Die Herrlichkeit und Macht des neuen Menschen

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nach dem gleichnamigen Buch von Andrew Jukes

"Der neue Mensch und das ewige Leben"

Gedanken über das zwölffache "Wahrlich, wahrlich!" des Sohnes Gottes im Evangelium des Johannes


Inhaltsverzeichnis des Buches

  1. Der "Amen" und "der Jünger der da zeugt" - Einleitung
  2. Die Heimat des neuen Menschen - Das erste "Wahrlich, wahrlich"
  3. Die Geburt des neuen Menschen - Das zweite "Wahrlich, wahrlich"
  4. Das Gesetz des neuen Menschen - Das dritte "Wahrlich, wahrlich"
  5. Die Speise des neuen Menschen - Das vierte "Wahrlich, wahrlich"
  6. Die Freiheit des neuen Menschen - Das fünfte "Wahrlich, wahrlich"
  7. Die göttliche Natur des neuen Menschen - Das sechste "Wahrlich, wahrlich"
  8. Der Dienst des neuen Menschen - Das siebte "Wahrlich, wahrlich"
  9. Das Opfer des neuen Menschen - Das achte "Wahrlich, wahrlich"
  10. Die Erniedrigung des neuen Menschen - Das neunte "Wahrlich, wahrlich"
  11. Die Herrlichkeit und Macht des neuen Menschen - Das zehnte "Wahrlich, wahrlich"
  12. Der Schmerz und die Freude des neuen Menschen - Das elfte "Wahrlich, wahrlich"
  13. Die Vollendung des neuen Menschen - Das zwölfte "Wahrlich, wahrlich"
  14. Schlussgedanken zum Buch - Der neue Mensch und das ewige Leben


Das zehnte "Wahrlich, wahrlich"

11. Die Herrlichkeit und Macht des neuen Menschen

Joh 14:8 Philippus spricht zu ihm: Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns.
Joh 14:9 Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Und wie sagst du: Zeige uns den Vater?
Joh 14:10 Glaubst du nicht, daß ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, rede ich nicht von mir selbst; der Vater aber, der in mir bleibt, tut seine Werke.
Joh 14:11 Glaubt mir, daß ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist; wenn aber nicht, so glaubt um der Werke selbst willen!
Joh 14:12 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch::: Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.
Joh 14:13 Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das werde ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn.
Joh 14:14 Wenn ihr mich etwas bitten werdet in meinem Namen, so werde ich es tun.

I. Der Sohn offenbart den Vater

Da neunte "Wahrlich, Wahrlich" stellt uns die Erniedrigung des neuen Menschen vor Augen und zeigte, dass Er selbst in seiner Erniedrigung verherrlicht wird und Gott in ihm. Denn Gott wohnt in demütigen Herzen. Niedrigkeit und Demut sind daher Herrlichkeit, weil sie Gott Raum geben, damit Er sich im Menschen darstelle. Das zehnte "Wahrlich, Wahrlich" sagt uns, welche diese Herrlichkeit ist. Die Herrlichkeit des Sohnes oder des neuen Menschen ist die, dass er den Vater offenbart. Die tut Er aber kraft der Innewohnung des Vaters, gleichwie auch diejenigen, in denen Er wohnt, Ihn kraft Seines Wohnens in ihnen verklärt, so dass sie selbst auch verklärt werden.

Unser Herr bezeugt hier Folgendes: - "Wer mich sieht, sieht den Vater; wie sprichst du dann: 'Zeige uns den Vater?' glaubst du nicht, dass ich im Vater und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater, aber, der in mir wohnt, tut die Werke. Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir; wo nicht, so glaubt mir doch um der Werke willen! Wahrlich, Wahrlich, ich sage euch, wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich tue, und wird noch größere als diese tun, denn ich gehe zum Vater; und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, auf dass der Vater geehrt werde im Sohn" (Joh 9:13). Das ist also die Herrlichkeit des neuen Menschen: Gott den Menschen offenbaren und Seine Werke in der Kraft Seiner Gemeinschaft und Einheit zu wirken. Das vollkommene Beispiel hiervon ist der geliebte Sohn. Als Seine Glieder aber ist es unser Beruf Ihn zu offenbaren, wie Er den Vater offenbarte.

Hierin wie in allem, was den neuen Menschen kennzeichnet, steht er im Gegensatz zum alten Menschen. Der alte Adam freut sich nicht nur in allem nach seinem eigenen Willen zu leben, sondern zeigt sich auch gern, indem er jede Gabe, die er empfangen haben mag, produziert, als sei sie sein eigen. Wir wissen, dass seine letzte Darstellung darin bestehen wird, dass er vorgibt, er sei Gott" (2Thes 2:4). Dies ist es, was er in allen Dingen zu tun anstrebt. Sogar im Tempel und beim Dienst Gottes kann er "sich zeigen" und sich jedes Gute anmaßen, das durch ihn gewirkt sein mag, indem er vergisst, dass alles von Gott ist, und dass wir Ihm nur das Seine zurückgeben (1Chr 29:14.16). Die Herrlichkeit des neuen Menschen besteht darin, dass er Gott offenbart, dass der Vater, der in ihm wohnt, die Werke tut, dass daher die, welche ihn sehen, den Vater sehen, weil er im Vater ist, und der Vater in ihm. Mit einem Wort, er lebt hier, um den Vater offenbaren. Denn "niemand hat Gott jemals gesehen", nur "der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, dieser hat Ihn kundgetan" (Joh 1:18). Christi Glieder aber leben zum gleichen Zweck; denn "wie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt" (1Jo 4:17) gesetzt, um als Lichter in dieser Welt zu leuchten (Phil 2:15), um Seine Tugenden zu verkündigen, (1Petr 2:9), damit die Welt Gott in Seinen Söhnen erkenne. Die Heilige Schrift ist ja Sein Zeugnis an die Gemeinde (Joh 5:39). Die Gemeinde aber ist Sein Brief, "der von allen erkannt und gelesen wird" (2Kor 3:3). Ihr Beruf ist es, den Vater einer Welt zu offenbaren, die Ihn nicht kennt, und Seine Werke zu tun, obwohl die Menschen sie nicht achten.

All dieses wird hier ins Licht gestellt. Zuerst redet der Herr von Sich Selbst, sodann von den Gläubigen. Und was Er von den Gläubigen aussagt, dass sie "Seine Werke tun werden", ist der Beweis, den Er dafür anführt, dass sie in Ihm sind und Er in ihnen ist, so wie Er im Vater ist und der Vater in Ihm.

1. Das Geheimnis Seiner Macht

Redet der Herr von Sich Selbst. Er behauptet, dass Er den Vater offenbare: und dies ist Seine Herrlichkeit, dass Seine Werke nicht die Seinen sind, sondern die dies Vaters: und dies ist das Geheimnis Seiner Macht. Der Gedanke wird wiederholt: "Wer mich sieht, der sieht den Vater. Wie sagst du denn: Zeige uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich rede, die rede ich nicht von mir selbst; der Vater aber, der in mir wohnt, dieser tut die Werke. Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir; wenn nicht, so glaubt mir doch um der Werke willen!" (Joh 13:9-11).

Das ist die Wahrheit betreffs des Sohnes Gottes, welche die Kirche allgemein bekannt. Sie weiß, dass Gott Licht (1Jo 1:5) Liebe (1Jo 4:8:16) und Geist (Joh 4:24) ist, und dass diese Strahlen Seines Wesens ohne Maß kundgetan werden können, denn in Einem wenigstens, der hier im Fleisch, in unserem Ebenbild gewandelt ist, wurden sie kundgemacht; ja sie weiß, dass, wie wunderbar auch Seine Offenbarung in der äußeren Natur ist, in der Gott sich einigermaßen auf der Erde offenbart, - denn "Seine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes", dass Er etwas von Sich Selbst in dem weiten Meer offenbart, denn "Seine Gerichte sind eine große Tiefe" (Ps 36:7), etwas in den Geschöpfen, in dem Auge des Adlers, in des Löwen Kraft, in der Sanftmut des Lammes und in der Stärke und geduldigen Arbeit des Ochsen für andere und nicht weniger im Weinstock, im Ölbaum, der des Menschen Gestalt schön macht, und im Brotsamen, der sein Herz stärkt, so dass Cherubim und Seraphim beständig rufen: "Heilig, heilig heilig ist der Herr Zebaoth, Himmel und Erde sind voll von Seiner herrlichen Majestät!"- dass aber trotzdem die Offenbarung Seiner Selbst im Fleisch Jesu Christi unendlich viel größer ist als alle diese anderen Kundgebungen, denn Er ist der Glanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild Seines Wesens!" (Hebr 1:8).

Der Mensch ist die wahrhafte Schechinah (1Kor 11:7) ja die Wohnstätte Gottes selbst, und in ihm ist Gott erkannt worden und soll Er erkannt werden, wie es nirgends anders möglich ist. Ja, sogar das Geheimnis der Dreieinigkeit leuchtet im Menschen hervor, wie wir dasselbe nirgends anders finden, wo Wille, Verstand und Liebe sich in einem Geist offenbaren. Vor allem wurde dies an dem ersehen, welcher hier sagte: "Wer mich sieht, der sieht den Vater", in dessen Weise der Mensch den lebendigen Gott geschaut hat. Es mag gut sein, hier einen Augenblick innezuhalten, um dieses große Gesicht zu betrachten, denn es gibt kein ähnliches im ganzen All.

Gott ist Licht

Erstens also ist Gott Licht (1Jo 1:5). Wer Augen hat, der weiß etwas von dem Licht und was dasselbe offenbart und bewirkt. Das Licht verschlingt die Finsternis, das Licht zeigt die Dinge, wie sie wirklich sind, das Licht macht uns von Irrtümern frei und erfüllt unsere Herzen mit Freude. Von seinem Ursprung im Himmel kommt es auf die Erde nieder und verwandelt hier alles. Es fällt gleichmäßig auf alle herab und wird auch von dem abscheulichsten Gegenstand, auf welchen es scheint, nicht verdorben, und früher oder später, mehr oder weniger, wandelt es alles um. Es fällt auf die junge Pflanze und gibt ihr eine neue Farbe. Es fällt auf die saure Frucht, und sofort fangen Geschmack und Farbe an, sich allmählich zu verändern. Wir mögen es vielleicht ausschließen, aber wir können es nicht einschließen wie etwas, was unser Eigentum wäre. Es leuchtet von Ost nach West so frei wie die Luft, die wir einatmen, das Erbteil aller Menschenkinder. Nun ist aber "Gott Licht", und Sein Sohn offenbart Ihn als Licht, das heißt: als Wahrheit, welche vom Himmel kommt, um uns zu zeigen, wie die Dinge wirklich sind, um uns so von den falschen Vorstellungen Gottes und uns Selbst zu befreien, von der Finsternis und der Lüge welche die Schlange um uns herum verbreitet hat. Wenn wir bedenken, was Christus getan hat um die Götzen zu vertreiben, die Lüge zu entlarven - wie Er finstere, irdisch gesinnte Seelen verwandelt hat, so dass sie gleich den Weideplätzen unter der Sonne "jauchzen und singen" (Ps 65:14) - so merken wir, dass Er Licht ist, vergleichbar "der Sonne die des Morgens aufgeht wolkenlos oder wenn von ihrem Glanz nach dem Regen das Gras es aus der Erde wächst" (2Sam 23:4). Wer Ihn sieht, der sieht den Vater. Wahrlich, "Es ist das Licht süß und den Augen lieblich, die Sonne zu sehen" (Pred 11:7)

Gott ist Liebe

Gott aber ist Liebe (1Jo 4:8.16) ebenso wie Licht. Und das Angesicht Jesu Christi offenbart Ihn uns als Liebe. Dies ist die Offenbarung, deren wir am meisten bedürfen. Denn der Mensch dachte sich Gott nicht mehr als Liebenden und schon garnicht als ewiglich Liebenswerten. Die Lüge, Er sei voll Missgunst, nagte an unseren Herzen. Er mag Machhaber sein, er mag Licht sein, aber in des Menschen Augen war Er nicht mehr Liebe. Er mag zerstören und richten; im Grunde kümmerte Er sich nicht um uns. Dies war die Lüge, welche den Menschen verdarb. Daher wandte man sich zu den Geschöpfen. Der Mensch bedurfte der Hilfe; und die Kräfte um ihn herum oder in ihm., die Kräfte der Natur, des Geistes oder des Goldes schienen Hilfe zu versprechen und wurden daher allerorts angebetet. Wenn Seelen vergessen, dass Gott Liebe ist, so werden sie sich stets vor irgendeiner der Mächte des Himmels oder der Erde beugen, welche Böses androhen oder Gutes verheißen. Die Anbetung der Macht ist es, worin der Mensch seine Zuflucht sucht, wenn er den Glauben verloren hat, dass Gott Liebe ist.

Aber "Gott ist Liebe" und der Sohn erschien, um Ihn zu offenbaren, wie Er ist. Durch Seine Menschwerdung, durch Seine Sanftmut, durch die Worte und Taten Seiner Liebe, durch Seine Herablassung, um unsere Schwachheit zu tragen, unsere Schmerzen und unseren Tod, durch das Reinigen der Aussätzigen, das Heilen der Kranken, das Speisen der Hungrigen, das Auferwecken der Toten, durch die Überwindung der Gewalt des Teufels in jeder Gestalt, durch Sein gnadenvolles Entgegenkommen den Verlorenen, durch Sein Sitzen mit Zöllnern und Sündern, welche die Welt als Verlorene ausstieß, durch Sein Herzen der Kindlein, durch Sein Mitleiden mit den Betrübten und nicht weniger durch Sein Richten der Sünde mit Worten, die einem zweischneidigen Schwert (Offb 2:12 - Offb 19:15) gleichen, womit Er die Lügen niederschlug, welche Sein Volk gefangen hielten. - denn "Liebe ist stark wie der Tod, ihre Glut ist feurig und eine Flamme des Herrn" (Hl 8:6) in allem Seinen Tun offenbarte Er Gott und zeigte, dass "viele Wasser die Liebe nicht auslöschen können (Hl 8:7) und dass "Gott Liebe ist", selbst wenn Er als "ein verzehrendes Feuer" (Hebr 12:9) erscheint.

Denn wahrlich, die Liebe ist ein verzehrendes Feuer. Gelobt sei der Name dessen, der Ihn so enthüllt hat und gezeigt, dass die Liebe König und Herr aller ist, dass sie wie Feuer dasjenige, was vom Licht unverändert geblieben ist, zerschmelzen und verbinden kann, dass sie klare Kristalle aus unserem Staub zu bilden vermag und diese wiederum in noch dauerhaftere und lichtere Substanzen umzugestalten imstande ist. Wer gesehen hat, wie Kristalle von Alum durch das Feuer aus den Minen von Whitbey gebildet werden und wiederum durch das Feuer in Aluminium umgewandelt werden, hat eines der Zeugnisse der Natur gesehen von den Umwandlungen, welche Gott als verzehrendes Feuer in einer höheren Sphäre bewirkt. Der Sohn, durch dessen unwandelbare Liebe in jedem Zeitalter finstere Seelen erneuert werden, so dass sie fortan Sein Ebenbild tragen, hat Gott in dieser Weise geoffenbart.

Gott ist Geist

Weiter ist Gott Geist (Hebr 12:29) , das heißt eine ungesehene aber empfundene Macht wie der Wind, der den Wald und das Meer bewegt (Jes 7:2) welcher alle Gefäße und alle Räume erfüllt, wenn sie nur leer sind, welcher mit größter Gewalt in diejenigen einströmt, welche am Leersten sind, manches Mal gleich dem stürmischen Nordwind, welcher Felsen zersprengt (1Kö 19:11) andere Male gleich dem Balsamischen Hauch, welcher das Wasser wieder flüssig macht der jetzt über die Gärten weht, dass ihre Würze triefen (Hl 4:16) und welcher dann wieder auf die Kranken wie ein Lebensodem kommt (1Mo 6:17), dass sie leben (Hes 37:9). Das ist der Wind, dessen Sausen wir hören, obgleich wir nicht wissen, woher er kommt, noch wohin er geht (Joh 3:8), der in allen seinen Kundgebungen Zeugnis von Dem ist, der unsichtbar wirkt, weil Er Geist ist. Das ist der Wind, dessen Sausen wir hören, obwohl wir nicht wissen, woher er kommt, noch wohin er geht (Joh 3:8), der unsichtbar wirkt, weil Er Geist ist. Als solchen offenbart Ihn der Sohn; einmal zerbricht Er Herzen wie Fels, ein andermal bewegt Er sie, wie die Bäume des Waldes vom Winde bewegt werden; Er wirft die Gewaltigen vom Stuhl, füllt aber die Hungrigen mit Seinen Gütern und haucht die Kranken und Toten an, auf dass sie leben, und sendet endlich Seinen Geist wie das Brausen eines gewaltigen Windes, um fortan Seine fleischlichen Jünger, Ihm selbst gleich, nicht nur zu Trägern Seines Wortes, sondern auch des Geistes zu machen.

In allen Dingen zeigte Er, dass Gott sowohl Geist als auch Licht und Liebe ist und dass daher das, was Ihm gefällt, nicht nur eine äußere From oder ein toter Buchstabe sein kann, sondern Geist, der alle Formen annehmen kann, während Er selbst nicht Form, sondern Geist ist. Ehe Christus erschien, um uns Gottes Wesen zu offenbaren, war der Gedanke, den der Mensch von Rein und Unrein hatte, der, dass es etwas Äußeres sei, durch dessen Beobachtung oder Vernachlässigung wir angenehm oder nicht sein würden. Der Sohn aber tat kund, dass "Gott Geist ist" - dass "den Reinen alles rein ist" (Tit 1:15) dass nichts, was von außen kommt, den Menschen wirklich beflecken kann (Mk 7:15), dass das, was unrein ist, der selbstsüchtige Geist ist, das, was bei dem Menschen Wohnung gemacht hat, und dass Seine Auserwählten in das hineinfallen, was sie vor Fäulnis bewahrt, ohne davon verunreinigt zu werden, - und als Licht scheinen sie auch auf den Düngerhaufen, ohne davon befleckt zu werden - dass daher jede äußere Form nebensächlich, ja unbedeutend ist, indem die Hauptfrage die ist: falsch oder selbstsüchtig? Ist er nicht liebend und wahrhaftig, so ist er von der Hölle und muss darum auch unrein sein. Dies ist es, was uns der Sohn Gottes deutlich gemacht hat, und wer Ihn gesehen hat, der hat den Vater gesehen. "Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten."

Solcherart ist die Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Er ist "das Ebenbild des unsichtbaren Gottes" (Kol 1:15). Liebe, Licht und Kraft oder, wie wir sagen, Vater Sohn und Heiliger Geist - die Dreiheit in Einheit - leuchten aus Ihm heraus, denn Er ist Liebe und wie früher gesagt wurde: "Wo Liebe ist, da der dreieinige Gott).

II. Die Werke Christi

Sodann fährt unser Herr gleich fort von Denen zu reden, "welche glauben" und welche die Herrlichkeit mit Ihm teilen; die Herrlichkeit nämlich, Seine Werke zu tun und somit Gott zu offenbaren. Die Worte sind so wunderbar, dass sie beinahe zu hoch für uns scheinen: "Wahrlich, Wahrlich, ich sage euch, wer an Mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die Ich tue, und wird größere als diese tun, denn ich gehe zum Vater; und was ihr bitten werdet in meinem Namen, dass will ich tun, auf dass der Vater geehrt werde in dem Sohn". Zwei Dinge treten hier hervor, zuerst die Herrlichkeit der Gläubigen, und dann die Quelle oder das Geheimnis derselben.

Die Herrlichkeit besteht darin, dass sie Christi Werke tun: "Wahrlich, Wahrlich, wer an Mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, denn ich gehe zum Vater". Die Gläubigen sollen wie Er und durch Ihn Propheten, Priester und Könige sein. Als Propheten sollen sie Licht verbreiten, als Priester sollen sie Liebe kundtun, als Könige sollen sie regieren und Macht erzeigen. Denn Er ist Prophet, Priester und König, und Er hat "uns gemacht zu Königen und Priestern" (Offb 1:6) der "Menschen Augen aufzutun, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht" (Apg 26:18), mit einem Wort, Seine Werke tun und Ihn offenbaren, wie Er Gott offenbarte. Und wie in der Natur Sonne und Luft durch Hitze und Licht und durch den Lebenshauch, der von allen Geschöpfen eingesogen wird, beides, Beherrscher und Diener aller sind, indem sie alle beeinflussen, ob hoch oder niedrig, und allen etwas von ihrer Fülle abgeben, so beherrschen und bedienen auch die Glaubenden nach dem Vorbild Christi alle durch ihre Liebe, ihr Licht und ihren Geist, welches nicht ihre eigenen, sondern Christi Tugenden sind. Sanft und doch mächtig wie das Licht und die Luft, welche über den Feldern dahin schweben und sie grünen lässt, ist das Wirken der Auserwählten Gottes, obgleich die Menschen es nicht achten.

Ist es nicht die ärgste Anmaßung zu meinen, dass Menschen Christi Werke tun können? Tritt nicht der Gedanke wenigstens, dass wir Priester sein können und für andere Opfer darbringen, dem Priestertum Christi geradezu entgegen? Einige meinen das. Seit dem Fall der Kirche und ihrer Trennung um ihrer Sünden willen, - nicht am wenigsten um des schrecklichen Missbrauchs willen, der mit ihren kostbarsten Gaben getrieben wurde, durch welchen ihr Brot für so viele ihrer Kinder sich in Gift verwandelt hat - gab es zwei Lehrmeinungen in der bekennenden Christenheit betreffs der Ämter und Beziehungen des Herrn. Die erste lautet so: Kein Werk oder Amt, welches von Christus erfüllt wird, darf von uns getan werden. Es wäre eine Anmaßung seiner Rechte, wenn wir vorgäben mit Ihm darin teilzuhaben. Die andere Lehre, welche die ursprüngliche ist, lautet so: Wenn die Menschwerdung Christi überhaupt ein Bedeutung hat, wenn Christus und Seine Gemeinde wahrhaft ein Leib sind, so müssen alle Ämter Christi, welche zuerst von Ihm zum Besten der Menschen ausgeübt wurden, auch von Seinen Gliedern bekleidet und ausgeübt werden, weil Er in ihnen in dem Maß lebt, als sie jene erkennen, wozu sie erkannt worden sind.

Die erste Ansicht, von welcher ich überzeugt bin, dass sie ein Irrtum ist, entsteht aus einem Missverstehen der ersten großen Wahrheit des "Christus für uns ", so dass die noch größere Wahrheit "Christus in uns" und "wir Seine Glieder" verleugnet wird. Diese letztere Lehre öffnet "den Reichtum der Herrlichkeit des Geheimnisses, welches jetzt geoffenbart ist Seinen Heiligen, welcher ist Christus in uns die Hoffnung der Herrlichkeit" (Kol 1:26.27). Dieses Letztere ist der Glaube der Kirche, welcher wie sehr er auch missbraucht oder verleugnet sein mag, doch nicht ohne Verlust verleugnet werden kann. Denn dieser Glaube bekennt die Menschwerdung, dass der Herr nämlich noch immer in Fleisch und Blut wohnt und dass, weil Er in uns wohnt, obgleich wir aus uns selbst nichts tun können, wir doch durch Christus, welcher die Kraft Gottes in uns ist, alles vermögen (1Kor 1:24 und Phil 4:13), denn nicht wir sind es, die leben, sondern Er lebt in uns (Gal 2:20), und weil Er derselbe ist, "gestern, heute und in alle Ewigkeit" (Hebr 13:8) so wird Er, wenn Er in uns ist, noch immer Seine eigenen Werke in denen tun, welche in Ihn hinein wachsen und leben. Ist es Anmaßung dieses zu glauben? Ist nicht auch dieser Glaube der Schutz gegen alle Antichristen? Wenn Christus uns erfüllt, so bedürfen wir nichts neben Ihm. Wohnt Christus nicht in uns und trägt Er uns nicht, so müssen wir etwas anderes außer Ihm besitzen, das heißt einen Antichristen. Darum glauben wir an Ihn und an Seine Innewohnung, damit wir uns durch Ihn Gott hingeben, so dass, wie Er sagt, "auch wir die Werke tun, die Er tut".

Unsere Berufung

Welches waren aber nun Seine Werke? Erstens war Er ein Prophet. Jeder, der Seine Worte hörte, sagte, es sei "ein großer Prophet unter ihnen aufgestanden" (Lk 7:16). Die Evangelien bezeugen, wie Er dieses Amt ausfüllte. "Er tat Seinen Mund auf und lehrte sie" (Mt 21:46). Dieser gab Zeugnis für die Wahrheit, aber wie bei den früheren Propheten glaubt Israel nicht dem, den Gott gesandt hat. Denn Prophet sein, heißt den Sinn Gottes erkennen, die Wahrheit reden, welche die Kirche mit Füßen tritt, Zeugnis für Gott ablegen gegen Diejenigen, welche in Seinem Namen, die ihnen anvertrauten Schätze verderben, den Auserwählten sagen, dass sie um ihrer Sünden willen gleich der Welt gerichtet werden müssen, dass Privilegien nicht vom Gericht entbinden, sondern vielmehr die Verdammnis derjenigen vermehren, welche Gottes Haus und Namen zur Ungerechtigkeit missbrauchen; zugleich aber heißt Prophet sein, die Traurigen trösten, den Elenden gute Botschaft bringen und die Kranken und zerbrochenen Herzens heilen. Ist eine solche Arbeit leicht? Ein Märtyrer antwortete: "Welchen Propheten haben eure Väter nicht getötet?" (Apg 7:52)

Ein Prophet ist und bleibt immer ein Schlachtopfer. Hierzu aber sind die Gläubigen berufen in dem Maß, als sie in Christus heranwachsen, ja dieses ist eines der ersten Werke derer, die weil sie denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: "Ich glaube, darum rede ich" (2Kor 4:13 und Apg 4:20) nicht anderes können, als bezeugen, was sie von Gott hören, und welche daher allezeit von den blinden Leitern verworfen werden, welche rufen: "Friede, Friede"! wo doch kein Friede ist (Jer 6:14). Christus bezeugte die Wahrheit, als ein von Gott gesandter Prophet. Wer an Ihn glaubt, muss nach seinem Maß das gleiche tun.

a) Als Propheten

Sind sie denn alle berufen zu reden? Ist die Weissagung nicht eine Gabe? Fragt nicht ein Apostel: "Sind sie alle Propheten?" (1Kor 12:20). Das, was der Herr hier sagt, beantwortet die Frage. Er sagt: "Wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun!" Er ist unser Leben, und ein jedes Seiner Glieder ist durch die Gnade berufen, Sein Leben zu leben. Das Maß aber, in welchem wir selbst gestorben sind und in Ihm leben, ist das Maß, in welchem Er in einem Jeden wirkt. Auf diese Weise ist dem einen mehr, dem anderen weniger gegeben, obgleich alle sagen können: "Alles ist unser, wir aber sind des Christus, Christus aber ist Gottes" (1Kor 3:23). Denn dem Einen wird das Wort der Weisheit gegeben durch den Geist, einem anderen das Wort der Erkenntnis durch denselben Geist, dem anderen Weissagung, einem anderen mancherlei Sprachen; dieses alles aber wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jeden das Seine zu, wie es Ihm gefällt. Denn gleich wie der Leib einer ist und hat viele Glieder, und alle Glieder dieses einen Leibes, wie viel ihrer sind, sind ein Leib, also auch Christus. (1Kor 12:8-12).

Einem Jeglichen wird die Gnade mitgeteilt nach dem Maß der Gabe Christi (Eph 4:7). Während daher etliche besondere Gaben haben, sind alle berufen, den Willen und das Werk dessen zu erfüllen, der ihr Leben ist. Nicht alle haben die Gabe des Zeugens. Aber durch den Dienst eines jeden Gliedes wächst der Leib; ([Eph 4:16]) und die, welche nicht in der Gemeinde reden dürfen (1Kor 14:35 - 1Tim 2:11.12) dürfen und sollen, wenn sie glauben, ein jeder in seinem Umfeld durch Tat und Wort reden und lehren ihrer Umgebung zum Trost, und in dieser Weise werden sie Propheten in ihrem eigenen Haus sein, wenn auch nicht in der Gemeinde; denn "wer weissagt, der redet zur Besserung, zur Ermahnung und zum Trost" (1Kor 14:3).

b) Als Priester

Christus ist aber auch Priester, und als solcher ist es Sein Amt, fürsprechend einzutreten und jenes Feuer beständig aufrecht zu halten, durch welches allein die Opfer der Menschen ihre ursprüngliche fleischliche Gestalt verlieren und auf Gottes Altar aufsteigen können (3Mo 6:12.13 und Lk 12:49). Und obwohl, genau genommen, dieses Amt erst mit Seiner Auferstehung begann, - "denn wenn Er auf Erden wäre, so wäre Er nicht Priester" (Hebr 8:4) - so war Er doch in einer Beziehung immer Priester, da Er ja durch die Taufe zum geöffneten Himmel gelangte, indem dieselbe Tod und Auferstehung symbolisiert. Auch wurde in Ihm durch die Entäußerung Seiner Selbst, durch das Hinabsteigen Gottes in Menschengestalt, Gottes Leben erweckt, und Er offenbarte das ewige Leben und zeigte durch Sieg über den Tod, dass Er in Wahrheit der Sohn Gottes ist, und so wird auch von Ihm bezeugt: "Du bist Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedeks" (Hebr 7:17) und wiederum "Du bist Mein Sohn, heute habe ich Dich gezeugt" (Apg 13:33).

Denn Er ist Priester "nicht nach einem fleischlichen Gebot, sondern nach der Kraft des unsterblichen Lebens" (Hebr 7:16). Zu diesem ewigen Leben nun sehen wir auch schon hier Sein priesterliches Tun. Wie Er in den Herzen der Menschen das Feuer des Geistes Gottes entzündet (Mt 3:4), wie Er Sünden vergibt, wie Er zwischen Reinen und Unreinem unterscheidet, wie Er mit dem Unwissenden leidet und mit denen, die irren (Hebr 4:15 - Hebr 5:1-2 die vom Wege abgewichen sind), und endlich, wie Er Sich Selbst zum Opfer für alle darbringt. Als Priester rührte Er die Aussätzigen an, als solcher reinigte Er den Tempel, als solcher trat Er für Menschen bei Gott ein und bat für die Übeltäter, in erster Linie für Seine Auserwählten, dass sie bei Ihm sein und Seine Herrlichkeit sehen sollten (Joh 17:4) und dann für alle, als Er sagte: "Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" (Lk 23:34). Und hierzu beruft Er die Gläubigen ebenfalls, so dass sie als mit Ihm Gott geweiht, durch Ihn auch Priester werden mögen, die anderen dienen und helfen. Jede neu empfangene Gabe ist wie eine Leuchte mehr in der Wohnung Gottes, bestimmt, um uns zu leuchten, obwohl von den Menschen nicht beachtet.

O seliger und heiliger Dienstes, zu welchem wir alle berufen sind. Wer aber erfüllt ihn? Wer steht jetzt am Altar des Herrn durch diese Mitteilung des Geistes und des Feuers? Wer reinigt den Tempel? Wer bringt Opfer für andere dar? Wer bringt und genießt die Opfer, die durch das Feuer des Herrn gebracht werden? (3Mo 21:21-22). Wer rührt Aussätzige an? Wer bittet für die Übeltäter? Unserem Beruf nach sind wir Priester, denn in Christo sind alle Priester. In Ihm sind wir mit allem geistlichen Segen an himmlischen Gütern gesegnet, ob wir Kindlein, Jünglinge oder Väter in Christo sind (Eph 1:3-16 - Eph 2:4-6). Nicht desto weniger können wir unserer Erfahrung nach bei alledem noch fleischlich sein (1Kor 3:1.3) und nichts oder wenig von dem himmlischen Feuer wissen, welches uns der Leiden unseres Herrn teilhaft macht. Denn Christus kann in uns sein und ist in uns, während wir noch nichts von einem täglichen Sterben wissen, der Himmel sich noch nicht über uns geöffnet hat und wir das priesterlicher Leben, wenn es auch rechtlich unser st, noch nicht ergriffen haben, gerade wie das prophetische Leben von Anfang an in uns ist, wenn wir Christo angehören, obwohl es noch unerkannt ist und nicht ausgeübt wird. Demnach müssen in ihrem Maß alle Gläubigen Priester sein in Christo, alle müssen Gott des Lob opfern, die Frucht der Lippen, Seinen Namen bekennen; wohltun und mitteilen nicht vergessen (Hebr 13:15 - Hos 14:2) obwohl "das tägliche Opfer abgetan ist" (Dan 8:11), denn die Wahrheit selbst hat gesagt: "Wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich tue"

c) Als Könige

Aber es gibt noch eine größere Herrlichkeit. Christus ist auch König, um Gottes Macht zu zeigen, bis Er alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt hat; und auch hier gilt es: "Wie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt". "Dulden wir mit, so werden wir mit Ihm herrschen" (2Tim 2:12), und schon jetzt sind wir nicht nur Priester, sondern auch Regenten mit Ihm. Die Auserwählten müssen Licht, Liebe und auch eine Gotteskraft sein, müssen ihre Lüste beherrschen und so die Welt überwinden und zubereitet werden zu Seiner Zeit alle Dinge mit Christus zu beherrschen, der eine über fünf, der andere über zehn Städte (Lk 19:17.19), nicht durch Gewalt und Strenge, sondern durch die Macht der Liebe, welche alles trägt und somit auch alles überwindet. Denn die Stärke des Menschen zeigt sich durch das, was er ohne zu klagen, erdulden kann. Die Liebe besitzt auch königliche Weisheit, um wie einst Salomos zwischen der wahren Mutter und derjenigen zu unterscheiden, welche fälschlich behauptet die wahre Mutter zu sein, um zu erkennen, dass die, welche eine Trennung zulässt, eine Lügnerin ist, obwohl sie vorgibt, die die wahre Mutter zu sein, und dass diejenige die rechte Mutter ist, welche lieber alles hingibt, als ihren Sohn teilen zu lassen (1Kö 3:16-28).

Der neue Mensch empfängt die Macht, selbst in seiner Erniedrigung zu richten; er löst und bindet königlich (Mt 16:19), obgleich sein Königreich nicht von dieser Welt ist; er redet Worte zur Beherrschung von Herzen, welchen nicht ohne Gefahr zuwider gehandelt werden kann. Die Welt, das Fleisch und der Teufel mögen gegen ihn streiten, er aber muss alles besiegen; denn es ist seine Aufgabe, als Gottes Vize-Regent in der Welt, sich "alles untertan zu machen und alles zu beherrschen", und er hat die Verheißung, dass ihm "alles untertan gemacht werden soll" (Hebr 2:7.8). Gleich seinem Meister, mag er auf Erden verspottet und getötet werden; seine königliche Würde aber wird erkannt werden, wenn die Heiligen die Welt richten.

d) Im Dienst Christi

Wer nun glaubt, der muss in allen diesen Stücken als Prophet, Priester und König, als Wahrheit, Liebe und Stärke Christi Werke wirken und Ihn darstellen, gleichwie Er den Vater repräsentierte, ja Er sagt: "größere Werke, als diese sind, soll er tun, denn ich gehe zum Vater" (Joh 14:19) denn die geistlichen Werke seit Christi Auferstehung sind um vieles höher, als der Himmel höher ist als die Erde, als jene Werke, welche von den Propheten des AT am Fleisch gewirkt wurden, ja selbst als diejenigen, welche der Herr in den Tagen Seines Fleisches unter Seinem Volk nach dem Fleisch wirkte. Denn welches ist größer, das aussätzige Fleisch oder eine von von Sünden befleckte Seele zu reinigen, - die Krankheiten des äußeren Menschen zu kurieren oder jene innere Hilflosigkeit zu heilen, welche dem Menschen den Schrei auspresst: "Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; aber das Böse, das ich nicht will, das tue ich" (Röm 7:19) - einen toten Körper das Leben dieser Welt wiederzugeben oder unsterbliches Leben einer verderbenden Seele? Solange wir im Fleisch sind, mag uns wohl das fleischliche Werk größer erscheinen. Die Geistes Welt wird uns aber lehren, dasjenige, was vor Gott klein oder groß ist, besser zu unterscheiden.

III. Das Geheimnis der Kraft

Es bleibt uns noch übrig, das Geheimnis dieser Kraft zu betrachten. Unser Herr bemerkt dreierlei - erstens die Quelle, dann das Mittel und endlich die Ursache derselben. Die Quelle ist Christus selbst: Er tut die Werke in uns. Zweimal wiederholt Er hier: "Das will ich tun" (Joh 14:13.14) denn Er ist unser Leben. Er ist es selbst, der da wirkt. Ohne Ihn können wir nichts tun. Sind wir Propheten, Priester oder Könige, so ist es nur aus dem Grund, weil der eine große Prophet, Priester und König in uns das Tun Seines Willens durch Seine Kraft wirkt. Wir sind einfach nur Gefäße. Gebet und Glaube aber entlocken Ihm alles. Wer an Ihn glaubt, der wird auch Seine Werke tun" (Joh 14:13). Der Glaube teilt geistliche Würden mit, welche uns zu Teilhabern an allen Gütern unseres Vaters machen und welche eine Fülle alles Guten in unseren Schoß schütten, deren Zuteilung an Andere unsere Freude ist. Alles, was daher Christus tat und wozu er gelangte, können auch wir tun und dazu können wir gelangen, wenn wir nur an Ihn glauben, und gerade in dem Maß, wie wir glauben. Er ist das Muster dessen, was der Mensch nach Gottes Willen sein und tun kann. Gott aber will, das der Mensch eins mit Ihm sei, und der Glaube ist das Band und das Mittel dieser Vereinigung. Glauben heißt: "d u r c h Ihn l e b e n ! (Dies ist die Etymologie des englischen Wortes glauben: "be -live" - "live by" nach Richardsons's Lexikon).

So kann alles durch den Menschen geschehen; denn "alle Dinge sind möglich bei Gott" (Mk 10:27) und daher sind auch "alle Dinge möglich dem, der glaubt! (Mk 9:21). Darum gebietet uns der Herr: "Habt den Glauben Gottes" (Mk 11:22), denn der Glaube muss ebenso wie die Liebe aus Gott sein, ein Bestandteil Seines eigensten Wesens, welcher zugleich mit dem gleichen Samen zugeteilt wird, der Sein Leben und Seine Natur in uns wachruft, und welcher uns nach Abrahams Vorbild fähig macht "dem gleich zu sein, an den wir glauben", nämlich Gott, der das ruft, das nicht ist, dass es sei (Röm 4:17). "Der Glauben ist die Substanz dessen, was man erhofft". Daher "merken wir, dass die Welt durch den Glauben aus Gottes Wort geworden ist, so dass das, was man sieht, nicht aus dem gemacht wurde, was in die Erscheinung tritt" (Hebr 11:1.3). Gott sprach und zweifelte nicht, sondern glaubte, dass das, was Er sagte, geschehen würde; darum geschah Ihm nach Seinen Worten (Mk 11:23). Wir aber sind zu dem gleichen Glauben berufen, um dadurch die gleichen Werke zu tun, denn es ist Gott, der in uns wirkt, beides, das Wollen und das Vollbringen nach Seinem Wohlgefallen.

Bitten in Christi Namen

Daher sagt unser Herr hier: "Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun" - das heißt in meiner Natur; denn bei Gott werden die Dinge nach ihrer Art benannt. Wir bitten in Christi Namen nicht, wenn wir am Schluss irgendeiner fleischlichen Bitte sprechen: "Dieses bitte ich im Namen Christi", sondern wenn wir Seiner Natur gemäß bitten, und Seine Natur ist Liebe, die nicht das Ihre sucht, sondern nur Gottes Willen und das Wohl aller Geschöpfe. Dieses bitten ist das Schreien Seines Geistes selbst in unseren Herzen, den nach Gott und nach dem, was Gottes ist, dürstet, um in Sein Bild verklärt zu werden. Christi eigenes Gebet zeigt uns dies. Sein Schrei war: "Verherrliche Deinen Namen! Verherrliche mich bei Dir Selbst mit der Klarheit, welche ich bei Dir hatte, ehe die Welt gegründet war! " (Joh 12:28 - Joh 17:5). Mit einem Wort, Sein Bitten gründete auf Gottes eigenem Willen. Wenn wir also in Seinem Namen oder in Seiner Natur bitten, müssen wir nehmen, und indem wir empfangen, müssen wir ein Segen für alle werden; denn es kommt nichts auf den Menschen herab, ohne dass der gleiche Segen früher oder später auf alle herabkommt. Ein solches Gebet ist allmächtig, denn es ist Gottes Willen gemäß. Es ist Christi eigenstes Bitten in uns, und Ihn erhört der Vater allezeit (Joh 11:42).

Ursache der größeren Werke

Unser Herr führt noch die Ursache der größeren Werke an, welche diejenigen tun sollen, die glauben. "Denn Ich gehe zum Vater", das ist die Ursache (Joh 14:12). Dieses Gehen zum Vater verleiht alle Gewalt im Himmel und auf Erden sowohl über Geister als über Fleisch und Blut. Denn durch Sein Gehen zum Vater kehrt der Mensch zu seinem wahren Ursprung zurück. Es kannte schon vorlaufende Schritte zu diesem Ziel. Der geöffnete Himmel bei der Taufe hatte Zeugnis davon gegeben, dass der Mensch in Christo Gott angenehm sei. Sein Gehen zum Vater aber bewirkte viel mehr. Es war die völlige Rückkehr des Menschen zu Gott durch welche er zur Wiedervereinigung mit Dem gelangte, von welchem er abstammt. Der Mensch wird zwar schon zum Leben seines Vaters erweckt, während er sich noch im Schoß der gefallenen Natur befindet; nun aber seinen Vater zu sehen und um seine Werke zu wirken, muss er aus den finsteren und engen Banden "unten in der Erde" (Ps 139:15) in welchen er lebendig gemacht und gezeugt ist, ausgehen. Und dieses Gehen Christi zum Vater ist die Rückkehr des Menschen zu seiner längst verlorenen Herrlichkeit, denn die Menschheit ist eine Einheit; und Christi Gehen zum Vater ist unsere Rückkehr zu der Urquelle von allem. Der Mensch hat jetzt durch Ihn alle Gewalt im Himmel und auf Erden (Mt 28:18). Wir sind Teilhaber mit Ihm an alledem, was Er als Sieger über den Tod erworben hat. Von diesem Standpunkt aus fährt dann unser Herr fort, von dem Geist zu reden, den Er als Zeugen Seiner Herrlichkeit senden wird und der uns in den Stand versetzen soll, in Wort und Tat von Ihm zu zeugen (Joh 14:15.16). So konnte Er mit Recht sagen, er "soll größere Werke denn diese tun, denn ich gehe zum Vater".

Die Herrlichkeit der Gläubigen

Eine solche ist die Herrlichkeit der Gläubigen. Sie zeigen, was der Herr ist, wie Er den Vater offenbart. Sie offenbaren Ihn, weil Er in ihnen wohnt, und ihre Werke sind die Werke dessen, der "größer ist, als der in der Welt ist" (1Jo 4:4).Darum tun sie Seine Werke. Wo aber wird Er jetzt so geoffenbart? Priester ohne Feuer, Propheten ohne Gesichte, Könige ohne Macht sind allerorts zu finden. Die Kirche und die Welt sind voll von solchen. Wo aber erblickt man einen lebendigen Christus? Ist das wohl eine Offenbarung, die Seiner würdig ist, welche immerfort spricht: "Hier ist Christus!" - "Wir sind der Leib Christi!" - während sich doch keines Seiner Werke findet, sondern eitel Nachahmungen, und zwar fleischliche von dem, was geistlich ist, wo alles Licht, was das eigene Licht übertrifft, ausgelöscht und die Finsternis Licht genannt wird, wo die Liebe erstickt und die Brüder ausgestossen werden und doch gesagt wird: "der Herr sei gepriesen!", wo man danach trachtet die Werke des Geistes Gottes durch irdische Macht zu tun und alle verdammt, welche nach Besserem seufzen und weinen? Dies sind nicht Seine Werke! Es ist dies nicht einmal jenem gebrochenen Widerschein vergleichbar, den ein unruhiger Fluss von der Sonne gibt, wenn er ihr entstelltes, zerrissenes Bild auf seinem beweglichen Busen trägt. Ach leider ist nur zu Vieles, was sich in der Kirche findet, nicht einmal ein Widerschein der Güter Christi, sondern vielmehr das unmittelbare Werk jenes bösen Geistes, der Gottes Haus in eine Mördergrube verkehren möchte, und die Stadt Gottes selbst zur Festung Seines Widersachers macht.

Was sind alle Streitigkeiten und Uneinigkeiten, welche unter denen, die den Namen Christi tragen, als Zeugnisse davon, dass Satan in des Herrn Erbteil eingedrungen ist und es verdorben hat? Kann er aber in seinem vereinnahmten Bereich solche Werke tun und sein Mahlzeichen auf jene drücken, die er gefangen hält (Offb 13:16), was kann dann von unserem rechtmäßigen Herrn vollbracht werden, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gehört, wenn wir uns nur in Allem Ihm hingeben? Wenn wir bedenken, was Er in Etlichen gewirkt hat, die einst so ohnmächtig waren, wie wir es jetzt sind, - wie Er Sein Licht aus ihren zerbrochenen, irdenen Gefäßen hat leuchten lassen, selbst in Tagen dunkelster Finsternis - wenn wir bedenken, dass Er allezeit der-selbe ist und dass es Seine Freude ist, selig zu machen und zu segnen, und dass Er verheißen hat: "Wahrlich, Wahrlich, wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue" - was können wir dann erwarten, wenn wir nur dermaßen in Ihm bleiben, dass nicht mehr wir es sind, die leben, sondern Christus in uns lebt? Er wohnt noch immer im Menschen, obwohl Er allezeit der Stein ist, den die Bauleute verwerfen. Er kann nicht fehl-sclagen. Er besitzt noch immer lebendige Glieder, die versucht werden und bewährt sind, wie Silber geläutert wird. In diesen kann und wird Er bis ans Ende verherrlicht werden. Und die Bewährung ihres Glaubens, der viel kostbarer ist als das vergängliche Gold, obwohl es durch das Feuer bewährt wird, wenn auch unerkannt von denen, die fleischlich gesinnt sind, zu Lob, Preis und Ehre befunden werden, wenn nun Jesus Christus erscheint (1Petr 1:17)

Lies weiter hier:

12. Der Schmerz und die Freude des neuen Menschen - Das elfte "Wahrlich, wahrlich"
13. Die Vollendung des neuen Menschen - Das zwölfte "Wahrlich, wahrlich"
14. Schlussgedanken zum Buch - Der neue Mensch und das ewige Leben