Die Brüder und Freunde des Armen - Spr 19:7 - Spr 14:20

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216. Die Brüder und Freunde des Armen - Spr 19:7 - Spr 14:20

Alle Brüder des Armen hassen ihn; wie viele mehr ziehen sich seine Freunde von ihm zurück. Er jagt Worten nach, die nichts sind. - Selbst von seinem Nächsten wird der Arme gehasst; aber derer, die den Reichen lieben, sind viele!

Der Freund, der auch in der Drangsal brüderlich liebt, ist nicht die Norm, sondern der außergewöhnliche Idealfall (Spr 17:17). Das "normale" Verhalten dürfte in Spr 19:4 beschrieben sein: "Reichtum verschafft viele Freunde; aber der Arme - sein Freund trennt sich von ihm!" Wenn die Brüder, Freunde und Nächsten sich von dem Verarmten zurückziehen, so ist dies ein Zeichen ihrer erkalteten Liebe, dass "die Liebe in vielen erkaltet" -also die Freundesliebe, Bruderliebe, Elternliebe, Gattenliebe und die allgemeine Menschenliebe -, wir ja für die letzte Zeit vorausgesagt, wo die Menschen "ohne natürliche Liebe" sein werden (2Tim 3:1 - Mt 24:12).

Solche menschliche Hartherzigkeit wurde in Israel gemildert, wo Glückseligkeit und Errettung am Tage des Übels allen verheißen wurden, die "auf den Armen achthaben" (Ps 41:1). Kann doch die Erhöhung unserer Gebete schon dadurch verhindert werden, dass wir "unser Ohr vor dem Schrei des Armen", wie uns Spr 21:13 belehrt; gleiches geschieht, wenn Männer in einer christlichen Ehe die Ehre ihrer Frau nicht hochhalten (1Petr 3:7).

Doch der Arme (BA: der Rechtlose) jagt oftmals Worten nach, die nichts bedeuten, oder wie es Buber übersetzt: Er jagt dem einst Gesprochenen nach, das nun nicht mehr gilt. Was die Brüder und Freunde dem Armen zuwenden, ist höchstens eine heuchlerische Teilnahme mit leeren Versicherungen, inhaltslosen Vertröstungen und wirklichkeitsfernen Versprechungen. Und wenn schon die Nächsten, die Brüder, sich von dem Verarmten zurückziehen, wieviel mehr werden dies seine Freunde tun! Doch noch immer gilt in der Not solchen äußeren Elends und innerer Vereinsamung was der lebendige Gott verheißt: "Denn nicht für immer wird der Arme vergessen sein, noch für ewig verloren die Hoffnung des Elenden! Stehe auf, JAHWEH! Nicht habe der Mensch die Oberhand!" (Ps 9:18-19); dies gilt nach Ps 9:19 auch für das Israel im Feuerofen des Elends). Der Arme und Elende ist jedoch, sonderlich in den Psalmen, d,er verfolgte und leidende Messias, der am Ende Seines Weges "nichts hatte" ([Ps 40:17] - Ps 70:5 - Ps 86:1 - Dan 9:26). Zwei Psalmworte sollen dies beleuchten: "Herr, vor dir ist all mein Begehr, und mein Seufzen ist vor Dir nicht verborgen. Mein Herz pocht, verlassen hat mich meine Kraft, und das Licht meiner Augen, das ist nicht bei mir. Meine Lieben und meine Freunde stehen fernab von meiner Plage, und meine Verwandten stehen von ferne..." (Ps 38:9-11). Erscheint uns in diesem Wort nicht auch die Szenerie der Kreuzigung? Und in Ps 109., den das NT auf Jesus und Judas bezieht heißt es in Ps 109:16: "Darum, dass er nicht gedachte, Güte zu üben, und verfolgte den elenden und armen Mann, den, der verzagten Herzens war, um ihn zu töten" (vgl. Ps 109:3-10 mit Apg 1:19-20; s. auch Apg 1:22+31). Ja, es war die wesenseigene "Gnade unseres Herrn Jesus Christus dass Er, der da reich war um unseretwillen arm wurde, damit wir durch Seine Armut reich würden" (2Kor 8:9). So waren auch Seine Apostel "Arme, die viele reich machten, Habenichtse, die das All besitzen (2Kor 6:10)!

Haben sich nun auch die Nächsten Jesu, Seine Brüder und Freunde von ihm zurückgezogen und abgewandt? Schon am Anfang Seines Wirkens wollten viele Jünger ihn verlassen, so dass Er den Zwölfen die Frage stellen musste: "Wollt ihr etwa auch weggehen?" (Joh 6:66-69). Als "Die hohe Geistlichkeit" von Jerusalem Sein Wirken überprüfen wollte, versuchten Seine Mutter samt Seinen Schwestern und Brüdern Ihn mit der Begründung, Er sei "außer sich", d.h. Er sei nicht schuldfähig, ihrem Zugriff zu entführen; Jesus aber entzog sich ihre menschlichen Mitleid; indem Er darauf hinwies, dass die Seine Brüder, Schwestern und Mütter seien, die den Willen Gottes tun (Mk 3:31-35). Auch seine leiblichen Brüder "glauben nicht an Ihn", sondern forderten ihn auf, sich "der Welt zu offenbaren", wenn Er wirklich der Messias sei (Joh 7:3-10). Und wie war es mit Seinen Jüngern, die Er Freunde genannt hatte (Joh 15:14)? Auch der Treueschwur eines Petrus war ein nichtiges Wort für den Armen. Alle verließen Ihn in der Stunde Seines Leidens und erfüllten so die Prophetie von Sach 13:7, dass "die Herde" des geschlagenen Hirten "sich zerstreuen werde" (Mt 26:31).

Die Zusprüche und Vertröstungen treuloser Freunde und Brüder sind oftmals nichtig und inhaltslos, leer und heuchlerisch, weshalb wir ihnen nicht nachjagen sollten. Jesus aber ist der Freund, dessen Worte Geist und Leben sind, und dessen Verheißungen sich unwiderruflich erfüllen. Darum singen wir: "...sind von freunden wir verlassen, und wir gehen ins Gebet, o so ist uns Jesus alles. König, Priester und Prophet!"


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