Die Schöpfung

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Aus dem Zweimonatsheft für gläubige Schriftforscher:
"Das prophetische Wort“ (Jahrgang 1923-25)
Begründet von Professor E. F. Ströter

Herausgegeben von Heinrich Schaedel
Maranatha-Verlag, Klosterlausnitz i. Thür.

Siehe weitere Abschriften

Das erste Buch Mose

von: Prof. E. F. Ströter
Inhaltsangabe: 1Mo 1-50

1. Die Schöpfung

Erstes Kapitel

Wenn wir uns unterfangen, in einer Reihe von Vorträgen, die gewaltige Gedankenmasse des 1. Buches Mose aufzuweisen und zu besprechen, so stehen wir unter dem Zwange, von einer Erklärung Vers für Vers abzusehen, und uns darauf beschränken zu müssen, kapitel- oder abschnittweise in großen Zügen das Ganze zu beleuchten, um so aus diesem Buche herauszuholen, was Gott für Erkenntnis seiner Gedanken und Wege mit den Menschen in Vergangenheit und Zukunft für uns in ihm niedergelegt hat.

Gleich auf der Schwelle des ersten Buchs der Bibel begegnen uns Gedanken, Andeutungen, Aussagen, bei denen jeder denkende, prüfende Mensch den Gegensatz zwischen menschlicher Philosophie und göttlichen Gedanken klar erkennt.

Es unterscheidet sich mit seinem ganzen Inhalt von allen anderen Büchern, und steht im Gegensatz zu allen Systemen, die Menschen je und je ausgedacht haben, dadurch, dass es nicht die Ewigkeit der Materie, der Schöpfung setzt, sondern Gott setzt vor die Schöpfung.

Ehe die Schöpfung war, ehe Himmel und Erde waren, war Gott nach der Schrift. Diese Wahrheit findet man nirgendwo sonst, nur in diesem Buche Gottes.

Da tut sich uns eine tiefe, unübersteigbare Kluft auf zwischen Gottes Offenbarung und Menschengedanken, eine Kluft, wie zwischen Himmel und Erde (Jes 55:8.9). Da liegt auch zugleich die furchtbare Wurzel, der Keim, der Ansatz für alle die falschen Vorstellungen und Lehren, die sich Menschen gemacht haben von dem Verhältnis Gottes zur Welt, namentlich zur Menschenwelt. Denn darüber ist ja die Bibel ganz klar, dass die Menschenwelt aufs innigste verbunden ist mit der Schöpfungswelt.

Auch alle denkenden Menschen sind darin eins: Mensch und Schöpfung gehören in eins zusammen. Aus sich heraus hat der Mensch mit seiner Philosophie nur finden können, dass die Schöpfung ebenso alt sei wie Gott.

Alle Philosophie setzt die natürliche Schöpfung gleich ewig mit Gott. Der nächste Schritt ist unvermeidlich: wenn die Schöpfung, das Stoffliche, das Sichtbare also, und Gott hinzu, wenn das alles nebeneinander bestanden hat, dann hat Gott vor der Schöpfung nichts voraus; dann entsteht eine ganz natürliche, unvermeidliche Konkurrenz zwischen beiden; dann hat im letzten Grunde das Stoffliche, dem auch der Mensch angehört, ebensoviel zu bedeuten wie die Gottheit.

Und der nächste Gedanke ist der: von Uranfang besteht ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen beiden. Das ganze Gestalten und Werden ist, wenn diese Linie richtig ist, nichts anderes als ein beständiger und nie zu beendender Kampf. Denn so gewiss die Schöpfung ewig ist wie Gott, muss sie dasselbe Daseinsrecht haben wie Gott. Dann findet Gott eine unübersteigbare Schranke: Gott wird nie mit ihr fertig. Nie kann die Schöpfung von der Gottheit beherrscht, durchdrungen werden.

Hier sind große, klaffende Gegensätze zwischen dem feinsten Heidentum und der Offenbarung. Es ist ergreifend, zu beobachten, wie die tiefsten Denker stutzig geworden sind, wenn sie sich zur Bibel wandten, und hier einer so ganz anderen Auffassung begegneten. Hier heißt es: „Im Anfang war Gott“, und nicht die Schöpfung.

Haben wir uns einmal vorstellen wollen, wie es gewesen sein müsste, wo es nur Gott gab, und keine Sonne, Mond und Sterne? Schwindel erfasste uns, wenn wir es auszudenken versuchten. Unausführbar ist es, sich Gott zu denken und alles Geschöpfliche fort! Das sind Gedanken, denen wir nicht nachgehen können. Aber Gottes Offenbarung sagt hier einfach und klar: „Im Anfang war Gott.“

Wie ist denn Mose, dieser einzige Mensch unter allen, unter allen Denkern und Weisen zu diesem Worte gekommen?

Hier scheidet sich von vornherein die Offenbarung von den Wegen alles menschlichen Denkens. In diesem Buche wird vom ersten Kapitel an bis zum letzten der Versuch gemacht, das menschliche Denken dem göttlichen zu unterordnen. Alles andere Denken muss zur Seite gestellt werden.

Gott denkt nie daran, eine Verbindung, eine Vermischung Seiner Gedanken mit menschlicher Weisheit zustande zu bringen; Er erklärt ihr vielmehr den Krieg. Er lässt nur Seine Gedanken gelten. Niemals schließt Er einen Kompromiss; am allerwenigsten, dass Er sich stützte auf die Gedanken der Menschen.

Es ist geradezu erschrecklich, dass man uns gelehrt und dazu erzogen hat, die menschliche Philosophie für unentbehrlich, für unerlässlich anzusehen. Daher kennt man keine Wortverkündiger, keine Theologen an, die keine philosophische Erziehung gehabt, und keine guten philosophischen Examina gemacht haben. Ohne das dürfen sie Gottes Wort nicht in den Mund nehmen.

Hier aber ist ein Mann, der sich vom Geiste Gottes Aufschluss geben lässt über Vorgänge und Gedanken, die ohne das dem Menschengeiste verborgen geblieben wären.

Am Anfang schuf Gott

„Am Anfang schuf Gott.“ Damit ist Gottes Dasein vor das der Schöpfung gesetzt. Gott ist nie entstanden, wohl aber ist Er der Schöpfer aller Dinge. Joh 1:1ff. finden wir dieselbe Wahrheit in anderer Beleuchtung. Und Kol 1:15-17 wird hinsichtlich des großen Sohnes gesagt: Er ist vor allen, auch dem Range nach; alles besteht durch Ihn, sogar das Reich der Finsternis wird durch Ihn garantiert. Er ist auch Erster auf dem Boden der neuen Schöpfung (Kol 1:18).

Das sind ganz deutliche, einfache Linien. Damit ist zugleich gesagt, dass das ganze All, die sichtbare und unsichtbare Schöpfung von ihrem Entstehen an schlechthin der unumschränkten Herrschaft, Überwaltung, Verfügung Gottes untersteht – eine Wahrheit, an der wir so leicht vorübergehen. Das kommt daher, dass wir geborene Rebellen sind und in einer Welt leben, in der der Gegensatz gegen Ihn das Natürliche geworden ist, eine Feindschaft wider Gott.

Wir saugen das ein nicht nur mit der Muttermilch, sondern im Mutterleib. Wir kennen nur eine Welt, die durchseucht ist von Rebellion gegen Gott. Darum ist es so leicht, uns den Gedanken beizubringen, dass diese Feindseligkeit ganz natürlich ist, etwas Selbstverständliches, das gar nicht anders gedacht werden kann.

Das ist gewiss so; und wir kämen nie mehr mit Gott zusammen, wenn Er uns nicht zu Hilfe käme. So ist es denn überaus wichtig, uns angesichts der angeborenen Feindseligkeit so eindringlich wie möglich sagen zu lassen: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“. Vergeblich suchen wir nach Spuren, aus denen zu entnehmen wäre, Gott habe Seine schlechthinnige (absolute) Herrschaft aus der Hand gegeben, ausgenommen zeitweise zur Entscheidung tief einschneidender Fragen der Erziehung.

Die hebräische Sprache hat nur ein Wort für Sein und Werden. Wir sind also berechtigt, weiter zu lesen: „Und die Erde ward wüst und leer“. Wir fragen: wie kam es, dass sie es ward? Die Schrift gibt uns Aufschluss darüber.

Die Erde ward wüst und leer

Jes 48:18 sagt, Gott habe die Welt nicht erschaffen, dass sie leer sein soll. Die ursprüngliche Schöpfung kann nicht in dem Zustande der Wüstenöde, des wildesten Durcheinanders, des Chaos hervorgerufen worden sein. Auch Jer 4:23-28 ist geeignet, Licht auf unsre Stelle fallen zu lassen. Der Prophet sieht ein gewaltiges Zorngericht Gottes über das Land ergehen, und dabei kommt dieselbe Zuständlichkeit heraus wie hier.

Wenn die Erde nicht wüst und leer aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen, sie aber nachher so geworden ist, so ist der Schluss berechtigt, dass sie es infolge eines Gerichtes Gottes geworden ist. Und wodurch nun könnte die Erde in einen solchen Zustand geraten sein?

Nicht durch den Fall des Menschen; denn der Mensch wurde ja erst auf die neugeschaffene, neugeordnete Erde gesetzt. Die ist eine Umschaffung, Neuschaffung. Da wir nun außer den Menschen von keinen andern vernunftbegabten Geschöpfen als den Engeln wissen, bleibt nur der Schluss übrig, es müsse bei dieser Verwüstung und Verödung sich um ein Gericht über den gefallenen Lichtengel, und vermutlich höchsten Engelfürsten handeln, dem als eigenstes Herrschaftsgebiet die ursprüngliche Lichterde unterstellt gewesen sein wird.

Diese Antwort würde uns manches Geheimnis enthüllen und so manche Rätselfrage lösen. Z. B. die Fragen: Woher kommt es, dass in der Schrift Satan, der Feind Gottes und der Menschen, eine so merkwürdige Rolle spielt, dass er mit einer so weitgehenden Rücksicht behandelt wird, trotz seinem feindseligen Zustande und Verhalten? Woher kommt es, dass der Gott und Fürst dieser Welt so ganz selbstverständlich Zutritt hat zu der neuen schönen Welt, die Gott geschaffen hat? Wie hängt es zusammen, dass er mit den Menschen und der Schöpfung in solch enge Verbindung treten kann, und dass die Schrift ihn so gar nicht unterscheidet, sondern ihn nur „die alte Schlange“ nennt?

Alle solche Fragen wären beantwortet, wenn wir uns sagen dürften, Satan sei vor der Menschenwelt dagewesen. Freilich gibt uns die Schrift selbst darüber keine ausgesprochene Auskunft. Hat aber diese Annahme ihre Richtigkeit, dann käme eine gewisse Klarheit in die Zusammenhänge dieser Dinge.

Auch einige der Hauptbedenken der Gebildeten würden beseitigt, wenn die Urschöpfung weit, weit zurückläge hinter 1Mo 1:2. - Die Erde hat ganz Furchtbares durchgemacht. Sie war Schauplatz von Zusammenbruch und Vernichtung, die entsetzlich, und von ungeheurer Länge und Ausdehnung gewesen sein müssen. Angestellte Berechnungen, z. B. betreffs der Kohlenlager, lassen keinen Zweifel, dass die Erde als Körper ungeheuer lange Zeiträume vor der Menschheit dagewesen sein muss.

War sie nun früher, ehe sie wüst und leer geworden ist, und ehe Gott daran ging, sie zu einer Behausung des Menschen umzugestalten, eine Behausung des Fürsten dieser Welt? Dann verstehen wir, warum nach der Empörung Satans so große Katastrophen eintreten, warum die Erde von solchem Feuer durchglüht werden musste, haben auch Raum für die Jahrmillionen, von denen unsere Gelehrten schreiben, ehe sie von solch furchtbaren Gerichten heimgesucht worden ist. Damit wäre manche Schwierigkeit beseitigt, und eine ganz natürliche Lösung gefunden für das Verhältnis zwischen den Ergebnissen der exakten Wissenschaft und diesem Bericht.

Zugleich noch etwas anderes, das viel tiefer liegt und weittragender ist. Wenn diese Annahme ihre Richtigkeit hat, - wir wollen uns sehr vorsichtig ausdrücken; wir dürfen aber ganz getrost diese Linie verlängern, - wenn diese Erde früher einmal die Behausung einer ganz andern Gruppe von Geschöpfen gewesen, und einem solch furchtbaren Gericht unterworfen worden ist, aber trotz diesem Gericht von Gott nicht aufgegeben wird, und wenn Er uns damit einen solch kostbaren Schlüssel in die Hand drückt, der uns viele Gedanken Gottes erschließt: dann ist es nichts mit der Annahme, dass die wieder gefallene, und in Sünde und Verschuldung hinein gezerrte Neuschöpfung der Vernichtung anheim gegeben werde.

Es gibt keinen Weltuntergang, in dem man sich eine völlige Zerstörung, Zertrümmerung, Vernichtung des Bestehenden denkt – und nur einige schöne, liebe Seelen kämen in den Himmel.

Ist aber diese Erde an sich Beweis, dass Gott trotz dem Fall ihres Fürsten sie nicht rettungslos dem Verderben preisgegeben, sondern umgeschaffen hat, dann dürfen wir getrost den Schluss ziehen, Gott werde Seinen Plan mit Seiner Neuschöpfung und Menschheit nicht aufgeben, trotzdem der zweite Fall des Menschen wieder den Plan Gottes gestört hat. Es ist sicher erlaubt, auch hier vom Geringeren auf das Größere zu schließen. Wie sollte Gott je Seine Menschheit da lassen, wo hinein sie geraten ist?

Der Geist über den Wassern

Ehe wir einige Blicke werfen in die Neuschöpfung, die vor uns liegt, ganz kurz nur noch eine Anmerkung über das Wort: „der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“ Das ist eins der kostbarsten Worte in diesem Zusammenhang.

Wir kennen den Heiligen Geist leider zu wenig in Seinen Beziehungen zu der übrigen Schöpfung. Er hat uns auch wenig darüber sagen lassen. Das stimmt durchaus überein mit der wunderbaren Bescheidenheit des Geistes. Er will in der ganzen gegenwärtigen Zeit nur den Sohn verherrlichen; Er redet nur von Ihm, nicht von sich Selbst, wie unser Herr es Joh 16:14 zum Ausdruck bringt.

Dieses Wort hat aber doch keine rückwirkende Kraft. Damit ist nicht gesagt, dass der Heilige Geist nicht von sich Selbst geredet habe. Er tut es hier ganz klar, vorsichtig. So hat Er dem heiligen Schreiber eingegeben, zu schreiben: „der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“

Da gab es noch keinen Menschen; wir sind also ausgeschaltet. Das ist köstlich, dass es Verhältnisse gibt, wo wir ausgeschaltet sind; wir, die wir so fest an die Art und Weise gebunden sind, bei allem, was von Gott ausgeht, immer an das liebe Ich zu denken. Es ist gut, zu sehen, dass der Geist auch noch andere Beziehungen hat als zum eignen lieben Ich.

Ein Überblick über das Sechstagewerk liegt vor uns ausgebreitet. Wie haben wir es uns zu denken? Wir wissen alle, dass auf diesem Gebiet ein heißer Kampf tobt. Man kann nicht sagen, dass er zu einem Siege geführt hat. Theologie und Wissenschaft kriegen sich bei jeder Gelegenheit an den Haaren und schlagen sich herum.

Wir wollen weder wissenschaftlich noch theologisch vorgehen, sondern in der Weise, die dem Kinde Gottes am dienlichsten ist. Mit Streitfragen haben wir nichts zu tun, die gehen uns nichts an. Zu Ende kommen sie nie, wenn der Kampf auch noch zehntausend Jahre toben würde. Von „Versöhnung“ ist da gar keine Rede; wenn man Gott nur das glauben würde, dann würde man sich gar nicht ereifern.

Die Sache liegt so: Es ist klar, wenn Gott hätte wollen einen wissenschaftlichen Bericht abgeben über all die Vorgänge, die sich bei der Neuschöpfung vollzogen, dann wäre Er ganz gewiss dazu imstande gewesen. Er hätte ja eine viel bessere Theologie und Kosmologie geben können als irgend ein Professor, oder als sie alle zusammen.

Er hat es einfach nicht getan. Warum wohl nicht? Weil es Ihm um das Eine zu tun war: Er durfte und wollte niemals dem menschlichen Geiste und Denken Gewalt und Zwang antun.

Hätte Gott durch Mose oder sonst wen eine ausführliche und unanfechtbare Schilderung von allen Einzelheiten, von allen Vorgängen bei der Schöpfung geben lassen, dann wäre ja dem menschlichen Geist für eine Entdeckung, für eigne Betätigung gar nichts übrig geblieben. Dann hätte alles fix und fertig vorgelegen. Denn allen Beweisen und Tatsachen gegenüber hört alle menschliche Betätigung auf.

Nehmen wir das einfache Beispiel, dass 2x2 = 4 ist. An der Tatsache ist nichts zu tun; sie liegt ein für allemal fest, abgeschlossen da. Hätte Gott das geliefert, was wissenschaftlich betrachtet als unanfechtbarer Bericht zu gelten hat, so hätten die lieben Herren gar nichts mehr zu tun, als zu bekunden: 2x2 ist 4. Dann wäre der menschliche Geist freilich nie in die Lage gekommen, einmal sich selbst in vermessener Weise zu erheben über alles, was Gott und Göttlichkeit ist, und sich selbst das größte und gewaltigste zuzuschreiben, jedoch auch nie, sich zugleich vollständig bankrott zu machen in den allereinfachsten Dingen des Lebens.

Denn die Wissenschaft hat noch keine Antwort gefunden auf die einfachsten Fragen: Was war zuerst da – das Ei oder die Henne? Was ist das Leben im Grashalm? Was ist Wachstum? Was ist Licht, Leben, Mutterliebe, Kindestreue, Gehorsam? Bei diesen allereinfachsten Fragen steht der Mensch heute so ratlos da, wie je.

Gott hat den allerweitesten Raum lassen müssen, der die Wissenschaft nicht zwingt, knebelt, vergewaltigt. Das gerade ist so groß an diesem mosaischen Schöpfungsbericht, dass er nicht vergewaltigt.

Die Forscher mit ihrer wirklichen Wissenschaft beweisen es. Lehrbücher, die vor zwanzig Jahren als unanfechtbar galten, sind heute Makulatur, Einstampfpapiere. Gott bringt immer wieder etwas Neues, was das Alte umstürzt. So z.B. das Radium. Mit dem, was Wissenschaft ist, muss man recht langsam tun. Bei allem aber, was man bis heute gefunden hat, hat Mose immer noch recht behalten.

Man hat darüber gelacht, dass Mose sagt, es habe Licht gegeben, ehe es eine Sonne gab. Heute ist die Wissenschaft klar darüber, dass es sehr wohl vor der Sonne Licht gegeben haben kann. Das Nordlicht z.B. hat mit der Sonne nichts zu tun. Sehr wohl kann es eine Lichthülle über der Erde gegeben haben; ehe eine Sonne sie von außen her bestrahlte.

Die Schöpfung ist eine Tatsache, die weder den Glauben noch die Forschung überflüssig oder unmöglich macht. Vieles gibt es, was die Wissenschaft nicht unter ihre Rubriken bringen kann. Kann man Mutterliebe, Kindestreue, Freundschaft wissenschaftlich behandeln? Wer kann die edelsten Gaben und Kräfte wissenschaftlich festlegen? Das gibt es einfach nicht.

Nach der einen Seite hat Gott der Betätigung des menschlichen Geistes, der Wissenschaft, freien Spielraum gelassen, indem Er Seine Taten ihrer Beurteilung überließ; und auf der andern Seite hat Er den Glauben nicht überflüssig gemacht. Gott hat Seine Gedanken und Geheimnisse in eine Fassung zu bringen verstanden, die dem Glauben süße Speise ist. Dem Glauben kann die Wissenschaft nicht drein reden; er braucht sie nicht. Man muss sich auf diesen Standpunkt stellen, und dann wird der Bericht groß.

Man hat es als etwas bedauernswertes angesehen, dass Gott uns im Stich lässt, wo es gilt, den Einwendungen und Behauptungen der Wissenschaft mit biblischer Beweisführung entgegenzutreten. 1Kor 2:5 heißt es aber: „Auf dass euer Glaube bestehe, nicht auf Menschen-Weisheit, sondern auf Gottes Kraft.“

Wenn Gott uns einen wissenschaftlichen Bericht gegeben hätte, was hätte der Glaube dann noch für einen Wert?

Es ist das herrlichste, dass der Glaube von allen wissenschaftlichen Beweisen unabhängig ist; dass er glaubt, vertraut, mit Gott rechnet, und nie zweifelt, dass Gott am allerletzten Ende recht behält. Gott hat es abwarten können bis auf diesen Tag, und wir können es auch.

Aber wenn man nun auch zugeben musste, es könnte Licht gegeben haben, ehe es eine Sonne gab, so macht das nicht das Mindeste aus. Denn Gott und Seine Wahrheit hängt nicht von den Feststellungen der Wissenschaft ab. Sonst hörte alle sittliche Tat auf. Aber wenn es so steht, dass ich Gott gegenüber ein Wort aufnehmen kann, auch wenn es vor dem Richterstuhl Gottes nicht bestehen kann, so hat Gott mit diesem Bericht dafür gesorgt, dass der Glaube überall auf seine Kosten kommt.

Wie mag Gott dem Mose diese Dinge gezeigt haben? Wie konnte Er ihn bevollmächtigen, vor aller Forschung über diese Dinge zu schreiben? Mose wurde aufgezogen in aller Weisheit und Gelehrsamkeit der Ägypter, die in mancher Hinsicht mehr wussten als wir heute, und von denen man noch heute lernt.

Aber trotzdem musste Gott ihn bevollmächtigen, diesen Bericht niederzuschreiben. Wie Er das getan haben mag, dafür könnte uns Dan 2 als Beispiel dienen.

Nebukadnezar sah ein Menschenbild, einen Übermenschen. Was bedeutet das? Er hatte den Traum vergessen, und als Daniel ihn den Traum ins Gedächtnis zurückrief, da wusste er noch immer nicht seine Bedeutung. Das Bild war eine anschauliche Darstellung von prophetischer Geschichte im Verlaufe von Jahrtausenden. Geschichtliche Darstellung war es nicht, jedoch die bildliche Darstellung hat ihre Richtigkeit.

War die Zeit des Nebukadnezar golden, da er machtvoll und selbstherrlich regierte? Gewiss! Dann kam die Zeit der Meder und Perser; die war nur silbern, denn es gab Gesetze, die auch vom Könige nicht gebrochen werden durften. Dann kamen das eherne Zeitalter der griechisch-mazedonischen und das eiserne der römischen Herrschaft. Und endlich die heutige Zeit der Volksherrschaft, in der Ton und Eisen gemischt sind: konstitutionelle Regierung, Parlamente, Polizei, Militär usw. Die Welt hat sich wirklich so eingestellt. Wissenschaftlich ist diese Darstellung nicht, auf das Katheder darf man sie nicht bringen, aber richtig ist sie doch!

Dann sehen wir in Dan 7 dieselbe Auseinandersetzung in anderer Form. Hier finden wir vier tierische Erscheinungen – unmögliche zoologische Gestalten. Ist die Darstellung wissenschaftlich? Nein! Ist sie aber richtig? Ja! Fast alle Könige und Staaten tragen Tiere im Wappen; es herrscht e i n e Art, ein Wesen in ihnen allen. Tierisch handeln und sind sie mehr oder weniger.

Das ist eine göttliche Darstellung wirklicher Verhältnisse; und so dürfen wir uns wohl vorstellen, dass Gott in ähnlicher Weise dem Mose den Schöpfungsbericht eingegeben haben wird; oder auch, wie Gott ihn auf dem Berge die Stiftshütte, Bundeslade und sonstiges Zubehör gezeigt hat, mit der Weisung: „Siehe zu, dass du es machest nach ihrem Bilde, das du auf dem Berge gesehen hast.“ (2Mo 25:40)

Dann folgt der Bericht über die Scheidung von Land und Wasser, Aufsprossen von Grünem, Anordnung der Himmelsleuchten, Erschaffung der Meer- und Landtiere und zuletzt des Menschen.

Das alles sind große Bilder, anschauliche plastische Darstellungen ihrer Aufeinanderfolge – ein Meisterwerk der Berichterstattung, bei der für beides Raum gelassen ist: für wissenschaftliche Forschung und für Glaube.

Genau so wie wir mit unserem Glauben von wissenschaftlicher Forschung und geschichtlichen Ergebnissen vollständig unabhängig und frei sind, so soll die Wissenschaft die Freiheit haben, unabhängig vom Glauben ihre Forschungen vorzunehmen.

Die Geschichte hat Daniel und Gott recht gegeben bei jenem Traumbild und seiner Deutung. Die Wissenschaft wird in gleicher Weise bestätigen, was Mose über die Neuschöpfung geschrieben hat. Streng wissenschaftlich ist sein Bericht nicht, aber recht hat er doch.

Zweites Kapitel

In 1Mo 2:1-3 dieses Kapitels wird zunächst des Abschlusses der Schöpfung gedacht und der Ruhe Gottes von Seinen Werken. Alsdann aber auch der Heiligung des siebenten Tages, dessen Ruhe eine Abschattung der Ruhe Gottes sein soll, wie es auch Hebr 4:10 hervorhebt. Da taucht von selbst auf die Frage nach der Bedeutung des Sabbaths.

Von einer Vorschrift ist hier gar keine Rede. Da ist auch keine Silbe, dass Gott geboten hätte, den siebenten Tag dauernd als Feiertag zu beobachten. Erwähnt wird nur, dass Gott ihn geheiligt hat.

Das ist der kostbare Hintergrund, dass Menschen einen Anteil an der Ruhe Gottes haben können: „Wer zu Seiner Ruhe gekommen ist, der hört auf“ zu schaffen. Diese Ruhe soll ihr Abbild im Sabbath finden, der wiederum ein schattenhaftes Vorbild auf die Ruhe des Glaubens ist. So angesehen, ist er einem Gefäß mit köstlichem Inhalt zu vergleichen.

Damit ist aber nicht gesagt, dass er als Schablone zu betrachten sei, die für alle Zeiten Geltung haben sollte. Sobald der Gläubige aus den Nationen den Zusammenhang der Dinge erkannt hat, verlernt er, in der Beobachtung dieses Tages etwas für ihn Bindendes zu erblicken.

Wir wollen es den Juden überlassen, einen Tag vor den anderen zu beobachten; uns Gläubigen aus den Nationen sind alle Tage gleich, und es soll uns nie aus der Beobachtung eines solchen Tages ein Gewissen gemacht werden (Röm 14:5.6; Kol 2:16.17).

Die Gläubigen aus den Israeliten in den christlichen Gemeinden beobachten diesen Tag aus dem Zusammenhang mit ihrem Volk heraus.

Der Schatten hat seine teilweise Erfüllung gefunden in der Ruhe Gottes, zu der wir eingegangen sind. Vieles aber, das meiste und köstlichste der Ruhe Gottes, steht noch aus in jener Zeit, in der Christus wieder hergebracht haben wird, was uns durch den Sündenfall verloren gegangen ist.

Der Sabbath ist dem Volke Israel gegeben worden. Sie sollen ihn für alle i h r e Geschlechter zum ewigen Bunde machen. Zwischen Gott und den Kindern Israels ist er ein ewiges Zeichen (2Mo 31:12.13.16.17; Hes 20:12.20). Zu einem heiligen Volke, Lande, Orte, Gebäude, Zehnten gehört auch ein heiliger Tag. Ein Volk, ein Land, ein Ort, ein Tempel aus vielen, ein Tag aus sieben: das ist Kennzeichnung Israels.

Aber nirgends ist eine Spur von Übertragung des Sabbathgebots auf die Völker der Nationen und Christen der Nationen in den Schriften des Nationenapostels nachweisbar. Für Gläubige aus den Nationen sollen alles Land, alle Orte, jedes Haus, das ganze Vermögen und jeder Tag, nicht nur ein Bruchteil von allen diesen Dingen, dem Herrn gehören.

Neben dieser einen Bedeutung für Israel hat aber der Sabbath für dieses Volk noch eine weitere, eine nationale, soziale und landwirtschaftliche Bedeutung, die nicht nur den Einzelnen, sondern das ganze Volk und Land betraf.

Wollte man den Gedanken vom Sabbath einführen, dann müsste man ihn auch durchführen. Dann müsste man nicht nur einen Tag aus sieben, sondern auch den siebenten Monat und das siebente Jahr feiern, und am fünfzigsten Jahr das Land an seinen ursprünglichen Besitzer wiedergeben. Denn die Israeliten hatten sozusagen einen Sabbathismus, der das ganze Leben durchzog.

Da sehen wir wieder wie Menschen ganz willkürlich umgehen mit dem, was man als Willen Gottes erkennt. Was passt, das nimmt man; das Übrige wirft man in den Papierkorb. Den Sabbath will man uns aufhalsen, weil er sehr schön in ein System passt. Vom siebenten Monat, vom siebenten und fünfzigsten Jahr aber will man nichts wissen. Nutzbringend mag das sein, folgerichtig und überzeugungstreu aber ist es nicht. Daraus ersieht man selbstgemachte Wählerei: man hat etwas nach seinem Geschmack zurechtgemacht. Von einem Befehl Gottes, den Sabbath zu beobachten, ist also hier keine Rede. Wenn ein solcher vorläge, dann müssten wir uns ihm beugen um des Gewissens willen.

Ein zweiter Schöpfungsbericht

Mit 1Mo 2:4–7, denen als Ergänzung 1Mo 2:18–25 zugefügt werden, setzt ein neuer wichtiger Abschnitt der Berichterstattung über die Schöpfung ein.

Zwei Berichte haben wir von der Schöpfung des Menschen, wie wir vier Evangelien haben, und von diesen gehören drei zusammen, während das vierte von der ersten Gruppe sich sehr genau unterscheidet. Wir haben zwei deutlich unterschiedene Berichte, die von ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus abgefasst sind, sich aber gegenseitig ergänzen, wie das auch bei den Evangelien der Fall ist, ohne einander zu widersprechen.

In der Mitte des vierten Verses beginnt der Bericht, der sich vom Ersten abhebt, indem er einen neuen Namen für Gott bringt – Jahwe. Dieser Name hat nichts zu tun mit „Herrn“, sondern mit „sein“ oder „werden“. Das Wort Gott, Elohim, deutet an eine Mehrheit nicht von Göttern, aber in der Wesenheit Gottes, worauf uns auch 1Mo 1:26 führt. In „Jahwe“ liegt eine Form des Seins, gleichviel ob in Bezug auf Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, und es ist somit ein Name, den ein Mensch gar nicht hätte ersinnen können.

Der erste Bericht hat es zu tun mit dem Verhältnis des Schöpfers zur Schöpfung. Von einer besonderen, engeren, näheren Beziehung Gottes zu den letztgeschaffenen Wesen, und von dem Verhältnis dieser Wesen zu den vorhergehenden ist keine Rede. Der Mensch nimmt am Ende einen Platz ein in demselben Panorama, wenngleich auf höchster Stufe stehend.

Der Zweite hat es ausschließlich zu tun mit der Beziehung Gottes zu den Menschen. Darum empfängt auch Gott einen neuen Namen. Das ist die natürlichste Erklärung für den Wechsel des Namens. In dem Namen wird dargetan, wie Gott zur Menschheit steht. Wir dürfen uns freuen über jede Übersetzung, die nicht das „Herr“ des Luthertextes beibehält, sondern den Namen Jehova oder Jahwe bringt. Es ist auch dann besser, wenn man nicht versteht, was es für eine Bewandtnis mit diesem Namen hat. Der bedeutet: „Ich bin, der Ich sein werde“, wie man es unschwer aus der Schrift herausfinden kann.

In dem Abschnitt 1Mo 2:4–7 nun wird berichtet, was aus der Schöpfung geworden ist, die Gott am dritten und sechsten Tage ins Dasein gerufen hat. Es handelt sich hier darum, festzulegen die besonderen Verhältnisse der Schöpfung zum Menschen und des Menschen zu Gott. Aus dem Verhältnis des Menschen zur Schöpfung heraus wächst ja die Versuchungsgeschichte des Menschen. Gott hat erst das erschaffen, was nachher zu seiner Versuchung führen, was ein Anknüpfungspunkt für sie sein sollte. Die Pflanzenwelt bedurfte zwar der Pflege für Wachstum und Gedeihen, am Anfang dagegen musste Gott sie zuvor schaffen. Hier nun finden wir die Schilderung der Pflanzenwelt, aus der die Versuchung kam.

Zunächst wollen wir einige Züge der beiden Berichte gegeneinander halten. Im ersten Bericht lesen wir: „Gott schuf den Menschen Ihm zum Bilde“. Vom Staube war da nichts gesagt, auch nichts von einer lebendigen Seele, einem lebendigen Wesen. Einfach, schlicht, groß heißt es: der Mensch ist im Bilde Gottes geschaffen.

Im zweiten Bericht wird dieselbe Tatsache von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Hier wird geschildert, wie Gott zu Werke ging, in welcher Werkstätte der Mensch gebildet wurde, welche Stoffe Gott dazu gebraucht hat. Er bedient sich des Staubes der Erde. Der Ausdruck Erdenkloß erscheint grob, plump; in der hebräischen Bibel ist vom Feinsten der Erde die Rede.

Aus den feinsten Bestandteilen der Erde, aus Erdenstaub bildet Gott den Menschen und bläst ihm Lebensodem in die Nase: so wird der Mensch eine Lebeseele.

Sehr weit entfernt ist diese Bezeichnung von der im ersten Bericht. Es ist genau die gleiche wie die für die Tiere, wie wir 1Mo 1:30 lesen: „und allem, was eine lebendige Seele hat.“

Trotzdem brauchen wir unsere Ahnen nicht im Affenkasten zu suchen; denn der gewaltige, nie zu überbrückende Abstand zwischen den beiden Lebewesen Tier und Mensch tritt 1Mo 1:24 deutlich entgegen: „Die Erde bringe hervor lebendige Wesen“. Der Ursprung, das Leben in diesem Teil der Schöpfung stammt ganz und gar aus der Erde, während die Seele, die des Menschen Eigenart ist, ganz und gar aus Gott stammt.

Er nimmt Staub von der Erde, aber sagt nicht zu ihr: „Bringe hervor einen Menschen, des Bild uns gleich sei.“ Gott selbst als Bildner, Künstler, Werkmeister nimmt den Staub in eigne Hand und baut des Menschen Leib, und mit dem Hauch Seines Mundes belebt er dieses Wesen mit Leben.

Wir sehen also den gewaltigen Abstand zwischen den Lebeseelen der Tierwelt und der Lebeseele des Menschen – Gegensätze von Grund aus, und doch auch nahe Verwandtschaft. Wir wollen uns hüten, aus Gegnerschaft gegen den Darwinismus uns in eine falsche Geistigkeit treiben, und so die in der Bibel gesetzte enge Verwandtschaft verwischen zu lassen.

Wenn Stoffgläubige, Materialisten sagen: der Mensch ist ein Tier, dann ist man geneigt zu erwidern: nein; er ist rein geistig. Wir denken so tief von der Tierschöpfung; wir kennen sie nur in ihrem gefallenen, der Eitelkeit unterworfenen Zustande, als Rebellen gegen uns, die wir mit Zaum im Gebiss beherrschen und in Eisen legen müssen, sonst gehorchen sie nicht. Kraft unseres Seins haben wir keine Macht über sie; nur mit List und Gewalt vermögen wir uns zur Herrschaft über sie aufzuraffen – ein Zerrbild von dem, wie es ursprünglich war. In ihrer natürlichen Veranlagung kennen wir sie nicht.

Nach Röm 8:19-23 ist sie auf Hoffnung mit unterworfen worden, nicht freiwillig, um unsertwillen, um des Menschen-Sohnes willen. Sie wird aber auch mit uns frei werden. Wir kennen sie nur nach dem Fall; daher ist eine arge Fehde zwischen ihr und den Menschen, während er ihr angestammter Herr sein sollte, so, wie es der Mensch vor Gott im Garten war.

Diese Dinge nur sind’s, die wir kennen. Einige Züge der Schrift jedoch lassen uns ihre wirkliche Bestimmung ahnen. So z.B. wenn wir Offb 4:7 lesen, wie Löwe, Ochs, Adler und Mensch vor dem Throne Gottes stehen. Was haben sie da zu tun? Hüten wir uns vor einer falschen Vergeistigung des Wesens des Menschen.

Was ist der Mensch?

Wir halten beide Berichte fest: der Mensch ist geschaffen im Bilde Gottes, seinem äußeren Bestande nach aber entstammt er der Erde. Er gehört ebenso zu ihr, wie durch den Hauch Seines Mundes zu Gott.

Das ursprüngliche Seelenleben des Menschen hat seine Daseinsform erhalten dadurch, dass dem Staube der Erde der Hauch aus Gott eingehaucht wurde. Das Ganze aber trägt die große Überschrift: Ebenbild Gottes. Denn gerade in der Leiblichkeit des Menschen muss eine Art der Abbildung der Darstellung der göttlichen Gestalt liegen.

Das Erste, was uns entgegentritt bei der Beschreibung des Menschen, ist einfach das Material, der Werkstoff. Der Hauch ist nur e i n e Seite des Menschen; das wollen wir nicht beseitigen. Verkehrt wäre es, in ängstlicher Scheu vor der Leiblichkeit seine Zuflucht zu nehmen zu einseitiger Geistigkeit.

Der tiefeinschneidende Abstand zwischen dem biblischen Bericht und allen philosophischen Vorstellungen setzt gerade hier ein. Nehmen wir die höchsten griechischen Denker. Sie lassen Menschen entstehen durch natürliche Zeugung der Götter, durch Umgang der Götter mit Menschen. Daher kamen Dichter zu dem Ausspruch: Wir sind göttlichen Geschlechts. Nach ihrer Vorstellung herrscht aber gemeinhin eine beständige Fehde zwischen Gott und Menschen, deren Grundgedanke ist: die Götter sind neidisch auf den Menschen.

Das Wohlergehen der Menschen gilt als Sünde; dann kommt die Rache der Götter. Nicht wegen Übeltaten, sondern weil die Menschen es gut haben wollen wie die Götter, weil die Götter also neidisch sind, werden die Menschen von den Göttern heimgesucht.

Die Götter der Griechen sind fleischliche, sehr fleischliche, sinnliche Menschen, die sich gar nicht genug tun können in sinnlichen, erotischen Leidenschaften. Und wie werden diese griechischen Denker von unsern deutschen Dichtern bewundert! In solch einen Sumpf führt man unser Volk hinein!

Die edelste Auffassung von Gott und Mensch finden wir in diesem Bericht, in dem die Erschaffung des Menschen als unlösliche Einheit gesetzt ist in der Einhauchung des Lebensgeistes aus Gott in das Gebilde aus Staub. Daran ist seitdem gar nichts geändert worden, sondern es ist vielmehr ein für allemal festgelegt, dass mittels dieses Wesens Gott der Schöpfung beikommen will.

Genau so wie der Mensch ernährt werden muss mit Speise, die aus dem Staube der Erde stammt, - und diese Beziehung ist auch nach der Zerstörung des ursprünglichen Verhältnisses nie unterbrochen worden -, genau so haben wir die Garantie, Gewähr, dass Gott die ganze irdische, materielle Schöpfung der Herrlichkeit zuführen will.

Hier haben wir den Schlüssel für die großartige Offenbarung wie Röm 8:17 uns auf die höchste Stufe führt: „Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, so wir anders mit leiden, auf dass wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.“ Und wo geht es dann hin? Nicht zu den Engeln, Cherubim und Seraphim, sondern es heißt weiter: „Denn das sehnsüchtige Harren der Kreatur erwartet die Offenbarung der Kinder Gottes.“

Uns ist gelehrt worden durch Lied und Vortrag, nur von dem fünften Himmel zu träumen. Der Heilige Geist dagegen geht gar nicht von der Erde fort, sondern geradewegs in die Schöpfung hinein: Die Kreatur streckt den Nacken aus nach der Offenbarung der Kinder Gottes! Bleiben wir auf dem Boden, den Gott uns in dem Schöpfungsbericht unter unsere Füße stellt. Oder nehmen wir Ps 8. Der geht gleich, nachdem er von der hohen Bestimmung des Menschen gesprochen hat, zu den Schafen und Ochsen. Das ist der Weg des Geistes, obwohl es nicht so klingt, wie wir geschult sind. Auf dem Boden dieser Stauberde wird Gott Seine ganze Herrlichkeit ausschütten.

Das ist auch der Schlüssel für die ganze Herrlichkeitsoffenbarung Gottes in der Zukunft. Wir sind ärgere Heiden, als wir ahnen, in unsern Vorstellungen von Himmel und Herrlichkeit. Bis in die Knochen hinein sind wir verseucht worden in unsern Anschauungen, weil wir einen Ehebund mit der Philosophie geschlossen haben. Vergiftet sind wir worden mit dem griechischen Denken über Himmel und Jenseits, natürlich ohne Leiblichkeit, denn die gehört dem Teufel!

Das alles hat man ruhig hinübergepflanzt in die christliche Denkweise. Man will eine Seligkeit haben der reinen Geistigkeit. Das ist herrschend geworden in den weitesten Kreisen der Christenheit.

Ziel der Neuschöpfung Gottes

Dass der Geist des lebendigen Gottes eine Verbindung eingeht mit dem Staub der Erde, die Behausung gewesen ist einer schon gefallenen Engelmacht, aber aus dem Fluch und der Zerstörung herausgeholt werden soll, -- das ist der Zielpunkt der Neuschöpfung unseres Gottes. Der Mensch ist die Garantie, Gewährschaft dafür, dass Gott die Schöpfung zurückbringen will und wird, auch die der verteufelten Welt.

Daraus ergibt sich auch schon einer der gewaltigen Grundzüge der Gesetzgebung, nämlich dass es nur e i n Abbild von Gott in der Welt geben soll, der Mensch selbst. Welche Erinnerung an Gott trägt der Mensch an sich! Gott hat sein Bild gemacht, das dieselben Züge tragen soll, wie sie uns im Wesen Gottes entgegentreten. Diese Züge sollen im Leben und Walten des Menschen zum Ausdruck kommen.

Wie viel lag Ihm daran, dass das besonders bei dem Volk stark hervorträte, bei dem Gott den Erlösungsgedanken aufnehmen wollte. Israel soll Sein besonderes Eigentum (2Mo 19:5.6) und der Mensch Sein einziges Ebenbild sein. Von vornherein soll jeder so leben, dass niemand außer Gott angebetet werden kann.

Der Garten Eden

Der Abschnitt 1Mo 2:8-15 behandelt die Anlage des Gartens in Eden. Sein Mittelstück spricht von der Bewässerung Edens, des Gartens und des weiteren Landes, worüber wir nichts zu sagen haben in Sonderheit. Nur ein Hinweis auf einen Nebenumstand sei gestattet. Dem Golde (1Mo 2:11.12) wohnt ein wunderbarer Zauber inne; es hat eine enge Verwandtschaft mit dem edelsten Teil der Schöpfung. Demgemäß gibt es einen verfluchten und einen heiligen Hunger nach Gold. Gehen Sie den Gerüchen nach wie den Metallen.

Das sind interessante, anziehende Studien, Untersuchungen. Im mosaischen Kultus ist großes Gewicht gelegt auf wohlriechendes Rauchwerk. Die Weisen aus dem Morgenlande, die einen hohen Geist der Weisheit hatten, denn sonst wären sie den Weg nicht gegangen, brachten Gold und Weihrauch. Man vergleiche hierzu Stellen wie 2Kor 2:14-16; Eph 5:2.

Gestank gehört zur Sünde. Unser Wesen ist Gestank; Gottes Wesen ist süßer Geruch. Die wertvollste und feinste Gestaltung des Erdenstaubes, Wohlgeruch wie Gold und Edelstein, findet Verwendung beim israelitischen Gottesdienst. So werden Gold und Edelstein bei der Stiftshütte und dem Tempel verwendet. Der Hohepriester trägt sie auf Haupt und Brust. Und Offb 21 schildert in glänzenden Farben Neujerusalems kommende Herrlichkeit und Pracht.

Doch nun zum Hauptinhalt dieses Abschnittes. Das Paradies ist ganz unverkennbar eine Schöpfung, ein Werk Gottes, das nichts mit dem Himmel zu tun hat. Es liegt auf der gleichen Linie, wie die Erzeugung des Menschen, der für das Paradies bestimmt ist, und in dieses Paradies gesetzt wird, damit er dieses Erzeugnis göttlicher Betätigung baue und bewahre.

Bauen ist eine Betätigung menschlicher Kräfte. Arbeitslosigkeit und Faulenzen gehört also nicht zu dem Urzustand des Menschen. Ebenso wenig ist aus den Vorgängen nach dem Sündenfall zu folgern, dass Arbeit ein Fluch der Sünde sei. Der Fluch liegt nur darin, dass der Mensch im Schweiß seines Angesichts arbeiten muss, dass er es mit einer Widerwilligkeit in der Schöpfung zu tun hat, die ihm nicht ihre Früchte entgegenstreckt, sondern die er ihr abringen muss. Arbeit ist sein ursprünglich angestammtes Erbe, ein Zug seiner Gottebenbildlichkeit.

Das Bewahren aber ist ein unverkennbarer Hinweis auf eine mögliche Anfeindung, auf einen feindlichen Angriff. Von einem Bewahren ist nur dann die Rede, wenn Gefahr droht, dass etwas geraubt, zerstört werden könnte. Die Folgerung ist hier ganz unabweislich, dass in dem Auftrag angedeutet wird nicht nur eine dem Paradiese, sondern auch dem Menschen drohende Gefahr.

Die Aufgabe war, die wunderbare Schöpfung Gottes, das Paradies, zu behüten gegen feindliche Mächte, von denen zu erwarten stand, dass sie einen Angriff auf die Schöpfung Gottes machen werden. Der Mensch muss also von Seiten Gottes eine bestimmte dahin gehende Unterweisung erhalten haben. Für den später Gefallenen sollte nicht die Entschuldigung übrig bleiben, diese Gefahr sei unversehens über ihn gekommen. Gott gab dem Menschen deutlich zu verstehen, dass feindselige Wesen daseien, gegen die er sich rüsten müsse. Denn der Urmensch hat ja eine ganz andere Art gehabt, Gott zu verstehen, als wir, deren Verstand so trüb, so dick geworden ist. Hier schon finden wir den Ruf zur Wachsamkeit, der uns später so oft und deutlich entgegentritt. Es fällt Licht darauf, auf wen im letzten Grunde die Mahnung zur Wachsamkeit abzielt (2Kor 2:11).

Jedoch liegt noch mehr in diesem Worte. Von dem Vorhaben Gottes der Wiederherstellung der, durch Satans Fall, zerstörten Schöpfung und der Durchführung dieses Vorhabens durch den Menschen, muss unvermeidlich Kenntnis gehabt haben der, auf den es gemünzt war. So müssen wir uns vorstellen, dass dem Feinde dieses Vorhaben Gottes als eine ganz besondere Herausforderung erschienen ist, nunmehr den listigen Angriff zu unternehmen, den Menschen aus dem Paradiese zu vertreiben, der den bestimmten Auftrag erhalten hat, den Garten zu bewahren.

Wenn auf dieser Linie der großartige Feldzugsplan des ursprünglichen Herrn der Erde zu suchen und zu finden ist, dann verstehen wir es ein wenig besser, dass er dasselbe Verfahren bei dem zweiten Adam eingeschlagen hat.

Die Bedeutung des Essens

Er setzt bei dem Essen ein. Die erste Weisung lautet: „Ihr sollt essen“. Das Essen ist einer der wunderbarsten Vorgänge im Leben des Menschen. Es ist das aller gewöhnlichste Ding von der Welt, kann aber zuweilen lästig werden. Jedoch hat dieses Zusichnehmen der Speise, die der Erde entnommen ist, eine tiefe Bedeutung. Durch den Vorgang des Essens und Trinkens werden wir beständig gemahnt, an unsere vollständige Abhängigkeit von der umgebenden Schöpfung, deren wir uns nicht entziehen können, mögen wir sie auch noch so sehr souverän, selbstherrlich verachten. Denn wir, die gefallenen Majestäten, müssen nun einmal Fleisch und Blut haben, können nicht aus eigener Lebensfülle leben. Unser Leben ist aufs innigste an diese Schöpfung gebunden.

Das hat aber auch noch eine Kehrseite, die ebenso groß und wunderbar ist. Dadurch, dass wir diese Pflanzen- und Tierstoffe in uns aufnehmen, werden die übrigen Bestandteile der Schöpfung emporgehoben auf höhere Stufen des Daseins; sie werden ein Teil unseres Lebens; sie werden auf die Stufe der Gemeinschaft des menschlichen Lebens, und dadurch auch auf die Stufe des allerhöchsten, des göttlichen Lebens emporgehoben.

Wir sehen, dass der Menschensohn keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen vermag, als den vom Essen Seines Fleisches und trinken Seines Blutes (Joh 6:53-57), ersehen daraus aber auch, was für eine tiefe Bedeutung dem Prozess, Vorgang des Essens beigegeben ist in der Schrift.

Auch das wäre ein zu empfehlendes Spezial- und Sonderstudium. Wir würden überwältigt werden von der Häufigkeit, mit der vom Essen die Rede ist. Ein wie großer Teil des Kultus, der Gottesdienstordnung im Alten Testament ist die Fleischkost. Die Israeliten werden aufgefordert zum Essen und Trinken vor Jehova. Noah und seinen Nachkommen wurde die Fleischkost als Aufgabe gegeben. Das geht durch die ganze Schrift hindurch.

Die einzige, plastische, anschauliche, konkrete, sinnenhafte Handlung, die Christus durch Paulus Seiner wartenden, gläubigen Gemeine, die sonst durchaus im Glauben wandelt und nicht im Schauen, gegeben hat, ist ein Akt, eine Handlung des Essens und Trinkens, bei dem sie den Tod des Herrn verkündigen soll.

Aus alledem erkennen wir, wie viele tiefe, köstliche Beziehungen da liegen.

Auf diesem Boden also ist die Angriffslinie des Feindes. Er hat sie betreten und verfolgt sie nicht nur beim ersten Adam, sondern auch beim Zweiten, hier allerdings ohne Erfolg. An Ihn tritt er noch unter günstigeren Umständen heran. Nicht im Paradiese, wo von Hunger keine Rede, und wo er gewarnt worden ist, sondern in der Wüste, wo Er gehungert hat, tritt der Versucher an Ihn heran mit der selbstverständlichen Mahnung: essen, essen! Das wäre doch keine Sünde gewesen! Da sehen wir, wie diese Linien klar laufen.

Nach unserm herkömmlichen Denken ist das Essen etwas sehr materielles, grobsinnliches. Gerade deswegen aber – unterstreichen wir es – ist es etwas sehr Zartes. Zwar ist es etwas Beschämendes, weil wir für unsern Lebensunterhalt abhängig sind von der uns umgebenden Schöpfung. Jedoch auch unsere Kleider müssen wir von ihr borgen, um nicht zu sagen: stehlen – wenn wir unsere Schande decken wollen; und dennoch redet auch da Gott von einem Kleide des Heils und der Gerechtigkeit, das er gewirkt hat.

Gerade weil das Essen etwas Materielles, Sinnliches ist, ist es etwas sehr Bedeutungsvolles von Gott Gewolltes. Schöpfung und Menschheit sollen nie auseinandergerissen werden, sondern in Ewigkeit beisammen bleiben. Der Mensch ist in den Besitz und zum Genuss der Geschöpfe gekommen, damit er sie zur höchsten Höhe, zur Gottebenbildlichkeit, emporhebe (1Kor 10:31).

Warum hat Gott nicht eine andere Tätigkeit gewählt, die eine edlere Auffassung von Weihe abgeben würde, als die, die unter Essen und Trinken geschieht? Weil sie die hervorragendste Betätigung unseres gefallenen Wesens ist. Sie bringt zum Ausdruck unsere unlösliche Verbindung mit der uns umgebenden Schöpfung, auf der die Erlösung der Schöpfung beruht.

Wir haben es da nicht mit Engeln zu tun. Gewiss sind sie dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit (Hebr 1:14). Unser Dienst aber geschieht an der Schöpfung selbst. Sie sind nur Dienerschaften; die Herrschaften entstammen dem Staube. Die größte Herrlichkeit gebührt denen aus dem Staube. H i e r laufen Herrlichkeitslinien. Suchen wir das Paradies auch für die zukünftige Vollendung der Gedanken Gottes nicht in dem Himmel, sondern auf der neuen Erde.

Du sollst nicht essen

1Mo 2:16.17 finden wir das erste Gebot: „Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen“.

Welcher Art die Früchte vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen gewesen sind, entzieht sich unserer Beurteilung und Erkenntnis. Man hat versucht, diesen Teil der Worte allegorisch, sinnbildlich zu deuten. Das ist aber abzuweisen, weil es in gegensätzlicher Verbindung steht zu dem ersten Teil des Gebots.

Das nötigt uns zu der Annahme, dass der Ausdruck in seiner ganz natürlichen Bedeutung stehen darf und muss. Es handelt sich um das natürliche Zusichnehmen von Früchten, die vom Baum geliefert wurden, um Baumfrüchte, die als Speise dienen sollten.

Warum sollten diese Früchte vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen nicht in derselben Weise zu fassen sein, wie die der übrigen Bäume? Hier liegen tiefe Geheimnisse. Unser Wissen ist Stückwerk; wir müssen uns darum bescheiden. Gewiss aber ist, dass für den Menschen, der von Gott geschaffen worden, eine ganz andere Erkenntnis zugänglich war, die er in sich hinein aß. Denn in dieser Weise ist er zur Erkenntnis gekommen. Gott kennt auch das Böse; darüber werden wir nicht im Unklaren gelassen. Er weiß Bescheid über das Böse, seine Herkunft, seine Höhe und Tiefe, wie kein Geschöpf es besser wissen kann. Es muss also ein Wissen v o m Bösen geben ohne die geringste Gemeinschaft m i t dem Bösen.

Zwei Linien gibt es also hier: eine göttliche, da Gott die vollkommenste Erkenntnis des Bösen besitzt, ohne je davon berührt zu werden, und eine andere, ungöttliche, die wirkliche, erfahrungsgemäße Erkenntnis des Bösen bedeutet. Gott erkennt das an, wenn Er von der Erkenntnis des Guten und Bösen spricht.

Inwiefern der Baum eine Erkenntnis des Guten und Bösen dem Menschen mitteilen konnte, das vermögen wir nicht zu beurteilen, und auch das nicht, wie weit der Mensch in der Erkenntnis des Guten und Bösen gekommen wäre, wenn er gehorsam geblieben. Gewiss aber ist, dass der Baum nicht nur deshalb den Namen erhalten hat, weil der Mensch durch Essen seiner Früchte zu einer tatsächlichen, erfahrungsgemäßen Erkenntnis des Bösen gekommen ist, sonderlich auch, weil der Mensch an ihm durch Gehorsam, ohne Genießen der Früchte, hätte eine göttliche Erkenntnis des Guten und Bösen gewinnen können. Das unterliegt uns gar keinem Zweifel.

Nicht erst nach diesem Geschehen hat der Baum diesen Namen erhalten, sondern a n dem Baum hätte der Mensch lernen können, sündlos zu bleiben und sündlos bleibend weitere Erkenntnisse zu erwerben. Wie? – das weiß ich nicht, und außer Gott wohl niemand. Aber dass eine solche Erkenntnis hätte in dieser Weise erreicht werden können, dafür bürgt unser Bericht. Und dabei stoßen wir noch auf einen weiteren wichtigen Punkt: die Anlage des Gartens und jenes Baums geschah mit Beziehung auf das vorhandene Böse.

Erkenntnis ist bei uns ein sehr einseitiger Begriff. Man hat ihn nur nach einer Seite hin ausgebaut. Wir haben uns daran gewöhnt, nur das so zu nennen, was wir verstandesgemäß verarbeiten können. Die Schrift gebraucht das Wort in einer anderen Weise, umfassender, größer. So sagt Jesus Joh 17:8: „Das ist aber das ewige Leben, dass sie Dich, der Du allein wahrer Gott bist, und den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen“.

Wissen ist in der Schrift nicht nur, oder gar nicht ein verstandesmäßiges Erfassen und Bearbeiten. Ja, man kann sich über viele Dinge mit dem Verstande zerarbeiten, die so überhaupt nicht zu erkennen sind. Da muss das Wort eine andere Bedeutung haben, nämlich die einer lebenskräftigen, wirksamen Aufnahme in unsere Persönlichkeit. Nicht eine unfruchtbare Beschäftigung mit dem Verstande, sondern in eine lebensvolle, fruchtbringende Beziehung zu Gott treten, - das ist Erkenntnis nach der Schrift.

Hierzu finden wir gleich am Anfang unseres Buches eine parallele Veranschaulichung, 1Mo 4:1, wo von der ersten ehelichen Verbindung das Wort gebraucht wird. In dem biblischen Begriff liegt die innigst denkbar naheste Beziehung zu dem erkannten Gegenstande. Wenn wir das festhalten, so wird es uns klar, dass es sich bei Erkenntnis nicht um tote Beschäftigung des Verstandes, sondern um eine vollständige Beherrschung, Gewalt, Macht über den Gegenstand handelt.

Nach dem Plane Gottes ist dieses belebte, beseelte Geschöpf berufen, das Gute und Böse so lebensvoll, lebenswirksam zu erkennen, beherrschen, bewältigen, dass Gott durch es dem Bösen endgültig beikommen kann. Erkennen heißt fertigwerden, zurechtkommen; nicht davon überwältigt werden. Nach dem Plan, der Absicht Gottes, sollte nicht immer ein Zwiespalt in der Schöpfung sein, und wir Menschen sollen nicht immer vor dem Bösen stehen als vor einem unlösbaren Rätsel, sondern Er will eine endgültige Lösung des Bösen durch den Menschen erreichen.

Es ist Gottes würdig und der Anlage des Menschen entsprechend, dass angesichts des in das All und in die Schöpfung eingedrungenen Bösen in dem Menschen dem Bösen ein Ziel gesetzt werden sollte durch überwindende, beherrschende Erkenntnis. Was die Folge gewesen wäre, wenn der Mensch gehorsam geblieben wäre, entzieht sich unserer Beurteilung.

Dass es anders gekommen ist, bedeutet aber nicht, dass Gott nun Seinen ursprünglichen Plan, durch den Menschen und mit dem Menschen das Böse restlos aufzulösen durch lebendige Erkenntnis, aufgegeben habe. Das ist Ihm nie in den Sinn gekommen. Vielmehr bürgt der Name des zweiten Adams, der ein Mensch war vom Fleisch geboren, in der Gestalt des sündigen Fleisches, also echter Mensch, ausgenommen die Sünde, dafür, dass, was Er sich vorgenommen hat, ohne Abstrich zustande kommen wird.

Dieser Auffassung liegt auch der Umstand zugrunde, dass der zweite Adam, der Sohn Gottes, dem Gott Sein Wohlgefallen deutlich ausgesprochen hat, mit Seinem allerersten Schritte, den er auf dieser Bahn getan hat, dem Bösen entgegenzutreten, mit Seiner überwältigenden Erkenntnis zum Siege gelangte.

Wir begegnen da dem durchschlagenden Erfolge der Erkenntnis des Guten und Bösen, geleitet allein von der Willensäußerung Gottes, auf derselben Linie, wie sie hier gezogen ist. Und in dem Siege finden wir den Keim zum endgültigen Siege.

Das Los der Sünde

1Mo 2:17 lesen wir weiter: „Denn welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben“. Dieses Sterben ist nach dem Falle sofort eingetreten. Nicht in seinem ganzen Umfange. Dem Leibe nach ist Adam nicht sofort gestorben. Der Tod trat aber sofort ein, denn er erstreckt sich nicht nur auf den Leib. Der ganze Mensch ist dem Tode verfallen; er war ein Kind des Todes im selben Augenblick. Das muss deutlich unterschieden werden. Wie uns Röm 8:10 sagt, dass wir, die wir haben des Geistes Erstlinge (Röm 8:23), wandeln in einem neuen Leben (Röm 6:4), obwohl der Leib tot ist um der Sünde willen.

„So aber Christus in euch ist, so ist ..... der Geist Leben, um der Gerechtigkeit willen“. Alsdann hat die höchste Art des Lebens Besitz ergriffen. Das Leben in uns ist S e i n Leben, aber der Leib ist tot um der Sünde willen. So wie auf dem Boden des n e u e n Lebens das neue Leben neben dem alten, das eigentlich Tod ist, bestehen kann, so trat dort auf dem Boden der natürlichen Schöpfung der Tod ein, während das leibliche und seelische Leben fortbestand.

Aber dieses Leben ist ein beständiges, fortschreitendes Sterben, wie es ja auch bei uns so ist. Ein L e b e n kennen wir gar nicht mehr. Auf dieser Anschauung beruht die ganze apostolische Sprache. Man vgl. Eph 2:1.5.

Im ersten Bericht lesen wir 1Mo 1:31: „Und Gott sah an alles, was Er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut“.

Dort wird also das Urteil gefällt über das Ganze, in dem geschrieben steht: „Er schuf sie, Mann und Weib“. Das Weib ist also eingeschlossen in dem Urteil: „es war sehr gut“.

Der zweite Bericht legt die Erschaffung des Weibes nur auseinander von der Schöpfung des Mannes. Der Gedanke soll also nicht aufkommen, Gott habe sich verbessert, berichtigt. Die Erschaffung des Weibes lag von Anfang an in den Gedanken Gottes. Er wusste, dass es für den rein männlich erschaffenen Menschen und seinen Wesensstand besser, richtiger sei, wenn er auch die geschlechtlichen Beziehungen teile mit der ganzen Schöpfung. Denn darin liegt ein Geheimnis, wie Paulus Eph 5:23-32 ausführt. Das Verhältnis von Mann und Weib ist ein Abbild des Verhältnisses Christi und Seiner Gemeine, das ja von Ewigkeit her im göttlichen Ratschluss beschlossen worden ist. Die spätere Erschaffung des Weibes ist zu verstehen von dem Gesichtspunkt aus, dass Gott die Zweiheit zur Ausführung Seiner Gedanken macht. Im Lichte des ursprünglichen Schöpfungsgedankens erkennen wir, dass nicht der Mensch als Mann allein Herrscher sein sollte.

Bedeutung der Namen

In 1Mo 2:19.20 sehen wir nun etwas Großartiges: Gott führt die Tiere vor den Menschen. Das war eine tatsächliche Installation, Bestallung, Einführung in seine Herrscherwürde, und der förmliche Vorgang von deren Übernahme.

Da tritt uns die Bedeutung des Wortes „erkennen“, Einsicht haben in das innerste Wesen eines Geschöpfes, hell entgegen. Damals hat der Mensch in seinem ungefallenen Zustande einen Grad der Erkenntnis der gesamten Schöpfung gehabt, wie wir sie jetzt kaum noch ahnen können, geschweige denn besitzen. Der Mensch besaß das Vermögen, nicht nur durch bloßes Anschauen sofort klar, sicher, deutlich zu erfassen, was für einen Gedanken Gott in die verschiedenen, sehr zahlreichen Geschöpfe hineingelegt hat, sondern auch das, es in einem einzigen Wort auszudrücken. Denn das bedeutete der Name.

Daher ist auch nach dieser Richtung hin eine eingehende Beschäftigung mit diesem Kapitel von solch grundlegender Bedeutung. Hier sind die Begriffe niedergelegt, mit denen dann vom Heiligen Geist gearbeitet wird. Wir begegnen hier dem ersten Gebrauch in der göttlichen Offenbarung von dem, was uns so sehr geläufig und gebräuchlich ist, von dem Namen und der Namensgebung.

Von Anfang an gewahren wir, welch ungeheure Tragweite das hat. Von dem Namen Gottes hängt ja das Leben ab, wie Jesus uns Joh 17:3.6.26 sagt. Das ganze Herrlichkeitswesen, von dem der Herr in diesem Kapitel spricht, ist in Seinem Namen eingeschlossen.

Wir müssen diesen Begriff erst richtig prägen lassen, anstatt mit unsern abgegriffenen Vorstellungen zu rechnen. Die sind lauter Jämmerlichkeit. Wir gebildete Menschen, hochbegabte Denker tragen oft unsinnige Namen. Das Wesen eines Geschöpfes oder eines Menschen zu erkennen, und in einem Worte auszudrücken, das vermag jetzt kein Mensch von uns. Wissen Sie bei dem Namen Ströter oder Knoll, was in dem Manne steckt? Ja, bei dem Taschentuch und Tintenfass können wir es noch, aber bei den Geschöpfen Gottes -- !! Stellen wir uns bei Eichbaum, Ochs, Schaf vor, was Gott dabei gedacht haben mag? Dieses Vermögen kommt wieder; hier aber hatte es der Mensch schon.

Das Erkennen bedeutet Macht. Das hat die sündige Menschheit, die ihre eigene Sünde nicht mehr kennt und anerkennt, eingesehen. Darum sucht man, sich um jeden Preis des Erkennens zu bemächtigen. Nur fehlt uns das Vermögen, recht zu erkennen.

Der Blick für die Gedanken Gottes, die Er in die Schöpfung hineingewoben hat, ist uns abhanden gekommen; wir sind dafür erstorben. Er muss erst durch das Wort der Wahrheit neu erzeugt werden. Dann erst beginnen wir zu erkennen, wie wir erkannt sind, aber nur stückweise.

Der Mensch erkannte also das Wesen der Tiere, und Gott war zufrieden mit der Bezeichnung, die er ihnen gab und die sie tragen sollten. Wenn Adam uns nur eine Namensliste aufgeschrieben hätte! Jedoch der Wunsch ist töricht; denn wir hätten keinen Einblick in die Buchstaben und Laute seiner Sprache. Vergegenwärtigen wir uns, dass uns jenes Vermögen, in einem Worte umfassend, erschöpfend, für Gott befriedigend, auszudrücken den Inhalt jedes Geschöpfes, abhanden gekommen ist, dann bekommen wir eine einigermaßen richtige Vorstellung von dem entsetzlichen Fall, in den wir hineingeraten sind durch des einigen Sünders einige Sünde.

Wir sehen da alle die tiefe Armut, die innere Verkümmerung der großartigen Anlage. Das Streben nach Erreichung eines derartigen Vermögens ist da, aber wie unvermögend, ohnmächtig sind wir, zu erjagen, was uns durch den Fall verloren gegangen ist. Von vornherein ist das Gericht gesprochen über alle rein geistigen Bestrebungen, mit denen man sucht, sich zurecht zu helfen. Sie alle sind eitel und umsonst. Wir studieren Zoologie, lernen zu ordnen, abzustufen, einzuteilen, geben griechische, lateinische, hebräische Namen, dass es nur so schwirrt, und dennoch haben wir keine klare Erkenntnis der Dinge.

Finden wir in einem Buch der Anatomie einen Einblick in den Gedanken Gottes mit dem Geschöpf? Kein Schein davon! Wenn auf diesem Wege eine Erlösung läge, dann müsste man uns doch sagen können, was Gott sich z. B. mit dem Hunde gedacht hat. Wir müssen uns da ehrlich gestehen, dass wir nichts wissen und unwissend bleiben werden. Ignoramus, ignorabimus. Alle Versuche, sich selbst aus dem Verderbnis herauszuarbeiten, ist ein sich selbst Zerarbeiten, Zermahlen. Wenn es nur dazu dienen würde, dass wir an uns selbst bankrott würden!

Die Erschaffung des Weibes

Der folgende Vers 1Mo 2:21-24 behandelt die wunderbare Erschaffung des Weibes aus der Rippe, d.h. der Seite des Menschen.

Zunächst möge ein kurzes Wort vorausgehen. Aus den Vorgängen bei der Erschaffung des Weibes in Verbindung mit der Erschaffung des Mannes und der Errichtung seiner Herrschaftsstellung über die Schöpfung, gewinnen wir einen klaren Beweis dafür, dass wir bei den „Tagen“ der Schöpfung mit längeren Zeitabschnitten zu rechnen haben.

Der erste Bericht gibt uns einen Überblick über die sechs Perioden unter der Bezeichnung von Tagen. Nach ihm wurden am sechsten Tage der Mensch geschaffen, zuvor aber schon die Landtiere. Nach dem zweiten Bericht aber wird weiter geschildert, dass der Erschaffung des Weibes auch noch die Vorführung aller Tiere vor dem Menschen vorausgeht. Selbst wenn wir die ganz außerordentliche Begabung des Menschen in Anschlag bringen, die in einem Augenblicke das Wesen der Tiere durchschauen, und einen entsprechenden Namen dafür finden konnte, so will doch ein Tag von 12 Stunden nicht ausreichen, all die Tiere an sich vorbeigehen und –fliegen zu lassen. Hinzu kommt dann vor der Erschaffung des Weibes der Schlaf des Menschen, der einige Viertelstunden, wenn nicht gar Stunden gedauert haben muss. Die Auffassung ist also durchaus berechtigt, dass der Tag länger war als 24 Stunden. Das wäre auch ganz in Übereinstimmung mit dem sonstigen Gebrauch des Wortes Tag in der Schrift.

Es wird zwar auch gebraucht von festgelegten Tagen, wie Sabbathtag, Versöhnungstag usw. Jedoch oft finden wir es zur Bezeichnung von ganz ausgedehnten Zeiträumen, wie in den Ausdrücken Tag des Heils, des Menschensohnes, des jüngsten Gerichts, - Zeiträume, die unberechenbar sind. Hierher gehört auch jenes Wort, dass vor Gott tausend Jahre seien wie ein Tag (Ps 90:4), wenn wir das auch nicht als festes Maß annehmen wollen.

Wir sehen also, dass Gott die Gehilfin des Mannes aus seiner Seite nimmt. Wir denken da an die griechische Sage, nach der Pallas-Athene dem Haupte des Zeus entsprang. Das Weib entspringt nicht dem Haupte, sondern der Seite.

Christus ist eines jeden Mannes Haupt, und jeder Mann des Weibes Haupt. Darin liegt das Grundgesetz ausgedrückt von dem Verhältnis, in dem Mann und Weib stehen sollen. Das Weib ist nicht ein zweites Haupt, das neben dem Manne steht, die Leitung zu üben. Es ist seiner Seite entnommen und steht seitwärts, dem Herzen des Mannes nahe.

Es sind nicht geistige Beziehungen, die sich im Haupte abspielen, sondern wirkliche, herzliche Beziehungen im tiefsten Sinne des Wortes, um die es sich hier handelt. In der Weise, wie Gott bei der Erschaffung des Weibes aus dem Manne vorgegangen ist, und in dem sich daraus ergebenden Verhältnis prägt sich aus der Gedanke hinsichtlich der Gemeine und ihres Verhältnisses zu Christus: Fleisch von seinem Fleische, Bein von seinem Beine (Eph 5:22-32). Die denkbar innigste Einheit und Lebensgemeinschaft soll hier zum Ausdruck kommen.

Darauf beruht die wunderbare Einrichtung der Ehe. Zugleich aber ist sie die Schöpfungsordnung, die an sich keine religiöse Bedeutung hat. Die Ehe hat mit dem Verhältnis des Menschen zu Gott nichts zu tun; sie ist Verhältnis des Menschen zu Mensch, während die Religion es zu tun hat mit dem Verhältnis des Menschen zu Gott. Die Ehe steht nicht auf dem Boden der Religion, sondern lediglich auf dem Boden der Schöpfung als solcher. Sie hat es zu tun mit den Beziehungen des höchsten Geschöpfes zu seinem Mitgeschöpf, zu der Gehilfin, die mit ihm seine Stellung teilen soll.

Freilich ist nicht zu bestreiten, dass sich aus dieser Beziehung Verhältnisse entwickeln mögen, die die größten Schwierigkeiten schaffen können, je nachdem das eine oder anderes Teil zu Gott steht.

Paulus hat die grundlegende Bedeutung der Ehe erfasst. Zuweilen tritt die innere Scheidung durch die Bekehrung des einen oder des anderen Teils erst nach der Vollziehung der Ehe ein. Dann kann man die entstehenden Schwierigkeiten wohl mit dem Herrn tragen, aber man trägt oft schwer daran. Er sagt: Wenn der ungläubige Teil sich trennen will, dann lasse der andere ihn ziehen (1Kor 7:15); der Gläubige ist in diesem Fall nicht gebunden.

Beklagenswert ist, dass staatliche und kirchliche Einrichtungen diesen triftigen Scheidungsgrund nicht anerkennen. Jedoch hat Paulus es auch sehr deutlich ausgesprochen, dass es ein großes Wagnis ist, und zu den bedenklichsten Dingen gehört, wenn der Mensch mit einem Ungläubigen eine Ehe eingeht. Wenn auf diesem Boden nicht eine völlige Übereinstimmung bei Mann und Weib herrscht, ist das Verhältnis ein ungemein schwieriges, und bedeutet Kampf und Streit und Nöte für die beiden.

Wie tief der Apostel die Tatsache des bloß fleischlichen Umgangs auffasst, ist dadurch festgelegt, dass nach seiner Anschauung erst in der körperlichen Verbindung das eigentliche Wesen der Ehe besteht. Er spricht sogar von der Beziehung zur Hure: „Wer an der Hure hängt, ist ein Leib mit ihr“ (1Kor 6:16). Auch das unerlaubte Verhältnis des ehelichen Umgangs also zieht er heran als ein Bild für das köstliche Verhältnis Christi und Seiner Glieder. In diesem Umgang von Mann und Weib liegt und bleibt die Grundbedeutung der Ehe.

Eine der gefährlichsten Seiten der heutigen Heiligungsbewegung ist die, dass man diese Tatsache zur Seite gesetzt, und die Enthaltung des ehelichen Umgangs für einen höheren Zustand des geistlichen Lebens erklärt hat. Auch die Spiritisten verbieten den ehelichen Umgang. Davon dürften die lieben heiligen Brüder etwas lernen. Man vgl. 1Tim 4:1-3.

In 1Mo 2:25 haben wir eine Mitteilung, für die uns heute das persönliche Urteilsvermögen fehlt. Wir sind auch in den allerintimsten Beziehungen nicht imstande, so zu empfinden. Jene hatten nichts voreinander zu verbergen, nichts in ihrer körperlichen Beschaffenheit oder in ihren seelischen Beziehungen voreinander zu verdecken. Das ist so ganz anders geworden.

Lies weiter:
2. Das Eindringen des Bösen (1Mo 3)