Die vier Hörner und die vier Schmiede

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Nachtgesichte des Propheten Sacharja
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Erklärt auf einem Bibelkursus in Langensteinbach vom 21.-31. Januar 1924
Nachgeschrieben, geprüft und ergänzt von Pfarrer Friedrich Take

weitere Abschriften hier:

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor:
2. Der Reiter unter den Myrten (Sach 1:7-15)

3. Die vier Hörner und die vier Schmiede

  • Sach 2:1-4 (ELB) (1) Und ich hob meine Augen auf und sah: Und siehe, vier Hörner! (2) Und ich sagte zu dem Engel, der mit mir redete: Was sind diese? Und er sprach zu mir: Das sind die Hörner, die Juda, Israel und Jerusalem zerstreut haben. (3) Und der HERR ließ mich vier Handwerker sehen. (4) Und ich sagte: Was wollen diese tun? Und er sprach: Das sind die Hörner, die Juda derartig zerstreut haben, daß niemand mehr sein Haupt erhob; und diese sind gekommen, um sie in Schrecken zu setzen und um die Hörner der Nationen niederzuwerfen, die ein Horn gegen das Land Juda erhoben haben, um es zu zerstreuen.

Das 2. Nachtgesicht

Der Prophet sieht vier Hörner, Tierhörner. Beim Tier - etwa beim Ochsen, Büffel, Nashorn usw. - ist das Horn „Ausdruck und Zeichen seiner Stärke und Wahrhaftigkeit.“ Darum bedeutet das Wort „Horn“ in der Bildersprache der Bibel soviel wie Macht, Königreich. So rühmt der Psalmist Ps 89:19: „Durch deine Huld wird unser Horn (das ist unsere Machtstellung) erhöht.“ Und im gleichen Psalm Ps 89:25 heißt es von dem Messias: „Sein Horn, seine Macht, sein Königreich soll sich in meinem (Jahwes) Namen erheben.“ Ebenfalls Ps 92:11: „Mein Horn, meine Macht, wird erhöht wie die eines Büffels, ich werde überschüttet mit frischem Öl“. Wohl die ausführlichste Unterweisung hierüber gibt uns der Prophet Daniel, Dan 7:8.20-24. An dem 4. gräulichen Tier, das er im Geiste schaut, sieht er im Kranz um sein Haupt 10 Hörner, zwischen welchen ein elftes kleines hervorbricht, und vor diesem fallen drei Hörner aus. Es wird ihm dann von Gott die Deutung dieses Gesichts gegeben, nämlich, dass die zehn Hörner zehn Königreiche darstellen und das elfte eine andere Weltmacht ist, welche drei Königreiche verdrängt und die anderen unter sich zusammenfasst. So bedeuten auch die vier Hörner, welche Sacharja im Nachtgesicht sieht, vier Weltmächte, wie ja auch in Sach 2:4 ausdrücklich gesagt wird: Es sind Hörner der Heiden, das heißt der Nationen.

Und nun ist der Prophet gespannt, was für Weltmächte hier unter dem Bild der vier Hörner dargestellt sind, und wir sind es mit ihm. Darum richtet sich Sacharja an den neben ihm stehenden Dolmetscherengel mit der Fragen: „Wer sind diese?“ Und der Engel sprach zu ihm: „Es sind die Hörner, die Juda samt Israel und Jerusalem zerstreut haben.“ Diese Zerstreuung ist aber zur Zeit des Propheten noch gar nicht geschehen, denn nur ein Teil des Volkes, das Nordreich, ist nach dem Fall Samarias im Assyrischen Weltreich aufgegangen. Und aus der Zerstreuung in die babylonische Gefangenschaft haben sich die Juden zum Teil jetzt wieder in ihre alte Heimat versammelt. Und der Augenblick, wo sie tatsächlich im Jahre 70 n. Chr. in alle vier Winde zerstreut wurden, liegt noch fern. Aber dem Propheten wird es, als ob es schon geschehen wäre, angesagt: Vier Weltmächte haben Israel ins tiefste und allergrößte Elend gebracht, indem sie ihm seine nationale Einheit raubten und es in alle Winde zerstreuten.

Die vier Hörner

Vier Hörner starren dem Volke Gottes drohend aus der Menschheit entgegen: Der Engel sagt: Das ist die Weltmacht, welche Juda, vorher schon Israel, und zuletzt noch Jerusalem zerstört hat - die Weltmacht in Gestalt der vier aufeinander folgenden Weltmonarchien, wie sie Dan 2 und Dan 7 zur Darstellung gebracht hat. - Es gehört zum rechten Christensinn dass wir uns an den Anblick der vier Hörner gewöhnen und uns durch den unaufhörlichen Widerspruch der Welt nicht müde und mutlos machen lassen. So lange die Gemeine auf Erden ist, lebt sie als die streitende Kirche Hebr 12:3.

Den vier aufeinander folgenden Weltmonarchen in Dan 2-7, vom Propheten Sacharja als vier Hörner, in welchen zugleich der tierische Charakter der wilden, wüsten Menschheit mit zum Ausdruck kommt geschaut, hat Gott vier aufgerichete Menschengestalten entgegengestellt. Die drei ersten dieser Menschengestalten waren Cyrus als Überwinder der ersten, Alexander der Große als Überwinder der zweiten und Rom als Überwinder der dritten Weltmacht. Jedes Mal siegte die neue Weltmonarchie durch das gottebenbildlich Menschliche, was sie vor der tierisch entarteten, untergehenden voraus hatte. Die vierte Gestalt, welche das vierte Horn in Gestalt des Antichrists niederwirft, ist der Menschensohn in den Wolken (Dan 7).

Nicht das Tierische, Antichristliche, sondern das Menschliche, Gottebenbildliche, trägt in dieser Welt schließlich den Sieg davon.

Schon der Anblick der vier Schmiede reicht aus, um die Weltmacht „abzuschrecken.“ In der Weltmacht ist allezeit ein geheimes Zittern vor dem drohenden Gericht. Dieses geheime Zittern vor Gott und seinem Gericht ist in jedem Menschenherzen, das der Welt angehört, vorhanden.

Das zweite Nachtgesicht setzt da ein, wo das erste mit dem Hinweis auf eine lange Zeit irdischen Elends (viermal „wieder“ Sach 1:16-17) des jüdischen Volkes geschlossen hatte. Es zeigt, wie es in dieser langen Zeit äußeren Jammers gehen wird, und wie sich der Jammer jedes Mal wendet. Wie all dieses zugehen soll, wird der Prophet innerlich betend vor Gott besonnen, überlegt haben. Plötzlich zeigt es ihm der Herr ganz deutlich und zwar durch ein merkwürdiges Gesicht. Er sieht vier Hörner. Das Bild eines Hornes, beispielsweise eines Stierhornes, bezeichnet, wie gesagt, Macht in der Heiligen Schrift. Also vier Mächte sollen diese vier Hörner bezeichnen. Und auf seine erstaunte Frage an den Geleitengel bekommt der Prophet zur Antwort: Es sind die Hörner, die Mächte, die Juda samt Israel vorher, und zuletzt noch Jerusalem zerstreut haben. Also so lange wird das Elend über das jüdische Volk anhalten, wie die vier Hörner über es kommen und über ihm sind. Diese Hörner sind vier Weltmächte, die Hörner der Nationen. Sie werden gegen Israel stoßen, bis sie sich schließlich ihre Hörner abgestoßen haben.

Die vier Schmiede

Denn jedes Horn findet seinen Schmied, das heißt, jede Weltmonarchie wird durch ein furchtbares Gericht zusammengehauen. Sach 1:17 heißt es: So spricht der Herr Zebaoth: „Es soll meinen Städten wieder wohl gehen, und der Herr wird Zion wieder trösten und wird Jerusalem wieder erwählen“ (Jes 40:1.2; Jes 14:1). Das alles kann gar nicht geschehen, die freundlichen und tröstlichen Gottesverheißungen über das Volk Israel können nicht in Erfüllung gehen, ehe die vier Hörner über das Volk und über diese wieder vier Schmiede gekommen sind, die sie unwirksam machen. Von den Hörnern wird gesagt, dass sie Juda zerstreut haben, und nicht nur Juda, sondern auch Israel und Jerusalem. Das ist zu der Zeit, als der Prophet dies Bild von den vier Hörnern und den vier Schmieden im Gesicht sah, ja nur teilweise geschehen. Zerstreut, ganz in alle vier Winde zerstreut wurden die Juden erst nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr..

Was bedeuten die vier Hörner und ihr Tun? Dan 2 gibt uns darüber Aufschluss. Da sieht der König Nebukadnezar ein großes und hohes und sehr glänzendes Bild. Das war schrecklich anzusehen. Das Haupt dieser menschlichen Figur war von feinem Gold, seine Brust und Arme von Silber, sein Bauch und seine Lenden von Erz, seine Schenkel aus Eisen, seine Füße ein Gemisch von Eisen und Ton. Als Nebukadnezar noch das Bild anschaute, ward plötzlich von unsichtbarer Hand ein Stein herabgerissen, der schlug das Bild an seine Füße, die aus dem Gemenge von Eisen und Ton bestanden, und zermalmte sie. Da wurden miteinander zermalmt das Eisen,Ton, Erz, Silber und Gold und ihr Staub verwehte wie die Spreu auf der Sommertenne.. Der Stein aber, der das wunderbare Bild zerschlug, wurde zum großen Berg, der die ganze Erde füllte. Nebukadnezars Traum stellt uns das Weltreich oder die Weltmacht als ein Ganzes dar, wenngleich auch seine Träger zu der von Gott bestimmten Zeit wechseln. „Im Verlauf seiner Entwicklung wird es immer gefährlicher für die Menschheit, während sich seine Beschaffenheit von einem Zeitraum zum anderen verschlechtert, das heißt, die Fähigkeit, die einzelnen Teile zu einem Ganzen zusammenzuschließen und zusammenzuhalten, nimmt ab.“ (Jubiläums-Bibel).

Was nun die Deutung der in dem Monarchienbild angezeigten Weltreiche betrifft, so ist das goldene Haupt dem assyrisch-babylonischen, die silbernen Arme und Brust sind dem medisch-persischen Weltreich gleich. Der eherne Bauch und die Lenden stellen die griechisch-mazedonnische, die eisernen Schenkel und teils eisernen, teils tönernen Füße die römische Weltmacht dar, welche zuerst in ein weströmisches und oströmisches Reich und hernach in eine Vielzahl kleinerer Staaten zerfiel, und in der Endzeit in eine Zehnzahl von Königreichen auseinandergehen wird. (Offb 17:12f). Diese letzten 10 Reiche mit zehn Herrschern müssen erst kommen. Es sind Vasallenstaaten und Vasallen des Antichristen. Sie müssen erst kommen und wieder zerschmettert werden, dann kann erst das Reich Gottes auf Erden aufgerichtet werden. Darum dienen die Zermalmungen von Staaten dem Heil der Welt, weil eben anders das Reich Gottes nicht kommen kann, es sei denn, dass für dasselbe Platz geschaffen wird durch die Hinwegräumung aller menschlichen Staatsgebilde.

Die Rolle der Gemeine

Die Gemeine Gottes braucht diese Weltreichsbildungen und ihre Zermalmungen, denn in diesen Zuständen hat sie ihre Passion. In Auerbauch lebte der Bauer Augenstein. Er war ein einfacher Mann, hatte aber eine Bibliothek wie ein Gelehrter. Alle Bücher hatte er im Winter selber eingebunden und alle seine Bücher hat er auch gelesen, ein großer Vorzug vor vielen Gelehrten! Da standen auch mehrere Bände Weltgeschichte von verschiedenen Verfassern in seiner Bibliothek. Im Blick auf dieselben stellte er einmal die Frage. „Sagen Sie mal, welches ist der rote Faden in der ganzen Weltgeschichte?“ Die Antwort gab er selber: „Das ist das Kreuz der Gemeine, welches gipfelt in Christus und weiter geht bis zum Antichristus.“ Aus der Kreuzesflucht entstehen meist die Verkehrtheiten in der Gemeine. Die Gemeine braucht das Kreuz zu ihrer Auferbauung. Zu Gottes Zeit aber wird es ihr auch verwandelt in Kronenherrlichkeit.

Auslegung des 2. Gesichtes

Es drängt zu staunender Anbetung, den einen prophetischen Geist in seiner wachstümlichen Ausbildung in der Heiligen Schrift zu sehen. Die Propheten schildern den Untergang der vier Weltreiche verschieden. Bei Daniel (Dan 2) wird das ganze Bild zermalmt. Daniel schaut die letzte Katastrophe, durch die alles zusammenbricht. Sacharja sieht die Weltmonarchien einzeln untergehen. Aber die Sache ist dieselbe.

Der Prophet Sacharja hat erlebt, wie der Schmied (die Perser) in Gestalt des Cyrus das babylonische Horn zerschlagen hat. Da hat das jüdische Volk gemeint, jetzt müsse die Freiheit anbrechen. Da sagt der Prophet: Nein, es müssen noch drei andere Hörner und drei andere Schmiede kommen. Und es kam zunächst Alexander der Große und hat das zweite Horn, die persisch-medische Weltmacht, zertrümmert. Nun haben wohl die Juden gemeint: Jetzt endlich kommt die Freiheit. Aber auch unter Alexander dem Großen wurde sie ihnen nicht zuteil. Seine Macht hat ein dritter Schmied zertrümmert, das aufkommende Rom. Und als nun die Juden meinten, jetzt hat unsere Stunde geschlagen, mussten sie erfahren, dass sie mehr als je unter dem Joch der Fremdherrschaft gingen und schließlich durch den römischen Kaiser in aller Windrichtungen zerstreut wurden. Aber auch dieses gewaltige Horn, das jetzt noch unter uns in den heutigen Weltmächten aufgerichtet ist, findet seinen Schmied. Das ist der Antichristus. Aber auch für das gewaltige antichristliche Reich, das wohl jetzt schon im Entstehen begriffen ist, steht schon der noch gewaltigere Schmied bereit, der dieses Kulturreich ohne Beispiel in einen Trümmerhaufen zerschlagen wird, Jesus Christus. Nachdem so alle vier Weltreiche von der Erdoberfläche verschwunden sind, kann Christus sein Gottesreich ungehemmt auf Erden aufrichten. Das will uns das zweite Nachtgesicht des Sacharja von den vier Hörnern und vier Schmieden sagen.

Was lehrt uns dieses Gesicht

Alle Schwärmer von der Wiederkunft Jesu haben einen Mangel an Sündenerkenntnis. Die seitherigen Gerichte haben unser Volk nicht zerschlagen, so muss unbedingt neues Gericht kommen. Alles Schwärmen sieht nicht genug die Sünde. Darum müssen wir beten, dass wir die Sünde erkennen möchten. Ehe das Königreich Christi kommt, müssen die Gerichte über die Nationen gehen. Darum kann von einer Völkerdurchdrinung mit dem Evangelium nicht die Rede sein.

Was uns dieses Gesicht lehren will, ist dieses: Die Aufrichtung des Königreichs Jehovas auf dieser Erde in Israel kann und wird erst erfolgen, nachdem sämtliche politischen Staaten zerstört, zermalmt und vernichtet sind. Das Reich Gottes und die Weltreiche der Nationen können, und werden nie gleichzeitig nebeneinander bestehen. Darum kommt es auch nicht durch eine allmähliche Christianisierung der bestehenden Völkermassen und Obrigkeiten.

Ebenso einleuchtend sollte aber auch jene andere Grundwahrheit sein, dass die Bildung und Ausgestaltung einer Gemeine von Auserwählten nicht gleichzeitig mit der Massenbekehrung der Völker vor sich gehen kann. Denn wenn der Heilige Geist in der gegenwärtigen Zeit aus einem weltförmigen und gottfeindlichen Geschlecht eine Anzahl von Überwindern herausruft und zubereitet, so kann unmöglich derselbe Heilige Geist die Bedingungen für erst Überwinder schaffen, und dann aufheben, indem er die ganze Welt bekehrt. Die Unterwerfung der Nationen unter das Regiment Christi sowohl wie auch die Ausgestaltung der Gemeine Christi sind beides Gedanken und Ziele Gottes, die zur Durchführung gelangen, aber jeder von ihnen zu seiner Zeit, und unmöglich zusammen.

Der Missionsbefehl Jesu

Der Missionsbefehlt Jesu heißt genau: "Gehet hin und machet zu Schülern alle Völker". Das Wort Schüler - als Name der an Christum gläubig Gewordenen - steht nirgendwo in den paulinischen Briefen. Da werden die Gläubigen Geliebte, Heilige, Auserwählte, Söhne, Kinder Gottes und Brüder genannt. Johannes braucht den Ausdruck Schüler, mathetes, den Luther nach seinem Sprachgebrauch mit Jünger übersetzt hat, auch nicht in seinem Evangelium. Die paulinischen und johanneischen Schriften (d. h. das Evangelium und die Briefe des Johannes) sind aber vorzüglich die Schriften der Bibel, in denen es von der Gemeine der Wiedergeborenen handelt. Fehlt in ihnen das Wort „Schüler“ zur Bezeichnung der Gläubigen, so ist klar, dass ein „Schüler“ nicht, oder zunächst noch nicht zur Auswahlgemeine gehört. Er steht noch auf der Bekehrungsstufe. Auf derselben spielt aber gesetzliches Wesen noch eine bedeutende Rolle. Dass aber mit dem Begriff „Schüler“ viel Gesetz verbunden ist, liegt klar auf der Hand. Wenn also der Herr Jesus befiehlt, alle Völker zu seinen Jüngern oder Schülern zu machen, kann er dabei nur an die Zeit des tausendjährigen Reiches denken, wo das tatsächlich geschieht, während jetzt Kinder Gottes geboren werden. Das ist etwas wesentlich anderes als Schüler.

Weiter heißt es in dem Missionsbefehl des Heilandes: "Darum gehet hin und machet zu Schülern alle Völker, sie taufend auf den Namen des Vater, und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Hier ist also direkt angeordnet, ganze Nationen zu taufen. Die Johannestaufe unter dem Gesetz war eine Taufe, die fast die ganze Nation der Juden erreichte und umfasste. Und die Jünger Jesu tauften bekanntlich auch, ja, haben noch mehr getauft als Johannes. Als aber, und weil die jüdische Nation die Predigt vom Lamm Gottes, auf das Johannes hinwies, ablehnte, darum ist die Johannestaufe abgekommen. Und als das Evangelium dann unter den Heiden erscholl, wurden hier nur wenige getauft, nämlich nur die, die bekannten, durch den Glauben an Christi Sühneopfer Vergebung der Sünden erlangt zu haben. Wenn jetzt allgemein die Kinder in den sogenannten christlichen Völkern getauft werden, so ist das im Grunde eine Verkennung des Planes Gottes und eine Vorwegnahme und fälschliches Übertragen von Verhältnissen auf die Jetztzeit, wie sie nur für die Zeiten des tausendjährigen Reiches zutreffend sind. Denn da kommen Massen zur Bekehrung, zum Glauben, zur Gewissheit der Vergebung und Erlösung durch Christi Opfertod und werden darum auch massenweise in Christi Tod getauft.

Und nun die Frage: haben denn die Jünger, denen Jesus den Missionsbefehl gegeben hat, sich alsbald daran gemacht, den Missionsbefehl auszuführen? Sie dachten gar nicht daran! Sie machten vielmehr nach mehreren Jahren schließlich mit Paulus aus: Wir gehen zu den Juden und du gehst zu den Nationen. Und während der ganzen, bis dahin verstrichenen 25 Jahre haben sie in Jerusalem und Palästina gesessen und sind unseres Wissens nicht zu den Nationen gegangen. Warum nicht? Weil sie wohl immer noch nach der Bekehrung Israels die Aufrichtung des Königreichs Jesu auf dem Berge Zion erwarteten, wohin dann alle Nationen der Erde zusammenströmen würden, um das Gesetz und Recht und Heil Gottes kennenzulernen. Aber Israel bekehrte sich nicht. Und damit war für jeden an Christus gläubigen Juden klar, dass eine Bekehrung der Gesamtnation vorläufig ausgeschlossen sei, und Gott offenbarte es einem Petrus und Paulus und Johannes und den übrigen, dass es gelte, nun mehr den Nationen das Evangelium zu verkündigen.

Die Bildung des Leibes Christi

Und diese Zeit der Erstlingssammlung ist jetzt. Erst wenn die Erstlinge im Heiligtum sind, darf die Ernte beginnen. Aber so weit ist es nicht, darum hat auch noch nicht die Ernte der Welt, das heißt die erfolgreiche Missionierung der ganzen Welt begonnen. Wenn dem wirklich so wäre, dann müsste man sich sehr wundern, dass nach fast 1900-jähriger Evangeliumsverkündigung so wenig erreicht ist. Wenn, nachdem der gen Himmel fahrende Heiland mit solch großer Machtvollkommenheit jenen Missionsbefehl ausgegeben hat, die Christianisierung der Völker kaum zu spüren ist. Denn nicht nur, dass nicht einmal die Hälfte aller Menschen Christen, sondern Heiden und Mohammedaner und Juden sind, und nicht nur, dass auch die christianisierten Völker all die Jahrhunderte hindurch wenig Christliches an sich haben, ist auffällig. Vielmehr ist erschreckend, dass jene sogenannten christlichen Nationen die Welt in Meere von Blut und Tränen, Jammer und Elend getaucht, in Sklavenketten der Mammonsucht und vieler anderer Laster gebracht haben. Dann müssen wir entweder sagen, das Christentum hat bankrott gemacht, oder aber wir haben den Missionsbefehl Jesu und vieles adere in der Schrift, wie die Stellung des Volkes Israel im Heilsplan Gottes, und die Bedeutung der Auswahlgemeine nach demselben verkannt.

Wer nicht aus Gott geboren ist, kann viel sehen im Wunderwalten Gottes, aber er kann nicht das Geheimnis erkennen, das auch gelüstet die Engel zu schauen: die Bildung des Leibes Christi. Gott hat eine kleine Schar von Menschen ersehen und verordnet, dass sie gleich sein sollten dem Ebenbild seines Sohnes. Diese bilden mit ihm den Leib Christi, er das Haupt, sie die Glieder. Sie kommen heraus aus der Masse, indem das Evangelium in die Massen hineingetrieben wird. Wo das geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes, gibt es natürlich religiöses Leben. Aber die meisten bleiben dann auf dieser Stufe stehen als religiöse Menschen, Erweckte und Bekehrte. Und nur Einzelne gelangen zu einer klaren Geburt aus Gott. Und diese gehören zur Gemeine. Diese Glaubens-Gemeine geht ihren Weg ewigkeitsmäßig und wartet auf die Offenbarung ihres Herrn, um mit ihm offenbar zu werden in seiner Herrlichkeit.

Die Kinder Gottes wissen, dass die Aufrichtung des Reiches Gottes an den Zerbruch der „Hörner“, der vier Weltreiche, geknüpft ist. Sie können auch die Völker durch den Glauben zugrunde gehen lassen, weil sie wissen, dass auf keinem anderen Weg den Nationen Heil winkt. Wenn der letzte Schmied, der Antichrist, seine Arbeit tut, und sein Reich aufrichtet, dann sind die Nationen reif, den Christus Gottes im Glauben anzunehmen.

Lies weiter:
4. Der Mann mit der Messschnur (Sach 2:5-9)