiden, auch nicht die Kirche, sondern einzig und allein nur Daniels Volk, Israel und Jerusalem betrifft. Nein, derjenige, der einen festen Bund mit den vielen für eine Woche schließen wird, ist das kleine Horn, das in Dan 7. beschrieben ist, aus dem vierten Reich hervorgehend, in Offb 13. als das Tier aus dem Meer (Völkermeer) aufsteigen wird; der Antichrist.

Was Napoleon nicht gelang, das wird ihm gelingen, sich für den Messias der Welt und Israels auszugeben. Er wird, da er die Jude und ihr Geld braucht, ihren Wünschen entgegenkommen. Jedenfalls wird er ihnen weitgehende Vorrechte wie Besitz des Landes Palästina, Aufrichtung eines Judenstaates, Erbauung des Tempels und Wiederherstellung des mosaischen Kultus gewähren. Die große Masse des jüdischen Volkes, mit der Schrift unbekannt, wird ihm zulaufen. Mit ihr schließt er einen Bund, zuerst einmal für sieben Jahre. Der Zionismus in eigener Kraft und im Unglauben ist ein Schritt in dieser Richtung. Doch der Antichrist kann den Bund wohl mit vielen, aber nicht mit allen schließen. Der gläubige Überrest aus Israel, de wir im ganzen Alten Testament und auch im Neuen, und besonders in der Offenbarung finden, und der Fleisch nicht für seinen Arm hält, der wird mit diesem irdischen Machthaber nichts zu tun haben wollen, sondern er vertraut dem Herrn.

Die Mitte der 70. Jahrwoche

"Und inmitten der Woche wird er das Opfer und Speiseopfer aufhören lassen." Die Ursache, dass er mitten in der Woche, also nach dreieinhalb Jahren, den mit den Juden geschlossenen Bund bricht, und infolge dessen Schlacht- und Speisopfer aufhören lässt, ist wohl das Auftreten und Zeugnis der beiden wunderbaren Ölkinder, von denen zuerst der Prophet Sacharja (Sach 4.), und später Johannes auf Patmos (Offb 11:3ff) geweissagt haben; ferner das Auftreten der 144.000 aus Israel. Die Wirksamkeit der beiden Zeugen an und in Israel dauert, wie Johannes bezeugt, 1260 Tage oder genau dreieinhalb Jahre. Das ist die erste Hälfte der 70. Jahrwoche. -

Infolge der Wirksamkeit der beiden Zeugen Gottes und der 144.000 in Israel, die eine teilweise nationale Bekehrung Israels (Mal 3:34) bewirkte, wird das Tier schrecklich erbost sein und es wird in nie da gewesener Weise gegen die treuen Zeugen, überhaupt gegen die Heiligen Gottes wüten und sie umbringen. Denn also steht geschrieben, Offb 11:7:

"Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben werden, so wird das Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt, mit ihnen Krieg führen, und wird sie überwinden und wird sie töten." Und Offb 13:7:
"Und es wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden."

Genau dassselbe sagt Daniel vom kleinen Horn, dem Antichrist der Letztzeit (Dan 7:20-21). Derselbe wird freche Reden halten, Lästerreden gegen Gott und seinen Namen halten und lästern gegen seine Hütte und die, welche im Himmel wohnen. Ferner wird er Zeit und Gesetz ändern, alle Tempelfunktionen aufheben, ja er wird sich selbst in den Tempel Gottes, sicherlich in Jerusalem setzen und sich als Gott anbeten lassen. (2Thes 2:4). Das Wüten des Antichristen dauert 1260 Tage oder 42 Monate, gleich 3 1/2 Jahre (Offb 11:2.3; Offb 12:6.14; Offb 13:5). Das ist die andere, die zweite Hälfte der 70. Jahrwoche. Die grauenvolle Arbeit des Antichristen in dieser Zeit wird (Offb 13:11-17) sehr genau beschrieben. In dieser Zeit, d. h. in den 3 1/2 Jahren der letzten Hälfte der 70. Jahrwoche, findet auch die große Trübsal statt (Dan 12:1; Mt 24:21), wie eine solche nie gewesen ist noch sein. Das wird die letzte Trübsal sein, durch welche das Volk Gottes, der Überrest aus Israel und die aus den Heiden, zu gehen haben, aus welcher sie durch die herrliche Erscheinung des Menschensohnes gerettet werden.

Der Gräuel der Verwüstung

"Und bei den Flügeln werden Gräuel des Verwüsters stehen bis das Verderben, welches beschlossen ist, sich über den Verwüster ergießen wird."

Hier ist nun zu vergleichen, was der Herr Jesus in seiner großen Wiederkunftsrede über den Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte spricht: (Mt 24:15; Mk 13:15). In dieser Rede richtet der Herr seinen Blick bei der Schilderung der Zerstörung Jerusalems in die ferne Zukunft, in welcher das Jerusalem der Letztzeit unter der Herrschaft des Antichristen stehen und schreckliche Leiden erdulden wird. in der Wiedergabe dieser Rede schildert Lukas augenscheinlich die Zerstörung Jerusalems seiner Tage, während Matthäus und Markus das Jerusalem der Letztzeit schildern. Das Heiligtum Jerusalems der Letztzeit wird mit Gräueln und Gräuelgötzen entweiht, ja verwüstet werden, und die abgefallene Masse wird den Drachen und das Tier anbeten (Offb 13:4.12). Von dieser Verwüstung und Entweihung des Heiligtums redete der Engel Gabriel (Dan 9:27 und der Herr auf dem Ölberg (Mt 24.).

Wenn es nach dem Wissen des römischen Feldherrn Titus gegangen wäre, dann wäre das Heiligtum des damaligen Jerusalems schon mit Gräueln aller Art und Gräuelgötzen entweiht ja verwüstet worden. Er befahl bei der Einnahme, unter allen Umständen den Tempel zu schonen. Wäre dieser Befehl durchgeführt worden und der Tempel erhalten geblieben, dann hätten die Römer nachher in diesem eroberten Tempel des unterjochten Volkes nach ihrer Sitte Bilder von Cäsaren und Götzen der römischen und unterjochten Völker aufstellen, verehren und anbeten lassen. Aber gegen die Willen des Titus schleuderte ein Soldat eine brennende Fackel in den Tempel, worauf derselbe sofort Feuer fing und trotz aller Bemühungen der römischen Soldaten bis auf den Grund niederbrannte. Auch aus diesem Umstand sehen wir, dass diese Weissagung in der Zerstörung Jerusalems nicht ihre erschöpfende Erfüllung gefunden hat, sich aber in der Zukunft erfüllen wird.-

Der hier geschilderte Verwüster, der das Heiligtum Gottes mit Gräuelgötzen verwüsten wird, ist der Antichrist, wie oben geschildert. Er wird verwüsten, bis über den Verwüster selbst Vernichtung kommen wird, den der Herr Jesus mit dem Hauch seines Mundes vernichten wird durch die Erscheinung seiner Ankunft am Ende der 70. Jahrwoche (2Thes 2:8). Also nach der sehr deutlichen Erklärung Gabriels, dass mit der 70. Jahrwoche alle furchtbaren Gerichtsheimsuchungen des Volkes Israel und seine Stadt ein Ende haben werden, diese Drangsal jetzt aber noch nicht zu Ende ist, ja erst noch kommen werde, so liegt diese Woche noch in der Zukunft. Wie weit wir von dieser letzten, der 70. Jahrwoche, entfernt sind, wissen wir nicht, denn Zeit und Stunde hat sich der Vater vorbehalten. Und doch weisen viele Zeichen der Zeit darauf hin, dass wir seh nahe der 70. Jahrwoche uns befinden. (nach Prof. E. Ströter)

So hat Daniel auf sein gläubiges, ernstes Gebet hin (Dan 9:23), und durch gläubiges Forschen im prophetischen Wort (Dan 9:2), wunderbare Aufschlüsse über Israel, des Volkes Gottes Ergehen bis in die ferne Zukunft, ja bis zur zweiten Wiederkunft des Herrn in großer Kraft und Herrlichkeit, erhalten.

Das Kommen des Herrn

Das nächste große und kostbare Ereignis für die Gemeinde des Herrn ist das Kommen des Herrn für seine Heiligen, die Heimholung der Leibesgemeinde, die in dem großen Zeitraum zwischen der 69. undr 70. Jahrwoche aus allen Völkern gesammelt wird. Dies glorreiche Ereignis der Heimholung der Leibesgemeinde wird vor der 70. Jahrwoche stattfinden. Doch da unser Text davon nichts redet und reden konnte (nach Eph 3:5), so haben wir dasselbe hier des Zusammenhanges wegen bloß angeführt. Dieses kostbare Ereignis ist an anderer Stelle behandelt, und zwar in der Arbeit: Die glückselige Hoffnung des Volkes Gottes.

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10. Die Gemeinde Jesu Christi - das große Meisterwerk Gottes