Die zwei Zeugen von Offb 11

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 2
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

112. Die zwei Zeugen von Offb 11

Die zwei Zeugen, die in Offb 11 beschrieben sind, werden dem Wesen und der Zeit nach verschieden beurteilt. Manche Bibelsausleger sehen in ihnen die Kirche und den Staat. Dieser Auffassung können wir jedoch nicht zustimmen, weil wir jede willkürliche Symbolisierung ablehnen. Zudem ist uns aufgrund prophetischer Aussagen klar, dass in der Wirkungszeit der zwei Zeugen die Gemeinde Jesu entrückt sein wird. Die Welt wird antichristlich geprägt sein. Somit können Kirche und Staat unmöglich die beiden Zeugen der Apokalypse (Offenbarung) sein.

Das prophetische Wort lässt erkennen, dass die zwei Zeugen Moses und Elia sind. „Diese haben Macht, den Himmel zu verschließen, dass es nicht regne in den Tagen ihrer Weissagung; und haben Macht über das Wasser, es zu verwandeln in Blut, und zu schlagen die Erde mit allerlei Plagen, sooft sie wollen“ (Offb 11:6). Dieser Bericht erinnert sehr stark an frühere Geschehnisse durch Mose und Elia. In Mal 3:22-24 ist dafür ebenfalls ein beachtlicher Hinweis gegeben. Da lesen wir: „Gedenket des Gesetzes Moses, meines Knechts, das Ich ihm befohlen habe auf dem Berge Horeb, an das ganze Israel samt den Geboten und Rechten. Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe dann da komme der große und schreckliche Tag des Herrn. Der soll das Herz der Väter bekehren zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu den Vätern, dass ich komme und das Erdreich mit dem Bann schlage.“

Moses und Elia

Übrigens ist der zukünftige Einsatz der beiden Propheten nicht neu. „Und siehe, da erschienen Moses und Elia, die redeten mit ihm.“ (Mt 17:3) - „ Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, welche waren Moses und Elias, die erschienen in Klarheit und redeten von dem Ausgang, welchen er sollte erfüllen zu Jerusalem.“ (Lk 9:30.31) - Wenn die beiden Männer wiederholt in ähnlichen Einsätzen waren, warum sollte es zukünftig nicht sein können? Und wenn wir dazu noch bedenken, dass auch diese beiden Gottesmänner durch Tod und Auferstehung gehen müssen, dann ist uns ihr Einsatz im Endgeschehen noch verständlicher. - Es zeigen somit alle prophetischen Andeutungen an, dass die beiden Zeugen nicht die Kirche und der Staat sein können, sondern Moses und Elia sind, und zwar ganz persönlich!

Die alttestamentlichen Propheten weisen wiederholt auf die zwei Zeugen hin. Zwar unter verschiedenen Namen wie: Ölbäume, zwei Zeugen der Ölbäume, Ölkinder, zwei Fackeln, zwei Propheten (Sach 4:1-14; Mal 3:23). Doch handelt es sich immer wieder nur um die zwei Zeugen. Es ist darum nicht so, als würde die Apokalypse sie erstmalig in die Erscheinung treten lassen. Hier aber werden sie nicht nur genannt und zu den alttestamentlichen Aussagen in Beziehung gebracht, sondern auch in ihrer letzten Tätigkeit dem Wesen und der Zeit nach genauestens dargestellt.

Ort und und Dauer ihres Zeugnisses

Der endgeschichtliche Zeitpunkt und die Dauer der Zeugen-Wirksamkeit ist genau angegeben. „Sie sollen weissagen 1260 Tage.“ Das sind dreieinhalb Jahre. Aber „mitten in der Jahrwoche“ - wie es auch Daniel in Dan 9:27 berichtet - wenn das Abgrunds-Tier aufsteigt, ist ihr Zeugnis beendet (Offb 11:7). Somit erstreckt sich ihre Wirksamkeit auf die erste Hälfte der 70. Jahrwoche. Darauf kommen wir noch in anderem Zusammenhang weiter unten zu sprechen.

Auch der Ort der Zeugen-Wirksamkeit ist genauestens angegeben. Ihre Wirkungsstätte ist „in der heiligen Stadt, im Tempel, am Altar“ usw. (Offb 11:1.2), dort, wo Daniel die „Verwüstung an heiliger Stätte“ sieht. Und nach der Auferstehung der Zeugen wird „fallen der zehnte Teil der Stadt“ (Offb 11:13). Somit liegt die eigentliche Wirkungsstätte der zwei Zeugen in Palästina. Wohl werden von da aus Zeugen-Wirkungen ausstrahlen über alle Nationen. Sie werden deshalb an dem Tode der zwei Zeugen sehr interessiert sein (Offb 11:10). Ihr Zeugnis hat zweifellos weltumfassende und welterfassende Bedeutung. Aber ihre eigentliche Wirkungsstätte ist Palästina.

Die göttliche Vollmacht der beiden Zeugen ist überraschend groß. „Und so jemand sie will beleidigen, so geht Feuer aus ihrem Munde und verzehrt ihre Feinde. Und so jemand sie will beleidigen, der muss also getötet werden. Diese haben Macht, den Himmel zu verschließen, dass es nicht regne in den Tagen der Weissagung; und haben Macht über das Wasser, es zu wandeln in Blut, und zu schlagen die Erde mit allerlei Plagen, sooft sie wollen. „ Das ist eine Zeugen-Vollmacht, die sich zwar in der alten Zeit auch schon erwies, aber nicht in diesem erstaunlichen Ausmaß. Weltumfassend ist dieses Geschehen.

Die Botschaft der zwei Zeugen

Die Botschaft der zwei Zeugen ist eine ausgesprochene Reichs-Botschaft. Nur eine solche kann es sein, weil ja die Gemeindezeit mit ihrem ekklesialen Zeugnis beendet ist. Die zwei Zeugen künden das ganz nahe herbeigekommene Reich Jesu Christi an. Die alte Botschaft: „Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen“, wird neu akut. Für die Dringlichkeit ihrer vollmächtigen Botschaft sprechen auch die übernatürlichen und überweltlichen Machtmittel, die sie anzuwenden haben. Was die Boten jetzt mit großem Nachdruck anzuzeigen haben, ist die bevorstehende Reichsaufrichtung! - Freilich bleibt der Grundton der Botschaft immer noch das „Wort vom Kreuz“. Die Bußfertigen aller Zeiten müssen unters Kreuz! Erlösung und Versöhnung durch das Lamm Gottes ist und bleibt erforderlich, wo immer dafür das Bedürfnis da ist. Dieses „Wort vom Kreuz“ wird in der Zeit der Zeugen zum großen Ärgernis werden.

Der positive Erfolg der zwei Zeugen wird genau genannt. Da sind zunächst die 144 000 Versiegelten aus allen Stämmen Israels (Offb 7). Da ist das Sonnenweib mit dem bedeutsamen „Knäblein“ (Offb 12). Da sind die Scharen aus den Nationen (Offb 7:9-17). Wir dürfen daher glauben, dass die Zeugen-Botschaft weltumfassend sein wird.

Die negative Wirkung der Zeugen-Botschaft ist auch ganz deutlich angezeigt. Sie tut sich kund in einer sich steigernden Reaktion, die in einen grenzenlosen Hass ausarten wird. Aus Hassgründen werden z. B. die Leichname der zwei getöteten Zeugen nicht beerdigt, sondern zum Gespött auf die Straße geworfen. Auch werden sich alle Erdenbewohner über den Tod der Zeugen sehr freuen und sich mit Geschenken beglückwünschen (Offb 11:8-10). Wie eine Befreiung von einer entsetzlichen Qual wird ihr Tod der ganzen Menschheit erscheinen. In weltweitem Ausmaß wiederholt sich die alte antichristliche Kundgebung: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche!“ (Lk 19:14).

Ausgestaltung des Antichristentums

Diese Tatsache lässt erkennen, dass zu der Zeugen-Zeit die gesamte Menschheit eine antichristliche Haltung einnehmen wird. Antichrist und Antichristentum werden sich wie in einer Körperschaft vereinigen. Diese Körperschaft wird in der Offenbarung oft als „Tier“ gekennzeichnet. Hierbei muss aber auch der Umstand erkannt werden, dass das weltweite End-Antichristentum nicht etwa erst mit dem geoffenbarten Antichristen urplötzlich ersteht. Der Antichrist wird ja nichts „machen“, sondern das Vorhandene und Bestehende in seine zentralisierende und machtvolle Regie nehmen. Bei dem Offenbarwerden des „Hauptes“ ist sein „Körper“ längst schon da! Der Verlauf der Dinge ist: erst der Körper, dann das Haupt. Diese Tatsache gilt es genauestens zu begreifen, weil sie in unseren Lebensbezirk hineingreift. Wir leben nämlich in der Zeit der Ausgestaltung des Antichristentums. Unsere Gegenwart ist die Reifezeit des Antichristentums. Für dieses höchst gefährliche Geschehen sollten allen Christen die Augen geöffnet werden.

Wie schon erwähnt, wird die Zeugen-Botschaft der ganzen Menschheit als Qual erscheinen. Darum wird das Antichristentum mit ihrem Oberhaupt eine brutale Terrorjustiz einführen. Das „Tier aus dem Abgrund“ fängt an, alles ihm nicht Untergeordnete zu vernichten.

Diese „Säuberungsaktion“ mitten in der fruchtbarsten Zeit der Wirksamkeit der zwei Zeugen wird, wie uns das prophetische Wort einwandfrei anzeigt, das „Tier aus dem Abgrund“ vollführen. Weil diese Aktion in erster Linie die zwei Zeugen angeht, muss sie hier ausführlicher behandelt werden. Das „Tier aus dem Völkermeer“ und das „Tier aus dem Abgrund“ sind dabei deutlich zu unterscheiden.

Offenbarwerden des Antichristen

Beim Offenbarwerden des Antichristen treten zugleich die zwei Zeugen ihren Dienst an. Ihre „Ämter“ verlaufen gleichzeitig. Der Antichrist kommt aus dem Völker-Meer. Von ihm lesen wir: „Und ich trat an den Sand des Meeres und sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte sieben Häupter und zehn Hörner, und auf seinen Hörnern zehn Kronen, und auf seinen Häuptern Namen der Lästerung.“ „Und er sprach zu mir: Die Wasser, die du gesehen hast, da die Hure sitzt, sind Völker und Scharen und Heiden und Sprachen.“ (Offb 13:1; Offb 17:15). Hier wird die Tatsache ersichtlich, dass der Antichrist eine völkische und nationale Herkunft hat, völkisch orientiert, völkisch interessiert ist. Er kommt sogar aus dem weltprägenden Völkchen Israel, das dann mit ihm verbündet sein wird (Dan 9:27a). Er wird darum sehr nachsichtig sein, auch gegenüber den zwei Zeugen und deren Machenschaften aus Israel. Das israelitische Wesen fordert höchste Rücksichtnahme. Das missfällt aber dem „Gott dieser Welt“! Er bedroht sie. Die „Qual“ der Zeugen (Offb 11:10) steigert sich blitzartig ins Unerträgliche. Darum greift er nun ein.

Er verändert plötzlich das „Oberhaupt“ des Tieres, indem er ihm eine „Todeswunde“ beibringen, und auch gleichzeitig die Heilung vollzieht durch Auferweckung aus dem Abgrund. Darüber lesen wir: „Und ich sah seiner Häupter eines, als wäre es tödlich wund; und seine tödliche Wunde ward heil. Und der ganze Erdboden verwunderte sich des Tieres. Und beteten den Drachen an, der dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm kriegen?“ - „Und wenn sie ihr Zeugnis geendet haben, so wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit ihnen einen Streit halten, und wird sie umbringen und wird sie töten.“ - „Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen, und ist nicht, und wird wiederkommen aus dem Abgrund ...“ (Offb 13:3.4; Offb 11:7; Offb 17:8a). Dieses "Abgrunds-Tier“ hat jetzt weniger völkische und nationale Bindungen, aber weit mehr Abgrunds-Bindungen! Dementsprechend ist sein „Amt“! Drachenmäßig zieht es in erster Linie die zwei Zeugen zur Verantwortung, weil sie „Frieden und Sicherheit“ in bedrohlichem Maß gefährdet haben.

Das Tier aus dem Abgrund

Beachten wir die Tatsache, dass die Zeit der zwei Zeugen der Zeit des Antichristen aus dem „Völker-Meer“ entspricht. Sie haben es nur mit dem Tier aus dem Völker-Meer zu tun. Diese Antichristen-Zeit ist von der nachfolgenden Antichristen-Zeit genau zu unterscheiden. Das völkisch bestimmte Tier handelt und wandelt im „Schein des gottseligen Wesens“. Dagegen das „Tier aus dem Abgrund“ tut seinen Mund auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern Seinen Namen, und Seine Hütte, und die im Himmel wohnen (Offb 13:6-7). Das entlarvte und nackte Anti-Christentum wird somit erst „mitten in der Jahrwoche“ offenbar. Bis dahin läuft die Blütezeit des Anstatt-Christentums. Der Antichrist aus dem Völkermeer ist in Wirklichkeit ein Anstatt-Christ. Er tut sich kund in geistreicher, religiöser, kirchlicher Weise. Mit diesen Anstatt-Christen haben es die zwei Zeugen zu tun. Ihr Zeugnis geschieht in der letzten und ausgeprägtesten Zeit des Schein-Christentums! Und weil sie mit ihrem starken Zeugnis die versuchungsvolle Macht des Schein-Christentums zu überwinden beginnen, darum beseitigt der Abgrunds-Fürst diese „Quäl-Geister“, um im offenen Kampf mit dem „Lamm“ die Entscheidung herbeizuführen. Merken wir uns die Tatsache: bis zur Mitte der Jahrwoche hat das verführerische Schein-Christentum die Oberhand. Es ist der große Faktor in der „Stunde der Versuchung“.

Das Ende der zwei Zeugen

Die zwei Zeugen werden getötet. Allerdings ist der Tod nicht ihr Ende, denn sie werden auferweckt (Offb 11:11.12). Aber ihr Zeugnis auf Erden ist beendet. Über ihren Tod wird die Welt hochbeglückt sein. Jedoch wird dieses Glück nur dreieinhalb Tage dauern. Ein Entsetzen folgt auf Grund der sichtbaren Auferstehung und Entrückung der zwei Zeugen. Sie werden entrückt zu neuem Einsatz. Ihr Zeugen-Amt geht weiter im tausendjährigen Reich.

Die Auferstehung und Entrückung der Zeugen beweist das unmittelbare Eingreifen Gottes. Von jetzt ab hat es die entlarvte antichristliche Welt nicht mehr mit Menschen, auch nicht mit Menschen in großer Vollmacht zu tun, sondern mit Gott! „Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ (Hebr 10:31). Die apokalyptischen „Wehen“ setzen ein. Die Zornschalen werden ausgegossen! Nie dagewesene Gerichte beweisen die verzehrende Gegenwart Gottes. - Der Gerichtsbericht der Offenbarung geht hier zur Hauptsache in Erfüllung.

Die nunmehr, im wahrsten Sinne des Wortes, antichristlich gewordene Welt wird in diesen zermalmenden Gerichtsgeschehnissen noch nicht kapitulieren. Sie ist zu abgrundmäßig, zu drachenmäßig geartet. Sie beweist die „verbissene Ausdauer“ des Drachen. Sie lässt sich sogar begeistern zum blindwütigen Kampf gegen das „Lamm“ (Offb 17:14). Aber sie wird nicht siegen, sondern total unterliegen.

Am Ende des Weges der zwei Zeugen steht nicht der Sieg der anstatt-christlichen, zuletzt offen antichristlichen Welt, sondern ihr Sieg, Christi Sieg. Sie siegen trotz ihres Erliegens. Der Triumph der Lüge und des Todes wird zuletzt doch überholt von dem endgültigen Triumph der Wahrheit und des Lebens. Denn das Wort des Meisters gilt auch ihnen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt!"

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