Die Vollendung des neuen Menschen

Aus Bibelwissen
Version vom 8. Mai 2016, 23:39 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) ("Ich will fischen gehen!")

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nach dem gleichnamigen Buch von Andrew Jukes

"Der neue Mensch und das ewige Leben"

in Bearbeitung

Gedanken über das zwölffache "Wahrlich, wahrlich!" des Sohnes Gottes im Evangelium des Johannes


Inhaltsverzeichnis des Buches

  1. Der "Amen" und "der Jünger der da zeugt" - Einleitung
  2. Die Heimat des neuen Menschen - Das erste "Wahrlich, wahrlich"
  3. Die Geburt des neuen Menschen - Das zweite "Wahrlich, wahrlich"
  4. Das Gesetz des neuen Menschen - Das dritte "Wahrlich, wahrlich"
  5. Die Speise des neuen Menschen - Das vierte "Wahrlich, wahrlich"
  6. Die Freiheit des neuen Menschen - Das fünfte "Wahrlich, wahrlich"
  7. Die göttliche Natur des neuen Menschen - Das sechste "Wahrlich, wahrlich"
  8. Der Dienst des neuen Menschen - Das siebte "Wahrlich, wahrlich"
  9. Das Opfer des neuen Menschen - Das achte "Wahrlich, wahrlich"
  10. Die Erniedrigung des neuen Menschen - Das neunte "Wahrlich, wahrlich"
  11. Die Herrlichkeit und Macht des neuen Menschen - Das zehnte "Wahrlich, wahrlich"
  12. Der Schmerz und die Freude des neuen Menschen - Das elfte "Wahrlich, wahrlich"
  13. Die Vollendung des neuen Menschen - Das zwölfte "Wahrlich, wahrlich"
  14. Schlussgedanken zum Buch - Der neue Mensch und das ewige Leben


Das zwölfte "Wahrlich, wahrlich"

13. Die Vollendung des neuen Menschen

Joh 21:15 Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Weide meine Lämmer!
Joh 21:16 Wieder spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe!
Joh 21:17 Er spricht zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, daß er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb? und sprach zu ihm: Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich lieb habe. Jesus spricht zu ihm: Weide meine Schafe!
Joh 21:18 Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst.
Joh 21:19 Dies aber sagte er, um anzudeuten, mit welchem Tod er Gott verherrlichen sollte. Und als er dies gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!
Joh 21:20 Petrus wandte sich um und sieht den Jünger nachfolgen, den Jesus liebte, der sich auch bei dem Abendessen an seine Brust gelehnt und gesagt hatte: Herr, wer ist es, der dich überliefert ?
Joh 21:21 Als nun Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was soll aber dieser?
Joh 21:22 Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, daß er bleibe, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!
Joh 21:23 Es ging nun dieses Wort hinaus unter die Brüder: Jener Jünger stirbt nicht. Aber Jesus sprach nicht zu ihm, daß er nicht sterbe, sondern: Wenn ich will, daß er bleibe, bis ich komme, was geht es dich an?

Warten auf die Verheißung des Vaters

Das letzte wiederholte Amen kommt von den Lippen des auferstandenen Christus und gehört in die vierzig Tage, während unser Herr mit Seinen Jüngern nach Seiner Auferstehung weilte, ehe der Geist auf sie herabgekommen war und sie gemäß Seiner Verheißung mit Kraft aus der Höhe erfüllt hatte. Diese vierzig Tage sind das von Gott vorgesehene Vorbild jener Periode unseres christlichen Lebens, da wir, nachdem wir Christus bis zu Seinem Kreuz gefolgt sind, nicht allein den Glauben an Seine Auferstehung, sondern auch die persönliche Erfahrung davon haben - in welcher der Herr uns erscheint und mit Seinem Geist anhaucht, indem Er uns befiehlt, noch immer "auf die Verheißung des Vaters zu warten" (Apg 1:4). Auf dieser Stufe vernehmen wir unseres Heilandes letztes wiederholtes Amen mit dem Zeugnis, dass, solange wir im Fleisch sind, wir immer wieder durchkreuzt werden müssen, und gleich Ihm nur durch Leiden vollkommen gemacht werden können. Es ist eine segensreiche Stufe, obwohl sie noch nicht die des Kommens des Heiligen Geistes ist, welches fleischliche Jünger in das Bild ihres Herrn verwandelt.

Die wird nicht von Allen verstanden. Im Gegenteil, es behaupten manche, dass alle Gläubigen die Taufe mit dem Heiligen Geist und Feuer erlangt hätten, weil diejenigen, welche vor achtzehnhundert Jahren mit Christo wandelten, dieselbe zu Pfingsten erhielten. Mit eben demselben Recht hätten die Apostel behaupten können, dass, da die Taube auf Christus nach Seiner Taufe herabkam, auch sie selbst den gleichen Segen empfangen hätten. Der Grund, weswegen so viel Gläubige so "blind und jämmerlich" bleiben, wie sie es sind (Offb 3:17), ist die Behauptung, geistlich zu sein, während sie noch fleischlich sind - reich und satt, während sie doch arm und bloß sind; gerade wie die nicht wiedergeborenen Weltkinder, die durch slche Behauptungen abgehalten werden, nach der Vergebungsgnade zu trachten, welche der Herr so freiwillig allen darreicht, die Ihn darum bitten. Gewiss ist der Geist gegeben und das Werk in Christi für alle vollbracht; allein, um in den Besitz des Segens zu kommen - ob als Jünger, die mit Christus wandeln, oder weiterhin als "erleuchtet und teilhaft des Heiligen Geistes" (Hebr 6:4) zu sein - muss ein persönliches Kommen zum Herrn stattfinden, um die Gnade empfangen zu können, welche Er auch heute noch " hier ein wenig, da ein wenig" austeilt, so wie wir es tragen können (Jes 28:10 - Joh 16:12).

Zuerst können wir nur das Fleisch gewordene Wort tragen. Aufrichtigen Seelen ist es wohl bewusst, dass das Herabkommen des Geistes auf andere etwas ganz anderes ist, als wenn derselbe Geist auf sie selbst herabkommt - dass andere bereits geistlich gesinnt sein mögen, während wir selbst noch fleischlich sind - weil die verheißenen Ströme lebendigen Wassers noch nicht von uns wegfließen (Joh 7:38), obwohl wir dazu berufen sind. solches zu erwarten und darauf zu harren. Mögen solche nur noch weiter auf Gott harren! Wenn sie auf die Verheißung des Vaters warten, so wird die Taufe mit dem Heiligen Geist und mit Feuer zur rechten Stunde kommen. Aber von den Vielen gilt es noch immer, dass "der Heilige Geist noch nicht auf sie gekommen ist, denn Jesus ist noch nicht in ihnen verklärt"! (Joh 7:39)

Das letzte "Wahrlich, Wahrlich"

Das letzte "Wahrlich, Wahrlich" wurde Seelen gegenüber ausgesprochen, die sich auf dieser Stufe befanden, und es trifft noch immer zur rechten Stunde solche, die sich in ähnlichem Zustand befinden, als das auf auf sie gesprochene Wort. Hier enthüllt der auferstandene Herr Jesus den Vollendungsprozess Seiner Auserwählten, dass auch Seine liebsten Jünger nur durch Durchkreuzung ihres eigenen Willens, welches auf ganz verschiedene Weise vor sich gehen mag, jene völlige Vereinigung mit Seinem Willen erreichen können, zu welchem sie berufen sind. Selig sind die, zu denen der Herr also redet! Wenn diese Wahrheit wirklich gelernt ist, dann ist das herrliche Ziel nicht fern.

Dies ist also der Grund dieses letzten wiederholen Amen. Es stellt uns den Weg unserer Vollendung vor Augen. Denn auch der neue Mensch ist nicht gleich vollkommen, wenn er zuvor in unserer Natur gebildet wird. Die erste Erscheinung Christi hier im Fleisch war nicht Seine Vollendung. Zuerst wird Er uns ähnlich gemacht, damit Er uns so durch den Tod zum Ebenbild Gottes zurückführe, indem Er unser Ebenbild trägt und demselben abstirbt. Auf diese Weise wurde er "durch Leiden vollkommen gemacht" (Hebr 2:10 - Hebr 5:8.9). Er für Sich Selbst war freilich ganz vollkommen. Als des Vaters Sohn, der im Himmel ist (Joh 3:13 und Joh 6:53.58), war die Spaltung, die in uns ist, nicht in Ihm; und Er kommt, um diese ungeteilte Natur denen mitzuteilen, welche Sein Fleisch essen und Sein Blut trinken.

Er kam in unsere geteilte Natur, um als Mensch "vom Weibe geboren und unter das Gesetz getan" (Gal 4:4). zu sein, und Er musste sowohl in dieser Natur sterben als auch derselben absterben, um uns in Seiner eigenen Person durch den Tod aus unserem gegenwärtigen geteilten Zustand heraus in den Stand zu versetzen, wo die "Zwei eins sind", wo "der Mann nicht ohne das Weib ist, noch das Weib ohne den Mann im Herrn" (1Kor 6:17 und 1Kor 11:11), "wo nicht ist Mann noch Weib ist, sondern Christus alles in allen. (Gal 3:28) so muss auch in uns der neue Mensch, wenn Christus in uns Gestalt gewonnen hat, zu Seinem Ebenbild heranwachsen und dann, um zur Vollendung zu gelangen, wie Christus leiden und sterben. "Ein Jeder wird, wenn er vollendet ist, sein wie Sein Meister" (Lk 6:40). Und um Ihm ähnlich zu sein, müssen wir unseren eigenen Willen, ja sogar unser Leben in Gottes Hände legen im Glauben, dass, wenn Er uns "sterben lässt", es nur deshalb geschieht, damit Er danach sprechen kann: "kommt wieder als Menschensöhne!" (SchUBhU BeNI-ADaM = Ps 90:3). Das letzte "Wahrlich, Wahrlich" gibt Zeugnis von dem Prozess, durch welchen dieses Ziel erreicht wird.

"Ich will fischen gehen!"

Ich habe bereits den Zeitpunkt bemerkt, wann der Herr dieses Wahrlich sprach. Jedoch sind auch die Einzelheiten, welche dabei geschildert werden, nicht weniger lehrreich, weil sie den damaligen Zustand der Jünger schildern. Unser Herr hatte sich ihnen soeben zum dritten Mal nach der Auferstehung (Joh 21:13) gezeigt. Sieben unter ihnen waren beieinander: Simon Petrus und Thomas, genannt Dydimus, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und noch zwei andere Seiner Jünger. Die Zahl und die Namen dieser Jünger sind bedeutungsvoll, weil sie die Vollkommenheit der Kirche sowie die mannigfachen Lebensformen darstellen, welche alle in ihr wirksam sind. Simon Petrus sagt: "Ich will hin fischen gehen". Sie sprachen zu ihm: "So wollen wir mit Dir gehen". Nun ist dies ja grundsätzlich Jünger-Arbeit; allein es klingen diese Worte in den Ohren, als seien sie mit einigem Eigenwillen gesprochen worden. Es ist hier mehr die Rede von solchen, die zu tun beabsichtigen, was ihnen gefällt, als von Menschen, die nach der Leitung von Oben ausschauen und darauf harren.

Denn zu jener Zeit, da wir von der fleischlichen zur geistlichen Erkenntnis des Herrn übergehen, bricht die Neigung unserer alten Natur noch oft hervor, bereit, selbst die uns zugeordnete Arbeit mehr nach dem Willen des Fleisches als des Geistes zu vollbringen. Dann folgt eine Nacht fruchtloser Bemühungen, während welcher des Herrn Gegenwart weder gesehen noch verspürt wird. Wenn aber der Morgen kommt, so steht Jesus am Ufer und hebt an, der Jünger Werk zu leiten. Zuerst kennen sie Ihn nicht; nachdem aber ihr Gehorsam Sein Wort einen Fischzug zur Folge hatte, der zu groß für ihr Schiff war, lernten sie verstehen, wer es sei, der mit ihnen geredet hatte. Johannes erkennt den Herrn zuerst, Petrus eilt zuerst auf Ihn zu; danach folgen die anderen Jünger langsam und zeigen alle wie trüb unser erstes Erkennen des auferstandenen Christus ist und durch welche unvollkommenen Einblicke ins Auferstehungsleben wir stufenweise zur tieferen Erkenntnis des Herrn geführt werden. Sodann folgt das Mahl mit Christus - Gemeinschaft mit Ihm in dem, was Er bereitet hat: die Fische und das Brot, beides wohlbekannte Bilder von Ihm. Danach spricht Er dieses letzte wiederholte "Amen" aus, wodurch Er er bezeugt, dass Seine Jünger bis aufs Letzte durchkreuzt werden müssen; denn nur durch die Durchkreuzung ihres Willens können sie vollendet werden.

Verschiedene Vollendungswege

Dieser Vollendungsprozess tritt in den Worten, die unser Herr an Petrus und Johannes richtet, hervor. Hier haben wir zwei sehr verschiedene Menschen vor uns, und doch stehen beide Christus sehr nahe und sind ihm sehr kostbar. Ein jeder derselben stellt eine bestimmte Form christlichen Lebens dar, deren Vollendung daher dem fleischlichen Auge sehr unterschiedlich erscheinen mag, obwohl sie auf den gleichen Gesetzen beruht. Christus selbst ist die wahre Norm für das gesamte Leben Gottes im Menschen. In Ihm ist dieses Leben in seiner ganzen Fülle, Einheit und Gleichmäßigkeit enthalten, gleichwie alle farbigen Strahlen verein weißes Licht sind. In der Apostel Leben findet sich Seine Fülle geteilt wieder. Bei jedem der beiden entdecken wir eine besondere Gnade. Die drei vorrangigen Apostel Petrus, Jakobus und Johannes repräsentieren Glaube, Hoffnung, Liebe. Petrus ist das Bild des aktiven Lebens, welches danach verlangt, in allen Stücken Christus nachzufolgen und welches deshalb in ganz besondere Prüfungen und Leiden gerät, demnach sehen in wir dieses aktive Leben auf das unruhige Wasser treten, wo es Christus wandeln sieht. Wir sehen es schwanken und dann, von Seiner Hand gehalten, in das Schiff zurückkehren, um die Fahrt mit Brüdern fortzusetzen, welche vorsichtiger wenn auch nicht weniger vertrauensvoll sind (Mt 14:28-32), wir sehen es dem Herrn an Orte folgen, wo andere nicht hinkommen, und doch verleugnet es Ihn zur Zeit der Versuchung mehr als alle anderen (Mt 26:58.72).

Bei Johannes sehen wir ein anderes Leben nämlich dasjenige der passiven Liebe und Hingabe, welches sich mehr darüber freut, dass es geliebt wird, als dass es liebt, und welches eben in diesem passiven Zustand weit mehr von des Herrn Sinn aufnehmen kann und von Anfang an etwas in Ihm zu entdecken vermag, was andere nur wenig verstehen. Der eine sagt: "Herr, Du weißt, dass ich Dich lieb habe" (Joh 21:15.) der Andere freut sich, dass er genannt wird "der Jünger, den Jesus lieb hatte" (Joh 19:26) "Diese zwei verschiedenen Richtungen finden sich noch immer in der Kirche: die eine ist das Leben des Glaubens, die andere das Leben des Schauens oder der Offenbarung, die eine besteht in aktivem Wirken, die andere in dem Segen der Beschauung, die eine kämpft, die andere zählt fleischliche Lüste, die andere ist gänzlich geistlichen Freuden hingegeben, die eine wird mit Übeln gegeißelt, auf dass sie sich nicht überhebe, um ihrer Schätze willen, die andere besitzt ein solche Fülle von Gnade, dass sie ohne Selbstruhm an dem wesentlichen Schatz hängt. Deshalb ist die eine gut und doch bekümmert, die andere ist besser und gesegnet. Die Erste wird durch den Apostel Petrus dargestellt, die letztere durch Johannes. Die erste hat auf Erden ein Ende, die letztere harrt aus und hat kein Ende in der zukünftigen Welt. Daher wird zu den Einen gesagt: "Folge mir nach!" von dem Anderen aber heißt es: "So ich will, dass er bleibe, bis dass ich komme, was geht es dich an?" Worte, welche zeigen, wie jeder eine zeitlang leiden muss, auf dass sie beide gleich wie ihr Meister vollendet werden mögen.

Im Grunde betrachtet vollzieht sich die Vollendung beider nach ein - und demselben Gesetz. Ein Jeder muss mit Christus sagen lernen: "Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!" (Lk 22:42). Bei einem jeden muss der Eigenwille gekreuzigt werden. Aber die Worte, welche hier in Bezug auf die beiden gesprochen wurden, zeigen an, in welch verschiedenartigen Gestalten dieses Kreuz erscheinen mag; denn auch die Formen des Eigenwillens sind sehr verschieden, und die Zucht, welche den Willen einer aktiven Seele kreuzigt, wird eine andere sein, als es diejenige ist, welche für den Menschen bestimmt ist, der sich in passiver Beschaulichkeit ergötzt. Doch seien unsere natürlichen Veranlagungen wie sie wollen, es muss der Eigenwille bei uns allen gekreuzigt sein, wenn wir, wie der Herr, vollkommen gemacht werden sollen. Für die aktive Seele gilt deshalb noch immer das Wort: "Hast du mich lieb?" - dann "weide meine Lämmer!" (Joh 21:15) "Hast du mich lieb, so hüte (Joh 21:16) und weide meine Schafe. Wahrlich, Wahrlich, ich sage dir, da du jung warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wohin du wolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst" Da er dies gesagt hatte spricht Er zu ihm: "Folge mir nach!"

Von dem anderen Jünger wird gesagt: "So ich will, dass er bleibe, bis dass ich komme, was geht es dich an?" - Worte, welche zuerst so verstanden wurden, als werde "dieser Jünger nicht sterben", welche aber ihre Erfüllung darin fanden, dass er auf Erden blieb, bis er die Zeit dahinschwinden sah, nachdem alle Seine Mitapostel zu ihrer Ruhe eingegangen waren. So wird der Eine, der im aktiven Leben steht, aus gesegneter Arbeit durch einen plötzlichen Tod abberufen, und der, welcher im passiven Leben steht, muss, trotz seinem Verlangen Christus gleich zu folgen, lange ausharren und das Martyrium des Lebens erdulden. Dem einen wir das äußere Kreuz, den anderen das innere Leiden Christi zugeteilt. Der eine, der sich selbst gürtete, da er jung war und ging, wohin er wollte, wird dadurch gekreuzigt, dass er von anderen gegürtet und dorthin getragen wird wo er nicht hinwill; er wird durch eine frühe Gemeinschaft mit dem Tode Christi zu der Verleugnung seiner eigenen Kraft berufen und muss seine Arbeit an den Schafen Christi anderen Unterhirten überlassen, während der andere, der ohne ein besonderes Wort dem Herrn nachfolgt (Joh 21:20) und an Seiner Brust liegt und lieber abscheiden und bei Christus sein wollte, - denn es ist von jeher das Verlangen der Liebenden gewesen bei dem Geliebten zu sein - dem der Kampf des Lebens ein tägliches Kreuz ist, der weit lieber mit dem Herrn in den ihm so oft eröffneten Himmel eingehen möchte, noch lange auf Erden in Sorgen und Mühen weilen muss, nachdem andere ihren Lauf bereits mit Freuden vollendet haben.

Demnach muss Johannes, der dem Herrn instinktiv "nachfolgt", "bleiben", während dem, der sich selbst "gürtet", um auf Erden zu arbeiten, noch immer das Wort gilt: "Man wird dich dahin tragen, wo du nicht hin willst.". Ein jeder wird in seinem Eigenwillen durchkreuzt, sei es, dass dieser Wille sich auf die Arbeit für den Herrn oder auf das bei Christosein bezieht, der eine, indem er von seiner Arbeit weggenommen, der andere, indem er von seiner Ruhe durch ein langes mühevolles Leben ferngehalten wird; und dies geschieht nicht etwa, um Gottes Werk in einem jeden zu hindern, sondern vielmehr um es zu vollenden, so dass beider Wille nur noch der Wille Gottes sei.

Diese Worte aber verdienen noch einer näheren Betrachtung. Sowohl aktive als auch kontemplative Seelen können hier viel bezüglich der Art zu lernen, in welcher eine jede von ihnen Gott verherrlichen soll.

I. Schafe hüten