Die Weltzeit Israels

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 2
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

89. Die Weltzeit Israels

In dieser Abhandlung wollen wir Israel in seiner umfassenden Bedeutung sehen. Das Umfassende kommt freilich erst im Ende dieses Zeitalters zum Beschluss. - Es ist wichtig, das Ende dieses Volkes zu sehen, weil man dann erst die Gesamtgeschichte Israels erkennen kann.

Vorweg wollen wir an den Tatbestand denken, dass dieses Völkchen schon jahrtausendelang unter den Nationen eine nicht geringe Rolle gespielt hat. Immer war es irgendwie auffällig, oft auch ärgerniserregend. Nicht selten musste dieses Sondervolk schwere Verfolgungen, sogar Vernichtungskämpfe hinnehmen. Meistens endeten diese Kämpfe unter der Bezeichnung: „Zerstreut unter allen Nationen“.

Aber gerade diese „Zerstreuung“ ist ein Sondermerkmal für dieses Volk, weil es da niemals unterging, sondern erst recht seinen Bestand bewies. - Bitte, wo ist eine Nation, die sich in solcher Aufsplitterung so lange erhalten konnte? In den meisten Fällen ist es doch so, dass die Splitternationen, auch wenn sie noch einigermaßen eigenständig leben können, in solchem Gemenge einfach untergehen. Freilich vielfach unter schweren Bedrängungen und Vernichtungsmachenschaften. Das Ende ist der nationale Untergang. Dieser Untergang vollzieht sich meistens in dem Aufgehen in die Neulandverhältnisse. Damit ist der Schwund der alten Nationalität besiegelt. Wie sieht es aber bei Israel aus? Trotz Verdrängung und Zerstreuung höchsten Ausmaßes bleibt das Volk unter den Völkern bestehen. Wie ein Wunder ist dieses Völkchen Israel.

Seine heilgeschichtliche Bedeutung

Gerade die gegenwärtige Sammlung dieses Volkes in seinem Lande zeigt uns den unverwüstlichen Volksbestand. Dieses Geschehen (seit 1948) macht auch jene Menschen stutzig, die Israel als längst ausgelöscht angesehen haben. Sogar viele Bibelkenner haben an das Wiedererstehen Israels nicht geglaubt. Ihre Begründung: „Wir sind das geistliche Israel!“ Also nahm man an, dass das nationale Israel ein für allemal erledigt sei, denn wir haben seine Aufgabe übernommen. Wir sind die Erfüller dessen, was Gott heilsmäßig dem Volk der Wahl zugedacht hat. - Hier eine ernste Frage: Wollen wir das Volk Israel seiner göttlichen Verheißungen und Heilsbestimmungen berauben? Wer gibt uns das Recht dazu? Haben wir etwa über Gottes Bestimmung zu bestimmen? Hände weg von diesem unbiblischen und diebischen Vorhaben.

Bis dahin besteht die heilsgeschichtliche Bedeutung Israels sonderlich darin, dass aus diesem Völkchen gekommen ist, der von Gott verheißene Messias. Dieser Messias - Jesus Christus - musste ins Fleisch kommen, um als Mensch unter den Menschen das Heil Gottes zu vollführen. Darum musste er von einem Menschen - der einer Nation angehört - geboren werden. Das alles betrifft Israel.

Israels wüste Zeit

Nun hätte nach dem Kommen des Jesus Christus ins Fleisch, dieses Volk Israel eine umfassende Heilserfahrung machen können, und hätte auch den weltumfassenden Heilsauftrag ausführen können. Die Zeit und die volle Möglichkeit war dafür da. Eine ganz kleine Gruppe dieses Volkes hat es auch erkannt und bezeugte vielfach: „Du bist der Christus Gottes!“ Aber diese Überzeugung war so eingeengt, dass sie nicht zur öffentlichen Geltung kommen konnte. Im Gegenteil, je näher die Stunde der Gesamtentscheidung kam, umso mehr zeigte sich dieses Volk in der gegenteiligen Entscheidung: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Sie haben ihn nicht nur abgelehnt, sondern sogar umgebracht. Ihr toller Schrei lautete: „Kreuzige ihn!“

Für Israel war diese Messiaslegende beendet. Damit war der göttliche Heilsauftrag, mit dem das Volk bedacht war, zunächst abgebrochen. Diese Unheilstat höchsten Ausmaßes führte das Volk hinein in eine Unheilsgeschichte unter dem Begriff: „wüste Zeit“. So durfte Daniel dieses Volksgeschehen klarmachen. Lies Dan 9:26! Paulus kennzeichnet diese „wüste Zeit“ mit den Worten: „Blindheit ist Israel zum Teil widerfahren, solange ...“ Lies Röm 11:25! Also, Wüstenei und Blindheit in höchster Steigerung betraf dieses Volk. Es hatte mit dem Kommen Christi ins Fleisch eine weltumfassende Bedeutung gewinnen können, und hat eine entsetzliche „Un-Bedeutung“ erlangt. Doch höre: Dieses Volk ist dennoch da! Und weil es da ist, hat es auch eine Bedeutung. Diese Volks-Bedeutung Israels liegt freilich zunächst in dem ihm eigenen Prinzip. Diese Unheilsgeschichte Israels wollen wir uns jetzt durch das prophetische Wort kurz zeigen lassen. - Es ist sehr wichtig, dass wir das Israel so sehen, wie es ist.

Der für Israel maßgebliche Prophet ist Daniel. Er hatte eine Gesamt- Nationenschau. Zu den Gesamtnationen gehört auch Israel. Allerdings hat Daniel bei seiner ihm gegebenen Gesamtschau sein Volk in der ihm bekannten Erwählungsbestimmung vermisst. Das machte ihm große Sorgen. Er bat Gott dringend um Klarheit: „Herr, wie ist es in der ereignisreichen Endzeit mit meinem Volk bestellt?“ Lies Dan 9! Auf diese dringende Bitte gab Gott ihm durch den Engel Gabriel eine klare Auskunft. Lies aufmerksam ab Dan 9:20!

Der Kürze wegen wollen wir hier nur auf die Tatsache hinweisen, dass zwischen der neunundsechzigsten und siebzigsten Jahrwoche die schon erwähnte wüste und blinde Zeit Israels liegt. Das ist die Zeit Israels unter dem Begriff: „Zerstreut unter die Nationen.“

Zwischendurch bemerkt: Diese „wüste Zeit Israels“ ist nur für Israel so wüst. Unter den Nationen ist indes ein geheimnisvoller Vorgang im Werden. Dieses „Geheimnis, das vor Grundlegung der Welt verborgen gewesen ist, nun aber offenbar wird“, hat Paulus darzulegen. Lies Eph 3:8-12; Eph 5:32! Darüber können wir hier nicht sprechen. Es sei nur auf die prophetische Tatsache hingewiesen, dass nach Beendigung des „Gemeinde-Geheimnisses“ die siebzigste Jahrwoche (= Tag des Herrn) anbricht. Zu der Zeit treten die total vereinten Weltnationen - samt Israel - in einer besonderen Weise auf. Wohlgemerkt: Daniel erhält bei seinen mehrfachen Schauen eine klare Aufklärung über alle Weltnationen, zuletzt auch über sein Volk, das er als das heilserwählte Volk unter den Nationen vermisst hat. Was wird ihm jetzt von diesem Wahl-Volk gesagt?

Der Bund mit den Vielen

„Er“, das ist der Spitzenmann der vereinten Endwelt, „wird mit den Vielen“, um die Daniel ringt, „den Weltbund besiegeln für eine Jahrwoche“ (Dan 9:27). Etwas breiter ausgedrückt: Der Welthauptmann wird die hochbeglückte Einheitswelt mit einem Siebenjahresplan konstruktiv anlaufen lassen, und obendrein zur „Stärkung des Bundes“ die Vielen aus Israel im parlamentarischen Prinzip einordnen, richtiger gesagt: überordnen. Israel steht dann an der Spitze der total vereinten Welt. Höre: An der Spitze der vereinten antichristlichen Welt steht in parlamentarischer Haltung das Volk Israel. Israel als kompaktes Natiönchen nicht in den Nationen, sondern über den Nationen.

Dass dieses Israel zur „Stärkung“ der Einheitswelt hinzugerufen wird, hat noch eine besondere Veranlassung. Paulus hat diesbezüglich zu sagen, dass der Endweltmann sich über alles setzt, was Gottesdienst und Gottesverehrung heißt. Noch mehr, er setzt sich ganz bewusst in den Tempel und gibt sich aus als Gott. Lies 2Thes 2:4!- Wir dürfen bestimmt annehmen, dass in den Tempel, der in Jerusalem zu suchen ist, sich nur ein Voll-Jude setzen darf. Er wird auch der Welt-Haupt-Mann sein. Dieser Mann wird darum auch wissen, welches „Parlament“ er am besten gebrauchen kann. Er wird wissen, warum er die Vielen aus Israel zur Stärkung des Weltbundes hinzuziehen muss. Also, Israel an der Weltspitze nicht nur aus nationalen, sondern auch aus diktatorischen Gründen.

Das Tier und die Reiterin

Der Seher Johannes hat diese Vorgänge noch tiefgehender anzuzeigen: „Und er brachte mich im Geist in die Wüste. Und ich sah ein Weib sitzen auf einem scharlachfarbenen Tier, das war voll Namen der Lästerung, und hatte sieben Häupter und zehn Hörner. Und das Weib (auf dem Tier) war bekleidet mit Purpur und Scharlach, und übergüldet mit Gold und edlen Steinen und Perlen, und hatte einen güldnen Becher in der Hand, voll Gräuel und Unsauberkeit ihrer Hurerei“ (Offb 17:3.4) Ganz deutlich sehen wir das Weib - das auch Hure genannt wird - als Reiterin auf dem besattelten Welt-Tier. Selbstverständlich hat die Reiterin die Aufgabe des Lenkens. Israel sitzt also im parlamentarischen Sinn nicht am Tier, sondern auf dem Tier. Das Tier ist zweifellos die vereinte Welt. - Selbst Daniel hat von der total verkörperten End-Tier-Welt gesprochen. Was der Ausdruck Tier hier zu sagen hat, sollte jedermann klar sein. Verstehen wir recht: Die vereinte antichristliche Endwelt ist das Tier. Zu dieser Tier-Welt gehört alles, was zum Erstehen des Weltkörpers beigetragen hat: Politik, Wirtschaft, Sozialismus, nicht zuletzt die Religion. Die Welt-Religion kann als das Herzstück dieses Körpers angesehen werden. Die Herztätigkeit macht den Körper lebensfähig. Randbemerkung: Die Kirche als die Hure auf dem Tier sehen zu wollen, ist ein Unsinn, denn die Weltkirche (Weltreligionsgemeinschaft) ist die Hauptsubstanz der End-Tier-Welt. Die Weltkirche hat darum eine substanzielle Bedeutung. Sie ist das Tier. Dagegen die Reiterin ist zur „Stärkung“ nicht beigeordnet, sondern übergeordnet ! Israels „Über-Ordnung“!

Allerdings wird diese Reiterin in der Jahrwoche eine nie dagewesene Katastrophe erleben. „Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, und das Tier, die werden die Hure hassen, und werden sie wüst machen und bloß, und werden ihr Fleisch essen, und werden sie mit Feuer verbrennen“ (Offb 17:16). Eine restlose Vernichtung des Unheils-Israel wird hier angezeigt. Wieso? Weil sich dieses weit-führende Israel vor dem „Gott dieser Welt“ höchst schuldig macht, denn aus dem gipfelmäßigen Unheils-Israel beginnt das endlich weltumfassende und weltgestaltende Heils-Israel zu erstehen. Gott sei Dank! Endlich die gründliche Wende. Höre: Diese Weltenwende beginnt in Israel. Wenn bei diesem Völkchen, das die Welt so unheilsmäßig prägt, endlich das „Un“ gestrichen wird, dann ersteht und besteht nur ein Heils-Israel. - Aber da liegt die Verschuldung!

Beginnende Heilgeschichte in Israel

Das Heil für dieses Volk beginnt bereits am Anfang der Jahrwoche mit dem Auftritt der gottgesandten zwei Zeugen, die in Offb 11 beschrieben sind. Freilich sehr gering, aber erhaben, göttlich. - Die zwei Zeugen treten dann auf, wenn die vorhergehenden Zeugen (= Leib Christi) hinweggerückt sind. Sie haben eine Zeugenzeit in Vollmacht!

Der erste Erfolg ist die Erweckung und Erweckungsbewegung in dem weltlenkenden Unheils-Israel. Genau sind benannt die versiegelten 144 000 aus den zwölf Stämmen Israels. Weiter wird genannt das Sonnenweib, ebenfalls aus Israel. Es gebiert in der Bewahrungswüste das „Männliche“. Wo sind diese Heilsgeschehnisse? Unter Israel in Palästina. Diese Vorgänge erschüttern das führende Weltregierungsgebilde: Siebenfaches Haupt mit zehn Hörnern und der hochgerühmten Reiterin. Der Gott dieser Welt (= Drache) wird diese Aufbrüche nicht mehr tragen können. Er wird in erster Linie die Hauptschuldigen beseitigen wollen, nämlich die zwei Zeugen. Aber: „So sie jemand will beleidigen, der muss getötet werden“ (Offb 11:5). Diese Schutzmaßnahme werden sie wohl anwenden müssen, und werden dem wunderbaren Welthaupt eine „Todeswunde“ beibringen. Aber: „Und sah seiner Häupter eines, als wäre es tödlich wund; und seine Wunde ward heil. Und der ganze Erdbon verwunderte sich des Tieres und beteten den Drachen an, der dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen ...“ (Offb 13:3.4).

Dieser Weltjubel kann jetzt ausbrechen, weil Folgendes geschieht: „Und wenn sie ihr Zeugnis geendet haben, so wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit ihnen einen Streit halten und wird sie überwinden und wird sie töten ... Und die auf Erden wohnen, werden sich freuen über ihnen und wohlleben und Geschenke untereinander senden; denn diese zwei Propheten quälten, die auf Erden wohnten“ (Offb 11:7-12). - Im Augenblick hat es den Anschein, als ob der Drache den Sieg davonträgt. Zumal er nicht nur die zwei Zeugen beseitigt, sondern auch alle Heiligen. Sie fliehen zum Teil in die Wüste. Lies Offb 12:6! Andere erleiden den Märtyrertod. Sogar ganz Israel, d. h. das bisherige Unheils-Israel, wird dem zufolge vom Sattel geworfen und restlos „zertreten“.

Handeln Gottes

Vergessen wir aber nicht, dass ab Anfang der Jahrwoche durch die Gottgesandten die Heilsgeschichte in Israel beginnt. „Was er sich vorgenommen, und ...“. Nun greift aber das Tier aus dem Abgrund, d. h. das erneuerte Regierungshaupt in besonderer Weise ein und greift wen an? Gott! Darauf gibt Gott eine klare Antwort. Die vier Gerichtsengel, die bis zur Mitte der Jahrwoche schweigen mussten (Offb 7:1-3), werden jetzt zu ihren Diensten eingesetzt. Sie öffnen die sieben Siegel in der Reihe der Herausforderung, gießen in gleicher Weise die Zornschalen aus und vollenden Schlag auf Schlag das Gerichtsgeschehen, das ein Ende findet nach Offb 9:15.18. Handeln Gottes!

Wer siegt? Nicht das Welttier mit der im Sattel sitzenden Reiterin. Auch nicht das „Haupt aus dem Abgrund“ mit dem beigegebenen höchst fähigen Propagandaminister. Lies Offb 13:11-17! Jetzt siegt Gott, und gebraucht seine Heilszeugen. Bei der Wiederkunft des „Fülle-Christus“ (denn er kommt mit seinen Heiligen) offenbart sich das Gericht und sein Gerichtssieg. Paulus sagt hierzu: „Wisset ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden“ (1Kor 6:2). Nach diesem Gerichts-Sieg folgt ein weiterer Sieg: „Lasset uns freuen und fröhlich sein, und ihm die Ehre geben, denn die Hochzeit (= Hoch-Zeit) des Lammes ist gekommen, und sein Weib hat sich bereitet“ (Offb 19:7). Das ist jetzt das Heilsweib, das in der „Wüste“ zubereitet wurde und nunmehr als würdige Braut dem Bräutigam entgegengeht. Jetzt kann der „neue Haushalt“ eröffnet werden. Das ist das Friedensreich des Christus, in dem das angetraute Weib, das endgültige Heils-Israel, heilsmäßig führend ist. Alle Heilsverheißungen, die Israel gelten, kommen jetzt restlos zur Verwirklichung. Sogar der jüdische „Rock-Zipfel“ kommt da voll zur Geltung. Lies Sach 8:23!

Merkwürdig: Im Augenblick der Unheilshöhe Israels beginnt seine Heilshöhe. Das Israel, das in den Unheilstaten kaum zu überbieten ist, wird im Millennium an der Spitze des Heilsgeschehens stehen. Wahrhaftig, Israel hat nicht nur eine Weltzeit, sondern Weltzeiten, die ganz spannend sind. Die sollte man noch klarer sehen. Denn ab jetzt wird die „Er-Wählung endgültig offenbar. Es bleibt dabei: „Was Er sich vorgenommen, und was Er haben will, das muss doch endlich kommen zu seinem Zweck und Ziel."

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