Die Opferung des Isaak

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Abschrift des Heftes:
Abraham, der erste Auserwählte - Band III
Abrahams Weg zur Glaubenshöhe

aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum“
von M. Jaegle und Mitarbeitern (1987)

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Inhaltsverzeichnis

Abraham, der erste Auserwählte

Band III

8. Die Opferung des Isaak

Abrahams schwerste Glaubensprüfung

Nachdem Abraham die Prüfung in der Dahingabe Ismaels gut bestanden hatte, führte ihn Gott Selbst in eine noch schwerere, ja sogar die schwerste Glaubensprüfung.

Als Abraham seinen Sohn hinaustreiben musste, wird er sich damit getröstet haben, dass ihm ja Isaak, der höher stehende Sohn, verbleiben würde. Aber nun verlangt Gott von ihm auch die Dahingabe Isaaks. Dies geschah mit den Worten: „Nimm doch deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, und geh du in das Land Morija und bring ihn dort dar als Aufsteignahung auf einem der Berge, den Ich dir ansagen werde“ (1Mo 22:2).

Wieviel schwerer als alles bisherige war doch dieser Auftrag! Der geliebte Sohn und mit ihm alle an seine Zukunft geknüpften Verheißungen, der eine, in welchem alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollten, musste in den Tod gegeben werden.

Doch das Allerschwerste dabei war, dass Gott von Abraham verlangte, selbst als Priester das Opfer darzubringen. Von der Seelenqual Abrahams lesen wir nichts, dennoch dürfen wir gewiss sein, dass unsäglicher Schmerz sein Herz erfüllte. Im tiefsten Grunde musste er wählen zwischen Jewe und Isaak. Jetzt musste offenbar werden ob er mehr am Geber oder an der Gabe hing!

Ein Wunsch des Herzens Gottes

Gott wollte mit Abraham und Isaak Seine größte Heilstat, die Dahingabe Seines Sohnes darstellen. Gemäß 1Petr 1:19-20 hat Gott Seinen Sohn bereits vor dem Niederwurf der Welt als Opferlamm vorhererkannt. Folglich stand dieses Bild der Dahingabe Seines Sohnes in den Kreuzestod schon damals in seinem Herzen fest.

Es hat Ihn nun danach verlangt, ein entsprechendes Abbild dieses Geschehens in der Menschheit zu schaffen. Dazu brauchte Er aber einen Vater, der bereit war, seinen Lieblingssohn zu opfern, und dazu hatte Er Abraham ausersehen. Wenn wir an die Fehltritte und Abwege Abrahams denken, sind wir versucht zu sagen, dass dieses Vorhaben Gottes mit einem solchen Manne ein gewagtes Unternehmen war. Trotzdem ist Gott mit seinem Erkorenen ans Ziel gelangt. Es ist ein wahres Wunder der Gnade Gottes, dass uns die Schrift ein zweites Mal von einem Glaubensgehorsam Abrahams berichten kann (1Mo 22:3).

Der Gott erquickende Anblick

Welch here Glückseligkeit muss wohl Gottes Herz erfüllt haben, als Er mit Abraham Sein so hohes Ziel erreicht hatte. Die Darstellung Seiner größten Heilstat in der Menschheit, ja überhaupt im ganzen All! In allem, was nun Abraham auf göttliches Geheiß hin ausführte, sah Sich Gott Selbst mit Seinem geliebten Sohn vorgeschattet.

Wenn es heißt (1Mo 22:3): „Und früh am Morgen steht Abraham auf“ zur Ausführung des schweren Auftrags, so ist diese erste Handlung Abrahams vorbildlich für Gottes Vorsatz, den Er in der Schöpfungsfrühe - vor dem Niederwurf des Kosmos - fasste, da Er Seinen Sohn als Sühnopfer bestimmte.

Darauf spaltete Abraham das Holz für die Aufsteignahung und legte es auf seinen Sohn. Damit wurde Gott der Anblick Seines Sohnes als Kreuzträger gewährt. Und im Feuer und Messer in Abrahams Hand musste Sich Gott Selbst sehen, wie Er die Gerichtsgluten auf Seinen Sohn fallen und Ihn zu Tode bringen lässt (Jes 52:10). In dem zweimaligen: “und sie gehen, sie, die zwei zusammen“ (1Mo 22:6.8), musste Gott Sich mit Seinem Sohn zusammen einsam den Kreuzesweg gehen sehen.

Auf diesem Glaubenshochweg veranschaulichte der Auserwählte in herrlichster Weise das künftige Vorhaben Gottes.

Gottes Eingreifen

Damit an dieser von Gott gewährten Kreuzesschau nichts fehlte, erprobte Er Abrahams Opferbereitschaft bis zum äußersten. Schon hatte Abraham das Messer in der Hand, um seinen Sohn abzuschlachten. Nur noch ein kurzer Augenblick trennte Isaak vom sicheren Tode. Abraham war so entschieden darauf eingestellt, seinen geliebten Sohn zu opfern, dass er ihn in jenem Moment schon geopfert hatte.

Doch jetzt greift Gott ein. Der Bote Jewes ruft Abraham ein „Halt“ zu! Wie muss Abrahams Herz erleichtert worden sein, als er vernahm: Du brauchst deinen Sohn nicht in den Tod zu geben! Und weiter sagt der Bote Jewes zu ihm: „...nun weiß ich, dass du Alueim fürchtest; denn du hast nicht vorenthalten deinen Sohn, deinen Einzigen, vor Mir“ (1Mo 22:12). Bei diesem Ausspruch mag in Gottes Herzen der Unterton mitgeklungen haben: Ich jedoch werde Meines eigenen Sohnes nicht verschonen, sondern Ihn für euch alle dahingeben! Für Isaak gab es mit dem Widder ein Ersatzopfer, nicht aber für den Sohn Gottes (1Mo 22:13).

Aus diesen von den Himmeln zu Abraham gerufenen Worten kann man einen wahren Jubel heraushören ob der Darstellung von Gottes größter Liebestat, der Dahingabe Seines Sohnes, die Gott durch einen Menschen kundmachte. Dabei hat Abraham als Darsteller dieser Gottestat die h ö c h s t e Glaubenshöhe erreicht. Eine einzigartige Höhe sogar! Nun konnte Gott dem Abraham darstellen, wie Er völlig verdorbene Menschen in eine neue Schöpfung umzuwandeln vermag.

Aus dem Schlechtesten das Beste

Nehmen wir einmal an, Gott hätte dieses hohe Ziel mit einem Henoch oder Noah erreicht, so könnten wir doch versucht sein zu sagen oder zumindest zu denken, dass dies Gott nur möglich war, weil diese Männer schon vorher einen Ihm wohlgefälligen Wandel führten. Und weiter hätten wir gefolgert, dass Ihm dies aber mit einem Götzendiener nicht gelungen wäre. In unseren Herzen hätte sich dann eingenistet: Ja, mit schlechten und verkommenen Menschen kann Gott auch nichts anfangen!

Aber für Gott wäre ein guter und Ihm wohlgefällig wandelnder Mann insofern von Nachteil gewesen, dass Er Seine Wundermacht - aus denkbar Schlechtem das absolut Beste zu machen - nicht hätte darstellen können.

Hätte Gott mit Henoch oder Noah solch ein hohes Ziel erreicht, so wäre dies für Ihn keine vollkommene Verherrlichung gewesen, weil die guten Eigenschaften dieser Frommen mit ausschlaggebend gewesen wären. Der Mensch selbst hätte somit durch sein wohlgefälliges Verhalten den Anfang in dieser Sache gemacht.

Auch wären wir in solch einem Fall ständig versucht gewesen, Vergleiche anzustellen, ob wir auch soviel aufzuweisen hätten wie diese Männer, und wie leicht hätten wir dabei festgestellt, dass uns doch gar manches fehlt. Dies hätte unseren Glauben in Anfechtung gebracht, und betreffs unserer Auserwählung wären uns mit Sicherheit starke Zweifel gekommen.

Würde Gott bei der Vornahme von Auserwählungen zuerst Ausschau nach guten Werken halten, wäre uns sicherlich jede Lust und Freude zur Annahme eines solchen Evangeliums genommen.

Nun wäre es ja schon sehr beachtlich gewesen, hätte Gott aus dem Abraham einen Mann wie Henoch oder Noah gemacht. Aber nein, das hätte Ihm nicht genügt! Damit hätte sich Seine Gnade nicht voll ausgeben können. Wir erleben jetzt etwas ganz Großes: Gott hob Abram, Seinen Auserwählten, auf eine viel höhere Glaubensstufe, als diese bei Henoch und Noah war.

So handelt Gott in seinem Heilswalten nach einem Grundsatz, nach dem jeder Mensch, auch der Verkommenste, sichere Hoffnung haben darf, von Ihm an die Hand genommen zu werden um in einen neuen, glücklichen Menschen umgewandelt zu werden.

Auch bei der Völkerwelt sehen wir Gott als den also Wirkenden: Er wählt als Sein Volk das Geringste aus (5Mo 7.7) und das widerspenstigste der Widerspenstigen.

Als dann mit der Apostelgeschichte für Ihn die Zeit gekommen war, einen Apostel für die Nationen zu bestimmen, standen Ihm eine ganze Reihe guter Männer zur Verfügung wie z.B. Barnabas, der Sohn des Trostes (Apg 4:36). Doch keiner von diesen war Gott für diesen Dienst recht. Der Herr berief den Saulus, Seinen grimmigsten Feind. Und was hat Er in kürzester Zeit aus ihm gemacht? Nicht nur einen neuen Menschen, sondern sogar einen Apostel.

Auf dieser Linie liegt auch die Geschichte Abrahams. Wir könnten sie umschreiben: Wie Gott aus dem Schlechtesten das Beste macht!

Nun entspricht es ganz diesem Heilsgeschehen, bei dem der Sohn Gottes herrlich in den Vordergrund gerückt wird, dass uns Gott zugleich

eine neue Christusoffenbarung

schenkt. Diese ist in der Segensverheißung enthalten (1Mo 22:18) „... und gesegnet sind in deinem Namen alle Nationen der Erde“. Hier wiederholt Gott die Verheißung, die Er Abraham schon gleich bei seiner Berufung gegeben hat (1Mo 12:3). Abraham und Sara glaubten dieser Zusage und meinten wohl anfänglich, Ismael wäre der verheißene Same. Denselben Gedankengang finden wir bereits bei Eva, die bei der Geburt des Kain wähnte, dass sie nun den verheißenen Schlangentreter geboren habe (1Mo 4:1).

Wie bei der ersten Verheißung vermögen wir vorerst auch in der zweiten im Samen Abrahams nur das Volk Israel zu sehen. Es sollte erst später offenbar werden, dass sich die zweite Verheißung nicht auf das Volk Israel bezog, sondern allein auf Christus, der ja dem Fleische nach auch Abrahams Same ist. Diese Tatsache, dass in 1Mo 22:18 allein Christus - und nicht Israel - gemeint ist, enthüllt uns Gott erst durch den Apostel Paulus (Gal 3:16): „Nun sind die Verheißungen aber dem Abraham und seinem Samen angesagt worden. Es heißt nicht: und den Samen (als von vielen), sondern: und deinem Samen (als von dem Einen), welcher Christus ist.“

Welch ein Erlebnis wird hier dem forschenden Geist zuteil! Dieser Vorgang ist mit der Enthüllung eines Denkmals zu vergleichen. Am Anfang ist alles verhüllt, dann fällt die Umhüllung, und es erscheint das Standbild eines berühmten Mannes. So blieb auch lange der eigentliche Inhalt von 1Mo 22:18 verhüllt. Und auch Paulus wäre von sich aus nicht darauf gekommen, dass in diesem Gotteswort Christus enthalten ist. Nur durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes wurde hier dem Apostel der wahre Inhalt geoffenbart. Mit dieser Bekanntmachung war die Umhüllung gefallen und seither steht Christus in strahlender Herrlichkeit im 1. Buch Mose als der eine Same, durch den noch alle Sippen des Erdbodens und alle Nationen der Erde gesegnet werden.

Würdig reiht sich diese Christusoffenbarung an jene zwei, die im Garten Eden gegeben wurden. Zuerst sahen wir Ihn als den durch Satan zu Tode gebrachten Sieger (1Mo 3:15). In der zweiten Offenbarung wird mit dem Blut und den aus den Fellen der ersten Opfertiere gefertigten Röcken vorbildlich gezeigt, wie Gott Seine Menschenkinder aufgrund des Opfers Seines Sohnes mit Seiner Gerechtigkeit bekleidet (1Mo 3:21). Nachdem mit diesen Vorbildern der Grund von Gottes Heil für die ganze Schöpfung gelegt war, konnte Gott Seinen Sohn als den offenbaren, durch den der Abraham verheißene Segen in die Menschheit fließt.

Wie passend ist doch diese Christusoffenbarung gerade im Anschluss an die Opferung Isaaks! Sie ist in der Tat eine Frucht des Glaubensgehorsams Abrahams. Und wie groß wird uns Gott in Seiner Weisheit, wenn wir bedenken, was Er mit seinem ersten Auserwählten erreicht hatte, indem er der Darsteller der herrlichen Heilstat Gottes wurde.

Als Paulus diese Heilswahrheiten offenbart wurden, da wird sein Herz mit großer und dankbarer Freude erfüllt worden sein. Die gleiche köstliche Erfahrung dürfen auch wir machen, wenn wir diese Christusoffenbarung mit Dank in unsere Herzen aufnehmen. Und wohnt Christus nach Eph 3:17 in allen Seinen Offenbarungen völlig in unseren Herzen, so wird Er uns zu einer reich fließenden Quelle der herrlichsten Freuden Gottes.

Gottes umwandelndes Reden

Wenn wir nach dem Mittel fragen, durch das Gott Abraham zur rückhaltlosen Durchführung dieses schweren Auftrages brachte, so finden wir es in Gottes fortgesetztem Reden mit dem Glaubensvater. Diese Tatsache ist in 2Tim 3:16 begründet, wonach alle Schrift gottgehaucht ist. Die geschriebene Offenbarung Gottes (die Heilige Schrift) ist also durch Gottes Geist entstanden; überdies ist sie aber voll göttlicher Lebenskraft, denn Geist vermittelt Leben. Gottgehaucht (wörtlich „gottgegeistet“) bedeutet also „Leben aus Gott“. Schon Mose spricht davon, wenn er sagt (5Mo 8:3): „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern der Mensch lebt von allem, was aus dem Munde Jewes hervorgeht.“

Die Heilige Schrift ist nicht nur eine einmalige Schöpfung des Geistes Gottes; sie ist ununterbrochen gotthauchend geblieben. Diese überaus gesegnete Wahrheit wird klar von Hebr 4:12 bezeugt: „Denn das Wort Gottes ist lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist sowie von Gelenken als auch Mark; und es ist Richter der Überlegungen und Gedanken des Herzens.“

Von der Zeugungskraft des Wortes Gottes lesen wir ferner bei Jak 1:18, weshalb die Hörer in Vers 21 ermahnt werden: „Darum nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut an das eure Seelen retten kann.“ Petrus schreibt den gläubigen Juden, dass sie aus unvergänglicher Aussaat wiedergezeugt sind durch das lebendige und bleibende Wort Gottes (1Petr 1:23).

Alle diese Aussagen sind der Beweis dafür, dass Gottes Wort gottgehaucht geblieben ist. ES ist sozusagen der Atem Gottes! Welch machtvolle und unerschöpfliche Lebenskraft Seinem Geist innewohnt, enthüllt uns auch Hes 37.

Das Überdenken dieser so kostbaren Wahrheit gibt uns einen mächtigen Ansporn zum Hören, Lesen und Erforschen der Schrift. Durch den glaubensvollen Gebrauch des Wortes Gottes empfangen wir einen Zustrom göttlicher Kraft.

Unter solch segensreichen Auswirkungen stand Abraham, wenn Gott mit ihm redete. Unmerklich wurde Abrahams Wille von Gott zur Annahme des schweren Auftrages geformt und zubereitet. Wir finden dieses Wirken Gottes an Abraham in Röm 4:20 bestätigt: „... er wurde gekräftigt im Glauben“ und vollgewiss gemacht im Glauben an die Auferstehung, wie ihm in Hebr 11:19 bezeugt wird: „...er rechnete damit, dass Gott mächtig ist (Isaak) auch aus den Toten aufzuerwecken, von wo er ihn auch gleichnishaft wiederbekam“. Hier sehen wir in Abraham einen, der die Lektion „Leben aus Toten“ nicht nur aufs Beste gelernt, sondern sie überdies im Glauben vorbildlich ausgelebt hat. Folglich hat Abraham auch diese ungleich schwere Erprobung siegreich bestanden.

Lies weiter:
9. Abrahams letzter Lebensabschnitt