Die Apostelgeschichte Kapitel 23

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Abschrift Apostelgeschichte in täglichen Andachten Band I - VI
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

23. Die Apostelgeschichte Kapitel 23

Paulus vor dem Hohen Rat (Teil 2)
Mordanschlag gegen Paulus
Paulus wird nach Cäsarea gebracht

Paulus vor dem Hohen Rat

Apg 23:1

„Paulus aber sah das Synedrium fest an und sagte: Männer, Brüder! Ich habe mit allem guten Gewissen bis auf diesen Tag als Bürger für Gott gewandelt.“

Beachten wir zuerst: Das jüdische Recht stößt Paulus aus als einen, der nicht zu leben verdient – das römische Recht hingegen nimmt ihn in Schutz! So gesehen gewinnt auch seine kurze Rede an Bedeutung!

Vordergründig war es der römische Oberst, der endlich Klarheit darüber wollte, was es mit Paulus auf sich hat; dazu stellte er ihn zu einem mündlichen Verhör in die Mitte der jüdischen Führer. Da Paulus als Pharisäer einmal ein angesehenes und sicher auch einflussreiches Mitglied dieses Hohen Rates war, kannte er viele des Hohen Rates persönlich. Seine totale Verwandlung vom Verfolger zum Apostel Christi Jesu war seinen ehemaligen Ratskollegen unverständlich, ja ein Dorn im Auge. Sie waren von Anfang an weder bereit noch willens, ihn anzuhören, geschweige denn, seine Verteidigung anzunehmen! Es hätte ein letzter Appell an die führenden Juden sein können, Jesus als ihren Messias anzuerkennen, doch so weit kam es gar nicht!

Paulus wird also unter das Synedrium gestellt und beginnt zu reden, was im Grunde ohne eine Aufforderung des Hohen Rates ungebührlich war. Aber schauen wir auf das Wesentliche: Er hebt als Erstes sein gutes Gewissen hervor, und dies im Blick auf seinen Wandel vor und nach seiner Berufung! Damit sagt Paulus aus, dass auch die Zeit, wo er all jene verfolgte, die an Jesus glaubten, vor seinem Gewissen „rechtens“ war! So bezeugt uns Paulus, dass alle Wege nicht nur aus Gott sind, sondern auch zu Ihm hin! Das Böse und Finstere muss genauso dazu dienen, Gott zu finden und zu erkennen, wie das Gute! Wenn wir das erkennen, liebe Geschwister, kann uns auch unser altes Leben nie mehr beunruhigen, vielmehr darf uns ein tiefer göttlicher Friede ausfüllen! Wir sind all unsere Wege, die Höhen wie auch die Tiefen, nicht nur als Bürger Gottes gewandelt, sondern auch als Geliebte und Auserwählte in unserem Herrn Jesus Christus!

Apg 23:2

„Darauf gebot der Hohepriester Ananias denen, die bei ihm standen, ihn auf den Mund zu schlagen.“

Was hat den Hohepriester Ananias an den wenigen Worten des Paulus denn so geärgert, dass er den Befehl gab, ihn auf den Mund zu schlagen? Wenn wir darüber nachdenken, so sind es wohl mehr die Äußerlichkeiten, die den Hohepriester reizten:

Zum Ersten ließ Paulus in seiner Anrede „Männer, Brüder!“ die Väter weg, die er ja Tags zuvor noch genannt hatte (siehe Apg 22:1). War das Absicht vor dem Hohen Rat? Nach 1Jo 2:13 verdienen nur solche die Anrede „Väter“, die den erkannt haben, der von Anfang an ist. Dieses Kennzeichen verlieh Paulus den versammelten geistlichen Führern Israels jetzt nicht mehr – es fehlte ihnen noch viel Erkennen der Wege Gottes! Zum Zweiten reizte wohl den Ananias, dass Paulus nicht wartete, bis er zum Reden aufgefordert wurde, (was vor dem Hohen Rat üblich war).

Paulus hat also „mit der Missachtung der Höflichkeitsregeln“ für uns gut erkennbar die geistlichen Führer des Volkes Israels bloßgestellt. Daher der Befehl des Ananias, ihn auf den Mund zu schlagen! Doch es steckt noch mehr dahinter: Paulus erkannte im Synedrium nicht mehr seine eigentliche Obrigkeit! Für Paulus war diese Obrigkeit die römische Herrschaft, die ja auch durch den römischen Oberst markiert wurde, der sich vor ihn stellte und ihn beschützte. Dies alles mochte der Hohepriester Ananias herausgefühlt haben und sah sich damit in seinem Stolz und Ehrgeiz gekränkt, was ihn dann auch zu dieser doch ungesetzlichen Handhabung hinreißen ließ.

Halten wir fest: Fehlender Respekt vor dem Hohen Rat sowie der Hinweis, dass sein Leben vor wie auch nach seiner Bekehrung dem Willen Gottes entsprach, also sein Gewissen nicht belasten brauchte, war der Anlass der heftigen Reaktion des Ananias.

Apg 23:3

„Da sagte Paulus zu ihm: Gott ist im Begriff, dich zu schlagen, du getünchte Wand! Du sitzt hier, um mich nach dem Gesetz zu richten; doch gesetzwidrig befiehlst du, mich zu schlagen!“

Zugegeben: Pauli Antwort auf das Geschehen ist schon heftig und man hat ihm deshalb auch schon unterstellt, seine Worte seien seiner Neigung zu hitzigen Reaktionen und seinem Temperament zuzuschreiben – was wir aber hier nicht sehen wollen! Pauli Abwehr einer ungesetzlichen Handlung seitens des Ananias war also nicht der Ausbruch einer unbeherrschten Leidenschaft, sondern vielmehr ein vom Geist geführtes Zeugnis wider die Haltlosigkeit der jüdischen Gesetzesauffassung (darüber hinaus konnte er ja gar nichts sagen, was nicht durch Gottes Wille gewirkt war!!!). So wie der Hohepriester Ananias das Gesetz im Interesse seines „Ichs“ missbrauchte, so tat es im Grunde das ganze Volk! Ananias verkörperte also das Gesamtvolk Israel.

Mit „getünchte Grüfte“ hat Jesus Selbst in Mt 23:27 die Schriftgelehrten und Pharisäer bezeichnet, Er deckte mit dieser ähnlichen Bezeichnung den Widerspruch zwischen Schein und Sein der geistlichen Führerschaft Israels auf. Hat Jesus mit Seinen Worten überzogen? Sicher nicht! Und genauso müssen wir es bei Paulus sehen!

Paulus war nicht leidenschaftlich erregt oder wollte beleidigen, sondern sprach im Namen seines Herrn, der ja von dem Synedrium verleugnet wurde. Und im Namen seines Herrn durfte Paulus auch sofort prophetisch die Strafe aussprechen, die dem Leugner Jesu bevorstand. Es sei hier angemerkt, dass genau dieser Ananias zehn Jahre später, am Anfang des jüdischen Krieges, von Aufständischen ermordet wurde.

Es bedarf manchmal schon eine gewisse Courage, um Wahrheiten auszusprechen, manchmal auch verstärkt mit Worten wie oben! Jesus musste wehtun, Paulus auch, halten wir also nicht immer nur zurück!

Apg 23:4-5

„Darauf sagten ihm die Dabeistehenden: Du beleidigst den Hohenpriester Gottes? Paulus entgegnete: Ich wusste nicht, Brüder, dass er der Hohepriester ist; denn es steht geschrieben: Gegen einen Oberen deines Volkes sollst du nicht übel reden.“

Paulus wurde auf etwas aufmerksam gemacht, was er wohl nicht wusste, nämlich dass Ananias für das Volk immer noch der Hohepriester war, obwohl er von den Römern längst seines Amtes enthoben war und durch einen anderen ersetzt wurde. Das bedeutete, dass Ananias keinerlei Recht hatte, zu richten, sondern höchstens etwas zu untersuchen! Die Rechtssprechung lag ausschließlich in der Hand der römischen Obrigkeit. Paulus handelte also in der Annahme, keinen Oberen des Volkes vor sich zu haben, dem er den gesetzlichen Respekt entgegen bringen müsste.

In obigem Sinn tadelten die Umstehenden auch nicht, Paulus habe sich gegen die Obrigkeit aufgelehnt, sondern sein Verhalten dem Hohenpriester Gottes gegenüber. Und dies anerkannte Paulus auch sofort, ja er zitierte sogar 2Mo 22:27 (28)! Aber – er nahm seine Worte nicht zurück!

Schauen wir jetzt auf Jesus! In Joh 18:19-24 sehen wir Ihn in einer ähnlichen Lage, weil Er dem Hohenpriester mit der Wahrheit geantwortet hatte. Ein Gerichtsdiener gab Ihm darauf eine Ohrfeige! Doch interessant ist Jesu Antwort für uns: „Wenn Ich übel gesprochen habe, so bezeuge, was übel war; wenn es aber trefflich war, warum schlägst du Mich?“

Und Paulus? Hatte er als „Apostel Christi Jesu“ übel oder trefflich gesprochen? Allein das Vermissen der ihm gebührenden menschlichen Ehre reizte Ananias derart, dass er befahl, Paulus zu schlagen. Schlagen wir auch zurück, wenn wir angegriffen werden? Wenn man unsere vermeintliche Ehre nicht genügend beachtet? Schon in 2Mo 14:14 spricht Gott zu Israel: „Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet still sein.“ Dies kann auch uns etwas sagen!

Apg 23:6

„Da dem Paulus bekannt war, dass der eine Teil Sadduzäer, der andere aber Pharisäer waren, rief er laut im Synedrium aus: Männer, Brüder! Ich bin ein Pharisäer und ein Sohn von Pharisäern. Wegen unserer Erwartung und der Auferstehung der Toten werde ich hier gerichtet!“

Man könnte Paulus jetzt erneut vorwerfen, er spiele (menschlich gesehen) eine Partei gegen die andere aus, um einen Vorteil zu erlangen – doch auch solche Ansichten können wir nicht unterstützen, im Gegenteil: Alles, was Paulus tat und wie er handelte, stand klar unter der Führung des Geistes! Sein Hervorheben, er sei Pharisäer und stamme aus einer alten Pharisäerfamilie, kann somit nie eine Provokation gegen die Sadduzäer gewesen sein, vielmehr müssen wir hinter den Worten Pauli den Wunsch sehen, wenigstens etliche der Pharisäer für sich bzw. für den Herrn zu gewinnen, etliche doch noch von „Jesus“ überzeugen zu können. .

Und genau dieses Verlangen in seinem Herzen offenbart er uns in Röm 9:1-5. Er geht hier sogar so weit, dass er sich wünschen würde, selbst von Christus hinweg verbannt zu sein – für seine Brüder dem Fleisch nach! Das sind gewaltige Aussagen und sie zeugen von einer ungeheuren Liebe in seinem Herzen! Aber diese Liebe, sich womöglich selber für andere zu opfern, kommt nicht aus ihm selbst, sondern ist das Ergebnis von dem, was Paulus uns in 2Kor 3:18 schreibt: Das Herz, wie ein Spiegel auf den Herrn ausgerichtet, widerspiegelt die Herrlichkeit des Herrn, dass wir alle in dasselbe Bild umgestaltet werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit!

Pauli Herz war voll auf seinen Herrn ausgerichtet, und so konnte er Sein Wesen, Seine Liebe und Seine Herrlichkeit widerspiegeln. Dies trat in Röm 9:1 ff zutage, und wir sehen es hier in Jerusalem. Verstehen wir also seine Worte, anders ausgedrückt, so: „Ich, Paulus, bin wie ihr ein Pharisäer, ja entstamme sogar einer Pharisäerfamilie – hört wenigstens ihr mir zu! Glaubt wenigstens ihr, dass ich die Wahrheit rede und dass mein Zeugnis wahr ist!“

Apg 23:7

„Als er dieses gesagt hatte, entstand ein Aufruhr unter den Pharisäern und Sadduzäern, und die Menge spaltete sich,“

Auf den ersten Blick schien der Herzenswunsch des Apostels Paulus, „mit seinem Bekenntnis wenigstens etliche der Pharisäer für Jesus zu gewinnen“, aufzugehen; das Synedrium spaltet sich offenbar für und gegen Paulus! Und auf seiner Seite standen jetzt auf einmal die Pharisäer! Wie echt aber dieser Seitenwechsel war, sehen wir in den folgenden Versen. Heute wollen wir etwas abschweifen und unser Augenmerk auf „die Spaltungen“ richten, die ja immer dort auftreten, wo verschiedene Ansichten aufkommen, und das ist bis heute auch unter den Gläubigen so:

In 1Kor 1:10 spricht Paulus zu, dass alle in Christus Gläubigen das gleiche aussagen, dass alle an denselben Sinn und an dieselbe Meinung angepasst sein sollen – und dies deshalb, damit keine Spaltungen unter euch seien! Ähnliches lesen wir im Blick auf die Glieder am Körper Christi Jesu in 1Kor 12:24-25. Doch in 1Kor 11:18-19 lesen wir, dass Paulus von den Spaltungen in Korinth hört, dann aber hervorhebt, dass es Spaltungen (Sektenbildung) geben muss, „damit die Bewährten unter euch offenbar werden.“

Wir können, wenn wir uns in einer Gemeinschaft von Gläubigen befinden, wo wir uns der allgemeinen Erkenntnis anpassen. So lange wir dies tun, wird es „Frieden“ geben! Doch wenn wir im Glauben wachsen, wenn wir etwas erkennen dürfen, was noch nicht das Glaubensgut der Gemeinschaft ist, dann wird es heikel! In Korinth musste es anscheinend zu Spaltung (Sektenbildung) kommen, damit „die Bewährten“ unter euch offenbar werden. Wenn wir alle oben angeführten Bibelstellen vergleichen, merken wir, dass Paulus sehr wohl unterscheidet: Im Hinblick auf uns selber, auf unser „Ich“ darf es keine Spaltung geben, sondern einer ordne sich dem anderen unter – doch im Blick auf die Wahrheit des Evangeliums müssen jene offenbar werden, die sich nicht haben anpassen lassen! Hier muss es Sektenbildung geben (1Kor 11:19)!

Apg 23:8

„… weil nämlich die Sadduzäer sagen, es gebe keine Auferstehung, auch keine Boten noch Geister. Die Pharisäer dagegen bekennen sich zu beidem.“

Wir kehren zurück ins Geschehen unten in Jerusalem, wo das Synedrium für den römischen Oberst eine Antwort finden sollte, was es mit diesem Paulus auf sich habe. Dabei werden wir mit der Sekte der Sadduzäer (auf Hebräisch = Gerechter) konfrontiert, die offensichtlich an gar nichts glaubte – für sie war nach dem Tode alles aus! Trotzdem waren sie zur Zeit Jesu eine der bedeutendsten Sekten in Israel. Man fragt sich da unweigerlich, was denn an dieser Sekte so attraktiv war? Was brachte ihr den großen Zulauf?

Wenn wir uns obige Frage durch den Kopf gehen lassen, stoßen wir auf eine seltsame Parallele unserer heutigen Zeit: Die Zahl jener Menschen, die behaupten, dass mit dem Tod alles aus sei, nimmt ständig zu; wer jedoch den Namen „Jesus“ in den Mund nimmt und Seine Auferstehung bezeugt und sich zu Ihm bekennt, wird bestenfalls als ein Schwärmer bemitleidet, mehr und mehr aber auch als „Fundamentalist“ bezeichnet, was keine Auszeichnung mehr ist, sondern in die Richtung von Terroristen (islamische Fundamentalisten) führt! Es ist schick und modern, an nichts zu glauben! Oder doch? Es ist verblüffend: Im selben Maß, wie der Glaube an die Bibel abhanden kommt, im selben Maß wenden sich die Menschen esoterischen Strömungen zu!

In 1Sam 28. lesen wir, wie der von Gott abgefallene König Saul in seiner Bedrängnis durch die Philister sich an eine Wahrsagerin wandte (Gott konnte er ja nicht mehr fragen). Diese wahre Geschichte zeigt uns bis heute: Esoterik mit all seinen Nebenerscheinungen tritt immer dort auf, wo der wahre Glaube abhanden gekommen ist. Und weil dies nicht nur bei dem König Saul, sondern auch bei der Masse des Volkes Israel der Fall war, konnten die Sadduzäer so viel Einfluss gewinnen.

Apg 23:9

„So entstand ein großes Geschrei, einige Schriftgelehrte von der Partei der Pharisäer standen auf, zankten heftig miteinander und sagten: Wir finden nichts Übles an diesem Mann. Wenn aber ein Geist oder ein Bote zu ihm gesprochen hat…?“

Paulus sträubte sich innerlich immer wieder dagegen, auch in den Pharisäern nur das Schlechte zu sehen; zum einen konnte er sich selbst zu dieser Sekte zählen, zum andern hofften ja die Pharisäer auf ein kommendes messianisches Königreich und die dort stattfindende Auferstehung, was ja durchaus ein Anknüpfungspunkt und auch etwas Hoffnung für den Apostel darstellte. Doch es kam nicht so, wie es sich Paulus gewünscht hätte:

Während die Sadduzäer alles radikal ablehnten, hielten es die Pharisäer plötzlich doch für möglich, dass durch Paulus ein Geist oder Bote gesprochen haben könnte. Interessant ist, wie es unser Leitvers mit drei Punkten dem Leser selber überlässt, den Satz zu Ende zu denken! Wollten die Pharisäer etwa sagen, dass, wenn wirklich ein Bote oder Geist zu Paulus gesprochen habe, an diesem Jesus von Nazareth doch mehr dran sein könnte? In diesem Fall hätte Paulus tatsächlich etwas erreicht! Doch die Realität war ja ganz anders: Nicht ein Geist oder Bote hatte zu Paulus gesprochen, sondern der erhöhte Herr Selbst! Das war der große Unterschied!

Interessant ist hier, dass gerade diese Möglichkeit, nämlich dass es Jesus Selbst war, der zu Paulus sprach, von den Pharisäern gar nicht in Betracht gezogen wurde! Alles konnte für sie möglich sein, nur der Name „Jesus“ kam nicht über ihre Lippen. Damit sind wir eigentlich wieder bei dem Beispiel von dem König Saul, der von seinem Gott abfiel und sich an eine Wahrsagerin wandte. Und wie damals Saul, glaubten auch die Pharisäer an den Einfluss von Geistern und Boten, und gleichsam sind es heute immer mehr Menschen, die z.B. mittels Wahrsagerei an das Übernatürliche glauben, nur nicht an den einen Namen: „Jesus“!

Apg 23:10

„Als nun der Aufruhr immer größer wurde, befürchtete der Oberst, Paulus möchte von ihnen zerrissen werden. Daher befahl er einer Abteilung Krieger, herabzukommen, ihn aus ihrer Mitte herauszureißen und in die Burg zu führen.“

Es muss schon ein ganz fürchterlicher Tumult gewesen sein, dass der römische Oberst, der ja sicher viel gewöhnt war, seine Krieger herbeirufen musste, um Paulus aus der tobenden Menge zu reißen, weil zu befürchten war, dass Paulus getötet wurde. Zwar hatte der Oberst keine klare Antwort auf seine Frage erhalten, doch soviel musste er gemerkt haben, dass sich Paulus keines Verbrechens schuldig gemacht hatte, weswegen er nach römischem Recht den Tod verdient hätte, sondern dass es sich vielmehr um rein jüdische Glaubensfragen handeln musste, die ihn, den Römer, wenig interessierten!

Für uns ist dieses „herausreißen“ aus der Mitte der jüdischen Geistlichkeit ein erneutes Zeichen der endgültigen Ablehnung des möglichen Königreichs. In Apg 22:23 sahen wir bereits, wie die Volksmenge Paulus ablehnte und ihn weg haben wollte, jetzt sind die geistlichen Führer Israels noch einmal gefragt, und auch sie wollen nichts mit „Jesus“ zu tun haben – die in Jerusalem führenden Männer lehnten die letzte Botschaft Pauli ab! Von der einen Seite aus gesehen ist es das abtrünnige, treulose Volk, das ablehnte, von der anderen Seite aus gesehen ist es allein der Wille Gottes, der alles so bewirkt, wie es kommen musste!

Es muss auch uns heute sehr tief berühren, dass Gott nicht herzlos über all dies hinweggeht. In Gottes Abbild, in Seinem Sohn, dürfen wir durchaus erkennen, was im Herzen des Vaters vor sich geht: In Lk 19:41-42 wird uns berichtet: „Als Er dann nähergekommen war und die Stadt (Jerusalem) sah, schluchzte Er über sie …“! Es sind Tränen der Liebe und des Mitleidens mit Seinem auserwählten Volk! Und müssen nicht auch oft wir Eltern mit unseren Kindern weinen, wenn wir sie mit durchaus schmerzvollen Erziehungsmitteln auf ihr späteres Leben gut vorbereiten wollen?!

Apg 23:11

„In der darauffolgenden Nacht trat der Herr zu ihm und sagte: Fasse Mut; denn wie du in Jerusalem für Mich Zeugnis abgelegt hast, so musst du auch in Rom Mein Zeuge sein.“

Paulus, von römischen Kriegern aus der Mitte des Synedriums gerissen, saß nun isoliert in der Burg. Sein geheimer Wunsch, vielleicht doch noch etliche der Pharisäer auf seine Seite zu ziehen, ging in dem Tumult unter. Können wir uns vorstellen, liebe Geschwister, wie sich Paulus gefühlt haben muss? Was für Gedanken ihn beschäftigt haben? Welche Gefühle ihn beschlichen haben?

In der Nacht, die Paulus sicherlich bis dahin schlaflos verbracht hatte, kam sein Herr – was für ein Erleben! Wohlgemerkt: Es war der Herr Selbst! Boten der himmlischen Welt (Engel) hatten bei Paulus (und haben bei uns) keinen Auftrag! Sie sind vielmehr unsere staunenden Zuschauer, die noch nicht verstehen können, was die überströmende Gnade aus Sündern macht!

In Korinth hatte Paulus in jenem Moment Zuspruch von seinem Herrn erfahren, als er ihn brauchte (siehe Apg 18:9-10), jetzt war es wieder soweit. Und das Erste, was Paulus aus des Herrn Worten hören durfte, war das tröstende Zeugnis, dass er seine Sache in Jerusalem gut gemacht, dass er seinen Dienst für Israel bis zum Schluss mit aller Treue durchgeführt hatte – nichts anderes bedeuten die Worte des Herrn: „ … denn wie du in Jerusalem für Mich Zeugnis abgelegt hast, so …“. Es war also Zuspruch für das Zurückliegende, aber auch Zuspruch für das Kommende in Rom. Jerusalem und Rom waren damals die zwei Weltmetropole, die religiöse und die politische. Jerusalem war dem Gericht verfallen, ein neuer, letzter Abschnitt begann für Paulus!

Nehmen wir aber heute noch Folgendes mit in den Tag: Zu Paulus musste der Herr noch Selbst sprechen, weil Sein Wort noch nicht vollständig niedergeschrieben war. Heute ist unsere Bibel vollständig, sie ist lebendig, und sie spricht zu uns (siehe Hebr 4:12)!

Mordanschlag gegen Paulus

Apg 23:12-13

„Als es Tag wurde, schmiedeten die Juden ein Komplott und verschworen sich, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus getötet hätten. Es waren aber mehr als vierzig, die an dieser Verschwörung beteiligt waren.“

Die Versammlung des Synedriums endete ja in dem Tumult, das Ergebnis war für alle unbefriedigend. Paulus konnte nichts erreichen, den Juden wurde er durch die römischen Krieger entzogen, und der Oberst konnte wegen dem Abbruch der Versammlung auch nichts Näheres über Paulus erfahren. Diese Situation nützten jüdische Fanatiker aus, um, wie wir noch in Vers 15 sehen werden, einen raffinierten Plan zu schmieden.

Wir wollen diese über vierzig Männer nicht verurteilen, schließlich waren sie der festen Überzeugung, ihrem Gott zu dienen; im Grunde hatten sie dieselbe Einstellung, wie sie Paulus vor seiner Bekehrung hatte! Für Paulus war jene Zeit, als er die Anhänger Jesu verfolgte und töten ließ, ein steter Grund, sich „nach unten“ zu halten. Er wusste, was er getan hatte, er wusste, wie viel Schuld ihm erlassen wurde und er erkannte, wie überwältigend die Gnade an ihm wirkte. Sein altes Leben war ihm also „dienlich“!

Pauli altes Leben endete vor den Toren von Damaskus, als der Herr ihm erschien. Für die über 40 Verschwörer (und mit ihnen für das ganze Volk Israel) endet ihre Verblendung, wenn Jesus gemäß Sach 14:4 sichtbar für alle, auf den Ölberg kommen wird, um Sein irdisches Königreich aufzurichten. Nach dem Gericht wird dann Satan gemäß Offb 20:2 für tausend Jahre gebunden, was bedeutet, dass er sein widerwirkerisches Tun nicht weiterführen kann!

So unmenschlich uns der Plan dieser jüdischen Fanatiker erscheint, so klar sollten wir nicht übersehen, dass dahinter der Widerwirker steht, der exakt nach dem Willen Gottes handeln muss. Und wie aus Saulus ein Paulus wurde, werden auch diese Fanatiker einmal erkennen, in wen sie in Wahrheit gestochen haben, und … auch sie werden einmal in dem Namen „Jesus“ ihre Knie beugen!

Apg 23:14

„Diese gingen zu den Hohenpriestern und Ältesten und sagten: Wir haben uns mit einem Bann verschworen, nichts zu essen, bis wir Paulus getötet haben.“

Zwei total gegensätzliche Situationen stehen vor unserem inneren Auge: Zum einen sehen wir, wie Jesus Selbst Seinem Apostel Mut zuspricht, zum anderen sehen wir über vierzig Fanatiker, die sich sogar mit einem Bann verschworen hatten, Paulus zu töten! Nebenbei bemerkt: Hätten diese Fanatiker ihren Bann (=Schwur oder Eid) ernst genommen, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus getötet haben, hätten sie ja alle verhungern müssen, denn keiner konnte Paulus töten!!! Wir sehen schon hier deutlich die Lüge und damit den Vater der Lüge, der dahinter steckt, Satan! Bedenken wir noch mal: Diese Männer handelten ja in dem guten Glauben, Gott zu dienen!

Schauen wir in unsere Zeit: Wie viel Gläubige gibt es, die diesen religiösen Eiferern durchaus gleichen; sie glauben mehr den menschlichen Lehren und willkürlichen Auslegungen des Wortes Gottes als der ganz einfachen und klaren Sprache der Bibel! Viele haben ihre Bibel noch nie ganz gelesen! Was fehlt, ist a) das eigene Nachdenken, und b) das Bewegen des gelesenen Wortes im Herzen! Für die ersten Glieder der Körpergemeinde war die Allaussöhnung eine selbstverständliche Tatsache; die römische Staatskirche machte aus „ äonisch“ „ewig“, und machte damit die Gerichte Gottes nicht zeitlich begrenzt, sondern „ewig“! Ohne viel darüber nachzudenken, wurde diese falsche Lehre von einem Großteil der Gläubigen bis heute übernommen; wer sich dagegen stemmt und versucht, die Wahrheit herauszufinden, wird sofort als Irrlehrer gebrandmarkt, wird verleumdet und aus der Gemeinde entfernt! Viele Geschwister unter uns haben dies persönlich erlebt.

Wir allen kennen die Geschichte von Martha und Maria (Lk 10:38 ff), beide wollten dem Herrn gefallen, Martha mit eigenen Werken, Maria, indem sie hörte und Jesu Worte im Herzen bewegte – Jesus bezeugt, dass Maria den besseren Teil gewählt hat.

Apg 23:15

„Daher werdet nun ihr zusammen mit dem Synedrium bei dem Oberst vorstellig, dass er ihn zu euch hinabführe, als hättet ihr vor, seine Angelegenheit genauer zu untersuchen. Wir aber halten uns bereit, ihn zu ermorden, bevor er sich euch nähert.“

War zum Ersten die Lüge (Paulus sei ein Irrlehrer) noch verdeckt, also noch nicht so schnell erkennbar, weil die Männer ja in gutem Glauben der Lüge folgten, so wurde sie (die Lüge) jetzt offenbar: Sie bedienten sich der Unwahrheit, um Paulus in eine Falle zu locken – und dieser Anschlag hatte sogar gute Aussicht auf Erfolg.

Wir haben gestern darauf hingewiesen, dass auch heute, und gerade in diesen letzten Tagen der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade, Menschen sich erheben und behaupten, wer der ganzen Bibel glaubt, sei ein Fanatiker und Fundamentalist. War die Bezeichnung „Fundamentalist“ früher noch eine Auszeichnung für große Bibelkunde, so ist sie heute eine abfällige Bezeichnung, die in die Nähe von Terrorismus geht. So ist es ja heute ganz normal, dass es bald mehr Frauen in den geistlichen Lehrämtern gibt als Männer, dass selbst Politiker in höchsten Positionen sich als „homosexuell“ bekennen, ja sogar öffentlich ihre Partner heiraten … hat Paulus sich in seinen Aussagen geirrt? Waren Teile seiner Briefe nur seine eigenen Gedanken und seine eigene Meinung? Merken wir überhaupt noch, liebe Geschwister, wie weit die Lüge heute bereits um sich gegriffen hat?

In 2Thes 2:1 ff werden wir sehr eindringlich ermahnt, wachsam zu sein, vor allem im Blick auf den Gesetzlosen, der gemäß der Wirksamkeit Satans mit aller Kraft, Zeichen und Wunder der Lüge vollbringt (lies besonders die Verse 9-12). In dieser Zeit stehen wir heute!!! So wie die jüdischen Fanatiker Paulus ermorden wollten, sollen heute jene zum Schweigen gebracht werden, die den Namen „Jesus“ aussprechen, sich zu Ihm bekennen, Seinem Wort glauben und Sein Erscheinen lieb haben!

Apg 23:16-17

„Der Sohn der Schwester des Paulus hörte aber von dem Hinterhalt, kam zur Burg, ging hinein und berichtete es Paulus. Da ließ Paulus einen der Hauptleute zu sich rufen und erkläre ihm: Führt diesen jungen Mann zum Oberst hin; denn er hat ihm etwas zu berichten.“

Lasst uns heute mit einem Wort aus Jesaia beginnen: „Denn Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht Meine Wege, so erklärt Ieue. Denn wie die Himmel erhabener sind als die Erde, so sind Meine Wege erhabener als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jes 55:8-9). Wir stellen dieses herrliche Wort des Propheten bewusst in den Zusammenhang mit unserem Leitvers, denn wir können uns bei den Geschehnissen durchaus erneut fragen: Warum geht Gott so umständliche Wege? Er hätte doch den ganzen Aufstand und Tumult erst gar nicht aufkommen lassen brauchen, Er hätte den Hass in den Herzen der Verschwörer wegnehmen können, Er hätte Paulus auf kürzestem Weg nach Rom schicken können, und, und, und …!

Wir dürfen generell immer fragen, liebe Geschwister, ja, Gott will, dass wir uns mit allem an Ihn wenden – doch nur, wenn wir die tatsächlich von Gott stammenden Worte in Seiner uns vollständig enthüllten Schrift in ihrer ganzen Tiefe ausforschen, können wir die reine Wahrheit finden! Wobei wir hier anmerken müssen, dass Gottes Wort einen unausforschbaren Reichtum enthält!

Gottes Wege mit Paulus waren immer richtig, und sie sind es bis heute auch mit uns. Schauen wir noch kurz auf Hiob: Warum ging Gott mit ihm einen solch für uns unverständlich schweren Weg? Warum musste Hiob, der doch von Anfang an gerecht war, so furchtbar leiden? Beim „ausforschen“ Seines Wortes sehen wir am Ende des Lebens von Hiob die Erkenntnis, dass Gott wahrlich alles vermag (Hi 42:2). Und „der alles vermögende Gott“ führt Sein Volk Israel, führt Paulus, führt uns, ja führt gem. Röm 11:36 das gesamte All wie in einem großen Kreis zuerst von Sich weg, dann zu Sich hin, bis Er am Ende alles in allen sei (1Kor 15:28)!

Apg 23:18

„Der nahm ihn nun mit sich und führte ihn zum Oberst, wo er erklärte: Der Häftling Paulus ließ mich zu sich rufen und ersuchte mich, diesen jungen Mann zu dir zu führen, weil er dir etwas zu berichten habe.“

Es ist schon auffallend, wie Lukas, der Schreiber der Apostelgeschichte, gerade diesen Teil des Geschehens in Jerusalem bis in die kleinste Einzelheit berichtet. Wir müssen uns also Gedanken darüber machen, was gerade hier so überaus wichtig war und kommen zu zwei Punkten: Zum einen war es das letzte Angebot des Evangeliums an die Juden in Jerusalem, zum anderen beginnt mit der Reise nach Rom ein neuer und letzter Abschnitt im Dienst des Apostels Paulus: In Rom ist er nicht mehr um der Erwartung Israels willen mit Ketten gebunden, sondern nennt sich fortan „der Gebundene Christi Jesu für euch, die aus den Nationen“ (Eph 3:1). Und er fügt hier in Vers 2 noch an: „… wenn ihr nämlich von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört habt, die mir für euch gegeben ist …“! Hier in Jerusalem geht also die bis hier gültige „Verwaltung des Übergangs“ langsam zu Ende und mündet in die „Verwaltung der Gnade“ über. Für uns heißt dies:

Wir sehen einen Paulus, der nichts mehr aus sich heraus vollbringen kann, dem alles genommen war, der vollständig vom Handeln Gottes abhängig wurde. Und Gott benutzte zuerst den Neffen von Paulus, dann einen der römischen Hauptleute, und zuletzt den Oberst, um den Weg Pauli neu zu bestimmen.

Wir haben in den letzten Tagen immer wieder versucht, aufzuzeigen, dass Gottes Wege uns zwar oft verschlungen, ja unverständlich erscheinen, doch am Ende führen sie immer ans Ziel! „Unausforschlich“ ist Sein Reichtum für uns, das heißt, wir werden nie alles erkennen, aber wir dürfen glauben, dass alle Wege richtig sind, dass wir von einem Vater geführt werden, der uns in Christus Jesus alles gibt – vertrauen wir Ihm über Bitten und Verstehen hinaus grenzenlos!

Apg 23:19-20

„Da ergriff der Oberst seine Hand und zog sich mit ihm zurück. Als sie für sich allein waren, erkundigte er sich: Was ist es, das du mir zu berichten hast? Er antwortete: Die Juden sind übereingekommen, dich zu ersuchen, du mögest Paulus morgen in das Synedrium hinabführen lassen, als hätte man vor, sich in seiner Angelegenheit etwas genauer zu erkundigen.“

Im Hinblick auf die gestrige Frage, warum sich Lukas so viel Mühe machte, diese Geschehnisse bis ins kleinste Detail zu beschreiben, machte ich (der Verfasser dieser Zeilen) mir Gedanken, was die heutigen Verse uns sagen können - und mein inneres Auge fiel auf die ersten Worte: „Da ergriff der Oberst seine Hand …“ und diese Worte fesselten mich!

Ein junger Mann, der sich ja schon „erwachsen“ fühlt, lässt sich normalerweise kaum so schnell an die Hand nehmen. Doch es gab einen Grund: Er war tief bedrückt! Er muss wohl alles, was sich hier in Jerusalem zugetragen hat, miterlebt haben, auch die drohende Hinrichtung seines Onkels (er war ja der Neffe von Paulus). Dieser Hinrichtung mit knapper Not entronnen, sollte nun ein raffinierter Anschlag dem Leben Pauli endgültig ein Ende machen – und er wusste davon. Aber es war ja nicht nur die Sorge um seinen Onkel, die ihn quälte, er musste selber um sein eigenes Leben fürchten, wenn er den mörderischen Komplott verraten würde! Zweifach belastet stand er so vor dem Oberst, und in diesem Zustand, wo er innerlich völlig schwach war, ließ er sich dann auch an der Hand nehmen! Ist dies nicht auch ein Bild für uns, liebe Geschwister?

Erst wenn wir ganz schwach und elend geworden sind, wenn wir erkennen müssen, dass wir mit eigener Kraft nichts mehr ausrichten können, wenn uns Sorgen quälen, sind wir bereit, die rettende Hand zu ergreifen! Wunderbar kommt hier 2Kor 12:9 zum Ausdruck: „… denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.“

Apg 23:21

„Lass du dich dann nicht von ihnen überreden; denn auf ihn lauern mehr als vierzig Männer von ihnen, die sich verschworen haben, weder zu essen noch zu trinken, bis sie ihn ermordet hätten. Sie sind nun schon bereit und schauen nach deiner Zusage aus.“

Sehen wir den Gang des jungen Mannes zu dem Oberst nicht ganz so selbstverständlich und einfach! Wie gestern schon erwähnt, begab er sich mit diesem Gang selber in höchste Todesgefahr; wenn bekannt würde, wer den Plan verraten hat, würde von Seiten der Verschwörer mit dem Verräter kurzer Prozess gemacht werden!

Der junge Mann, der sich willig von dem Oberst in die Zweisamkeit führen ließ, schüttet vor diesem sein Herz aus und berichtet alles, was ihn sorgte und quälte. Und auch hierbei dürfen wir auf uns schauen:

Haben nicht auch wir vielfach erlebt, dass wir in großen Nöten die rettende Hand ergriffen haben, die sich uns entgegenstreckte? Und war es dann nicht auch das Erste, dass wir unser Herz ausgeschüttet haben? Und wie unbeschreiblich schön war es doch dann, als wir in unserem Inneren Gewissheit bekamen, dass uns nicht nur geholfen wird, sondern dass uns auch unsere Rettung in der Gnade versichert und diese versiegelt wurde.

Ähnlich glücklich und befreit musste sich nun der junge Mann gefühlt haben. Aber er hatte wohl nicht nur seinem Onkel das Leben gerettet, sondern gleichzeitig jene Verschwörer vor einer grausamen Tat bewahrt, die sie ja immerhin in gutem Glauben begehen wollten! Wir erleben also mit, wie Gott über vierzig Männer, die Ihm ja gefallen wollten, von einer Tat abhielt, die aus göttlicher Sicht (im Sinn des Gesetzes) hätte schwer bestraft werden müssen! „Jesus“ mussten die Juden töten, weil dies dem Ratschluss Seines Willens entsprach und weil dies schon vor dem Niederwurf der Welt feststand (1Petr 1:19); hier bewahrte Gott über vierzig Männer vor einer neuerlichen Tat, und Er bewahrte gleichzeitig Seinen Apostel; ja, dies sind Seine Wege!

Apg 23:22

„Dann entließ der Oberst den jungen Mann und wies ihn an, niemandem auszuplaudern, dass du mir dies offenbart hast.“

Vielleicht haben wir, liebe Geschwister, diesen jungen Mann, den wir bisher wohl kaum beachtet haben, auch etwas ins Herz geschlossen, ihn lieb gewonnen! Es ist in unserem normalen Leben doch so, dass uns immer wieder Menschen begegnen, die uns beeindrucken – hier ist es jetzt ein junger Mann, der vor langer Zeit gelebt hatte und den uns Gottes Wort wieder lebendig macht, vor unser inneres Auge stellt und ihn zu uns sprechen lässt.

Der junge Mann wurde nach der Unterredung entlassen und wir dürfen ihn wohl froh seines Weges ziehen sehen, denn er hatte alles getan, um Paulus vor dem Anschlag zu retten. Aber – war es wirklich sein Verdienst? Kann er sich dieser zweifellos guten, ja mutigen Tat rühmen?

Wir gehen davon aus, dass der junge Mann aus Liebe zu seinem Onkel gehandelt hat, dass er also kein Glied der Körpergemeinde war, im höchsten Fall sehen wir ihn als ein Glied der Königreichsgemeinde. In diesem Fall gilt ihm, was in Jak 2:24 zu lesen ist: Auf Grund seines guten Werkes darf er sich gerechtfertigt wissen. Der Glaube allein ohne Werke ist tot! Wäre dieser junge Mann ein Glied der Körpergemeinde (was wir ja nicht wissen, weil darüber nichts berichtet wird), würden ihm Werke nichts nützen, weil für uns geschrieben steht: „ … nicht aus Werken, damit sich niemand rühme“ (Eph 2:9). Es gibt nur „Einen“, der alles bewirkt: „Gott“! Der junge Mann war ein Werkzeug Gottes, Paulus war es und wir sind es auch! Verdienste hat also niemand! Wenn gemäß Jakobus Gott trotzdem gute Werke anrechnet, dann sind dies die Entwürfe des Herzens – und diese Entwürfe (Entstehung der Gedanken) können gut oder böse sein! Gott sah im Herzen dieses jungen Mannes gute Gedanken – das war das Entscheidende! So lesen wir in Ps 7:10: „Jewe … der Du Herzen und Nieren prüfst, gerechter Elohim!“

Paulus wird nach Cäsarea gebracht

Apg 23:23-24

„Danach rief er zwei Hauptleute zu sich und sagte: <Haltet zweihundert Krieger bereit, dass sie bis nach Cäsarea ziehen, dazu siebzig Reiter und zweihundert Schleuderer, von der dritten Stunde der Nacht an. Auch sollen Reittiere bereitgestellt werden, um Paulus aufsteigen zu lassen und ihn sicher zum Statthalter Felix zu bringen.“

Bevor wir den Neffen Pauli verlassen, möchten wir noch etwas zu dem Gestrigen ergänzen: Wir sagten im letzten Absatz, dass diesem jungen Mann seine Werke nichts nützen würden, falls er ein Glied der Körpergemeinde wäre – dies haben wir im Hinblick auf unsere „Rettung in der Gnade“ gemeint. „Werke“ sind immer etwas vor Gott angenehmes, wenn wir uns darüber klar sind, wer sie gewirkt hat: „Gott“! Tiefer gesehen tat dieser junge Mann ja nur das, was Gott längst vorbereitet hatte, er war ein Werkzeug Gottes – aber ein williges und freudiges!

Zurück zum Geschehen in der Burg Antonia, wo Paulus festgehalten wurde: Der Oberst sah sich nicht zuständig, über den römischen Bürger Paulus ein Urteil zu fällen, deshalb übergab er ihn an den Statthalter Felix in Cäsarea. Für uns bedeutet dies: Der Schauplatz der weiteren Handlungen verlagert sich von Jerusalem nach Cäsarea, der Residenz des römischen Statthalters von Judäa. Und mit dieser Verlagerung nimmt Paulus Abschied von dem irdischen Jerusalem, was ihm sicherlich unendlich schwer gefallen sein musste! Was uns auffällt, ist die genaue Auflistung der Eskorte, die des Apostels Überführung sichern sollte; die Verschwörer gaben ja mit Sicherheit noch nicht auf, Paulus doch noch töten zu können. Der Aufbruch nach Cäsarea fand deshalb auch in der dritten Stunde der Nacht (nach unserer Zeit 21.00 Uhr) statt.

Es fällt uns auch hier wieder auf, dass Gott Seinen Apostel dort, wo es um das Ziel geht (das Evangelium zu den Nationen zu bringen), ein vollkommenes Schutzschild um Sein Werkzeug Paulus aufbaut, ihn aber körperlich ganz unten in völliger Schwachheit hält, so dass auch wir immer wieder lernen, dass Seine Gnade genügt (2Kor 12:8).

Apg 23:25

„Dazu schrieb er einen Brief, der diese Fassung hatte:“

Wir schweifen heute etwas ab, weil unser Leitvers keiner Auslegung bedarf; und doch kann das Wort „Brief“ uns mehr als einen Tag lang beschäftigen:

Briefe sind in der Regel persönliche Dinge, die übermittelt werden, der Inhalt kann freudig oder traurig sein, er kann warnen wie auch zusprechen. In Gottes Wort spielen „Briefe“ eine vielfältige Rolle, zum ersten Mal lesen wir von einem solchen in 2Sam 11:14, es war David, der diesen Brief an Joab schrieb, es war kein rühmlicher Anlass. Wir lesen auch Merkwürdiges über Briefe: Hesekiel, der Wächter Gottes, musste einen Brief essen (Hes 3:1), in Sach 5:1 lesen wir von einem fliegenden Brief, und viele Vorkommen dieses Wortes finden wir bei Paulus – und hier wird es für uns interessant:

In 1Thes 5:27 beschwört Paulus die Thessalonicher, dass der an sie gerichtete Brief allen heiligen Brüdern vorgelesen werde! Und dieser Brief enthält ja unter vielem anderen die gewaltige Wahrheit unserer Entrückung. Pauli Beschwörung gilt auch uns! Es gibt erstaunlicherweise mehr Gläubige als wir glauben, die noch nie etwas von der Entrückung gehört haben, und wenn doch, dann haben sie nur eine sehr vage Vorstellung davon. Hier ist ein großes Arbeitsfeld für uns, denen die Entrückung ein ganz kostbares Glaubensgut geworden ist.

Und dann schreibt Paulus in 2Kor 3:2 und 3: „… Unser Brief seid ihr, uns ins Herz hineingeschrieben, von allen Menschen erkannt und gelesen, da es offenbar ist, dass ihr ein Brief Christi seid …“. Nicht nur Gläubige, sondern alle Menschen sollen in bzw. an uns lesen können, dass wir „in Christus“ sind, dass „Christus“ unser Leben bestimmt, dass wir von Ihm geliebt werden und wir Ihn lieben. Wir sehen, liebe Geschwister, wie vielfältig so ein Brief sein kann, und vor allem: Dass er auch uns herausfordert, damit wir würdige Briefe Christi darstellen können!

Apg 23:26

„Klaudius Lysias an den hochgeehrten Statthalter Felix: Freue dich“!

Wir können heute fast nahtlos unser gestriges Thema „Brief“ fortsetzen, weil uns schon die ersten Worte in dem Brief an Felix viel Stoff bieten: „Freue dich!“ Allein mit diesen zwei Worten können wir ein wunderbarer Brief Christi sein, wenn, ja wenn wir diese Freude umsetzen und alle Menschen sie bei uns lesen können!

In Phil 4:4lesen wir die bekannte Aufforderung: „Freut euch in dem Herrn allezeit! Nochmals will ich betonen: Freut euch!“ Und diese Freude soll wie ein Brief sein, denn wiederum lesen wir in der Fortsetzung in Vers 5: „Lasst eure Lindigkeit allen Menschen bekannt werden: der Herr ist nahe!“

„Freude“ kann ordinär, kann Schadenfreude sein, aber sie kann ihre Wurzeln auch im Herrn haben, und dies ist die Freude, die wir abstrahlen sollen, die man in uns liest! Aber kann man sich auf Befehl freuen? Können wir uns in Drangsal und Leiden freuen? Gottes Wort gibt uns in den weiteren Versen von Phil 4:6 ff Rezepte: „Sorgt euch um nichts!“ „Sorgen“ zermürben uns, dass haben wir doch alle irgendwie schon erlebt. Auch Sorgen kann man nicht einfach weglegen, genauso wenig, wie man Freude anziehen kann. Unser Glaube ist hier gefordert, allerdings ein „gewachsener“ Glaube! Hiob brauchte eine lange und bittere Lektion, bis er zu jenem Glaubensstand gelangte, wo er erkennen konnte, dass sein Gott wirklich alles vermag (Hi 42:2). Doch als dann sein Glaube derart gereift war, dass er die obigen Worte bezeugen konnte, da kam auch Freude in sein Herz!

Wieweit vertrauen wir Gott? Wieweit haben wir erkannt, dass Er wirklich alles vermag? Dies soll nicht nur ein hohles Lippenbekenntnis sein, sondern der Ausruf unserer Herzen, ein „freudiger“ Ausruf! Unser Herr ist das Abbild des lebendigen Gottes, Er hat uns Seine Liebe nahe gebracht! In unserem Herrn freuen wir uns, dass unser Vater alles vermag - alle Sorgen werfet auf Ihn!

Apg 23:27

„Diesen Mann, der von den Juden ergriffen wurde und dem bevorstand, von ihnen ermordet zu werden, riss ich, mit einer Abteilung dazutretend, aus ihrer Mitte heraus, als ich erfuhr, dass er ein Römer sei.“

Der römische Oberst schildert in seinem Brief an Felix all die Geschehnisse um Paulus, die wir ja zuvor schon behandelt haben. Das ist für uns auch heute wieder eine Möglichkeit, etwas abzuschweifen, uns ein Wort aus dem Brief zueigen zu machen und darüber nachzudenken:

Der Oberst schildert, wie Paulus aus der Mitte der tobenden Juden herausgerissen und damit vor ihnen gerettet wurde. Dieses „herausreißen“ ist nach unserer Stichwortkonkordanz mit „herausnehmen“ gleichzusetzen, und hier soll uns heute Gal 1:4 leiten. Christus hat Sich Selbst für unsere Sünden hingegeben, damit Er uns aus dem gegenwärtigen bösen Äon herausnehme, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters. Aber wie ist es möglich, aus diesem Äon herausgerissen zu werden, wenn wir doch noch in diesem leben? Die Antwort ist einfach und doch schwer: Als wir gläubig wurden, geschah das, was wir in 2Kor 5:17 lesen: Es ist in uns etwas „neues“ geworden – allerdings nur in unserem Glauben! Niemand kann verleugnen, dass unser alter Mensch noch lebt, im Gegenteil, wir haben hart mit ihm zu kämpfen! Und dieser Kampf ist derart, dass wir den alten Menschen im Glauben als gestorben sehen, „gestorben mit Christus am Kreuz“! Wir bestehen daher aus einem inneren (geistlichen) und einem äußeren (alten) Menschen. Auf wen richten wir unser Augenmerk? Wer sich mit seinem alten Menschen beschäftigt, wird sehr schnell wieder den Freuden dieses Äons verfallen, aus denen er ja herausgerissen wurde (siehe Demas in 2Tim 4:10). Aus diesem Grund sollen wir unsere Gedanken nach oben richten, sollen auf das sinnen, was droben ist, wo Christus ist (Kol 3:1-4). In diesem Sinn können wir so wandeln, wie es Röm 6:4 und Röm 7:6 beschreibt. Wir brauchen uns nicht mehr mit irdischen Dingen beschäftigen, wir sind aus diesen herausgerissen und wandeln als Gerettete in Neuheit des Lebens!

Apg 23:28

„In der Absicht, nun die Schuld zu erfahren, deren man ihn bezichtigte, ließ ich ihn in ihr Synedrium hinabführen.“

Wir können auch heute mit dem gestrigen Thema fortfahren, denn es gibt enge Bezugspunkte: Fassen wir die Geschehnisse in Jerusalem so zusammen:

Paulus wird vom Geist nach Jerusalem geführt, wird dann im Tempel von den Juden ergriffen und beschuldigt, diesen gemein gemacht zu haben; als man ihn daraufhin töten wollte, wurde er zum ersten Mal durch römische Soldaten gerettet (Apg 21:31-36). Doch Paulus blickte bei seinem Abtransport auf der Treppe noch einmal zurück und bat, zu dem Volk reden zu dürfen – er geriet erneut in Todesgefahr, die Menge der Juden wollte ihn sogar aus den Händen der Soldaten reißen, zum zweiten Mal retteten ihn die Römer (Apg 22:22). Paulus wurde dann von dem Oberst mitten in das Synedrium gestellt, weil dieser erfahren wollte, weshalb Paulus so sehr angefeindet wurde – wobei der Apostel auch diesmal in Todesgefahr kam, der Oberst fürchtete, dass er zerrissen würde (Apg 23:10). Er wurde hier zum dritten Mal gerettet. Weil sich nun über vierzig Fanatiker gegen Paulus verschworen hatten, bereitete der Oberst alles vor, um Paulus heimlich aus der Stadt nach Cäsarea zu überführen – er wurde somit zum vierten Mal gerettet!

Paulus hatte den deutlichen Auftrag, schnell aus Jerusalem hinaus zu gehen, sein Ziel waren die Nationen in Rom. Doch vorher hatte er noch ein göttlich verordnetes Pensum zu absolvieren: Er musste erfahren und dabei lernen, wie Sich Gott in seiner äußerlichen Schwachheit (Gefangenschaft und Todesgefahr) mächtig erzeigt und ihn immer wieder rettet!

Vier Mal wurde Paulus während seines Aufenthaltes in Jerusalem aus Todesgefahr herausgerissen, vier Mal wurde die Kraft Gottes in Pauli Schwachheit vollkommen gemacht! Jetzt ging sein Weg über Cäsarea nach Rom, und mit ihm gingen die Worte: Dir genügt Meine Gnade! Und diese wunderbare Gnade sollte (soll) auch uns mitten in den Verlockungen dieses Äons genügen!

Apg 23:29

„Ich fand, dass man ihn nur auf Grund gewisser Streitfragen über ihr Gesetz bezichtigte, dass man aber keine Bezichtigung gegen ihn hatte, die den Tod oder Fesseln verdiene.“

Wir müssen dem Gestrigen noch etwas anfügen, damit kein falscher Eindruck entsteht: Es ist nicht so, dass Gott generell Seine berufenen Heiligen stets vor jedem Unheil rettet. Im Leben Pauli sehen wir oft, wie er gesteinigt wurde, bis er wie tot da lag, dass er gepeitscht wurde … wir kennen ja all diese vielen Situationen. Auch wissen wir um das Schicksal jener unzähligen Märtyrer, die für ihren Herrn im Verlauf der Christenheit in den Tod gingen. Gott hat hier nicht eingegriffen! Es ist daher von großer Bedeutung, dass wir unser irdisches Leben, welches ja relativ kurz ist, als eine Zubereitung für unser wahres Leben in der Zukunft sehen! Gott bereitet uns auf Erden zu, damit wir unsere Aufgaben in den herankommenden Äonen gut bewältigen können. Wenn unsere irdische Zubereitung abgeschlossen ist, greift Gott nicht mehr ein, um unser Leben zu retten, vielmehr ist dann der von Ihm bestimmte Zeitpunkt erreicht.

Bei Paulus war das noch nicht der Fall! Zum einen lagen ja noch wichtige Aufträge in Cäsarea und in Rom vor ihm, zum anderen musste ja auch Paulus immer noch weiter zubereitet werden, wobei wir erkennen dürfen, dass der Schwerpunkt der göttlichen Schule auf dem Fach „Gnade“ lag! Was Paulus in 2Kor 12:9 erkannt hatte, war erst einmal ein „Erkennen“! Doch es musste noch die Praxis folgen, und dies in der Reihenfolge, wie sie in Röm 5:3-5 aufgezählt ist: Zuerst die Drangsal, dann das Ausharren, danach die Bewährung, zuletzt die Erwartung, die nicht zuschanden werden lässt, weil die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist durch den uns gegebenen heiligen Geist.

Gott führte Seinen Apostel immer wieder in diese Lebensgefahren und zeigte ihm in seiner völligen Schwachheit Seine Kraft, die gerade in dieser Schwachheit vollkommen gemacht wird. Das ist die praktische göttliche Schule.

Apg 23:30

„Da mir eröffnet wurde, dass ein Anschlag gegen den Mann geplant sei, habe ich ihn unverzüglich zu dir gesandt und auch die Verkläger angewiesen, vor dir gegen ihn auszusagen. Lebe wohl!“

Wir sind bisher nicht auf den Brief des Lysias an Felix eingegangen, weil er ja die Ereignisse beschreibt, die wir aus den zurückliegenden Versen kennen. Trotzdem ist mehr als bemerkenswert, dass uns der gesamte Wortlaut dieses Briefes von Lukas übermittelt wurde, wir also im Grunde das wörtliche Dokument vor uns haben. Es muss also um mehr als nur die bisherigen Geschehnisse gehen!

Der Brief ist tatsächlich mehr als nur eine Wiederholung, er gibt uns nämlich Einblick in Gottes Wirken auf der Erde, wie Er ab hier von dem römischen Weltreich aus das Werden der Körpergemeinde Christi Jesu lenkt. Dabei ist wichtig, dass wir sehen, wie der von Gott berufene Apostel der Nationen (der Körpergemeinde Christi Jesu) sich in völliger Schwachheit, nämlich gebunden in Ketten, in diesem Weltreich befindet. Und dies, liebe Geschwister, ist auch die Stellung der Körpergemeinde bis zum heutigen Tag!

Vielleicht ist dies gerade heute nicht so ganz leicht zu erkennen, weil wir ja immer noch in einer so genannten „Wohlstandsgesellschaft“ leben, wo es an nichts mangelt! Doch interessiert es uns, dass es nur wenige Flugstunden von uns entfernt an Jesus Gläubige gibt, die auch heute noch ihr Leben für Ihn geben müssen? Dass selbst im Lande Israel Juden, die an Jesus glauben, verfolgt, schikaniert und wenn möglich getötet werden? Interessiert uns, was in den islamischen Ländern mit Christen geschieht? Wenn wir die zurückliegenden wenigen Jahrzehnte ausklammern, zeigt uns die Geschichte „die Gemeinde Christi Jesu“ wirklich in „Knechtsgestalt“, sinnbildlich in Ketten gebunden, wie wir fortan unseren Apostel sehen können!

Apg 23:31-32

„Gemäß der ihnen erteilten Anordnung nahmen die Krieger dann Paulus mit und führten ihn im Laufe der Nacht nach Antipatris. Tags darauf aber ließen sie die Reiter mit ihm gehen und kehrten in die Burg zurück.“

Wir wollen die letzten Tage dieses V. Bandes der Apostelgeschichte auch dazu nutzen, einen Überblick über den Dienst Pauli zu gewinnen bzw. diesen zu vertiefen, weil wir das ganze Geschehen nur im Zusammenhang richtig einordnen und erkennen können. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf jene Zeit, die Paulus in Rom verbringen wird. Und es stellt sich die durchaus berechtigte Frage: Was ist denn das Besondere in Rom? Sind nicht schon alle lebenswichtigen Wahrheiten in den Briefen an die Römer, Korinther oder Thessalonicher enthüllt worden?

Wir müssen uns immer wieder erinnern, dass Pauli Dienst in drei Teile zerfällt:

  1. Seine Berufung,
  2. seine Absonderung, und
  3. seine Gefangenschaft in Rom.

Über Pauli Berufung berichten Apg 9:19- Apg 12:25. Aus dieser Zeit gibt es keine schriftlichen Berichte. Dies war auch nicht notwendig, weil sein Dienst in dieser Zeit genau mit dem der zwölf Apostel in Jerusalem übereinstimmte. Der zweite Teil, Pauli Absonderung, umfasst die Apg 13:1Apg 28:31, geht also bis an den Schluss der Apostelgeschichte. Der dritte Teil in Rom ist in der Apostelgeschichte nicht mehr enthalten, weil mit dem Abschluss der Apostelgeschichte das Königreich endgültig zurückgestellt wurde. In Rom verfasste Paulus die Rundschreiben an die Gemeinden wie die Epheser, Philipper und Kolosser, später folgten noch die Briefe an Pauli Mitarbeiter Timotheus, Titus und Philemon – damit war Gottes geschriebenes Wort vollständig bzw. war auf sein Vollmaß gebracht, wie wir in Kol 1:25 lesen. Die Briefe vor der Gefangennahme Pauli stellen also die Grundlagen der Körpergemeinde her, die Briefe in Rom sind die Vervollständigung des Wortes Gottes. Wir stehen also einerseits am Ende der Verwaltung des Übergangs, die Pauli Absonderung beinhaltet, doch zieht sich dieser Abschluss noch bis ans Ende der Apostelgeschichte hin, er umfasst eine zweijährige Gefangenschaft in Cäsarea unter Felix!

Apg 23:33

„Als jene nach Cäsarea kamen und dem Statthalter den Brief übergaben, stellten sie ihm auch Paulus vor.“

Schauen wir heute zurück auf Apg 9:15 und lesen noch einmal, was der Herr ganz am Anfang über den Dienst Paulus zu Ananias sagte: „ Denn dieser ist Mir ein auserwähltes Gerät, Meinen Namen vor die Augen der Nationen wie auch der Könige und der Söhne Israels zu tragen; denn Ich werde ihm anzeigen, wie viel er um Meines Namens willen leiden muss“!

Nachdem Paulus in seiner ersten Phase problemlos seinem Volk am Königreichsevangelium gedient hatte, vollkommen dem Dienst der zwölf Apostel angepasst, änderte sich dies mit seiner Absonderung (von Israel und dem Königreichsevangelium hin zu den Nationen). Die Änderung bestand darin, dass ab hier seine Botschaft „Rechtfertigung aus Glauben“ (Apg 13:39) enthielt, sowie den angekündigten Leidensweg – und wie viel musste Paulus tatsächlich durchleiden!

Jetzt steht er vor dem römischen Statthalter Felix (bzw. wird diesem vorgestellt). Bedenken wir hier, Jerusalem liegt hinter Paulus, er wird diese Stadt zu seinen Lebzeiten nicht mehr sehen, dafür wird der Name „Jesus“ massiv vor die Augen der Nationen gestellt.

Was uns bewegen soll ist die Tatsache, dass die Verkündigung des Namens „Jesus“ Leiden mit sich bringt! Und gerade wir in der heutigen Zeit müssten eigentlich mehr und mehr das „warum“ erkennen: Es geht heute massiv darum, einen „Einheitsgott“ zu finden, der alle Religionen umfasst. Es ist doch bei uns schon selbstverständlich, wenn im Hinblick auf den Islam nicht mehr von „Allah“, sondern auch von „Gott“ gesprochen wird, ohne Unterscheidung! Doch der Gott unserer Bibel ist ein anderer als jener des Islams – Er ist der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Es ist also der Name „Jesus“, der zum Ärgernis und Hindernis wird! Und wir, liebe Geschwister, werden mehr und mehr Leiden in Kauf nehmen müssen, wenn wir zu diesem Namen stehen!

Apg 23:34–35

Nachdem er den Brief gelesen und ihn gefragt hatte, aus welcher Provinz er sei, und erfuhr, dass er aus Cilicien stamme, erklärte er: <Ich werde dich verhören, wenn auch deine Verkläger angekommen sind.Dann befahl er, dass er im Prätorium des Herodes bewacht werde.“

Der römische Machtbereich war in verschiedene Gerichtsbezirke aufgeteilt, weswegen die erste Frage des Felix war, aus welcher Provinz Paulus stamme. Gegebenenfalls wäre er ja gar nicht zuständig gewesen, weil es in der Regel unter den Römern vermieden wurde, sich in andere Gerichtsbezirke einzumischen. Im Fall „Paulus“ war die Zuständigkeit klar, als römischer Bürger wurde er dem römischen Landpfleger anvertraut, der ihn nicht nur nach Rom weiterleiten sollte, sondern ihn auch während des Aufenthaltes in Cäsarea vor jenen beschützen musste, die nach seinem Leben trachteten.

Felix stellte also den Apostel Paulus unter seinen besonderen Schutz und demonstrierte vor aller Welt, dass die Anschläge der Juden zunichte gemacht wurden. Und weil wir ja wissen, dass diese Anschläge speziell dem „Jesus von Nazareth“ galten, also dem Sohn Gottes, der in die Welt kam, um allen Menschen die Liebe des Vaters zu zeigen, müssen wir sehen, dass hier in Cäsarea der Plan der Menschen bezüglich des Ratschlusses Gottes völlig scheiterte! Und wenn wir nur auf die letzte Verschwörung zurückblicken, hätte aus menschlicher Sicht ja tatsächlich nichts fehlschlagen können, zu raffiniert war die Tat der über vierzig Männer eingefädelt worden.

Doch wir sehen erneut: Der Mensch denkt, aber Gott lenkt! So dürfen wir uns zum Abschluss noch mit Worten von David zusprechen lassen: „El-, makellos ist Sein Weg, die Rede Jewes ist durchläutert“ (Ps 18:31); und Salomo fragt zu Recht: „Welcher Mensch versteht Seinen Weg?“ (Spr 20:24); oder Jes 55:8: „… und eure Wege sind nicht Meine Wege“! Das Volk Israel lief gegen die Wege Gottes an und musste scheitern, weil nur ein Wille im ganzen All bestimmen und wirken kann: „Gott, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt“ (Eph 1:11b)!

Gedicht

Sollt ich nicht erfunden werden
ganz in Christus, wird es nicht
mir gelingen schon auf Erden
Dir zu leben, Gott, im Licht.

Sinne ich des Fleisches Dinge,
sehnt zum Neide sich der Geist,
dass der Wandel mir gelinge,
der Dich, Gott, mein Vater, preist.

Dank sei Dir für Deine Treue
und dass Gnade mich erzieht,
dass mein Herz auch jetzt aufs neue
Deinen Sohn am Fluchholz sieht.

Dort starb Er für aller Sünden,
dort vollzogst Du das Gericht,
da ist auch mein Grab zu finden,
welches meinem Tod entspricht.

Doch in Todes Dunkelheiten
blieb Dir Dein Geliebter nicht,
Du riefst Ihn für alle Zeiten
- und in Ihm auch mich - ins Licht.

Dass ich mich nun ganz ergebe
diesem Einssein, ist aus Dir,
dass ich nicht mehr selber lebe,
sondern Christus lebt in mir.
(EUA)
Mel. Auf dem Lamm ruht meine Seele

Lies weiter:
24. Die Apostelgeschichte Kapitel 24