Das 1. Gebot

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Abschrift des Heftes: "Die 10 Gebote in heilsgeschichtlicher Deutung"
von Friedrich Malessa, Samplatten (Ostpr.) (1895-1981)

Veröffentlicht unter Zulassung der Militärregierung Juli 1948
im Kurt Reith Verlag Wüstenrot Württ.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Das 1. Gebot


Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägypterland, aus dem Diensthause geführt habe. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.

Das erste Gebot beginnt mit einer göttlichen Selbstdarstellung. Nicht um seinetwillen, sondern um unseretwillen. Wir sollen ihn erkennen als den absoluten Herrn!

„Ich bin der H e r r ! D. h.: Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der unbedingte Anfang, die ewigbleibende Eröffnung alles Seins, die höchste Autorität, die alles ordnet, alles fordert, alles vollführt und alles vollendet.

Das gibt Licht ins dunkle Verhalten des sündigen Menschen. Da wird aufgedeckt die bestehende Grund-Not! Wer ist bei den Menschen der „Herr“? Der Mensch! Wie menschlich ist darum das Herrentum! Und wenn nur ein Mensch diesen Herren-Anspruch stellen würde, dann könnte es unter Umständen noch tragbar sein. Leider sind es rund zwei Milliarden Menschen, die das tun. Darum diese „Milliarden-Not“! Sie bleibt, solange des Versuchers erste und größte Lüge: „Ihr werdet sein wie Gott“ geglaubt und gehalten wird.*

* Wir wollen nicht übersehen, dass auch diese Lüge eine entstellte Wahrheit ist. Denn in der Tat soll der Mensch „ihm gleich“ werden. Jedoch erst in der Vollmaßerlösung. Satan hat solches den erlösungsbedürftigen Menschen vorgegaukelt. Die könnten unmöglich „wie Gott“ sein. Die Verschleierung der Erlösungsmöglichkeit ist die Lüge. Wir sehen, dass Satans Verführung oft den Schein größter Wahrhaftigkeit aufweist. Wer nicht im Volllicht des Gotteswillens steht, kann leicht verwirrt werden.

Mit dem ersten Gebot wird der verfluchte Ich-Leuchter umgestoßen. Denn der alleinige und ewige Herr ist das absolute „Ich“. Darin besteht die vollkommene Grundlage seines unfehlbaren und unwandelbaren Herrentums.

Nach der Aussage des ersten Gebotes wird der Herr seine lichtvolle Ich-Herren-Autorität niemand abtreten. Darum können die Menschen im besten Falle das Du haben und das Du sein. Und wenn sie darin rein und fein bleiben würden, wären sie glücklich. Leider ist das nicht der Fall. Darum das bestehende und unermessliche Unglück. In dieses Unglück hinein ruft das erste Gebot: Ich bin der Herr! Dieser Ruf mahnt zur Umkehr. Er mahnt zur Buße. - Das i s t ein R u f des E r l ö s e r s zur E r l ö s u n g!

Erlösung? Spricht das Gebot von der Erlösung? Meint das Gesetz die Erlösung? Das wäre eine beglückende Angelegenheit. Ja das ist es!

Sehen wir uns den Inhalt des ersten Gebotes an. Nehmen wir dazu noch eine genauere Übersetzung. Wie heißt da der erste Satz? „Ich bin Jehova, dein Elohim“. Besagt das etwas anderes? Ja, etwas ganz anderes! Hier ist nicht die Autoritätsbezeugung das Vorherrschende, sondern die E r l ö s u n g s b e z e u g u n g ! Denn der Name Jehova kommt nur für die Erlösungseröffnung in Anwendung. Dieser Name wird erstmalig da gebraucht, wo die Erlösungsbestimmung in der Ausführung begriffen ist. Man untersuche die Stelle 1Mo 2:4 und frage, warum bei dem erneuten Schöpfungsbericht nicht Elohim allein genannt wird, wie im ersten Schöpfungsbericht. Ausdrücklich heißt es hier: Jehova Elohim. Sollte das nicht eine grundlegende Bedeutung haben? - Über den Sinn der Namen wird bei der Deutung des dritten Gebotes mehr zu sagen sein.

Womit beginnt also das Gesetz? Mit der Vorstellung und Darstellung des E r l ö s e r s ! Nichts anderes als Erlösung benötigt der Mensch. Das Gesetz will und soll ihm damit dienen. - Darum ist „das Gesetz ein Zuchtmeister auf Christus!“

Darstellung des Erlösers

Allerdings soll es nicht bei der Erlösung (Er löst) bleiben, denn die Vorstellungsworte des ersten Gebotes lauten „Ich bin Jehova d e i n E l o h i m“. Es geht von Jehova, dem Erlösungsvollführer, zu dem „dein Elohim“, dem Erlösungsbegründer. Und es geht dann unaufhaltsam weiter aufwärts bis hin zum Ur-Grund, zum Vater! Es geht also durch die Erlösung zur Versöhnung und zu allen sich daraus ergebenden Folgen.

Der zweite Zusatz: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ ist für die aufgewiesene Erlösungslinie eine weitere Bestätigung. Was ist das: Du sollst nicht? Eine ernste Warnung vor einem vorhandenen Übel. Mit dieser Warnung ist eine bestehende Not angezeigt. Gleichzeitig ist aber auch die Hilfe angeboten. Denn Warnung ist Hilfe, Hilfs(an)gebot.

Die vorhandene Not besteht im „Haben anderer Götter“. Wie es dazu kommt, wird das zweite Gebot anzeigen. Hier ist nur gesagt, dass die Jehova Elohim-Verehrung bei den Menschen stark gelitten hat. So stark gelitten, dass neben Gott andere Götter gesehen werden. Das allein ist eine vollgültige Entwürdigung und Verunehrung der wahren Gottperson. Denn wenn neben Gott noch andere Götter gesehen werden, so ist für den Gottverehrer auch der wahre Gott kein Gott mehr.

So ist mit der Erlösungsdarstellung gleichzeitig auch die Erlösungsnotwendigkeit aufgewiesen. Die Erlösungsnotwendigkeit ergibt sich aus der erkannten Schuld.

Wenn aber in Anbetracht der Riesenschuld der Erlöser sich vorstellt und darstellt, dann doch mit der Absicht, dass die Erlösung vollbracht wird. Darum ist das herrliche Gesetzeswort: „Ich bin Jehova dein Elohim“ nicht etwa ein leiser Hinweis auf die Erlösungsnotwendigkeit und Erlösungsmöglichkeit, sondern die wirkliche Darstellung des Erlösers und der Schuld. Das erste Gebot weist Realitäten auf.

Der Fluch des Gesetzes

Eine wichtige Tatsache muss im weiteren erwähnt werden. Das Gesetz, mit seinem herrlichen Erlösungsgrund, soll nach dem neuen Testament (= neue Verfügung) „ins Herz“, d. h. ins Leben gestellt werden (Hebr 8:8-10). Es soll Lebensgesetz werden! Denn Erlösung ist immer eine Herzens- und Lebensangelegenheit.

Bei Israel aber soll, wie die angeführte Hebräerstelle zeugt, solches erst „nach diesen Tagen“ geschehen. Israel wird erst zur gewissen Zeit Nutznießer des Gesetzes nach dem neuen Testament werden, indem es dann das Gesetz mit dem „Herzen“ erleben wird. Bislang erlebt es das Gesetz nur mit dem „Verstande“. Warum hat Gott dem Volke Israels nicht gleich das neutestamentliche Erleben des Gesetzes gegeben?

Das Gesetz ist geistlich (Röm 7:14), gegeben vom Herrn, der Geist ist (2Kor 3:17). Das geistliche Gesetz kann nur von geistlichen Menschen erlebt werden. Denn der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes (1Kor 2:14). Zum geistlichen Lebensstand ist aber die Wiedergeburt die unbedingte Voraussetzung (Joh 3:5). Wiedergeburt ist aber erst nach der Todesüberwindung, d. h. nach Christi Auferstehung möglich (1Petr 1:3; Röm 1:4; Joh 11:25; 1Kor 15:14-23). Erst diesen Gläubigen wird das Gesetz ins „Herz“ geschrieben. Israel dagegen ist das natürliche, das unwiedergeborene Volk (Röm 9:31) und als solches nur befähigt, das Gesetz als Sache des Verstandes, als Vorschrift, als Buchstabe anzunehmen. Diesem Volke war darum das Gesetz, bestenfalls ein Sittengesetz, d. h. eine Vorschrift, die die menschliche Sitte vernünftig regelt. Weil aber das Gesetz geistlich ist und zur Lebenserneuerung dienen soll, war es den natürlichen Menschen unerfüllbar, darum ein Fluch!

Des Gesetzes Erfüllung

So gewann das Gesetz nach dem alten Testament (= alte Verfügung), zufolge des natürlichen Aufnahmevermögens der Menschen, eine erzieherische, d. h. eine schattenhafte und vorläufige Verwendung (Hebr 11:13-16; Hebr 11:39.40; Hebr 7:22; Hebr 8:6). Für „Israel nach dem Fleisch“ ist das Gesetz eine Lehr- und Verstandessache mit dem Sittengrund. Für die Gemeinde und das dereinstige Israel ist das gleiche Gesetz eine Erneuerungs- und Herzenssache mit dem Lebens-Grund. Nutznießer des neuen Testaments werden durch das Gesetz nicht nur beleuchtet und angeleuchtet, sondern durchleuchtet und sind beglückt. Sie haben Lust am Gesetz (Röm 7:22). Und das mit gutem Grund. Denn ihr Christus ist des Gesetzes Erfüllung. Er füllt nicht nur das Gesetz aus, sondern auch die Gesetzesträger, so dass auch sie stehen in des Gesetzes Erfüllung.

Bei den geistlichen Menschen findet das erste Gebot seine Erfüllung im „Leben mit ihm“. Die Merkmale dieses Lebens sind das Autoritätsbewusstsein und das Abhängigkeitsbewusstsein. Volles Vertrauen und restloser Gehorsam sind schließlich das beseligende Ergebnis. Das: „Ich bin Jehova dein Elohim“ ist für sie nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern auch eine Wirklichkeit und eine göttliche Legitimation.

Zum Schluss sei noch die gleichbleibende Gültigkeit des Gesetzes angedeutet. Das ewige und vollkommene Gesetz Gottes ist heilsmäßig welt- und zeitgebunden. Es ist der ordnende Faktor in der Welt und in der Zeit. Darum ist es so überweltlich und überzeitlich. Denn es ordnet die Zeit in die Ewigkeit. Deswegen ist das Gesetz eine Angelegenheit des Heils, allen Menschen gegeben (1Kor 9:21), einerlei ob als Hinweis oder Beweis. Alle Menschen zu allen Zeiten stehen unter dem ordnenden Einfluss des Heils-Gesetzes Gottes. Deswegen bleibt das Gesetz unentbehrlich und darf nicht überwunden, sondern erfüllt werden (Röm 3:31).

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