Der Reiter unter den Myrten

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Die Nachtgesichte des Propheten Sacharja
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Erklärt auf einem Bibelkursus in Langensteinbach vom 21.-31. Januar 1924
Nachgeschrieben, geprüft und ergänzt von Pfarrer Friedrich Take

weitere Abschriften hier:

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor:
1. Der grundlegende Bußruf (Sach 1:1-6)

2. Der Reiter unter den Myrten

  • Sach 1:7-15 (ELB) (7) Am 24. Tag, im elften Monat, das ist der Monat Schebat, im zweiten Jahr des Darius, geschah das Wort des HERRN zum Propheten Sacharja, dem Sohn Berechjas, des Sohnes Iddos: (8) Ich schaute des Nachts, und siehe, ein Mann, der auf einem roten Pferd ritt! Und er hielt zwischen den Myrten, die im Talgrund waren, und hinter ihm waren rote, hellrote und weiße Pferde. (9) Und ich sagte: Was bedeuten diese, mein Herr? Und der Engel, der mit mir redete, sprach zu mir: Ich selbst will dir zeigen, wer diese sind.(10) Und der Mann, der zwischen den Myrten hielt, antwortete und sprach: Das sind die, welche der HERR ausgesandt hat, auf Erden umherzuziehen. (11) Und sie antworteten dem Engel des HERRN, der zwischen den Myrten hielt, und sprachen: Wir sind auf Erden umhergezogen, und siehe, die ganze Erde sitzt still und verhält sich ruhig. (12) Aber der Engel des HERRN antwortete und sprach: HERR der Heerscharen, wie lange willst du dich nicht über Jerusalem und die Städte Judas erbarmen, die du verwünscht hast diese siebzig Jahre ? (13) Und der HERR antwortete dem Engel, der mit mir redete, gütige Worte, tröstliche Worte. (14) Und der Engel, der mit mir redete, sprach zu mir: Rufe aus: So spricht der HERR der Heerscharen: Ich eifere mit großem Eifer für Jerusalem und für Zion, (15) und mit großem Zorn zürne ich über die sicheren Nationen. Sie, nämlich als ich nur wenig zürnte, da haben sie zum Unheil geholfen.

Das 1. Nachtgesicht

Das Wort Gottes geschieht den Geistesmenschen nicht in einem Zug, sie könnten es sonst, weil sie ja auch Menschen sind, nicht ertragen, sondern es geschieht ihnen wachstümlich, in Epochen. So ähnlich ist ja auch der Verlauf der Dinge im Natürlichen. Nehmt zum Beispiel das Weizenkorn im Naturleben. Es wächst auch nur in Epochen. Manchmal meint der Mensch darum, die Saat wächst nicht. Aber es ist nur ein gewisser scheinbarer Stillstand eingetreten, damit eine neue, feste Grundlage für das Weiterwachsen gebildet werden kann. Das bis dahin Gewachsene muss sich erst konsolidieren, festigen. Oder nehmt einen Menschen. Man hat es nicht gerne, wenn er zu schnell in die Höhe wächst. Dann stellt sich leicht Schwindsucht ein. Aber auch kleine Kinder dürfen nicht gleich in die Breite wachsen. Es muss alles seine Zeit haben. Das gäbe schöne Figuren, wenn sie gleich in die Breite wüchsen. Oder ein Kind sagt nach einem gewissen Alter Papa und Mama. Dann eine Weile gar nichts anderes. Dann plötzlich spricht es alles, es geht ruckweise. So geht es auch oft mit dem Lernen. Ein Kind lernt erst ganz gut, dann macht es einen Stillstand, endlich geht’s weiter.

Im geistlichen Leben geht’s nach denselben Gesetzen. So etappenmäßig geht’s auch mit dem geistlichen Wachstum. Das erlebt der Prophet auch. Erst muss die eine Prophezeiung verdaut sein, das eine Gotteswort, der eine Auftrag an Israel Sach 1:1-7: „Tut Buße, bekehret euch zu mir, spricht Jehova“, erledigt sein. Das Wort Gottes tritt in seinem Werden und Entstehen ein in die Ordnung der zeitlichen Folge. Es ist an sich ewig eins und unteilbar. Aber es erscheint, wird und wächst in der Fülle der Zeit und sein Werden und Wachstum vollzieht sich für uns in wahrnehmbarer Weise. Auch darin ist das geschriebene Wort dem Worte gleich, das Fleisch ward und in der Fülle der Zeit erschien. Und Menschen waren wieder Zeugen seines Werdens und Wachsens. So bedeutet alles Gotteswort die wunderbare Vermählung des Zeitlichen mit Ewigen.

Dann kann Gott dem Propheten Sacharja drei Monate später eine neue Offenbarung schenken. Ähnliches erleben wir. Eine Zeit gewisser Anregung folgt die geistliche Auswirkung. Dann meint man, es wäre so öde in uns. Das ist nicht richtig. Nein, es ist die weise Einrichtung Gottes, dass es so kommen muss. "Jetzt a Löffle, nach zwei Stunden wieder eins". Das muss sich erst auswirken. Dann erst kann die Medizin Heilwirkungen haben. Nach einer Zeit des Ruhens führt uns Gott der Herr wieder mit Menschen, Schriftwahrheit oder Büchern zusammen und neu geht’s weiter, wir empfangen neues Licht, neues Leben. Alle Offenbarungszeiten haben ihre Auswirkungszeiten. Die wechseln sich gegenseitig ab, die Offenbarungszeiten und die Auswirkungen der geschenkten Gottesoffenbarungen.

Schau der 8 Nachtgesichte

Es ist drei Monate nach der Berufung des Propheten. Da erlebt der Prophet eine wunderbare Nacht, jedenfalls eine Gebetsnacht. Er sieht in acht Gesichten die Art und Weise der Durchführung der Gottesherrschaft auf Erden. Der Prophet ist nach Sach 4:1f. in ganz wachem Zustand. Ebenfalls lassen darauf die wiederholten Ausdrücke schließen. Ich hob meine Augen auf Sach 2:1.5 und sah Sach 5:1.5 und Sach 6:1. Die acht Gesichte, welche der Prophet alsbald schaut, sind Nachtgesichte, ihm sämtlich bei der Nacht und, wie es den Anschein hat, in einer einzigen Nacht, und dann naürlich in rascher Aufeinanderfolge gegeben, wie bereits oben erwähnt. Sie werden in einer Zeit gegeben und haben zum Teil ihren dunklen Hintergrund für eine weitere Zeitlänge, wo sich die Nacht der Trübsal über Israel legt, und für eine Zeit, wo noch lange die Nacht der Trübsal über Israel gebreitet sein wird. Denn obwohl zur Zeit Sacharjas ein Teil des Volkes Gottes aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war, und obwohl ihnen nun im Land der Verheißung dies und jenes von Gutem widerfuhr, Jerusalem wiederhergestellt und der Tempel wieder gebeut werden durfte, so bewies das doch nicht, dass schon der Tag der verheißenen Glückseligkkeit für Israel heraufgekommen wäre.

Vielmehr blieb es noch lange Nacht über Israel, solange bleibt die finstere Trübsalnacht über ihm, wie noch die heidnische Weltmacht das Volk Gottes knechtet, so lange, wie noch nicht „die Leuchte Jehovas“ im Haus und auf dem Stuhl Davids wieder aufgesteckt ist. Selbst der „Stern von Bethlehem“ hat seinem Volk noch nicht den Tag des Heils bringen könne. Aber er wird noch einmal aufgehen über Israel als der helle Morgenstern, und dann wird der Tag anbrechen, der Tag, das Licht, die Zeit, wovon alle Propheten in beredten Zungen geredet haben. Aber jetzt ist es noch Nacht, schon Jahrtausende lange Nacht der Selbstgerechtigkeit, Verstockung, Gottfeindschaft und Christusleugnung in Israel. Aber so wie vom dunklen Nachthimmel die Sterne leuchtend erstrahlen, so erstrahlen in diesen Nachtgesichten des Propheten Sacharja die Liebesgedanken Jehovas auf dem dunklen Hintergrund der Sündengeschichte seines Volkes.

Was ist ein Gesicht?

Ja, aber was ist nun überhaupt ein Gesicht? O, das, was Sacharja erlebte, waren Gesichte. Was versteht man darunter? Es liegt im Wesen des Gesichts, dass es bei Nacht empfangen wird. Die Ruhe und Stille der Nacht eignet sich am besten zur Konzentration, zur Sammlung vor Gott. Ein Gesicht ist eine Offenbarungsweise, bei welcher der Mensch nach außen völlig abgeschlossen ist, nach innen aber geöffnet für die obere Welt. Wenn wir rechte Beter sind, können wir das feststellen, weil wir Ähnliches beim Gebet erleben. Man ist dann wie versetzt in eine andere, in die obere Welt. Auf dem Gebiet des Weltwesens gibt es parallele Zustände, wenn z. B. einer einen spannenden Roman liest, ist er seiner Umgebung im Geiste ganz entrückt, vergisst er alles um sich her, sich selber, und lebt nur in jener Welt des Romans, die eben geschildert wird. So ist es auch in der Welt des Heiligen Geistes. Nur ist mit diesem ganz für Gott aufgeschlossenen Sein nicht immer ein Gesicht verknüpft. Ein Gotteskind muss als Lebenszustand mit sich tragen: Immer innerlich offen für Gott, nach der Welt hin völlig abgeschlossen. Das Äußere kann man dann, wenn man in diesem Zustand lebt, gewohnheitsmäßig verrichten. Ich traf mal den Bruder Augenstein in Auerbach beim Pflügen. Sprachen miteinander: sagte er: „Das ist mein liebste Sach', das Pflügen. Meine Ochsen und i, wir können’s auswendig. Aber dann denk i dabei: der Acker ist die Welt.“ Und dann hat er auf diesem Weltacker da Indien liegen und dort Afrika und dort Deutschland usw. und nun betete er für Indien, Afrika, Deutschland und alle Menschen. Dieser Mann lebte inwendig im Geiste. Darum war auch sein äußeres Leben geistdurchtränkt. Dieser Zustand ist aber eine Gabe Gottes.

Wir dürfen ein Gesicht durchaus nicht höher halten als das Wort oder den Heiligen Geist. Im Gegenteil. Denn zu wem der Herr dieses redet, zu dem redet er in völliger Klarheit. Ein Gesicht hat immer etwas Verhülltes. Das werden wir auch bei Sacharja lernen. Deshalb haben wir auch mehr Gesichte im Alten Testament. Denn das Alte Testament ist das Buch mit der Decke darüber, während wir im Neuen Testament schauen dürfen von Klarheit zu Klarheit.

Darum haben wir in der Klarheit des Neuen Testamentes weniger Gesichte (Petrus: Apg 10; Paulus: Apg 16:10). Das Gesicht gehört mehr ins gesetzliche Gebiet, ist eine niedere Stufe der Offenbarungen Gottes. Trotzdem werden den Dienern Jesu im Neuen Testament mehrere Male Gesichte geschenkt, und zwar immer, wenn etwas Neues, etwas Hochbedeutsames eintreten soll, z. B. Petrus musste von dem Vorurteil aller Juden, Heiden seien unrein, und könnten darum nicht unmittelbar in die Gemeinde Gottes, sondern erst nach Anschluss an das Volk Israel, das heißt nach der Beschneidung, in die christliche Gemeinde aufgenommen werden, befreit werden. Oder Apg 16:9 Paulus erschien ein Gesicht bei der Nacht. Das war ein Mann aus Mazedonien, der stand und bat ihn und sprach: „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ Durch dieses Gesicht wurde dem Paulus gezeigt, dass die frohe Botschaft nun nach Europa gebracht werden sollte. Gewissheit über seinen diesbezüglichen Willen gab Gott dem Apostel durch das Nachtgesicht zu Troas. Da griff der Herr auf besondere Weise ein. Das ist dann eine besondere Herablassung des Herrn auf einen natürlichen Zustand. Dass die Gesichte immerhin etwas geringere Bedeutung haben als das Wort, sieht man im Buch Sacharja deutlich daran, dass sie nachher in den „Reden“ betätigt werden. Was sieht nun der Prophet mitten in der Nacht im Gesicht?

Ein Reiter auf blutrotem Pferd

Sach 1:7-15. Er sieht einen Mann auf einem blutroten Pferd unter den Myrten in einem tiefen, tiefen Tal. Also ein Talgrund mit grünem Myrtengebüsch lieblich geschmückt. Unter den Myrten, die wir uns als recht groß vorstellen müssen, hält ein Reiter auf blutrotem Pferde. Und was hält hinter ihm? Eine große Zahl auf rotbraunen, feuerroten und weißen Pferden. Diese ganze Schar ist soeben von einem weiten Erkundungsritt zurückgekehrt. Der Prophet wundert sich und spricht: „Mein Herr, wer sind diese?“ Er richtet die Frage an den Geleitengel, der bei ihm ist. Jeder Mensch hat seinen Engel. So auch hier der Prophet. Nach Hebr 1:14 sind die heiligen Engel dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit. So diente auch dem Propheten hier ein Engel, der ihm die nötigen Aufklärungen gab, und der Prophet wendet sich hier um Aufschluss über die Reiter, die er im Gesicht gesehen hat, mit der Frage an ihn: „Mein Herr, wer sind diese?“ Und er bekommt die Antwort: „Ich will dir zeigen, wer diese sind“ (Sach 1:9). Und der Engel, der ihn geleitet, führt ihn zu dem Mann, der unter dem Myrtengebüsch hält, hoch zu Ross. Und nun erklärt ihm dieser, dass die Reiterscharen, Engel, die er anführe, von Gott ausgesandt seien, um die Erde zu durchziehen.

Und auf die Frage des Anführers der Reiter: „Was habt ihr gesehen?“ antworten sie dem „Engel des Herrn“, der unter den Myrten hält, - so wird jetzt dieselbe Person genannt, die vorhin „Mann“ hieß (Sach 1:8): „Wir haben die Erde durchzogen, und siehe, alle Länder sitzen still!“ Da fängt der Mann, der Engel des Herrn, an zu beten fürs Volk Gottes: „Herr Zebaoth, wie lange willst du dich denn nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über welche du zornig gewesen bist diese 70 Jahre?“ Und er bekommt Antwort vom Himmel, dieser geheimnisvolle Engel des Herrn, der Fürsprecher des sündigen Bundesvolkes. Es sind freundliche, tröstliche Worte. Die Antwort aber wird dem Geleitengel des Propheten von dem „Herrn“ weitergegeben. Und der Geleit- oder Dolmetscherengel teilt sie dann dem Sacharja mit: „So spricht der Herr Zebaoth „Ich eifere für Jerusalem und Zion mit großem Eifer und bin sehr zornig über die stolzen Heiden, die sicheren, gleichgültigen Völker. Denn ich war nur ein wenig zornig, nämlich über Israel, sie aber halfen ihm zum Verderben.“ Sie plagten und quälten es mehr, als ich ihnen erlaubt hatte. Darum so spricht der Herr: „Ich habe mich Jerusalem wieder zugewandt mit Barmherzigkeit, und mein Haus soll drinnen gebaut werden. Es soll meinen Städten wieder wohlgehen, und der Herr wird Zion wieder trösten und wird Jerusalem wieder erwählen.“ So wie er es schon Jahrhunderte früher durch den Propheten Jesaja verheißen hat; Jes 40:1-2; Sach 14:2 so redet jetzt der Herr selber freundlich mit seiner Stadt und seinem Volk. Das sind wahrlich tröstende Worte!

Auslegung des 1. Nachtgesichts

Nun wollen wir das Nachtgesicht, nachdem wir es im ganzen mit unserem geistigen Auge geschaut haben, in seinen einzelnen Zügen betrachten, und es uns durchs Wort und den Geist Gottes auslegen lassen!

„Bei der Nacht“ (Sach 1:8) - wenn die Sorgen-Nächte der Frommen Gebetsnächte werden, werden sie Nächte voll Gnaden und Segen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass den Propheten auch die Sorge um sein, am Tempelbau mutlos gewordenes Volk ins Ringen und Kämpfen mit Gott gebracht hat, und Gott hat ihm geantwortet, indem er dem Propheten etappenweise den ganzen Weg seines Volkes von seiner Gegenwart an bis ins zukünftige messianische Reich, aus der Enge in die Weite, aus der Tiefe in die Höhe, gezeigt hat. Von solchen Gebetsnächten, die zu Segensnächten geworden sind, weiß die Bibel manches zu erzählen: 1Mo 32:25ff.; Mt 26:36.

In dieser Nacht heißen Gebetes sieht nun Sacharja im Gesicht die Erscheinung eines Reiters auf blutrotem Pferde an der Spitze einer Reiterschar. Wer ist dieser geheimnisvolle Mann, der später (Sach 1:10) noch einmal als „Mann" bezeichnet wird, aber Sach 1:11 als der „Engel des Herrn“ sich herausstellt. Es ist der Sohn Gottes selbst. Er wird hier „Mann“ genannt. Das ist eine Bezeichnung für den Gottmenschen, die öfter in der Bibel vorkommt. Gleich nach der 1. Verheißung im Paradies: „Und ich will Feindschaft setzten zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten ,du wirst ihn in die Ferse stechen“, sagt Eva, 1Mo 4:1, als sie ihren 1. Sohn, Kain empfing, in großer Freude: "Ich habe einen Mann gewonnen mit dem Herrn.“ Aber es wird noch nicht, wie sie im ersten Augenblick dachte, der verheißene Mann Dan 8:15.

Offb 12:5 gebiert das Weib, das heißt das jüdische Volk, denn überall in der Bibel ist das Weib ein Bild für das jüdische Volk, weil verlobt mit Jehova, gebiert es einen Knaben, einen Sohn, einen Mann, der alle Nationen mit eisernem Stab weiden soll. Es ist der Herr Jesus Christus. Der Prophet Sacharja sieht ihn in unserem ersten Nachtgesicht sitzen auf einem blutroten Pferde. Dass er auf einem blutroten Pferde sitzt, soll bedeuten, dass er noch nicht alles überwunden hat, denn sonst würde er auf einem schneeweißen Ross reiten. Denn die Sieger ritten im Altertum, wenn sie gekrönt, nach dem gewonnenen Kriege, in die Hauptstadt einzogen, auf einem weißen Pferd. Der Sohn Gottes muss erst noch durch den furchtbaren Tod am Kreuz, um Sünde, Tod und Teufel zu überwinden. Ja, diese rote, auch ans Feuerrot erinnernde Farbe, weist darauf hin, dass der Sohn Gottes erst noch durch schwere Gereichte, Feuergerichte, Zorngerichte, um der Sünde der ganzen Welt willen stellvertretend Strafe leiden muss, ehe die Erlösung kommt. Wie durch’s Feuer muss er hindurch. Wie in glühendrotes Feuer muss er hinein in seinem Leiden und sterben, hinein in Gottverlasseneit bis auf den Grund der Hölle.

Warum, so wird man vielleicht fragen, sitzt denn der Heilige Gottes hier im Gesicht auf einem Pferd? Dem Volk Israel war es als Volk Gottes verboten, Rosse zu haben, weil es von Gott zu Seinem Volk erwählt war. Es sollte sich nicht den anderen kriegerisch-stolzen Weltmächten gleichstellen. Als es aber unter dem König Salomo doch Rosse nahm, und damit aus seiner Demutsstellung herausging, da hob, so sagt der Prophet Micha, die Sünde Israels an. Es stellte sich den Weltmächten gleich. Hier aber soll durch die Rosse, auf denen der Mann und die Engel Gottes sitzen, angedeutet werden, dass noch große Kämpfe zwischen Gott und den Weltmächten, den Satansmächten, bevorstehen, und dass sie mit dem herrlichen Endsieg des Christus und seiner Engelscharen enden werden. Durch die Erscheinung der Pferde überhaupt, und des „Mannes“ auf einem roten Pferd, wird darauf hingewiesen, dass durch Jesus Christus gewaltige Bewegungen, schnell und stark, über die Menschheit dahinbrausen werden. Welchen Charakter sie tragen sollen, wird durch die Farbe eines Pferdes, das blutrot ist, und der anderen, die feuerrot und weiß sind, angezeigt. Jesus Christus wird schwere Gerichte, Blut und Feuer über die unbußfertige Menschenwelt der letzten Tage heraufführen müssen, dann aber endlich erreichen, dass auch die weißen Pferde seines Sieges über die ganze Welt laufen. Das ist aber überhaupt nur möglich, weil er selbst zuvor in Feuer- und Blutgerichte, wenn auch freiwillig und stellvertretend, gegangen ist. Darum sitzt er auf einem blutroten Pferd und ist umgeben von Reitern auf feuerroten und weißen Pferden.

Aber vorläufig steht der Heiland mit seinem Geisterheer noch in einem tiefen Tal. Er hält unter dem Myrtengebüsch. Myrten sind bescheidene, immergrüne, liebliche Gewächse. Man braucht sie bei uns, um die zur Hochzeit bereite Braut zu schmücken. So weist hier das Myrtengebüsch, unter dem Jesus steht, auf das bräutliche Verhältnis zwischen ihm und dem jüdischen Volk hin. Der Heiland hat nach dem wunderbaren Ereignis der Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft an einer Wende der Reichsgottesgeschichte seine Diener ausgeschickt, die Erde zu durchziehen, um auszukundschaften, welche Stellung die Weltmächte zu diesem Gottesgeschehnis einnähmen. Sie kommen zurück, treffen in der Tiefe mit dem wundersamen Anführer auf dem roten Pferd zusammen und melden: „Wir haben die Erde durchzogen und siehe, alle Länder sitzen stille. „Das bewegt den Sohn Gottes so, dass er zum Vater schreit: „Wie lange noch?“

Unter der Myrten

Dieses erste Gesicht stellt uns in die Zeit der Rückkehr eines Teiles der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft. Das Volk Israel ist ganz klein, steht in der Tiefe, am Abgrund. Der Herr Jesus Christus steht dann natürlich auch in der Tiefe.

Wunderbar, dass auch in der großen Tiefe Jesus für sein Volk Israel schreit: „Herr Zebaoth, wie lange willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über welche du zornig bist gewesen diese 70 Jahre?“ Der so spricht, wird der „Engel des Herrn“ genannt. So wird der Heiland überall im Alten Testament bezeichnet, wo er der Vermittler der Erscheinungen Gottes in der Menschheit ist, zum Beispiel 1Mo 16:7; 2Mo 23:20-21 (vgl. 1Kor 10:4), wo dem Volke Israel die Austreibung der Kanaaniter verheißen und geboten wird. Hohepriesterlich tritt der Herr Jesus für sein Volk ein, so wie er später im hohenpriesterlichen Gebet für die Auswahlgemeine Gottes in wunderbaren Worten fleht, die durch den Glauben an sein vergossenes Blut Vergebung der Sünde, und durch das Bleiben in Ihm Seinen Heiligen Geist empfangen hat. Darum können wir auch die ganze Stelle auf die Geistesgemeine beziehen. Ihr Haupt, der Heiland, hat hier im Gesicht seinen Platz unter den Myrten, in einem tiefen Talgrund. Die Myrtenpflanzung ist für das jüdische Volk auch ein Bild für das Volk Gottes, das aus dem Geist geboren ist. Es befindet sich jetzt nämlich in einer tiefen Erniedrigung, ist jetzt keine Pflanzung, stark und prächtig, hoch und herrlich, auf erhabenem Bergesgipfel, allen sichtbar. Es lebt in allerhand Druck und Drangsal, Not und Kümmernis, der Heiland aber hält unter ihm, ist bei ihm alle Tage. Und das ist des wiedergeborenen Volkes Trost und Kraft.

Auch ihm ist ungeheuer gewaltig Großes geschehen. Es ist durch Gottes Eingreifen wundersam aus der babylonischen Gefangenschaft der Welt und der Sünde befreit worden. Aber nimmt die große Welt Notiz davon? Keine Spur! Sie kennt es nicht und sieht es nicht. „Euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott.“ Aber je mehr die großen Gesetzeskirchen sich zusammenschließen, je mehr die Zeit heranrückt, wo der Antichrist kommt, werden die von Gott Geborenen protestieren müssen gegen alles Gesetzliche und Organisationswesen. Dann aber wird man auf sie aufmerksam werden, jedoch ihre Stimme gewaltsam durch allerhand qualvolle Machtmittel zum Schweigen bringen. Und nun fängt das Martyrium der Glaubensgemeine an. Es wird so eintreten, wie jüngst ein Buchverleger an mich schreib: „Wenn wir eine Kirche bekommen sollen, dann wird es eine Märtyrerkirche sein.“ Jetzt leben wir in der Stille vor dem Sturm. Wie lange noch, und es wird furchtbar über uns, die Seinen, dahinfahren. Wir sehen schon das Wetterleuchten. Aber wir haben einen großen Hohenpriester, den Engel des Herrn, den Mann auf dem roten Pferd in dem tiefen Tal, der schreit um Hilfe und Sieg für uns: „Herr Zebaoth, wie lange willst du dich denn nicht erbarmen über Jerusalem?“ Darum sind wir „als die Sterbenden (2Kor 6:9ff.) und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht ertötet, als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben und doch alles haben.“

Das Flehen des Sohnes Gottes zu Seinem himmlischen Vater wird erhört. Jesus, unser Heiland, bekommt eine Antwort. Hier haben wir eine von den Stellen in der Heiligen Schrift, des Alten Bundes, wo Vater und Sohn sich ganz deutlich unterscheiden. - Die Antwort des Vaters wird vom Sohn an den Geleitengel des Sacharja weitergegeben, und der Prophet übermittelt sie dem jüdischen Volke. Genauso geht der Gang der Offenbarungsübermittlung in der Offenbarung Johannis. Der Vater gibt sein Wort dem Sohn, dieser einem Engel, dieser dem Johannes, Johannes der Gemeinde. Wir sehen da etwas von der Einheit der Heiligen Schrift.

Wir erkennen nun aus unserer Stelle zum anderen auch die Wahrheit, dass der Sohn Gottes stets mit seiner Kreatur in Verbindung geblieben ist. Denn durch ihn ist alles geschaffen und für ihn bestimmt. Aber seine Versuche, seine Geschöpfe für sich zu gewinnen, sind von Anfang an vergeblich gewesen. Nach dem Sündenfall entziehen sie sich ihm und bauen den Turm zu Babel. Dann kommt ein Zeitabschnitt, wo der Herr die Menschen sucht, bis zur Sintflut, aber vergeblich. Danach hat er es mit einem einzigen Volk versucht, und alle anderen laufen lassen. Er machte in Abraham das Volk Israel zum Offenbarungsvolk. Ihm hat er sich nach Hebr 1:1 manchmal und auf mancherlei Weise, durch Gesetz und Propheten und zuletzt durch den Sohn geoffenbart. Welch eine Liebe, welch eine Herablassung! Und doch alle Mühe umsonst! Aber Gott wird dennoch seine Sache zum Ziel führen! Das wird Sacharja in dem ersten Nachtgesicht deutlich gezeigt.

In der Geschichte des Reiches Gottes ist die Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft ein großes Ereignis. Wir stehen da an einer Zeitenwende. In diesem großen Augenblick erhält das Volk des Herrn eine Offenbarung des Sohnes Gottes: Er steht zu seinem Volk. Ein gewaltiger Trost wird ihm gegeben: Der Herr ist bei der Niedrigkeit seines jüdischen Volkes gegenwärtig. Und vor allem, Israel wird durch den Sohn Gottes kundgetan, dass die Sache Gottes weitergehe.

Die Nationen sind auf das Judenvolk angewiesen. Denn von ihm kommt ja das Heil. Darum müssten eigentlich die Völker in einer so großen Stunde, an einem solch wichtigen Wendepunkt sich nach den Juden umschauen. Aber sieh alle Länder sitzen stille, stumpf und stolz. So ist es heute noch. „Das Heil kommt von den Juden!“ wird kaum beachtet. Die stolzen Nationen meinen, sie seien die Träger des Heils der Welt. So hielt sich die große Nation der Ägypter mit ihrer staunenswert hohen Kultur für das Volk, das der Welt Rettung bringe. Ihre Kanalbauten, ihre Heere, ihre Verwaltung ihre Kunst, großartig! Israel war nur ein Sklavenvolk in Ägypten. Aber Gott hat Ägypten mit Vernichtung geantwortet. Denn wo ist jetzt die Blüte ihrer ägyptischen Kultur? Und er hat Israel heraus- und hindurchgerettet, aus Ägypterland.

Jehova und die Weltmächte

Babylon kam als Weltmacht hoch. Die kolossalen Trümmer der Hautstadt dieses Weltreiches setzen heute noch jeden Besucher in Erstaunen. Drei Tagereisen brauchte man, erzählt der altgriechische Geschichtsschreiber Herodot, um die Stadt Babylon zu durchqueren. Und die Stadtmauern waren so breit, dass auf ihnen ein Wagen mit Pferden fahren konnte. Die alten Babylonier sind der Meinung gewesen: Wir bringen der Welt das Heil. „Ihr tut’s nicht“, antwortet Gott. Belsazar erdreistete sich, aus den güldenen und silbernen Gefäßen, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel zu Jerusalem weggenommen hatte (Dan 5:2), mit seinen Gewaltigen und Weibern bei einem Gelage zu trinken. Und in derselben Nacht wurde Belsazar umgebracht und die Juden bald danach befreit.

Das babylonische Reich wird von den Medern und Persern erobert. Sie entlassen die Juden großzügig aus der Gefangenschaft. Ihre Macht und ihr Einfluss ist weithin sehr stark und groß. Aber auch ihnen muss Jehova sagen: „Ihr seid’s nicht! Auch von euch kommt nicht das Heil der Welt!“

Alexander der Große, der begeisterte und begeisternde jugendliche Held, erobert mit seinen Griechen die Welt. Er dringt sogar bis nach Indien an den Ganges, vom griechischen Wesen soll die Welt genesen. Aber Gott ruft auch den Griechen zu: „Ihr seid’s nicht!“ und nimmt sie hinweg.

Dann kommen die Römer. Rom gibt der Welt das römische Recht, die großen Römerstraßen, den Frieden möchte es ihr bringen. Aber wiederum spricht Gott: „Ihr seid’s nicht!“ und haut auch diesen hohen Baum zu seiner Zeit um. Unsere modernen Kulturstaaten sind alle mehr oder weniger die Erben Roms. Sie alle haben ebenfalls einmal gemeint, oder meinen es noch „Wir sind’s“. Zuletzt glaubte es Deutschland, das mächtige, stolze Deutschland. Aber Gott sprach auch zu ihm: „Hinweg mit dir! Du bist’s nicht!“ Die Franzosen glaubten es. Die Engländer meinten es, ja, sie halten von sich, im törichten Wahn, sie seien die Erben des jüdischen Volkes, sie sind’s nicht. Moskau will der ganzen Welt das ersehnte Heil bringen. Aber das Wort der Wahrheit, das allein glaubwürdig ist, spricht’s allen, die lesen können und hören wollen, deutlich aus, dass das Heil kommt allein von den Juden. Merkwürdig jedoch ist, dass das einzige Volk, das den Beruf hat, Träger des Heils zu sein, seinen Beruf zur Zeit wegwirft, während die, welche nicht dazu berufen sind, ihn an sich reißen. Das Volk, zu dem der Herr gesagt hat: „Ich habe dich erwählt“, fällt vom Gesetz und der Prophetie ab und gebiert endlich den Antichristen. Auch an ihm erfüllt sich das Wort: „Gott hat alles verschlossen unter den Unglauben, auf dass er sich aller erbarme.“ Es soll von Ihm allein endlich alles gerettet werden.

Den Gläubigen aber in diesem Zeitalter muss gesagt werden: Was guckt ihr nach Washington, London, Paris oder sonst wohin? Jerusalem heißt die Stadt, woher nach der Heiligen Schrift das Heil für alle Welt anbrechen wird! Wir sollten alle besser lernen, uns in unserem ganzen Denken nur nach den göttlichen Linien der geoffenbarten Schrift zu richten und zu bewegen, sonst geht’s fehl.

Die Nationen sind ihr eigener Mittelpunkt

Das bringen die Kundschafter-Engel dem gespannt im tiefen, tiefen Tale wartenden Herrn zurück als ihre Beobachtung: „Die Nationen haben kein Verständnis für deinen Plan!“ - So wie aus der Auswahlgemeinde eine Volks- und Staatskirche geworden ist, haben die Nationen an sich gerissen, was ihnen nicht gehört, und die Gläubigen außer acht gelassen, was ihnen gehört: Die Gottessohnschaft und die Erbschaft der unausdenkbar großen Herrlichkeit Gottes. Die Söhne Gottes sollten eigentlich aus allen Nationen diejenigen Leute durch das Evangelium herausrufen, die der Herr nach seinem ewigen Ratschluss zu Erstlingen und Priesterkönigen erwählt hat. Da geht man als ein Weinender umher, wenn man die großen Bemühungen sieht, die christliche Jugend zu organisieren und die Völker zu christianisieren. Die Erkenntnis der Wahrheit der Bibel ist eine Passion. Hat man sie erkannt und alles arbeitet und denkt anders, dann fragt man sich: „Hast du auch nicht falsch gesehen, verkehrt gedacht?“ Aber sieht man dann wieder die Bibel an, so weiß man: „Deine dir von Gott geoffenbarte Erkenntnis ist richtig!“ In diesem Sinne hat auch der große Apostel einst gesagt: Ich bin ein Narr geworden vor der ganzen Welt. Aber er wollte es gerne sein um Christi willen. Darum hatte er keine Furcht vor dem Nichtverstandenwerden.

Hochwichtig ist im ersten Gesicht: Die Nationen sind ihr eigener Mittelpunkt. So scheint es auch bei den heutigen Völkern zu sein. Und doch ist es anders. Denn sie werden regiert von den Juden. Film, Theater, Musik, Literatur, Politik, das Wirtschaftsleben, das Finanzwesen, die Regierungen und anderes steht mit unter einem zum Teil nicht unbeträchtlichen Einfluss der Juden. Aber die Nationen sehen es nicht, dass sie tatsächlich in der Hand der Juden sind.

Jerusalem, die Zentrale der Welt

Die einzige Zentrale für diese Welt, Jerusalem, ist zerstört worden, nicht nur um des Unglaubens der Juden willen, sondern auch, damit die Gemeine sich nicht an ein irdisches Zion hänge. In den Kreuzzügen haben die Kaiser mit furchtbaren Opfern versucht, Jerusalem zu erobern für die Christenheit, das Heilige Land von den Türken, den Mohammedanern, zu befreien. Friedrich Wilhelm III. hat aus Jerusalem einen evangelischen Bischofssitz gemacht. Er wollte es wohl auf friedlichem Weg erobern. Kaiser Wilhelm II. hat eine Jerusalemfahrt gemacht. Die Kreuzzüge, die Kaiserfahrt ins Heilige Land, alles waren Irrwege. Jetzt residieren in dem gewaltigen Bau, der auf Veranlassung des letzten deutschen Kaisers in Jerusalem errichtet wurde, die Juden. Und wenn die Engel, ausgesandt von Gott, die Erde zu durchziehen, zurückkehren, müssen sie ihrem Herrn melden: „Siehe, trotz alledem: Alle Länder sitzen still! Sie merken nichts!“ Aber die Gemeine müsste es merken.

Damals hat, auf die Botschaft der Engel hin, der Sohn Gottes die Hände zusammengelegt und gebetet: „Herr Zebaoth, wie lange noch?“ Auch ihm ist’s zu lang geworden. Und seitdem währt es nun noch immer so lange. Da muss Sacharja dadurch, dass er den Sohn des Höchsten fürbittend für Israel flehen lässt, uns zeigen: Es wird noch lange währen, ehe die Königsherrschaft Gottes auf Erden im sogenannten Tausendjährigen Reich anfängt. Tröstlich ist es jedoch, zu hören, dass der Sohn Gottes auch betet: „Wie lange noch!“ Und er betet heute noch für die Juden. Denn Gottes Gaben und Verheißungen mögen ihn nicht gereuen. Und je verkehrter der Juden sind, desto mehr betet er für sie. Jesus Christus wird ihretwegen Schlechtigkeit willen kein Antisemit. Wenn einer mit Recht Antisemit sein konnte, dann der Heiland. Denn was haben sie ihm von Anbeginn bis heute angetan! Wie haben sie ihn verachtet angespeit und verflucht. Und nun sag zu ihm im lebendigen Glauben: „Heiland, wenn du von Abraham bis heute die Juden so ertragen hast, dann wirst du auch mich noch dazu nehmen können!“ Sehet die Geduld Christi! Und so steht er heute noch da. Und jetzt befinden wir uns in der großen Zeitenwende. Die Juden sind seit dem 1. Weltkrieg in nie dagewesene Bewegung gekommen. Sie sind frei geworden. Sie kehren in Scharen in das Land ihrer Väter zurück.

Der Sohn Gottes gibt dem Engel freundliche und tröstliche Worte. Er selber hat sie für sich brauchen können. Er bekommt sie vom Vater. Und gibt sie weiter. Das alles, und sein Gebet sein Reden mit dem Vater sind nicht bloß Bilder, sondern lauter Wirklichkeiten.

Der Herr eifert für sein Volk

Und der Engel, der mit mir redete sprach zu mir: „Predige und sprich: So spricht der Herr Zebaoth ich eifere für Jerusalem und Zion mit großem Eifer und bin sehr zornig über die stolzen Nationen.“ Sach 1:14. Wie ein eifersüchtiger Mann, dem sie sein Weib beleidigt haben und beleidigen, so ist Gott eifersüchtig um sein Volk. Er hat einen großen Eifer der Liebe für sein Volk der Juden. Und er eifert auch für sein neutestamentliches Gottesvolk. Wenn die Menschen wider uns sind, so sagt er uns: „Ich will für euch streiten, ihr aber werdet stille sein!“ Wenn wir beleidigt und unterdrückt werden oder Unrecht leiden, der Herr ist der Richter und Rächer für alles. Die Heiligen können wissen: der Herr schafft mir Recht. Wir stellen es dem anheim, der recht richtet, der es richtig herauskommen lässt. Warte nur ab in einfältiger Stellung der Buße und des Glaubens! Er eifert für uns. Gott eifert für die Juden. Darum sollte jeder die Hände weglassen von den Juden. „Wer euch antastet“ spricht der Herr von ihnen Sach 2:12; „der tastet meinen Augapfel an.“ Das jüdische Volk ist Gottes Volk. Gott hat zu ihm durch den Propheten Hosea gesprochen: "Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit.“ Diese Verlobung Gottes mit Israel drückt sich in dem gesetzlichen Verhältnis aus, in dem Gott zur jüdischen Nation steht. Denn eine Verlobung ist immer ein mehr äußerlich, gesetzmäßiges Verhältnis.

Die gläubige Gemeine in Christo aber steht ganz anders zum Herrn. Ihr hat er viel mehr versprochen: „Ich in ihnen und sie in mir.“ Das ist Geburt und Leben. Hosea hat auf Befehl Gottes ein Hurenweib zur Frau nehmen müssen, um so vor aller Welt ein klares, unmissverständliches Beispiel zu geben für das Verhältnis zwischen Gott und Israel: Gott ist treu, Israel aber untreu. O, ein treuer Gott! Groß ist seine Treue auch alle Tage uns gegenüber. Wenn unsere Untreue Gottes Treue aufhöbe, dann wären wir verloren. Aber unsere Untreue setzt nur Gottes Gerichte in Bewegung. Und Gottes Gerichte hinwieder haben zum Ziel: Rettung! O anbetungswürdige Treue Gottes!

Hinter den Juden steht ihr „Mann“: Pass auf, wenn du das Weib um ihrer Hurerei willen schlagen willst, kann es dir passieren, dass er dir eins klopft! Darum sagt der Herr, ich war nur ein wenig zornig, ich habe mein Weib nur ein wenig, d. h. mit Gerechtigkeit gezüchtigt, aber ihr Völker, ihr habt über Gebühr fest zugeschlagen auf es. Das soll euch nicht unvergolten bleiben! Der Jude ist der Prügelknabe für jedermann. Brechen die Pocken, Ruhr oder andere Seuchen aus, so ist der Jude schuld daran. Nein, die Nationen sind selber schuld, wenn sie ins Unglück rennen. Warum lassen sie sich durch ein paar Millionen Juden ins Verderben treiben? Warum passen sie nicht auf und sind blind?

Gottes Blick auf die Welt

Auch dem Volk der Wiedergeborenen geht es ähnlich von Seiten der Welt wie den Juden. Haben die Gläubigen einmal sich vergangen, wird ihnen kein Fehler durchgesehen, sondern sie bekommen von den Kindern der Welt Zweifältiges an Hohn, Verachtung Spott und Strafe. Deshalb aber holt sich die Welt am Volke Gottes wie am Judenvolk ihr Gericht. Alle Züchtigungen der Gegenwart kommen allein daher, dass der Herr in seiner Liebe so eifert um die heilige Stadt und um die Stätte des Tempels. - Sach 1:14 zeigt die Grundregel, nach der wir die Züchtigungen unseres Gottes verstehen sollen. Alle harten Züchtigungen sind immer neue Beweise, dass Gott Sein Volk noch nicht verstoßen hat, und dass er nicht daran denkt, es zu verstoßen. Er ruht nicht, bis ihn sein Volk versteht und sich ihm hingibt.

Sach 1:15: Hier wird die Gesinnung gezeigt, mit welcher Gott auf die grausame Welt blickt. Gott zürnt über die stolze, stumpfe Ruhe, die ganz unberührt bleibt von seinem Tun. Hinter dieser eisigen selbstsicheren Ruhe der Völker birgt sich ja tödlicher Hass gegen Gott und sein Volk. Gott überlässt der Welt sein Volk zur Züchtigung, die Welt aber will es vernichten.

Immer wieder kommt das Siegel auf die köstlichen Verheißungen Gottes, weil sie so unglaublich klingen. Aber ihre Glaubwürdigkeit wird bestätigt durch das fortwährende: „So spricht der Herr Zebaoth“. Was Sach 1:17 steht, ist noch nicht geschehen. Es steht noch aus. Wir haben zu warten. Es war einmal, wo der Herr sich zu seinem Volk gekehrt hatte, wo es ihm wohlging, und es liegt eine lange Zeit dazwischen, wo es keinen Trost und kein Wohlergehen im Volke Gottes gibt. Darum heißt es hier: "Wieder zu Jerusalem kehren, wieder trösten, wieder erwählen.“ Das, was verkündigt ist durch die Propheten, dass der Herr König sein wird zu Zion, ist nie gewesen. „Wieder“ und „wie lange“ in unserem Text, deuten auf eine lange Zeit irdischen Elends seines Volkes hin. Aber es wendet sich auch wieder. Wie für die Juden, so gilt das auch für die Glaubensgemeine, dass sie eine lange Zeit durch Leiden, Kreuz und Sterben gehen muss, ehe sich ihr Elend wenden wird. Aber einst kommt die zeit, wenn der Herr sie zu sich nimmt in den Himmel.

Nachdem der Herr im ersten Nachtgesicht des Sacharja dem Propheten in großen Zügen programmatisch gezeigt hatte, wie sein auserwähltes Volk noch lange Zeit unter der Zerstreuung unter den Nationen und ihrer gehässigen Verfolgung und Bedrückung leben müsse, er aber endlich sich mit Barmherzigkeit wieder zu Jerusalem kehren, und Israel wieder herstellen werde, wird ihm in den folgenden Gesichten die Ausführung des Planes Gottes zur Aufrichtung seines Königreiches auf Erden unter Führung Israels im einzelnen gezeigt.

Dieselbe beginnt damit, dass über die Welt Zeiten unendlichen Jammers und Elends kommen werden. Das zeigt das zweite Nachtgesicht (Sach 2:1-4) an.

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3. Die vier Hörner und die vier Schmiede