Unerlässliche Richtlinien

Aus Bibelwissen
Version vom 24. April 2024, 22:01 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Verlassen oder übriggelassen?)

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"Christi Schrei am Kreuz - Sein herrlichster Lobpreis"
von M. Jaegle (1976)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis

In Bearbeitung

Christi Schrei am Kreuz

2. Teil

6. Unerlässliche Richtlinien

Rechte Wahl der Interpunktion

Als erstes ist für die rechte Wiedergabe des Schreies Chrsti die Interpunktion von ausschlaggebender Bedeutung.

Interpunktieren bedeutet: Anwenden (Setzen) von Satzzeichen, wie Frage-., Ausrufungszeichen, Beistriche (Komma) u.a. Bekanntlich fehlen diese im Urtext ganz. Selbst die Punkte, welche die Sätze abschließen, sind nicht verzeichnet. Das "Interpunktieren", d.h. Auswählen und Setzen von Satzzeichen, bleibt der Hand des Übersetzers überlassen.

Wir führen im Folgenden einige Beispiele an, die uns zeigen, von welch ausschlaggebender Bedeutung diese so gering und klein aussehenden Satzzeichen sein können, und dies besonders auch in Bibelübersetzungen. Falsches Setzen oder Weglassen derselben können die betreffenden göttlichen Aussprüche sinngemäß vollständig verändern und ihnen dadurch ihre wahre gottgewollte Bedeutung rauben.

Aus der Vielzahl der in der Bibel vorkommenden Fälle, in welchen nachweisbar die Satzzeichen unkorrekt gesetzt wurden, greifen wir zuerst ein Wort aus dem Zusammenhang des Kreuzesgeschehens heraus, und zwar das Zwiegespräch mit dem Verbrecher.

Zwiegespräch des Herrn mit dem Verbrecher

Für unsere Betrachtung ist dieser Fall (Lk 23:43) besonders lehrreich. Er wurde bereits zuvor berührt, aber jetzt wollen wir der geläufigen Übersetzung dieser Lukasstelle den Urtext gegenüberstellen und die Genauigkeit seiner Wiedergabe überprüfen.

Hören wir zuerst die Bitte des gläubigen Schächers und die ihm vom Herrn gewordene Antwort nach der Luther-Übersetzung. Die Bitte des Verbrechers: "Herr, gedenke an mich, wenn Du in Dein Reich kommst", und Jesu Antwort: "Wahrlich, Ich sage dir: Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein."

Die wortgetreue Übersetzung der Bitte nach dem Urtext lautet dagegen: "Gedenke meiner, Herr, wenn Du kommst in Deinem Königreich". Der Schächer hat also den Herrn nicht gebeten, Er solle an ihn denken, wenn Er heute noch in Sein Reich komme, sondern hat die Erfüllung seiner Bitte erst in der Zukunft gesehen. Dieser Gehängte war ein Jude, der um das durch Prophetenmund verheißene Kommen des messianischen Königreiches Bescheid wusste, und dass dieses erst bei Kommen des Messias durch Ihn in seinem paradiesischen Zustand auf erden aufgerichtet werde. Er hatte erkennen dürfen, dass der neben ihm Gehängte der Messias war. Auch war er belehrt worden, dass der Messias dann die verstorbenen. Frommen aus Israel auferwecken werde und diese mit Ihm im Königreich leben werden (Dan 12:13). So stieg in seinem Herzen die Sehnsucht auf, an dieser Auferstehung teilzuhaben un damit dem Messias in diesem Paradies sein zu dürfen. Diesem Verlangen hat er mit seiner Bitte Ausdruck gegeben.

Im Gegensatz hierzu hat die unrichtige Interpunktion auf die falsche Fährte geführt, der Herr käme noch an Seinem Todestage in Sein Reich, und dem entsprechnd ließ man Ihn dem Schächer die seelisch sehr ansprechende, aber verkehrte Zusage geben, er werden "heute noch" mit Ihm im Paradiese sein.

Geht man aber vom rechten Wortlaut der bitte des Verbrechers aus, so sieht man sofort die Unmöglichkeit der Antwort des Herrn, mit der Er jenem die Erfüllung für denselben Tag verheißen hätte. Der Herr antwortete nach dem Urtext (ohne Satzzeichen): "Wahrlich dir sage Ich heute mit Mir wirst du sein im Paradiese." Wie leicht zu erkennen ist, wurde hier nicht der Wortlaut umgeändert, sondern die Wortfolge, während das im Urtext fehlende Satzzeichen, ein Doppelpunkt, unrichtig gesetzt wurde. Letzterer muss aber so stehen, dass des Herrn Antwort mit der Bitte des Verbrechers übereinstimmt, d.h., ihm die Erfüllung seiner Bitte für die Zukunft zu versprechen. Mithin lautet des Herrn Antwort: "Wahrlich, dir sage Ich heute: Mit Mir wirst du sein im Paradiese", unter der stillschweigenden Voraussetzung: wenn Ich in Meinem Königreich kommen werde.

Diese Wahrheit wird noch bestätigt mit dem Jubelgeschrei, welches die Menge dem in Jerusalem einziehenden Herrn darbrachte (Mk 11:10) "... gesegnet ist das kommende Königreich unseres Vaters David...". Mit dieser richtigen Übersetzung herrscht ein wohltuender Einklang zwischen Bitte und Zusage der Erfüllung.

Auch der Todeszustand des Herrn fordert diese Wiedergabe. Er Selbst bezeugte nach Seiner Auferstehung (Offb 1:18): "Ich ward tot, und siehe! lebendig bin Ich." Wenn Er Seinen Tod im voraus verkündigte, setzte Er stets hinzu, dass Er am dritten Tage auferweckt werden (Mt 16:21; Mt 17:22; Mk 8:31; Mk 9:31 u.a.). Wäre Er aber gleich anschließend nach Seinem Sterben - entsprechend der falschen Wiedergabe des Wunsches des Schächers - in Sein Reich gekommen, so wäre dies droben beim Vater gewesen; denn das Königreich war ja noch nicht auf Erden aufgerichtet. Im Gegensatz hierzu sagt Er am Morgen Seiner Auferstehung zu Maria (Joh 20:17), Er sei noch nicht aufgestiegen zu Seinem Vater! Christus wurde also erst in der Auferstehung lebendig gemacht und erst hernach stieg Er auf zum Vater.

Die falsche Wiedergabe dieser Stelle setzt auch ein sofortiges Weiterleben des Herrn nach dem Tode voraus, welches der von Ihm Selbst verkündigten "Auferstehung am dritten tage" widerspricht, sowie, auch Seinem Zeugnis an Johannes (Offb 1:18): "... Ich ward tot, und siehe! lebendig bin Ich ..." (durch die Auferstehung).

Mannigfaltig wird also von der Schrift bestätigt, dass die rechte Wiedergabe so lautet: "Wahrlich, dir sage Ich heute: Mit Mir wirst du sein im Paradiese." In der konkordanten Übersetzung lesen wir den Wunsch des Schächers und die Antwort des Herrn, wie sie der göttlichen Wahrheit nach dem Urtext und dem Zeugnis der Propheten entsprechen. Die Ausdrucksart mit "heute" kommt übrigens auch sonst noch in der Schrift vor. Man lese bitte folgende stelle nach: 5Mo 4:26 u. 40; 5Mo 6:6; 5Mo 8:1-19; 5Mo 11:26. Da wird auch mit "heute"w etwas gesagt, das sich erst viel später erfüllt hat. Das ist auch der rechte Sinn von Wunsch und Zusage in Lk 23:42-43.

An diesem Beispiel haben wir gesehen, wie das falsche Setzen von Satzzeichen (hier der Doppelpunkt) die Gedanken Gottes umkehren und dadurch irrigen Lehren Vorschub leisten kann, wie hier der Lehre, der Eintritt ins Leben erfolgte sofort nach dem Sterben. Denn zufolge dem durch falsche Interpunktion unrichtig überlieferten Wortlaut wäre der Schächer zusammen mit christus am selben Tage in das damals noch gar nicht bestehende Paradies gekommen!

Beim nächsten Exempel wurde ein Punkt anstelle eines Fragezeichens gesetzt.

Das Gleichnis vom untreuen Verwalter

Dieses Gleichnis lesen wir in Lk 16:1ff. Des Herrn Äußerung zu der ungerechten Handlungsweise des Verwalters wird meistens wie folgt wiedergegeben (Lk 16:9): "Und Ich sage euch auch: Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf dass, wenn er euch ausgeht (oder ihr darbet), sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten." Mit dieser Wiedergabe bekommt der denkende Bibelleser einen ihn befremdenden Ausspruch aus dem Munde des Herrn zu hören. Wir fragen: Hat der Herr dem Werke mit Geld jemals eine solche Bedeutung eingeräumt? Damit stünde Er ja in striktem Widerspruch zu den göttlichen Rettungsprinzipien und würde das völlig abwegige Dogma lehren, dass es möglich sei, sich mit guten Werken (hier sogar mit Geld) die zukünftige Herrlichkeit zu verdienen - wie dies eine Religion auch tatsächlich lehrt.

Darauf gibt es nur eine Antwort: "Nein! Herr, das hast Du nie geboten!"

Als damals der Herr von den "ewigen Hütten", wörtlich: "äonischen Zelten" sprach, meinte Er damit das Teilhaben und die Nutznießung am zukünftigen irdischen Königreich Christi.

Nirgends finden sich aber in der Schrift Hinweise, dass mit Geld gewonnene Freunde anderen die Tür in dieses Königreich zu öffnen vermögen.

Auch auf uns, die Glieder der Körperschaft Christi, ist dieses Rettungsprinzip in keiner Weise anwendbar. Da ist vor allem der Römerbrief, der bezeugt, dass wir nicht durch Gesetzeswerke gerechtfertigt werden (Röm 3:20.28), sondern nach Röm 3:24 "gerechtfertigt umsonst in Seiner Gnade" sind. Also nicht Werke mit Geld, sondern unverdiente Gnade verschafft uns Eintritt in den Himmel. Auch der Epheserbrief sagt in Eph 2:8, dass die Nahegabe - die Gabe, durch welche wir uns Gott nahen dürfen - von Gott ist. Dazu wird nochmals betont, "nicht aus Werken, auf dass nicht jemand sich rühme."

Wir sehen also, dass der Herr nie lehrte, mit Geld den Zutritt ins zukünftige Leben zu erkaufen. Deshalb hat auch die Konkordante Wiedergabe (KW) diese Aussage des Herrn in einen Fragesatz gestellt, und zwar aufgrund verbürgter Glaubwürdigkeit so: "Sage auch Ich euch: Machet euch selber Freunde mit dem Mammon der Ungerechtigkeit, auf dass, wenn er euch ausgeht, sie euch empfangen in den äonischen Zelten?

An den zwei Beispielen kann ermessen werden, welch weitreichende Folgen die Interpunktion hat. Dies er muss widerspruchslos mit dem gesamten Schriftzeugnis übereinstimmen; denn falsch angewandt kann der im betreffenden Ausspruch liegende Gedanke Gottes nicht nur verdeckt, sondern sogar vollständig entstellt werden. Solche entstellungen leisteten von jeher falschen Lehren Vorschub!

In den Wiedergaben der Heiligen schrift gibt es aber auch Fälle, in denen das Fragezeichen durch einen Punkt oder ein A usrufungszeichen ersetzt werden muss. Und das trifft nun - um es vorweg zu sagen - auf den Schrei Christi am Kreuz zu.

Wir beschreiben nun den Weg, auf dem wir des Schreies Christi geführt werden.

Entwicklung zum rechten Wortlaut

Die Parallelbibel von Schmoller

Diese Übersetzung hat auf jedem Blatt zwei Spalten, daher ihr Name Parallelbibel. Die linke Blattseite enthält den Luthertext und die rechte die Übersetzung von Dekan Schmoller. Das Werk besteht aus 3 Bänden, wovon der erste 1887 erschien. Die Übersetzung ist jedoch wenig bekannt, denn ihre Lagerbestände sind durch Kriegseinwirkung zerstört und seither nicht mehr erneuert worden. Nebst vielen beachtlichen Verbesserungen in seiner Wiedergabe hat Schmoller im Schrei Christi schon ein Wort richtig übersetzt. Wir finden dieses in Mk 15:24, wo es in etwas veränderter Satzstellung so heißt: "Mein Gott"! Mein Gott! wozu verließest Du Mich?" In der Parallelstelle von Mt 27:46 behielt Schmoller aber die Übersetzung von Luther bei. In beiden Fällen ließ er das Fragezeichen stehen.

Nun ist das "Wozu" in der Tat ein erster Schritt zur Wahrheit, wie noch näher erklärt wird. Das stehengebliebene Fragezeichen nach dem "Wozu" machte aber die Sache noch unklarer; denn es würde den Herrn in einer noch größeren Ungwissenheit über Sein zu vollbringendes Werk zeigen!

Die Übersetzung von Hans Bruns

Dieser Gottesmann hat Christi Schrei wieder um ein Bedeutendes seines überlieferten, anstößigen Wortlautes enthoben. Er hat bei beiden Vorkommen in den Evangelien Matthäus und Markus anstatt des "Warum" das "Wozu" gesetzt, jedoch das Fragezeichen beibehalten! Dennoch sagt er in seiner diesbezüglichen Erklärung Christi Schrei sei ein Lobpreis gewesen!

Diese Erklärung ist von großer Bedeutung, denn sie enthebt Christi Schrei zu einem guten Teil des ihn umgebenden Dunkels. Leider wurde aber das somit gewonnene Licht durch das stehen gelassene Fragezeichen in Frage gestellt. Ein Ausspruch mit Fragezeichen kann doch kein "Lobpreis" sein. Ein solcher verlangt im Gegenteil zur Bekräftigung seiner Vollwertigkeit ein Ausrufungszeichen. Wenn das geschehen wäre, stünde der Schrei Christi in der Bruns-Übersetzung auf noch höherer Stufe. Immerhin wurde auch durch Pastor Bruns darauf hingewiesen, dass der Schrei "ein Lobpreis" war!

Christi Schrei in der aramäischen Sprache

Doch nun stellt sich die frage, inwiefern es nach dem inspirierten aramäischen Text berechtigt ist, anstatt des "warum" das "wozu" zu setzen?

Zum ersten ist auf eine Eigenart des Schreies Christi hinzuweisen. In allen uns bekannten Bibeln und griechischen Schriften steht der Schrei Christi in der aramäischen Sprache, so wie ihn der Herr ausrief: "Eloi! Eloi! Lam sabachthani!" Aus diesem Grund ist unbedingt dem Wortsinn der aramäischen Version vor dem der griechischen der Vorrang zu geben.

Wie wir schon sahen, ist das Wort "lama" mit "warum" und "wozu" übersetzt worden. Was besagt nun "lama" in der aramäischen Sprache? Die erste Auskunft finden wir in der

Stichwort Konkordanz der Konkordanten Wiedergabe

Dort steht auf Seite 517: "lema" oder "lama" (aramäisch: für was). Diesem Wortsinn entspricht eindeutig das "wozu", welches folglich dem bisher verwendeten "warum" durchaus keine Berechtigung lässt. Wörtlich heißt es wohl "zu was", doch stimmt auch diese Version ganz mit: "für was" bzw. "wozu" überein, und. zwar wenn ein "l" vor das "mah" (= was) gestellt ist.

Im Griechischen wird das aramäische Wort "lema" mit "(h)inati" bei Mattäus und mit "eis ti" bei Markus wiedergegeben.

Das (h)inati ist zusammengesetzt aus (h)ina + ti. Wir können das nachprüfen in der SK, Seite 493 unter "irgend", Seite 408 unter "dass", "(auf)dass" und Seite 629 unter "warum". Es ist fast immer Einleitung eines Finalsatzes, d.h. einer zweckbestimmenden und bezeichnenden Aussage, also um eine bestimmte Absicht anzugeben. Ähnlich verhält es sich mit dem "eis ti" bei Markus. Auch dieses weist durch seine Richtung auf ein Ziel hin, gibt auch hier den Zweck an (s. SK Seite 488 unter "hinein" mit dem Hinweis auf die Tafel der Verhältniswörter Seite 337).

Im Lexikon des Übersetzers Dr. Hermann Menge

schlägt dieser für die deutsche Übersetzung von "(h)inati" drei Möglichkeit vor:

  1. zu welchem Zweck
  2. wozu
  3. weshalb.

Seine Vorschläge stimmen also ganz mit der erwähnten Erklärung in der SK Seite 517 überein und bestätigen die Wortwahl von "Für was", "zu was" oder "wozu" (anstatt "warum"). Leider hat Dr. Menge in seiner Übersetzung trotzdem dem "Warum" den Vorzug gegeben; wie dies auch in der Konkordanten Wiedergabe (KW) geschah.

"Auch hat sich im Laufe der Zeit fast durchwegs die Auffassung durchgesetzt, nicht die Warum-Frage zu stellen, sondern die Frage n ach dem Wozu zu erheben, denn sie allein führt zum Verständnis der Wege Gottes!

Als weiteren Zeugen führen noch einen

Dozenten der aramäischen Sprache

an. Dieser ist in einer aramäischen Umwelt aufgewachsen und daher Kenner der Sprache, in welcher Christus Seinen Schrei ausstieß. Von "lema" sagt dieser Gelehrte, dass es ein Ausruf ist mit der Bedeutung: "zu welchem Zweck"

Alle drei angeführten Zeugen lehnen also mit berechtigter Begründung das Fragewort "Warum" ab. Auch in ihren Vorschlägen, mit welchen Ausdrücken "warum" zu ersetzen ist, stimmen sie überein. Nun ist in der Tat die Ausschaltung des "warum" zugunsten des "für was" oder "wozu" offensichtlich von außerordentlicher Wichtigkeit für das rechte Verständnis von Christi Schrei. Damit ist aber erst der Anfang zur Richtigstellung der Wiedergabe des Ausspruches gemacht. Denn solange das Fragezeichen steht, bleibt der Herr ein Fragender ohne Gewissheit des "Wozu" Seines Auftrages.

Ein nächster Fortschritt ist die Ersetzung des Fragezeichens durch ein Ausrufungszeichen. Diese Verbesserung finden wir in der

Konkordanten Literatur

In ihr geschah dies im Neudruck der Schrift "Das Böse, Ursprung, Zweck und Ziel" von A.E. Knoch. Dann erschien es im U.R. 1961 in der Artikelserie "Die gesamte Waffenrüstung Gottes" von H. H. Rocke, auf den Seiten 232 und 283 (Zweimonatsschrift U.R. = Unausforschlicher Reichtum") in der Abhandlung "Gott gibt Seinen Sohn - Der Sohn gibt Sich Selbst", von Wilhelm Prolingheuer im U.R. 1958, Seite 114, und zuletzt im U.R. 1976 Seite 57 von Hans Käser. In diesen Aufsätzen ist unseres Wissens erstmalig der Schrei Christi so zu lesen: "Mein Gott! Mein Gott! Wozu Du Mich verlassen hast!"

Diese Erkenntnis ist so wertvoll, dass wir sie schon vor Jahren in einer besonderen hektographierten Abhandlung hinausgaben und darin bewiesen, dass Christi Schrei ein Lobpreis war. Obwohl nun das "wozu" mit dem Ausrufungszeichen den Schrei einer qualvollen Zweifels- und Notfrage enthob, blieb jedoch der Herr immer noch der von Gott verlassene Sohn. Da dies, wie wir aufzeigten, verheerende Folge für Gottes Erlösungswerk haben müsste, blieb zu fragen, ob denn das Wort "verlassen" nicht auch, wie das "warum", anders übersetzt werden kann, ja vielleicht sogar muss ? Im voraus können wir sagen, dass dem in der Tat so ist!

Verlassen oder übriggelassen?

Zunächst erforschen wir den Sinn der einzelnen Worte aufgrund des griechischen Urtextes, soweit diese für unsere Abhandlung wichtig sind. Wenn manchem Leser dieser Abschnitt etwas trocken oder langweilig vorkommen sollte, so möge er bitte bedenken, dass gerade das gründliche Eingehen auf einzelne Wörter ein notwendiger Teil der Beweisführung ist.

Als nächstes prüfen wir anhand der SK (Stichwort-Konkordanz) das im Schrei Christi enthaltene Wort "verlassen" (Mt 27:46 und Mk 15:34). Schon zuvor durften wir erkennen, dass an Stelle des bisherigen "Warum" als rechte Wiedergabe "für was", "zu was" oder "wozu" gesetzt werden muss.

Auf Seite 600 der SK, 2. Absatz, erfahren wir nun, dass das griechische Wort, welches mit "verlassen" übersetzt wurde, "eg-kata-leipo" heißt. Ferner stellen wir fest, dass es auch mit "übriglassen" übersetzt werden kann. Diese Lesart wurde auch einmal in Röm 9:29 verwendet, und zwar im Zitat von Jes 1:9: "Wenn nicht der Herr Zebaoth uns Samen 'übrigließe'..." Bei diesem Ausspruch konnte man durchaus nicht "verlassen" anwenden. Hier möchten wir auf den bemerkenswerten Umstand hinweisen, dass auch die Sepuaginta (= griechische Übersetzung des AT) die hebräische Textstelle mit "egkataleip" wiedergibt. Damit ist uns ein erster Schriftbeweis gegeben, dass das griechische Verb nicht allein den Sinn von "verlassen" hat. Denn dieser eine Fall zeigt schon, dass es zulässig, ja sogar geboten ist, "egkataleipo" gegebenenfalls auch mit "übriglassen" zu übersetzen, um dem Sinn einer Aussage gerecht zu werden.

Jetzt stellt sich die Frage, ob das im Schrei Christi stehende Urtextwort ebenso unbestreitbar mit "übriglassen" ersetzt werden darf, oder sogar muss. Die Antwort ist von ausnhemender Wichtigkeit für den wahren Wortlaut von Christi Schrei!

Sie erheischt zunächst eine Untersuchung des griechischen Wortes "e(n)g-kata-leipo". Dasselbe ist aus drei Worten zusammengesetzt. Das erste "en", bei dem das "n" vor K-Lauten zu einem "g" wird, wenn es als Vorsilbe gebraucht wird (woraus sich aber keine Bedeutungsänderung ergibt), bedeutet auf deutsch "in " (S. SK Seite 492-493). Es ist ein Verhältniswort, das auf die Fragen "wo"? oder "wenn"? Antwort gibt und drückt eine besonders innige oder tiefe Beziehung zu einer Sache oder <Person aus, gleich einem Ruhen "in" ihr; z.B. "Gott war in Christo, die Welt Sich Selber versöhnend" (2Kor 5:19).

Das nächste Wort "kata" hat die allgemeine Bedeutung von Ö"herab" oder "nieder" (SK Seite 481 und 337), wie es in "katabole" = "Herab- oder Niederwurf" zum Ausdruck kommt. Daneben finden wir "kata" aber auch im übertragenen oder bildlichen Sinn in Verbindung mit anderen Worten wo es den nach "unten weisenden" oder "niederdrückenden" Charakter derselben verstärkt. So z.B. in "katakrima" = "Verurteilung" und "katakrino"= "verurteilen", wobei die Schwere und das Gewicht eines Gerichtsspruches unterstrichen werden.

Wenn wir die äußerste Schwere den Gerichts bedenken, das der Sohn Gottes um der Sünde willen tragen musste und anderseits an die Gewichtigkeit und überragende Bedeutung des Ihm von Gott übrig gelassenen und zu vollbringenden Werkes denken, dann ist das "kata" mehr als berechtigt in Christi Schrei. - In diese Gruppe gehört auch "küssen", welches "kataphileo" heißt (SK Seite 511). Denn dass "kata" betont auch die Tiefe und Innigkeit der Liebe, die sich in der Herabneigung zum Kuss offenbart.

"Kata". hat aber nicht nur den Sinn von "herab", sondern auch den von "einer Sache gemäß" bzw. "das einer Sache Gemäße" (SK Seite 455 und 481), wie dies auch im oben genannten göttlichen Ausspruch vomn 2Kor 5:19 im Zusammenhang mit der Versöhnung = "katallasso", die hin zur Aussöhnung = "apo katallasso" führt, klar zum Ausdruck kommt.

Um diese gleich Funktion von "kata" in "eg-kata-leip" herauszustellen kommen wir nun z ur Prüfung des Verbs (Tätigkeitswortes) "leipo" als dem wichtigsten Teil dieses zusammengesetzten Wortes. Wir finden diese in der SK Seite 434 und stellen fest, dass es mit "fehlen" übersetzt wird. Dazu ist vermerkt: vergleiche mit "übrig", griechisch "loipon".

Das Wort "übrig" finden wir auf Seite 599 mit der Erklärung: wörtlich "das Übrige", griechisch "loipon" = fehlende, das in zahlreichen Schriftstellen vorkommt Es wird übersetzt mit den Wörtern : übrig, übrigens, im übrigen (wörtlich das Übrige und hinfort). Überwiegend ist also dabei der Gebrauch des Wortes "übrig". Zum Beispiel lesen wir in Mt 25:11: "... die übrigen Jungfrauen..."; Apg 2:37: ".. den übrigen Aposteln..." u.a.

Anschließend folgen die mit "übrig" = "leipo" und "loipon" zusammengesetzen Worte (Komposita), so z.B. "perileipo". Es ist in 1Thes 4:15 und 17 wiedergegeben mit: "... wir .. die da übrig bleiben."

Darauf folgt "apoleipo", welches auch wieder mit "übrig bleiben" übersetzt wird, wie in Hebr 4:6 und 9: "Weil es nun übrigbleibt..." und: "demnach ist eine Sabbatzeit übriggeblieben...".

Die Liste mit dem Stammwort "übrig" wird fortgesetzt mit "hupoleipo", welches nur in Röm 11:3 vorkommt: ".. ich (Elias) blieb übrig allein..."

In Offb 12:17 findet sich "epiloipon": "... der Drache ging hin, zu streiten mit den übrigen..."

Ein einziges Mal lesen wir "kataloipon'" in Apg 15:17: "... die übriggelassenen der Menschen..."

Auf Seite 600 der SK folgt als nächste der Ausdruck. "kataleipo", der verdolmetscht wird mit: übriglassen, hinterlassen, verlassen, zurücklassen, liegenlassen und lassen.

Und als letztes unserer Untersuchung kommt das Wort "ekataleipo". Auch dieses wurde einmal mit "übriglassen" (s. Röm 9:29), sonst aber mit "verlassen" übersetzt.

In der nun folgenden Rubrik der SK sind die beiden Vorkommen von egkataleipo" in den Schriftworten von Mt 27:46 und Mk 15:34 vom Schrei Christi mit "verlassen" übersetzt. Hier befindet sich der Kernpunkt unserer Abhandlung, nach welchem wir einen der beiden Worte "übriglassen oder verlassen" den Vorzug zu geben haben. Wir stellen deshalb hier nochmals die zur gleichen Wortfamilie gehörenden Ausdrücke der Reihe nach übersichtlich zusammen, wie sie sich in der SK, Seite 599 und 600 folgen.

  • loipon = übrig, Übriges, im übrigen, hinfort
  • perileipo = übrig bleiben
  • apoleipo = übrig bleiben, zurücklassen
  • hupoleipo = übrig bleiben
  • epiloipon = übriges
  • kataloipon = übriggelassen
  • kataleipo = übrig lassen, hinterlassen, verlassen, zurücklassen liegen lassen, lassen
  • egkataleipo = übrig lassen, verlassen

Als Ergänzung und Vervollständigung obiger Liste dienen och die sinnverwandten , auf Seite 434 der SK, mit "fehlen" übersetzten Vorkommen und Wortzusammensetzungen von "leipo":

  • leipo = fehlen (verg.l übrig)
  • epileip = fehlen (auf-fehlen)
  • anekleipton = fehlen nicht

Aufgrund dieser Aufstellung ist leicht erkennbar, das das griechische Stammwort "loipon" bzw. "leipo" und die davon abgeleiteten Wortbildungen, zu denen auch das Verb "egkataleipo" gehört, den Grundgedanken von "übrig". und "fehlen" beinhalten. Beide sind sinngemäß miteinander verwandt. In der Tat ist das, was an einer Sache fehlt, ein Überbleibsel, etwas ,das "fehlt", weil es "übriggelassen" wurde. Wenn z.B. in Lk 18:22 geschrieben steht: "Noch Eines fehlt dir...", und in Tit 1:5: "... dass du das Fehlende solltest berichtigen ...", so sind das Ermahnungen, etwas bis dahin "Übriggelassenes" oder "Aufgespartes" nachzuholen. Auch dieser Gedanke liegt im Kreuzgeschehen; denn dem ganzen Opferritual fehlte das wesenhaft Sünden tilgende und vollgültige einmalige Sündopfer (Röm 6:10). Und für dieses fehlende, noch zu vollbringende Opfer war Christus der von Gott Übriggelassene!

Egkataleipo (wörtlich: In-herab-übrig) hat im griechischen Sprachgebrauch eine reiche Palette von Möglichkeiten, doch liegt nachdrückliche Betonung auf dem Gedanken des "Übriggelassenen, Überbleibsel, Überrest". Zu ihm gehören die Wurzeln : "leip-, loip-, leim- und limp". Die beiden letzteren finden sich in "leimma" = Überrest (SK Seite 598) bzw. in "(h)upolimpano" =) hinterlassen (SK Seite 489).

Ferner beinhaltet "egkataleipo" auch den Gedanken von : in einer Sache oder Angelegenheit übriggelassen. Auch dieser Sinn wird bestätigt beim Betrachten des Kreuzesgeschehens, besonders bei der von Markus gewählten Formulierung: "eis ti egkatelipes me" (= Mich). Nebenbei bemerkt wird unseres Erachtens die sich auf den Sohn Gottes beziehende Aussage in Apg 2:27 und 31 auch schriftgemäßer wiedergegeben mit:

"Du wirst Meine Seele nicht übriglassen (statt verlassen) im Ungewahrten."

Die Untersuchung aller dieser Urtext-Begriffe lässt uns den bestimmten Eindruck gewinnen, dass das Wort übriggelassen im Schrei Christi unbedingt den Vorrang vor verlassen haben sollte. Doch sind noch andere Gründe vorhanden, welche die Annahme dieser Aussage als zutreffend bestätigen. Der erste besteht in Folgendem:

Im Griechischen gibt es noch ein anderes Wort, "aphiemi", das mit "verlassen" übersetzt wird (SK Seite 513). Dort wird mit dem Sinnbereich von "lassen, erlassen und vergeben" auch "verlassen" angeführt. Als Beleg für die Beleg für die Begründung von "verlassen" ist bezeichnend, dass es für jene Begebenheit in der Leidensgeschichte des Herrn gebraucht wurde, die Sein "Verlassen-werden durch Seine Jünger" wie folgt schildert: "Siehe! es kommt die Stunde und ist gekommen, dass ihr versprengt werdet, ein jeglicher in das Eigene, und Mich allein lasst" (Joh 16:32a). "Dann verließen Ihn alle Seine Jünger und flohen" (Mt 26:56) und Mk 14:50): "Und es verließen Ihn alle und flohen." Wenn Gott Seinen Sohn in derselben Weise verlassen hätte, dann wäre dieser Rückzug Gottes eine Parallele zum Verlassen-gewesen-sein von seinen Jüngern. Folglich wäre es das Nächstliegnede gewesen, in Jesu Schrei das wort "aphiemi" in die Heilige schrift aufzunehmen. Wäre dieses durch den Geist Gottes geschehen, so würde keine Möglichkeit bestehen, "verlassen" durch ein anderes Wort zu ersetzen. Dann wäre es eine unabänderliche Tatsache, dass gott seinen Sohn am Kreuz im Stich gelassen oder preisgegeben hätte.

Aber nun hat der Geist Gottes in Christi Schrei das "egkataleipo" aufgenommen, das vorzugsweise mit "übriggelassen" übersetzt werden sollte. Damit ist uns durch die in der SK gegeben Erklärungen der Weg gewiesen, das verlassen im Schrei Christi durch übriglassen zu ersetzen.

Wann wir dazu noch einmal die zuvor angeführten katastrophalen Folgen bedenken, die durch das Wort "verlassen" in der Lehre über den göttlichen Heilsplan entstanden sind, so verlangen nun aber auch diese durch Gottes Wort begründeten Argumente entschieden das "übriggelassen", so wie es aus der SK herzuleiten ist.

Diese uns durch die SK der Konkordanten Wiedergabe gegebene bedeutsame und fortschrittliche Wahrheit in der Erkenntnis beweist einmal mehr den großen Wert dieses mit viel Mühe durch gründliche Schriftforscher gegebenen Nachweises. Wir können deshalb den gebrauch dieses Werkes für ein gründliches Bibelstudium sehr empfehlen.

"Wie wir weiter aufzeigen werden, wird dieser Ausdruckswechsel noch durch einen weiteren Zeugen gerechtfertigt. Es ist der schone erwähnte Gelehrte und gründliche Kenner des Aramäischen, das seine Muttersprache ist. Dieser gibt folgende Erklärung über die

Wortbedeutung von "sabachthani"

Dieses Wort schreibt sich im Aramäischen "shabakthani" (griechisch mit "egkataleipo"). Es ist abgeleitet von "shabak" und hat die Bedeutung von "behalten, aufsparen" und dergleichen. Diese Erklärung ist für unsere Betrachtung ein sehr wichtiger Beitrag. Doch die letzte, überzeugende und bestimmende Autorität über die wahre Bedeutung von "sabach" oder "Shabak" überlassen wir allein Gottes untrüglichem Wort. In ihm war damals das vom Herrn Jesus gesprochene Aramäisch dem des Daniel und Esra noch viel näher als irgendwelchem heute gesprochenen Aramäisch.

So finden wir im Alten Testament das aramäische "sabach" nur fünfmal, wovon vier in Daniel vorkommen (Dan 2:44; Dan 4:15; (V. 12 bei Luther); Dan 4:23+26 (20+23). Das fünfte erscheint Esr 6:7.

Drei Stellen beziehen sich auf die Demütigung Nebukadnzars (Dan 4:15.23.26) Im Gleichnis vom gefällte Baum durfte der Wurzelstock nicht ausgegraben werden, sondern musste im Erdreich belassen werden als Hinweis dafür, dass zur gegebenen Zeit dem König sein Königtum wieder aufgerichtet wird. Bei diesen drei Vorkommen von "sabach" kann man nicht sagen"verlasen", sondern nur "lassen", oder auch mit dem Zusammenhang übereinstimmend "übriglassen", denn vom gefällten Baum wird der Wurzelstock "übriggelassen".

In Dan 2:44, welches zukünftig ist, wird "sabach" mit "überlassen" übersetzt. So Schmoller, Elberfeld und UR Jahrgang 36, Seite 246" Auch hier ist "verlassen" ausgeschlossen. Ebenso ist unserem Herrn von Gott ein Werk "überlassen" worden, wozu nur Er allein befähigt war, es auszuführen.

Das letzte Vorkommen von "sabach" ist in Esr 6:7, welches in der Befehlsform nur mit "lasst" oder "lasset" - um des Zusammenhangs willen - richtig verdolmetscht werden kann.

Bei diesen fünf Vorkommen von "sabach" in der Heiligen Schrift können wir also unmöglich "verlassen" sagen, wohl aber an drei stellen (also der Mehrzahl) "übriglassen". Und diese unumstößliche Tatsache, die sich allein auf Gottes Wort gründet, genügt vollkommen, um des Herrn Ausruf mit "übriggelassen" zu übersetzen. Nur nebenbei möchten wir noch darauf hinweisen, dass der Sinbereich für "sabach" von "behalten, übrigbleiben, aufsparen" und dergleichen, auch dem heute noch gesprochenen Aramäisch zugrunde liegt, und durch die fünf Vorkommen in der Bibel (wenn wir z.B. an den Wurzelstock denken) nicht umgestoßen, sondern bestätigt wird.

Ist es nicht anbetungswürdige Weisheit Gottes, dass Sein Sohn auf aramäisch zu Seinem Gott gerufen hat! Also weder das hebräische "ozb" (gazav), noch das griechische "egkataleipo" welche beide anderweitig im Sprachgebrauch auch mit "verlassen" übersetzt werden müssen, kamen über des Gesalbten Lippen, sondern das aramäische "shabakthani"! Ja, dieses unmissverständliche, eindeutige Wort, musste Er gebrauchen, weil Er wusste, dass Ihn Sein Vater nicht verlassen, sondern im Gegenteil für das große Werk der Aussöhnung "gelassen" bzw. "übriggelassen" hatte.

Da wir nun die wahre Bedeutung des Wortes "shabakthani" kennen, und zwar aufgrund der Heiligen Schrift, sind wir verpflichtet, Christi Schrei auch dementsprechend wiederzugeben, d.h. mit: "Mein Gott! Mein Gott!" Für (oderzu) was Du Mich gelassen hast"! oder "... wozu Du Mich übriggelassen hast!"

Wir wollen jetzt noch kurz

Die sprachliche Form von Christi Schrei

betrachten. "Mein Gott"! Mein Gott! Für was Du Mich übriggelassen hast!" Dieser Ausruf bedarf nun zum besseren Verständnis noch einer ergänzenden Sinn-Angabe. Wenn Menschen von etwas Wunderbarem aufs tiefste ergriffen, ihr Erstaunen meist nur spontan mit einem kurzen Ausruf kundgeben, so ist das nur ein schwacher und unvollkommener Vergleich mit dem, was der Herr in. unwandelbarem Glauben festhielt: Das ausgesöhnte All! Dieses unübertreffflich hohe und herrliche Ziel der Schöpfung stand dem Herrn bereits zu diesem Zeitpunkt vollendet als. unverrückbare Tatsache mit unumstößlicher Gewissheit fest. Es war die Frucht der namenlosen Qual des Kreuzes in der Dahingabe Seines Lebens und Blutes, und zwar noch ehe Er Seinen Geist in des Vaters Hände befahl und verschied. Diese Erkenntnis des bleibenden wertes Seiner Leiden, die dem Herrn durch den mächtig in Ihm wirkenden geist Gottes zuteil wurde, hatte Ihn ganz überwältigt, so dass Er- auch infolgeSeiner dem Zerreißpunkt nahen Körperschwäche - Seine innere Erregung nur mit einem kurzen Ausruf kundgab.

Damit könnten wir mit von Dank gegen Gott überfließenden Herzen die Abhandlung schließen. Doch wollen wir nachfolgend noch die Beweise erbringen, dass

Die Erklärung für "übriggelassen"

ganz dem entspricht, was der Herr mit seinem Schrei zum Ausdruck bringen wollte. Denn wenn ein bekanntes und eingebürgertes Wort der Bibel durch ein anderes ausgewechselt werden soll, so muss den Lesern die Berechtigung einer solch tief einschneidenden Richtigstellung auch nach jeder Seite hin überzeugend bewiesen werden.